Das Recht der Abfallentsorgung wurde lange Zeit eher vernachlässigt. Die alarmierend hohen Abfallberge auf den Deponien erforderten jedoch ein grundlegendes Umdenken sowie eine geschlossene Gesetzgebung. Heute existieren von der Ebene der EU bis zu den einzelnen Kommunen abfallrechtliche Regelwerke, deren Grundlagen im Folgenden erläutert werden sollen. Anschließend werden aktuelle politische Entwicklungen und Zielsetzungen sowie technische Innovationen im Bereich der Abfallwirtschaft thematisiert.
Inhaltsverzeichnis
1. Hintergründe zur Entwicklung des Abfallrechts
1.1. Gestiegenes Abfallaufkommen durch vermehrten Konsum
1.2. Das Prinzip der Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaftsplanung
2. Rechtliche Grundlagen der Abfallwirtschaftsplanung
2.1. Europäisches Abfallrecht
2.2. Abfallrecht auf Bundesebene
2.2.1. TA Siedlungsabfall – Das Ende der Deponie
2.2.2. Umweltverträglichkeitsprüfung
2.3. Das Landesabfallgesetz
2.4. Kommunale Abfallsatzungen
3. Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Abfallwirtschaft
3.1. Technische Entwicklungen in der Abfallwirtschaft
3.2. Das Ziel
3.3. Abfallwirtschaft als Stoffkreislauf
4. Praxisbeispiel: Müllheizkraftwerk Mainz
5. Fazit
6. Quellenverzeichnis
1. Hintergründe zur Entwicklung des Abfallrechts
1.1. Gestiegenes Abfallaufkommen durch vermehrten Konsum
„Seit Beginn der 60er Jahre haben verschiedene Faktoren – z. B. sprunghaft steigende Abfallmengen, sich verändernde Abfallzusammensetzungen, knapper werdende Beseitigungsmöglichkeiten und ein allmählich erwachendes Umweltbewusstsein – die Gesetzgeber in Bund und Ländern dazu veranlasst, die Abfallbeseitigung als einen elementaren Bestandteil der Daseinvorsorge zu erkennen, den es generell zu ordnen galt“ (Sinner 1995: 2).
Die Gründe für dieses veränderte Abfallaufkommen liegen in einem veränderten Produktions- und Konsumverhalten: Durch die Verbreitung von gedruckten und elektronischen Medien, gewann die Präsentation von Produkten massiv an Bedeutung, was mit gestiegenem Verpackungsabfall einherging. Außerdem hat der Konsum an sich eine Bedeutungsverschiebung erfahren. Während die Nachkriegsgeneration von Sparsamkeit und Bescheidenheit in ihrem Konsumverhalten geprägt war, ist seit dem „Wirtschaftswunder“ in den 50er Jahren Konsumhunger und Statusdenken entscheidend. Gegenstände des alltäglichen Bedarfs werden durch die gestiegene Kaufkraft vermehrt angehäuft, verlieren aber schnell an Wert und werden weggeworfen. Es werden immer mehr Produkte entwickelt, die der einmaligen Verwendung gedacht sind („Wegwerfprodukte“). Außerdem fallen bei der Herstellung dieser breiten Produktpaletten immer mehr und neue Abfallprodukte an, die auch besondere Formen der Bewältigung erfordern. (vgl. Sinner 1995: 2 f.)
1.2. Das Prinzip der Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaftsplanung
1987 veröffentlichte die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (Brundtland-Kommission), welche von den Vereinten Nationen ihren Auftrag erhielt, langfristige Perspektiven für eine Entwicklungspolitik aufzuzeigen, das Dokument „Unsere gemeinsame Zukunft“. Hier wurde der Leitgedanke der nachhaltigen Entwicklung erstmals in die internationale Politik eingeführt: „Entwicklung zukunftsfähig zu machen, heißt, dass die gegenwärtige Generation ihre Bedürfnisse befriedigt, ohne die Fähigkeit der zukünftigen Generation zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können." Um diesem Leitgedanken gerecht werden zu können, wurde 1992 beim Weltgipfel in Rio de Janeiro ein internationales Aktionsprogramm verabschiedet: die Agenda 21. Alle Politikbereiche sind angehalten an einer sozialen, ökonomischen und ökologisch nachhaltigen Entwicklung mitzuwirken. Im Artikel 28 der Agenda 21 („Lokale-Agenda-21“) werden Kommunen als wichtige Akteure bei der Gestaltung der weltweiten Entwicklung benannt. Sie entscheiden vor Ort über die Nutzung von Ressourcen und organisieren die Lebensumgebung der Bewohner. In Zusammenarbeit mit der Bevölkerung können Kommunen auf lokaler Ebene Konzepte erstellen, die einer nachhaltigen Entwicklung förderlich sind.
Ausgehend von diesen Entwicklungen sollen in der vorliegenden Arbeit nun die rechtlichen Rahmenbedingungen der Abfallwirtschaft in Deutschland auf den verschiedenen Ebenen (Europa, Bund, Länder, Kommunen) thematisiert werden. Anschließend soll der Weg der Abfallwirtschaft zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft erklärt und am Beispiel des Heizkraftwerks in Mainz auf der Ingelheimer Aue aufgezeigt werden.
2. Rechtliche Grundlagen der Abfallwirtschaftsplanung
Das Recht der Abfallentsorgung wurde lange Zeit eher vernachlässigt. „Bis Anfang der 70er Jahre war die Hausmüllabfuhr Angelegenheit der Gemeinden und fand ihre rechtliche Regelung in kommunalen Satzungen. Die Beseitigung der sonstigen Abfälle (aus Gewerbe, Industrie usw.) war dem Besitzer überlassen und lediglich einigen Verbotsnormen des Wasser-, Immissionsschutz- und Baurechts unterworfen“ (Sinner 1995: 2). Die alarmierend hohen Abfallberge auf den Deponien erforderten jedoch ein grundlegendes Umdenken sowie eine geschlossene Gesetzgebung. Heute existieren von der Ebene der EU bis zu den einzelnen Kommunen abfallrechtliche Regelwerke, welche im Folgenden kurz erläutert werden sollen.
2.1. Europäisches Abfallrecht
Die Verordnungen, zahlreichen Richtlinien sowie Entscheidungen von Kommissionen der EU fließen sehr stark in die nationale Gesetzgebung ein. Die Abfallrahmenrichtlinie 75/442/EWG des Europäischen Rates vom 15. Juli 1975 gibt in Art. 3 den Mitgliedsstaaten vor, dass sie in erster Linie die Erzeugung von Abfällen verringern bzw. die Gefahren die von den Abfällen ausgehen eindämmen sollen. In zweiter Linie sollen Abfälle auf dem Wege der Rückführung oder Wiederverwertung zur Gewinnung sekundärer Rohstoffe oder zur Energiegewinnung dienen. Des Weiteren werden allgemeine Prinzipien der Abfallverwertung und Abfallbeseitigung aufgezeigt. Danach müssen die menschliche Gesundheit, Wasser, Luft, Boden und die Tier- und Pflanzenwelt geschützt, Geräusch- oder Geruchsbelästigungen verhindert, das Landschaftsbild bewahrt und die unkontrollierte Ablagerung, Ableitung oder Beseitigung von Abfällen verhindert werden.
Am 21. Dezember 2005 wurde eine Novelle der über 30 Jahre alten Abfallrahmenrichtlinie vorgelegt. Durch die Änderungen soll der Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz in der Abfallgesetzgebung stärker verankert werden. Am 17.06.2008 hat das Europäische Parlament der Novelle in zweiter Lesung zugestimmt. Die Abfallbeseitigung, also die unvorbehandelte Deponierung von Abfällen, soll nicht mehr gestattet sein. Die Abfallvermeidung soll noch stärker als bisher im Mittelpunkt stehen.
2.2. Abfallrecht auf Bundesebene
Wichtigste Rechtsquelle auf der Ebene des Bundesabfallrechts ist das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG). „Das Gesetz zielt auf die Produktion von möglichst abfallarmen, also langlebigen, mehrfach verwendbaren, reparaturfreundlichen oder jedenfalls verwertungs-freundlichen Produkten ab. Weitere Ziele sind:
- Die Verringerung von Abfällen durch die Änderung von Produktionsverfahren, z. B. Kreislaufführung und Rückgewinnung von Einsatzstoffen
- eine möglichst hochwertige energetische Verwertung von Abfällen und zuletzt
- eine dauerhaft sichere Ablagerung von Abfällen“ (Heiß-Ziegler/ Lechner/ Mostbauer 2004: 31).
Hier wird deutlich, dass das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz in Übereinstimmung zum europäischen Recht formuliert wurde. Die Verwertung von Abfällen hat gemäß § 5 Abs. 2 KrW-/AbfG Vorrang vor deren Beseitigung. Das KrW-/AbfG nimmt für die Entsorgung der Abfälle nicht nur die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in die Pflicht. Vielmehr sind die Erzeuger und Besitzer von Abfällen auch für die Entsorgung verantwortlich.
2.2.1. TA Siedlungsabfall – Das Ende der Deponie
Die Technische Anleitung Siedlungsabfall (TASi) ist eine allgemeine Verwaltungsvorschrift, welche 1993 verabschiedet wurde. Mit diesem Rechtsakt schuf man neue Verhältnisse in der Abfallwirtschaft: das Ablagern unvorbehandelter Abfälle in Deutschland ist seit dem 1. Juni 2005 verboten. Da die Vorbehandlung von Restmüll sehr aufwendig ist, haben sich viele Deponien nicht mehr rentiert. Man suchte nach Alternativen zur Abfallbeseitigung und fand sie in Müllverbrennungs- bzw. in mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen. Die bis dahin praktizierte Ablagerung von unbehandelten Siedlungsabfällen auf unzureichend abgedichteten Deponien führte zu Verunreinigungen des Bodens, der Oberflächengewässer und des Grundwassers. Außerdem wird klimaschädigendes Deponiegas freigesetzt. Nachbarn von Anlagen klagten über Belästigungen durch Gerüche, Staub, umherfliegendes Papier und Kunststofffolien“ (vgl. Umweltbundesamt 2004: 2).
2.2.2. Umweltverträglichkeitsprüfung
„Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) verlangt die Untersuchung der Umweltverträglichkeit bei nahezu allen genehmigungsbedürftigen Anlagen. (…) Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen eines Vorhabens auf
- Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen,
- Kultur- und sonstige Sachgüter“ (Krüger 2001: 10).
2.3. Das Landesabfallgesetz
Das Abfallrecht ist auf Bundesebene nicht abschließend geregelt, weshalb es Ausführungsgesetzen der einzelnen Bundesländer bedarf. Die Landesgesetze konkretisieren die Inhalte der Bundesgesetze und bestimmen den genauen Umfang der Aufgaben der Entsorgungsträger. Sie sind verantwortlich für
- die Organisation der Abfallentsorgung,
- die Bestimmung der entsorgungspflichtigen Körperschaften und der Vollzugsbehörden
- Abfallwirtschaftsplanung,
- Fragen der Verantwortlichkeit von Altlasten und Altstandorten als auch der
- Finanzierung.
In §6 und §7 des Landesabfallwirtschaftsgesetz (LAbfWG) von Rheinland-Pfalz vom 2. April 1998, zuletzt geändert am geändert am 21.12.2007, sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger dazu angehalten Abfallwirtschaftskonzepte und -bilanzen zu erstellen. In §11 LAbfWG wird festgelegt, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, bzw. die obersten Abfallbehörden einen Abfallwirtschaftsplan zu erstellen haben: „Der Abfallwirtschaftsplan kann neben dem in § 29 Abs. 1 KrW-/AbfG bezeichneten Planinhalt weitere Ausweisungen und Darstellungen zur Kreislaufwirtschaft und zur Abfallbeseitigung enthalten. Er soll insbesondere die von den Entsorgungsträgern ausgewählten Flächen für Abfallbeseitigungsanlagen ausweisen, sofern diese erforderlich sind und nach den Angaben der Entsorgungsträger für den vorgesehenen Nutzungszweck geeignet erscheinen. Soweit Raumordnungsverfahren erforderlich sind, sollen diese vor Aufnahme der Abfallbeseitigungsanlage in den Abfallwirtschaftsplan durchgeführt werden.“ Der Abfallwirtschaftsplan ist jeweils für fünf Jahre gültig und muss anschließen neu erstellt, bzw. fortgeschrieben werden. Die Abfallwirtschaftskonzepte, -bilanzen und -pläne sind Monitoring- und Planungsinstrumente. Sie sollen dem jeweiligen öffentlichen Entsorgungsträger helfen das Abfallaufkommen zu erfassen und die umweltverträglichsten (im Sinne des KrW-/AbfG), aber auch wirtschaftlichsten Maßnahmen entsprechend des Abfallaufkommens herauszufinden.
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- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2008, Abfallwirtschaftsplanung: Rechtliche Grundlagen, Definition, Praxisbeispiel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135976
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