Im Zuge der Globalisierung werden Offshore – Aktivitäten weiterhin ausgeweitet. Folge daraus sind zunehmend verteilte Entwicklungsarbeiten und stetig ansteigende multikulturelle Teams.
Diese Arbeit zeigt, wie agile Softwareentwicklungsmethoden, unter Berücksichtigung der kulturellen Aspekte, in einem Offshore–Projekt angewendet werden können. Dabei hat sich gezeigt, dass kulturelle Einflussfaktoren schon sehr früh in den Vordergrund treten und die Vorgehensweise des Projektmanagers stark beeinflussen, denn die kulturellen Unterschiede müssen bereits in der Phase berücksichtigt werden, in der ein Unternehmen beginnt, sich Gedanken über Offshore–Aktivitäten zu machen.
Im ersten Teil der Arbeit werden die Grundlagen zum Offshoring und zu agilen Vorgehensweisen gelegt. Es wird eine Übersicht der verschiedenen Methoden gegeben und besonderes Augenmerk auf die Probleme und die „Best Practices“ gelegt. Der zweite Teil befasst sich dann mit der Anwendung von agilen Softwareentwicklungsmethoden im Offshore-Umfeld. Ein Schwerpunkt wurde hier auf die Kultur und deren Einfluss auf den Projektmanager, sowie deren Auswirkungen auf die Projektmanagement - Prozesse und Methodik - gelegt.
Es hat sich dabei herausgestellt, dass der Projektmanager in einem agilen Softwareprojekt besonders gefordert wird, da er nicht nur die Prozesse anpassen muss, sondern auch seine Verhaltensweise. Gleichzeitig muss er bestimmte Mittel und Methoden anwenden, um mit der fremden Kultur umzugehen und ein agiles Offshore-Projekt erfolgreich leiten zu können.
Diese Arbeit gibt Handlungsempfehlungen und ist als Basis und Hilfestellung für die Arbeit in einem agilen Offshore–Projekt zu verstehen.
Inhaltsverzeichnis
1 Management Summary
2 Einleitung
2.1 Motivation und Ziele
2.2 Methode und Vorgehensweise
3 Definitionen
3.1 Agiles Offshoring
3.2 Agile Softwareenwicklung
3.3 Extreme Programming
3.4 Komplexität
3.5 Kultur
3.6 Offshore
3.7 Projektmanagement
3.8 Prozessmodell
3.9 Softwaretechnik
4 Einführung IT - Offshore
4.1 Formen des Offshorings
4.1.1 Leistungsformen
4.1.2 Gestaltungsformen
4.1.3 Organisationsformen
4.2 Unterschied zwischen Outsourcing und Offshoring
4.3 Unterschied zwischen Nearshoring und Offshoring
4.4 Offshore - Kooperationsmodelle
4.5 Entscheidungsprozesse und Strategie in einem IT – Offshore – Projekt
4.6 Projektmanagement von IT – Offshore
4.6.1 Strategische Ebene
4.6.2 Operative Ebene: Ein klassisches Phasenmodell für Offshore – Projekte
4.7 Vor- und Nachteile des IT - Offshorings
5 PM – Aspekte für die agile Softwareentwicklung
5.1 Einführung: Ein klassisches Phasenmodell
5.2 Klassische Vorgehensmodelle der Softwareentwicklung
5.2.1 Wasserfallmodell
5.2.2 RUP
5.2.3 V - Modell
5.2.4 Spiralmodell
5.3 Typische Problemfälle bei Softwareentwicklungsprojekten
5.4 Agile Vorgehensmodelle der Softwareentwicklung
5.4.1 Agiles Projektmanagement (APM)
5.4.2 Extreme Programming (XP)
5.4.3 Feature Driven Development (FDD)
5.4.4 Scrum
5.4.5 Lean Software Development (LSD)
5.5 Zusammenfassung
6 Anwendung agiler Methoden auf ein Offshore – Projekt
6.1 Prozessplanung für agiles Offshoring
6.1.1 Best Practices
6.1.2 Effektive Teamstrukturen
6.1.3 Kommunikationsstrukturen
6.1.4 Projektführung
6.1.5 Entwicklungsmethoden und Werkzeuge
6.1.6 Deployment und Support
6.1.7 Zusammenfassung
6.2 Erfolgsfaktoren Agiles Offshoring
7 Einfluss der Kultur auf Projektmanagement - Methoden
7.1 Kultur
7.1.1 Die 5 Kulturdimensionen nach Geert Hofstede
7.1.2 Die 7 Kulturdimensionen nach Fons Trompenaars
7.2 Erfolgsfaktoren Kultur
7.3 Anforderungen an den Projektmanager
7.4 Wichtige kulturelle Indikatoren
8 Schlussfolgerung
9 Literaturverzeichnis
10 Anhang
10.1 Abbildungsverzeichnis
10.2 Glossar
10.3 Abkürzungsverzeichnis
10.4 Kulturdimensionen im Überblick
10.5 e-mail Diskussion mit einer führenden Persönlichkeit aus dem Bereich der agilen Projektmethodik
10.6 Umfrage
10.7 Artikel „Insourcing: Wenn die IT wieder ins Haus geholt wird“..
1 Management Summary
Im Zuge der Globalisierung werden Offshore – Aktivitäten weiterhin ausgeweitet. Folge daraus sind zunehmend verteilte Entwicklungsarbeiten und stetig ansteigende multikulturelle Teams.
Diese Arbeit zeigt, wie agile Softwareentwicklungsmethoden, unter Berücksichtigung der kulturellen Aspekte, in einem Offshore – Projekt angewendet werden können. Dabei hat sich gezeigt, dass kulturelle Einflussfaktoren schon sehr früh in den Vordergrund treten und die Vorgehensweise des Projektmanagers stark beeinflussen, denn die kulturellen Unterschiede müssen bereits in der Phase berücksichtigt werden, in der ein Unternehmen beginnt, sich Gedanken über Offshore – Aktivitäten zu machen.
Im ersten Teil der Arbeit werden die Grundlagen zum Offshoring und zu agilen Vorgehensweisen gelegt. Es wird eine Übersicht der verschiedenen Methoden gegeben und besonderes Augenmerk auf die Probleme und die „Best Practices“ gelegt. Der zweite Teil befasst sich dann mit der Anwendung von agilen Softwareentwicklungsmethoden im Offshore - Umfeld. Ein Schwerpunkt wurde hier auf die Kultur und deren Einfluss auf den Projektmanager, sowie deren Auswirkungen auf die Projektmanagement - Prozesse und - Methodik gelegt.
Es hat sich dabei herausgestellt, dass der Projektmanager in einem agilen Softwareprojekt besonders gefordert wird, da er nicht nur die Prozesse anpassen muss, sondern auch seine Verhaltensweise. Gleichzeitig muss er bestimmte Mittel und Methoden anwenden, um mit der fremden Kultur umzugehen und ein agiles Offshore - Projekt erfolgreich leiten zu können.
Diese Arbeit gibt Handlungsempfehlungen und ist als Basis und Hilfestellung für die Arbeit in einem agilen Offshore – Projekt zu verstehen.
2 Einleitung
„Agilität heisst Beweglichkeit. Beweglichkeit setzt Freiräume und Freiheiten voraus, das heisst Abweichung von Standards oder vorgegebenen, vielleicht starren, aber möglicherweise auch bewährten Regelwerken. Wo immer Freiheit entsteht, gibt es Verantwortung als Kehrseite der Medaille. Freiheit ohne Verantwortung ist egoistisch und einseitige Interessenverfolgung. Verantwortung wiederum setzt Kompetenz voraus.“ (Zitat: Oestereich, 2008, S. 19).
Die Auslagerung von IT-Dienstleistungen wird im Zuge der Globalisierung immer bedeutender. Laut einer IT-Studie von Gartner Inc. aus dem Jahr 2005 belief sich der Wert des weltweiten Outsourcings bis zu diesem Zeitpunkt auf geschätzte 180 Milliarden US-Dollar. Gartner schätzt weiterhin, dass das Wachstum der Anteile an IT-Services, welche durch global verteilte Ressourcen erstellt werden, bis 2010 um das Vierfache grösser sein wird, als das von 2004 (vgl. Becker, S. 18). Daneben bestätigt auch das amerikanische Beratungsinstitut Mercer die Prognosen, dass Offshore - Engineering - Aktivitäten bis 2015 auf das Siebenfache ansteigen werden (vgl. Studie IT - Offshoring). Indien spielt in den Reihen der Offshore - Unternehmen mit 65% weltweiten Marktanteilen (2005) eine entscheidende Rolle (vgl. Nasscom - McKinsey Study 2005). Schon 2003 leistete Indien Offshore – Services im Wert von 12.2 Milliarden US Dollar, gefolgt von Irland mit 8.6 Milliarden US Dollar (vgl. Farell, 2005, S. 13). Bis 2008, so schätzte die Nasscom (National Association of Software and Services Companies of India), wird der Export – Anteil von indischer IT Software und – Services 60 Milliarden US Dollar erreichen (vgl. A.T. Kearney, Index, 2004, S. 4).
Die folgende Abbildung zeigt die 25 attraktivsten Offshore Destinationen 2003.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: 25 bevorzugte Offshore - Destinationen
Zahlen wie diese beeindrucken! Aber nicht nur Statistiken zum Thema Offshore, sondern besonders die eigene Erfahrung durch ein agiles Offshore - Softwareentwicklungsprojekt haben mein Interesse geweckt und mich veranlasst herauszufinden, welche Faktoren ein Projekt auf Distanz beeinflussen und welche Schwierigkeiten währenddessen auftreten können.
2.1 Motivation und Ziele
Softwareentwicklungsprojekte, so habe auch ich die Erfahrung gemacht, zeichnen sich immer wieder durch wachsende Komplexität aus. Mit steigender Komplexität steigt auch der Bedarf an Fachwissen, Kompetenzen, Ressourcen und Verantwortung.
Im Rahmen eines Offshore - Softwareentwicklungsprojektes hatte ich die Gelegenheit, die Durchführung über eine agile Methode (Extreme Programming) abzuwickeln. Im Laufe des Projektes wuchs auch der Bedarf an Ressourcen. Als kurzfristige Lösung zog man die Ressourcen eines Offshore - Partners in Indien hinzu.
Die Erfahrung mit diesem Projekt hat einerseits aufgezeigt, dass es möglich ist, Offshore - Softwareentwicklungsprojekte mit einem agilen Ansatz erfolgreich abwickeln zu können, andererseits aber, dass als Kehrseite der Faktor Agilität über Landesgrenzen hinaus nicht nur Freiheit bedeutet, sondern von jedem einzelnen Projektmitarbeiter auch ein hohes Mass an Disziplin und Eigenverantwortung abverlangen.
Ein Schlüsselerlebnis, das ich während des Offshoring – Projektes machte, war, dass der Prozess an einer Stelle sehr schleppend verlief, die Kommunikation brachte nicht den gewünschten Erfolg, obwohl man sich über die Entwicklungsmethode geeinigt hatte. Wo lag also das Problem, dass die jungen indischen Mitarbeiter nicht anfingen zu entwickeln? Der Grund war schnell gefunden: das Offshore Team war nicht in die Überlegungen zur Entwicklung einbezogen worden. Auf unserer Seite beschloss man die Rollen zu tauschen, das Offshore Team übernahm die Berater – Funktion. Es wurde konkret zu seinen Ideen befragt und bewusst gebeten, alternative Lösungsvorschläge zu unterbreiten. Die Situation änderte sich daraufhin schlagartig. Durch ihren Einbezug in die Entscheidungsfindung, fühlte sich das Offshore - Team respektiert und motiviert aktiv mitzuarbeiten. Die Entwicklungen gingen anschliessend schneller voran, als erwartet.
Diese Erfahrung hat mich motiviert, den Einfluss der Kultur auf die Projektmanagement-arbeit näher zu untersuchen.
Softwareprojekte ins Ausland auslagern ist die eine Sache, wie können diese Projekte aber erfolgreich abgewickelt werden? Welche Besonderheiten sind in Bezug auf die Kultur, die Kommunikation oder die Arbeitsweise zu beachten?
Ziel dieser Arbeit ist, herauszufinden, welche Methoden und Prozesse ein Projektmanager unter Berücksichtigung der kulturellen Einflussfaktoren anpassen muss, um ein agiles Softwareprojekt steuern und kontrollieren und erfolgreich zum Abschluss bringen zu können.
Im Laufe dieser Arbeit wird in der Hauptsache der Einfluss der kulturellen und geographischen Unterschiede auf Projektmanagement – Methoden untersucht. Dabei wird die Frage geklärt, welche kulturellen Faktoren in einem agilen Offshore – Projekt bestimmend sind und wie der Projektmanager den Einfluss dieser verschiedenen Faktoren messen kann. Ziel ist, eine methodische Vorgehensweise zu finden, die die kulturellen und geographischen Aspekte betrachtet und ein agiles Offshore - Softwareentwicklungsprojekt steuerbar macht. Andererseits soll aber auch herausgefunden werden, wie der Projektmanagement – Prozess auf diese Faktoren angepasst werden muss.
2.2 Methode und Vorgehensweise
Der Schwerpunkt wird auf drei Teilgebiete gelegt. Zum einen wird der Einfluss der Kultur bei einem Offshore - Vorhaben herausgestellt, d.h. es wird aufgezeigt, welche identifizierbaren kulturellen Unterschiede es gibt, die einen direkten Einfluss auf das Gelingen von Softwareprojekten haben. Das zweite Ziel soll sein, eine Messgrösse zu finden, um die identifizierten kulturellen und geographischen Unterschiede bewertbar machen zu können. Zum Schluss wird der Einfluss der ermittelten Faktoren auf den Projektmanagement - Prozess untersucht.
Im ersten Teil der Arbeit wurden zunächst die theoretischen Grundlagen erörtert, die für die spätere Analyse benötigt wurden. Dieser Teil erfolgte im wesentlichen durch das Studium der entsprechenden Literatur zu den Themen des Offshoring, der agilen Methodik und der Kultur.
Im zweiten Teil wurde zunächst der Einfluss der agilen Methodik auf Offshore – Projekte untersucht, um die Probleme und die Herausforderungen für das Projektmanagement zu erarbeiten. Zum Schluss wurde der Einfluss der Kultur auf agile Offshore - Projekte untersucht, mit dem Ziel, die entsprechenden Einflussfaktoren zu identifizieren, und die entsprechenden Einflüsse auf das Projektmanagement zu diskutieren.
Um die in dieser Arbeit aufgestellten Behauptungen untermauern zu können, wurde eine Umfrage erstellt und bewertet. Die Umfrage ist als Anhang hinzugefügt worden. Zusätzlich zu der Umfrage wurde noch eine E-mail Diskussion mit Greg Larmann geführt, die auch als Anhang zu dieser Arbeit verfügbar ist.
3 Definitionen
Zunächst werden an dieser Stelle wichtige Definitionen erläutert, die für das Verständnis dieser Arbeit grundlegend sind.
3.1 Agiles Offshoring
Die Anwendung agiler Methoden auf ein Offshore – Softwareentwicklungsprojekt.
(vgl. Definition Offshore).
3.2 Agile Softwareenwicklung
„Agile Softwareentwicklung ist der Oberbegriff für den Einsatz von Agilität (lat. agilis 'flink, beweglich') in der Softwareentwicklung. Je nach Kontext bezieht sich der Begriff auf Teilbereiche der Softwareentwicklung – wie im Fall von Agile Modeling – oder auf den gesamten Softwareentwicklungsprozess – exemplarisch sei Extreme Programming angeführt. Agile Softwareentwicklung zeichnet sich durch geringen bürokratischen Aufwand und wenige, flexible Regeln aus“ (Zitat: Wikipedia, Softwareentwicklung).
Das Thema „Agile Softwareentwicklung“ wird in Kapitel 5.4 ausführlicher behandelt.
3.3 Extreme Programming
„Extreme Programming (XP) ist eine leichte, effiziente, risikoarme, flexible, kalkulierbare, exakte und vergnügliche (...) Disziplin der Softwareentwicklung. Es ist eine Disziplin, weil es bestimmte Dinge gibt, die man tun muss, wenn man XP einsetzen will. (...) XP ist für Projekte konzipiert, die sich mit Teams von zwei bis zehn Programmierern umsetzen lassen, die durch die vorhandene EDV – Umgebung in keinem besonders hohen Masse eingeschränkt sind und bei denen vernünftige Tests innerhalb weniger Stunden ausgeführt werden können“. (Zitat: Beck, 2001, Einleitung).
Das Thema „Extreme Programming“ wird in Kapitel 5.4.2 ausführlicher erläutert.
3.4 Komplexität
„Die Komplexität bezeichnet allgemein die Eigenschaft eines Systems oder Modells, dass in seinem Gesamtverhalten nicht beschrieben werden kann, selbst wenn man vollständige Informationen über seine Einzelkomponenten und ihre Wechselwirkungen besitzt“ (Zitat: Härtl, 2008, S. 23).
3.5 Kultur
Für den Begriff „Kultur“ gibt es zahlreiche Erklärungen und Beschreibungen, jedoch keine allgemeingültige Definition. Fakt ist jedoch, dass der Begriff Kultur von dem Lateinischen Wort „cultura“ abgeleitet ist. Kultur, so besagt eine Erklärung, „ist im weitesten Sinne alles, was der Mensch selbst gestaltend hervorbringt, im Unterschied zu der von ihm nicht geschaffenen und nicht veränderten Natur“ (Zitat: Wikipedia, Kultur).
Die UNESCO definiert die Bezeichnung Kultur folgendermassen:
„Kultur ist die Gesamtheit der unverwechselbaren geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Eigenschaften, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnet, und umfasst über Kunst und Literatur hinaus auch Lebensformen, Formen des Zusammenlebens, Wertesysteme, Traditionen und Überzeugungen“ (Zitat: www.kulturdock.ch, Definition Kultur).
Eine moderne Abhandlung des Begriffes Kultur hat Geert Hofstede geprägt, er spricht in seiner Literatur von „mentaler Programmierung“. Jede Person in einer Gemeinschaft lebend, trägt bestimmte Strukturen des Denkens, Fühlens und Erlebens in sich, welche im Leben erlernt und nicht vererbt werden (vgl. Hofstede, Cultures and Organization, S. 4 – 5).
Das Thema „Kultur“ wird in Kapitel 7.1 ausführlicher behandelt.
3.6 Offshore
„Die Verlagerung von Outsourcing – Dienstleistungen hin zu Billiglohnländern, häufig zur Softwareentwicklung. Im Gegensatz zu anderen Varianten des Outsourcing steht hier der geographische Aspekt im Mittelpunkt und nicht die vertragliche Gestaltung“ (Zitat: Sauer, 2005, S. 6)
3.7 Projektmanagement
„Projektmanagement ist die Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und –mitteln für die Abwicklung eines Projekts“ (Zitat: Projektmagazin.de, DIN-Norm 69901, 1987)
„Projekte sind in sich abgegrenzte, komplexe und/oder komplizierte Aufträge, deren Erfüllung eine Organisation bedingt, die für die Umsetzung der Tätigkeiten eine Projektmethode anwendet, mit der alle anfallenden Arbeiten geplant, gesteuert, durchgeführt und kontrolliert werden können“ (Zitat: Jenny, 2005, S. 36).
3.8 Prozessmodell
Ein Prozessmodell ist ein für die Softwareentwicklung angepasstes Vorgehensmodell. Es dient dazu, die Softwareentwicklung übersichtlicher zu gestalten und in der Komplexität beherrschbar zu machen (vgl. Wikipedia – Vorgehensmodell).
3.9 Softwaretechnik
Die Softwaretechnik (engl. software engineering) beschäftigt sich mit der Entwicklung von Software. Sie ist eine „zielorientierte Bereitstellung und systematische Verwendung von Prinzipien, Methoden und Werkzeugen für die arbeitsteilige, ingenieurmässige Entwicklung und Anwendung von umfangreichen Softwaresystemen“ (Zitat: Waldmann, 2004).
4 Einführung IT - Offshore
Offshore in generellem Sinne ist eine Form der Verlagerung unternehmerischer Aktivitäten (Funktionen und Prozesse) ins nähere oder entfernte Ausland. Spricht man von IT - Offshore meint man die „Auslagerung von Teilen oder der gesamten IT-Organisation und Dienstleistung an eine Drittfirma“ ins geographisch entfernte Ausland. (Zitat Becker, 2006, S.15).
Die folgende Abbildung zeigt einen Überblick über mögliche Offshore - Fachgebiete (Quelle: Becker, 2006, S.40):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Mögliche Gebiete des IT - Offshorings
Als Gründe für die Auslagerung, auch im IT-Bereich werden hauptsächlich folgende Motive angeführt (vgl. Becker, 2006, S. 19):
- Reduktion von Kosten in Bezug auf geringere Personal- und Standortkosten
- Verbesserung der Dienstleistungen
- Steigerung der Konkurrenzfähigkeit
- Aufbau von Allianzen und neuen Partnerschaften
- Zugang von/zu neuen Absatzmärkten
- Aufbau und Zugang zu neuen Fähigkeiten, Produkten und Dienstleistungen
- Verteilung und Reduktion geopolitischer Risiken
Damit oben genannte Gründe für eine Auslagerung auch wirklich Erfolg versprechen, werden heute meist arbeitsintensive Leistungen mit niedriger Komplexität an Offshore – Anbieter ausgelagert. Die Erfahrung der letzten Jahre hat nämlich gezeigt, dass die wirtschaftlichen Vorteile einer Offshore – Aktivität in den seltensten Fällen im ersten Projekt realisiert werden können. Der benötigte Aufwand, bis alle involvierten Parteien das Offshoring eingeleitet haben und die gesamten Prozesse ohne Probleme laufen, ist am Anfang als relativ hoch einzuschätzen (vgl. Becker, 2006, S. 39).
4.1 Formen des Offshorings
Im Laufe der letzten Jahre hat sich eine Vielzahl von Offshore - Formen entwickelt, die aus den verschiedenen Anforderungen der Unternehmen erwachsen sind. Festzuhalten bleibt auch, dass es häufig für denselben Begriff unterschiedliche Bedeutungen entstanden sind. So ist z.B. die Auslagerung einer Backoffice - Tätigkeit (Programmierung einer Software durch einen ausländischen IT - Dienstleister nicht einfach mehr mit Offshore - Outsourcing[1] zu bezeichnen. Vielmehr versucht man heutzutage die Komplexität der IT - Offshore - Aktivitäten genau zu definieren.
In der Literatur von Amberg wird nach drei Offshoring - Formen unterschieden.
- Leistungsformen
- Gestaltungsformen
- Organisationsformen
Bei der Leistungsform geht es darum, dass das Unternehmen, das seine IT-Dienstleistungen auslagern möchte, sich die Frage stellt, welche Leistungen genau ausgelagert werden sollen, wobei die Gestaltungsform dabei hilft, die Frage zu klären, in welchem Umfang die identifizierten Leistungen ausgelagert werden sollen. Die Organisationsform zeigt alternative Strukturen auf, die bei der Abwicklung eines Offshore – Projektes vorhanden sind, d.h. es muss überlegt werden, wie die identifizierten IT-Dienstleistungen auszulagern sind (vgl. Amberg/Wiener, 2006, S. 7 – 9).
Abbildung 3 zeigt die verschiedenen Formen des IT – Offshoring (Quelle: Amberg/Wiener, 2006, S.7).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Formen des IT - Offshorings
4.1.1 Leistungsformen
Aus der Definition der Leistungsformen heraus haben sich drei entscheidende Formen ergeben:
- Infrastructure Service Offshoring
- Software Development Offshoring (Offshore - Softwareentwicklung)
- Business Process Offshoring (BPO)
Infrastructure Service Offshoring
Zur wohl bekanntesten und am ehesten in Anspruch genommenen IT – Outsourcing - Dienstleistung gehört das Infrastructure Service Offshoring. Diese Leistung beinhaltet die Auslagerung der IT - Infrastruktur mit sämtlichen Hardware- und Software - Komponenten an einen externen Service - Provider (Service - Anbieter). Der Service-Provider muss in diesem Falle nicht nur den Platz für die Infrastruktur bereitstellen, sondern deren Pflege und Wartung übernehmen.
In die Leistungskategorie des Infrastructure Service Offshoring gehört das Netzwerkmanagement (Management des Netzwerks durch externen Offshore - Anbieter, meist inklusive der Einrichtung und Betreuung des Wide Area Networks, WAN), das Hosting (Bereitstellung einzelner Server über die Systemadministration bis hin zur Übernahme der Gesamtverantwortung Aufgrund der Entfernung stellt der Offshore - Anbieter dem Kunden auch Speicher- und Rechnerkapazität auf den Servern seines Rechenzentrums zur Verfügung) und das Applikationsmanagement (Bereitstellung der Standardsoftware, inklusive deren Wartung und Pflege durch den Offshore - Anbieter).
Zum Infrastructure Service Offshoring gehört ausserdem das sog. ‚Application Service Providing’ (ASP) als Sonderform. Der ASP, zu Deutsch Anwendungsdienstleister, „ist ein Dienstleister, der eine Anwendung (z.B. ein ERP - System) zum Informationsaustausch über ein öffentliches Netz (z.B. Internet) oder ein privates Datennetz anbietet. Der ASP kümmert sich um die gesamte Administration, wie z.B. die Datensicherung“ (Zitat: Wikipedia, ASP) (vgl. Amberg/Wiener, 2006, S.8 – 16).
Software Development Offshoring
Eine weitere häufig in Anspruch genommene IT – Outsourcing - Dienstleistung ist das Software Development Offshoring bzw. die Offshore – Softwareentwicklung. Bei dieser Offshore – Variante wird Individualsoftware durch einen externen Provider entwickelt. Dabei ist in den letzten Jahren das sog. Re - Engineering immer wichtiger geworden. Hierbei geht es nicht nur um blosse Softwareentwicklung, sondern auch um die Mehrwertgewinnung für den Offshore – Kunden. Beim Re - Engineering soll das Ergebnis „Verbesserungen in entscheidenden messbaren Leistungsgrössen“ wie „Kosten, Qualität, Service und Zeit“ bringen. Dies hat folglich durchgreifende Änderungen von Produktions- und/oder Geschäftsprozessen beim Offshore – Kunden zur Folge. (vgl. Wikipedia, Re - Engineering). Ein entscheidender Vorteil beim Software Development Offshoring ist aber auch, dass der Offshore - Anbieter nicht zwingend in alle Softwareentwicklungsphasen eingebunden werden muss. Der Offshore – Kunde kann somit entscheiden welche Teile der Software er selber und welche er vom Anbieter entwickeln lässt. Daraus resultiert eine höhere Flexibilität in Bezug auf die Ressourcenplanung und deren Einsatz, sowie die in Anspruchnahme des technischen Know-hows des Providers.
Zur Leistungskategorie des Software Development Offshoring gehören:
- Softwareentwicklung: der ausländische Anbieter unterstützt die Entwicklung einer oder mehrer Softwarekomponenten
- Softwaremigration: bis es zum Einsatz eines neuen Softwaresystems beim Offshore – Kunden kommt, übernimmt der Offshore – Anbieter das alte Softwaresystem und betreibt es
- Softwarewartung und –pflege: der externe Provider übernimmt beispielsweise regelmässige Softwareanpassungen, Quellcode - Änderungen usw.
(vgl. Amberg/Wiener, 2006, S.12 – 14).
In Kapitel 5 wird der Einfluss der Agilität auf diese Leistungsform näher betrachtet. Der Einfluss der Kultur auf die agile Softwareentwicklung wird in Kapitel 6 und 7 behandelt, denn der Schwerpunkt dieser Arbeit setzt sich mit dieser Leistungsform auseinander.
Business Process Offshoring
Beim Business Process Offshoring (BPO) geht es um die Auslagerung von Geschäftsprozessen an einen Offshore – Anbieter. Hierbei geht es meist darum, Teilprozesse auszulagern, damit der Offshore – Kunde sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren kann. Am besten eigenen sich dazu Prozesse, die standardisiert sind, d.h. sich in ihren Abläufen grösstenteils immer wiederholen und zudem grosse Volumen aufweisen. Zu diesen regelmässigen Tätigkeitsabläufen zählen z.B. vorzugsweise Prozesse aus dem Finanz- und Rechnungswesen (Buchhaltung), dem Personalwesen (Lohnbuchhaltung) oder dem Kunden - Support (Call Center). Solche Art Unternehmensprozesse eigenen sich daher bestens für die Auslagerung ins Ausland. Damit das Business Process Offshoring zum Erfolg führen kann, ist es unabdinglich die Prozessabläufe des Kunden genau zu kennen. In der Regel gehen mit solchen Auslagerungen auch Re - Engeenering – Prozesse einher, d.h. Geschäftsprozesse werden dann meist optimiert. Das Business Process Offshoring war in den 80er Jahren übrigens Anlass für die Schaffung von ITIL[2]. Sofern der Kunde es wünscht, wird ITIL häufig als internationaler Standard-Prozess von Offshore – Anbietern mitgeliefert.
Das Business Process Offshoring ist eine der anspruchsvollsten Leistungen im Vergleich zu den anderen Formen, da die Auslagerung von Prozessen einer erheblichen Intensität auf beiden Seiten der Vertragspartner bedarf. Beide Parteien müssen im Zuge der Auslagerung alle IT - Phasen gemeinsam durchlaufen und ggf. anpassen. Nicht zu unterschätzen ist dabei das Risiko, das durch den Offshore – Kunden getragen wird, sowie die grosse Abhängigkeit vom Offshore – Anbieter (vgl. Amberg/Wiener, 2006, S.14 – 15).
4.1.2 Gestaltungsformen
Hat sich eine Unternehmung für Offshore entschieden, so muss sie sich auch überlegen welche Teile genau sie ins Ausland verlegen möchte. Unterschieden wird hierbei in das partielle Offshore und das totale Offshore.
Beim partiellen Offshore, auch selektives Offshore genannt, werden nur bestimmte Teile oder Prozesse an einen externen Provider übertragen. Hingegen beim totalen Offshore der grösste Teil der IT – Aktivitäten an den externen Provider ausgelagert und durch ihn erbracht wird. Damit von totalem Offshore gesprochen werden kann, müssen mindestens 80% der IT - Funktionen ausgelagert worden sein (vgl. Amberg/Wiener, 2006, S. 18).
4.1.3 Organisationsformen
Bei den Organisationsformen des Offshorings wird nach Amberg und Wiener in drei wesentliche Formen unterschieden:
- Tochterunternehmen
- Fremdunternehmen
- Joint Venture
Eine Tochterunternehmung kann am Zielort gegründet oder akquiriert werden. Das neu gegründete Unternehmen bezeichnet man als Spin-Off, es fällt aber, da die Offshore - Aktivitäten sozusagen im eigenen Unternehmen bleiben, in die Kategorie internes Offshore. Handelt es sich um eine Akquisition, kann ein am Zielort ansässiger Service – Provider auch aufgekauft und ins eigene Unternehmen, die Tochterunternehmung, integriert werden. Auch diese Variante gehört zum internen Offshore. Das neu gegründete Tochterunternehmen, also das Spin-Off, kann auch anderen Unternehmen mit seiner Dienstleistung zur Verfügung stehen. So kann der Profit des Unternehmens gesteigert werden und der neue Konkurrenzdruck kann sich positiv auf die Leistungserbringung auswirken.
Bei einem Fremdunternehmen handelt es sich um eine kooperative Zusammenarbeit zwischen den beiden Offshore – Partnern. Bei dieser Organisationsform handelt es ich um eine reine Zusammenarbeit, beide Unternehmen, Offshore – Kunde und – Anbieter, sind zwei voneinander unabhängig und selbständig tätig. Hierbei handelt es sich um das sog. externe Offshore, da Mitarbeiter, Anlagen und weitere Sachmittel jeweils an den Offshore – Anbieter übertragen werden. Der Vorteil solch einer Zusammenarbeit liegt darin, dass Risiken gänzlich an den Offshore - Anbieter weitergegeben werden können.
Bei einem Joint Venture, zu Deutsch Gemeinschaftsunternehmen, vereinbaren die Offshore – Partner eine strategische Zusammenarbeit. Dabei ist wichtig zu wissen, dass eine komplett neue Unternehmung entsteht, die rechtlich selbständig ist und an der alle Gesellschafter mit ihrem Kapital beteiligt sind (vgl. Wikipedia, Joint Venture). Bei dieser Organisationsform werden Ressourcenanteile an Personal, Technologie und Know-how aus beiden Unternehmen, d.h. vom Offshore – Kunden und vom – Anbieter, zusammengeführt. Beim Joint Venture handelt es sich daher um einen Mix aus internem und externem Offshore. Diese Form wird hauptsächlich zur besseren Steuerung und Kontrolle des Offshore - Anbieters gewählt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Einsatzhäufigkeit der Organisationsformen
Abbildung 4 zeigt, welche Organisationsform am häufigsten gewählt wird (Quelle: Amberg/Wiener, 2006, S. 22). Eine Erklärung für die mehrheitliche Gründung von Tochterunternehmen kann sein, dass Offshore – Kunden einerseits meist unsicher in Bezug darauf sind, was sie im Ausland erwartet, andererseits wollen sie aber nicht auf Offshore und die mit den damit verbundenen Vorteilen verzichten. Die zweite Erklärung wäre in diesem Falle, dass Offshore - Kunden die Unsicherheiten durch eine stärke Bindung zum – Anbieter ausmerzen wollen (Abbildung 5, Quelle: Amberg/Wiener, 2006, S. 20). Um also eine stärkere Steuerung und Kontrolle herbeizuführen, werden meist Organisationsformen wie Joint Ventures oder Tochterunternehmen gewählt (vgl. Amberg/Wiener, 2006, S. 21 – 22).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Bindungsintensität der Organisationsformen
4.2 Unterschied zwischen Outsourcing und Offshoring
Was ist nun aber genau der Unterschied zwischen Outsourcing und Offshoring?
Und wie definieren sich die beiden Begriffe?
Offshoring ist zwar nicht als wissenschaftlicher Begriff definiert und in seiner Begrifflichkeit häufig mehrdeutig anzutreffen. Es bezeichnet unterschiedliche Sachverhalte, die dann in den jeweiligen Kontext einzufügen sind. Offshoring kann aber generell als „Verlagerung von Outsourcing - Dienstleistungen in Niedriglohnländer (meistens Softwareentwicklung)“ definiert werden. Bei Offshoring steht der geographische Aspekt und nicht die vertragliche Gestaltung im Mittelpunkt (vgl. Sauer, 2006,S.2). In der Zwischenzeit existieren aufgrund wachsender unternehmerischer Bedürfnisse und Komplexitäten verschiedene Formen des Offshorings (vgl. Kapitel 4.4).
Ohne Zweifel ist die Herkunft des Ausdrucks „Offshoring“ festzulegen. „Offshore“ ist die englische Bezeichnung für „ablandig“, „vor der Küste“, sowie „Auslands-...“. Offshore bezeichnete ursprünglich die Karibischen Inseln, denn die ersten Gehversuche auf dem Gebiet des Verlagerns von Dienstleistungen machten Amerikanische Unternehmen, indem sie Datenerfassungsdienste in den 70ern und 80ern dorthin auslagerten. Grund für die Auslagerungen waren die niedrigen Lohnkosten in diesem Gebiet (vgl. Boes/Schwemmle, 2005, S. 9).
Outsourcing bedeutet zu Deutsch „die Auslagerung“ (einer Tätigkeit). In der Übersetzung heisst es aber auch „die Ausgliederung von Produktions- oder Dienstleistungen an Dritte“ (vgl. LEO, Deutsch-Englisches Wörterbuch). Outsourcing und Offshoring meinen beide eine Verlagerung der Aktivitäten, der Unterschied liegt aber darin, dass Outsourcing einfach die organisatorische Auslagerung von Aktivitäten an Dritte bedeutet. (vgl. Wikipedia, Offshoring).
Vielfach spricht man im Deutschen bei Offshoring auch von ‚ Offshore - Outsourcing ’. Damit meint man dann die Gesamtheit der Auslagerungsaktivitäten in das kostengünstigere Ausland (vgl. Wikipedia, Offshoring). Boes und Schwemmle definieren das Offshore - Outsourcing noch eine Stufe genauer: „Im Kern geht es bei dieser Form des Offshorings um die Internationalisierung der Produktionskapazitäten und um die Nutzung der Ressourcen des Weltarbeitsmarktes zur Verfolgung einer multiplen Zielsetzung innerhalb einer Internationalisierungsstrategie eines Unternehmens“ (Zitat: Boes/Schwemmle, 2005, S. 10).
4.3 Unterschied zwischen Nearshoring und Offshoring
Im Rahmen von Auslagerungsaktivitäten wird neben dem Offshore vielfach auch von dem sog. „Nearshoring“ gesprochen.
Während Offshoring die Verlegung unternehmerischer Tätigkeiten ins geographisch entfernte Niedriglohnland bedeutet, meint das Nearshoring geographisch nahe gelegene Niedriglohnländer (vgl. Boes/Schwemmle, 2005, S. 9). Mit Nearshoring meint man aber vor allen Dingen Niedriglohnländer, die vom gleichen Kulturkreis und weitestgehend der gleichen Zeitregion geprägt sind, meistens sind dies die unmittelbaren Nachbarländer eines Offshore - Kunden (vgl. Gadatsch, 2006, S. 31).
Beispiele typischer Nearshore – Länder aus Schweizer Perspektive:
- Irland
- Bulgarien
- Rumänien
- Polen
- Slowakei
Beispiele typischer Offshore – Länder aus Schweizer Perspektive:
- Indien
- China
- Malaysia
- Philippinen
- Vietnam
Zusammenfassend bleibt für beide Offshore – Varianten festzuhalten, dass sie im Wesentlichen die gleichen Merkmale aufweisen:
- Tiefe bis sehr tiefe Lohnkosten
- Geographisch entfernt oder sehr weit entfernt
- Kulturell (sehr) unterschiedlich
- Fremdsprachig
- Grosse Anzahl von gut ausgebildeten Informatikern
(vgl. Badertscher, 2006, Nr.18)
4.4 Offshore - Kooperationsmodelle
An dieser Stelle sollen kurz die in der Praxis gängigen Kooperationsmodelle des Offshore erwähnt werden.
Reines Offshore
Offshore – Anbieter und - Kunde sind klar geographisch getrennt. Die Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten erfolgt über elektronische Medien.
Onshore
Der Offshore – Anbieter arbeitet am Ort des Kunden, d.h. das die Leistungserbringung durch einen ausländischen Anbieter im Heimatland des Offshore – Kunden erbracht wird.
Noshore
IT – Dienstleistungen werden im eigenen Unternehmen durch eigene Mitarbeiter im Heimatland erbracht. Dies ist erwähnenswert, da diese Form des „(Nicht –) Auslagerns“ nach einem langen und gründlich geprüften Entscheidungsprozess gefällt wurde.
Onsite – Offshore
Hauptsächlich in der Softwareentwicklung bedient man sich dieser Offshore – Variante. Der Offshore – Anbieter stellt einen Mitarbeiter, der dann vor Ort mit dem Kunden eine Softwareanalyse und anschliessend das Entwicklungskonzept erstellt. Die reine Softwareentwicklung geschieht dann im Land des Offshore – Anbieters.
Onsite – Onshore – Offshore
Das Onsite – Onshore – Offshoring ist dem Onsite – Offshore – Modell ähnlich. Allerdings wird der letzte Teil der Entwicklung im Auftraggeber – Land durchgeführt. D.h. der vor Ort beim Kunden abgestellte Offshore – Mitarbeiter testet „in gemeinsamen Dialog mit dem Kunden“ die Software und nimmt sie ab.
Captive Center
Am Offshore – Standort errichtet der Kunde ein Offshore – Entwicklungszentrum. Dabei geht es darum, die Vorteile der Niedriglöhne im Offshore – Land zu nutzen, ohne die Nachteile hinnehmen zu müssen, so z.B. den Wegfall von Know-how.
(vgl. Gadatsch, 2006, 47 – 49)
4.5 Entscheidungsprozesse und Strategie in einem IT – Offshore – Projekt
Zur ersten Überlegung in einem Offshore - Entscheidungsprozess gehört, ob Offshore überhaupt in Betracht gezogen wird, oder ob IT – Leistungen vom Unternehmen selber erbracht werden können. In einem zweiten Schritt ist abzuwägen, ob auf externe Anbieter (externes Offshoring) zurückgegriffen wird oder ob eine interne Lösung (internes Offshoring) gewählt wird (siehe Kapitel 4.1.3). Die dritte in Betracht zu ziehende Entscheidung ist die des Nearshore - oder Offshore - Modells. Diesen gesamten Prozess nennt man in der Literatur allgemein Make – or – Buy - Entscheidung.
Die folgende Abbildung zeigt die drei Stufen des Offshore – Entscheidungsprozesses
(Quelle: Gadatsch, 2006, S. 82).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: IT - Offshore - Entscheidungsprozess
Ist eine Entscheidung für eine Auslagerung der IT oder deren Teile und/oder Prozesse gefallen, muss weiter überlegt werden, was zu tun ist, damit das Offshore – Projekt eine wirksame Investition ergibt. Diese strategischen Überlegungen betreffen:
- die Form des Offshore (welche Leistungs-, Gestaltungs- und Organisationsform)
- das Land (gibt es Erfahrungen mit bestimmten Ländern)
- den Anbieter (welche Provider stehen zur Verfügung)
- die rechtlichen Aspekte (rechtliche, steuerliche und politische Aspekte)
- die Unternehmensspezifischen Vorgaben (Prozesse und Strukturen)
- sowie den Zeitplan (kurzfristige oder langfristige Ausrichtung).
(vgl. Amberg/Wiener 2006, S. 95).
Die folgende Abbildung zeigt die verschiedenen Bausteine einer IT – Offshoring – Strategie (Quelle: Amberg/Wiener, 2006, S.95)
.Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Aspekte einer IT - Offshoring - Strategie
4.6 Projektmanagement von IT – Offshore
4.6.1 Strategische Ebene
Jedes Unternehmen, das eine Offshore – Entscheidung getroffen hat, muss nun die sog. „Umsetzungszyklen“ des Projekts durchlaufen (vgl. Becker, 2006, S. 43). Hierfür gibt es verschiedene Phasenmodelle, die abhängig von Umfang und Komplexität des Projekts variieren. Über das klassische Projektmanagement können die Phasen jedoch grob in folgende vier eingeteilt werden:
- Planung und Analyse
- Entscheidung
- Verhandlung
- Durchführung
Abbildung 8 zeigt die Einteilung dieser vier verschiedenen Aktivitäten, die in einem Offshore – Entscheidungsprozess getroffen werden müssen (Quelle: Amberg/Wiener, 2006, S. 89).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Entscheidungsprozess für IT - Offshore – Projekte (Phasenmodell)
In der Planungs- und Analyse – Phase legt ein Unternehmen erst einmal die sog. „Sourcing – Strategie“ (Beschaffungsstrategie) fest. In dieser Phase sollen die Grundsteine für die weitere Vorgehensweise des Projekts gelegt werden, dies betrifft insbesondere Auswahl und Analyse möglicher Offshore – Partner.
In der Entscheidungsphase wird über die Wahl des IT - Offshore - Projektes, des – Standortes und des – Partners befunden.
In der Verhandlungsphase wird der Inhalt des Vertragswerks festgelegt und zu einem Schriftstück zusammengefasst.
Die Durchführungsphase befasst sich mit dem Hauptteil des IT - Offshore – Projekts, nämlich dessen Umsetzung. In dieser Phase müssen unter Anderem folgende Aufgaben gemanaged werden:
- SLA - /Vertragsverwaltung
- Bildung des Offshore – Teams
- Knowledge – Transfer
- Kommunikationsplanung
- Schulungsplanung
- Infrastruktur
- Kulturelle Unterschiede
- Probleme
- Änderungen
- Störfälle
- etc.
(vgl. Amberg/Wiener, 2006, S. 89/90 und Gadatsch, 2006, S. 100)
Eine wichtige Erkenntnis für die Analysephase ist, dass ein Unternehmen auf strategischer Ebene unbedingt eine Analyse seiner Fähigkeiten für Offshore durchführen muss. Es muss analysieren, inwieweit es für Offshore – Aktivitäten geeignet ist, besonders in Bezug auf die Kultur. Dazu gehören folgende Fragen:
- Existiert eine Unternehmenskultur, die Offshore – Aktivitäten erlaubt?
- Muss zuerst ein Change Management Prozess durchgeführt werden, um das Unternehmen Offshore – fähig zu machen?
- Hat das Unternehmen die notwendigen Kompetenzen für Offshore?
- Muss eine Gap – Analyse durchgeführt werden?
- Gibt es bereits Erfahrungen mit fremden Kulturkreisen und welche Besonderheiten müssen beachtet werden?
Für die Entscheidungsphase gilt es, über einen möglichen Standort und Partner zu entscheiden, dies idealerweise, wenn Erkenntnisse über einen Kulturkreis vorliegen (in Form von Berichten oder Expertenwissen etc.). Danach können Überlegungen zur Massnahmenergreifung im Umgang mit der gewählten Kultur stattfinden, denn schon für die Verhandlungsphase ist es von entscheidendem Vorteil zu wissen, wie in anderen Kulturkreisen verhandelt wird (vgl. Kapitel 7.2). In der Durchführungsphase können dann die Massnahmen eingeleitet werden, die es erlauben mit einer fremden Kultur richtig umzugehen, d.h. ihre Unterschiede und Besonderheiten zu erkennen und zu steuern, sowie Probleme bereits im Vorfeld zu erkennen und sie zu eliminieren.
4.6.2 Operative Ebene: Ein klassisches Phasenmodell für Offshore – Projekte
Für internationale Projekte kann man sagen, gelten als Basis dieselben Phasen, wie bei nationalen Vorhaben. Die Erfahrung hat allerdings gezeigt, dass Anpassungen in Bezug auf die Phasen selber, die Kultur und die Unternehmenskultur stattfinden müssen.
Im Folgenden sollen die Besonderheiten eines internationalen Projekts anhand eines angepassten PM – Phasenmodells erläutert werden. An dieser Stelle ist es wichtig zu wissen, dass das dargestellte Lebenswegmodell ebenso für Offshore – Projekte gilt, mit dem Unterschied, dass ein Offshore - Projekt nicht ein einmaliges Vorhaben bedeutet. Ein Offshore – Vorhaben ist ein strategischer Entscheid, deshalb ist es sehr wichtig, dass ein Offshore – Anbieter sorgsam ausgewählt wird, da der Kunde in der Regel eine längerfristige Bindung eingeht (Folgeprojekte). Die Follow-up – Phase erhält deshalb eine besondere Gewichtung in Offshore – Projekten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Lebenszyklus für internationale Projekte
Dem Phasenmodell aus Abbildung 9 (Quelle: Hoffmann, 2004, S. 40) wurden zwei weitere Stufen hinzugefügt, die Anbahnung und das Follow – up. Gemäss Hoffmann hat die Erfahrung gezeigt, dass gerade die erste und letzte Phase in einem interkulturellen Projekt sehr wichtig sind. Das Modell zeigt auch, dass hier mit anderen Phasen gearbeitet werden kann. Die Durchführungsphase schliesst in diesem Typ die Überwachungs- und Steuerungsphase ein. Hierbei ist enorm wichtig, Meilensteine nach jeder Etappe zu setzen, um den Fortschritt kontrollieren zu können (M1 – M5). Dies bedeutet, dass gleich am Anfang des Projektes sicherzustellen ist, welche Resultate in einem Projekt erzielt werden sollen, denn der Erfolg kann je nach Kulturkreis anders bewertet werden. Während in europäischen Ländern, wie im Modell veranschaulicht, phasenbezogen gearbeitet wird, und das Erreichen von Meilensteinen erste Erfolge bedeuten, ist in anderen Ländern der erfolgreiche Beziehungsnetzaufbau bereits ein Teilerfolg an einem Projekt.
Die Projektphase Anbahnung ist in einem Offshore – Projekt besonders wichtig, da in diesem zeitlichen Abschnitt erste Überlegungen stattfinden, ob überhaupt ein Projekt notwendig ist. In dieser Zeit soll eine Problemanalyse darüber Aufschluss geben, ob Veränderungen oder neue Anforderungen bestehen. Hierzu gehören eine Machbarkeitsanalyse, erste Überlegungen zu Kosten – und Zeitrahmen, sowie ein erster Ergebnisentwurf. Das Resultat zum Abschluss der ersten Phase ist der Meilenstein 1, er beschliesst die Projektgründung. In einem Offshore - Projekt ist es daher von zentraler Bedeutung, dass in dieser Phase früh Kontakte geknüpft werden und ein Beziehungsnetz aufgebaut wird, um wichtige Informationen zu erhalten. In Ländern mit grosser Machtdistanz ist ein gutes Verhältnis zur Management Etage von Bedeutung und förderlich für das Projekt (siehe Kapitel 7.1).
In der Phase Initialisierung werden die Anforderungen des Auftraggebers formal festgehalten, um anschliessend den Projektauftrag daraus abzuleiten. In dieser zweiten Phase werden die Weichen für das Projekt gestellt. Die Besonderheit, im Unterschied zu einem nationalen Projekt liegt darin, dass in anderen Ländern andere Reihenfolge der Aufgaben vorgenommen wird oder gar andere Lösungswege eingeschlagen werden. Deshalb ist eine Betrachtung der Ausgangslage und eine eigenen Positionsbestimmung sehr hilfreich, um die weitere Vorgehensweise festzulegen.
In dieser Zeit liegt der Schwerpunkt auf dem Kontextbezug (vgl. Kapitel 7.1.2) und weniger auf der methodischen Vorgehensweise, deshalb sollten Beziehungsnetze weiter ausgebaut und gepflegt werden. Das heisst auch, dass das Projektteam aufeinander abgestimmt und ‚arbeitsfähig’ gemacht werden muss, denn hier arbeiten Leute aus verschiedenen Kulturkreisen miteinander. Das Resultat dieser Phase ist Meilenstein 2 mit dem sog. Kick-off oder Start-up.
Die Planungsphase umfasst die Grob- und Detailplanung des Projekts. Jenny bezeichnet diese Phase auch als Konzeptionsphase (vgl. Jenny, 2003, S. 49), da in dieser Entwicklungsetappe die im Projektauftrag definierten Anforderungen konkret in Lösungen umgewandelt und schriftlich festgehalten werden. Das Resultat sind u.a. Detailpläne wie der Projektstrukturplan, Terminpläne und Kosten – und Budgetpläne. Das Ziel dieser Phase ist Meilenstein 3 mit der Projektfreigabe.
Die Formulierung der Ziele sollte gemeinsam mit dem Team erfolgen, um Missverständnisse gleich in der Anfangsphase zu vermeiden. Der Aufwand für solche Meetings darf nicht unterschätzt werden, andere Kulturen haben oft eine andere Auffassung von Zeit (vgl. Kapitel 7.1.2). Da häufig extrem viel Wert auf ein gutes Beziehungsnetz gelegt wird, muss entsprechend Zeit in ein ‚erstes Kennenlernen’ investiert werden. Auch haben andere Kulturen im Vergleich zum deutschsprachigen Kulturraum, meist ein anderes Verständnis vom Detaillierungsgrad. In Kulturen in denen man Unsicherheiten vermeiden will, wird natürlich gleich zu Beginn des Projekts versucht, den Ablauf und das Vorgehen möglichst detailliert zu beschreiben (vgl. Kapitel 7.1.1).
In der Durchführungsphase wird das Projekt realisiert. Der Projektleiter steuert das Vorgehen und die Beteiligten und muss mit Änderungen umgehen. Ein Bedeutender Faktor in einem internationalen Projekt ist, dass solche Projekte einen erhöhten Koordinationsbedarf aufweisen. Ein Grund ist, dass andere Kulturen eine andere Art haben, Entscheidungen zu treffen, die Entscheidungsfindung dauert eventuell länger als in westeuropäischen Ländern. Einen anderen Grund stellt die Problembehandlung dar, denn nicht in jeder Kultur werden Fehler offen zugegeben. Unter Umständen braucht der Projektmanager länger, um ein Problem aufzudecken oder eine alternative Lösung zu finden. Das Ziel der Durchführungsphase ist Meilenstein 4, der die Fertigstellung kennzeichnet.
Der Abschluss bezweckt die Freigabe des Projektresultats. Ein Projekt ist aber offiziell erst dann abgenommen, wenn der Auftraggeber mit dem Endprodukt einverstanden ist. Zum Abschlussprozess gehört nicht nur der Wissenstransfer, sondern auch die Auflösung der Projektorganisation, was unter Umständen heissen kann, dass Projektmitarbeiter wieder in ihre Heimat geschickt werden (abhängig von der jeweiligen Offshoring – Variante). Absolut unerlässlich ist, das Projekt erst dann formell abzuschliessen, wenn alle lokalen Kriterien erfüllt sind. Meilenstein dieser Phase ist Nr. 5 mit dem offiziellen Abschluss.
Das Follow - up bildet die Nachbereitungsphase in einem Offshore - Projekt, welche der Projektmanager schon im Vorfeld vorbereiten muss. Diese Phase folgt auf den Abschluss und hat keine fixen Zeitpunkte, d.h. sie kann beliebig lang sein. In dieser Phase werden aufgebaute Beziehungen weiter gepflegt und der Informationsfluss wird beibehalten, gerade auch deshalb weil wieder ein neues Projekt folgt.
(vgl. Hoffmann, 2004, S. 37 – 55)
Das Fazit, das aus oben genannten Phasen gezogen werden kann ist, dass bereits in der Anbahnungsphase die Massnahmen zum Umgang mit der fremden Kultur festgelegt und eingeleitet werden müssen. Dies hat einen direkten Einfluss auf den Projektplan, da die Schritte wohlüberlegt sein müssen und entsprechend Zeit benötigen. Man sollte sich jedoch dessen bewusst sein, dass sich solch eine Investition im weiteren Projektverlauf rentieren wird. Denn Probleme, die durch unvorbereitete Aktionen entstehen, werden später durch das ganze Projekt gezogen, verschärfen sich und verursachen Mehrkosten und Mehraufwand. Im schlimmsten Falle können solche Probleme zum Projektstop führen. Während des gesamten Projekts hat die Kultur einen direkten Einfluss auf Projektmanagement – Methoden. Bewährte Abläufe aus klassischen Projekten funktionieren in Offshore – Projekten nicht immer, hier müssen Projektmanager umdenken und da wo nötig flexibel zu reagieren und kreative, eventuell für das Unternehmen unkonventionelle Methoden anwenden.
4.7 Vor- und Nachteile des IT - Offshorings
Wie Eingangs in Kapitel 4 erwähnt gibt es zahlreiche Motive und Gründe für Offshore - Projekte. An dieser Stelle sollen Vorteile und Nachteile des IT – Offshorings angesehen werden.
Kosteneinsparungen, Flexibilität und Prozessreife können bei korrekter Anwendung des IT – Offshorings zu den Vorteilen des gezählt werden.
- Kosteneinsparungen: Sie entstehen im Bereich der Lohnkosten. Software - Entwickler aus einer Offshore - Region arbeiten zu wesentlich tieferen Tagessätzen, als ein Schweizer oder Deutscher Mitarbeiter. Die Kosten für die Realisierung und Tests liegen somit unter dem Schweizer Preisniveau.
- Flexibilität: Der Faktor, der die anfallenden Kosten ebenfalls positiv beeinflusst, ist gegeben durch die hohe Flexibilität im Offshoring. Ressourcen können dem Projekt - Bedarf angepasst werden, d.h. dass auf die Ressourcen des Offshore - Anbieters zurückgegriffen wird, ohne die eigene belasten zu müssen. Ebenso können Mitarbeiter flexibel dem Projekt – Bedarf angepasst werden. Entsteht während des Projekts z.B. ein Engpass, kann die Anzahl der Mitarbeiter problemlos aufgestockt und anschliessend wieder nach unten angepasst werden.
- Prozessreife: Mit zunehmender Erfahrung und eingespielten Offshore - Prozessen, kann durchaus eine hohe Prozessreife erreicht werden. Wie schon in Kapitel 4.5 erwähnt ist der Aufwand, bis die gesamten Prozesse reibungslos laufen, am Anfang relativ hoch. Voraussetzung ist, dass die technische Infrastruktur und Entwicklungsprozesse im Land des Offshore – Kunden ausgereift sind. Eine entsprechende Prozessverbesserung entwickelt sich dann im Laufe des Offshore – Projekts, welche bereits laufenden und auch späteren Projekten zugute kommt.
Als prägnant stellen sich an dieser Stelle die Nachteile heraus. Die nun folgenden ‚Nachteile’ werden an dieser Stelle nur kurz erläutert und im Verlaufe dieser Arbeit näher betrachtet und untersucht.
- Geographische Entfernung: Der Faktor, der bei einer Offshore – Überlegung als erstes betrachtet wird, ist die geographische Entfernung zwischen den jeweiligen Partnern. Diese Distanz hat einen wesentlichen Einfluss auf die Zusammenarbeit im Offshore – Projekt. Ein direkter Kontakt, von Angesicht zu Angesicht, ist unter den Projektmitgliedern relativ selten, da sie einer guten Planung und Organisation der Reise bedürfen. Die Erarbeitung eines gemeinsamen Ergebnisses oder auch der Wissenstransfer untereinander wird somit erschwert. Je nachdem wie die gross die geographische Entfernung ist, ist eine Zeitverschiebung gegeben, d.h. dass das Zeitfenster, indem Software – Entwickler aktiv miteinander arbeiten können, eingeschränkt wird. (vgl. Badertscher, Ausgabe Nr. 18, S. 1 - 2)
- Sprache: Als weitere Problematik in Offshore – Projekten kann sich die Sprache erweisen. Die alltägliche Konversation läuft in der Regel in Englisch ab, was für beide Offshore – Partner kein Hindernis darstellen sollte. Verständigungsprobleme laufen allerdings auf zwei verschiednen Ebenen ab, nämlich auf der fachlichen und der menschlich/persönlichen Ebene. Je fachspezifischer und anspruchsvoller ein Projekt wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass entsprechende Termini benutzt werden (vgl. Badertscher, Ausgabe Nr. 18, S. 1).
Das Risiko, dass es an diesem Punkt zu rein verbalen Verständigungsproblemen kommt, ist allerdings relativ gering, da nur ausgewählte Fachkräfte in einem Offshore – Projekt mitwirken sollten. Schwierig wird es, wenn Tonlage, Melodie und Sprechtempo nicht dem Gewohnten entsprechen (vgl. Hoffmann, 2004, S. 88). Unter Umständen kann eher eine undeutliche Aussprache und/oder ein starker Dialekt die Verständigung erheblich beeinträchtigen.
- Kulturelle Unterschiede: Sie sind die grösste Herausforderung in einem Offshore – Projekt, da aus Missverständnissen schnell Konflikte und Probleme entstehen können. Hier seien nur zwei wesentliche Unterschiede genannt, die sich als Stolperstein in einem internationalen Projekt erweisen können.
- Beziehung zur Autorität: Oft wird in Offshore – Projekten festgestellt, dass z.B. Asiaten eine komplett andere Beziehung zur Autorität besitzen als Europäer. Software – Entwickler in Asien orientieren sich viel stärker an Hierarchien als Europäische Entwickler dies tun. Daraus resultiert, dass die Selbständigkeit teilweise sehr eingeschränkt ist.
- Umgang mit Problemen: Der Umgang mit Problemen ist ebenfalls ein anderer als in unserer westlichen Kultur. Probleme werden nicht gern angesprochen, da man sich sonst die Blösse geben könnte. So entsteht dann oft der Anschein, dass im Projekt alles gut läuft, obwohl dies nicht den Tatsachen entspricht (vgl. Hofstede, 2003, S. 11/12).
Zwei Beobachtungen werden in einem internationalen Projekt immer wieder gemacht. Mit der Pünktlichkeit wird in anderen Ländern ein wenig lockerer umgegangen als in Deutschsprachigen oder Angelsächsichen Ländern. Verspätungen bei Sitzungen oder zu Telefonkonferenzen sind also nicht unüblich. In Bezug auf die sog. ‚Meetingkultur’ kann auch öfter einmal sehr lange und ausgiebig diskutiert werden, resp. das Wesentliche, z.B. ein entstandenes Problem wird meist nicht gelöst oder erst gar nicht angesprochen (vgl. Badertscher, Ausgabe Nr. 18, S. 2).
5 PM – Aspekte für die agile Softwareentwicklung
Im ersten Abschnitt dieser Arbeit wurde in das Gebiet Offshore eingeführt. Da ein Schwerpunkt dieser Arbeit auf dem Software Development Offshoring liegt, befasst sich dieses Kapitel mit den grundlegenden Projektmanagement - Methoden und - Prozessen im Bereich der Softwareentwicklung. Zunächst wird jedoch das klassische Phasenmodell im Projektmanagement vorgestellt und anschliessend die klassischen und agilen Vorgehensmodelle der Softwareentwicklung gegenüber gestellt. In Kapitel 6 wird anschliessend untersucht, wie agile Methoden in einem Offshore – Projekt eingesetzt werden können.
5.1 Einführung: Ein klassisches Phasenmodell
Heute arbeiten die meisten Unternehmen innerhalb des Projektmanagements nach PMI - oder IPMA - Richtlinien. Das heisst konkret, dass das phasenorientierte Arbeiten in Projekten allgemein bekannt ist. Die Projektphasen nach PMI teilen sich in folgende fünf ein:
- Initialisierung
- Planung
- Durchführung
- Überwachung und Steuerung
- Abschluss
In der Initialisierungsphase werden die Anforderungen eines Auftraggebers formal festgehalten, ausserdem wird entschieden, ob es überhaupt zu einem Projekt kommt (vgl. Jenny, 2003, S. 49). Die Ergebnisse aus dieser Phase sind der Projektauftrag, in dem der Projektmanager mit dem Projekt beauftragt wird, und das sog. ‚vorläufige Scope Statement’ (Rahmenvereinbarung), ein Dokument, in dem der Rahmen und der Handlungsspielraum formuliert werden.
In der Planungsphase wird der Projektumfang festgelegt das Ergebnis ist das Scope Statement (Rahmenvertrag). Es werden ausserdem weitere Detailpläne, wie Projektstrukturplan, Termin- und Kostenpläne erstellt.
In der Durchführungsphase soll sichergestellt werden, dass die geplanten Aktivitäten ausgeführt werden. Wichtigste Ergebnisse sind die eigentlichen Lieferobjekte des Projekts. Auch Prozesse wie die Qualitätssicherung, das Projektteam aufbauen und den Anbieter auswählen zählen zu dieser Phase.
In der Überwachungs- und Steuerungsphase werden Projekt - Prozesse überwacht und die bisher erhaltenen Lieferergebnisse und Informationen bewertet und entsprechend mit der schriftlich festgehaltenen Planung kontrolliert. Die Risikoüberwachung und Massnahmenplanung gehört ebenfalls dazu. Die als Prozess integrierte Änderungssteuerung regelt die Abwicklung von Änderungsanträgen (Change Requests).
In der Abschlussphase wird das Projekt aufgelöst. In dieser Phase werden Verträge beendet und der Projektauftrag als geschlossen erklärt.
(vgl. Wikipedia, Projektmanagement).
[...]
[1] Offshore - Outsourcing wird in Kapitel 4.2 erläutert.
[2] „ITIL bezeichnet die Information Technology Infrastructure Libary, ein allgemeines Verfahren für den wirtschaftlichen Einsatz von IT. Sie beschreibt ein systematisches und professionelles Vorgehen für das Management von IT - Dienstleistungen. ITIL ist ein umfassendes, herstellerunabhängiges und öffentlich verfügbares Framework für die Konzeption, die Steuerung, die Erbringung und die Optimierung von IT - basierten Geschäftsprozessen“ (Zitat: www.ictfactory.ch).
- Quote paper
- Rebecca Woywod (Author), 2008, Offshore Programming. Der Einfluss der Kulturen auf den Projektmanagement-Prozess bei agilen Methoden, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135748
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