Einleitung
Jedes Individuum durchlebt, angefangen beim Säuglingsalter bis hin zum Sterbealter, verschiedene Phasen, die jeweils als Lebensabschnitte bezeichnet werden können. Das heißt, jedes Individuum gelangt notwendigerweise mit Fortschreiten seines Alters von einem Zustand in einen anderen, teilweise bewusst, teilweise unbewusst. Als Beispiel für einen unumgänglichen Wechsel von einer Lebensphase in die Nächste kann die Phase vom Kindsein zum Mann- oder Frausein angeführt werden. In unserer Gesellschaft bezeichnen wir diese „Übergangsphase“ als „Pubertät“. Übergänge können auch Gruppendynamiken entstehen lassen, das Individuum durchlebt diese Phase im Kollektiv. Diese Art von Übergängen ist insbesondere bei Initiationsriten afrikanischer Gesellschaften zu beobachten. Sie stehen im Gegensatz zu der bei uns allein durchlebten Übergangszeit der Pubertät.
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Anhand verschiedener Beispiele aus unterschiedlichen Kulturen verdeutlicht Turner, welche Bedeutung den Individuen während der Zeit im „Schwellenzustand“ sowohl von der Gesellschaft als auch von den (Mit)Initianten zugesprochen wird, welche Rechte und Pflichten sie haben und wie diese innerhalb ihrer Gruppe miteinander agieren. Weiterhin geht Turner der Frage auf den Grund, in wie weit die Form und Eigenschaften der Übergangsriten Einfluss auf die Erforschung von Kultur und Gesellschaft haben.
In der vorliegenden Arbeit werde ich zuerst Turners Verständnis der Begrifflichkeiten „Übergangritus“, „Schwellenphase“ bzw. „Schwellenzustand“ und „Communitas“ erläutern. Diese werden dann anhand des Beispiels des Franziskaner-Ordens Anwendung finden.
Einleitung
Jedes Individuum durchlebt, angefangen beim Säuglingsalter bis hin zum Sterbealter, verschiedene Phasen, die jeweils als Lebensabschnitte bezeichnet werden können. Das heißt, jedes Individuum gelangt notwendigerweise mit Fortschreiten seines Alters von einem Zustand in einen anderen, teilweise bewusst, teilweise unbewusst. Als Beispiel für einen unumgänglichen Wechsel von einer Lebensphase in die Nächste kann die Phase vom Kindsein zum Mann- oder Frausein angeführt werden. In unserer Gesellschaft bezeichnen wir diese „Übergangsphase“ als „Pubertät“. Übergänge können auch Gruppendynamiken entstehen lassen, das Individuum durchlebt diese Phase im Kollektiv. Diese Art von Übergängen ist insbesondere bei Initiationsriten1 afrikanischer Gesellschaften zu beobachten. Sie stehen im Gegensatz zu der bei uns allein durchlebten Übergangszeit der Pubertät. Genau diese Art von Phänomenen untersucht Victor Turner in seinen Artikeln „Kapitel 3, Schwellenzustand und Communitas“ und „Kapitel 4, Communitas: Modell und Prozess“ aus seinem Werk „Das Ritual. Struktur und Antistruktur“. Zu beachten ist, dass Turner sich bei der Erläuterung des Themas hauptsächlich auf afrikanische Ethnien beruft.
Er untersucht „Übergangsriten“, wobei er van Genneps2 Gedanken vom „Dreiphasenmodell“3 aufgreift und sich der mittleren Phase widmet, der „Schwellenphase“, in der sich die Individuen, sofern sie die Übergangsphase nicht allein erleben, in einer Communitas befinden.
Anhand verschiedener Beispiele aus unterschiedlichen Kulturen verdeutlicht Turner, welche Bedeutung den Individuen während der Zeit im „Schwellenzustand“ sowohl von der Gesellschaft als auch von den (Mit)Initianten zugesprochen wird, welche Rechte und Pflichten sie haben und wie diese innerhalb ihrer Gruppe miteinander agieren. Weiterhin geht Turner der Frage auf den Grund, in wie weit die Form und Eigenschaften der Übergangsriten Einfluss auf die Erforschung von Kultur und Gesellschaft haben.
In der vorliegenden Arbeit werde ich zuerst Turners Verständnis der Begrifflichkeiten „Übergangritus“, „Schwellenphase“ bzw. „Schwellenzustand“ und „Communitas“ erläutern. Diese werden dann anhand des Beispiels des Franziskaner-Ordens Anwendung finden.
Übergangsriten
Der Wechsel von einer „Lebensphase“ in eine andere wird in vielen Kulturen von Übergangsriten begleitet. Turner hält sich bei der Definition von Übergangsriten stark an Arnold van Genneps Gedanken, Übergangsriten seien „Riten, die einen Orts-, Zustands-, Positions- oder Altersgruppenwechsel begleiten.“4 Dabei differenziert er zwischen Zustand und Übergang. Der Begriff Zustand bezeichnet „jeden kulturell definierten, stabilen oder wiederkehrenden Zustand.“5 Der Übergang dagegen impliziert das genaue Gegenteil.6 Laut Gennep weisen alle Übergangsriten drei Phasen auf, die „Trennungs“-, die „Schwellen“- und die „Angliederungsphase“.7
Genneps Dreiphasenmodell der Übergangsriten
Während der ersten Phase, der so genannten Trennungsphase, löst sich das Individuum oder die Gruppe von einem fixierten Punkt in der „Sozialstruktur“. Das Individuum trennt sich von einem früheren Zustand und geht in die zweite Phase, die Schwellenphase, über, auf die sich der Fokus bei der Betrachtung von Übergangsriten hauptsächlich richten wird. Dieser kulturelle Bereich, den der Passierende durchschreitet, hat meist nichts mit dem vorigen und mit dem folgenden Lebensabschnitt gemein. Die dritte Phase bezeichnet van Gennep als Angliederung bzw. Wiedereingliederung in die Sozialstruktur. Der Übergang von einem Zustand in den anderen ist vollzogen, die Rechte und Pflichten des Individuums oder die der Gruppe gegenüber anderen sind nun klar definiert.
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1 (lat. initium: Eintritt, Eingang, Anfang) Bezeichnung für Riten, durch die jemand in eine neue Gemeinschaft eingeführt wird. In den meisten Kulturen gibt es Initiationsriten beim Übergang in eine neue Altersklasse, z. B. beim Übergang vom Jugend- ins Erwachsenenalter (Konfirmation, Firmung, Jugendweihe).
2 Arnold van Gennep (* 23. April 1873 in Ludwigsburg; † 1957 in Bourg-la-Reine) war ein französischer Ethnologe, der heute vor allem durch seine Arbeit über die so genannten Übergangsriten (frz. rites de passage) bekannt ist.
3 Van Genneps Dreiphasenmodell beinhaltet die Aufteilung der Übergangszeit in drei Phasen, die „Trennungs“-, die „Schwellen“- und die „Angliederungsphase“.
4 Turner, Victor: Das Ritual. Struktur und] Antistruktur. Frankfurt am Main, Campus. 1969:94.
5 Turner, 1969:94.
6 Vgl. hierzu S. 5ff.
7 Turner, 1969:94.
- Quote paper
- Angela Beyer (Author), 2006, Schwellenzustand und Communitas - Grundgedanken der Kapitel 3 und 4 aus Turners Werk: Das Ritual. Struktur und Antistruktur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136234
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