Essay über die Entwicklungen, Beobachtungen und Bewertungen zu den Auswirkungen von Pandemien auf die psychische Gesundheit anhand der Beispiele "Pest", "Spanische Grippe" und "Corona".
Pandemien können nicht nur die körperliche, sondern auch die geistige Gesundheit beeinträchtigen und sich unterschiedlich auf verschiedene gesellschaftliche Bereiche auswirken. Im Laufe der Geschichte, von der Pest, über die Spanische Grippe bis hin zum derzeitig grassierenden Corona-Virus, hatten und haben Pandemien unterschiedliche Auswirkungen auf verschiedene gesellschaftliche Bereiche. Diese Auswirkungen und ihre Ursachen werden oftmals je nach Quellenlage unterschiedlich bewertet und gewichtet.
Darstellung der Gewichtung psychologischer Auswirkungen von Pandemien im Laufe der Geschichte
Pandemien können nicht nur die körperliche, sondern auch die geistige Gesundheit beeinträchtigen und sich unterschiedlich auf verschiedene gesellschaftliche Bereiche auswirken. Im Laufe der Geschichte, von der Pest, über die Spanische Grippe bis hin zum derzeitig grassierenden Corona-Virus, hatten und haben Pandemien unterschiedliche Auswirkungen auf verschiedene gesellschaftliche Bereiche. Diese Auswirkungen und ihre Ursachen werden oftmals je nach Quellenlage unterschiedlich bewertet und gewichtet.
Die Pest
Die Pest suchte im Laufe des von mehreren großen Krisen gebeutelten 14. Jahrhunderts die Menschheit heim. Die tödliche Seuche verbreitete sich nicht zuletzt aufgrund der mangelnden Hygiene jener Zeit rasend und verschlimmerte vielerorts die ohnehin katastrophale Lage. So wurde die aufgrund schlechter Ernten grassierende Hungersnot immer schwerer, da im Zuge der Pandemie viele Felder nicht mehr bewirtschaftet werden konnten und Höfe aufgegeben mussten. Diese Umstände lösten im Zusammenspiel mit der Macht- und Hilflosigkeit im aussichtslosen Kampf gegen die Pest Panik und Verzweiflung in der Bevölkerung aus. Viele sahen in der Pandemie eine Strafe Gottes, die durch den dekadenten Lebensstil bestimmter Bevölkerungsschichten hervorgerufen wurde.1 Aus diesem Denken heraus entwickelten sich verschiedene Strömungen. So etwa die ultra-religiöse Geißlerbewegung, die sich selbst züchtigte und einem strengen Regelwerk folgte. Auf diese Weise wollte die Bewegung sich von den Sünden reinwaschen. Andere suchten einen Sündenbock und fanden diesen in den jüdischen Teilen der Bevölkerung. Insgesamt führte die Krise zu einer stärkeren Hinwendung zum Religiösen, bis hin zum Extremismus und förderte Isolation, Misstrauen und Unmut. Der Autor Franz-Reiner Erkens bezieht sich in seinem Text zu den Zusammenhängen zwischen der Pest und Religion auf die Schilderungen des zu jener Zeit gegenwärtigen Schriftstellers, der in einem Bericht aus dem Jahre 1348 beschreibt, wie unter anderem Familien auseinanderbrachen, da sich viele Eltern aus Angst vor der Ansteckungsgefahr nicht mehr um ihre Kinder kümmern wollten.2 Auch er sieht in der Pandemie den Zorn Gottes. Erkens führt die damalig vorherrschende Angst vor allem auf die Umstände jener Zeit zurück. Aufgrund des mangelnden medizinischen Wissens, der schlechten Versorgungslage und anderen Faktoren, die eine hohe Sterblichkeit bedingten, etwa Kriege und Hungersnöte war die permanente Gefährdung der eigenen Existenz, besonders im gesundheitlichen Sinne, allgegenwärtig und wurde bewusster wahrgenommen. Durch die Pest wurde dieses Bewusstsein für die Menschen im Mittelalter noch stärker. Erkens führt weiter aus, dass das Bewusstsein des Todes und die Handlungsunfähigkeit vieler Mediziner die Angst befeuerte, die sich schließlich in Aufständen, etwa gegen Juden, entluden.3
Die Spanische Grippe
Die Spanische Grippe breitete sich ab Ende der 1910er Jahre in Europa aus, während der 1. Weltkrieg tobte. In seinem Zeitschriftenartikel Die Spanische Grippe 1918/19, bezieht sich der Autor Eckard Michels vor dem Hintergrund des Krieges auf die Folgen der Pandemie, die mehr Menschenleben kostete als der Krieg selbst. Michels beschreibt die Auswirkungen der Krankheit als bedeutsam für den Verlauf des Kriegsendes.4 So wurde das deutsche Heer von dieser stark geschwächt und die Moral der Truppen sank rapide. Da über die Spanische Grippe zum damaligen Zeitpunkt wenig bekannt war, kursierten viele Gerüchte über diese, die zur weiteren Verunsicherung und damit zum Anstieg der Kriegsmüdigkeit beitrugen. Die Medien waren angehalten, die Grippe herunterzuspielen, um Unruhe in der Bevölkerung zu vermeiden. Die Sorge, die Bevölkerung würde verängstigt werden, traf jedoch nur zu einem kleinen Teil, in stark betroffenen Städten, zu. So zitiert Eckards etwa die Neue Zürcher Zeitung von 1919 als zeitgenössische Quelle, in der die Reaktion auf die Krankheit und das damit verbundene Sterben in weiten Teilen der Bevölkerung eher apathisch ausfiel.5 Die Zeitung ging davon aus, dass durch das Massensterben im Krieg viele Menschen desensibilisiert wurden.
Eckard geht zudem davon aus, dass die Verharmlosung der Grippe auch mit der Alltäglichkeit anderer Infektionszeit der damaligen Zeit verbunden war, beispielsweise der Tuberkulose.6
Auch die Spanische Grippe wurde im Zusammenhang mit dem Kriegsverlauf von Verschwörungstheorien, etwa bezüglich ihrer Herkunft, begleitet. Beispielsweise beschuldigten sich die verfeindeten Kriegsparteien gegenseitig der Erzeugung des Virus.
Die Corona-Pandemie
Im Zuge der derzeitigen Corona-Pandemie steigt die Zahl psychischer Erkrankungen, beispielsweise Depressionen. Dies ist vor allen Dingen auf die Isolation durch den Lockdown, aber auch die mit der Pandemie verbundenen Unsicherheit, etwa aufgrund des möglichen Verlustes des Arbeitsplatzes, zurückzuführen.7 Diese Unsicherheit entlädt sich mitunter ebenfalls in Verschwörungstheorien und wird sowohl durch diese als auch häufige Falschinformationen verstärkt.8 Während die psychischen Folgen von Pandemien insbesondere in früheren Quellen oft nur eine geringe Rolle spielten und eher allgemein verortet wurden, ist in der heutigen Berichterstattung ein größerer Fokus auf den spezifischen Auswirkungen in den bestimmten gesellschaftlichen Bereichen erkennbar. So wird psychischen Erkrankungen an sich nicht nur mehr Bedeutung beigemessen, sondern auch die genauen Symptome, Ursachen und Zusammenhänge in Betracht gezogen.
Fazit
Die Darstellung der psychologischen Folgen von Pandemien ist in ihrer Bewertung von den zeitlichen Umständen abhängig. Dazu zählt auch die Einschätzung während und nach der Pandemie und der damit verbundene Wissensstand. Die Pest stellt eine der ersten großen, festgehaltenen Pandemien da, die zu jener Zeit ein Novum markierte. Während die Spanische Grippe grassierte, galten Pandemien gewissermaßen als etwas Normales, das weniger als ein Zeichen Gottes und vielmehr als ein Element der Natur wahrgenommen wurde. Vor dem Hintergrund des 1. Weltkrieges erschien die Grippe zudem im alltäglichen Bewusstsein weniger wichtig, obwohl ihre Folgen in Nachhinein durchaus als mitentscheidend für den Krieg gewertet wurden. Bemerkenswert ist, dass beide Pandemien im Verbund mit anderen zeitgenössischen Krisen, etwa Hungersnöten, standen. Die Effekte also nicht alleinig auf die Krankheit zurückführbar sind, sondern im Kontext mit den jeweiligen Umständen gesehen werden müssen, die oft vor der Krankheit gegeben waren, diese mitunter bedingten und durch die Krankheit schlimmer wurden. So konnte sich die Pest beispielsweise leichter durch die Hungersnot verbreiten, da viele Menschen aufgrund der Mangelernährung anfälliger für Krankheiten waren. Die Pest verschlimmerte wiederum die Hungersnot. Die Corona- Pandemie steht hingegen für sich und trat bislang ohne größere Nebenkrisen in Erscheinung. In der heutigen Zeit wird zudem den psychologischen Begleiterkrankungen mehr Bedeutung zugemessen als früher. Parallel zur Pest und der Spanischen Grippe ist auch über das CoronaVirus während der Pandemie derzeitig nur wenig bekannt, trotz des fortgeschrittenen medizinischen Wissens und der aktuellen Technologie. Alle Pandemien eint, dass sie einen Nährboden für, teilweise antisemitische, Verschwörungstheorien bilden.
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1 Vgl. Franz-Reiner Erkens: Busse in Zeiten des Schwarzen Todes . In: Zeitschrift für Historische Forschung, Vol. 26, No. 4 (1999), S. 483.
2 Vgl. Ebd.
3 Vgl. Erkens 1999, S. 486 - 487.
4 Vgl. Eckard Michels: Die Spanische Grippe 18/19 . In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 58 (1) 2010, S. 7.
5 Vgl. Michels 2010, S. 23.
6 Vgl. Ebd. S. 24.
7 Vgl. Christoph Pirowski: Wen der Corona-Stress krank macht (Stand: 30.09.2020), URL: https://www.tagesspiegel.de/wissen/pandemie-und-psyche-wen-der-corona-stress-krank- macht/26228330.html. (letzter Zugriff: 31.10.2020)
8 Vgl. Ebd.
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2020, Psychologische Auswirkungen von Pandemien. Darstellung der Gewichtung im Laufe der Geschichte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1351828
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