Von den Medien erfährt Schwarzarbeit eine wesentliche Zuwendung und fungiert u.a. oft als Wahlkampfthema im Zusammenhang mit der Arbeitsmarktpolitik. Hierbei unterläuft jedoch häufig der Fehler einer Gleichsetzung von Schwarzarbeit mit dem Terminus der Schattenwirtschaft. Der Zenit der öffentlichen Diskussion liegt bei den seit Jahrzehnten diskutierten volkswirtschaftlichen Schäden, welche „angeblich“ im Rahmen des inoffiziellen Wirtschaftssektors entstehen würden. Das Ausmaß dieses Tatbestandes ist daher von vielen Wissenschaftlern, die sich diesem Thema angenommen haben, heftig umstritten, da Schwarzarbeit ebenso positive Auswirkungen impliziert.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1. Einleitung
2. Methodik
2.1. Begriffsabgrenzung und Definition
2.2. Rechtsrahmen
2.3. Methoden zur Ermittlung des Umfangs der Schwarzarbeit
2.3.1. Direkte Methoden
2.3.2. Indirekte Methoden
2.3.3. Kausale Methoden
3. Wirtschaftspolitische Konsequenzen der Schwarzarbeit
3.1. Gründe und Ursachen für die Schwarzarbeit
3.1.1. Steuer- und Abgabenbelastung
3.1.2. Regulierungsdichte und Arbeitsmarktregulierungen
3.1.3. Qualität stattlicher Institutionen
3.1.4. Mangelnde Steuer- und Abgabenmoral
3.2. Folgen
3.2.1. Wirtschaftliche Folgen
3.2.2. Folgen für soziale Sicherungssysteme
3.2.3. Steuerpolitische Auswirkungen
3.2.4. Gesellschaftliche Folgen
4. Kritische Würdigung und Fazit
Anhang
Anhang I – Größe der Schattenwirtschaft 2008
Anhang II – Sektoren einer Volkswirtschaft
Anhang III - §1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG)
Anhang IV - Fälle von Schwarzarbeit nach deutschem Recht
Anhang V – Fälle von Schwarzarbeit nach dem Recht der Schweiz
Anhang VI – Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft im Vergleich
Anhang VII – Reaktionsmöglichkeiten der Wirtschaftsubjekte
Anhang VIII – Lohnabzüge resp. Lohnnebenkosten
Anhang IX – IW-Regulierungsindex und Schattenwirtschaft
Anhang X – Inanspruchnahme familienunterstützender Dienstleistungen
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ordnung der Dualen Volkswirtschaft
Abbildung 2: Grundidee der monetären Ansätze zur Erfassung der Schwarzarbeit
Abbildung 3: Grundidee des Ansatzes der weichen Modellierung
Abbildung 4: Einflussfaktoren auf die Schwarzarbeit
Abbildung 5: Steuer-/Abgabelast und Schattenwirtschaft 2004/2005 jeweils in % des BIP
Abbildung 6: Index zur Qualität staatlicher Institutionen & Schattenwirtschaft
Abbildung 7: Korrelation zwischen Steuermoral und Schattenwirtschaft
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Vergleich der Rechtslage Österreich, Schweiz und Deutschland
Tabelle 2: Methoden zur Ermittlung der Schwarzarbeit
Tabelle 3: Vor- und Nachteile der Erfassungsmethoden zur Schwarzarbeit
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Von den Medien erfährt Schwarzarbeit eine wesentliche Zuwendung und fungiert u.a. oft als Wahlkampfthema im Zusammenhang mit der Arbeitsmarktpolitik. Hierbei unterläuft jedoch häufig der Fehler einer Gleichsetzung von Schwarzarbeit mit dem Terminus der Schattenwirtschaft. Der Zenit der öffentlichen Diskussion liegt bei den seit Jahrzehnten diskutierten volkswirtschaftlichen Schäden, welche „angeblich“ im Rahmen des inoffiziellen Wirtschaftssektors entstehen würden. Das Ausmaß dieses Tatbestandes ist daher von vielen Wissenschaftlern, die sich diesem Thema angenommen haben, heftig umstritten, da Schwarzarbeit ebenso positive Auswirkungen impliziert.
Das Institut für angewandte Wirtschaftsforschung prognostizierte für das Jahr 2009 eine Zunahme der Schattenwirtschaft in Deutschland von 0,35 Prozent in Kooperation mit einem Experten auf diesem Gebiet Professor Friedrich Schneider von der Universität Linz. Unter dem Aspekt der Schwarzarbeit als „Herzstück“ der Schattenwirtschaft sind zwingende Annahmen für den inoffiziellen Bereich einer Wirtschaft auf die Untergrundwirtschaft anzuwenden. Die Frage inwieweit Schwarzarbeit gleichermaßen einer Ausweitung im Zuge der internationalen Finanzkrise unterläuft wird offensichtlich (IAW 2009, S. 1).
Die vorliegende Seminararbeit gliedert sich in zwei Hauptbestandteile Kapitel 2&3, welche einen prägnanten Überblick über das weitläufige Thema zum Ziel haben. Im Fokus beispielhafter Darstellungen steht Deutschland, das sich im Vergleich schattenwirtschaftlicher Aktivitäten von 21 OECD Ländern im Jahr 2008 im unteren Mittelfeld befindet (Anhang I). Im zweiten Kapitel erfolgen zunächst eine Abgrenzung der zentralen Begrifflichkeiten, sowie die Darstellung der spezifischen Methoden zur Quantifizierung der Schwarzarbeit. Dieser Bereich ist stark umstritten. Seit 2005 kann eine Kontroverse zwischen den zwei Lagern von Walter Koch als Professor an der Fachhochschule Flensburg und Prof. Friedrich Schneider verzeichnet werden. Wirtschaftspolitische Konsequenzen bilden den Gegenstand des dritten Kapitels. Unter anderem werden Motive benannt die Wirtschaftssubjekte zur Schwarzarbeit veranlassen und im Rahmen des Umfanges der Seminararbeit gibt der Autor ein kurze Erläuterung möglicher Auswirkungen. Das vierte Kapitel schließt mit einer kritischen Betrachtung des Themas ab.
2. Methodik
Das wissenschaftliche Interesse an der Schwarzarbeit bildet die Entwicklung und Existenz einer zweigeteilten Volkswirtschaft in vielen Nationen (La Porta & Shleifer 2008, S. 2f.). Die Duale Volkswirtschaft gliedert sich in die zwei Sektoren der offiziellen[1] und der inoffiziellen Wirtschaft (Schattenwirtschaft i.w.S.)[2] (Ernste 2003, S. 2). Fehler! Ungültiger Eigenverweis auf Textmarke. liefert eine Darstellung der „Dual Economy“.
Abbildung 1: Ordnung der Dualen Volkswirtschaft
Quelle: Eigene Darstellung. In Anlehnung an Schrage 1984, S. 14; Ernste & Schneider 2000, S. 6.
Eine Quantifizierung und Bewertung der Aktivitäten im inoffiziellen Sektor sind in großem Maße abhängig von der expliziten Definition des Sektors der Schattenwirtschaft i.w.S. Häufig erfolgt eine synonyme Verwendung der beiden Begrifflichkeiten, insbesondere in den Medien, sodass eine strikte Trennung der heterogenen Bereiche der Schattenwirtschaft notwendig wird (siehe Anhang II).
2.1. Begriffsabgrenzung und Definition
Schwarzarbeit ist in den Bereich der Schattenwirtschaft i.e.S., gleichbedeutend mit dem Begriff der Hidden Economy im angelsächsischen Raum, einzuordnen und fungiert folglich als eine Teilmenge der Informal Economy (Caspar et al. 2002, S. 13ff.). Im Rahmen einer vollständigen Erfassung der Schwarzarbeit besteht keine Möglichkeit die gesamte Schattenwirtschaft und demgemäß die gesamte Wertschöpfung der Volkswirtschaft zu ermitteln. Daher ist es zunächst erforderlich den Terminus Schattenwirtschaft i.w.S. zu erläutern. In der Literatur findet sich eine Vielzahl von Versuchen eine allgemeingültige Arbeitsdefinition für den Bereich der Informel Economy zu liefern, welches jedoch bis dato nicht gelungen ist.
Kirchgässner 1981 definiert die Schattenwirtschaft wie folgt:
„Im Schattensektor werden all jene Aktivitäten zusammengefasst, die normalerweise zum BSP gerechnet werden müßten, aber – aus welchen Gründen auch immer – im offiziellen BSP nicht ausgewiesen sind (Kirchgässner 1981, S. 3).“
Der gemeinsame Konsens der verschiedenen Erklärungsansätze liegt darin begründet, dass Schattenwirtschaft den Teil gesamtwirtschaftlicher Aktivitäten einschließt, welcher nicht mittels Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung (VGR) erfasst werden kann, u. a. aufgrund von Steuerhinterziehungs- und Umgehungsmöglichkeiten (Schäfer 1984, S. 12; Caspar et al. 2002, S. 16).
Das VGR Konzept inkludiert bei Schrage den Ausgangspunkt zur Differenzierung zwischen Untergrundwirtschaft und Selbstversorgungswirtschaft. Unterschiede sind anhand der Selektionsnorm des VGR-Konzepts sowie Exit-Optionen[3] begründet (Schrage 1987, S. 7f.). Die Selbstversorgungswirtschaft stellt den legalen Bereich der Informal Economy dar und beinhaltet bspw. Nachbarschaftshilfe, Do-it-your-self, Soziale Arbeit von Selbsthilfegruppen, Fahrgemeinschaften sowie Gefälligkeitsarbeiten (Caspar et al. 2002, S. 14; Trockel 1987, S. 5). Im Zuge der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung werden mittels Selektionsnorm diese Tätigkeiten von der offiziellen statistischen Erfassung ausgeschlossen, während Schattenwirtschaft i.e.S. illegale Tätigkeiten impliziert, die aufgrund von Exit-Optionen vor einer Einbeziehung in die VGR verheimlicht werden können (Schrage 1987, S. 8).
Schwarzarbeit wird als der gewichtigste Faktor unter den differenzierten Aktivitäten der Schattenwirtschaft angesehen (Schäfer 1984, S. 123). Dieser Terminus beinhaltet die Erbringung von Arbeitsleistungen für Dritte einhergehend mit der Umgehung resp. Unterlassung steuerlicher sowie sozialversicherungsrechtlicher Pflichten (Wildemann 2007, S. 218.). Hierbei handelt es sich i.d.R. um illegale, nicht gemeldete Beschäftigungsverhältnisse. Schwarzarbeit i.w.S. wird als illegale Beschäftigung ausgelegt, welche gesetzeswidrige Handlungen anhand von Leistungsmissbrauch, illegaler Ausländerbeschäftigung, illegaler Arbeitnehmerüberlassung und Verstöße gegen das Arbeitnehmer-Entsendegesetz zum Gegenstand hat, während Schwarzarbeit i.e.S. Steuer- und Sozialabgabenhinterziehung und unerlaubte Gewerbe- und Handwerksausübung erfasst (Caspar et al. 2002, 14).
2.2. Rechtsrahmen
Die Rechtslage bzgl. der Schwarzarbeit und der damit verbundenen Definition des Terminus birgt Unterschiede innerhalb einzelner Länder. Gleichermaßen liegt auf europäischer Ebene keine einheitliche normative Bestimmung zur Bekämpfung der Schwarzarbeit vor, jedoch erfolgen vereinzelt Anstrengungen zur Eindämmung. Im Februar 2009 verabschiedete bspw. das Europäische Parlament eine Richtlinie zur Sanktionierung von Arbeitgebern illegaler Drittstaatsangehöriger, welche Wettbewerbsverzerrungen mittels der Beschäftigung illegaler Einwanderer aus dem EU-Ausland zu Dumping-Löhnen unterbinden soll (EU Press Releases 2009).
Im Folgenden wird ein Vergleich der Rechtssituationen in drei ausgewählten Staaten Deutschland, Österreich und der Schweiz vorgenommen (siehe Tabelle 1).
Tabelle 1: Vergleich der Rechtslage Österreich, Schweiz und Deutschland
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung. In Anlehnung an BGSA 2008, S. 4, BMF online 2009a, Amon et al. 2007, S. 21.
Bis zur Einführung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung 2004 (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG) gab es in Deutschland keine Legaldefinition dieses Begriffes (Anhang III) (Amon et al. 2007, S. 21). Vielmehr wurden im alten Gesetz von 1957 zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (SchwarzArbG a.F.) ordnungswidrige resp. strafbare Verhaltensweisen dargelegt und ein Verständnis des Terminus vorausgesetzt (Brenner 2007, S. 25). Hierin ergab sich die Problematik, dass mittels Gesetz die Ahndung der Handlungen forciert wurde und gleichermaßen die als ordnungswidrig identifizierten Handlungen nicht in Übereinstimmung mit der allgemein anerkannten Schwarzarbeit standen. Daher bestand die Notwendigkeit das bis dato viel zu eng gefasste Verständnis der Schwarzarbeit gemäß §1 SchwarzArbG a.F. im Rahmen eines neuen Gesetzes zu erweitern und zu definieren (Brenner 2007, S. 26f.). Während §1 SchwarzArbG a.F. lediglich Verstöße gegen gesetzliche Mitteilungs- und Anzeigepflichten sowie gegen rechtliche Pflichten bzgl. der Eintragung in die Handwerksrolle eines zulassungspflichtigen Handwerks beinhaltet, werden im aktuell gültigen Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz ebenso die Verletzung steuerrechtlicher Pflichten inkludiert (Anhang IV) (Brenner 2007, S. 25f.). Die Definition gemäß §1 SchwarzArbG lässt sich in die vier Grundtatbestände der Verletzungen sozialversicherungsrechtlicher Melde-, Beitrags- oder Auszeichnungspflichten, der Verstöße gegen das Steuerrecht, der Verletzung der Mitwirkung- resp. Mitteilungspflicht gegenüber einem Sozialleistungsträger, d.h. Leitungsmissbrauch und der Verstöße gegen das Gewerbe- oder Handwerkrecht gliedern.
Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FSK), welche im Zuge des neuen SchwarzArbG gegründet wurde, ist das Ergebnis des Ziels zur Schaffung effizienter Behördenstrukturen und zusammenfassender Zuständigkeiten im Kampf gegen illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit (Amon et al. 2007, S. 21). Die Zuständigkeit im Bereich der Verstöße gegen das Handwerks- und Gewerberecht obliegt den jeweils nach Landesrecht zuständigen Behörden, während die Prüfung bzgl. Verletzungen der steuerrechtlichen Pflichten den Landesfinanzbehörden zusteht (Amon et al. 2007, S. 22).
Ein einheitliches, gemeinsames Kontrollorgan, wie es in Österreich und Deutschland praktiziert wird, ist in der Schweiz nicht vorhanden. Vielmehr obliegt den einzelnen Kantonen mittels eines kantonalen Kontrollorgans die Überprüfung der Einhaltung der Melde- und Bewilligungspflichten gemäß Sozialversicherungs-, Ausländer- und Quellensteuerrecht. Hierbei erfolgt eine Meldung seitens der Behörden und Organisationen der Arbeitsinspektion, Arbeitsmarkt und Arbeitslosenversicherung, Beschäftigung, Polizei, Flüchtlingswesen, Ausländerpolizei, Zivilstand und Steuerwesen im Falle eines vorliegenden Verdachtsmoments zur Schwarzarbeit (BGSA 2008, S. 4). Weiterhin enthält das BGSA, im Unterschied zum SchwarzArbG, keine eindeutige juristische Definition, jedoch eine Aufzählung der als Schwarzarbeit angesehenen Tätigkeiten (Anhang V).
In Österreich existiert explizit kein Gesetz zur Abwehr von Schwarzarbeit (BMF online 2009a). Dennoch erfolgte 2002 die Gründung der KIAB zur Schaffung fairer und gleicher Konditionen für alle Marktteilnehmer der Wirtschaft sowie zum Schutz der finanziellen Interessen der Republik Österreichs (BMF online 2009b).
2.3. Methoden zur Ermittlung des Umfangs der Schwarzarbeit
Eine Vielzahl differenter Methoden, welche in den letzten Jahrzehnten in der Wissenschaft u.a. von Kaldor (1956), Gutmann (1977), Frey und Weck-Hannemann (1984) resp. Schneider (1997) entwickelt wurden, stellen Ansatzpunkte zur Messung der Schwarzarbeit dar (Orviská et al. 2006, S. 717; Ahumada et al. 2008, S. 97). Hierbei ist besonders die Differenzierung zwischen Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit von großer Bedeutung (Anhang VI). Die Abgrenzung zur Schattenwirtschaft liegt darin begründet, dass im Sektor der Schwarzarbeit lediglich die rein „schwarz“ geleisteten Arbeitsstunden zur Erstellung von legalen Gütern und Dienstleistungen sowie verwendeten Materialien herangezogen werden. Mittels einer Schätzung bzgl. der Mehrwertsteuerhinterziehung erfolgt die Ermittlung des auf das Material entfallenen Anteils (Ernste & Schneider 2006b, S. 4).
Die größte Problematik in der Erfassung liegt darin, dass die beteiligten Akteure einen starken Anreiz besitzen ihr ordnungswidriges Handeln zu verheimlichen und folglich der Sanktionierung zu entgehen. Dennoch besteht die Möglichkeit anhand verschiedener Indizien der illegalen Aktivitäten Verfahren zur Messung von Schwarzarbeit zu entwickeln (Caspar et al. 2002, S. 22). Ein Überblick über die einzelnen Methoden liefert die nachfolgende Darstellung (Tabelle 4).
Tabelle 2: Methoden zur Ermittlung der Schwarzarbeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung. In Anlehnung an Ernste & Schneider 2006a, S. 42.
Die Vielfältigkeit der Vor- und Nachteile der spezifischen Methoden wird anhand Tabelle 3 deutlich.
Tabelle 3: Vor- und Nachteile der Erfassungsmethoden zur Schwarzarbeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung. In Anlehnung an Caspar et al. 2002, S. 23;
Janisch & Brümmerhoff 2004, S. 29; Ernste & Schneider 2000, S. 19f.
2.3.1. Direkte Methoden
Zielführend ist die unmittelbare Erfassung der Schwarzarbeit auf Mikroebene mittels Befragungen zu einem gegebenen Zeitpunkt, bspw. Pederson (2003) und mittels Stichproben im Verdachtsfall der Steuerhinterziehung, welche durch Aggregation Aussagen über die Größenordnung liefern sollen (Trockel 1987, S. 91). Eine exemplarische Frage bietet die Angabe der Befragten nach dem Zeitumfang ihrer Nebenbeschäftigung. Dies dient zur Erstellung einer Hochrechnung auf die Grundgesamtheit, basierend auf den angegebenen, mit dem Stundenlohn gewichteten, Tätigkeiten (Blankart 2008, S. 216).
Direkte Verfahren inkludieren gleichermaßen Expertenschätzungen resp. Vermutungen die von Ministerien, Berufsorganisationen oder Kammern erhoben werden. Die Basis hierfür liefern reine Spekulationen, allgemeine Erfahrungssätze oder Verallgemeinerungen von Beobachtungen bzgl. einzelner Wirtschaftszweige in spezifischen Regionen (Trockel 1987, S. 92).
2.3.2. Indirekte Methoden
Diese Verfahren setzen im Bereich der Makroebene an und beruhen auf Indikatoren, welche Rückschlüsse auf die Schwarzarbeit zu lassen (Blankart 2008, S. 216). Unter Beobachtung der Größe und Veränderung gesamtwirtschaftlicher spezifischer Daten im Zeitablauf, erfolgen Aussagen über das Ausmaß und die Entwicklung illegaler Aktivitäten. Die somit gewonnen Daten finden Verwendung in Differenzen- respektive Quotientenverfahren (Trockel 1987, S. 91).
VGR-fundierte Ansätze beinhalten ein Differenzverfahren zur Gegenüberstellung von Einkommenserzielung und –verwendung, unter der Voraussetzung, dass die Ermittlung der Einnahmen sowie Ausgaben unabhängig voneinander erfolgt. Der die Einnahmen übersteigende Ausgabenbetrag wird in vollem Umfang den schwarz erbrachten Leistungen zugeschrieben. Hierbei erfolgt die Berechnung des BSP auf Einkommensseite mittels Steuererklärung, während ausgabenseitig die Ermittlung aus der Größe der konsumierten Güter- und Dienstleistungen resultiert (Trockel 1987, S. 99).
Die monetären Ansätze sind die am häufigsten verwendete Analysetechnik zur Quantifizierung der Schattenwirtschaft. Deren Grundidee basiert auf der Prämisse, dass im Sektor der Schwarzarbeit als einziges Zahlungsmittel zur Vermeidung von Indizien, Bargeld Verwendung findet (Ernste & Schneider 2006a, S. 39). Diese zentrale Eigenschaft versinnbildlicht Abbildung 2. Als Ursprung der Bargeldansätze gilt die Arbeit von Cagan 1958[4], welcher mittels einer Bestimmungsgleichung die Ursachen für Schattenwirtschaft erläuterte (Trockel 1987, S. 102).
Abbildung 2: Grundidee der monetären Ansätze zur Erfassung der Schwarzarbeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Caspar et al. 2002, S. 25.
Eine normale Entwicklung des Bargeldbedarfs ohne Schattenwirtschaft fungiert als gemeinsamer Ausgangspunkt unter der Gesamtheit der monetären Ansätze. Hierbei bildet die Differenz zwischen dem für das offizielle BIP notwendigen und dem tatsächlichen Bargeldumlauf den Indikator für die Größe der Schwarzarbeit (Ernste & Hardege 2007, S. 3). Die einzelnen Verfahren variieren in den spezifischen Berechnungsmethoden sowie Bezugsgrößen, unter Beibehaltung und Anpassung der Grundidee, bspw. die Beschränkung auf große Banknoten (Ernste 2003, S. 19).
Die Ansätze von Cagan und Gutmann erfuhren unter Tanzi (1982, 1983), Cloveland (1984), Kirchgässner (1984) und Schneider (1986, 1994, 1997) eine Weiterentwicklung. Anhand einer multiplen Regression werden konventionelle Determinanten der Bargeldnachfrage, bspw. Zinssatz und Höhe des Einkommens der Bargeldsubstitute (Kreditkarten, Eurochequesystem), ebenso berücksichtig, wie diejenigen welche den Einfluss der Schattenwirtschaft wiederspiegeln. Diese Verfeinerung der Bargeldumlaufansätze ist unter dem Terminus Bargeldmethode bekannt und stellt die heute am häufigsten angewandte Methodik zur Messung der Schwarzarbeit resp. Schattenwirtschaft dar (Caspar et al. 2002, S. 26).
Ausgangspunkt für Messung der erhöhten Bargeldhaltung aufgrund von Schwarzarbeit liefert folgende Regressionsgleichung:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Kloveland, Kirchgässner und Schneider führen anhand dieser Gleichung Schätzungen bzgl. ökonometrischer Nachfragefunktionen durch. Demzufolge hängt die Bargeldnachfrage (BG) vom Preisniveau (p), vom Transaktionsvolumen der offiziellen Wirtschaft (Y), vom Zinssatz (i), von Bargeldsubstituten (s), vom durchschnittlichen und marginalen Steuersatz (t; t‘) sowie von konstant gehaltenen schattenwirtschaftlichen Variablen (USN), wie Regulierungsdichte, Steuermoral, Komplexität des Steuersystems, ab (Caspar et al. 2002, S. 26). Das Volumen der Schattenwirtschaft berechnet sich schließlich aus der Differenz zwischen BG und tatsächlicher Kassenhaltung multipliziert mit der offiziellen Umlaufgeschwindigkeit (Blankart 2008, S. 217).
Der Physikalische Input Ansatz basiert auf der Annahme, dass der Elektrizitätsverbrauch u.a. in engen Zusammenhang mit Schwarzarbeit steht. Die drei Prämissen,
1. die kurzfristige Elastizität des Energieverbrauchs liegt im Verhältnis zum BSP bei fast 1
2. dieses Verhältnis ist konstant und
3. eine Basisperiode liegt vor, ermöglichen die Berechnung des gesamten BSP, d.h. offizielles BSP zuzüglich Schattenwirtschaft (Schaltegger et al. 2008, S. 96).
2.3.3. Kausale Methoden
Die Modellansätze fungieren auf makroökonomischer Ebene und enthalten jeweils wesentliche Bestimmungsgründe, welche die Entwicklung der Schwarzarbeit tangieren (Trockel 1987, S. 91). Der Ausgangspunkt begründet sich in der Annahme, dass der Umfang der Schwarzarbeit eine nicht beobachtbare Variable ist, die von statistischen Verfahren geschätzt wird (Blankart 2008, S. 217).
Als Grundüberlegung (siehe Abbildung 3), die auf Frey (1983) und Frey & Weck-Hannemann (1984) zurück geht, werden einerseits die schwarzarbeitsfördernden Einflussfaktoren (Ursachen-Variablen) direkte und indirekte Steuerbelastung, Sozialversicherungsbeiträge, staatliche Reglementierung, Absenz von Steuermoral, ein geringes real verfügbares Pro-Kopf-Einkommen und Arbeitslosenquote betrachtet und mittels der Indikatorvariablen offizielle Erwerbsquote, effektive Arbeitszeit in der offiziellen Wirtschaft sowie das Wachstum des realen Sozialprodukts, dargestellt (Blankart 2008, S. 217; Schaltegger 2008, S. 98). Schlussfolgernd ist ein Wachstum der Schwarzarbeit im Falle zunehmender Einflussfaktoren zu verzeichnen, welches anhand spezifischer Indikatoren abgelesen wird (Blankart 2008, S. 218). Zur Umsetzung wurde das LISREL-Schätzverfahren (Linear Interdependent Structured Relationships) und das DYMMIC-Verfahren (dynamic multiple indicator and multiple cause) entwickelt, anhand derer Rückschlüsse auf die Größe der Schwarzarbeit gezogen werden können (Schaltegger 2008, S. 98).
Abbildung 3: Grundidee des Ansatzes der weichen Modellierung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle. Ernste & Schneider 2000, S. 21.
3. Wirtschaftspolitische Konsequenzen der Schwarzarbeit
Die Schwarzarbeit stellt eine Möglichkeit dar den erhöhten Transaktionskosten wirtschaftlichen Handelns, impliziert durch ein Übermaß an Regulierungen und zu hohen Abgaben, in Form von Exit-Optionen, auszuweichen. Diese Reaktion der Wirtschaftssubjekte auf eine als nicht gewünschte wahrgenommene Ausgestaltung des Wirtschafts-, Steuer- und Sozialsystems, bietet Spielraum für das Ausweichen in die abgaben- und regulierungsfreie Schwarzarbeit (immobile Faktoren) oder für eine Abwanderung in ein anderes Land (mobilen Faktoren) (Schäfer 2004, S. 2). Die Voice-Option ist nach Hirschmann (1974) die zweite der beiden Verhaltensweisen anhand derer die Bürger ihrem Unmut dem Staat gegenüber mittels Kritik oder Protest Ausdruck verleihen können (Anhang VII) (Ernste 2002, S. 241). In diesem Zusammenhang ist das Äquivalenzprinzip resp. Äquivalenzprinzip der Besteuerung anzuführen, welches die Gleichheit von Leistung und Gegenleistung für den einzelnen Bürger inkludiert und eine restriktive Regulierungsregel für den Staat impliziert, sodass eine autoritäre Festsetzung der Steuern unterbunden wird (Blankart 2008, S. 171). Der Staatsbürger finanziert die von ihm konsumierten öffentlichen Leistungen, welche einen Nutzenzuwachs für ihn darstellen, mittels Steuern und Abgaben (Schäfer 2006, S. 4). Andererseits fundiert das Äquivalenzprinzip u.a. auf dem fiskalischen Aspekt im Zuge dessen eine Zweckbindung der Steuern erfolgt, welches eine verbesserte Steuermoral verursachen kann, in dem Maße das der Staatsbürger informiert ist über die Verwendung der abgeleisteten Steuern (Scherf 2009, S. 193). Folglich besteht die Möglichkeit einer Steuerreduzierung.
Das nachfolgende Kapitel liefert eine Einsicht über die wesentlichen Ursachen für das Ausüben der Exit‑Option durch die Wirtschaftsubjekte.
3.1. Gründe und Ursachen für die Schwarzarbeit
In der Literatur werden vier grundlegende Ursachen für das Vorhandensein der Schwarzarbeit benannt:
1. Steuer- und Abgabenbelastung;
2. Regulierungsdichte und Arbeitsmarktregulierungen,
3. Qualität stattlicher Institutionen
4. Mangelnde Steuer- und Abgabenmoral.
Verstärkt wird dieses Phänomen durch hohe Arbeitslosenzahlen, zu hohe Lohnzusatzkosten sowie der Einsatz illegaler Ausländer aus dem ehemals kommunistischen Wirkungskreis ohne Arbeitsgenehmigung (Amon et al. 2007, S. 30). Unzureichende Kontrollen, mangelnde Strafverfolgung sowie zu geringe Bußgelder sind weitere Gründe für Aktivitäten des irregulären Sektors. Die Darstellung in Abbildung 4 liefert einen Überblick über Ursachen sowie Wirkungen der Schwarzarbeit und zeigt dass ein Entgegenwirken seitens des Staates mittels Steuer- und Regulierungsabbau erfolgen sollte.
Abbildung 4: Einflussfaktoren auf die Schwarzarbeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Schneider 2007b.
3.1.1. Steuer- und Abgabenbelastung
Eine Vielzahl von Studien belegt den Zusammenhang der Steuer- und Abgabenbelastung und der Schattenwirtschaft auf volkswirtschaftlicher ebenso wie auf der Ebene der persönlichen Entscheidung eines Individuums (Schaltegger 2008, S. 66). Unter dem Aspekt, dass Schwarzarbeit das „Herzstück“ der Schattenwirtschaft darstellt, ist diese Korrelation gleichermaßen für ersteres zutreffend.
Abbildung 5: Steuer-/Abgabelast und Schattenwirtschaft 2004/2005 jeweils in % des BIP
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
[1] Hierbei erfolgt die statistische Erfassung der Gesamtheit wirtschaftlicher Aktivitäten eines Staates und dessen privaten Haushalte sowie Unternehmen, die im Bereich offizieller Märkte stattfinden (Schrage 1987, S. 7). Dieser Bereich umfasst Tätigkeiten die einer regelmäßigen Besteuerung und Administrierung seitens des Staates unterliegen (Ernste 2003, S. 3).
[2] Der inoffizielle Sektor beinhaltet im Gegenzug all jene Aktivitäten privater Unternehmen und Haushalte, welche außerhalb der offiziellen Wirtschaft liegen und nicht in das offizielle Bruttoinlandsprodukt eingehen (Schrage 1987, S. 7).
[3] Zur Erläuterung: siehe Kapitel 3.
[4] Cagan versuchte anhand einer Bestimmungsgleichung das Verhältnis zwischen Bargeld und der Geldmenge M2 auf Basis der Daten für die USA von 1919-1955 zu schätzen. M2 bezeichnet Bargeld, Termineinlagen unter 4 Jahren und Sichteinlagen inländischer Nichtbanken (=M1) (Ernste & Schneider 2002, S. 15).
- Arbeit zitieren
- Susann Engelmann (Autor:in), 2009, Schwarzarbeit und ihre wirtschaftspolitischen Konsequenzen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136882
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