Diese Forschungsarbeit analysiert die außenpolitischen Handlungen der Vereinigten Staaten im Israel-Palästina-Konflikt, um herauszufinden, welchen Einfluss die USA auf die Dynamik des Konflikts haben und welche Verantwortung sie dadurch für den Verlauf des Konflikts tragen. Dazu wurden exemplarisch die Amtszeiten Bill Clintons und George W. Bushs untersucht, um anschließend einen Vergleich der beiden US-Administrationen durchzuführen.
Als theoretische Basis wird dieser Forschungsarbeit der Liberalismus als Theorie der internationalen Beziehungen zugrunde gelegt, welcher versucht, das außenpolitische Handeln von Akteuren durch den Einfluss innenpolitischer Determinanten zu erklären.
Der Konflikt zwischen der jüdisch-israelischen und arabisch-palästinensischen Bevölkerung im Gebiet des historischen Palästinas lässt sich zwar bis in die Antike zurückverfolgen, begründet sein heutiges Ausmaß jedoch erst gegen Beginn des 20. Jahrhunderts. Seitdem stehen sich die Völkergruppen des kleinen Landes am Mittelmeer unversöhnlich gegenüber und über die letzten Jahrzehnte entwickelte sich ein komplexer Konflikt, dessen Lösung auch heute noch weit entfernt scheint. Schon lange spielen darüber hinaus internationale Akteure eine bedeutende Rolle für den Verlauf des Friedensprozesses. Insbesondere die Vereinigten Staaten von Amerika stehen seit Beginn des Kalten Krieges in enger Verbindung zu dieser Region und bauten im Verlauf der letzten Jahrzehnte eine vertraute Beziehung zu ihrem Verbündeten Israel auf. Seither gelten die USA als kaum mehr wegzudenkender, einflussreicher Akteur im Israel-Palästina-Konflikt.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Hauptteil
1. Der Israel-Palästina-Konflikt und die amerikanische Nahostpolitik: Historischer Überblick
1.1 Zentrale Konfliktpunkte
1.2 Entstehung und Verlauf des Konflikts
1.3 Das Verhältnis zwischen Israel und den USA
1.3.1 Wirtschaftliche Interessen
1.3.2 Politische Interessen
1.3.3 Geographisches Interesse
2. Außenpolitisches Handeln der Administration Clinton
2.1 Politische Ausgangslage
2.2 Wye-Abkommen
2.2.1 Vom Stillstand zum Aufbruch im Friedensprozess
2.2.2 Verhandlungen zum Wye-Abkommen in Maryland
2.2.3 Clintons Besuch im Nahen Osten
2.3 Fazit: Clinton als engagierter Mediator
3. Außenpolitisches Handeln der Administration Bush
3.1 Politische Ausgangslage
3.2 Roadmap
3.2.1 Rose-Garden-Rede
3.2.2 Veröffentlichung der Roadmap
3.2.3 Friedensgipfel in Akaba
3.2.4 Treffen im Weißen Haus
3.2.5 Unilateraler Rückzug aus Gaza
3.3 Fazit: Bush als inkonsequenter Ideengeber
4. Vergleich der Administrationen Clinton und Bush
4.1 Gegenüberstellung des Handelns
4.1.1 Politische Ausgangslage
4.1.2 Bedeutung der Außenpolitik
4.1.3 Persönliches Engagement der Präsidenten
4.1.4 Haltung gegenüber den Konfliktparteien
4.1.5 Einfluss auf den Verlauf des Friedensprozesses
4.1.6 Langfristige Auswirkungen
4.2 Die Liberalismus Theorie: Innenpolitische Determinanten
4.2.1 Strategie und Vision
4.2.2 Israel-Lobby
4.2.3 Regierungsstruktur
4.2.4 Persönlichkeit des Präsidenten
III. Fazit und Forschungsausblick
IV. Literaturverzeichnis
Zusammenfassung
Der Konflikt zwischen der jüdisch-israelischen und arabisch-palästinensischen Bevölkerung im Gebiet des historischen Palästinas lässt sich zwar bis in die Antike zurückverfolgen, begründet sein heutiges Ausmaß jedoch erst gegen Beginn des 20. Jahrhunderts. Seitdem stehen sich die Völkergruppen des kleinen Landes am Mittelmeer unversöhnlich gegenüber und über die letzten Jahrzehnte entwickelte sich ein komplexer Konflikt, dessen Lösung auch heute noch weit entfernt scheint. Schon lange spielen darüber hinaus internationale Akteure eine bedeutende Rolle für den Verlauf des Friedensprozesses. Insbesondere die Vereinigten Staaten von Amerika stehen seit Beginn des Kalten Krieges in enger Verbindung zu dieser Region und bauten im Verlauf der letzten Jahrzehnte eine vertraute Beziehung zu ihrem Verbündeten Israel auf. Seither gelten die USA als kaum mehr wegzudenkender, einflussreicher Akteur im Israel-Palästina-Konflikt. Die vorliegende Forschungsarbeit analysiert die außenpolitischen Handlungen der Vereinigten Staaten im Israel-Palästina-Konflikt, um herauszufinden, welchen Einfluss die USA auf die Dynamik des Konflikts haben und welche Verantwortung sie dadurch für den Verlauf des Konflikts tragen. Dazu wurden exemplarisch die Amtszeiten Bill Clintons und George W. Bushs untersucht, um anschließend einen Vergleich der beiden US-Administrationen durchzuführen. Als theoretische Basis wird dieser Forschungsarbeit der Liberalismus als Theorie der internationalen Beziehungen zugrunde gelegt, welcher versucht, das außenpolitische Handeln von Akteuren durch den Einfluss innenpolitischer Determinanten zu erklären
Abstract
The conflict between the Jewish-Israeli and the Arab-Palestinian people within the historical context of Palestine can be traced back to the ancient times. However, its current status has only been established during the 20th century. Since then, the two nations of the small country close to the Mediterranean Sea are inconsolable, yielding over the past decades a complex conflict, which until this day does not offer a clear solution to resolve the conflict. In addition, international actors have played a major role in the process of finding a peaceful settlement. Notably, the United States have been a major participant, and since the beginning of the Cold War have taken special interest to this region, forming a close relationship over the past years with its ally Israel. From this point forward, the United States are regarded as the most influential actor of the Israeli-Palestine Conflict, and it is almost impossible to examine the conflict closer without paying respect to the significance of the involvement of the United States of America. This paper aims to analyze the United States foreign policy concerning this conflict, in order to determine the extent of America’s influence towards the dynamics of the conflict, and thus examine the responsibility it has on the conflict’s course. Exemplary this paper investigates Bill Clinton’s and George W. Bush’s time in office in order to compare the two forms of administration. The theoretical backbone of this paper will be the theory of liberalism, as a component of the matter of International relationships. This theory explains that the acting of different players resulted in inner political determinants. Hence, its aim is to explain the foreign policy of a nation on its basis.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
I. Einleitung
Hinführung zum Thema
Zum Ende des 19. Jahrhunderts entzündete sich auf dem Gebiet des historischen Palästinas ein bis heute andauernder Konflikt, an dessen Lösung sich bereits viele Generationen versuchten: Der Israel-Palästina-Konflikt. Die Beziehung zwischen der jüdischen und arabischen Bevölkerung in diesem Gebiet, welches bis 1948 als Palästina bezeichnet wurde und heute in einen israelischen und einen international mehrheitlich anerkannten, völkerrechtlich allerdings umstrittenen palästinensischen Staat geteilt ist, ist seit Jahrzehnten durch eine scheinbar aussichtlose Auseinandersetzung geprägt. Die Wurzeln des Konflikts reichen tief und begründen sich in den unterschiedlichsten Streitpunkten, welche sich im Verlauf der Zeit immer weiter verhärteten. Einige dieser Streitpunkte lassen sich dabei auf das Resultat außenpolitischen Handelns fremder Nationen zurückführen, weshalb der Konflikt schon früh an internationaler Aufmerksamkeit gewann. Von Relevanz ist diesbezüglich die Erwähnung der außenpolitischen Einflussnahme verschiedener Staaten, welche über die vergangenen Jahrzehnte ihre Interessenvertretung im Nahen Osten forcierten und auf diese Weise stets in der Lage waren, das Ausmaß und die Entwicklung des Konflikts maßgeblich mitzubestimmen.
Da bis heute keine endgültige Lösung des Konflikts gefunden werden konnte, scheint es für die wissenschaftliche Untersuchung der Konfliktdynamik vor allem interessant, zu erforschen, inwiefern außenpolitische Akteure1 Einfluss nehmen können und mit ihrem Wirken als externer Handlungsakteur zur Lösung eines solchen Konflikts beitragen können oder diese sogar verhindern.
Als der wohl bedeutendste außenpolitische Akteur gelten die Vereinigten Staaten von Amerika (USA), welche vor allem seit Beginn des Kalten Krieges eine besondere Beziehung zu Israel aufbauten und diese bis heute aufrechterhalten und pflegen. Die amerikanischen Interessen waren zunächst rein wirtschaftlich begründet, doch schnell wurde die neu erschlossene Region auch politisch und geographisch für die USA relevant, was die besondere Beziehung zu Israel immer mehr verstärkte. Vor diesem Hintergrund scheint es folglich wenig abwegig, die Überlegung anzustellen, welche Auswirkungen die außenpolitischen Handlungen der USA auf die Dynamik des Konflikts haben.
Besonders die aktuelle Amtszeit Donald Trumps, welche auch international erneut die Aufmerksamkeit auf die USA als außenpolitischen Akteur im Nahen Osten lenkte, regte zur Entwicklung der vorliegenden Forschungsfrage an. Ausgehend von Trumps außenpolitischen Handlungen, stellte sich die Frage, welche Auswirkungen seine Interventionen in Zukunft auf den Konflikt haben werden. Da eine Strategie Donald Trumps zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht zu erkennen ist und eine Analyse somit schwer möglich scheint, konzentriert sich diese Forschungsarbeit auf die bisherigen Einflussnahmen früherer US-Administrationen auf die Region und den Konflikt.
Die vorliegende Forschungsarbeit stellt die Administrationen Bill Clintons und George W. Bushs in ihrem Handeln hinsichtlich des Israel-Palästina-Konflikts gegenüber und vergleicht ihr außenpolitisches Vorgehen, um mögliche Strategien und ein allgemeines außenpolitisches Handeln der USA erkennbar zu machen und anhand dessen die Dynamik des Konflikts aufzuzeigen.
Fragestellung
Die Forschungsarbeit geht von der Annahme aus, dass das außenpolitische Wirken der USA Einfluss auf den Verlauf des Konflikts nimmt und möchte diese Hypothese, durch eine detaillierte Betrachtung der ausgewählten Administrationen überprüfen. Es soll aufgezeigt werden, welche Effekte das außenpolitische Handeln externer Nationen auf die Konfliktregion nehmen kann und inwiefern Interventionen der USA die Dynamik des Konflikts im betrachteten Zeitraum mitbestimmt haben. Außerdem soll untersucht werden, wie sich die Administrationen Clintons und Bushs in ihrer Herangehensweise möglicherweise voneinander unterschieden haben und inwiefern ihre verfolgten Strategien durch innenpolitische Determinanten beeinflusst wurden. Dieser Aspekt wird im Rahmen der Theorie des Liberalismus geprüft. Schließlich wird die Frage behandelt, inwieweit das unmittelbare Engagement der beiden ausgewählten Präsidenten Auswirkungen auf den Konflikt hatte und ob dieses zu einem Fortschritt im Friedensprozess führen konnte.
Aufbau und Struktur
Um für die angestrebte Analyse ein Fundament zu schaffen, gilt es zunächst, den historischen Verlauf des Israel-Palästina-Konflikts aufzuzeigen, um das außenpolitische Wirken der USA in diesem geschichtlichen Kontext begreiflich machen zu können. Um ein Verständnis für den Konflikt zu entwickeln, werden deswegen in Kapitel drei die Entstehungsgeschichte und grundlegenden Streitpunkte des Konflikts beleuchtet sowie wesentliche historische Ereignisse dargestellt, um in der darauffolgenden Analyse die amerikanische Außenpolitik verständlicher in einen Kontext einordnen zu können.
In Kapitel zwei und drei werden sodann die Administrationen Clintons und Bushs erarbeitet und ihr außenpolitisches Handeln analysiert. Um den Charakter der außenpolitischen Strategie der ausgewählten US-Administrationen sichtbar zu machen, wurden innerhalb der jeweiligen Amtszeiten Ereignisse ausgewählt, welche über ein längerfristig ausgerichtetes Handeln Aufschluss geben und die aufzeigen sollen, welche Konsequenzen die getroffenen Maßnahmen für die Dynamik des Konflikts mit sich brachten.
Kapitel vier stellt einen Vergleich der beiden Administrationen an. Zunächst werden hierfür die Administrationen, basierend auf der vorherigen Analyse, hinsichtlich ihres Handelns im Friedensprozess gegenübergestellt. Als Grundannahme wird dieser Forschungsarbeit, im zweiten Teil des Vergleichs, der Liberalismus, als Theorie der internationalen Beziehungen, zugrunde gelegt. Der Liberalismus begründet das außenpolitische Handeln von Akteuren durch den Einfluss innenpolitischer Determinanten auf deren Grundlage versucht wird, die Außenpolitik zu erklären. Außenpolitische Interessenvertretung wird folglich auf innenpolitische Realitäten zurückgeführt. Um die Theorie auf die vorliegende Forschungsarbeit anwenden zu können, wurden für den zweiten Teil des Vergleichs vier Faktoren gewählt, welche innenpolitische Determinanten als Grundlage des außenpolitischen Handlungsspielraums greifbar machen sollen.
Zuletzt wird im Fazit ein begründetes Urteil über die Rolle der USA als außenpolitischer Akteur im Israel-Palästina-Konflikt und die der Forschungsarbeit zugrunde liegenden Forschungshypothesen gefällt sowie ein Blick in die Zukunft gewagt.
Methodische Herangehensweise
Die Auswahl der beiden Präsidenten Clinton und Bush wurde unter folgenden Gesichtspunkten getroffen: Es sollte bewusst ein Vergleich zwischen Vertretern der demokratischen und der republikanischen Partei angestellt werden. Außerdem sollten vollendete Amtszeiten garantiert werden, um so eine rückblickende Analyse und Bewertung vornehmen zu können. Durch die Abgeschlossenheit der zugrundeliegenden Ereignisse und die vorteilhafte Quellenlage sollen Spekulationen vermieden werden. Ein weiteres Auswahlkriterium stellte die unmittelbare zeitliche Nähe der Amtszeiten der Präsidenten dar, die es ermöglicht, einen möglichen Kurswechsel in der Außenpolitik zu identifizieren. Des Weiteren wurden die Administrationen Clintons und Bushs ausgewählt, da diese sowohl innen- als auch außenpolitisch von nicht unterschiedlicherer Ausgangslage hätten sein können (Lukasch, 2011, S.239).
Damit der angestrebte Vergleich und eine Gegenüberstellung der beiden Administrationen gelingen kann, sollen diese stets unter denselben Vergleichskriterien betrachtet werden. Darum liegen der Analyse zwei Vergleichsraster zugrunde, welche die Präsidenten unter verschiedenen Teilaspekten untersuchen. Um eine möglichst allumfassende Analyse politischen Handelns zu gewährleisten, wird hierfür hinsichtlich zweier Ebenen unterschieden: Zum einen wird eine Erfassung konkreter Handlungen und Eingriffe durchgeführt und zum anderen werden die jeweiligen Auswirkungen auf die Konfliktdynamik und die Reaktionen beider Konfliktparteien betrachtet. So werden zwei unterschiedliche Beobachtungsperspektiven geschaffen, welche einerseits die USA als Akteur und andererseits die Auswirkungen auf die jeweilige Konfliktpartei, ausgelöst durch eben diesen politischen Akteur, analysieren. Die Handlungen der USA, vor allem das unmittelbare Engagement der Präsidenten, werden dabei durch die Analyse von Äußerungen verschiedener Akteure innerhalb der Administration betrachtet.
Die Vergleichskriterien zur Analyse der Konfliktdynamik wurden so gewählt, dass sie Auswirkungen in Israel und Palästina sichtbar machen und zugleich aufgezeigt und verglichen werden kann, welche Reaktionen die Handlungen der USA bei den Konfliktparteien hervorriefen. Dafür wurden Äußerungen von politischen Akteuren als Reaktion auf die Einflussnahme der USA herangezogen. Auf beiden Ebenen wurden dazu Reden, Statements, Briefe, Pressemitteilungen, Interviews und Zeitungsartikel untersucht. Durch diese Vorgehensweise ist es außerdem möglich, auszuwerten, inwiefern amerikanische Vorschläge und Forderungen umgesetzt wurden und wie sich die Bereitschaft zur Kooperation gestaltete. Entscheidend für diese Herangehensweise ist die Beleuchtung beider Parteien und die gegenseitige Bedingtheit ihrer Reaktionen, also der Auswirkungen einer Reaktion der einen Seite auf die andere.
In wenigen Fällen kommt es bei der Analyse der Reaktionen der Konfliktparteien zur Erwähnung weiterer Einflussnahmen durch die USA, was sich in deren Relevanz für das Verständnis der untersuchten Reaktionen begründet.
Um die Analyse bezüglich der Auswirkungen der politischen Handlungen der ausgewählten Präsidenten und ihrer Administrationen gelingen zu lassen, bedient sich die vorliegende Forschungsarbeit der qualitativen Inhaltsanalyse.
Zur Anwendung der erläuterten Analyseraster wurde aus den Amtszeiten Clintons und Bushs jeweils ein einschneidendes Ereignis ausgewählt, um anhand dessen Eigenschaften, Vorgehensweisen und Auswirkungen der jeweiligen politischen Handlungen der Administrationen sichtbar zu machen. Zur Analyse der Außenpolitik Clintons wurde für dieses Vorhaben das Wye-Abkommen und zur Untersuchung der Politik Bushs die Performance-Based Roadmap to a Permanent Two State Solution to the Israel-Palestinian Conflict (Roadmap) gewählt. Anhand dieser Ereignisse soll geprüft werden, welche Rolle der jeweilige Präsident und seine zugehörige Administration in der Konfliktlösung eingenommen hat.
Das Wye-Abkommen, welches unter Präsident Clinton den ins Stocken geratenen Friedensprozess zwischen den Israelis und Palästinensern erneut anstoßen sollte, wurde unter anderem deshalb ausgewählt, da es den 18-monatigen Stillstand im Friedensprozess beenden sollte. Dabei wurde das Abkommen symbolisch für die außenpolitische Wirkungsweise Clintons im Israel-Palästina-Konflikt gewählt und versucht, im Zuge dessen die Bedeutung der Geschehnisse in Wye River anhand dreier gewählter Ereignisse sichtbar und verständlich zu machen.
Die Roadmap, zur Analyse der Bush-Administration, gilt als Beispiel für Bushs Plan im Nahen Osten, welchen er 2003 während seiner ersten Amtszeit entwickelte. Anhand fünf kleiner, ausgewählter Ereignisse werden der genaue Verlauf und der Inhalt der Roadmap erklärt und auch hier, ebenso wie beim Wye-Abkommen, auf die Einflussnahme der USA auf den Konflikt Bezug genommen und die Reaktionen der Protagonisten analysiert.
II. Hauptteil
1. Der Israel-Palästina-Konflikt und die amerikanische Nahostpolitik: Historischer Überblick
Im folgenden Kapitel werden zunächst zentrale Konfliktpunkte herausgearbeitet und ausschlaggebende Streitpunkte zwischen den verfeindeten Konfliktparteien hervorgehoben. Anschließend wird auf die Entstehung und den Verlauf des Konflikts eingegangen und schließlich die außergewöhnliche Beziehung zwischen Israel und den USA und deren Ursprung herausgearbeitet.
1.1 Zentrale Konfliktpunkte
Seit der Teilung Palästinas und der Staatsgründung Israels im Jahr 1948 ist Palästina in jüdisch-israelische und arabisch-palästinensische Zonen aufgeteilt. Dies gibt regelmäßig Anlass zu Auseinandersetzungen. Dabei repräsentieren vor allem die Konkurrenz um das lebensnotwendige Grundwasser, die Auseinandersetzung mit dem Schicksal der palästinensischen Flüchtlinge und der israelische Siedlungsbau die prägnanten Streitfaktoren im Konflikt. Grundproblem der Wasserversorgung stellen die politisch umstrittenen Gebiete des Westjordanlandes dar, welche einen Großteil der Wasserressourcen umfassen und welches noch immer israelischer Militärbesatzung unterliegt (Johannsen, 2017, S. 91). Ein weiteres bedeutendes Problem, das nach wie vor für Konfliktstoff sorgt, sind die vertriebenen arabischen Palästinenser, welche vor kriegerischen Auseinandersetzungen nach der Staatsgründung Israels aus ihrer Heimat flohen (Johannsen, 2017, S. 114). Die meisten von ihnen leben seit Jahrzehnten in Flüchtlingslagern, da sich sowohl Israel als auch die arabischen Nachbarstaaten weigern, sie aufzunehmen. Das Flüchtlingsproblem spiegelt dabei unterandere die Wurzeln des Konfliktes wider, auf welche in den folgenden Punkten detaillierter eingegangen wird.
Die Geschichte der israelischen Siedlungspolitik auf besetztem Territorium und der daraus resultierende, intensiv betriebene Siedlungsbau im Gazastreifen und dem Westjordanland reicht hingegen bis ins Jahr 1967 zurück (Johannsen, 2017, S. 98). Nach dem gewonnenen Sechstage-Krieg legte die israelische Regierung einen Plan zur Besiedlung der eroberten Territorien vor, an welchem sie bis heute festhält.
Als zusätzlicher Faktor, der die Komplexität des Konflikts erhöht, gilt die Tatsache, dass viele Nationen seit mehreren Jahrzehnten in dieser Region politische und wirtschaftliche Interessen vertreten und die Konfliktparteien Israel und Palästina somit ständig unter internationaler Einflussnahme stehen. Als Weltmacht haben vor allem die USA seit Beginn des Kalten Krieges die Rolle eines engen Verbündeten und Vermittlers im Nahen Osten angenommen (vgl. Kapitel 3.2).
1.2 Entstehung und Verlauf des Konflikts
Um einen Überblick über den historischen Kontext gewinnen zu können, sollen prägnante Ereignisse angeschnitten werden und anhand derer versucht werden, die Geschichte des Konflikts zu skizzieren. Dabei erhebt die Beschreibung des historischen Verlaufs keineswegs Anspruch auf die Erfassung einzelner Details, sondern möchte lediglich einen Grundriss aufzeigen, der den historischen Verlauf nachvollziehbar macht.
Trotz der Tatsache, dass sich der Ursprung des Konflikts bis vor Christus zurückverfolgen lässt, soll für die vorliegende Forschungsarbeit die Gründung der Zionistischen Weltorganisation (WZO) 1897 als Einstieg dienen. Durch die mit der Gründung der Organisation vermehrt in Gang gesetzte Einwanderung von Juden nach Palästina wird ein elementarer Bestandteil der Wurzeln des Konflikts sichtbar, welcher das daraus resultierende angespannte Verhältnis der arabisch-palästinensischen Bevölkerung und der Juden besonders darstellt.
Über Jahrhunderte hinweg galten die Juden als heimatloses Volk, welches sich seit seiner Vertreibung aus Palästina, herbeigeführt durch die Eroberung des Landes durch die Babylonier im Jahr 597 vor Christus, zerstreut auf der ganzen Welt befand. Bei einem großen Teil der Juden wuchsen der Wunsch nach Zugehörigkeit, Identität und Verbundenheit mit dem eigenen Volk und das Bedürfnis nach einem Stück Erde, das als gemeinsamer Heimatort fungieren konnte. Inspiriert durch biblische Belege und Argumente erinnerten sich im 19. Jahrhundert zahlreiche Juden an Palästina und an das in der Bibel beschriebene „Heilige Land“ und so fiel die Entscheidung für einen Ort zum Aufbau einer gemeinsamen Heimstätte auf Palästina, welches damals noch zum Osmanischen Reich gehörte.
Ab etwa 1880 fanden sich immer mehr Juden zusammen, die den Traum eines gemeinsamen Heimatortes verwirklichen wollten und sich, geleitet von dieser Idee, zu einer nationalen Bewegung, dem Zionismus, zusammenschlossen. Resultierend aus dem Wunsch der Zusammengehörigkeit und durch die Initiative Theodor Herzls, wurde 1897 die WZO gegründet und hierdurch aus einer Bewegung eine Organisation. Die Errichtung der WZO folgte als logischer Schluss aus dem Vorhaben, eine öffentlich-rechtlich gesicherte Heimstätte für jene Juden, die sich in ihren aktuellen Wohnorten nicht assimilieren konnten oder wollten, zu finden (Herzl, 1934, S.189). Durch die Gründung schaffte sich die zionistische Bewegung einen wichtigen Grundstein, welcher den Juden eine „[…] Möglichkeit der kollektiven Selbstbestimmung, Wahrnehmung und Zuordnung“ (Krämer, 2015, S.123) ermöglichte.
Absicht der Zionisten war es, eine moderne jüdische Gesellschaft aufzubauen, mit der sie in Zion2, also in jenem Land, aus dem sie einst vertrieben worden sind, heimisch werden konnten. Das Gebiet, in welches die Juden einwanderten, war jedoch keineswegs unbewohnt und die dort ansässigen Araber waren der jüdischen Einwanderung gegenüber misstrauisch, da sie mit den Neuankömmlingen nicht nur um Bauland, sondern auch um fruchtbares Ackerland und Wasser konkurrierten. Außerdem brachten die Juden ungewohnte kulturelle Eigenschaften mit sich, welche oftmals als befremdlich aufgefasst wurden (Asseburg & Busse, 2016, S.16). Doch trotz der arabischen Ablehnung stieg die Zahl der jüdischen Einwanderer weiter kontinuierlich an. Besonders der Nationalsozialismus in Deutschland trieb viele Juden ins Exil.
Doch die kontinuierliche Einwanderung der Juden wurde nicht nur durch die Furcht vor politischer Verfolgung verursacht, sondern war, mit dem Gedanken das zionistische Programm zu verwirklichen, vor allem ideologisch motiviert (Krämer, 2015, S.124). Sowie sich ein jüdischer Nationalismus formte, bildete sich auch ein arabisch-palästinensischer Nationalismus, der sich als Gegenbewegung zur zionistischen Einwanderung und als Abwehrkampf gegen seine spezifischen Konturen zu erkennen gab (Krämer, 2015, S.145). Der jüdische Zuzug nach Palästina stieß bei den arabischen Einwohner Palästinas auf so großen Widerstand, dass er in den folgenden Jahrzehnten immer wieder in kriegerischen Auseinandersetzungen eskalierte und bis heute fortbesteht (Fleisch, 2018, S.14).
Im weiteren Verlauf der Geschichte ereigneten sich unzählige Vorfälle, welche die Distanz zwischen den Völkergruppen zunehmend vergrößerte. Es stand nun eine politische Neuordnung an, im Zuge derer Palästina 1920 britisches Mandatsgebiet wurde. Die neue Mandatsmacht sollte die weiteren politischen Entwicklungen des Landes maßgeblich beeinflussen und nachhaltig prägen.
In den folgenden Jahren kam es immer wieder zu arabischen Aufständen gegen die britische Herrschaft, die jedoch mangels neuer Eliten nicht zu politischen Veränderungen führten (Timm, 2008). Protestiert wurde unter anderem gegen die drastisch steigende jüdische Einwanderung, die sich vor allem durch den Zweiten Weltkrieg enorm zuspitze (Krämer, 2015, S.306). Der Mandatsmacht entglitt allmählich die Kontrolle über den Konflikt, der eine immer komplexere Struktur annahm und ein friedliches Zusammenleben beider Bevölkerungsgruppen immer weiter ins Unmögliche rückte (Fleisch, 2018, S.15). Unter dem Druck der teils sehr gewaltsamen Auseinandersetzungen, kündigte Großbritannien im Februar 1947 an, es werde das Mandat für Palästina an die Vereinten Nationen (UN) abgeben (Johannsen, 2017, S.19). Ein elfköpfiger Sonderausschuss reiste daraufhin im Juni und Juli desselben Jahres nach Palästina, um sich vor Ort ein Bild über die politische Lage zu verschaffen (Krämer, 2015). In ihrem Bericht vom September 1947 empfahlen die Mitglieder des Ausschusses einstimmig die Beendigung des britischen Mandats. Eine Mehrheit stimmte darüber hinaus für die Teilung des Landes in einen jüdischen und einen arabischen Staat (Krämer, 2015, S.356f), wobei sie den Vorschlag eines auf ihren Überlegungen basierenden Teilungsplans präsentierten. Die arabischen Staaten lehnten den Teilungsplan ab, mit der Begründung, die UN habe nicht das Recht, über die Zukunft Palästinas gegen den Willen der dort lebenden arabischen Mehrheit zu entscheiden (Johannsen, 2017, S.20). Im Fall der Verwirklichung des Plans kündigten sie an, militärische Maßnahmen zu ergreifen und eine „Arabische Befreiungsarmee" aufzustellen, welche tatsächlich realisiert wurde und bereits unmittelbar nach dem UN-Beschluss zu erbitterten Gefechten zwischen arabischen und jüdischen Militäreinheiten beitrug (Timm, 2008). Die Juden hingegen nahmen den Teilungsplan an, da er ihnen den ersehnten eigenen Staat mit breiter internationaler Anerkennung in Aussicht stellte (Johannsen, 2011, S.20).
Als sich am 14. Mai 1948 die letzten britischen Streitkräfte aus Palästina zurückzogen, verkündete David Ben Gurion noch am gleichen Abend im Stadtmuseum von Tel Aviv die israelische Unabhängigkeit und rief den neuen Staat Israel aus, dessen erster Ministerpräsident er wurde. Der junge Staat wurde nur wenige Minuten später von den USA, sowie kurz darauf von der Sowjetunion diplomatisch anerkannt (Hacke, 2002; Timm, 2008). In mehreren arabischen Hauptstädten führte die Ausrufung des Staates jedoch zu gewalttätigen Protestdemonstrationen, militärischem Widerstand und schließlich zum Ausbruch des ersten Nahostkrieges.
1.3 Das Verhältnis zwischen Israel und den USA
Bereits nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurden die USA erstmals im Nahen Osten durch ihr Interesse an den zahlreichen Bodenschätzen auffällig. Politisch hielten sie sich jedoch zunächst zurück und überließen die Neugestaltung des Osmanischen Reiches den Kolonialmächten Großbritannien und Frankreich, welche die daraus hervorgegangene arabische Welt in Nationalstaaten aufteilten (Lukasch, 2011, S.21f). Eine erste Annäherung der USA an diese Region, die damals noch das ungeteilte Palästina umfasste, fand zunächst nur durch unternehmerische Privatpersonen statt. Erst die zunehmenden arabischen Aufstände gegen das zionistische Programm und die wachsende Einwanderung, ließen die jüdische Bevölkerung immer stärker mit den USA sympathisieren, da man sich unter anderem allmählich von der britischen Mandatsmacht befreien wollte. Als sich der Wunsch nach einer Staatsgründung bei den Juden zunehmend verstärkte, entwickelte sich auch bei vielen amerikanischen Bürgern stärkeres Interesse für Israel, glaubte man in den USA doch an die tiefe Verbundenheit, die sich auf der gemeinsamen Pioniergeist-Vergangenheit und den Wertvorstellungen hinsichtlich Freiheit und Demokratie begründete. Mit der Staatsgründung sah man all diese Werte vereint und wandte sich Israel aufgrund dessen noch deutlicher zu. Mit der Ausrufung des Staates Israel und der amerikanischen Bekundung, diesen anzuerkennen, erschienen die USA erstmals auch politisch ernstzunehmend im Nahen Osten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die USA jedoch noch keine imperialen Erfahrungen in der Region gesammelt. Die besondere Beziehung zwischen Israel und den USA ist jedoch auf weitaus mehr als nur die Anerkennung des Staates zurückzuführen. Nicht Wenige sehen das Schuldgefühl der Amerikaner, nicht gegen die Vernichtung der Juden im Holocaust vorgegangen zu sein, als den ausschlaggebenden Grund für dieses enge Verhältnis (Johannsen, 2017, S.127f).
Neben der historisch und moralisch begründeten Ebene existiert des Weiteren die der machtpolitischen Ziele der USA, die ihre Anfänge nach dem Zweiten Weltkrieg fand. Die dort entstandene bipolare Mächtekonstellation zwischen den USA und der Sowjetunion schlug sich auch im Nahen Osten nieder. So sah die Sowjetunion in der Region eine reelle Chance, die Position des Westens zu schwächen und ihre eigene zu stärken. Doch wandelte sich die anfängliche Unterstützung Israels in eine Kooperation mit den angrenzenden arabischen Staaten, woraus bei den USA intensive Bemühen entstanden, durch eine Allianz mit Israel dem sowjetischen Kräftemessen entgegenzuwirken (Rabinovich, 2013, S.4). Seither ist die außergewöhnliche Partnerschaft zwischen den USA und Israel durch ein hohes Maß an Vertrauen und politischer, sowie militärischer Zusammenarbeit geprägt.
Die wachsende Bedeutung des Nahen Ostens für die amerikanische Außenpolitik wurde vor allem durch wirtschaftliche, politische und geographische Interessen vorangetrieben, auf welche im Folgenden präziser eingegangen werden soll (Stokes & Cox, 2018, S.198).
1.3.1 Wirtschaftliche Interessen
Die USA haben sich über die vergangenen Jahrzehnte zu einem einflussreichen Akteur im Nahen Osten entwickelt und dabei stets ein gutes Verhältnis zu Israel bewahrt, welchem nicht zuletzt das wirtschaftliche Interesse der USA zugrunde liegt. Neben dem beachtlichen Vorkommen des begehrten Rohstoffs Erdöl, befindet sich auch etwa ein Drittel der weltweiten Gasreserven in Israel, welche erstmals nach Ende des Ersten Weltkriegs bei privaten amerikanischen Investoren Interesse weckten (Lukasch, 2011, S.21). Besonders die Kontrolle über diese Ressourcen sind für die USA bis in die Gegenwart hinein von großer Bedeutung. Die Weltmarktpreise für Erdgas und Erdöl sind stark durch die regionalen Machthaber bedingt und als Wirtschaftsmacht wettbewerbsfähig bleiben zu können, gilt es für die USA, sich hierzu weiterhin Zugang zu bewahren. (Johannsen, 2017, S.93).
Die Ursprünge der außenpolitischen Intervention der USA im Nahen Osten lassen sich also auch auf wirtschaftliche Bestrebungen zurückführen, die später stark durch die amerikanische Waffenindustrie ausgebaut werden sollten. Durch den Rüstungsverkauf und die daraus resultierenden Rüstungslieferungen an Israel sollte die Industrie über Jahrzehnte von einem konstanten Aufschwung geprägt sein (Mearsheimer & Walt, 2007, S.49). Die Anfänge dieser militärisch-finanziellen Zusammenarbeit lassen sich bis in das Jahr 1962 zurückführen, als sich durch den US-Verkauf von Flugabwehrraketen die israelisch-amerikanischen Beziehungen endgültig festigten (Halper, 2016). Wenig später folgte der Verkauf von Hawk-Raketen, Patton-Panzern und Skyhawk-Kampfflugzeugen (Halper, 2016), welcher sich im Sechstagekrieg von 1967 als äußerst vorteilhaft für Israel herausstellen sollte; denn im Krieg gegen Ägypten und Jordanien gelang es Israel durch moderne Militärrüstung sich gegen seine Nachbarn zu verteidigen und große Gebiete, wie beispielsweise den Gazastreifen und das Westjordanland, unter seine Kontrolle zu bringen.
Im Zuge des Krieges wurde Frankreich, als der bislang bedeutendste Waffenlieferant der israelischen Armee, von den USA abgelöst, wodurch diese Israel auch in den nächsten Jahren weiter zu militärischer Stärke verhalfen (Johannsen, 2017, S.126).
1.3.2 Politische Interessen
Nachdem das wirtschaftliche Interesse an Israel nach dem Ersten Weltkrieg zunehmend gestiegen war und auch nach Ende des Zweiten Weltkriegs keinen Abriss fand, stellten sich allmählich auch politische Interventionen der USA im Nahen Osten ein. Diese waren zu Beginn vor allem gegen die Sowjetunion gerichtet und sind als Resultat des Kalten Krieges zu verstehen.
Über die Jahre erwuchs Israel zu einem kulturellen Ableger der USA, was auch vor dem Hintergrund zu betrachten ist, dass beide Staaten sich als Siedlernationen verstehen (Halper, 2016). Die damit verbundenen religiösen Affinitäten, bilden eine weitere Verbindungsebene zu Israel (Stokes & Cox, 2018, S. 209). Tatsächlich sind religiöse Beweggründe als Grundlage des politischen Handelns von Präsidenten der USA nichts Außergewöhnliches und bei der Kandidatur um ein öffentliches Amt immer wieder Gegenstand in Wahlkämpfen, was später noch näher betrachtet werden soll.
Diese Mischung aus Geschichte, nationaler Identität und Religion wurde sorgfältig gepflegt und von jenen Akteuren eingesetzt, welche die öffentliche Meinung und die amerikanische Regierung beeinflussen. Hierzu zählt die israelische Lobby, welche zum Beispiel durch das American Israel Public Affairs Committee (AIPAC) eine der bedeutendsten und größten Lobbygruppen in den USA darstellt. Seit seiner Gründung 1953 gelang es dem Komitee über 100.000 Mitglieder aufzunehmen und die amerikanische Öffentlichkeit erfolgreich zu mobilisieren, um Israel zu unterstützen (Stokes & Cox, 2018, S. 209f). Der jüdische Anteil in der amerikanischen Gesellschaft ist nicht unbedeutend, da er eine der größten Wählergruppen bildet und darüber hinaus der Großteil der Stimmberechtigten in Schlüsselstaaten wie New York, Florida und Kalifornien lebt. Auch wenn die amerikanisch-jüdische Bevölkerung eine mehrheitlich progressive Haltung vertritt, neigt sie dazu, Israels Regierungspolitik zu unterstützen (Halper, 2016).
1.3.3 Geographisches Interesse
Das Interesse an Israel, betrachtet unter dem Gesichtspunkt der geographischen Lage, rührt vor allem daher, dass die Region mit Zugang zum Mittelmeer und zum Persischen Golf sehr vorteilhaft gelegen ist (Stokes & Cox, 2018, S. 198ff). Als sich die USA während des Kalten Krieges der Sowjetunion gegenübersahen, entwickelten sie ein besonderes Interesse an der Region, denn sowohl die USA als auch die Sowjetunion mobilisierten während dieser Zeit einige nahöstliche Länder für ihren eigenen geostrategischen Vorteil und ihr Bestreben zur alleinigen Weltmacht aufzusteigen. Gemäß der verfolgten amerikanischen Politik, galt es für die Vereinigten Staaten, auch im Nahen Osten, die Ausbreitung des Kommunismus einzudämmen (Lukasch, 2011, S.23). Darüber hinaus sollte verhindert werden, dass die Sowjetunion ihren Einfluss auf wichtige Ölstaaten erweitern würde (Lukasch, 2011, S.25).
Da sich Israel während des Kalten Kriegs außerdem von einigen arabischen Regimen mit Partnerschaften zur Sowjetunion umgeben sah, fanden sie mit den USA einen zuverlässigen Partner in der instabilen Region. So argumentiert, entsprangen die geographischen Interessen der USA nicht ausschließlich aus der Rivalität zur Sowjetunion, sondern auch aus dem Bedürfnis, Israel in seiner umzingelten Position zu schützen (Stokes & Cox, 2018, S. 209ff).
In den folgenden Jahren sollte Israel immer mehr zu einem engen Verbündeten der USA heranwachsen und mit unterschiedlichen US-Administrationen kooperieren. Diese Forschungsarbeit wird im folgenden Teil der Frage nachgehen, welchen Einfluss die ausgewählten Administrationen auf die tatsächliche Dynamik des Konflikts ausübten. Um eine chronologische Kontinuität zu wahren, wird zunächst auf die Amtszeit Clintons eingegangen, bevor im darauffolgenden Kapitel die außenpolitischen Handlungen Bushs in Bezug auf den Israel-Palästina-Konflikt analysiert werden.
2. Außenpolitisches Handeln der Administration Clinton
2.1 Politische Ausgangslage
Nach dem Ende des Kalten Krieges entwickelten die USA eine hegemoniale Stellung in der Weltpolitik (vgl. Kapitel 1.3.2). Im Hinblick auf den Nahen Osten herrschte durch diese Entwicklung unter den beteiligten Parteien eine Mischung aus Euphorie und dem Wunsch nach einer regionalen Neuordnung. Mit dem Bekanntwerden der geheimen Gespräche zwischen Israel und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO)3 in Oslo wurde die Clinton-Administration bald als Unterstützer der Friedensgespräche bekannt. Die Unterzeichnung der Declaration of Principles on Interim Self-Government Agreements (Oslo I-Abkommen), die 1993 medienwirksam auf dem Rasen des Weißen Hauses stattfand, stellte einen Meilenstein im Israel-Palästina-Konflikt dar. Erstmals erkannte Israel die PLO als offiziellen Vertreter der Palästinenser an und akzeptierte sie als Verhandlungspartner. Das Oslo I-Abkommen markierte den Beginn der fortan stärker auf den Konflikt ausgerichteten US-Außenpolitik. Zuvor hatte man sich im Konflikt zurückgehalten. Mit der Unterzeichnung des israelisch-jordanischen Friedensvertrags und des Interim Agreement on the West Bank and the Gaza Strip (Oslo II-Abkommen) zwei Jahre später, erlebte die Region in den folgenden Jahren einen so noch nie dagewesenen Friedensprozess (Peters & Newman, 2013, S.92ff), welcher in der vorliegenden Forschungsarbeit thematisiert werden wird.
Die Verhandlungen über die Umsetzung der in dem Oslo I-Abkommen festgelegten Grundsätze gerieten jedoch ins Stocken und rechte Kräfte in Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten erhielten vermehrt Zuspruch, was zu zunehmenden Terroranschlägen auf beiden Seiten führte. Die Lage eskalierte, als Israels Ministerpräsident Jitzchack Rabin bei einer Friedensdemonstration am 4. November 1995 durch den religiös fanatischen Juden Yigal Amir erschossen wurde (Der Spiegel, 1995). Mit der im Folgejahr stattfindenden Wahl Benjamin Netanjahus zum neuen israelischen Ministerpräsidenten drohte ein Abbruch des Friedensprozesses. Der Likud Politiker sprach sich zwar prinzipiell für den Frieden aus, nannte jedoch die Sicherheit Israels als oberste Priorität. Während Rabin den Präsidenten der palästinensischen Autonomiegebiete und somit den Vertreter der Palästinenser Jassir Arafat als ebenbürtigen Verhandlungspartner erachtete, sah Netanjahu ihn als Terroristen und verweigerte zunächst mit ihm zu verhandeln. Netanjahu begann den Bau von israelischen Siedlungen auf palästinensischem Gebiet voranzutreiben, was die Situation weiter verschärfte. Eine Einigung schien ausgeschlossen. Somit endete die erste Amtszeit Clintons in Bezug auf den Israel-Palästina-Konflikt mit eher verhaltenem Erfolg. Die Administration trat lediglich als im Hintergrund wirkender Vermittler zwischen den Konfliktparteien auf und hielt sich mit eigenen Vorschlägen zurück (Lukasch, 2011, S.74).
Die Wiederwahl Clintons wurde von den Konfliktparteien grundsätzlich positiv aufgefasst. Netanjahu begrüßte sie, Arafat äußerte sich verhalten optimistisch, hoffte aber auch, dass die USA fortan mehr Druck auf Israel ausüben würden. Dies jedoch erschien trotz des schlechten Verhältnisses Clintons zu Netanjahu aufgrund der starken Israel-Verbundenheit der USA als unwahrscheinlich. Mit der Rücktrittserklärung des US-Außenministers Warren Christopher im November 1996 und dem Amtsantritt von Madeleine Albright als Staatssekretärin gab es auch in den USA personelle Veränderungen. Das Nahost-Team unter Chefunterhändler Dennis Ross wies jedoch weitgehend personelle Kontinuität auf und man bemühte sich auf amerikanischer Seite, die Gespräche wieder aufzunehmen. Generell stand Clinton in seiner zweiten Amtszeit unterschiedlichen Herausforderungen gegenüber. Die Neuwahlen im Repräsentantenhaus änderten nichts an den herrschenden republikanischen Mehrheitsverhältnissen. Netanjahus Nähe zu einigen hochrangigen Republikanern sowie das Bekanntwerden der Affäre des US-Präsidenten zu Monica Lewinsky, dem sogenannten Lewinsky-Skandal, und das in der Folge drohende Amtsenthebungsverfahren, setzten Clinton unter Druck und schränkten seinen Handlungsspielraum ein (Lukasch, 2011, S. 77ff).
Aufgrund der innenpolitischen Schwierigkeiten versuchte das amerikanische Nahost-Team kontinuierlich einen Fortschritt in den Friedensverhandlungen zu erreichen. Der Präsident brauchte einen außenpolitischen Erfolg, um von seinen innenpolitischen Problemen abzulenken und auch, um bessere Ergebnisse für die Demokraten bei den im November stattfindenden Kongresswahlen erzielen zu können. Mit der Entschärfung des Kosovo-Konflikts konnte die Administration einen solchen verzeichnen und ging hieraus gestärkt hervor. Der Fokus der Außenpolitik lag von nun an auf dem Israel-Palästina-Konflikt und der damit verbundenen Umsetzung des Oslo II-Abkommens, insbesondere dem israelischen Truppenabzug aus dem Westjordanland.
Nach monatelangem Stillstand war jedoch keine der Konfliktparteien mehr zu Gesprächen bereit. Eine persönliche Einladung des Präsidenten an Netanjahu und Arafat am 20. und 21. Januar 1998 blieb erfolglos. Auch Albright, Ross und Vizepräsident Albert „Al“ Gore konnten bei mehreren Treffen mit den Protagonisten keinen Durchbruch erzielen und eine erneute Einladung Clintons wurde von Netanjahu abgelehnt. Dies begründete sich unter anderem in der ebenfalls schwierigen innenpolitischen Situation der Konfliktparteien. Dem israelischen Ministerpräsidenten drohte der Mehrheitsverlust in der Knesset und mit dem Zugeständnis eines Rückzuges israelischer Truppen ein Zusammenbruch der Koalition mit der nationalreligiösen Partei und der Partei des Dritten Weges. Außerdem sah sich Netanjahu im Machtkampf mit Ariel Scharon, dem Anführer des rechten Flügels des Likud, den er in der Folge aus strategischen Gründen zum Außenminister ernannte. Auch Arafat wurde von Radikalen unter Druck gesetzt, besonders die Terrororganisation Hamas wollte weitere Verhandlungen verhindern. Dies führte zunehmend zu Anschlägen, unter anderem fanden mehrere schwerwiegende Attentate auf den israelischen Verteidigungsminister und die amerikanischen Botschaften in Daressalam und Nairobi statt (Lukasch, 2011, S.91ff).
2.2 Wye-Abkommen
Die Gespräche in Wye River standen für einen neuen Aufschwung in Clintons Nahost-Politik. Dabei schaffte er es, die USA von ihrer eher verhaltenen Rolle als Schirmherr ursprünglicher Verhandlungen in die eines engagierten Mediators zu führen. Es gelang ihm Israel und Palästina zurück an den Verhandlungstisch zu bewegen. Besonders im Umgang mit den unterschiedlichen Vorstellungen und Forderungen der Konfliktparteien und den sehr verschiedenen Führungscharakteren Arafats und Netanjahus bewies Clinton Durchhaltevermögen und Verhandlungsgeschick. Dieser Einsatz spiegelte sich letztendlich in dem zunächst erfolgreichen Abschluss des Wye-Abkommens wider. In der darauffolgenden Zeit bemühte sich die Administration Clintons um die Umsetzung des Abkommens, konnte letztlich aber ihren Einfluss auf die Entwicklung der beiden Konfliktparteien nicht wirksam ausüben. Stattdessen verlief Israel sich in innenpolitischen Angelegenheiten und Palästina konnte keine Fortschritte im Kampf gegen palästinensische Terrororganisationen, die Selbstmordattentate gegen Israelis ausübten, verzeichnen.
Im folgenden Teil wird die Einflussnahme der USA bei der Wiederbelebung des Friedensprozesses in drei entscheidenden Ereignissen dargestellt. Mit der Analyse der Reaktionen der Konfliktparteien werden sodann jeweils die Auswirkungen auf die Konfliktdynamik untersucht.
2.2.1 Vom Stillstand zum Aufbruch im Friedensprozess
Den Verhandlungen von Wye River ging eine Phase des Stillstands voraus. Frustration und Misstrauen war auf beiden Seiten erkennbar. Die zähen Verhandlungen mit Netanjahu, um die Truppenverlegungen aus dem Westjordanland, schienen ebenso wenig ein Ende zu nehmen, wie Arafats inkonsistentes Handeln gegen den Terror (Peters & Newman, 2013, S.311).
In der Zeit, in welcher der Friedensprozess einen neuen Tiefpunkt erreichte und sich die Konfliktparteien immer weiter auseinanderzubewegen schienen, zeigten sich besonders der Wille und das Durchhaltevermögen der Clinton-Administration, die entscheidend zum Zustandekommen der Wye-River-Gespräche beitrug.
Einflussnahme der USA
Zu Beginn des Jahres 1998 endeten die Gespräche des amerikanischen Nahost-Teams um Ross, Albright und Gore noch erfolglos und auch Clinton tat sich nach einer Absage Netanjahus, einer Einladung nach Washington zu folgen, schwer, neue Impulse im Friedensprozess zu setzen. Der Kontakt zwischen der Administration Clintons und den Konfliktparteien konnte jedoch, trotz einiger Rückschläge, seit Juni 1997 kontinuierlich fortgeführt werden. Die USA versuchten mit detaillierten Vorschlägen und zahlreichen Statements den Friedensprozess erneut anzustoßen. Dabei betonte man immer wieder, wie notwendig ein Zusammentreffen der Israelis und Palästinenser sei, um den Friedensprozess nicht vollkommen aus der Hand zu geben (Lukasch, 2011, S.93). Martin Indyk, Assistent Albrights in der Nahost-Thematik, kommentierte den Stillstand mit den Worten: „We are frustrated by the lack of progress - visible progress. We feel we have made some progress, but that's not something we are prepared to come out in detail at this point“ (Indyk, 1998) . Das Engagement der USA um die Wiederaufnahme der Friedensgespräche zeigte sich in der Folge vor allem in den Bemühungen von Clintons Nahost-Team. So waren Ross und Albright auffällig an der Hinführung zu neuen Gesprächen und dem Zustandekommen der Verhandlungen beteiligt. Albright war bereits im September 1997 in den Nahen Osten geflogen, um die Parteien um eine „Auszeit“ von unilateralen Handlungen zu bitten: „We believe that a time-out from these kind of unilateral actions will create a climate [in which accelerated negotiations] can succeed in achieving a final Israeli-Palestinian peace agreement“ (Erlanger, 1997) .
Neben den von den USA initiierten offiziellen Gesprächen, fanden im Verlauf des Jahres 1998 auch mehrere Gespräche zwischen Vertretern Palästinas und der israelischen Regierungsopposition zur Ausarbeitung eines Truppenverlegungsplans statt. Die auf diese Weise erarbeiteten Ergebnisse galten später auch Ross als Vorlage und hatten somit Einfluss auf kommende Verhandlungen (Lukasch, 2011, S.93).
Präsident Clinton drängte nach 18-monatigem Stillstand mit Blick auf die nicht erfüllten Phasen des Oslo II-Abkommens dazu, Israel und Palästina unter der Schirmherrschaft der USA wieder für Verhandlungen zusammenzuführen und lobte rückblickend Albrights Erfolg, Arafat und Netanjahu am Rande einer UN-Konferenz am 23. September 1998 zu einem ersten Treffen nach elf Monaten bewegt zu haben (Albright, 2013):
„ Madeleine Albright and Dennis Ross had been laboring for months to get the peace talks back on track, and Madeleine had finally gotten Arafat and Netanyahu together when they were in New York for the UN General Assembly session." (Clinton, 2004, S. 814)
Erste Annäherungen ergaben sich wenige Tage später am 28. September 1998 bei einem Treffen Clintons mit Arafat und Netanjahu in Washington. Clinton verkündete in der Folge des Treffens:
„ The two men [Netanjahu and Arafat] now agree in principle on an American proposal for Israel to pull its military forces back from an additional 13 percent of the West Bank, including a 3 percent piece that would be classified as a nature preserve to prevent Palestinian settlement.” (The New York Times, 1998)
Ebenfalls würde Palästina den Kampf gegen den Terror aufnehmen. Die Einzelheiten müssten aber in einer weiteren Verhandlung geklärt werden, so Clinton. Vor dem Hintergrund der neuen Gegebenheiten und der sich positiv entwickelnden Annäherung, reiste Albright erneut in den Nahen Osten und verkündete nach Gesprächen mit Netanjahu und Arafat am 7. Oktober 1998 eine neue Verhandlungsrunde, die später als die Wye-River-Gespräche bekannt werden würde: „ […] We made significant and substantial progress […] we are now in a far better position to finalize all the issues at the Washington summit” (Albright, 1998) .
Vor dem Beginn der Gespräche in Maryland am 15. Oktober 1998 verdeutlichte Clinton gegenüber den Konfliktparteien erneut, dass sein Team alles dafür tun werde, um Frieden im Nahen Osten zu ermöglichen. Gleichzeitig wies er aber darauf hin, dass dies ohne die Mitarbeit der Israelis und Palästinenser nicht möglich sein würde.
Reaktionen der Konfliktparteien
Die Gründe für den schwierigen Weg zu einem Zustandekommen der Wye-River-Gespräche lagen vor allem in den unterschiedlichen Vorstellungen und Reaktionen der Konfliktparteien. Besonders das unilaterale, nicht abgestimmte Handeln der Israelis und Palästinenser erforderte den erneut gezielten Aufruf zu Friedensgesprächen seitens der Amerikaner. Die israelische Seite sprach immer wieder den Wunsch nach mehr Sicherheit aus und forderte Palästina auf, entschlossener gegen Terroristen vorzugehen. Gleichzeitig herrschte innenpolitisch Uneinigkeit darüber, wieviel Land man den Palästinensern, trotz unzureichender Umsetzung vorheriger Vereinbarungen in Zukunft, abtreten würde (Koppel, 1998). Netanjahu reagierte deshalb nach einem Treffen mit Clinton und als Reaktion auf die Veröffentlichung der Information, Israel würde bei weiteren Verhandlungen 13 Prozent des Westjordanlands abgeben, gereizt und dementierte die Gerüchte mit Blick auf den innenpolitischen Druck durch seine Koalitionspartner (United Nations, 1998). Kurz vor Beginn des Gipfels in Wye River protestierten tausende rechte Israelis vor Netanjahus Wohnsitz, um der klaren Mahnung Ausdruck zu verleihen, Israel dürfe nicht noch mehr „heiliges Land“ an Palästina abtreten. Mit Anspielung auf Clintons Lewinsky-Affäre lauteten die Plakate der Protestanten unter anderem: „Bibi, don't bail out Bill and betray us“ (Koppel, 1998).
Auf der Ebene der politischen Führung starteten beide Konfliktparteien aber mit Zuversicht in die Verhandlungen in Wye River. Netanjahu betonte Israels Willen, den Friedensprozess voranzutreiben, stellte dabei aber klar, dass die Aufgabe der Palästinenser, den Kampf gegen Terror ernst zu nehmen, die Voraussetzung für erfolgreiche Gespräche sei: „We believe (the talks) can succeed. Israel is prepared to do its part if the Palestinians do their part [...] especially in the field of security and other outstanding issues." (Koppel, 1998)
Als ein Dorn im Auge der Palästinenser galt im Vorfeld der Verhandlungen die Siedlungspolitik Netanjahus, der von einem weiteren Ausbau nicht abzusehen schien. Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat machte deshalb ein Ende des Siedlungsausbaus zur Voraussetzung für weitere Verhandlungen: „Simply, we cannot continue negotiations while Israel is pursuing the expansion of settlements, confiscating land and Judaizing Jerusalem.“ (Erekat, 1998)
Vor Beginn der Wye-River-Gespräche schien aber auch Arafat positiv gestimmt zu sein (Koppel, 1998). Der Einsatz und das Engagement der USA wurden auf führender Ebene sehr positiv aufgefasst. So begrüßte ihn unter anderem der damalige israelische Außenminister Yoav Biran. Er sah den Prozess der Ausarbeitung eines neuen Friedensplans, hin zum Treffen in Wye River, trotz seiner Trägheit als wichtig an:
„ The fact that both sides requested this mediation, and the fact that the United States acceded to this request, proves as a matter of simple logic that the Americans also share the feeling that the possibility of progress exists - not necessarily a breakthrough, not necessarily an agreement, but progress nonetheless.“ (Yoav Biran, 1998)
2.2.2 Verhandlungen zum Wye-Abkommen in Maryland
Die Verhandlungen fanden vom 15. bis zum 23. Oktober in der Wye River Plantation, Maryland, USA, statt. Inhaltlich umfasste das Abkommen die Implementierung des 1995 unterzeichneten Interim Agreement on the West Bank and the Gaza Strip. Welche Bedeutung der Gipfel für die Clinton-Administration hatte, war allein daran erkennbar, dass alle bedeutenden Politiker der amerikanischen Außenpolitik anwesend waren. Neben Präsident Clinton, der aufgrund von parallel stattfindenden Wahlkampfveranstaltungen nicht durchgehend anwesend sein konnte, partizipierte unter anderem Außenministerin Albright, die seit Monaten einen Großteil ihrer Zeit darauf verwendete den Friedensprozess wieder in Bewegung zu bringen. Auch Vizepräsident Albert „Al“ Gore, Chefunterhändler im Nahost-Friedensprozess Dennis Ross, CIA Direktor George Tenet und der nationale Sicherheitsberater Samuel „Sandy“ Berger nahmen am Gipfel teil (Rubin, 1998c). Die israelische Seite wurde durch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, dessen Außenminister Ariel Scharon, Verteidigungsminister Jitzchak Mordechai und Minister Natan Scharanski unterstützt. Für die Palästinenser war der Präsident der palästinensischen Autonomiegebiete Jassir Arafat vor Ort. Insgesamt umfasste jede Delegation in etwa 20 Personen. Als Unterstützer des Friedensprozesses war später außerdem der schwerkranke König Hussein von Jordanien anwesend, was nicht unbedeutend für das letztendliche Zustandekommen einer Einigung in Wye River war (Peters & Newman, 2013, S.311). Hierauf wird im Verlauf der Forschungsarbeit noch näher eingegangen.
Das Wye-Abkommen basierte im Einvernehmen der beiden Parteien auf den Prinzipien Sicherheit und Gegenseitigkeit. Die Implementierung der festgehaltenen Schritte sollte letztendlich eine finale Einigung im Friedensprozess zum Ergebnis haben (Israel Ministry of Foreign Affairs, 1998). Man konnte sich auf einen detaillierten Zeitplan einigen, der den Übergang in die Endstatusverhandlungen sicherstellen sollte. Dem Abkommen sind zwei inhaltliche Schwerpunkte zu entnehmen: Zum einen die Aufforderung an Palästina, geschlossen und organisiert den Kampf gegen Terror anzugehen, um eine höhere Sicherheit zu gewährleisten und zum anderen die Umstrukturierung israelischer Gebiete in drei Phasen, so dass diese an Palästina übergehen werden könnten (Clinton, Arafat, & Netanjahu, 1998).
Einflussnahme der USA
Schon zu Beginn der Verhandlungen befand sich Clinton in einem Zwiespalt. Arafat hatte bereits mehrmals angekündigt, bei fehlenden Zugeständnissen seitens der Israelis einen palästinensischen Staat auszurufen. Dies war sein einziges Druckmittel. Kritiker waren sich zu diesem Zeitpunkt uneinig, ob ein amerikanisches Eingreifen überhaupt noch zur Deeskalation beitragen könnte. Joseph Alpher, Leiter des Büros des American Jewish Committee in Jerusalem und Experte für strategische Fragen, sagte beispielsweise:
„ Even if there is the second redeployment and there is an attempt to begin final-status talks, […] given the gap in concept regarding land, the nature of sovereignty and the confidence and credibility gap, I see no chance whatsoever that they'd make enough progress to justify postponing what Arafat intends to do.'' (Schmemann, 1998)
[...]
1 Für die vorliegende Forschungsarbeit wählte man aus Gründen der leichtern Lesbarkeit das generische Maskulinum. Diese Form bezieht sich stets auf männliche, weibliche und andere Geschlechtsidentitäten zugleich.
2 Hügel in Israel, welcher für die zionistische Bewegung für das ganze Land Israel steht (Brenner, 2018, S. 6)
3 1964 gegründete Organisation, deren Charta die Befreiung ganz Palästinas durch einen bewaffneten Kampf definierte und kurz nach ihrer Gründung die Einführung der Wehrpflicht für die Palästinenser beschloss (Herz, 2001, S. 38)
- Quote paper
- Anonymous,, 2019, Der Israel-Palästina-Konflikt und die USA. Die Administrationen Clintons und Bushs im Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1362674
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.