Nach Angaben der Vereinten Nationen waren 2018 weltweit rund 821 Millionen Menschen unterernährt. Ihnen standen nicht ausreichend Lebensmittel zur Verfügung, um ihr Körpergewicht zu erhalten. Sie gehören zu den zwei Milliarden Menschen, die an chronischem Hunger leiden. Diesen Menschen fehlt es dauerhaft an wichtigen Nährstoffen wie zum Beispiel Eisen, Jod, Zink oder Vitaminen. Dies führt zu schwerwiegenden Krankheiten und hemmt die körperliche und geistige Entwicklung von Kindern. Das ist vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern Afrikas, Asien und Südamerikas ein gravierendes Problem.
Dahingegen waren 2015 weltweit 2,2 Milliarden Menschen übergewichtig, 4 Millionen Menschen starben an den Folgen von Übergewicht (z.B. Diabetes mellitus und Herz-Kreislauferkrankungen), das sind 7% der weltweiten Todesfälle. Dies ist vor allem in den Industriestaaten Europas, in Nordamerika und in Australien der Fall. Aber auch in einigen Schwellenländern Nordafrikas (z.B. Marokko und Tunesien) zeigen sich zunehmend die Probleme der Überernährung.
Die oben genannten Zahlen zeigen eine ausgeprägte Disparität und machen deutlich, dass der Zugang zu den Nahrungsmitteln auf dieser Welt ungleich verteilt ist.
Im Rahmen meiner Hausarbeit möchte ich einige, in der wissenschaftlichen Diskussion erörterten Ursachen und Faktoren für diese ungleiche Ressourcenverteilung darstellen. Mir ist bewusst, dass es sich hierbei um eine ausgesprochen komplexe und vielschichtige Thematik handelt. Von daher werde ich mich auf die wichtigsten ökonomischen, sozialen und ökologischen Ursachen, wie zum Beispiel Land Grabbing, Korruption und Klimawandel, beschränken und wichtige Interdependenzen aufzeigen. Im Schlussteil meiner Arbeit gebe ich einen kurzen Ausblick auf das Bedingungsfeld möglicher Lösungsansätze zu einer gleicheren Verteilung globaler Ressourcen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Hauptteil
2.1 Ökonomische Ursachen
2.1.1 Die Weltwirtschaftsordnung
2.1.2 Nutzung landwirtschaftlicher Anbauflächen für tierische Futtermittel und Agrotreibstoffen
2.1.3 Land Grabbing
2.1.4 Spekulation auf Nahrungsmittel
2.2 Politische und soziale Ursachen
2.2.1 Korruption
2.2.2 Disparitäten in den Entwicklungsländern
2.3 Ökologische Ursachen
2.3.1 Bodendegradation
2.3.2 Klimawandel
3 Schlussteil
4 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Nach Angaben der Vereinten Nationen waren 2018 weltweit rund 821 Millionen Menschen unterernährt. Ihnen standen nicht ausreichend Lebensmittel zur Verfügung, um ihr Körpergewicht zu erhalten.1Sie gehören zu den zwei Milliarden Menschen, die an chronischem Hunger leiden. Diesen Menschen fehlt es dauerhaft an wichtigen Nährstoffen wie zum Beispiel Eisen, Jod, Zink oder Vitaminen. Dies führt zu schwerwiegenden Krankheiten und hemmt die körperliche und geistige Entwicklung von Kindern.2Das ist vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern Afrikas, Asien und Südamerikas ein gravierendes Problem.3
Dahingegen waren 2015 weltweit 2,2 Milliarden Menschen übergewichtig, 4 Millionen Menschen starben an den Folgen von Übergewicht (z.B. Diabetes mellitus und Herz-Kreislauferkrankungen), das sind 7% der weltweiten Todesfälle.4Dies ist vor allem in den Industriestaaten Europas, in Nordamerika und in Australien der Fall. Aber auch in einigen Schwellenländern Nordafrikas (z.B. Marokko und Tunesien) zeigen sich zunehmend die Probleme der Überernährung.5
Die oben genannten Zahlen zeigen eine ausgeprägte Disparität und machen deutlich, dass der Zugang zu den Nahrungsmitteln auf dieser Welt ungleich verteilt ist.
Im Rahmen meiner Hausarbeit möchte ich einige, in der wissenschaftlichen Diskussion erörterten Ursachen und Faktoren für diese ungleiche Ressourcenverteilung darstellen. Mir ist bewusst, dass es sich hierbei um eine ausgesprochen komplexe und vielschichtige Thematik handelt. Von daher werde ich mich auf die wichtigsten ökonomischen, sozialen und ökologischen Ursachen, wie zum Beispiel Land Grabbing, Korruption und Klimawandel, beschränken und wichtige Interdependenzen aufzeigen. Im Schlussteil meiner Arbeit gebe ich einen kurzen Ausblick auf das Bedingungsfeld möglicher Lösungsansätze zu einer gleicheren Verteilung globaler Ressourcen.
2 Hauptteil
2.1 Ökonomische Ursachen
2.1.1 Die Weltwirtschaftsordnung
Im 21.Jahrhundert leben wir in einer globalisierten, nach kapitalistischen Gesichtspunkten organisierten Weltwirtschaft. In einer solchen ökonomischen Ordnung existieren für alle global gehandelten Güter und Dienstleistungen sogenannte Weltmarktpreise, dies gilt selbstverständlich auch für global gehandelte Lebensmittel wie z.B. Getreide oder Fleisch. Der Preis stellt dabei einen Knappheitsindikator dar, das heißt, dass z.B. bei steigender Nachfrage und konstantem Angebot die Preise steigen. Umgekehrt fallen die Preise beispielsweise bei sinkender Nachfrage und konstantem Angebot.
Preise haben in einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung immer auch eine Verteilungsfunktion. Das bedeutet, dass die Warenströme immer in die Richtung fließen, in der genügende Kaufkraft vorhanden ist und der vom Markt geforderte Preis gezahlt werden kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten6
Die Grafik der Weltbank über das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf der Bevölkerung im Jahr 2018 zeigt, dass die Einkommen weltweit sehr ungleich verteilt sind. Während die durchschnittlichen Einkommen in Nordamerika, Europa und Australien alle über 25.000 US-Dollar liegen, liegen sie in vielen Ländern Afrikas (zum Beispiel: Sudan, Tschad und Niger) und in Afghanistan unter 1.000 US-Dollar.
Diese ungleiche Verteilung von Einkommen führt zu einer entsprechend ungleichen Verteilung der Ressourcen.
Schwankungen in den Weltmarktpreisen zum Beispiel durch Krisen, Missernten und Spekulationen können von einkommensstarken Konsumenten wesentlich leichter kompensiert werden als durch einkommensschwache Konsumenten. Hier können Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln zu Hunger und Unterernährung führen. So ist das Gefälle der Ausgaben für Lebensmittel gemessen am verfügbaren Einkommen international gesehen sehr groß. Die Spanne erstreckt sich von 6,4 Prozent in den USA bis hin zu 56,4 Prozent in Nigeria.7
2.1.2 Nutzung landwirtschaftlicher Anbauflächen für tierische Futtermittel und Agrotreibstoffen
Ein weiteres Problem besteht darin, dass weltweit ca. 33% der landwirtschaftlichen Anbaufläche für tierische Futtermittel genutzt werden – Tendenz steigend.8Weitere Anbauflächen werden für die Produktion von Agrotreibstoffen (zum Beispiel Bio-Ethanol und Biodiesel) genutzt. Diese Flächen stehen nicht direkt der Produktion menschlicher Lebensmittel zur Verfügung, verknappen also das Angebot und führen somit zu steigenden Preisen, von denen vor allem die einkommensschwachen Konsumenten vorzugsweise in Asien, Afrika und Südamerika betroffen sind.
Die Steigerung der Anbauflächen für tierische Futtermittel ist vor allem verursacht durch den hohen Fleischkonsum in Amerika, Europa und Australien. Dabei werden für die Produktion von 1Kg Rindfleisch 15.400 Liter Wasser, 3,9 bis 9,4 Kg Futter und 27 bis 49 Quadratmeter Nutzfläche benötigt. „Um eine Kalorie Fleisch auf dem Teller zu haben, sind im Schnitt bereits rund zehn Kalorien Getreide verbraucht worden - zum Teil aber auch bis zu 30“.9 Die Zahlen zeigen den großen Ressourcenverbrauch bei der Fleischproduktion, der von Kritikern auch häufig als Ressourcenverschwendung kritisiert wird. „Würde die gesamte Getreideernte zu Nahrungsmitteln verarbeitet und gar nichts mehr zu Futtermitteln für Rinder, Schweine oder Geflügel, dann könnten vier Milliarden Menschen mehr ernährt werden.“10
2.1.3 Land Grabbing
Traditionell sind viele Menschen in den Entwicklungs- und Schwellenländern Afrikas, Asiens und Südamerikas Selbstversorger und als solche eher unabhängig von Weltmarktpreisen und deren Schwankungen.
Seit einer Reihe von Jahren tritt allerdings das Phänomen des Land Grabbings verstärkt in den Vordergrund. Das Land Grabbing ist eine Art des Erwerbs landwirtschaftlich nutzbarer Flächen, der aus Anlass der enormen Preissteigerungen für Nahrungsmittel auf dem Weltmarkt der Jahre 2007/2008 sprunghaft zugenommen hat und vor allem in Entwicklungsländern zu Konflikten führt.11Dabei kaufen oder pachten private, häufig international agierende Agrarkonzerne, aber auch staatliche Konzerne, große Landflächen, um diese intensiv landwirtschaftlich zu nutzen. „Zu dem traditionellen Motiv der Profitmaximierung ausländischer Investoren gesellt sich das der eigenen Ernährungssicherung der investierenden Länder.“12
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die obige Grafik der Land Matrix, einem unabhängigen Landbeobachtungsprojekt staatlicher und nichtstaatlicher Entwicklungsorganisationen, zeigt die Dimensionen des Land Grabbings. Danach haben mindestens 5% der Ackerfläche Afrikas in den letzten Jahren ihren Besitzer gewechselt. In dem Maße, in dem internationale Agrarkonzerne zunehmend über landwirtschaftliche Flächen verfügen, sinken die Möglichkeiten der Selbstversorgung in den Entwicklungsländern.13Aus ehemals armen, aber unabhängigen Bauern werden abhängig beschäftigte Landarbeiter, die ihre Nahrungsmittel kaufen müssen und damit abhängig von den Entwicklungen der Weltmarktpreise werden.
2.1.4 Spekulation auf Nahrungsmittel
Nach Prognosen des Department of Economic and Social Affairs (UN/DESA) wird nach einer mittleren Berechnungsvariante die Bevölkerungszahl im Jahr 2050 bei 9,73 Milliarden Menschen liegen, im Jahr 2100 bei ca. 11,2 Milliarden. Zurzeit leben ca. 7.6 Milliarden Menschen auf der Erde.14
Die Agrarflächen, die für die Ernährung der Weltbevölkerung zur Verfügung stehen, sind tendenziell abnehmend. Da der Preis ein Knappheitsindikator ist, werden in Zukunft die Preise für Nahrungsmittel steigen.
So werden Terminverträge an der Börse geschlossen, dabei verkaufen Produzenten ihre zukünftige Ernte zu einem festgelegten Preis. Dadurch gewinnt der Produzent Planungssicherheit und ist gegen einen kurzfristigen Preisverfall abgesichert. Da die Preise tendenziell steigen, macht der Hedger (Zwischenhändler) langfristig Gewinne.
Dabei ist die kurzfristige Spekulation auf Nahrungsmittelpreise besonders problematisch, da dies zu einer erhöhten Preisvolatilität führt. So können starke Preisschwankungen nach oben von einkommensschwachen Haushalten weniger gut kompensiert werden.
Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN verdreifachten sich von Herbst 2005 bis Mitte 2008 die Preise der vier Hauptnahrungsmittel Reis, Mais, Weizen Sojabohnen. In Entwicklungsländern stiegen die Verbraucherpreise um bis zu 40 Prozent. Daraus folgten in über 60 Länder sozialen und politischen Unruhen.15Die Zahl der Hungernden stieg von 2007 bis 2008 weltweit von 848 auf 923 Millionen Menschen.16
2.2 Politische und soziale Ursachen
2.2.1 Korruption
Beim oben beschriebenen Land Grabbing bewegen sich die internationalen Investoren und die staatlichen oder privaten Verkäufer oft in Grauzonen des Rechtes.17
Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang den politischen Führern auf regionaler und nationaler Ebene zu. Inwieweit bei den hier relevanten Entscheidungen das Allgemeinwohl, oder doch eher das Wohl der politischen Führer im Vordergrund steht, mag umstritten sein. Fakt ist jedoch, dass in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern Korruption bei politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen eine wichtige Rolle spielt.
[Die Abbildung ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht im Lieferumfang enthalten.]
Der Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International misst die in Wirtschaft, Politik und Verwaltung wahrgenommene Korruption auf der Grundlage verschiedener Expertenbefragungen auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption)18
Die Grafik zeigt deutlich, dass Korruption vor allem ein Problem der zentral- und ostafrikanischen, einiger asiatischer und südamerikanischer Staaten ist. Dies sind zum großen Teil auch die Länder, in denen Land Grabbing eine wichtige Rolle spielt (vgl. Grafik zum Land Grabbing, S. 2).
2.2.2 Disparitäten in den Entwicklungsländern
Die Disparität bei der Ressourcenverteilung zeigt sich nicht nur im Verhältnis zwischen Industriestaaten einerseits und Entwicklungs- und Schwellenländern andererseits, sondern auch innerhalb von Entwicklungsländern. Hunger trifft nicht alle Bevölkerungsteile gleichermaßen, sondern ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Dazu zählen zum Beispiel das Geschlecht, die soziale Stellung und das Stadt-Land-Gefälle.
Mit einem Anteil von insgesamt 60% sind es mehrheitlich Frauen, die hungern. Obwohl die Gleichheit vor dem Gesetz für Frauen in vielen Ländern auf dem Papier existiert, werden die Rechte von Frauen in der Praxis vielfach verletzt. Zudem hindern gesellschaftliche Normen und traditionelle Geschlechterbilder Frauen häufig daran, ihre Rechte einzufordern. Zudem sind Frauen häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen und übernehmen meist nur minderbezahlte Hilfstätigkeiten. Sie verfügen über wenig Kaufkraft und sind deshalb häufig von ihren Männern wirtschaftlich abhängig.19
[...]
1(Vereinte Nationen, 2019)
2(Welthungerhilfe, 2019)
3(Weltbank, 2018)
4(Spiegel, 2017)
5(WHO, 2016)
6(Weltbank, 2018)
7(Vexcash, 2017)
8(Heinrich Böll Stiftung, 2015)
9(Spiegel, 2013)
10(Spiegel, 2013)
11(Bundestag, 2011)
12(FDCL – Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e.V., kein Datum)
13(Weltagrarbericht, kein Datum)
14(Bundeszentrale für politische Bildung, 2017)
15(FAO, 2008)
16(Welthunger Index, 2008)
17(Weltagrarbericht, kein Datum)
18(Transparency International Deutschland e.V., 2019)
19(Oxfam, kein Datum)
- Arbeit zitieren
- Sebastian Seifert (Autor:in), 2020, Ursachen der globalen Disparität bei der Verteilung von Nahrungsmitteln, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1365529
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