Das Ziel dieser Arbeit ist es zu zeigen, welche Faktoren bei der Konstruktion einer optimalen Einkommensteuer beachtet werden müssen und wie daraus eine optimale Einkommensteuerstruktur abgeleitet werden kann. Hierzu wird im zweiten Kapitel auf die grundlegenden Kriterien einer gerechten und effizienten Besteuerung eingegangen. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit den aus dem Leistungsprinzip abgeleiteten Opfertheorien und das Vierte mit verschiedenen optimalen Einkommensteuertheorien in Anlehnung an Mirrlees und Sheshinski. Die Schlussbemerkung beinhaltet eine kurze Zusammenfassung und beschäftigt sich kurz mit einigen Kritikpunkten.
Inhalt
1. Einführung
2. Kriterien der Besteuerung
2.1 Effiziente Besteuerung
2.2 Gerechte Besteuerung
2.3 Pareto-effiziente Besteuerung und soziale Wohlfahrt
3. Opfertheorien
4. Theorie der optimalen Einkommensteuer
4.1 Theorie der optimalen Einkommensteuer nach Mirrlees
4.2 Nummerische Kalkulation zur optimalen Einkommensteuer
4.3 Lineare Einkommensteuer
4.4 Optimale nicht-lineare Einkommensteuer
5. Schlussbetrachtung und Kritik
Literaturverzeichnis
Mathematischer Anhang zu 4.3
1. Einführung
Eine Steuer gibt es schon seit über tausend Jahren. Bereits in der Bibel wird festgehalten, dass ein Zehntel der landwirtschaftlichen Erträge zum Zweck der Umverteilung und für den Lebensunterhalt der Priester abgeführt werden soll. Im Mittelalter, zu Zeiten der Leibeigenschaften, war es oft üblich, dass Lehensherren von ihren Bauern Dienste und Arbeiten verlangten. Dies ist im Grunde einer Steuer sehr ähnlich, denn wer im Grunde einen Teil seines Einkommens an den Staat abführen muss, arbeitet somit auch zu diesem Teil für ihn.
Zwischen den Zwangsarbeiten während feudaler Verhältnisse und der modernen Steuer gibt es zwei wesentliche Unterschiede. Zum Einen, war es den Leibeigenen verboten Grund und Boden zu verlassen, was heute in den meisten Staaten nicht mehr der Fall ist, zum Anderen gab es eine Pflicht zur Arbeit. Bei einer modernen Steuer wird niemand zur Arbeit gezwungen, Arbeiter sind nur verpflichtet das Einkommen mit dem Staat zu teilen.
Da es heute keine Plicht mehr zur Arbeit gibt, muss der Staat Anreize schaffen, sodass jeder gemäß seinen Fähigkeiten Lohn erhält. Wie eine optimale Steuer konstruiert sein sollte, ist unter Ökonomen eine oft diskutierte Frage. Wirtschaftswissenschaftler befassen sich bereits seit dem 19. Jahrhundert mit dem optimalen Steuertarif. Als Vorläufer dieser Theorien gelten u.a. Edgeworth 1897, Frisch 1932.
Mirrlees hat 1971 das Problem der Anreize mit in seine Berechnungen integriert und seit dem gab es immer wieder neue Paper in denen sich mit der optimalen Einkommensteuer beschäftigt wurde u.a. beschäftigten sich Sheshinski, Atkinson und Phelps mit diesem Thema.
Das Ziel dieser Arbeit ist es zu zeigen, welche Faktoren bei der Konstruktion einer optimalen Einkommensteuer beachtet werden müssen und wie daraus eine optimale Einkommensteuerstruktur abgeleitet werden kann. Hierzu wird im zweiten Kapitel auf die grundlegenden Kriterien einer gerechten und effizienten Besteuerung eingegangen. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit den aus dem Leistungsprinzip abgeleiteten Opfertheorien und das Vierte mit verschiedenen optimalen Einkommensteuertheorien in Anlehnung an Mirrlees und Sheshinski. Die Schlussbemerkung beinhaltet eine kurze Zusammenfassung und beschäftigt sich kurz mit einigen Kritikpunkten.
2. Kriterien der Besteuerung
2.1 Effiziente Besteuerung
Um eine optimale Steuer zu konstruieren, sollte die Wohlfahrt so maximiert werden, dass die Wahl zwischen Effizienz und Gerechtigkeit so getroffen wird, dass dadurch die Einstellung der Gesellschaft zu diesen in Konflikt stehenden Zielen bestmöglich entsprochen wird.1 Im nächsten Abschnitt werden Effizienz und Gerechtigkeit näher betrachtet.
Ein Steuersystem ist effizient, wenn keine Ressourcenallokationen vorliegen, d.h. eine Zusatzlast der Besteuerung entfällt.2
Jede Steuer hat Auswirkungen auf das Verhalten der Wirtschaftssubjekte. Wenn nicht mehr gearbeitet wird um den Verlust durch die Steuer auszugleichen, muss der Konsum eingeschränkt werden. Um den Güterkonsum nicht so stark zu verringern, müssten die Individuen mehr arbeiten und auf Freizeit verzichten. Ungeachtet dessen, wie sich die Individuen an eine Steuer anpassen, sie sind auf jeden Fall schlechter gestellt.
Bei einer Pauschalsteuer wird zwar das Einkommen verringert, aber kein Individuum hat die Möglichkeit, die Steuerschuld durch sein Verhalten zu beeinflussen, deswegen wird diese Art der Steuer als unverzerrend bezeichnet. Eine Pauschalsteuer beeinflusst aber das Arbeitsverhalten, denn je höher das Einkommen ist, umso niedriger ist die prozentuale Belastung der Pauschalsteuer. Das Einkommen des Steuerpflichtigen wird mit dieser Steuer verringert, somit liegt hier ein Einkommenseffekt vor.
Eine Einkommensteuer, die nicht aus einem pauschalen Steuerbetrag besteht, wirkt verzerrend, denn hier wird die Wahl zwischen Einkommenserzielung und Freizeit verzerrt, denn wenn weniger gearbeitet wird, müssen auch weniger Steuern gezahlt werden. Bei der Einführung einer Einkommensteuer entstehen zwei Effekte. Zum einen, werden alle Individuen schlechter gestellt und somit wird der Konsum eingeschränkt und mehr gearbeitet. Hier liegt also auch ein Einkommenseffekt vor. Zum anderen entsteht ein Substitutionseffekt, denn wenn weniger gearbeitet wird, verringert sich die Steuer. Dadurch kann der Anreiz zum Arbeiten für Individuen verringert werden. Das Individuum substituiert Konsum durch Freizeit. Somit entsteht bei der Einkommensteuer eine Zusatzlast, die aus dem Unterschied zwischen dem Aufkommen einer Pauschalsteuer und dem einer Einkommensteuer resultiert. Die Zusatzlast misst damit die Verzerrung eines Steuersystems. Die Größe dieser Last hängt von der Stärke des Substitutionseffektes ab. Bei einer proportionalen Einkommensteuer veranlasst der Einkommenseffekt das Individuum mehr zu arbeiten und der Substitutionseffekt weniger zu arbeiten, da der Anreiz sich verringert.
Mit einer Pauschalsteuer können Verzerrungen also vermieden werden. Doch diese Art der Steuer ist in Bezug auf Gerechtigkeit schwer zu akzeptieren, denn bei einer Pauschalsteuer würden alle den gleichen Betrag zahlen.
2.2 Gerechte Besteuerung
Um ein Steuersystem gerecht zu gestalten ist eine gerechte Einkommensverteilung notwendig. In der traditionellen Finanzwissenschaft gibt es hierfür zwei grundlegende Prinzipien der Versteuerung, das Leistungsfähigkeitsprinzip und das Äquivalenzprinzip. 3 Thomas Hobbes (1588-1679) und John Locke (1632-1704) waren englische Philosophen, die sich insbesondere4
„Das Äquivalenzprinzip (auch Benefit Pricing oder Nutzenprinzip genannt) geht im Wesentlichen auf zwei Vertreter der Vertragstheorie des Staates, Hobbes und Locke3, zurück und wurde später auch von den Utilitaristen wie Bentham4 vertreten. [ .] Dieses Prinzip verlangt, daß die individuelle Steuerzahlung dem Wert der individuell in Anspruch genommenen Staatsleistungen entspricht, so daß individuelle Leistung und staatliche Gegenleistung miteinander übereinstimmen, also einander äquivalent sind.“5 Bei diesem Prinzip werden Steuern nach dem Umfang der bereitgestellten Leistungen aufgrund der vorhandenen Nachfrage der Bürger erhoben, d.h. derjenige, der von einer Leistung einen Vorteil hat, wird nach Maßgabe dieses Vorteils über eine entsprechende Abgabe zur Finanzierung dieser Leistung herangezogen. Damit wird die Erhebung einer Steuer gerechtfertigt. Es gibt mehrere Wege zu Ermittlung der Steuerlast in diesem Fall. Zum einen über die entstandenen Kosten, die eine für den Steuerzahler genutzte Leistung verursacht hat, zum Anderen über den Nutzen. Die zweite Methode ist eher schwer anwendbar, denn Nutzen ist schwer zu messen und zu vergleichen, damit ist die Nutzenäquivalenz nur teilweise anwendbar.
In der Praxis hat das Äquivalenzprinzip nach wie vor Bedeutung bei der Argumentation bezüglich der Einführung von Gebühren, Beiträgen oder Erwerbseinnahmen des Staates im Sinne der Kostenäquivalenz, Beispiele hierfür sind Preise für Leistungen der Müllabfuhr oder Mautgebühren. Mittlerweile gewinnt zur Begründung von Steuern und Abgaben aber auch die konkurrierende Theorie des Leistungsfähigkeitsprinzips an Bedeutung.
Die Idee der Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip lässt sich auf J.S. Mill6 (1848) zurückführen. „Seine Forderung, die sogenannte Opfertheorie, lautet, dass jeder einen „angemessenen Anteil“ zu den Lasten des Staates beitragen soll.“7 Im Allgemeinen wird das Leistungsfähigkeitsprinzip dann als verwirklicht angesehen, wenn die Kriterien der horizontalen und vertikalen Gerechtigkeit als erfüllt gelten. Bei horizontaler Gerechtigkeit wird ein Steuersystem angenommen, bei dem alle Individuen in jeder relevanten Beziehung gleich sind und auch gleich behandelt werden. So sollen alle Personen gleichbehandelt werden, die sich in gleicher wirtschaftlicher Situation befinden.
Die vertikale Gerechtigkeit besagt, dass diejenigen, die in der Lage sind, höhere Steuern zu bezahlen, dies auch tun sollten, d.h. “ein vertikales gerechtes Steuersystem verlangt die gerechte Behandlung von Personen in unterschiedlicher wirtschaftlicher Lage“8, also Individuen in unterschiedlichen finanziellen Positionen müssen unterschiedlich besteuert werden.
Eine optimale Lösung, die den Effizienz und Verteilungsansprüchen gerecht wird, wäre die sogenannte First-Best-Lösung. Hierbei würde jedes Individuum unabhängig vom tatsächlich geleisteten Arbeitseinsatz und dem tatsächlich geleisteten Arbeitseinkommen nach seinen Fähigkeiten versteuert werden und dies würde dem Leistungsprinzip gerecht werden. Somit könnten die Individuen nicht mit Rücknahme des Arbeitsangebotes ausweichen. Diese Steuer wäre eine Pauschalsteuer ohne Zusatzkosten und so könnte der Staat beliebig versteuern, ohne negative Leistungsanreize zu bieten und ohne volkswirtschaftliche Zusatzkosten. In der Realität ist dies leider nicht möglich, da die Fähigkeiten nicht beobachtet werden können und Individuen hohe Fähigkeiten bei niedrigeren Anreizen verstecken. Um dem Leistungsprinzip dennoch gerecht zu werden, müssen andere Indikatoren als die Fähigkeiten herangezogen werden.
Für eine Versteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip wird ein Indikator benötigt, denn die Leistungsfähigkeit muss in irgendeiner Art und Weise gemessen werden. Als Indikatoren kommt das individuelle Einkommen in Frage, aber auch Konsum oder Vermögen.
Für die Einkommensteuer ist die Bemessungsgrundlage meist der Lohn, aber Einkommensbesteuerung mindert die Effizienz (da teilweise weniger gearbeitet wird, mehr gespart, eine Steuer hemmt eventuell Aus- und Weiterbildungen und die hemmt gesamtwirtschaftliche Kapitalbildung,.) und erschwert gleichzeitig die Verwirklichung der Verteilungsabsichten. Hier liegt ein starker Konflikt zwischen Effizienz und Verteilung vor. Die Aufgabe einer optimalen Steuer ist es, die Verzerrungen möglichst gering zu halten und damit möglichst effizient und gerecht zu sein, dies ist die Second-Best-Lösung.
2.3 Pareto-effiziente Besteuerung und soziale Wohlfahrt
Das Prinzip der vertikalen und horizontalen Gerechtigkeit scheint zunächst eine „vernünftige Grundlage“9 für die Konstruktion einer Steuerstruktur zu sein. Doch die eigentliche Frage, wie festgestellt werden kann, welchem von zwei Individuen es besser geht und wer damit die höhere Leistungsfähigkeit hat, bleibt unbeantwortet.
Da die Kriterien der horizontalen und vertikalen Gerechtigkeit sich auI3erdem schwer darstellen lassen und die oben genannten Ansprüche nicht erfüllen, haben Ökonomen sich andere Möglichkeiten zur Betrachtung einer gerechten Steuer herangezogen. Es sollte ein paretoeffizientes Steuersystem erstellt werden, dass niemanden besser stellt, ohne jemand anderen schlechter zu stellen. AnschlieI3end wird versucht, unter Verwendung sozialer Wohlfahrtsfunktionen innerhalb dieser Menge eine Auswahl zu treffen. Durch die Verwendung einer Wohlfahrtsfunktion lassen sich verschiedene Werturteile abbilden.
[...]
1 Stiglitz (1986), S.479ff
2Stiglitz (1986), S.437ff
3 Thomas Hobbes (1588-1679) und John Locke (1632-1704) waren englische Philosophen, die sich insbesondere mit der Staatsphilosophie beschäftigten.
4 Jeremy Bentham (1748-1832), englischer Moral- und Rechtsphilosoph, gilt als der Vater des Utilitarismus, auf dessen Idee die sogenannte Utilitaristische Wohlfahrtsfunktion beruht, die die Summe der Nutzen aller Gesellschaftsmitglieder berücksichtigt. Bentham legte jeder moralischen Beurteilung das „Prinzip des größten Glücks der größten Zahl“ zugrunde.
5 Wellisch (2000), S. 39
6 John Stuart Mill (1806-1873), britischer Philosoph und Nationalökonom. Er war ein Theoretiker des Liberalismus, den er mit sozialen Anklängen vertrat.
7 Blankart (2003), S. 188
8 Wellisch (2000), S. 42
9 Stiglitz (1986), S. 399ff
- Arbeit zitieren
- Maria Metzing (Autor:in), 2008, Die Optimale Einkommensteuer, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135316
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