In dem Essay wird die These untersucht, dass externe Ursachen und Akteure entscheidend zum staatlichen Zerfall Somalias beigetragen haben und weiterhin einer Befriedung des Landes entgegen stehen.
Kolonialismus, Kalter Krieg, War on Terror : Externe Ursachen für Staatsversagen und kriegerische Konflikte in Somalia
Seit dem Zusammenbruch des Barre-Regimes 1991 und dem darauf folgenden Bürgerkrieg gilt Somalia als Prototyp eines Failed States, d.h. einem Staat, in dem die öffentliche Verwaltung und Infrastruktur gänzlich zusammen gebrochen, in dem an Stelle des staatlichen Gewaltmonopols eine Vielzahl privater oder ausländischer Gewaltakteure getreten ist. Bis heute gelang es keiner der in verschiedenen Friedensverhandlungen bestimmten Übergangsregierungen effektive Kontrolle über das Land zu gewinnen.
In Medien und Politik wird die Lage in Somalia hinlänglich als anarchisch dargestellt, die sich insbesondere nach der katastrophal gescheiterten UN-Mission, ausländischer Regulierbarkeit entziehe. Der Konflikt sei geprägt von Klanismus, d.h. der tiefen Zerrüttung und Erbfeindschaft somalischer Clans sowie einer Kriegsökonomie, also einer kriminellen Schattenwirtschaft, die durch das gierige Treiben marodierender Warlords, für die der gegenwärtige Zustand ökonomisch vorteilhaft ist, eine Befriedung Somalias äußerst schwierig erscheinen lässt (vgl. World Bank 2003: 9). Diese internen Faktoren können sicherlich als zentrale Antriebsmomente für ein Fortdauern des Konfliktes und das Versagen beim Aufbau von Staatlichkeit betrachtet werden. Sie sind jedoch nur beschränkt als Ursachen für den Konflikt heranziehbar. Analysiert man die Konfliktgenese, so stellt sich die Frage, wie es ausgerechnet in Somalia, einem Staat, der eine in Afrika beinahe einmalige ethnische Homogenität aufweist, in dem die Staatsidee getragen wurde von der gemeinsamen Identität der verschiedenen somalischen Clans als somalischer Nation (Meredith 2005: 465), zum staatlichen Zusammenbruch kommen konnte.
In diesem Essay soll die These untersucht werden, dass verschiedene externe Schocks entscheidend zum Niedergang des somalischen Staates beigetragen haben und auch noch heute einen entscheidenden negativen Einflussfaktor darstellen. Ausgangspunkt der Untersuchung sind die strukturellen Spannungen, die durch die Grenzziehung im Kolonialismus geschaffen wurden. In einem nächsten Schritt soll dargelegt werden, wie sicherheitspolitisch motivierte ausländische Interventionen im Ost-West-Konflikt, bzw.
deren Wegfall nach Ende des Kalten Krieges zur Destabilisierung des Barre-Regimes beigetragen haben. Schlussendlich soll aufgezeigt werden, wie internationale Interventionen im Zuge des War on Terror jüngste Chancen zur Stabilisierung zu Nichte gemacht haben und Somalia auf Kosten der Bevölkerung weiter zum Spielball der Weltpolitik machen.
Im Zuge der willkürlichen kolonialen Aufteilung Afrikas wurde das Gebiet der somalischen Nation auf fünf verschiedene Territorien aufgeteilt. Im Norden, um die Hafenstadt Djibouti, entstanden Französisch Somaliland, sowie unter britischer Kontrolle Nord-Somaliland. Im Süden entstand die italienische Kolonie Somalia. Im Westen wurden zudem Teile des somalischen Siedlungsgebietes der britischen Kolonie Kenya einverleibt und das Ogaden Plateau von Äthiopien erobert (Meredith 2005: 464f.). Im Zuge der Unabhängigkeitsbewegungen wurden 1960 das britische und italienische Somaliland zur Republik Somalia zusammengeschlossen, während die anderen Gebiete bei den jeweiligen unabhängigen Nachfolgestaaten verblieben.
Das Streben nach einem Groß-Somalia, das alle somalischen Clans in einem Staat vereinigt, blieb jedoch zentrales Anliegen des jungen somalischen Staates sowie weiten Teilen der somalischen Bevölkerungsgruppen in den Nachbarstaaten, die ihre Interessen als Minderheit von der jeweiligen Regierung nicht gewahrt sahen. Dementsprechend verweigerte Somalia die Anerkennung seiner Staatsgrenzen und unterstützte somalische Rebellen bzw. Separatisten in Nordkenia und im äthiopischen Ogaden (ebd.: 466). 1964 führten diese Spannungen zum ersten groß angelegten Krieg zwischen Somalia und Äthiopien, der nach wenigen Tagen mit dem Sieg des militärisch überlegenen Äthiopiens ausging. Die zwischenstaatlichen kriegerischen Auseinandersetzungen der folgenden Jahrzehnte hatten seitens Somalias die Wiedervereinigung der somalischen Gebiete als zentrale Motivation und können somit als direkte Folge der kolonialen Hinterlassenschaft gewertet werden.
Im Jahr 1969 kam General Mohammed Siad Barre durch einen Militärputsch an die Macht und erklärte Somalia zum marxistischen Staat. Die militärische und logistische Unterstützung durch die Sowjetunion, welche ihre strategische Stellung am Roten Meer ausbauen wollte, erhöhte sich in der Folgezeit dramatisch. Im Gegenzug für die Nutzung des Hafens zur Stationierung eigener Marine sagte die Sowjetunion 1972 massive Hilfe beim militärischen Aufbau zu. 1977 gelang es Barre somit eine schwer bewaffnete Armee mit 37 000 Soldaten und eine moderne Luftwaffe aufzubauen. (Meredith 2005: 467).
- Arbeit zitieren
- Timo Alexander Holthoff (Autor:in), 2009, Kolonialismus, Kalter Krieg, War on Terror - Externe Ursachen für Staatsversagen und kriegerische Konflikte in Somalia, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/137103
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.