Mit dem Datensatz der MoMo-Studie (Motorik-Modul-Studie), welche ein Bestandteil der KiGGS-Studie ist, liegt aktuell ein sehr großer, repräsentativer Datensatz vor, der es ermöglicht, bundesweit gültige Untersuchungen zwischen der sportlichen Aktivität von Kindern und Jugendlichen und deren Gesundheit zu machen.
Ich möchte in dieser Hausarbeit ein theoretisches Modell entwickeln, welches als Hauptbestandteil die Variablen des MoMo-Datensatzes enthält, sodass sich daraus eine Gesundheitstheorie ableiten ließe, sollten sich die im Modell gemachten Annahmen bestätigen. Im ersten Teil der Arbeit möchte ich zunächst die Wirkungen von sportlicher Aktivität auf die Fitness und auf die Gesundheit darstellen. Zudem sollen – aufgrund des beschränkten Rahmens dieser Arbeit – die wichtigsten Theoriemodelle erläutert werden. Im Einzelnen sollen das biomedizinische Modell, Laienmodelle und im Besonderen das Salutogenese-Modell und das Systemische Anforderungs-Ressourcen-Modell Gegenstand der Betrachtung sein. Hierbei möchte ich jedoch nicht nur darstellen, sondern auch Vor- und Nachteile, Schwächen und Stärken der einzelnen Modelle aufzeigen.
In Verbindung mit dem theoretischen Modell, welches ich anhand der MoMo-Daten entwerfen möchte, wird der Sport dann auch im Modell eine große Rolle spielen. Da es unmöglich wäre, jede einzelne Variable mit in das Modell aufzunehmen, sollen hier nur Bereiche auftauchen wie beispielsweise soziodemographische Variablen, Gesundheit etc., denen bestimmte Variablen zugeordnet werden. Für ein besseres Verständnis erfordert dies eine Erklärung jedes Bereiches, welche Variablen subsummiert werden und Beispiele, welche deren Wirkung anschaulich beschreiben.
Dabei sollen jedoch bevorzugt nur die Bereiche und Variablen in das Modell aufgenommen werden, welche die sportliche Aktivität beeinflussen oder von ihr beeinflusst werden und welchen auch in einem gesundheitsfördernden Kontext eine fassbare Bedeutung zukommt.
Schließlich soll noch ein Ausblick für die zukünftige wissenschaftliche Untersuchung des Themas gegeben werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Wirkungen von sportlicher Aktivität auf die Fitness
2.1 Begriffsklärung
2.2 Ausdauer
2.3 Kraft
2.4 Beweglichkeit
2.5 Koordination
2.6. Schnelligkeit
3. Wirkungen von sportlicher Aktivität auf die Gesundheit
3.1 Begriffsklärung
3.2 Sportliche Aktivität und Herz-Kreislauf-Risikofaktoren
3.3 Sportliche Aktivität und seelische/psychische Gesundheit
4. Modellvorstellungen zu Sport und Gesundheit
4.1 Das Biomedizinische Modell
4.2 Laienmodelle
4.3 Das Salutogenese-Modell nach Antonovsky (1997)
4.4 Das Anforderungs-Ressourcen-Modell (SAR)
5. Eigene Modellvorstellung
6. Fazit
7. Bibliographie
1. Einleitung
Das Nachdenken über Gesundheit und Krankheit scheint den Menschen ureigen zu sein. Schon zu Beginn der abendländischen Kultur tauchen Quellen auf, die sich mit der Gesundheit des Menschen auseinandersetzen (vgl. VAN SPIJK, 1993, S. 47). Jeder Mensch wird sein ganzes Leben lang von der Auseinandersetzung mit Gesundheit und Krankheit begleitet, wobei das Thema „Gesundheit“ zeitweise mehr und zeitweise weniger in den Lebensmittelpunkt rückt (OPPER, 1998, S. 11).
Auch wenn es in der Wissenschaft noch nicht ausreichend empirisch belegt ist (KLEINE, 1992, S. 151), besteht eine positive Beziehung zwischen sportlicher Aktivität und sowohl der Fitness, der Gesundheit und dem subjektiven Wohlbefinden. Dies spiegelt sich auch in Befragungen in der Bevölkerung wieder (im Überblick WOLL 1996). Bei einer aktuellen repräsentativen Umfrage in 15 europäischen Ländern (ca. 15 000 Personen) zur Einschätzung der Gesundheitsrelevanz von sportlicher Aktivität durch die Bevölkerung sehen im Durchschnitt 96% der Befragten die sportliche Aktivität als wichtiges Mittel zur Gesundheitsförderung (WOLL, 2006, S. 15).
Defizite in der sportwissenschaftlichen Forschung bestehen beispielsweise in dem Fehlen von empirischen Daten, die Informationen über größere, repräsentative Bevölkerungsgruppen geben. Ebenso fehlt eine Einbindung des Zusammenhangs zwischen Sport, Fitness und Gesundheit in umfassende Gesundheitstheorien, die sowohl physische als auch psychosoziale Aspekte berücksichtigen. Viele Studien sind zu speziell und richten ihren Blickpunkt auf spezielle Untersuchungsgegenstände, sodass allgemeingültige Aussagen über den Zusammenhang von Sport und Gesundheit nur unter Vorbehalt gemacht werden können.
Mit dem Datensatz der MoMo-Studie (Motorik-Modul-Studie), welche ein Bestandteil der KiGGS-Studie ist, liegt nun ein sehr großer, repräsentativer Datensatz vor, der es ermöglicht, bundesweit gültige Untersuchungen zwischen der sportlichen Aktivität von Kindern und Jugendlichen und deren Gesundheit zu machen.
Ich möchte nun in dieser Hausarbeit ein theoretisches Modell entwickeln, welches als Hauptbestandteil die Variablen des MoMo-Datensatzes enthält, sodass sich daraus eine Gesundheitstheorie ableiten ließe, sollten sich die im Modell gemachten Annahmen bestätigen. Im ersten Teil der Arbeit möchte ich zunächst die Wirkungen von sportlicher Aktivität auf die Fitness und auf die Gesundheit darstellen. Zudem sollen – aufgrund des beschränkten Rahmens dieser Arbeit – die wichtigsten Theoriemodelle erläutert werden. Im Einzelnen sollen das biomedizinische Modell, Laienmodelle und im Besonderen das Salutogenese-Modell und das Systemische Anforderungs-Ressourcen-Modell Gegenstand der Betrachtung sein. Hierbei möchte ich jedoch nicht nur darstellen, sondern auch Vor- und Nachteile, Schwächen und Stärken der einzelnen Modelle aufzeigen.
In Verbindung mit dem theoretischen Modell, welches ich anhand der MoMo-Daten entwerfen möchte, wird der Sport dann auch im Modell eine große Rolle spielen. Da es unmöglich wäre, jede einzelne Variable mit in das Modell aufzunehmen, sollen hier nur Bereiche auftauchen wie beispielsweise soziodemographische Variablen, Gesundheit etc., denen bestimmte Variablen zugeordnet werden. Für ein besseres Verständnis erfordert dies eine Erklärung jedes Bereiches, welche Variablen subsummiert werden und Beispiele, welche deren Wirkung anschaulich beschreiben.
Dabei sollen jedoch bevorzugt nur die Bereiche und Variablen in das Modell aufgenommen werden, welche die sportliche Aktivität beeinflussen oder von ihr beeinflusst werden und welchen auch in einem gesundheitsfördernden Kontext eine fassbare Bedeutung zukommt.
Schließlich soll noch ein Ausblick für die zukünftige wissenschaftliche Untersuchung des Themas gegeben werden.
2. Wirkungen von sportlicher Aktivität auf die Fitness
In der sportwissenschaftlichen Forschung gibt es keine allgemein anerkannte Definition von Fitness und ihrer Komponenten. Schon im alltagssprachlichen Gebrauch des Wortes tauchen ganz unterschiedliche Bedeutungen auf. Die Aussage „Ich fühle mich nicht so fit“ wird meist im Kontext einer bestehenden Krankheit verwendet, wohingegen Fragen wie „Na, bist du fit“ eher nach einem anstrengenden Arbeitstag oder einer längeren Feier am Vorabend gebräuchlich sind. Hinzu kommen Aussagen wie „Er ist sehr fit im Rechnen“, welche beispielsweise auf eine hohe Kompetenz in einem Teilgebiet der Arbeitswelt hinweisen. Schließlich findet man im Zusammenhang mit dem Sport häufig die Aussage: „Er hat eine gute Fitness“, die sich aber eindeutig auf Ausdauerfähigkeiten eines Sportlers beziehen.
Der Begriff Fitness erfreut sich also mehreren ungenauen und schwammigen Bedeutungen. In der Sportwissenschaft tritt dieses Phänomen – in geringerem Maß - ebenfalls auf, weshalb ich im Vorfeld eine Begriffsklärung vornehmen möchte.
2.1 Begriffsklärung
Bös (1994) sieht im Wesentlichen drei Grundpositionen:
Physical fitness schließt nur die konditionelle Leistungsfähigkeit ein. Der Begriff wird hier also in einem sehr engen Sinn verwendet, welcher andere wichtige Komponenten ausschließt.
Die motor fitness ist gleichzusetzen mit der allgemeinen körperlichen Leistungsfähigkeit. Die motor fitness schließt neben den konditionellen Fähigkeiten auch die koordinativen Fähigkeiten mit ein und ist wohl die am häufigsten verwendete Definition.
Am engsten verwandt mit der oben genannten Bedeutungsvielfalt des Wortes Fitness im Alltagsgebrauch ist wohl die sogenannte total fitness. Sie schließt nicht nur die konditionellen und koordinativen Fähigkeiten mit ein, sondern die gesamte körperliche Befindlichkeit. Das heißt, es kommen noch emotionale, psychische und soziale Komponenten hinsichtlich der Befindlichkeit hinzu, weshalb sie im Blick auf die Gesundheit fast ganzheitliche Züge aufweist.
Da die „physical fitness“ zu viele wichtige Komponenten ausschließt und die „total fitness“ zu weit gefasst ist, wird der Fitnessbegriff in dieser Arbeit im Sinne der „motor fitness“ verwendet, also der allgemeinen körperlichen Leistungsfähigkeit. Eine detaillierte Definition ist bei Bös (1987, S. 94) nachzulesen.
Im Kontext dieser Arbeit steht zudem nicht die obere Schwelle der altersbezogenen Leistungsfähigkeit im Vordergrund, sondern mehr die Perspektive der „health-related fitness“. Diese Perspektive richtet den Blick mehr auf die untere Schwelle der körperlichen Leistungsfähigkeit, deren Unterschreitung mit Einschränkungen in der Lebensqualität einhergeht (WOLL, 2006, S. 72).
In diesem Sinn stellt eine gute Fitness eine gesundheitliche Ressource dar. Folglich kann also die Gesundheit und in Verbindung mit ihr die Lebensqualität gesteigert werden, wenn ein bestimmtes Fitnessniveau erreicht, konserviert oder verbessert wird. Dies gilt für Kinder, Erwachsene und Senioren gleichermaßen.
Ebenso gibt es mehrere Studien, die belegen, dass sich eine gesteigerte Fitness auch positiv auf die psychische Gesundheit auswirkt (u.a. Gugutzer, 2008; Oerter, 2006). Beispielhaft zu nennen wäre hier auch van der Merwe (1982), der in seiner Studie an kanadischen College-Studentinnen herausfand, dass ein positiver Zusammenhang zwischen einer guten körperlichen Fitness und einem positiven Selbstbild existiert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2 Ausdauer
Unter Ausdauer soll hier die „Ermüdungswiderstandsfähigkeit des Organismus“ definiert werden, die es ermöglicht, „eine gegebene Leistung über einen möglichst langen Zeitraum aufrechtzuerhalten“ (HOLLMANN & HETTINGER, 1990, S. 303).
Weineck (1988, S. 428) sagt völlig zu Recht, dass eine gute Ausdauerleistungsfähigkeit in der Lage ist, „auf vielschichtige und komplexe Art einzelne Risikofaktoren, beziehungsweise Risikokomplexe im Sinne der Prävention degenerativer Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu beeinflussen“[1]. Ebenso wirkt eine gute Ausdauerleistungsfähikeit nicht nur präventiv, sondern ist auch für eine ökonomischere Herzarbeit fördernd.
2.3 Kraft
Unter gesundheitlichen Aspekten kommt vor allem der Kraftausdauer der Rumpfmuskulatur eine besondere Bedeutung zu. Nach Hollmann und Hettinger (1990) beugt eine gut ausgebildete Rumpfmuskulatur Haltungsschwächen und im Seniorenbereich auch Haltungsschäden vor. Diese These stützt auch eine Studie von Bringmann (1984), wonach gut trainierte Männer einen geringeren Anteil an Rückenverletzungen aufwiesen als untrainierte Männer.
Folglich ist also auch eine gesteigerte Fitness in Form der Kraft beziehungsweise Kraftausdauer eine gesundheitliche Ressource.
2.4 Beweglichkeit
Weineck (1990) stellt fest, dass die Beweglichkeit besonders bei Bewegungsanforderungen im Alltag als auch bei der Verletzungsprophylaxe eine große Rolle spielt. So erleichtert sie zum Beispiel das Ankleiden und die Körperpflege.
Zudem verringert sie das Verletzungsrisiko, da Stürze oder ähnliche ungewollte Bewegungen besser abgefangen oder beendet werden können. Weitere gesundheitliche Auswirkungen sind eine ökonomischere Bewegungsgestaltung und infolgedessen ein verminderter Energieverbrauch.
Präventiv wirkt sich eine gute Beweglichkeit vor allem auf Muskeldysbalancen aus, da sie ein funktionelles Gleichgewicht von Streck- und Beugemuskelketten fördert.
[...]
[1] Siehe hierzu auch die Tabelle bei Banzer, Knoll & Bös, 1998, S. 22.
- Quote paper
- Sebastian Runkel (Author), 2008, Theorien zu Aktivität - Fitness und Gesundheit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/136157
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