Die Schlagzeile im geläufigen Sinne ist eine in die Augen fallende Überschriftzeile einer Zeitung – inzwischen aber hat sie sich zum ökonomischen Argument für den Absatzmarkt der Printmedien entwickelt (zumindest bei den Tabloids). Die Hauptaufgaben einer Schlagzeile bestehen im Informieren, aber auch im Animieren (Catching, zu deutsch im Aufmerksamkeit auf sich ziehen). Wie war die printmediale Situation nach dem 11. September 2001, wurde im Sinne des allgemeingültigen Pressekodex berichtet? Im Folgenden werden am Beispiel der Berichterstattung und Schlagzeilenschaffung nach dem 11. September 2001 die Eigenschaften, Funktionsweisen und Gestaltungsweisen der Überschrift näher beleuchtet und dabei besonders die Schlagzeilen-Berichtvorspann-Relation betrachtet.
Inhaltsverzeichnis
Schlagzeilen nach dem 11. September 2001
1. Die Tageszeitung: Tabloid und Broadsheet
2. Die allgemeine printmediale Situation nach dem 11. September 2001
2.1 Unmittelbare Reaktionen der deutschen Tagespresse
2.2 Reflektionen kurz- und fünf Jahre danach
3. Ziffer 11 des Pressekodex’ und der 11. September
4. Allgemeine Eigenschaften der Schlagzeile
5. Die Schlagzeilenformulierung
5.1 Die Schlagzeilen-Berichtsvorspann- Relation
5.2 Die Aufmachung der Schlagzeile und „double talk“
6. Fazit
Quellen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Die Tageszeitung: Tabloid und Broadsheet
In den Printmedien, genauer bei den Tageszeitungen, haben wir es mit zwei verschiedenen Typen zu tun: es gibt die Boulevardzeitung (Tabloid), z.B. die Bildzeitung auf der einen Seite und die qualitative Zeitung (Broadsheet), z.B. die Frankfurter Allgemeine Zeitung auf der anderen Seite. Letztere hat folgende Merkmale inne: kleinere Überschriften, wenige Bilder, längere Texte und einen höheren Informationsgehalt. Populärer berichtet das Boulevardblatt: mit großen Überschriften, großen Bildern, kleineren Texten und weniger Informationsgehalt. Diese Unterscheidung ist grob, aber dennoch maßgeblich für die weitere Untersuchung der Schlagzeile. Die Schlagzeile im geläufigen Sinne ist eine in die Augen fallende Überschrift-zeile einer Zeitung – inzwischen aber hat sie sich zum ökonomischen Argument für den Ab-satzmarkt der Printmedien entwickelt (zumindest bei den Tabloids). Die Hauptaufgaben einer Schlagzeile bestehen im Informieren, aber auch im Animieren (Catching, zu deutsch im Auf-merksamkeit auf sich ziehen). Im Folgenden werden am Beispiel der Berichterstattung und Schlagzeilenschaffung nach dem 11. September 2001 die Eigenschaften, Funktionsweisen und Gestaltungsweisen der Überschrift näher beleuchtet.
2. Die allgemeine printmediale Situation nach dem 11. September
2.1 Unmittelbare Reaktionen der deutschen Tageszeitung
Sowohl die visuellen- als auch die Printmedien befanden sich nach dem Vorfall vom 11. September 2001 in einer Ausnahmesituation. Zum einen waren sie gezwungen, zeitlich unverzö-gert und adäquat die beschafften Informationen „zu verpacken“ und zum anderen sich von der Konkurrenz abzuheben. Während die Frankfurter Allgemeine Zeitung ihrem Objektivitätscha-rakter mit der Schlagzeile „Angriff auf Amerika“ treu blieb, so befanden sich die Tabloids schon in einem eigenen Kampf zwischen dringender Schuldzuweisung und bedingungslosem Schulterschluss mit den Vereinigten Staaten: „Terrorangriff gegen die USA“ (Die Welt). Die Schlagzeile „Großer Gott, steh uns bei“ der Bildzeitung zeigt die größte Neigung zur Subjek-tivität und war vor allem die am 12.09.2001 wohl meistgelesene Schlagzeile, was die Über-sicht der Absatzverteilung der größten Tageszeitungen (nächste Seite) vermuten lässt. Die Bildzeitung und andere populäre Blätter haben infolge dieses Ereignisses emotionalisiert und bar jeder Rationalität Bericht erstattet. Zudem aber maßen sie dem Ereignis des 11. Septembers durch eine selbst für sie außergewöhnliche Aufmachung und eine ebenso außergewöhnliche Darbietung von Bildern große Bedeutung bei. Während es sich bei der Bildzeitung um eine seitenweise Bebilderung handelt, agierte die FAZ dem Anlass ebenfalls „entsprechend“, in dem sie erstmals zwei Bilder auf der Titelseite platzierte. Die Berichterstattung dieses Formats enthielt sich aber wie gewohnt jeglicher Mutmaßungen und Vorurteile, was den zu jener Zeit noch unbestätigten Terrorangriff betraf.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten1
2.2 Reflektionen kurz- und fünf Jahre danach
Eine außergewöhnlich reflektierte Darstellung der Ereignisse brachte die amerikanische Schriftstellerin Susan Sontag etwa zwei Wochen nach dem 11. September 2001 mit ihrem Artikel „Feige waren die Mörder nicht“ hervor. Ihrer Meinung nach handelte es sich beim 11. September um einen „Tag, an dem ein Übermaß an Wirklichkeit auf uns einstürzte“2 – die Headline des im „New Yorker“ erschienen Artikels trägt bereits eine ganz bestimmte Implika-tur, die in den Schlagzeilen der deutschen Tageszeitungen in der Art und Weise nicht zu fin-den sind. Sontag gibt hier schon ein Urteil ab, provoziert die Leser, indem sie die Attentäter auf den ersten Blick mit der Tugend Mut auszeichnet. Im Vordergrund aber soll nicht die a-merikanische Schlagzeile stehen.
Und was war fünf Jahre nach den Anschlägen?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Tageszeitung „Neues Deutschland“ berichte-te wie auch alle anderen am 11.09.2006, mit einer ähnlich eindringlichen Aufmachung (Bild-Schlagzeilen-Verhältnis) wie fünf Jahre zuvor. In der Berichterstattung ging es nun um unbe-antwortete Fragen, um die ergebnislose Suche nach dem „Drahtzieher“ und um einige gewon-nene Erkenntnisse. Doch das Titelbild (siehe Abbildung) war wieder geprägt von der überdi-mensionalen, fast schon inszeniert wirkenden, riesigen Fotografie dessen, was auch fünf Jahre später für eine Reminiszenz des Traumas sorgen sollte. Das Foto des Anschlags drängte mit seiner bildimmanenten Macht und der dazu gewonnenen Symbolhaftigkeit die Schlagzeile ins Abseits.
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1 Die Verkaufszahlen sind der Internetseite http://www.politik.uni-kiel.de/SS2007/krause/vl8.pdf entnommen und erheben keinen Anspruch auf absolute Richtigkeit. Das Diagramm wurde von René Ferchland erstellt
2 Susan Sontag: Feige waren die Mörder nicht. In: New Yorker 24.09.01
- Citar trabajo
- René Ferchland (Autor), 2007, Die Schlagzeile des 11. Septembers, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135141
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