Der Anteil an Schülern, die nach Abschluss der zehnten, zwölften oder dreizehnten Klasse „selbstständig und selbstbewusst“ englischsprachige Texte unterschiedlicher Sorten lesen, verstehen, bewerten und produzieren können, ist vergleichsweise klein. Grund für das häufig schwerfällige Erlernen von Englisch (wie auch anderer Fremdsprachen) liegt nicht nur in der Unterscheidung des Vokabulars und der Aussprache von der L1 Deutsch, sondern insbesondere in der Grammatik, denn wo innerhalb der Kategorien Wortschatz und Aussprache mit Unterschieden zum Deutschen gerechnet wird, überwiegen im Bereich der Grammatik augenscheinlich zunächst die Gemeinsamkeiten, was das Erlernen der Unterschiede umso schwerer macht. Diese Arbeit beschäftigt sich mit ebendiesen grammatikalischen Hürden im Erlernen der Fremdsprache Englisch und zeigt anhand von Lernertexten den Einfluss der deutschen Grammatik auf den schriftlichen Erwerb von Englisch als Fremdsprache auf.
Inhalt
I Einleitung
II Einleitung in wesentliche Aspekte der deutschen Grammatik und ihrer Vermittlung
III Einleitung in wesentliche Aspekte der englischen Grammatik und ihrer Vermittlung
IV Analyse zweier Phänomene aufBasis von Lernertexten
IV.I Zeitformen
IV.II Satzbau
V Fazit
Literaturverzeichnis
I Einleitung
„Die englische Sprache hat in Deutschland einen langjährigen und sehr prominenten Status [...], der besonders durch die nach Ende des zweiten Weltkrieges entstandene, enge Beziehung Deutschlands mit englisch-sprachigen Ländern wie Großbritannien und den Vereinigten Staaten zustande kommt“, schreibt die US-amerikanische Professorin für Englisch Melinda Reichelt et. al. in dem ArtikelKeyIssues inForeign Language Writing(dt. Schlüsselthemen beim Schreiben von Fremdsprachen); „[Englisch] hat eine langanhaltende Lehrtradition in Deutschland, die stark durch die Lehrmethoden der LI Deutsch geprägt ist“ (frei übersetzt nach Reichelt et. al. 2012, S. 32 + 33).
Claudia Finkbeiner bestätigt dies, sieht jedoch einen besonders hohen Stellenwert im schriftlichen Erlernen der englischen Sprache, sowie dem Umgang mit schriftlichen Spracherzeugnissen (vgl. Finkbeiner 2006, S. 45). „Leseflexibilität und ausgefeilte Denkfähigkeiten sind erforderlich, um eine Vielzahl verschiedener Texttypen und Textaufgaben akademisch lesen, verstehen und bewerten zu können“, schreibt die Direktorin des Englisch Lehrstuhls der Universität Kassel in dem ArtikelEFL and ESLKnowledgeable Reading(dt. Sachkundiges Lesen in EFL und ESL, frei übersetzt nach Finkbeiner 2006, S. 45). Ziel der deutschen Bildung sei daher, Lerner mit den nötigen Kenntnissen auszustatten, um ihren selbstständigen und selbstbewussten Umgang mit englischsprachigen Texten (im weitesten Sinne) sowie deren eigenständiger Produktion zu garantieren (vgl. Finkbeiner 2006, S. 49).
Dies schlage sich sowohl laut Reichelt als auch laut Finkbeiner in den Lehrmethoden und Zielen des deutschen Fremdsprachenunterrichtes nieder. So diene das Schreiben im Englischunterricht dem „Verstärken und Testen von Inhalten, dem Fördern von kritischem Denken und Kreativität, sowie dem Stärken und Überprüfen von grundfremdsprachlichen Fähigkeiten“ (frei übersetzt nach Reichelt et al. 2012, S. 33).
In der Theorie in dies alles schön und gut. In der Praxisjedoch erweist sich das Erlernen einer Fremdsprache für viele Schüler als eher schwierig und während die von Reichelt et. al. und Finkbeiner beschriebenen Lernziele zwar von einer relativ großen Prozentzahl in einem für das deutsche Bildungssystem grundlegend-zufriedenstellenden Maße (Note 4 und aufwärts) erreicht werden, ist der Anteil an Schülern, die nach Abschluss der zehnten, zwölften oder dreizehnten Klasse „selbstständig und selbstbewusst“ englischsprachige Texte unterschiedlicher Sorten lesen, verstehen, bewerten und produzieren können, vergleichsweise klein.
Grund für das häufig schwerfällige Erlernen von Englisch (wie auch anderer Fremdsprachen) liegt nicht nur in der Unterscheidung des Vokabulars und der Aussprache von der LI Deutsch, sondern insbesondere in der Grammatik, denn wo innerhalb der Kategorien Wortschatz und Aussprache mit Unterschieden zum Deutschen gerechnet wird, überwiegen im Bereich der Grammatik augenscheinlich zunächst die Gemeinsamkeiten, was das Erlernen der Unterschiede umso schwerer macht.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit ebendiesen grammatikalischen Hürden im Erlernen der Fremdsprache Englisch und zeigt anhand von Lernertexten den Einfluss der deutschen Grammatik auf den schriftlichen Erwerb von Englisch als Fremdsprache auf.
II Einleitung in wesentliche Aspekte der deutschen Grammatik und ihrer Vermittlung
Ebenfalls an wesentlicher Stelle steht der Satzbau, der eng mit den Verb- und insbesondere den Zeitformen verwebt ist. Bereits bevor Schülern vermittelt wird, was Verbflektion ist und wie diese funktioniert, werden sie darin unterrichtet, einfache Sätze aus bereits bekannten Wörtern zu bilden. Zunächst nur im Präsens (von dem die Schüler noch nicht wissen, dass es so etwas wie Präsens überhaupt gibt) schreiben sie „Ich male“, „Wir essen“, „Sie kaufen“. Doch auch komplexere Sätze mit direkten Objekten werden bereits gefordert: „Ich male ein Bild“, „Wir essen Eis“, „Sie kaufen ein Brot“ (siehe Abbildung 1). Vor der Einführung der Satzglieder (zumeist ab der vierten Klasse) lernen Schüler so bereits die basale deutsche Satzstruktur:
Subjekt - Prädikat - Objekt.
Komplexer wird diese mit ansteigender Klassenstufe, Abbildung 1: Satzbauübungen in der ersten Klasse da mehr und mehr neue Satzglieder hinzukommen und die Büdqueiie:https://www.grundschuikoenig.de/deutsch/i-kiasse/saetze-satzbau/. gefragten Sätze sich daher nicht mehr zwangsläufig an der Struktur SPO (auch SVO) orientieren. Temporal- und Lokaladverbiale können beispielsweise an fast beliebiger Stelle im Satz verwendet werden (vgl. Pahlow 2010, S. 83). Einzige Einschränkung bildet die Vorgabe, dass das Prädikat immer auf das Subjekt folgen muss und in einem Aussagesatz das Prädikat nie am Anfang stehen darf (vgl. Pahlow 2010, S. 83).
Anmerkung der Redaktion: Diese Abbildung wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.
Beispielsätze aus Elementen: wir ins Kino gehen heute
1. Wir gehen heute ins Kino.
2. Heute gehen wir ins Kino.
3. Ins Kino gehen wir heute.
4. Wir gehen ins Kino heute.
Je nachdem für welchen Satz man sich entscheidet, verändert sich zwar die Betonung, die auf den unterschiedlichen Satzgliedern liegt, nicht aber Inhalt, Satzart oder gar die grammatikalische Richtigkeit der Aussage. Dies ist nicht in allen Sprachen der Fall, wie wir im folgenden Kapitel sehen werden.
III Einleitung in wesentliche Aspekte der englischen Grammatik und ihrer Vermittlung
Der Fremdsprachenunterricht in Deutschland hat seinen Ursprung in der Zeit der Spätaufklärung, da im Zuge der Reformpädagogik erstmalig eine bundesweite Förderung im Fremdsprachenbereich festgelegt wurde (vgl. Elsner 2010, S. 13). Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert war das Erlernen einer Fremdsprache jedoch zunächst Schülern der höheren Schulen vorbehalten; erst ab den 1960er Jahren begannen in Deutschland die ersten Ansätze einer frühschulischen fremdsprachlichen Förderung (vgl. Elsner 2010, S. 13). Aufgrund von vor knapp 60 Jahren durchgeführten Studien, die sich Fremdsprachenkenntnissen auseinandersetzten, wurde Englischunterricht an der Grundschule (zunächst Bundesländern) eingeführt (vgl. Demircioglu 2008, S. 17). Diese eingeführten Rahmenrichtlinien sind der Grund, warum heute der Englischunterricht bundesweit verpflichtend mit der dritten Klasse beginnt (vgl. Elsner 2010, S. 14).
Anmerkung der Redaktion: Diese Abbildung wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.
Abbildung 2: Einstiegsübungen im Englischunterricht Bildquelle: https://www.grundschulkoenig.de/englisch/animals-tiere/.
Einen Einstieg in das Englische bieten die meisten Schulen allerdings bereits ab der ersten Klasse. Spielerisch werden die Schüler in den Zahlenraum von eins bis zwölf eingeführt, sowie in das englische Alphabet, einige Farben und einfache Themenbereiche, wie Essen, Tiere und Schulmaterial (vgl. MBJS Brandenburg 2012, S. 7). Dies erfolgt zumeist in der Form von Liedern, Spielen und einfachen Übungen und umfasst in der Regel nicht mehr als eine Unterrichtsstunde pro Woche (vgl. MBJS Brandenburg 2012, S. 7).
Mit Beginn der dritten Klasse wird Englisch als Hauptfach neben Deutsch und Mathematik in den Lehrplan aufgenommen. Es geht nun nicht mehr nur noch um die Vermittlung grundlegender Vokabeln, sondern um die Herausbildung eines allgemeinen Sprachverständnisses (vgl. MBJS Brandenburg 2012, S. 7). Um dieses zu fördern, liegt der Fokus auf dem Verstehen und Reprozieren von einfachen Sätzen, sowie der Überprüfung und Erweiterung des bisher erworbenen Vokabulars. Erst ab der fünften Klasse liegt der Fokus auf Satzbau und Zeitformen, von hier an werden die Zeitformenjedoch schnell und häufig simultan eingeführt.
Das Englische verfügt über dieselben grundlegenden Zeitformen wie das Deutsche. So finden wir Äquivalente zum deutschen Präsens (present), Präteritum (past), Perfekt (present perfect), Plusquamperfekt (past perfect), Futur I (future) und Futur II (future perfect). Lediglich für das Futur I gibt es im Englischen zwei Formen - will-future und going-to-future, zwischen denen je nach Wahrscheinlichkeit und Vorhersagbarkeit der Aussage unterschieden wird. Da die Bildung vieler Zeitformen ähnlich ist wie im Deutschen, haben Schüler mit dem Erlernen dieser zunächst keine großen Schwierigkeiten, vorausgesetzt, sie beherrschen die deutschen Zeitformen bereits.
Beispiel:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Schwierig wird es allerdings für viele Schüler, sobald ihnen mitgeteilt, dass jede Zeitform über eine Zweitform, die progressive-Form verfügt (vgl. Henrichs 2008, S. 16). Während es im Deutschen also sechs Zeitformen gibt, dieje nach Verwendung den Inhalt eines Satzes verändern können, so verfügt das Englische über 14 (zwölf + zwei der zweiten einfachen Futur-Form). Die Simple- und Progressive-Formen sind bedeutungsunterscheidend und inwiefern sie die Bedeutung eines Satzes beeinflussen, ändert sich je nach Zeitform. So dient die Progressive-Form im Present der Unterscheidung von regelmäßigen Handlungen (Simple) zu Handlungen, die nur in diesem Moment stattfmden (Progressive) (vgl. Henrichs 2008, S. 24). Im Past ist es jedoch genau andersherum; Simple Past für einmalige Handlungen in der Vergangenheit und Past Progressive für Handlungen, die über einen längeren Zeitraum stattgefunden haben (vgl. Henrichs 2008, S. 27 + 30).
Erschwerend kommt ab der fünften Klasse der komplexe Satzbau hinzu. Während zuvor die Regelung SPO (SVO) wie im Deutschen galt („I eat an apple“), werden nun Temporal- und Lokaladverbiale eingeführt (vgl. Henrichs 2008, S. 254). Während es im Deutschen jedoch kaum Beschränkungen gibt, wo ein solchen Adverbial stehen darf, ist es im Englischen klar vorgegeben, da sich ansonsten der Inhalt des Satzes verändert oder dieser grammatikalisch falschwird (vgl. Pahlow/ Cooke Slocombe 2015, S. 173).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Beispielsätze aus Elementen: we to the cinema go today
1. Today, we are going to the cinema.
2. We are going to the cinema today.
Wo es im Deutschen vier Möglichkeiten der Satzbildung gibt, gibt es im Englischen nur zwei, da die Verteilung der Adverbiale klaren Regeln unterliegt. So darf ein Temporaladverbial nur initial und final verwendet werden und in finaler Position niemals vor einem Lokaladverbial stehen (vgl. Ungerer 1988, S. 13 - 14). Ein Lokaladverbial darf nur in finaler Position verwendet werden, es sei denn, es folgt ein Temporaladverbial, was dazu führt, dass das Lokaladverbial um eine Position im Satz nach vorne rutscht (vgl. Ungerer 1988, S. 18). Während der deutsche Satz „Wir gehen heute ins Kino“ von den vier, unter II genannten, Varianten die geläufigste ist, ist der englische Satz „We are going today to the cinema“
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- Arbeit zitieren
- Marie Will (Autor:in), 2020, Der Einfluss der deutschen Grammatik auf den schriftlichen Erwerb von Englisch als Fremdsprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1368685
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