Albert Speer, Architekt und Minister der Nationalsozialisten, bekam in den 1930er Jahren neben den Bauaufträgen die Aufgabe übertragen, die Nürnberger Reichsparteitage zu inszenieren. Für dieses Ereignis entwarf er ein spezielles Lichtkonzept – den Lichtdom. Das Licht wurde hierfür als propagandistisches Mittel eingesetzt und somit politisiert. Diese Inszenierung war ein voller Erfolg und wurde in den folgenden Jahren wiederholt.
„Erlebnisse im Kollektiv, Erlebnisse von Massenveranstaltungen wurden von Hitler als wirkungsvoller Weg zur unmittelbaren persönlichen Beeinflussung und Gewinnung großer Volksteile erkannt, „weil in ihr [der Massenversammlung] der einzelne, der sich zunächst als werdender Anhänger einer jungen Bewegung vereinsamt fühlt und leicht der Angst verfällt, allein zu sein, zum erstenmal das Bild einer größeren Gemeinschaft erhält, was bei den meisten Menschen kräftigend und ermutigend wirkt.“
Nach dem Zweiten Weltkrieg stellt sich die Frage, ob man den Lichtdom als eigenständiges Werk von seinem nationalsozialistischen Hintergrund gelöst ansehen kann oder eine Beschäftigung und Bewertung nur auf dieser ideologischen Basis möglich ist.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Biographie
3. Zur Vorgeschichte des Lichtdomes: Indirekte Beleuchtung und leistungsfähigere Technik
4. Der Lichtstrahl
5. Licht als Material
6. Der Schein des Lichtes: Wahrnehmung und Rezeption
7. Der Lichtdom von Albert Speer
8. Zeitgenössische Lichtkonzepte
9. Resümee
10. Bibliographie
11. Bildquellen
1. Einleitung
Albert Speer, Architekt und Minister der Nationalsozialisten, bekam in den 1930er Jahren neben den Bauaufträgen die Aufgabe übertragen, die Nürnberger Reichsparteitage zu inszenieren. Für dieses Ereignis entwarf er ein spezielles Lichtkonzept – den Lichtdom. Das Licht wurde hierfür als propagandistisches Mittel eingesetzt und somit politisiert. Diese Inszenierung war ein voller Erfolg und wurde in den folgenden Jahren wiederholt.
„Erlebnisse im Kollektiv, Erlebnisse von Massenveranstaltungen wurden von Hitler als wirkungsvoller Weg zur unmittelbaren persönlichen Beeinflussung und Gewinnung großer Volksteile erkannt, „weil in ihr [der Massenversammlung] der einzelne, der sich zunächst als werdender Anhänger einer jungen Bewegung vereinsamt fühlt und leicht der Angst verfällt, allein zu sein, zum erstenmal das Bild einer größeren Gemeinschaft erhält, was bei den meisten Menschen kräftigend und ermutigend wirkt.“[1]
Nach dem Zweiten Weltkrieg stellt sich die Frage, ob man den Lichtdom als eigenständiges Werk von seinem nationalsozialistischen Hintergrund gelöst ansehen kann oder eine Beschäftigung und Bewertung nur auf dieser ideologischen Basis möglich ist.
2. Biographie
Albert Speer wird am 19. März 1905 in Mannheim geboren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 1: Albert Speer
Zwischen 1923 und 1928 studiert er in München und Berlin-Charlottenburg Architektur.
1933 begegnet der Architekt Speer zum ersten Mal dem Reichskanzler Adolf Hitler. Im selben Jahr beginnt Speer mit der Planung des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg. Als 1934 Hitlers bevorzugter Architekt Paul Ludwig Troost stirbt, tritt Albert Speer an dessen Stelle. 1937 wir der zum Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt ernannt. Berlin soll zur Welthauptstadt Germania umgebaut werden. In den folgenden Jahren wird Albert Speer nach und nach mit weiteren Führungspositionen beauftragt. So wird er 1942 zum Reichsminister für Bewaffnung und Munition ernannt, 1943 kann er sich Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion nennen.
Am 1. Oktober 1946 auf dem Nürnberger Prozess wird Albert Speer zu 20 Jahren Haft wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt.
1966 wird er aus dem Gefängnis Spandau entlassen und stirbt 1981 an den Folgen eines Schlaganfalls in London.[2]
3. Zur Vorgeschichte des Lichtdomes: Indirekte Beleuchtung und leistungsfähigere Technik
Indirekte Beleuchtung
Albert Speer nutzte bei seinen architektonischen Arbeiten die elektrische Beleuchtung, vor allem in Form von indirekter Außenbeleuchtung. Diese Form der Beleuchtung kam in den 1930ern auf, weil die Leistungen der Lichtquellen zu dieser Zeit soweit verbessert waren, dass sie für das menschliche Auge zu stark geworden waren. Daher musste das Licht abgeschirmt werden. Die indirekte Beleuchtung fand auch starke Verbreitung in der Innenarchitektur, hier jedoch soll die Außenbeleuchtung im Vordergrund stehen.
Es gibt nach Wolfgang Schivelbusch[3] zwei Wirkungen, die erreicht werden können: bei voller Ausleuchtung und gleichmäßiger Helligkeit wirkt das Gebäude erhaben, weiträumig, festlich. Verliert sich das Licht und gibt es einen fließenden Übergang zum Schatten, entsteht eine geheimnisvolle, mythische, sakrale Wirkung.
Beleuchtung von außen kann entweder Illumination bereits bestehender, meist alter Gebäude sein, oder in Form von Lichtarchitektur auftreten: In die Architektur wird, so auch von Albert Speer, die Beleuchtung bereits eingeplant, und zwar in Form von Lichtrinnen, -gräben und -kanälen. So leuchtet ein Gebäude wie aus sich selbst heraus. Diese Art der Lichtarchitektur fand sich beispielsweise bei der von Speer entworfenen Neuen Reichskanzlei, deren nächtliche Beleuchtung keineswegs hell ausleuchtete, sondern Lichtverläufe und Schatten zeichnete, die das Gebäude mystisch zu überhöhen schienen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 2: Neue Reichskanzlei, nächtliche Beleuchtung
Besonders anschaulich wurde sie aber vor allem bei den Weltausstellungen 1933/34 in Chicago und 1937 in Paris eingesetzt. Hier ist nach Schivelbusch der direkte Vergleich der Verwendung von Lichtarchitektur bei demokratischen Staatsformen und autoritären Regimes möglich: flächige, helle Ausleuchtung einschließlich eines „aufklärenden“ Lichtstrahls beim Palais de la Lumière als Beispiel für den Einsatz von Licht im demokratischen System -hier Frankreich- gegenüber Lichtspalte und -strahl, sich verlierende, sakrale Lichtstreifen und Licht / Schatten-Kontraste bei Speers deutschem Pavillon (beide Paris 1937)[4]:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 3: Elektrizitätspavillon Mallet / Stevenson, Pariser Weltausstellung 1937
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 4: Deutscher Pavillon, Pariser Weltausstellung 1937
Leistungsfähigere Technik
Der Lichtdom selbst wurde letzten Endes nur durch technischen Fortschritt ermöglicht, der wiederum militärisch motiviert war: die technisch leistungsfähigeren Scheinwerfer, die für die Kriegsführung entwickelt und gebaut wurden. Die Flakscheinwerfer, die Speer als „Baumaterial“ für seinen Lichtdom nutzte, kamen im Ersten Weltkrieg auf, um den von der Luftwaffe eroberten Luftraum zu überwachen und zu verteidigen. Sie mussten einige Kilometer Reichweite haben, um die Flugzeuge als Ziele der Fliegerabwehr anzuleuchten und die Piloten zu blenden. Je weiter die Entwicklung voranschritt, desto heller und desto weiter leuchteten die Flakscheinwerfer, bis sie Mitte der 1930er für Speers Lichtdom technisch „tauglich“ geworden waren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 5: Flakscheinwerfer (1930er)
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[1] Pross/Buß: Soziologie der Masse. Heidelberg: Quelle & Meyer, 1984. S. 148-149.
[2] Fest Joachim C.: Speer. Eine Biographie. Berlin: Alexander Fest Verlag, 1999.
[3] Schivelbusch, Wolfgang: Licht Schein und Wahn. Auftritte der elektrischen Beleuchtung im 20. Jahrhundert. Darmstadt: Ernst und Sohn, 1992.
[4] Schivelbusch, Wolfgang: Licht Schein und Wahn. Auftritte der elektrischen Beleuchtung im 20. Jahrhundert. Darmstadt: Ernst und Sohn, 1992. S. 35 – 41.
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