"Hälfte des Lebens" heißt Hölderlins berühmtestes Gedicht. Zwei Strophen, die jede(n) ergreifen. Über Schönheit, gefährdete Jugend, verblichene Mythen, weibliche und männliche Lyrik. Die Betrachtungen verfolgen die Spuren des Gedichts von seiner Veröffentlichung 1804/05 und Wiederentdeckung 1909 bis zurück in die Antike Sapphos und Pindars.
Die Lyrik als solche steht nicht mehr im Zentrum kultureller Wahrnehmung, wenngleich Hölderlin da ohnehin zu keinem Zeitpunkt stand. Für ihn als Dichter war nie und nirgendwo Bedarf, und wenn es zeitweilig anders erschien, glaubte sich fast jedermann in seinen Werken zu entdecken.
Seine Themen waren Natur und Daseinsfreude. Er lebte in der Gegenwart, doch nicht im Zeitgeist. Er blickte zurück in die Antike und nicht ins Mittelalter. Er hinterließ der Nachwelt ungebeten einzigartige Zeugnisse 3000-jähriger abendländischer Dichtkunst, ein unzerstörbares Weltkulturerbe, lange bevor man den Namen dafür erfand.
Das Gedicht "Hälfte des Lebens" ergreift den Leser oder Hörer unmittelbar durch die ungemeine Spannung zwischen seinen beiden Strophen. Sie beruht auf einem antiken Gegensatz, dem "locus amoenus", auf Deutsch dem anmutigen oder lieblichen Ort, und seinem Gegenstück, dem "locus terribilis", einer unwirtlichen oder schrecklichen Stätte.
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- Manfred Gessat (Author), 2022, Über Friedrich Hölderlins "Hälfte des Lebens", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1364893
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