Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Zeitraum zwischen dem endgültigen Sieg des Oktavian gegen Antonius und Cleopatra und dem großen Staatsakt 27 v. Chr. in Rom. Wie bereits der Untertitel darlegt, ist diese Zeit eine Übergangszeit, die Oktavian nutzte, um seine Machtposition zu sichern und auszubauen, so dass er dann im Januar 27 v. Chr. in der Lage war, den Staat wieder zurückzugeben und die Republik für wiederhergestellt zu erklären und trotzdem damit faktisch das römische Kaisertum zu begründen.
Der hier behandelte Zeitraum kann als typisches Beispiel für die Machtpolitik des Oktavian/Augustus gesehen werden. Wie auch die Referate meiner Kommilitonen und die anschließenden Diskussionen im Seminar gezeigt haben, muss man Oktavian/Augustus ein großes Geschick bei der Sicherung und dem Ausbau seiner Macht zusprechen. Es wurde deutlich herausgearbeitet, wie Oktavian/Augustus es durch geschicktes taktieren schaffte, die verschiedenen Wünsche und Bedürfnisse der unterschiedlichen Gruppen in Rom und im römischen Reich zu befriedigen (z.B. kultische Verehrung seiner Person) und seine Position als erster Mann im Staate zu sichern und gleichzeitig jedoch den Anschein zu wahren, dass die Republik wiederhergestellt sei.
Die Arbeit ist so gegliedert, dass zunächst dargestellt wird, wie die Situation im römischen Reich nach dem Sieg des Oktavian aussah und welche Ehrungen und Machtzuweisungen Oktavian in der Zeit von 30 bis 27 v. Chr. vom Senat erhielt. Darauf folgend wird gezeigt, welche Maßnahmen Oktavian in dieser Zeit in Angriff nahm, um den Staat nach den Wirren der Bürgerkriege wieder zu ordnen und seine Machtbasis zu sichern. Abschließend ist dann zu klären welche Stellung Oktavian nach dem Ende des Triumvirats und der Bürgerkriege überhaupt noch im Staat innehatte, die es ihm ermöglichte weiterhin den Verlauf des Geschehens so weit zu kontrollieren, wie er es tat.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Situation im römischen Reich nach dem Sieg Oktavians gegen Antonius
2.1. Beschlossene Ehrungen und Machtzuweisungen vom Senat für Oktavian
2.2. Gab es oppositionelle Bewegungen?
3. Die Maßnahmen des Oktavian zur Sicherung seiner Macht und zur „Restauration der Republik“
3.1 Verbot der senatorischen Statthalterschaft in Ägypten und Einschränkung der Reisefreiheit der Senatoren
3.2. lectio senatus, Patrizierernennung und Zensus des ganzen Volkes
3.3 Wiederentdeckung und Erneuerung der altrömischen Religion
3.4. Legatzahlungen, Schuldenerlasse und weitere finanzielle Geschenke des Oktavian
3.5. Die Vorbereitung des großen Staatsaktes 27 v. Chr
4. Die Stellung Oktavians im römischen Staat zwischen 30 und 27 v. Chr
5. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Bibliographie
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Zeitraum zwischen dem endgültigen Sieg des Oktavian gegen Antonius und Cleopatra und dem großen Staatsakt 27 v. Chr. in Rom. Wie bereits der Untertitel darlegt, ist diese Zeit eine Übergangszeit, die Oktavian nutzte, um seine Machtposition zu sichern und auszubauen, so dass er dann im Januar 27 v. Chr. in der Lage war, den Staat wieder zurückzugeben und die Republik für wiederhergestellt zu erklären und trotzdem damit faktisch das römische Kaisertum zu begründen.
Der hier behandelte Zeitraum kann als typisches Beispiel für die Machtpolitik des Oktavian/Augustus gesehen werden. Wie auch die Referate meiner Kommilitonen und die anschließenden Diskussionen im Seminar gezeigt haben, muss man Oktavian/Augustus ein großes Geschick bei der Sicherung und dem Ausbau seiner Macht zusprechen. Es wurde deutlich herausgearbeitet, wie Oktavian/Augustus es durch geschicktes taktieren schaffte, die verschiedenen Wünsche und Bedürfnisse der unterschiedlichen Gruppen in Rom und im römischen Reich zu befriedigen (z.B. kultische Verehrung seiner Person) und seine Position als erster Mann im Staate zu sichern und gleichzeitig jedoch den Anschein zu wahren, dass die Republik wiederhergestellt sei.
Im Seminar wurde auch die Frage diskutiert, ob sich Oktavian nach der Schlacht bei Aktium hätte wieder ins Privatleben zurückziehen können, wie es Sulla nach der Neuordnung als Diktator gemacht hatte. Auch war Gegenstand der Diskussion, ob nicht die Senatoren sich mehr gegen den Machthaber Oktavian hätten wären können und wieso es zu so zahlreichen Ehrungen durch den Senat an Oktavian schon kurz nach dem Sieg gegen Antonius gekommen war. Was auch zu klären ist, welche Position Oktavian nach dem Ende des Triumvirates bis zum Staatsakt 27 v. Chr. überhaupt im römischen Staat einnahm.
Die erwähnten Fragen und Überlegungen sind auch in der Fachliteratur über dieses Thema diskutiert wurden und verschiedentlich durchleuchtet wurden. Als Hauptquelle für diese Zeit ist vor allem die römische Geschichte von Cassius Dio zu nennen, der am ausführlichsten auf die Vorgänge eingeht. Neben Dio sind zudem die Augustus Vita von Sueton, die Annalen des Tacitus und die römische Geschichte von Velleius Paterculus die Hauptquellen. Neben diesen Geschichtsschreibern ist zudem natürlich der Tatenbericht (res gestea) des Augustus zu betrachten, in dem Augustus selbst seine Taten aufzählt und rechtfertigt.
Als grundlegendes Werk nach Theodor Mommsens Schriften gilt „Die römische Revolution“ von Ronald Syme aus dem Jahre 1939, in dem der Autor ausführlich auf den Übergang von der kriselnden Republik zum Prinzipat eingegangen ist. So gut wie alle späteren wissenschaftlichen Arbeiten über dieses Thema nehmen Bezug auf Symes Werk, wobei teilweise seine Ansichten geteilt werden, es aber auch Autoren gibt, die seinem Standpunkt nicht folgen und versuchen ihn zu widerlegen. Besonders an dem Begriff „Revolution“ wurde Kritik geübt, da eine Revolution zumeist einen eng begrenzten Zeitraum mit einem gravierenden Machtwechsel meint und man beim Übergang von der Republik zum Prinzipat hiervon nicht sprechen kann. Die z.T. geäußerte Meinung, dass die Republik weiter bestanden hätte[1], geht dann jedoch etwas zu weit und wurde auch zurückgewiesen.
Die Arbeit ist so gegliedert, dass zunächst dargestellt wird, wie die Situation im römischen Reich nach dem Sieg des Oktavian aussah und welche Ehrungen und Machtzuweisungen Oktavian in der Zeit von 30 bis 27 v. Chr. vom Senat erhielt. Darauf folgend wird gezeigt, welche Maßnahmen Oktavian in dieser Zeit in Angriff nahm, um den Staat nach den Wirren der Bürgerkriege wieder zu ordnen und seine Machtbasis zu sichern. Abschließend ist dann zu klären welche Stellung Oktavian nach dem Ende des Triumvirats und der Bürgerkriege überhaupt noch im Staat innehatte, die es ihm ermöglichte weiterhin den Verlauf des Geschehens so weit zu kontrollieren, wie er es tat.
2. Die Situation im römischen Reich nach dem Sieg Oktavians gegen Antonius
Mit dem Sieg in der Schlacht von Aktium am 2. September 31. v. Chr. und der endgültigen Niederlage des Antonius und der Kleopatra am 1. August 30 v. Chr. vor Alexandria endete die Zeit der Bürgerkriege und Unruhen, die spätestens mit Caesars Übertreten des Rubico begonnen hatte und somit 20 Jahre angedauert hatte. In dieser Zeit hatte das römische Volk viele schwere Lasten zu tragen, seien es durch die Kriegswirren ausgelöste Hungersnöte oder auch die Zwangsräumung ganzer Städte und Siedlungen um Platz für die Veteranenansiedlung zu schaffen. Es ist daher nicht schwer sich vorzustellen, dass das römische Volk nach den jahrelangen Unruhen, nun wo der Krieg beendet war, von Oktavian erwartete den Frieden zu bringen und diesen auch durch geeignete Maßnahmen zu sichern und sein in der Triumviratszeit gegebenes Versprechen der restitutio rei publicae zu erfüllen.
Oktavian stand somit vor der großen Aufgabe diesen Erwartungen gerecht zu werden.
2.1. Beschlossene Ehrungen und Machtzuweisungen vom Senat für Oktavian
Als der Senat vom Sieg Oktavians erfuhr, beschloss dieser, noch bevor der Sieger wieder nach Rom kam, zahlreiche Ehrungen für diesen und gestand ihm auch schon sehr weit reichende Rechte zu. Überliefert sind diese Ehrungen und Machtzuweisungen vor allem in Cassius Dios römischer Geschichte.
So wurde ihm für den Sieg bei Aktium ein Triumph und in Brundisium und auf dem römischen Forum jeweils ein Triumphbogen zugesprochen.[2] Sein Geburtstag und der Tag der Siegesverkündung in Rom wurden zu Feiertagen erklärt und bei seiner Ankunft in Italien sollte ihm die gesamte Bevölkerung entgegenziehen.[3] Der Geburtstag des Antonius hingegen wurde zum Unglückstag erklärt und Denkmäler von ihm wurden gestürzt.[4]
Nach dem endgültigen Sieg gegen Antonius und Kleopatra und der Einnahme Ägyptens wurde Oktavian hierfür ein zweiter Triumph zugesprochen und „eine Menge von Kränzen und Dankfesten“[5] zu seinen Ehren beschlossen. Zudem wurde ihm die tribunizische Gewalt auf Lebenszeit und das ius auxillium innerhalb des Pomeriums und auch noch eine Meile darüber hinaus angeboten.[6] Er erhielt das Appellationsrecht, d.h. das Recht Berufung einzulegen und Gerichtsurteile abzuändern und den calculus minervea vor Gericht, d.h. die ausschlaggebende Stimme.[7] (Dio 51.19.7) Da auf Grund der Kriegszeit und vor allem der Proskriptionen die Zahl der patrizischen Familien stark geschrumpft war[8], diese jedoch für die Besetzung vieler Priesterämter notwendig waren, erhielt Oktavian vom Senat das Recht neue Patrizier zu ernennen.[9] Dieses Recht hatte vor ihm auch schon sein Adoptivvater Caesar besessen und war ein Königsrecht. Zusätzlich erhielt Oktavian „das Recht, für die Priesterkollegien Mitglieder supra numerum zu bestellen“[10], d.h. über die gewöhnliche Zahl hinaus.[11] Den Priesterkollegien wurde zudem aufgetragen, Oktavian in ihre Gebete mit aufzunehmen und jeder römische Bürger wurde verpflichtet bei sämtlichen Gastmählern Oktavian ein Trinkopfer darzubringen.[12]
Am 1. Januar 29 v. Chr. bestätigte der Senat schließlich durch einen Eid alle Maßnahmen die Oktavian bis dahin ergriffen hatte und stellte ihn somit von allem Unrecht frei.[13] Ein Beschluss des Senates der Oktavian am meisten erfreut haben soll, war die Schließung des Janustempels am 11. Januar 29 v. Chr.[14] Dieser Tempel durfte nur geschlossen werden, wenn Frieden herrschte und durch den Beschluss des Senates wurde Oktavian damit indirekt zum Friedensbringer erklärt. Über einige kleinere kriegerische Auseinandersetzungen im Nordwesten Spaniens, am Mittelrhein und in Ägypten wurde hierbei hinweggesehen, um Oktavian als „Friedensfürsten“ feiern zu können.[15] In den Res Gestea berichtet Augustus dann auch stolz, dass der Tempel erst zum dritten Male in der Geschichte Roms geschlossen worden sei.[16] Ein weitere Beschluss des Senates der Oktavian sehr erfreute, war die Zeremonie des augurium salutis, bei der die Götter gebeten wurden, das Heil des römischen Volkes zu mehren.[17] Dieses Fest hatte in der langen Kriegszeit nicht stattfinden können und war ein weiteres deutliches Zeichen für den Beginn einer neuen Zeit des Friedens, die durch Oktavian begründet wurden war.
Eine Ehrung bis dahin unbekannten Ausmaßes war schließlich die Feier des 3-fachen Triumphes vom 13-15 August 29 v. Chr. Der Triumph am 13. August wurde für den Sieg über Dalmatier, Pannonen und einige andere Stämme gefeiert[18], der Triumph am 14. August für den Sieg bei Aktium[19] und schließlich der Triumph am 15. August für den Sieg gegen Kleopatra und für die Gewinnung der neuen Provinz Ägypten.[20]
Beim ersten Triumph konnte Oktavian Gefangene aus den zahlreichen besiegten Stämmen in seinem Triumphzug mitführen und „die Herrlichkeit seiner kriegerischen Unternehmungen vor die Augen führen.“[21] Genauere Einzelheiten sind aus den Quellen jedoch nicht zu erfahren.[22]
Der Triumph am zweiten Tag für den Sieg bei Aktium, musste im Gegensatz zum ersten und dritten Triumph, ideologisch vorbereitet werden, da allzu leicht die Vermutung hätte entstehen können, dass es kein Triumph über einen Außenfeind war, sondern der Sieg in einem Bürgerkrieg gefeiert würde. So ist auch in den beiden Senatsbeschlüssen für die Triumphe für Aktium und dem Sieg in Ägypten keine Rede von Antonius oder anderen Römern die besiegt worden, sondern nur von Kleopatra als Gegnerin.[23] Auch bei diesem Triumphzug wurden wieder zahlreiche Gefangen mitgeführt, sogar zwei Könige die nach dem Ende des Triumphzuges hingerichtet wurden, da sie beide auf Antonius Seite gestanden hatten.[24]
Der Triumphzug für den Sieg in Ägypten am dritten Tag der Festlichkeiten war schließlich der prunkvollste und am meisten beeindruckende von allen. „Glänzend erwiesen sich in der Tat schon die anderen Festzüge, dank der aus Ägypten stammenden Beute […], die Siegesfeier über Ägypten jedoch ließ an Kostbarkeit und Prunk alles sonstige hinter sich,“[25] schreibt Dio über diesen Triumphzug. Wiederum wurden zahlreiche Kriegsgefangene mitgeführt, unter ihnen ein Porträt von Kleopatra, die den Freitod gewählt hatte, und zwei ihrer Kinder.[26] Außerdem wurden zahlreiche Schätze aus der ägyptischen Schatzkammer und Bilder von Ägypten und dem Nil im Triumphzug mitgeführt.[27] Eine Abweichung von den alten Gebräuchen gab es in der Reihenfolge der Gruppen im Triumphzug, so war es üblich gewesen, dass an der Spitze des Zuges die Beamten gingen. Bei diesem Triumphzug, jedoch gingen die Beamten zusammen mit den bei den Siegen beteiligten Senatoren hinter dem Triumphwagen des Oktavian.[28] Es ist heute jedoch nicht mehr zu klären, ob dies von Oktavian beabsichtigt oder ob es nur ein Versehen gewesen war, dass man gegen die alten Regeln verstoßen hatte.[29] Am Ende des Tages gab es ein Festmahl und mehrere Gebäude wurden geweiht und zusätzlich mit ägyptischen Beutestücken geschmückt. So wurden der Tempel der Minerva und die Curia Iulia eingeweiht, letzteres Gebäude, dass zu Ehren Caesars erbaut worden war, sollte von nun an für die Senatssitzungen genutzt werden.[30]
Die Dreizahl der Triumphe des Oktavian ist in der Forschung schon mehrfach als weiterer demonstrativer Akt des Oktavian gesehen wurden, sich in die Romulustradition stellen zu wollen, der ebenfalls drei Triumphe gefeiert haben soll.[31] Hinzu kommt, dass Oktavian auf drei weitere Triumphe verzichtete die ihm der Senat zugesprochen hatte.[32] Sein Adoptivvater Caesar hatte fünf Triumphe gefeiert und auch 2 Diktatoren im 4. Jh. vor Christus hatten jeweils 4 Triumphe gefeiert, so dass sich Oktavian mit seinem Verzicht von dieser Diktatorentradition absetzte. Dieser Verzicht war zudem ein Zeichen seiner moderatio, seiner Selbstbeschränkung, die dem traditionellen Bild eines römischen Politikers entsprach und damit dem Programm des Oktavian zur Rückkehr zu den alten Sitten[33].
2.2. Gab es oppositionelle Bewegungen?
Eine Frage, die einem bei der Behandlung dieser Umbruchzeit in der römischen Geschichte, sehr schnell in den Sinn kommen kann, ist die Frage nach oppositionellen Bewegungen gegen Oktavian. Stand der Senat wirklich so geschlossen hinter Oktavian wie man anhand der zahlreichen Ehrungen und Machtzuweisungen. die dieser für Oktavian beschloss, vermuten könnte? Gab es vielleicht sogar noch starke Vertreter der Republik, wie der bei den Proskriptionen der Triumvirn ums Leben gekommene Cicero? Wie verhielten sich die ungefähr 300 Senatoren, die zu Antonius nach Ägypten gereist waren?
Ein erster Fall von Opposition gegen Oktavian wurde noch während der Kriegshandlungen in Ägypten aufgedeckt und ist bei Velleius Paterculus verzeichnet.[34] So soll der Sohn des ehemaligen Triumvirn Lepidus und amtierenden pontifex maximus, M. Aemilius Lepidus, eine Verschwörung gegen Oktavian geschmiedet haben und geplant haben, diesen nach seiner Rückkehr aus dem Osten zu töten. Aufgedeckt wurde diese Verschwörung von Maecenas, „der damals die Aufsicht über die Stadt Rom führte“[35] und ein Vertrauter Oktavians war. Der Verschwörer wurde ohne Gerichtsverfahren hingerichtet[36], seine Frau Servilia beging Selbstmord[37] und seine Mutter Junia wurde als Mitwisserin angeklagt. Nur sein Vater, der ehemalige Triumvir Lepidus, blieb verschont, da er angeblich von den Plänen seines Sohnes und seiner Frau nichts gewusst hätte.[38] Ob dies der Wahrheit entsprach, lässt sich heute aus den Quellen nicht mehr ermitteln, auch die Verschwörung selbst wurde in der Wissenschaftsgeschichte z.T. als mögliche Fingierung durch die Anhänger Oktavians angesehen.[39]
Fest steht jedoch, dass der ehemalige Triumvir verschont blieb und auch seine Frau, die als Mitwisserin galt, relativ milde bestraft wurde. Der Grund für die Verschonung des alten Lepidus ist sicherlich in seiner Rolle als ehemaliger Triumvir und als amtierender pontifex maximus zu sehen. Auch wenn Lepidus schon bei der Verlängerung des Zweiten Triumvirats keine Rolle mehr spielte und Antonius und Oktavian alleinige Machthaber wurden, muss man trotzdem annehmen, dass er noch einigen Einfluss in Rom besaß. Das Amt des pontifex maximus macht ihn zudem unantastbar, auch wenn z.B. Julius Caesar als pontifex maximus getötet wurde. Da Oktavian in den folgenden Jahren jedoch eine Politik der Wiedererstärkung der alten Sitten und Gebräuche betrieb, ist in der Verschonung des Lepidus vielleicht schon ein erster Schritt in diese Richtung zu sehen. Auch dass Oktavian/Augustus Lepidus nicht des Amtes als pontifex maximus enthob, obwohl das Volk ihm dieses Amt antrug[40], ist als weiteres Indiz für den Respekt Oktavians vor den alten Sitten und Gebräuchen zu sehen. Das Verfahren gegen Junia betrieb Maecenas nur halbherzig und über eine Verurteilung oder Strafe ist in den Quellen nichts verzeichnet, so dass „vielleicht […] aus dem Schweigen der Quellen gefolgert werden [kann], daß dieser Prozeß nicht das Ende fand, welches die Caesarianer ihm zugedacht hatten.“[41]
Diese Verschwörung machte Oktavian sicherlich deutlich, dass die Lage in Rom noch nicht endgültig stabilisiert war und dass er geeignete Maßnahmen treffen musste, um zukünftige Verschwörungen oder Umsturzversuche zu verhindern.
Als ein wesentlich gefährlicherer Gegner als der junge Lepidus, sollte sich schon bald Marcus Licinius Crassus erweisen, den Oktavian im Jahre 30 v. Chr. zum Kollegen im Konsulat wählen ließ. Crassus war ein General aus altem Adel und genoss hohes Ansehen, war aber erst in Aktium zum Lager des Oktavian gewechselt, so dass Oktavian ihn durch die Berufung zum Konsul sicherlich enger an sich binden wollte, um damit seinen Willen zur Versöhnung zu unterstreichen.[42] Die Provinz Makedonien und ca. vier bis fünf Legionen bekam Crassus zugewiesen, was eine erheblich militärische Macht darstellte. Schon Ende Juni 30 v. Chr. legte Crassus sein Konsulat nieder und ging in die ihm unterstellte Provinz, in der er dann mit Hilfe seiner Legionen bis zum Jahre 28 das Gebiet der späteren Provinzen Moesia Inferior und Superior eroberte. Er handelte in dieser Sache eigenmächtig, d.h. ohne einen Auftrag vom Senat oder Oktavian zu haben. Er hatte sich „nicht wie ein Untergebener Octavians […] aufgeführt, sondern wie ein nur sich selbst verantwortlicher Statthalter, der die Gelegenheit zur Tat mutig ergriff und dessen Tun durch Erfolg legitimiert schien.“[43]
[...]
[1] Vgl. Castritius, Helmut, Der römische Prinzipat als Republik, Husum 1982.
[2] Vgl. Dio 51.19.1.
[3] Vgl. Dio 51.19.2.
[4] Vgl. Dio 51.19.3.
[5] Dio 51.19.5.
[6] Vgl. Dio 51.19.5-6.
[7] Vgl. Dio 51.19.7.
[8] Vgl. Pistor, Hans-Henning, Prinzeps und Patriziat in der Zeit von Augustus bis Commodus, Freiburg i. B. 1965, S. 11ff, S.26ff.
[9] Vgl. Dio 52.42.5.
[10] Dettenhofer, Maria H., Herrschaft und Widerstand im augusteischen Principat. Die Konkurrenz zwischen Res publica und domus Augusta, Stuttgart 2000, S.64.
[11] Vgl. Dio 51.20.3.
[12] Vgl. Dio 51.19.7.
[13] Vgl. Dio 51.20.1.
[14] Vgl. Dio 51.20.4.
[15] Vgl. Bleicken, Jochen, Augustus. Eine Biographie, Berlin 1998, S.300.
[16] Res gestea 13.
[17] Vgl. Dio 51.20.4.
[18] Vgl. Dio 51.21.5.
[19] Vgl. Dio 51.19.1.
[20] Vgl. Dio 51.19.5.
[21] Balbuza, Katarzyna, Die Siegesideologie von Octavian Augustus, in: EOS 86(1999), S. 274.
[22] Vgl. Balbuza 1999, S. 274.
[23] Vgl. Dio 51.19.5; Sattler, Peter, Augustus und der Senat. Untersuchungen zur römischen Innenpolitik zwischen 30 und 17 vor Christus, Göttingen 1960, S. 26; Balbuza 1999, S. 277f.
[24] Vgl. Dio 51.2.2; Balbuza 1999, S.274f.
[25] Dio 51.7.
[26] Vgl. Dio 51.21.8.
[27] Vgl. Balbuza 1999, S. 276.
[28] Vgl. Dio 51.21.9.
[29] Vgl. Bleicken 1998, S. 302.
[30] Vgl. Dio 51.22.1f.
[31] Vgl. Balbuza 1999, S. 277 und Girardet, Klaus Martin, ‚Traditionalismus’ in der Politik des Oktavian/Augustus - mentalitätsgeschichtliche Aspekte, in: Klio 75 (1993), S.213 mit Anm. 57+58.
[32] Res gestea 4.
[33] Vgl. Girardet 1993, S. 213.
[34] Vgl. Vell. 2.88.1 ff.
[35] Sattler 1960, S. 29.
[36] App.b.c. 4.50.217
[37] Vell. 2.88.3.
[38] App.b.c. 4.50.218.
[39] Sattler 1960 S.29f.:„[Es] lässt sich nicht entscheiden, inwieweit die Vorwürfe gegen Lepidus stimmen, ob es sich um eine echte oder nur um eine von den Caesarianern fingierte Verschwörung handelt“; Syme, Ronald, The Augustan aristocracy, Oxford 1986, S.35.
[40] Vgl. Res gestea 10.
[41] Sattler 1960, S.31.
[42] Vgl. Bleicken 1998, S.310f.
[43] Bleicken 1998, S.312.
- Citation du texte
- Fabian Rühle (Auteur), 2007, Vom Triumvirat zum Prinzipat 30-27 v. Chr., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135929
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