Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Bedeutung von Inklusion und den Chancen und Grenzen einer inklusiven Didaktik. Die meisten Menschen mit Behinderungen verbringen ihre Schulzeit in Sonderschulen, die zur Entlastung der allgemeinen Schulen gegründet wurden. Dies fördert Ausgrenzung und Diskriminierung, da die Schüler1 als anders wahrgenommen werden. Die Sonderpädagogik ist von der Diagnostik bis zur Unterrichtsgestaltung defizitorientiert. Obwohl sie für die Teilhabe ganzer Gruppen von Menschen mit Behinderung an der Gesellschaft geschaffen hat, wirkt sie ausgrenzend. Die im obigen Zitat beschriebene Diskriminierung soll der politischen Forderung nach Inklusion und einer ‚Bildung für alle‘ entgegenwirken. In der Inklusion werden Menschen in ihrer Heterogenität in Bezug auf Geschlecht, Sprachen, Kulturen, Begabungen und Behinderungen wertgeschätzt und eine Pädagogik der Vielfalt angestrebt.
Die Hausarbeit wird so aufgebaut, dass zunächst der Inklusionsbegriff von dem der Integration unterschieden wird, da diese oftmals synonym verwendet werden. Anschließend wird untersucht, wie es zu der aktuellen Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen im Schulsystem gekommen ist, um daraufhin die Grundzüge einer inklusiven Didaktik und konkrete Umsetzungsmaßnahmen vorzustellen. Abschließend werden die Chancen und Grenzen der Inklusion diskutiert und die Arbeit mit einem Fazit und Ausblick abgeschlossen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsdefinition
3. Grundzüge der inklusiven Didaktik
3.1. Entwicklungsetappen des Bildungssystems
3.2. Umsetzung
4. Chancen und Grenzen
4.1 Chancen
4.2 Grenzen
5. FazitundAusblick
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Von allen Gruppen mit abweichendem Verhalten hat wohl keine so intensiv und konsequent zu spüren bekommen, was Hierarchisierung bedeutet, wie Menschen mit Behinderungen. Behindert zu sein bedeutet fast immer, extremer Diskriminierung ausgesetzt zu sein“ (Prengel 2019, S. 150). Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Bedeutung von Inklusion und den Chancen und Grenzen einer inklusiven Didaktik. Die meisten Menschen mit Behinderungen verbringen ihre Schulzeit in Sonderschulen, die zur Entlastung der allgemeinen Schulen gegründet wurden. Dies fördert Ausgrenzung und Diskriminierung, da die Schüler1 als anders wahrgenommen werden. Die Sonderpädagogik ist von der Diagnostik bis zur Unterrichtsgestaltung defizitorientiert. Obwohl sie für die Teilhabe ganzer Gruppen von Menschen mit Behinderung an der Gesellschaft geschaffen hat, wirkt sie ausgrenzend. Die im obigen Zitat beschriebene Diskriminierung soll der politischen Forderung nach Inklusion und einer ,Bildung für alle‘ entgegenwirken. In der Inklusion werden Menschen in ihrer Heterogenität in Bezug auf Geschlecht, Sprachen, Kulturen, Begabungen und Behinderungen wertgeschätzt (vgl. Hinz 1993, S. 55) und eine Pädagogik der Vielfalt angestrebt (vgl. Prengel 2019).
Die Hausarbeit wird so aufgebaut, dass zunächst der Inklusionsbegriff von dem der Integration unterschieden wird, da diese oftmals synonym verwendet werden. Anschließend wird untersucht, wie es zu der aktuellen Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen im Schulsystem gekommen ist, um daraufhin die Grundzüge einer inklusiven Didaktik und konkrete Umsetzungsmaßnahmen vorzustellen. Abschließend werden die Chancen und Grenzen der Inklusion diskutiert und die Arbeit mit einem Fazit und Ausblick abgeschlossen.
2. Begriffsdefinition
Inklusion ist ein pädagogischer Begriff, der erstmals in den 1980er Jahren in den USA verwendet wurde. International wird er seit der UNESCO-Weltkonferenz über sonderpädagogische Förderung im Jahr 1994 verwendet (vgl. Schnell und Sander 2004, S. 12). Der Begriff bezeichnet einen pädagogischen Ansatz, dessen wesentliches Prinzip die Wertschätzung und Anerkennung von Vielfalt in Bildung und Erziehung ist. Ziel ist die „chancengleiche Teilhabe aller am Bildungsprozess, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, sozialem und ökonomischem Status, Behinderung oder anderen Merkmalen“ (Reich 2017, S. 15). Allerdings wird Inklusion in der Pädagogik als ein vielschichtiger und kontinuierlicher Prozess verstanden und nicht als ein fester Status, der erreicht werden kann (vgl. Anken 2010, S. 147). In diesem Prozess soll das bestehende System so ausgerichtet werden, dass alle Kinder in ihrer Unterschiedlichkeit in einer wertschätzenden Weise gefördert werden (vgl. Eberwein 2008, S. 11). Viele Pädagogen unterscheiden zwischen Integration und Inklusion, diejedoch nicht ganz trennscharf sind (vgl. Schnell und Sander 2004, S. 45). Bei der traditionellen Integration liegt der Schwerpunkt meist auf dem einzelnen behinderten Kind, während der Rest der Klasse nicht mit einbezogen wird. Die Inklusion hingegen fokussiert sich ganzheitlich auf alle am Lernprozess beteiligten Personen und ist somit eine optimierte und erweiterte Form der Integration. Die Integration konzentriert sich auf die Unterschiede zwischen den Schülern, während die Inklusion die Kinder mit all ihren persönlichen und materiellen Bedingungen und Beziehungen zueinander betrachtet, was die Inklusion systemisch macht. Alle Kinder, sowohl mit als auch ohne Behinderung, werden als Individuen gefördert. Hintergrund für die Inklusion aller ist die Salamanca-Erklärung von 1994, die politisch eine Bildung für alle fordert (vgl. Ebd. S. 12 ff.). Hierbei bezieht sich Behinderung auf den Zustand einer Person, die unzureichend in ihr vielschichtiges Mensch-Umwelt-System integriert ist. Behinderung kann durch ökosystemische Veränderungen der Umweltbedingungen beeinflusst werden. Als Grundlage für die Integration oder Inklusion müssen die pädagogischen, sozialen und institutionellen Bedingungen, unter denen die Kinder lernen, berücksichtigt werden (vgl., Ebd. S. 31.).
Die sogenannte Inklusionsquote, worunter der Anteil der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu verstehen ist, die an allgemeinen Schulen inklusiv unterrichtet werden, lag im Schuljahr 2018/2019 bei 3,2 Prozent aller vollzeitschulpflichtigen Schüler an allgemeinen Grund- und Hauptschulen. Im Vergleich zum Schuljahr 2008/2009 ist die Exklusionsquote, d.h. der Anteil der Schüler, die in Sonderschulen gesondert unterrichtet werden, nur um 0,5 Prozentpunkte gesunken. Der Anteil der Schüler mit besonderem Förderbedarf (Inklusionsquote) ist dagegen auf 42,3 Prozent gestiegen (vgl. Aktion Mensch 2021, Abschnitt 1).
3. Grundzüge der inklusiven Didaktik
Im folgenden Kapitel geht es um Grundzüge der inklusiven Didaktik, die zunächst die Entwicklungsetappen des Bildungssystems und anschließend die Umsetzung thematisieren.
3.1. Entwicklungsetappen des Bildungssystems
Im 19. Jahrhundert wurde die Medizin von der Physiologie und Pathologie beeinflusst, was zur Entwicklung von Begriffen wie ,normal‘ und ,abnormal‘ führte. Auch die Sonderpädagogik wurde von der Psychiatrie und Pathologie beeinflusst, wobei der Fokus noch immer auf dem Abweichenden liegt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts nahm das staatliche Interesse an Bildung zu und die Schulpflicht wurde eingeführt. Aufgrund des steigenden Niveaus in den Volksschulen wurde ein Mindestniveau an Fähigkeiten und Fertigkeiten festgelegt, wodurch Schüler mit Lemschwierigkeiten immer auffälliger wurden. Da aufgrund der großen Klassen eine individuelle Förderung nicht möglich war, wurden Kinder mit Behinderungen und Lemschwierigkeiten in so genannten Hilfsschulen untergebracht. Dort trugen die Lehrer weiße Kittel, welche den medizinischen Charakter verdeutlichten (vgl. Eberwein 2008, S. 15 ff.). „Mit der Segregation der Kinder wurde erstmals eine äußere Differenzierung praktiziert, anstatt die Schul- und Unterrichtsstrukturen der allgemeinen Schule durch innere Differenzierung so zu verändern, dass alle Kinder gemeinsam in einer Klasse lernen konnten“ (Ebd., S. 18). Dadurch wurden die Schüler mit ihren Behinderungen stigmatisiert. Wichtige Impulse für das gemeinsame Lernen gaben zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Reformpädagogen Celestin Freinet, Peter Petersen und Maria Montessori, deren Einflüsse noch heute sichtbar sind (vgl. Ebd., S. 19). Zu Beginn der Weimarer Republik wurde das Schulsystem reformiert, sodass Sonderschulen staatlich anerkannt wurdenjedoch wurden diese durch die Nationalsozialisten wieder zunichte gemacht. Seit den 1960er Jahren besteht eine Schulpflicht für alle Kinder, welche zur zunehmenden sonderpädagogischen Förderung sowie zur gesellschaftlichen Teilhabe ganzer Gruppen von Menschen mit Behinderung geführt hat. (Prengel 2019, S. 157 f.). Inzwischen spricht man nicht mehr von Sonderschulen, sondern von Förderschulen, um sich von dem negativen Begriff zu distanzieren (vgl. Eberwein 2008, S. 22). Allerdings steht bis heute die Entlastung der allgemeinen Schule im Vordergrund und Integration und Inklusion werden nach wie vor schulpolitisch diskutiert, wobei die Inklusionsquote nur langsam steigt.
3.2. Umsetzung
Voraussetzung für Inklusion ist eine wertschätzende Wahrnehmung der Unterschiede zwischen den Schülern. Heterogenität kann sich in Geschlechtern, Sprachen, Kulturen, Begabungen, aber auch in Behinderungen und Lemverhalten ausdrücken (vgl. Hinz 1993, S. 55). In der inklusiven Bildung werden alle Schüler als vollwertige Mitglieder des Lernprozesses mit einer positiven Einstellung einbezogen (vgl. Anken 2010, S. 142). Es ist wichtig, sich nicht auf die Schwächen der Schüler zu konzentrieren, so wie es in der traditionellen Sonderpädagogik geschieht, sondern die gegebenen Bedingungen zu betrachten, da diese leichter zu verändern sind, als die Eigenschaften in der Person eines Schülers (vgl. Schnell und Sander 2004, S. 16). Aus diesem Grund müssen Kinder in einer ökosystemischen Diagnostik ganzheitlich betrachtet werden. Ihr individuelles Lemverhalten bildet den Ausgangspunkt für pädagogisches Handeln. Darauf aufbauend können Fördermaßnahmen entwickelt werden, aber da jedes Kind individuell ist, benötigt es auch individuellen Förderbedarf (vgl. Eberwein 2008, S. 21). Die Lehrkraft gestaltet die Lehr- und Lembedingungen so, dass alle Kinder der inklusiven Klasse eine individuelle Förderung erhalten können (vgl. Schnell und Sander 2004, S. 17). Lernen bedeutet, dass alle Schüler an und mit einem gemeinsamen Gegenstand in Kooperation miteinander spielen, lernen und arbeiten, und zwar auf ihrem jeweiligen Entwicklungsniveau, entsprechend ihrer aktuellen Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungskompetenzen, mit Orientierung auf die nächste Entwicklungszone (Eberwein 2008, S. 131).
Ziel dabei ist es nicht, Leistungsunterschiede zu beseitigen, sondern Vielfalt als Normalität und Chance anzuerkennen (vgl. Schnell und Sander 2004, S. 17). Jedes Kind wird differenziert unterrichtet, wodurch soziale Unterschiede abgebaut und das Gesamtniveau in der Klasse angehoben wird (vgl. Ebd., S. 27). Da Schüler und Lehrer im kooperativen Unterricht gleichberechtigt sind, fungieren die Kinder als Tutoren und die Rolle des Lehrers verändert sich (vgl. Eberwein 2008, S. 141). Aus radikal-konstruktivistischer Sicht steht der Lehrer nicht nur als Wissensvermittler vor der Klasse, sondern auch als Coach, Dienstleister, kreativer Gestalter der Lemumgebung, Lembegleiter und Richtungsgeber (vgl. Anken 2010, S. 158). Ein weiterer Bestandteil der inklusiven Didaktik sind Gesprächsrunden, um Gemeinsamkeiten zwischen den Kindern zu schaffen, damit niemand isoliert am Lernstoff arbeiten muss. Darüber hinaus fordern inklusive Pädagogen die Abschaffung von Ziffemnoten. Aus ihrer Sicht sind Zeugnisse, die den individuellen Lemfortschritt anerkennen, pädagogisch wertvoller (vgl. Prengel 2019, S. 168). Ein weiterer wichtiger Kemaspekt der inklusiven Pädagogik ist die Vermittlung und Umsetzung von Demokratie. Nach Anken bedeutet ganzheitliche Inklusion, dass alle Stimmen gehört werden und die Zusammenarbeit auf allen Ebenen in der Schule unverzichtbar ist (vgl. Anken 2010, S. 147). Im Gegensatz zur Integration sollte in einer inklusiven Schule auf Förderausschüsse verzichtet werden, wenn sie sich nur auf einzelne Schüler beziehen, da dies einer negativen Sonderbehandlung entspricht. Wenn es in einer Klasse Probleme gibt, werden diese in kollegialen Supervisionen besprochen und die betroffenen Eltern und Jugendlichen einbezogen (vgl. Schnell und Sander 2004, S. 17).
4. Chancen und Grenzen
Inklusive Didaktik kann sowohl als Grenze, aber auch als Chance gesehen werden. In den folgenden zwei Unterkapiteln werden zunächst die Chancen und daraufhin die Grenzen der Didaktik gegenübergestellt und anschließend ein Fazit gezogen.
4.1 Chancen
Laut Prengel sind die Erfolge der Integrativen Pädagogik heute nicht mehr bestreitbar und es stehen sowohl intellektuelle als auch emotionale Gewinne im Vordergrund (vgl. 2019, S. 148). Die Forschung zeigt ebenfalls, dass die soziale Distanz zu Kindern mit Abweichungen verringert und das soziale Lernen sowie die humane Akzeptanz anderer gefördert wird. Inklusiver Unterricht führt zu einer natürlicheren Einstellung von Kindern und Erwachsenen gegenüber Menschen mit Behinderungen (vgl. Hinz 1993, S. 67 ff.). Da Kinder nicht nur von Erwachsenen, sondern vor allem von Gleichaltrigen lernen, können beispielsweise Kinder mit Sprachbehinderungen mehr lernen, wenn sie einer Klasse mit Kindern mit hohem Sprachniveau angehören. Diese dienen dann als Interaktions- und Modellpartner, um die Kinder mit Sprachbehinderung zu unterstützen. Dies wäre in einer Sonderschulklasse mit ausschließlich Kindern mit dem Förderschwerpunkt Sprache nicht möglich. Außerdem entwickeln Kinder in inklusiven Klassen eine höhere Wertschätzung für individuelle Lemfortschritte, welche zu einem positiven Selbstbild führt (vgl. Prengel 2019, S. 166 ff.). Des Weiteren schneiden Klassen, die auflnklusion setzen, nicht schlechter ab als nicht-integrative Klassen (vgl. Hinz 1993, S. 61) und inklusive Klassen wirken sich zudem positiv auf die soziale Integration aus (vgl. Eberwein 2008, S. 137).
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1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Hausarbeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.
- Quote paper
- Anonymous,, 2023, Inklusion im Unterricht. Bedeutung, Chancen und Grenzen einer inklusiven Didaktik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1368932
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