Diese wissenschaftliche Arbeit untersucht tiefgreifend die vielschichtige Verbindung zwischen "Seele und Körper" und deren Bedeutung in der "Behandlung psychischer Störungen". Sie bietet einen historischen Überblick von den Ansichten der Antike bis zur Gegenwart, mit besonderem Fokus auf das "Leib-Seele-Problem".
Anfangs wird das sogenannte "Leib-Seele-Problem" charakterisiert. Anhand einer historischen Betrachtung werden verschiedene Philosophen und Denker und ihre Ansichten zur Verbindung von Seele, Geist und Körper dargestellt. Diese Diskussionen bilden die Grundlage für die Untersuchung der Auswirkungen solcher Ansichten auf heutige Therapien für psychische Störungen.
Weiterhin fokussiert sich die Arbeit auf die Rolle des Experiments in der psychologischen Forschung. Der historische Kontext der Entstehung von Experimenten in der Psychologie wird beleuchtet, um dann die Vor- und Nachteile von Experimenten im Vergleich zu Feldstudien zu diskutieren. Dabei wird die Position des Experiments als "Königsweg" in der psychologischen Forschung kritisch beleuchtet.
Außerdem werden die Veränderungen der Perspektive auf psychische Prozesse durch den Behaviorismus und die kognitive Wende diskutiert. Des Weiteren wird die Rolle moderner, computergestützter bildgebender Verfahren in der Erforschung psychischer Prozesse beleuchtet.
Insgesamt bietet diese Arbeit eine umfassende Betrachtung der Beziehung zwischen Seele und Körper und deren Auswirkungen auf die Therapie von psychischen Störungen, sowie eine kritische Analyse der Methoden und Perspektiven in der psychologischen Forschung.
Inhalt
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Das "Leib-Seele-Problem" und dessen Konsequenzen für die Therapie psychischer Störungen
1.1 Charakterisierung des "Leib-Seele-Problems" anhand eines Streifzuges durch die Geschichte.
1.2 Therapiekonsequenzen aus monistischer und dualistischer Sicht
2. Betrachtung des Experiments in psychologischer Forschung und Erarbeitung von Vor- und Nachteilen im Vergleich mit Feldstudien
2.1 Historische Entstehung des Experiments in der Psychologie
2.2 Experiment als Königsweg
2.3 Vergleich Feldstudie und Experiment
3. Veränderungen der Perspektive auf psychische Prozesse aufgrund des Behaviorismus im Vergleich zur kognitiven Wende sowie hinsichtlich computergestützter bildgebender Verfahren
3.1 Psychische Prozesse aus dem Blickwinkel des Behaviorismus sowie der kognitiven Wende
3.2 Erforschung psychischer Vorgänge mittels computergestützter bildgebender Verfahren
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Das biopsychosoziale Modell
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Vor – und Nachteile Experiment / Feldstudie
1. Das "Leib-Seele-Problem" und dessen Konsequenzen für die Therapie psychischer Störungen
Die Seele und ihre Beziehung zum Körper – eine Untersuchung, die tief in unserer Kulturgeschichte und Geistesgeschichte verankert ist. Es existiert eine Vielzahl unterschiedlichster Facetten in der Betrachtungsweise, die von der Antike bis in die Gegenwart reichen (Metzinger, 2007). Bei der folgenden Charakterisierung des
Leib-Seele-Problems werden einzelne große Persönlichkeiten mit ihren Ansichten über Seele, Geist und Körper skizziert, um am Ende dieses Abschnittes aufzuzeigen, welche Konsequenzen diese Überlegungen für heutige Therapien psychischer Störungen haben könnten.
1.1 Charakterisierung des "Leib-Seele-Problems" anhand eines Streifzuges
durch die Geschichte.
Mit der Frage, in welchem Verhältnis Geist / Bewusstsein zum Köper / Gehirn steht und wie sich diese beiden Akteure gegenseitig beeinflussen, wird ein Problembereich in der Ontologie (die Lehre des Seins) der Philosophie aufgestoßen, in dessen Kern das sogenannte „Leib-Seele-Problem“ (Metzinger, 2007, S. 11) verhaftet ist. (Beckermann, 1999; Schönpflug, 2006). Bei der Suche nach Antworten darauf, ob alle psychischen Vorgänge auf physische Prozesse reduzierbar sind oder ob alles menschliche Verhalten durch externe Ursachen hervorgebracht wird und der Mensch somit keinen freien Willen hätte, ergeben sich unzählige weitere Fragestellungen, die in der Philosophie und Psychologie bis heute bearbeitet und diskutiert werden (Fetchenhauer, 2018).
Zu Beginn kann das „psychophysische Problem“ - auch „mind-body-problem“ genannt -
grob in Dualismus und Monismus unterteilt werden (Schönpflug, 2006, S. 11). Bei der dualistischen Ansicht wird die Seele und der Körper streng getrennt. Sie existieren beide in unterschiedlicher Form, sind also verschieden und nicht identisch (Brüntrup, 1996).
Bei der monistischen Auffassung bilden Geist und Körper eine untrennbare Einheit, sind eine Substanz (Schönpflug, 2006). Beide Hauptrichtungen lassen sich in mehrere mehr oder weniger extreme Sichtweisen ausdifferenzieren (Margraf & Schneider, 2009).
Bereits in der Antike setzen sich die ersten Naturphilosophen vor Sokrates, Sokrates selbst (ca.470 v.Chr.-399 v.Chr.) sowie sein Schüler Platon (427 v.Chr.–347 v.Chr.) und wiederum dessen Schüler Aristoteles mit den Begriffen Seele, Vernunft oder Hauch des Lebens (Psyche) auseinander. Während Sokrates eine monistische Auffassung vertritt, bei der Seele und Körper für den Verlauf eines Lebens ein Team bilden und sich die unsterbliche Seele nach dem Tod vom Körper löst, kann bei Platon erstmals von Dualismus gesprochen werden. Er unterscheidet zwischen einer materiellen und einer ideellen Welt (Beckermann,1999; Reuter,2014).
Sein Schüler Aristoteles (384 v.Chr.-322 v.Chr.) orientiert sich zwar an der Seelenlehre seines Lehrers, ging jedoch von einer monistischen Beziehung aus. Er fasst in seinen Überlegungen die Seele erstmals als immateriell auf und teilt seine Erkenntnisse in dem Werk „Peri Psychés“ (lateinisch: „De anima“; deutsch: „Über die Seele“) mit. Darin legt er im ersten Kapitel dar, „dass dieZustände der Seelenicht getrennt von der physischen Materie der Lebewesen existieren“ (Aristoteles, Buchheim & Ross, op. 2016, S. 61).
Als Antwortversuch auf die Frage nach dem Leib-Seele-Problem beschreibt er den Körper als Werkzeug der Seele und definiert diese als Ursache und Lebensprinzip aller Lebewesen (Aristoteles et al., op. 2016). Zudem unterstellt er die seelischen Fähigkeiten einer gewissen Hierarchie. Er unterteilt sie in vegetative Seelenteile, wie er sie den Pflanzen zuspricht, in animalische Seelenteile, wie sie bei den Tieren vorkommen und als höchste Stufe die denkenden Seelenteile, welche nur beim Menschen auftreten (Maderthaner, 2010). Während er die animalische Seele im Herz verortet, bedarf es bei der denkenden Seele keinerlei Lokalisation (Aristoteles et al., op. 2016).
Zu seinen Annahmen kommt Aristoteles, der sich selbst als Realwissenschaftler
sieht, durch eine gründliche Anwendung wissenschaftlicher Methoden:
Genaue Betrachtung, Sammlung von Informationen, Analysieren von Ursachen, logisches Schlussfolgern und eine methodische Überprüfung, um eine Kausalität,
also einen Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung, herzuleiten
(Galliker, Klein & Rykart, 2007; Mühlfelder, 2017; Reuter, 2014).
In der Spätantike widmet sich unter anderem der Philosoph und Theologe Aurelius Augustinus (354-430) dem Leib-Seele-Problem. Für ihn gibt Gott alles Wahre in die reine Seele ein und der Mensch kann es dann durch Introspektion erfahren. Seiner Meinung nach ist die Seele eine eigenständige, unsterbliche Substanz, welche sich selbst steuert und dem Körper, der das sündige Fleisch darstellt, Kommandos erteilt. Somit ist hier eine getrennte, also dualistische plus christliche Sichtweise erkennbar (Galliker et al., 2007; Reuter, 2014).
In der mittelalterlichen Epoche der Scholastik betritt Thomas von Aquin (1225-1274) die Bühne der Theologie und Philosophie, um sich der Seelenkunde und den Naturwissenschaften mit religiöser Interpretation zu widmen (Maderthaner, 2010; Reuter, 2014). Aquin nimmt Bezug auf Aristoteles und spricht von einer Seele als Lebenskraft, als sinnliche Wahrnehmung, als triebhaftes Streben, sowie einer bewegungsfähigen Seele und Sitz des Verstandes (Maderthaner, 2010). Zudem prägt er den Begriff „forma substantialis“ (Reuter, 2014, S. 57), womit er die Geistigkeit der Seele, welche mit der Zeugung beginnt und über den Tod hinaus bestehen bleibt, beschreibt. Körper und Geist sind für ihn eine „geistseelische Einheit“ (Reuter, 2014, S. 57).
In der Zeit der Renaissance im 15.-16. Jahrhundert führt der Weg der Philosophen wieder hin zu freierem Denken (Galliker et al., 2007). In dieser Zeit wird in Frankreich René Descartes geboren (1596-1650). Er wird Philosoph und Naturwissenschaftler und veröffentlicht in seinen Schriften seine Ansichten zur Gegensätzlichkeit von Geist und Körper. Für die geistige Substanz wählt er den Begriff „res cogitans“ (lat: res=die Sache, cogitare=denken), für das Körperliche „res extensa“ (lat: res=die Sache, extendere=ausdehnen) (Reuter, 2014, S. 73). Aufgrund dieser klaren Trennung und Unterscheidung von Leib und Seele wurde der Begriff „kartesianischer Dualismus“ geprägt (Reuter, 2014, S. 73). Für Descartes besteht die körperliche Welt aus allem Materiellen, also Natur und alle Lebewesen und muss unter naturwissenschaftlichen Aspekten betrachtet und untersucht werden. Die geistige Seite stellt sich immateriell, subjektiv, als Bewusstsein und Denken dar, was mit einer geisteswissenschaftlichen Methode wie Introspektion und Reflexion der eigenen Gedanken durchdrungen werden kann (Galliker et al., 2007; Mühlfelder, 2017).
Aufgrund dieser realen Verschiedenheit kommt Descartes zu dem Entschluss, dass beide Pole unabhängig voneinander existieren können (Beckermann, 1999). Weiterhin beschreibt er zwischen beiden Substanzen eine komplizierte Wechselwirkung und entwickelt die Theorie einer Schnittstelle für eine kausale Interaktion im Körper. Dies soll seiner Meinung nach das kleine, sich im Gehirn befindliche Organ Zirbeldrüse sein (Beckermann, 1999; Brüntrup, 1996).
Die Wissenschaftler und Philosophen der Epoche der Aufklärung, wie Immanuel Kant (1724-1804) denken und arbeiten sehr vernunftorientiert. Für Kant ist eine wissenschaftliche Beschäftigung mit der Seele ausgeschlossen, da sie keiner Erscheinungswelt angehört. Die Menschen sollen sich auf ihren Verstand besinnen und denselbigen mutig benutzen (Galliker et al., 2007).
Eine geistige Kehrtwende am Ende der Aufklärung im 19. Jahrhundert mündet in das Zeitalter der Romantik. Die auf Verstand begründete Philosophie wurde von der Vorstellung einer beseelten Natur, welche den Menschen mit einschließt, abgelöst (Reuter, 2014). Dichter, Musiker, Künstler und Schriftsteller wenden sich nun ebenso philosophischen Fragestellungen zu und rücken Empfindungen, Wahrnehmungen, Emotionen und Sehnsüchte in den Mittelpunkt des Denkens und Schaffens. So sprechen beispielsweise Kompositionen von Franz Schubert (1797-1828) von dieser beseelten Natur sowie deren Beobachtung (Mühlfelder, 2017). Im Zentrum dieser Epoche findet sich eine sehr tiefschürfende Beschäftigung mit den menschlichen Seelenzuständen. Dem Gefühl wird Raum gegeben ohne es logisch zu kategorisieren. Eine alleinige rationale Betrachtung der Welt und des Lebens wird als nicht zielführend erachtet. Besonders Musiker und Literaten sind Forscher ihres subjektiven Seelenlebens, beobachten die Seelenzustände genau und sind dabei besonders von den dunklen und bizarren Tendenzen der Seele fasziniert.
Zum Ende dieses Jahrhunderts gehen Forschende, wie beispielsweise Gustav Theodor Fechner (1801-1887) an die Seelenkunde mittels technischer und methodenorientierter Untersuchungen heran. Sie wollen nun Empfindungen nicht mehr künstlerisch interpretieren, sondern mathematisch erforschen (Reuter, 2014). Um auf monistischer Basis die Beziehung zwischen Körper und Geist untersuchen zu können, kreiert Fechner einen eigenen Begriff - die „Psychophysik“ und erfand sogar eine mathematische Formel für das Messen von Empfindungsstärken – welche er im „Weber´sche Gesetz“ niederschreibt (Galliker et al., 2007, S. 190–191). Einige Wissenschaftler jener Epoche sehen demnach seelische Zustände in einem naturwissenschaftlichen Zusammenhang. Sie versuchen physische Aspekte zu messen, um daraus psychische Befindlichkeiten abzuleiten (Reuter, 2014).
In der heutigen Zeit existiert nicht mehr nur diese eine Sichtweise, sondern neue Begrifflichkeiten und Aufteilungen werden überlegt. So spricht beispielsweise der australische Philosoph John Carew Eccles (1903-1997) von einer „Gehirn-Bewusstsein-Liaison“ (Popper & Eccles, op. 1989, S. 62) und der österreichisch-britische Philosoph Karl Popper (1902-1994) teilt den Geist und das Gehirn gar in drei Welten auf, welche miteinander interagieren. „Welt 1“ umfasst seiner Ansicht nach alle Gegenstände physischer Natur, „Welt 2“ subjektive Bewusstseinszustände und „Welt 3“ stellt „Inhalte des Denkens und der Erzeugnisse des menschlichen Geistes“ dar (Popper & Eccles, op. 1989, S. 62–63).
Dem Messen allerdings ist die Wissenschaft bis heute treu geblieben. Mittels Messungen neuronaler Prozesse wird in unserer Epoche versucht, subjektives Erleben zu begründen und Faktoren im Gehirn ausfindig zu machen, die für psychische Probleme verantwortlich sind. Der Dualismus weicht laut Fuchs scheinbar einem „neurobiologischen Monismus“ (Fuchs, 2010, S. 1). Auch der britische Philosoph Colin McGinn (1950) ist der Ansicht, dass die Wissenschaft zwar weiß, dass Millionen Neuronen im Gehirn Bewusstsein erzeugen, doch noch weiß niemand „wie dieses Wunder sich vollzieht“ (Colin McGinn, 2007, S. 464)
Seit Jahrtausenden wird in der Philosophie und Psychologie die Beziehung zwischen Leib und Seele zu beantworten versucht. Hier schließt sich der Kreis
Antike – Gegenwart, denn Aristoteles sagt bereits über die Seele: „In jeder Hinsicht gehört es auf alle Weise zum Schwierigsten, irgendeine zuverlässige Antwort über sie zu bekommen“ (Aristoteles et al., op. 2016, S. 53; Maderthaner, 2010).
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- Arbeit zitieren
- Eva Hagel (Autor:in), 2022, Leib-Seele-Problem und seine Auswirkungen auf die Therapie psychischer Störungen. Eine detaillierte Untersuchung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1353185
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