In dieser Hausarbeit wird die Frage erörtert, inwiefern Menschen mit Behinderung ihr Recht auf Sexualität frei entfalten können. Dazu werden verschiedene Perspektiven aufgezeigt und vorhandene Unterstützungsmöglichkeiten erläutert.
Sexualität stellt ein grundlegendes Element der persönlichen Entwicklung dar. Entgegen vieler Stigmatisierungen trifft dies auch auf junge Menschen mit geistiger Behinderung zu. Menschen, die aufgrund von einer Beeinträchtigung der gesellschaftlichen Norm nicht gerecht werden, leiden häufig unter einer mangelnden Möglichkeit, sich frei sexuell zu entfalten. Probleme entstehen dabei kaum durch die Beeinträchtigung, häufiger aber durch den institutionellen Rahmen, in dem die Betroffenen leben. Trotz teilweise vorhandenen Möglichkeiten wie Sexualassistenz oder Sexualbegleitung, ist ein freies Ausleben von Sexualität für geistig Behinderte in unserer Gesellschaft häufig sehr schwierig.
Inhaltsverzeichnis
I Zusammenfassung
1. Einleitung
2. Definition Sexualität
3. Definition Behinderung
4.Sexualität von Menschen mit geistiger Behinderung
4.1 Unterstützungsmaßnahmen für geistig Behinderte Menschen, um ihre Sexualität auszuleben
5.Diskussion
II Literaturverzeichnis
I Zusammenfassung
Sexualität stellt ein grundlegendes Element der persönlichen Entwicklung dar. Entgegen vieler Stigmatisierungen trifft dies auch auf junge Menschen mit geistiger Behinderung zu. Menschen, die aufgrund von einer Beeinträchtigung der gesellschaftlichen Norm nicht gerecht werden, leiden häufig unter einer mangelnden Möglichkeit sich frei sexuell zu entfalten. Probleme entstehen dabei kaum durch die Beeinträchtigung, häufiger aber durch den institutionellen Rahmen, in dem die Betroffenen leben. Trotz teilweise vorhandenen Möglichkeiten wie Sexualassistenz oder Sexualbegleitung, ist ein freies Ausleben von Sexualität für geistig Behinderte in unserer Gesellschaft häufig sehr schwierig.
1. Einleitung
Menschen mit geistigen Behinderungen leiden in unserer Gesellschaft unter Ausgrenzung und Stigmatisierung. Insbesondere die Sexualität jener Menschen mit Behinderung stellt ein stark tabuisiertes Thema dar, obgleich fachlich ein allgemeiner Konsens darüber herrscht, dass Sexualität auch für Menschen mit Behinderung ein Grundbedürfnis darstellt (vgl. Niehus, 2010, S.9). Diese Arbeit beleuchtet die Situation von Menschen mit Behinderung und deren Sexualität in einer an Normen ausgerichteten Gesellschaft und möchte damit auf die besondere Situation aufmerksam machen. Im Folgenden wird zunächst auf die Begrifflichkeiten von Sexualität und geistiger Behinderung eingegangen, um anschließend konkret zu erörtern, wie die Situation im Umgang mit Sexualität bei der benannten Personengruppe konkret aussieht. Des Weiteren werden konkrete Maßnahmen beziehungsweise Hilfestellungen zum Ausleben von Sexualität der Beeinträchtigten vorgestellt, welche auch im Rahmen sozialer Einrichtungen von Relevanz sind. Zuletzt werde ich zusammenfassend darauf eingehen, welche aktuelle Situation im Umgang mit geistig behinderten Menschen besteht und welche Zukunftsaussichten wichtig sind um die sexuelle Entwicklung dieser Menschen aktiv, auch im Rahmen von Sozialer Arbeit zu fördern.
2. Definition Sexualität
Um sich mit der komplexen Thematik auseinanderzusetzen muss zunächst definiert werden, was Sexualität bedeutet. Menschliche Sexualität ist sehr vielfältig und lässt sich oft nicht klar definieren. Die unterschiedlichen Definitions- und Erklärungsansätze sind auch immer durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen geprägt. Niehus beschreibt, dass sich Sexualität im Wesentlichen auf vier Elemente herunterbrechen lässt. Demnach spielen Identität, Beziehung, Lust und Fruchtbarkeit eine zentrale Rolle bei der Auseinandersetzung mit dem Begriff. Sexualität ist demnach als bedeutendes Element der persönlichen Entwicklung zu betrachten (vgl. Niehus, 2010, S. 16). Die sexuelle Entwicklung beginnt bereits in früher Kindheit. Sie ist dabei nicht rein biologisch bedingt, sondern auch maßgeblich durch verschiedenste gesellschaftliche Einflüsse geprägt. (vgl. Achilles et al. , 2014, S.10) . Der Mensch ist dennoch aktiv an seiner sexuellen Entwicklung beteiligt und ist dabei keinesfalls als reines Produkt äußerer Faktoren anzusehen. Sexualität zwischen Menschen, ist weit mehr als nur Fortpflanzung. Die physische Nähe ist oft auch ein Produkt von emotionaler Intimität (vgl. Kerber, 2018, S.4).
In dieser Arbeit wird der Begriff Sexualität, als ein zentrales Element der Ich-Findung verstanden wobei menschliche Sexualität nie allein, sondern immer im Kontext der Gesellschaft inklusive ihrer Einflüsse auf den Menschen betrachtet wird.
3. Definition Behinderung
Nach dem deutschen Sozialgesetzbuch bezeichnet man einen Menschen als behindert, „[...] wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.“ (vgl. § 2 SGB IX, 2020). Des Weiteren wird in dem Paragrafen der behinderte Mensch beschrieben als physisch, psychisch oder in seinen Sinnen beeinträchtigt, in einem Maße, dass ihn „[.] an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern [.]“ könnte. Der wage Begriff der Behinderung orientiert sich dabei rechtlich an medizinischer Diagnostik zur Feststellung von Beeinträchtigungen. Diese Arbeit beschränkt sich in ihrer Erörterung auf die Sexualität von Menschen mit einer geistigen Behinderung. Diese kennzeichnet sich vor allem durch eine deutliche kognitive Einschränkung in der Entwicklung der Betroffenen. Damit einhergehend, besteht in der Regel ein deutlicher Entwicklungsunterschied bei sprachlichen, motorischen, sozialen und emotionalen Fähigkeiten (vgl. Niehus, 2010, S.30).
Aus soziologischer Sicht liegt die Behinderung nicht vorwiegend biologisch vor. Der Begriff entsteht durch eine Abweichung von einer gesellschaftlichen Norm, deren Erwartungen die beeinträchtigten Menschen nicht entsprechen (vgl. Niehus, 2010, S. 40.). Der Begriff der Behinderung gilt damit im Allgemeinen als negativ behaftet und wird nicht oft genutzt (vgl. Rohrmann, 2018, S.57). Die geistige Behinderung wird im Kontext dieser Arbeit vor allem verstanden, als mangelnde Fähigkeit, in einer normativen Gesellschaft den kognitiven Erwartungen zu entsprechen. Die Menschen mit Beeinträchtigungen, stehen dabei also immer in einem Spannungsfeld zwischen ihrem eigenen Erleben und den externen Erwartungen, mit denen sie konfrontiert werden. Damit nehme ich bewusst Abstand von Definitionen, die den Menschen nach seinen Defiziten klassifizieren.
4.Sexualität von Menschen mit geistiger Behinderung
Eine in Spanien durchgeführte Studie mit 360 geistig Behinderten Erwachsenen zwischen 19 und 55 Jahren, zeigt, dass fast 98 Prozent der Befragten bereits eine sexuelle Anziehung verspürten. 90 Prozent masturbierten bereits. Die Studie zeigt deutlich, dass auch Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung ein sexuelles Verlangen haben und das Bedürfnis eben dieses auszuleben (vgl. Gil-Llario et al. , 2018, S.75) . Das Erkunden von Sexualität spielt für Menschen mit Behinderung eine bedeutende Rolle beim Prozess der Identitätsfindung. Gesellschaftliche Normen vermitteln, dass Sexualität und Partnerschaft zum Erwachsenwerden dazugehören. Daher kann das aktive Ausleben von Sexualität sehr positive Auswirkungen auf das Selbstbewusstsein der Person mit Behinderung haben. (Achilles et al. , 2014, S. 10 f. ). Während es in der körperlichen Sexualentwicklung meist kaum Unterschiede zu Nicht-Behinderten jungen Menschen gibt, besteht der Unterschied vorwiegend auf geistlicher Ebene (vgl. Achilles et al. , 2014, S.11).
Probleme bei der Entfaltung von Sexualität bei Menschen mit Beeinträchtigung, treten allerdings seltener durch die Beeinträchtigung selbst auf. Menschen mit geistiger Behinderung bewegen sich oft in einem Rahmen, in dem das freie Ausleben ihrer Sexualität maßgeblich erschwert wird. Betreuer und Eltern im Umfeld der Betroffenen, sind oft unsicher im Umgang mit den sexuellen Bedürfnissen geistig behinderter Menschen. Außerdem sind Einrichtungen oft gleichgeschlechtlich ausgerichtet. (Achilles et al. , 2014, S. 11). Ein signifikanter Unterschied bei der Sexualität von Menschen mit Beeinträchtigung besteht darin, dass diese häufig auf Hilfe zum Ausleben ihres Bedürfnisses angewiesen sind. Dies kann zum einen ein erhöhter Aufklärungsbedarf sein, zum anderen aber auch konkrete praktische Hilfestellung beim Sexualverkehr (vgl. Niehus, 2010, S. 104). Die Bundesvereinigung Lebenshilfe verweist auf eine Studie, die zeigt, dass das Ausleben sexueller Bedürfnisse maßgeblich von der Einstellung der Eltern oder Betreuer bezüglich der Thematik abhängig ist. Anzusetzen ist bei einer Sexualerziehung dementsprechend insbesondere bei den Betreuenden (vgl. Achilles et al., 2014, S.17). So erklärt die Vereinigung, dass Eltern von Kindern mit Behinderungen oft große Schwierigkeiten mit der sexuellen Entwicklung ihrer Kinder haben, da diese seitens der Eltern mit großen Ängsten verbunden sind. Diese entstehen zum einen durch den erhöhten Hilfsbedarf ihrer Kinder. Die Eltern sind somit oft sehr direkt mit den Bedürfnissen der Kinder konfrontiert und kriegen diese bewusster mit. Besonders bei weiblichen Personen, besteht seitens der Eltern oft eine große Angst vor einer Schwangerschaft ihrer Tochter (vgl. Achilles et al. , 2014, S.13 ).
4.1 Unterstützungsmaßnahmen für geistig Behinderte Menschen, um ihre Sexualität auszuleben
Sexuelle Dienste für die beeinträchtigte Person werden in der Regel in Anspruch genommen, sofern ein Bedürfnis nach sexueller Hilfestellung besteht, welchem die Betreuenden nicht nachkommen können (vgl. Niehus, 2010, S. 107)
Ein zentrales Element bei der sexuellen Hilfestellung stellt die Sexualassistenz dar. Bei der Sexualassistenz für Beeinträchtigte unterscheidet man zwischen der passiven und aktiven Assistenz. Passive Assistenz benennt dabei vor allem Beratung und auch Versorgung mit beispielsweise Hilfsmitteln zur sexuellen Befriedigung. Bei der aktiven Assistenz ist der Helfer aktiv an Befriedigung des Behinderten, nach dessen Wünschen beteiligt. (vgl. Niehus, 2010, S. 105 f.). Unterschiedlich zur Assistenz, gibt es die Sexualbegleitung, bei der eine konkrete sexuelle Dienstleistung in Anspruch genommen wird. Etwaige Dienstleister sind häufig ehemalige Prostituierte oder Menschen mit Vorerfahrung in der Pflege von beeinträchtigten Personen (vgl. Niehus, 2010, S.106). Die Sexualbegleitung unterscheidet sich dabei von der Prostitution, durch fachliches Wissen des Sexualbegleiters. Eine entsprechende Ausbildung gibt es beim Institut zur SelbstBestimmung Behinderter in Niedersachsen. Der Fokus liegt dabei vor allem auf Reflektion der eigenen und fremden Sexualität und das Erlernen eines respektvollen Umgangs mit den sexuellen Bedürfnissen geistig behinderter Menschen (vgl. ISBB, o.J.). Des Weiteren muss der Begleiter, mindestens über pflegerische Grundkenntnisse verfügen, um einen sicheren Umgang mit den Kunden zu gewährleisten (vgl. Riedel, 2011, S. 56).
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- Timo Kistmacher (Author), 2020, Können Menschen mit Behinderung ihr Recht auf Sexualität frei entfalten?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1364038
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