Die Frage nach einer „feministischen Ethik“, wurde erstmals ausgelöst durch das 1982 veröffentlichte Buch: „In a different Voice“ von der Entwicklungspsychologin Carol Gilligan. Dessen Erscheinen entfachte in der feministischen Theoriebildung
heftigste Diskussionen und Kritiken der Thesen Gilligans, deren breitflächige Kontroverse, ob und wenn ja, warum Frauen moralisch anders Denken, bis heute andauert.
Gilligan wies darauf hin, dass empirische Untersuchungen, auf denen bisherige Theorien moralischer Entwicklung basierten, zum einen ohne Einbeziehung weiblicher Probandinnen durchgeführt wurden und zum anderen die Einstufung von
Frauen anhand dieser Modelle der moralischen Entwicklung, auffallend niedrig blieb. Dies motivierte sie zur Ausarbeitung alternativer Moralentwicklungen und Perspektiven moralischer Auffassung die ich im folgenden darlegen möchte. Da sich Carol Gilligan in kritischer Weise auf die Theorien moralischer Entwicklung von Lawrence Kohlberg und damit implizit auch auf jene, Jean Piagets bezieht. Erscheint es mir wichtig, der Schilderung von Gilligans Thesen, eine verkürzte Wiedergabe der moralischen Entwicklung nach Lawrence Kohlbergs voranzustellen. Lawrence Kohlberg formulierte, aufbauend auf Jean Piagets dreistufiges Modell der moralischen Entwicklung, ein nuancierteres Stufenmodell, bestehend aus drei vertikalen Stufen (Niveaus), als auch sechs horizontalen Stufen (Stadien). Die Reaktionen von Kindern und Jugendlichen auf das Vorlegen hypothetischer Konfliktsituationen ( z.B. das Heinz-Dilemma) und moralischer Problemstellung ordnete er den einzelnen Stadien zu.
Inhalt
I Einleitung
II Moralische Entwicklung
1.0 Moralisches Reifen nach Kohlberg
1.1 Präkonventionelles Niveau
1.1.1 Stadium 1
1.1.2 Stadium 2
1.2 Konventionelles Niveau
1.2.1 Stadium 3
1.2.2 Stadium 4
1.3 Postkonventionelles Niveau
1.3.1 Stadium 5
1.3.2 Stadium 6
2.0 Moralisches Reifen nach Gilligan
2.1 Niveau I
2.1.1 Übergangsphase 1
2.2 Niveau II
2.2.1 Übergangsphase 2
2.3 Niveau III
III Geschlechtsspezifische Moralauffassung
1.0 Ursprünge geschlechtsspezifische Moralauffassung
2.0 Perspektive der Gerechtigkeit
3.0 Perspektive der Fürsorge
IV Kritische Betrachtungen
1.0 Moral als eine Frage der Betroffenheit
2.0 Weibliche Fürsorgemoral als eine Rollenmoral
3.0 Projektion geschlechtsstereotyper Erwartungen
V Schluss
VII Literaturverzeichnis
VI Anmerkungen
I Einleitung
Die Frage nach einer „feministischen Ethik“, wurde erstmals ausgelöst durch das 1982 veröffentlichte Buch: „ In a different Voice“ von der Entwicklungspsychologin Carol Gilligan[i] . Dessen Erscheinen entfachte in der feministischen Theoriebildung heftigste Diskussionen und Kritiken der Thesen Gilligans, deren breitflächige Kontroverse, ob und wenn ja, warum Frauen moralisch anders Denken, bis heute andauert.
Gilligan wies darauf hin, dass empirische Untersuchungen, auf denen bisherige Theorien moralischer Entwicklung basierten, zum einen ohne Einbeziehung weiblicher Probandinnen durchgeführt wurden und zum anderen die Einstufung von Frauen anhand dieser Modelle der moralischen Entwicklung, auffallend niedrig blieb.
Dies motivierte sie zur Ausarbeitung alternativer Moralentwicklungen und Perspektiven moralischer Auffassung die ich im folgenden darlegen möchte.
II Moralische Entwicklung
Da sich Carol Gilligan in kritischer Weise auf die Theorien moralischer Entwicklung von Lawrence Kohlberg und damit implizit auch auf jene, Jean Piagets bezieht.
Erscheint es mir wichtig, der Schilderung von Gilligans Thesen, eine verkürzte Wiedergabe der moralischen Entwicklung nach Lawrence Kohlbergs voranzustellen.
1.0 Moralisches Reifen nach Kohlberg
Lawrence Kohlberg formulierte, aufbauend auf Jean Piagets dreistufiges Modell der moralischen Entwicklung, ein nuancierteres Stufenmodell, bestehend aus drei vertikalen Stufen (Niveaus), als auch sechs horizontalen Stufen (Stadien). Die Reaktionen von Kindern und Jugendlichen auf das Vorlegen hypothetischer Konfliktsituationen ( z.B. das Heinz-Dilemma) und moralischer Problemstellung ordnete er den einzelnen Stadien zu.
Piagets Grundgedanken der geistigen Entwicklung überträgt Kohlberg wie folgt auf den Bereich der Moral: „Da moralisches Denken natürlich auch Denken ist, hängt fortgeschrittenes moralisches Denken von fortgeschrittenem logischen Denken ab.“[ii]
Der Anfangspunkt einer moralischen Entwicklung verlangt also nach der Vollendung gewisser Schritte der Denkentwicklung, so dass fortgeschrittenes logisches Denken zwar notwendig ist, dennoch keine Gewissheit über ein höheres moralisches Stadium bieten kann.[iii] Aus diesem Grund hat Kohlberg seinen Stadien wohl auch, im Gegensatz zu Piaget, keine Altersangaben zugeschrieben.
Ähnlich verhält es sich mit der Perspektiven- oder Rollenübernahme. Um moralische Urteile fällen zu können, bedarf es der Befähigung sich in andere Menschen hineinzuversetzen, dieses Denkvermögen allein führt jedoch nicht zwingend zu einem moralischen Urteil auf höherer Ebene.[iv]
1.1 Präkonventionelles Niveau
Das Präkonventionelles Niveau wird auch als vormoralisches Niveau bezeichnet, da hier die Autoritätsmoral vorherrscht. Das Kind hat den eigenen Egozentrismus zwar überwunden und erkennt an, dass es einen anderen Standpunkt als den eigenen geben kann, dennoch orientiert es sich ausschließlich an den Regeln Geboten und Verboten von Autoritätspersonen. Somit auch an dem was diese für richtig, falsch, gut oder böse beurteilen.
1.1.1 Stadium 1
Dominierend ist die Straf- und Gehorsamsorientierung. Die Handlung richtet sich nach den Konsequenzen der Tat, also nach der Bestrafung und der Autorität. Entscheidend für das Ausführen einer Handlung ist demnach eine Strafvermeidung und nicht die Achtung vor der moralischen Ordnung, deren Aufrechterhaltung der Bestrafung zugrunde liegt.
Die soziale Perspektive ist individuell, demzufolge zentriert sie sich auf das eigene Ego. Vorgänge werden nach dem äußeren Erscheinungsbild beurteilt und nicht nach den dahinterliegenden Absichten. Das Verständnis von Moral als im Sinne einer wechselseitigen Beschaffenheit ist noch kaum ausgebildet.
1.1.2 Stadium 2
Eine Richtung weist in diesem Stadium die Zweck- und Austauschorientierung. Die menschliche Beziehung wird als eine gleichwertige Übereinkunft verstanden. Elemente von Reziprozität im Sinne eines fairen Austausches bilden sich heraus, so das die soziale Perspektive über das eigene Ego hinweg reicht. Es geht zwar noch immer vorrangig um Befriedigung eigener Bedürfnisse, mittlerweile jedoch auch um Zufriedenstellung der Wünsche anderer.
[...]
[i] Gilligan, Carol (1984)
[ii] Colby, Ann & Kohlberg, Lawrence (1986), S. 142
[iii] Colby, Ann & Kohlberg, Lawrence (1986), S. 142 ff
[iv] Colby, Ann & Kohlberg, Lawrence (1986), S. 155
- Arbeit zitieren
- Bisrat Wolday (Autor:in), 2002, Der Zusammenhang von Moral und Geschlecht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13614
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