1. Einleitung
Besonders in den Vereinigten Staaten hat sich in den letzten Dekaden zunehmend der
Massentrend entwickelt, dass viele Amerikaner „in einer bewachten Wohnanlage leben und
sich vor der gefühlten Gefahr einer Gesellschaft schützen, die immer weiter
auseinanderdriftet“. Die privaten, geschlossenen Wohnsiedlungen sind in den USA kein
gänzlich neuartiges Phänomen, wenn man bedenkt, dass schon der Erfinder der elektrischen
Glühlampe, Thomas Edison, vor mehr als 100 Jahren in einer Art Gated Community lebte.
Heutzutage zieht es jedoch nicht mehr nur die Oberschicht aus dem typischen Wohnumfeld
heraus, sondern immer mehr Amerikaner träumen von so einem sicheren Wohnraum, in
welchem sie sich geborgen fühlen und unter Gleichgesinnten leben. Es handelt sich hier um
eine freiwillige Art von Segregation, welche den vorhandenen Lebensraum in sichere und
scheinbar unsichere bzw. gefährliche Regionen unterteilt. Diese „Privatisierung des
öffentlichen Lebensraumes“ sowie die damit verbundene implizierte Ausgrenzung von
bestimmten Bevölkerungsteilen führt im öffentlichen Diskurs häufig zu einer vehementen
Kritik an solchen Gated Communities, da sie durch das isolierte Nebeneinanderleben der
verschiedenen Bevölkerungsgruppen der Integration der Gesellschaft den Rücken kehrt. Das
Leben hinter Mauern und Zäunen ist also in der Gesellschaft sehr umstritten, daher lohnt sich
eine intensive Auseinandersetzung mit dieser Thematik, um sowohl die theoretischen Aspekte
des Siedlungstyps, als auch ihre Auswirkungen in der Gesellschaft kennen zu lernen.
[...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begrifflicher Zusammenhang
3. Struktur und Organisation
4. Siedlungstypen und Charakteristika
4.1. Altersgeprägte Siedlungen
4.2. Gated Communities als Zweitwohnsitze
4.3. Abgegrenzte Familienkommunen
5. Erklärungsansätze
6. Fazit & Bewertung
7. Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Besonders in den Vereinigten Staaten hat sich in den letzten Dekaden zunehmend der Massentrend entwickelt, dass viele Amerikaner „in einer bewachten Wohnanlage leben und sich vor der gefühlten Gefahr einer Gesellschaft schützen, die immer weiter auseinanderdriftet“[1]. Die privaten, geschlossenen Wohnsiedlungen sind in den USA kein gänzlich neuartiges Phänomen, wenn man bedenkt, dass schon der Erfinder der elektrischen Glühlampe, Thomas Edison, vor mehr als 100 Jahren in einer Art Gated Community lebte[2]. Heutzutage zieht es jedoch nicht mehr nur die Oberschicht aus dem typischen Wohnumfeld heraus, sondern immer mehr Amerikaner träumen von so einem sicheren Wohnraum, in welchem sie sich geborgen fühlen und unter Gleichgesinnten leben. Es handelt sich hier um eine freiwillige Art von Segregation, welche den vorhandenen Lebensraum in sichere und scheinbar unsichere bzw. gefährliche Regionen unterteilt. Diese „Privatisierung des öffentlichen Lebensraumes“ [3] sowie die damit verbundene implizierte Ausgrenzung von bestimmten Bevölkerungsteilen führt im öffentlichen Diskurs häufig zu einer vehementen Kritik an solchen Gated Communities, da sie durch das isolierte Nebeneinanderleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen der Integration der Gesellschaft den Rücken kehrt. Das Leben hinter Mauern und Zäunen ist also in der Gesellschaft sehr umstritten, daher lohnt sich eine intensive Auseinandersetzung mit dieser Thematik, um sowohl die theoretischen Aspekte des Siedlungstyps, als auch ihre Auswirkungen in der Gesellschaft kennen zu lernen.
2. Begrifflicher Zusammenhang
Die Suburbanisierung von Stadtgebieten gehört mit den daraus entstandenen Siedlungsformen und –mustern zu den elementarsten Kennzeichen der US-amerikanischen Stadtlandschaft. In den meisten amerikanischen Kernstädten hat sich besonders ab den 1940er Jahren ein sozialer Wandel vollzogen, indem viele wohlhabende Amerikaner aus den Zentren der Verdichtungsräume heraus in umliegende Suburbs siedelten. Vorwiegend Familien aus der Oberschicht strebten nach einem Haus in einer Vorstadt, da sie hier im Gegensatz zur Kernstadt ein viel ruhigeres und kinderfreundlicheres Wohnumfeld genießen konnten. Neben diesen persönlichen Wünschen sowie der allgemein stark anwachsenden Mobilität durch das Auto wurden die Suburbanisierungsprozesse aber auch durch „die staatliche Wohnungsbaupolitik, die Neubauten gegenüber der Erhaltung des Wohnbestandes Priorität einräumte, und durch die Steuerpolitik, die es ermöglichte, Hypothekenzinsen vom Einkommen abzusetzen“[4] erleichtert und gefördert.
Nach und nach entstand in der amerikanischen Gesellschaft also ein „suburbaner Lebensstil“[5], der die Elemente des ländlichen Raumes mit den städtischen Eigenschaften und Funktionen verknüpfen sollte. Bereits in den frühen Anfängen der Suburbanisierung waren die Vororte schon von „rassisch-ethnischer Homogenität“ geprägt, da sich hauptsächlich die wohlhabende Schicht der weißen Amerikaner ein abgelegenes Eigenheim in einer Vorstadt leisten konnte. Mit der Zeit entwickelte sich der suburbane Raum jedoch immer weiträumiger und dichter, sodass die zunehmende ethnische und soziale Vielfalt auch zu einem entscheidenden Merkmal suburbaner Siedlungen wurde.
Im Laufe dieser Ausbildung wuchs jedoch der Anteil der großstädtischen Bevölkerung, die „mit dem Standard der öffentlichen Dienstleistungen und der von den Stadtverwaltungen bereitgestellten Infrastruktur unzufrieden“[6] war, sodass die Siedlungsform der abgeschotteten Wohnsiedlung immer beliebter wurde. In dem Großteil der Bevölkerung ist das Wohnen in einer Gated Community mittlerweile sogar „zu einem erstrebenswerten Statussymbol und zur Verkörperung des US-amerikanischen Lebensstils geworden“ [7] . Hauptsächlich in den peripheren Regionen der Metropolitanräume der Ost- und Westküste sowie im Sunbelt (Südlicher Sonnengürtel) der USA entwickelten sich solche Gated Communities, deren „Zugang beschränkt und in denen der öffentliche Raum (Strassen, Grünflächen etc.)
privatisiert ist“[8]. Die Idee dieser extremen Form von Segregation ist – wie schon in der Einleitung angedeutet – zwar keine neue, allerdings setzte diese Privatisierung des öffentlichen Raumes in seiner heutigen Form erst in den späten 1980er Jahren ein und wuchs bis heute lawinenartig weiter[9]. Bis zur Wende zum 21. Jahrhundert lag die Zahl der privat organisierten Siedlungen bereits über 225.000, wovon gut ein Zehntel als Gated Community bezeichnet werden konnte. Auch wenn es sowohl nationale als auch regionale Unterschiede unter den Gated Communities gibt, lassen sich einige Definitionskriterien formulieren, die einem besseren Verständnis entgegenkommen[10]:
- Zugangsbeschränkung durch Mauern, Tore und Sicherheitspersonal (oft rund um die Uhr)
- Selbstverwaltung durch eine Hauseigentümervereinigung (HOA)
- Gemeinschaftseigentum (Grünanlagen, Sporteinrichtungen, Ver- und Entsorgung)
- Individuelles Eigentum (Nutzungsrecht einer Wohneinheit[11]).
Die äußerliche Zugangsbeschränkung durch bewachte Toreinfahrten, Zäune, Mauern oder natürlichen Begrenzungen ist das zentrale Merkmal einer Gated Community. An ihnen wird auf Anhieb deutlich, dass sich das Leben der dort wohnenden Menschen weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit abspielt. Die Bewohner haben sich bewusst dazu entschlossen, in einer überaus homogenen Lebenswelt zu leben, die ähnliche Wohnvorstellungen, finanzielle Möglichkeiten, Interessen, Freizeitpräsenzen und Lebensstile haben. Außerdem gehören die meisten Menschen noch dem gleichen Lebensabschnitt an, wodurch die Idee der Segregation radikal umgesetzt wird.
Diese innere Homogenität entspricht aber auch der äußeren Einheitlichkeit, denn bei der Gestaltung der Wohnsiedlung ist häufig eine geringe Variation an verschiedenen Häusertypen auffällig, die maßgeblich aus einander ähnelnden Einfamilien- oder Reihenhäusern bestehen. In einer Gated Community stehen ausschließlich die Wohn- und Freizeitfunktionen in einem sicheren Umfeld im Mittelpunkt, nur in den wenigsten Ausnahmen werden teilweise auch andere Funktionen eingegliedert. Die freizeitorientierten Einrichtungen und Attraktionen wie z.B. Tennisplätze, Poolanlagen, Clubhäuser etc. gehören bei fast jeder Gated Community zur Normalausstattung und ihnen sind scheinbar keine Grenzen gesetzt. In landschaftlichen Gunstlagen (wie bspw. an den Stränden nahe Florida) gelegen werden sie je nach Ausprägung durch viele weitere Annehmlichkeiten geschmückt, die großen Luxus ausdrücken.
Natürlich gibt es neben diesen Definitionskriterien noch viele weitere Ausprägungen und Charakteristika, die eine Gated Community beschreiben können, doch die genannten vier sind im Allgemeinen allen Privatsiedlungen gemeinsam.
3. Struktur und Organisation
Der Anteil der Wohnsiedlungen amerikanischer Vorstädte, der sich in gemeinschaftlichen Privatbesitz der Hauseigentümer befindet, steigt seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts immer stärker an. Hauptgründe für diesen Trend sind die Unzufriedenheit der Bürger über die Stadtverwaltung, das Streben nach einem idealen und homogenen Wohnumfeld sowie dem Wunsch nach mehr Sicherheit vor den Gefahren der Gesellschaft. Doch wie entstehen Gated Communities eigentlich, wer ist für die Planung und bauliche Umsetzung verantwortlich, wer trifft wichtige Entscheidungen für gemeinschaftlich nutzbare Einrichtungen und wie werden die Privatsiedlungen finanziert? Diesen, der Raum- und Organisationsstruktur betreffenden Fragen, werde ich im folgenden Abschnitt Antwort geben.
Die amerikanische Siedlungsentwicklung weist in der Gegenwart viele Räume auf, die durch eine isolierte Landnutzung gekennzeichnet sind. Daher gibt es verschiedene Aktionsräume, die nach Kategorien wie beispielsweise Wohnen, Arbeiten und Freizeitgestaltung voneinander abgegrenzt sind. Anhand der Siedlungsform der Gated Communities ist die Tendenz, klar definierte Aktionsräume im Gesamtraum zu schaffen, natürlich sehr anschaulich erkennbar. Um aber überhaupt den Traum von einer privaten Wohnsiedlung für die Interessenten realisieren zu können, muss es einen oder mehrere finanzkräftige Projektentwickler geben, die ein geeignetes Grundstück finden, welches sie nach der Gestaltung ihres Gesamtkonzeptes bauleitplanerisch formen können. Nachdem ein großes Areal gefunden und erworben wurde, hat der Projektleiter die bedeutungsvolle Aufgabe, einen Masterplan für die Wohnsiedlung zu erstellen, der zum einen den Wünschen und Vorlieben der Interessenten entgegenkommt und andererseits auch von dem zuständigen Stadtplanungsamt eine Baugenehmigung bekommt. Nach diesem wichtigen Schritt ist der Projektentwickler ferner dafür verantwortlich das gesamte infrastrukturelle Netz bereitzustellen, welches allerdings nicht nur die erwünschten „freizeitorientieren Einrichtungen, sondern auch [...] die Errichtung des gesamten Straßen-und Kabelnetzes, die Verlegung der elektrischen Leitungen und vieles mehr“[12] miteinschließt. Die Schaffung dieser erforderlichen Grundvoraussetzungen ist für den Projektentwickler enorm kostspielig und des Weiteren mit einigen Risiken verbunden, wenn man bedenkt, dass der primäre Kostenrahmen nicht selten mehrere Hundert Millionen US-Dollar in Anspruch nimmt.
[...]
[1] Vgl. Dilling 2006 (http://www.sueddeutsche.de/immobilien/870/318743/text/)
[2] Vgl. Frantz 2001, S.12
[3] Begriff nach Lichtenberger 1999, S.29
[4] Thieme, G. u Laux, H. 2005, S.40.
[5] Thieme, G. u Laux, H. 2005, S.40.
[6] Frantz, K. 2001, S.12.
[7] Gmünder, Grillon, Bucher 2000, S.201.
[8] Vgl. Blakely & Snyder 1997, S.2.
[9] Vgl. Lichtenberger 1999, S.31.
[10] Glasze 2007, S.884 f.
[11] Rolfes & Uhlenwinkel 2008, S.45,
[12] Frantz, K. 2001, S.15.
- Quote paper
- Matthias Kaiser (Author), 2009, Gated Communities in den USA, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136994
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