Diese Hausarbeit wird sich mit den Auswirkungen der digitalen Transformation auf die Umwelt auseinandersetzten und beispielhaft Problematiken bei der Herstellung, Nutzung und Entsorgung digitaler Medientechnologien darlegen. Ausgangspunkt und Grundlage der Diskussion bildet die Monografie "A Geology Of Media" von Jussi Parikka. In der Publikation wird ein alternativer medienarchäologischer Ansatz verfolgt, der sich darin auszeichnet, Medien- und Erdgeschichte nicht voneinander zu trennen: Der Blick müsse sich demnach nicht nur auf das Medium selbst richten, sondern auch Aspekte der Umwelt miteinbeziehen. Für den Diskurs über digitale Medien im Zeitalter des Anthropozän stellt dieses alternative Konzept einen idealen Rahmen dar, weil so auch aus medientheoretischer Perspektive Faktoren wie Umwelt, Herstellungsverfahren und Recyclingmöglichkeiten erfasst werden können.
Die grundlegende Frage wird hierbei sein, inwiefern es möglich ist, digitale Medientechnologien nachhaltig zu gestalten und dabei Ressourcen sowie Energie einzusparen. Das Konzept der Nachhaltigkeit bezieht sich in dieser Arbeit stets auf die ökologischen sowie sozialen Auswirkungen von Medien auf ihre Umwelt. Dazu ist es dringend erforderlich, die vielschichtigen materiellen Ebenen von digitalen Medientechnologien zu entschlüsseln, da beispielsweise schon ein modernes Smartphone aus über 30 verschiedenen Metallen besteht. In Anbetracht der undurchsichtigen Verflechtungen zwischen Rohstofflieferanten und Herstellern wird auch die Frage nicht außer Acht gelassen, inwieweit ein nachhaltiger Umgang mit digitalen Medientechnologien grundsätzlich möglich ist.
Die Auseinandersetzung mit dem Fairphone wird exemplarisch dazu dienen, die Thematik anschaulicher zu gestalten und gleich mehrere wichtige Aspekte und Mechanismen digitaler Medien zu erörtern.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Hauptteil
2.1 A Geology Of Media: Digitalitat und Materialitat im Zeitalter des Anthropozan
2.2 Digitale Medientechnologien und der Abbau relevanter Materialien
2.3 Fairphone: Ambivalenzen eines aufstrebenden Social Entrepreneurs
2.4 Lifecycle Assessment of digital Media: Kernproblematik der toxischen Elektronikabfalle
3. Fazit
4. Literaturverzeichnis
5. Quellenverzeichnis
6. Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
Aus dem Produktvideo zum IPhone 13 des Technologieunternehmens Apple lassen sich gleich mehrere interessante Aspekte digitaler Medientechnologien entnehmen. Der Protagonist des fiktiven Clips ist ein junger Paketzusteller, der in rasender Geschwindigkeit seinen Arbeitstag und den darauffolgenden Feierabend durchlebt.1 Dabei spielt sein Smartphone in jeder Situation eine essenzielle Rolle und unterstutzt ihn durch hochentwickelte Technologien der Kommunikation, Ortung und sogar im kreativen Kontext mit einer hochauflosenden Kamera. Die Botschaft des Unternehmens ist eindeutig: Unsere Produkte sind in allen gesellschaftlichen Schichten etabliert und erleichtern den Alltag in jeder Lebenslage. Richtet man nun den Blick auf die Nutzung und Entwicklung digitaler Medientechnologien in den letzten 20 Jahren, lasst sich feststellen, dass Smartphones, Computer und das Internet tatsachlich in nahezu jedem Bereich des alltaglichen Lebens ihren festen Platz gefunden haben - zumindest ist das in den entwickelten Industrielandern der Fall. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass diese vermeintlich technologische Erfolgsgeschichte des 21. Jahrhunderts auch einige Schattenseiten mit einschlieBt, die es kritisch zu untersuchen gilt. Besonders die Herstellung, Nutzung und Entsorgung digitaler Medientechnologien haben immense Auswirkungen auf die Umwelt und die Lebensbedingungen in weniger entwickelten Landern. Ich habe daher schon auf dem Titelblatt bewusst die Abbildungen einer illegalen Mulldeponie in Ghana und das moderne Fairphone 4 einander kontrar gegenubergestellt, um die Ambivalenz zwischen der digitalen Transformation und der fortschreitenden Umweltzerstorung sichtbar zu machen. Im Zeitalter des Anthropozan ist diese Thematik auBerordentlich relevant, da Gesellschaft und Politik zwar zunehmend MaBnahmen gegen die Klimakrise ergreifen, der Konsum von elektronischen Geraten jedoch ungebremst zunimmt. Auch in den Medienwissenschaften als interdisziplinar gepragtem Fach richtet sich der Blick im Kontext der Digitalitat daher zunehmend auf Themen der Nachhaltigkeit. Arbeiten von Jussi Parikka oder auch Jennifer Gabrys legen nahe, dass nicht nur das Medium selbst zentraler Gegenstand der Forschung sein sollte, sondern auch dessen Materialitat und Umwelteinflusse mitgedacht werden mussen.
Diese Hausarbeit wird sich daher mit den Auswirkungen der digitalen Transformation auf die Umwelt auseinandersetzten und beispielhaft Problematiken bei der Herstellung, Nutzung und Entsorgung digitaler Medientechnologien darlegen. Ausgangspunkt und Grundlage der Diskussion bildet die Monografie „A Geology Of Media“ von Jussi Parikka. In der Publikation wird ein alternativer medienarchaologischer Ansatz verfolgt, der sich darin auszeichnet, Medien- und Erdgeschichte nicht voneinander zu trennen: Der Blick musse sich demnach nicht nur auf das Medium selbst richten, sondern auch Aspekte der Umwelt miteinbeziehen.2 Fur den Diskurs uber digitale Medien im Zeitalter des Anthropozan stellt dieses alternative Konzept einen idealen Rahmen dar, weil so auch aus medientheoretischer Perspektive Faktoren wie Umwelt, Herstellungsverfahren und Recyclingmoglichkeiten erfasst werden konnen.
Die grundlegende Frage wird hierbei sein, inwiefern es moglich ist, digitale Medientechnologien nachhaltig zu gestalten und dabei Ressourcen sowie Energie einzusparen. Das Konzept der Nachhaltigkeit bezieht sich in dieser Arbeit stets auf die okologischen sowie sozialen Auswirkungen von Medien auf ihre Umwelt. Dazu ist es dringend erforderlich, die vielschichtigen materiellen Ebenen von digitalen Medientechnologien zu entschlusseln, da beispielsweise schon ein modernes Smartphone aus uber 30 verschiedenen Metallen besteht.3 In Anbetracht der undurchsichtigen Verflechtungen zwischen Rohstofflieferanten und Herstellern wird auch die Frage nicht auBer Acht gelassen, inwieweit ein nachhaltiger Umgang mit digitalen Medientechnologien grundsatzlich moglich ist.
Die Auseinandersetzung mit dem Fairphone wird exemplarisch dazu dienen, die Thematik anschaulicher zu gestalten und gleich mehrere wichtige Aspekte und Mechanismen digitaler Medien zu erortern. Denn sowohl das komplexe Design von Smartphones4, das sich durch eine Vielzahl von technischen Komponenten wie Prozessor, Display, Kamera und Datenspeicher auszeichnet wie auch die vielschichtige Materialitat der einzelnen Bauteile enthalten schon die grundlegenden Elemente digitaler Medientechnologien. Das moderne Smartphone steht daher ikonisch fur die unzahligen Arten von digitalen Computern, die sich in mannigfaltiger Form vom Smart-TV uber das Tablet bis hin zur Smartwatch erstrecken. Schlussendlich sollen auch Problematiken des Recyclings und der jahrlich zunehmende Elektronikabfall thematisiert werden, um zentrale Losungsansatze fur dessen Verbleib und anderweitige Nutzungsmoglichkeiten zu eroffnen.
2. Hauptteil
2.1. A Geology Of Media: Digitalitat und Materialitat im Zeitalter des Anthropozan
Die Diskrepanz zwischen den materiellen Realitaten digitaler Medientechnologien und dem Bild, das Unternehmen wie Apple, Samsung oder auch Google von ihren Produkten zeichnen, verscharft insbesondere eine Problematik: Wahrend den Nutzer*innen mit den eleganten, formvollendeten und in Aluminium oder Keramik gehullten Geraten kontinuierlicher Fortschritt suggeriert wird, entsteht bei der Herstellung und Entsorgung dieser Technologien ein erheblicher Schaden fur die Umwelt. Der Medientheoretiker Jussi Parikka argumentiert in seiner Monographie „A Geology Of Media“ daher, dass es fur ein Verstandnis der zeitgenossischen Medienkultur unabdingbar ist von den materiellen Realitaten auszugehen, die unseren digitalen Technologien vorausgehen.5 Der Blick soll sich demnach nicht mehr nur auf das Medium selbst und seine Komponenten richten, sondern bis zum Ursprung seiner Existenz vorstoBen, der bis in die tiefen geologischen Schichten der Erde reicht: „This book is structured around the argument that there is such a thing as geology of media: a different sort of temporal and spatial materialism of media culture than the one that focuses solely on machines or even networks of technologies as nonhuman agencies.“6 Um dieses erweiterte Medienverstandnis zu strukturieren, nutzt Parikka das Konzept der Deep Time Friedrich Zielinskis, der sich gegen eine lineare Mediengeschichte vom primitiven Werkzeug hin zu einer komplexen Maschine ausspricht.7 Verbunden mit Parikkas geologischem Ansatz wird Zielinskis Deep Time Konzept in „A Geology Of Media“ schlieBlich so erweitert, dass sich eine
Mediengeschichte ergibt, die eng mit der Entstehung der Erde verbunden ist und somit bis auf Milliarden Jahre in die Vergangenheit zuruckreicht. In Parikkas Ansatz ist die Zeit mit den verschiedenen Erdschichten verknupft und bildet mit dem darin befindlichen geologischen Material die Grundlage des Lebens, aber auch der Industrie und Wirtschaft.8 Denn ein modernes Smartphone besteht schlieBlich auch aus Materialien, die sich tief im Erdinnern befinden und aufwendig gefordert und verarbeitet werden mussen. Nach der Nutzungsphase werden die meisten Gerate unsachgemaB entsorgt oder aufbewahrt und finden nicht selten ihren Weg als toxische Ablagerungen zuruck in die Natur.9 Dieser Aspekt wird in der Auseinandersetzung mit der digitalen Medienkultur jedoch nur selten beachtet und stellt im Zeitalter des Anthropozan einen fundamentalen Faktor dar, wenn es um die nachhaltige Entwicklung digitaler Medien geht. Die Notwendigkeit seiner geologischen Herangehensweise sieht Parikka auch darin begrundet, dass in unserer gelebten Medienpraxis digitale Technologien durch ihre weiterentwickelte Funktionsweise hin zum Cloud Computing zunehmend immateriell erscheinen und somit die Auswirkungen auf die Umwelt weitestgehend unsichtbar bleiben: „Nineteenth-century urbanization meant a move underground, whereas we seem to live a twenty-first-century move to the heavens.”10
In einem ersten Schritt hin zu einer nachhaltigeren Nutzung von digitalen Medientechnologien ist es daher dringend erforderlich, Nutzer*innen weiter darauf aufmerksam zu machen, dass Streamingdienste, Online-Software und auch Online-Datenspeicherung dauerhaft Ressourcen und Energie verbrauchen. Diese Tatsache gilt es auch in den Medienwissenschaften zumindest nicht auBer Acht zu lassen und von den elektronischen Geratschaften und ihren Komponenten noch tiefer bis zu ihrer Materialitat vorzustoBen.
2.2 Digitale Medientechnologien und der Abbau relevanter Materialien
Wahrend in Jussi Parikkas „A Geology Of Media“ klassische medientheoretische Ansatze erweitert werden, um den Blick vom Medium selbst auch auf Aspekte der Umwelt zu lenken, erscheint es in Bezug auf die Frage der Nachhaltigkeit und Digitalitat ebenso sinnvoll, auch die komplexen Verflechtungen zwischen dem Abbau von notwendigen Materialien und der Herstellung digitaler Medien detailliert weiter zu entschlusseln. Denn obwohl sich in vielen Bereichen wie beispielsweise der Bekleidungsindustrie nachhaltige Ansatze bereits etabliert haben, scheinen digitale Medientechnologien bisher noch groBtenteils davon ausgenommen zu sein. Das Smartphone stellt dabei durch die vielen einzelnen Bauteile hervorragend verschiedene Aspekte digitaler Medientechnologien dar. In dem komplexen technischen Design von Smartphones sieht der Medienhistoriker Matthew Hockenberry jedoch auch eines der zentralen Probleme und kritisiert: „The tiers of the supply chain might reasonably involve hundreds of companies and thousands of workers, even to produce a single part.“11 Dabei ist es nicht nur fur die Nutzer*innen angesichts der undurchsichtigen Lieferketten nachvollziehbar, unter welchen Bedingungen ihr Gerat hergestellt wurde, sondern selbst global agierende Unternehmen sind nicht in der Lage, die Herstellungsbedingungen bis ins letzte Detail zu verfolgen. Denn allein die Liste der Zulieferer ist beim marktfuhrenden Technologiegiganten Apple bereits 17 Seiten lang und beinhaltet nicht, woher die Subunternehmen ihre Materialien beziehen.12 Der Abbau von seltenen Mineralien und Metallen ist jedoch ein wesentlicher Aspekt, wenn es darum geht, digitale Medientechnologien nachhaltiger zu gestalten. In dem Aufsatz „Das ,Fairphone‘ - ein Impuls in Richtung nachhaltige Elektronik?“ verweisen Joshena DrieBenbacher und Armin Reller daher zurecht auf diverse Umweltrisiken beim Abbau relevanter Materialien fur den Smartphone-Sektor, die aus der folgenden Tabelle zu entnehmen sind.13
[...]
1 Everyday Hero, Apple, YouTube-Video, https://www.youtube.com/watch?v=abDXzygET-w, USA, 15.09.2021 [24.08.2022].
2 Annika Richterich, Jussi Parikka: „A Geology Of Media And A New Materialism: Jussi Parikka in Conversation with Annika Richterich“, Digital Culture & Society, 1/1 (2015): S. 214.
3 Armin Reller, Joshena DieBenbacher: „Das ,Fairphone‘ - ein Impuls in Richtung nachhaltige Elektronik?". In: Kritische Metalle in der Groflen Transformation, hrsg. v. Andreas Exner, Klaus Kummerer und Martin Held. Heidelberg: Springer Spektrum Berlin, 2016, S. 277.
4 Gemeint ist hier das technische Design
5 Jussi Parikka: Geology of Media. Minneapolis: University of Minnesota Press, 2015, S. 4.
6 Jussi Parikka: Geology of Media. Minneapolis: University of Minnesota Press, 2015, S. 3.
7 Siegfried Zielinski : Deep Time of the Media. Toward an Archaeology of Hearing and Seeing by Technical Means, ubers. v. Gloria Custance. Cambridge: The MIT Press, 2006, S. 7.
8 Jussi Parikka: Geology of Media. Minneapolis: University of Minnesota Press, 2015, S. 40.
9 Jussi Parikka: Geology of Media. Minneapolis: University of Minnesota Press, 2015, S. 48.
10 Jussi Parikka: Geology of Media. Minneapolis: University of Minnesota Press, 2015, S. 29. 5
11 Matthew Hockenberry: „Material Epistemologies of the (Mobile) Telephone", Anthropological Quarterly, 2/91 (2018): S. 493.
12 Apple Inc.: „Apple Supplier List | Fiscal Year 2020“. In: Apple - Offizielle Seite, https://www.apple.com/supplier-responsibility/pdf/Apple-Supplier-List.pdf, 2021 [20.08.2021].
13 Armin Reller, Joshena DieBenbacher: „Das ,Fairphone‘ - ein Impuls in Richtung nachhaltige Elektronik?". In: Kritische Metalle in der Groflen Transformation, hrsg. v. Andreas Exner, Klaus Kummerer und Martin Held. Heidelberg: Springer Spektrum Berlin, 2016, S. 280.
- Quote paper
- Florian Rumberg (Author), 2022, Ambivalenzen der digitalen Transformation. Nachhaltige Medientechnologien und der Weg in eine grüne Zukunft?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1352055
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