Die vorliegende Hausarbeit wird zu Beginn die aktuelle Situation von homosexuellen Schüler*innen an Schulen sowie das Verhalten von Lehrkräften in den Blick nehmen, bevor dann basierend auf verschiedenen empirischen Befunden die wichtigsten Aspekte eines professionellen und damit förderlichen Umgangs von Lehrkräften mit Homosexualität vorgestellt und diskutiert werden sollen. Die Hausarbeit schließt mit einem Ausblick.
„Immer noch die ‚Scheißschwuchtel‘.“ So lautet der Titel eines Zeit-Online-Artikels von Parvin Sadigh aus dem Jahr 2019 und an diesen lehnt sich auch der Titel dieser Hausarbeit an. In dem Artikel wird einerseits die These aufgegriffen, dass es für Jugendliche heutzutage ja viel leichter sein müsse, mit ihrer Homosexualität umzugehen oder sich gar zu outen, als noch vor einigen Jahren. Man könnte naiv behaupten, dass ja in den letzten Jahren viel passiert sei, um Gleichberechtigung und Akzeptanz zu erreichen und Vorurteile sowie Diskriminierungen zu vermindern. Diesen Glaubenssatz scheint auch eine beträchtliche Anzahl an Lehrer*innen zu pflegen, denn es ist eines der Hauptargumente für Nicht-Thematisierung von Homosexualität im Unterricht. Der Artikel zeigt dann jedoch an zwei Beispielen auf, wie viel Aufklärung tatsächlich noch notwendig ist.
Stefan Timmermanns hat bereits in seinem 2008 erschienenen Buch zum Thema klargestellt, wie „weit entfernt [wir] von einem selbstverständlichen, akzeptierenden Umgang mit Mädchen oder Jungen sind, die sich in eine Person des gleichen Geschlechts verlieben“ . Neuere empirische Daten zeigen entgegen der weitläufigen Meinung, dass sich daran bis heute, zumindest bezogen auf den Umgang mit dem Thema in der Schule, eher wenig geändert hat. Vor dem Hintergrund, dass statistisch betrachtet in jeder Schulklasse ein bis zwei Lernende sitzen, die lesbisch oder schwul sind, ist das eine prekäre Lage. Blumenthal (2015) schätzt diese Zahl sogar noch als „konservativ geschätzt“ ein und betont darüber hinaus, dass „eine noch höhere Anzahl von Jugendlichen [existiert], welche gleichgeschlechtliche Erfahrungen gemacht hat oder noch machen wird.“ Trotzdem ist das Thema bisher in den Schulen kaum präsent und Schmidt & Schondelmayer (2015) zeigen auf, wie unprofessionell sich Lehrkräfte auf diesem Terrain teilweise verhalten und wie hilflos und unwissend sie sich im Umgang mit dem Thema fühlen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Ausgangslage - Theoretischer Hintergrund
3. Der professionelle Umgang - Befunde aus wissenschaftlichen Studien
4. Diskussion der empirischen Befunde
5. Ausblick
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Immer noch die ,ScheiBschwuchtel‘“ So lautet der Titel eines Zeit-Online-Artikels von Parvin Sadigh aus dem Jahr 2019 und an diesen lehnt sich auch der Titel dieser Hausarbeit an. In dem Artikel wird einerseits die These aufgegriffen, dass es fur Jugendliche heutzutage ja viel leichter sein musse, mit ihrer Homosexualitat umzugehen oder sich gar zu outen, als noch vor einigen Jahren. Man konnte naiv behaupten, dass ja in den letzten Jahren viel passiert sei, um Gleichberechtigung und Akzeptanz zu erreichen und Vorurteile sowie Diskriminierungen zu vermindem. Diesen Glaubenssatz scheint auch eine betrachtliche Anzahl an Lehrer*innen zu pflegen, denn es ist eines der Hauptargumente fur Nicht-Thematisierung von Homosexualitat im Unterricht (VoB 2015, S. 43). Der Artikel zeigt dann jedoch an zwei Beispielen auf, wie viel Aufklarung tatsachlich noch notwendig ist. Im Anschluss an die Lekture sprach ich mit einem Freund, der homosexuell ist und sich mit 20 Jahren geoutet hat, uber das Thema, auch bezogen auf die Schule. Eine Aussage von ihm war: In der Schule kannst du dich halt nicht outen.
Diese Aussage hat mich als angehende Lehrkraft ziemlich beschaftigt sowie beruhrt und somit habe ich angefangen, mich naher mit dem Thema zu beschaftigen. Stefan Timmermanns hat bereits in seinem 2008 erschienenen Buch zum Thema klargestellt, wie „weit entfernt [wir] von einem selbstverstandlichen, akzeptierenden Umgang mit Madchen oder Jungen sind, die sich in eine Person des gleichen Geschlechts verlieben“ (S. 58). Neuere empirische Daten zeigen entgegen der weitlaufigen Meinung, dass sich daran bis heute, zumindest bezogen auf den Umgang mit dem Thema in der Schule, eher wenig geandert hat (Burmann 2015, S. 288; Martin & Nitschke 2017, S. 112). Vor dem Hintergrund, dass statistisch betrachtet in jeder Schulklasse ein bis zwei Lernende sitzen, die lesbisch oder schwul sind (VoB 2015, S. 37), ist das eine prekare Lage. Blumenthal (2015) schatzt diese Zahl sogar noch als „konservativ geschatzt“ (S. 275) ein und betont daruber hinaus, dass „eine noch hohere Anzahl von Jugendlichen [existiert], welche gleichgeschlechtliche Erfahrungen gemacht hat oder noch machen wird“ (ebd.). Trotzdem ist das Thema bisher in den Schulen kaum prasent und Schmidt & Schondelmayer (2015) zeigen auf, wie unprofessionell sich Lehrkrafte auf diesem Terrain teilweise verhalten und wie hilflos und unwissend sie sich im Umgang mit dem Thema fuhlen (S. 231-234).
Die vorliegende Hausarbeit wird daher eingangs die aktuelle Situation von homosexuellen Schuler*innen an Schulen sowie das Verhalten von Lehrkraften in den Blick nehmen, bevor dann basierend auf verschiedenen empirischen Befunden die wichtigsten Aspekte eines professionellen und damit forderlichen Umgangs von Lehrkraften mit Homosexualitat vorgestellt und diskutiert werden sollen. Die Hausarbeit schlieBt mit einem Ausblick.
2. Die Ausgangslage - Theoretischer Hintergrund
Zunachst soll also nun auf die Situation von homosexuellen Schuler*innen an deutschen Schulen aufmerksam gemacht und dann auf die Situation und Rolle der Lehrkrafte eingegangen werden. Damit wird die Grundlage gelegt und es soll deutlich gemacht werden, warum es wichtig ist, sich uber den professionellen Umgang mit dem Thema Gedanken zu machen.
Kleiner (2020) umschreibt die Schule als einen Ort, an dem nach wie vor bei Themen wie Homosexualitat alle Formen von Diskriminierung zusammentreffen und gleichzeitig wenig Vorbilder fur die betroffenen Schuler*innen existieren (S.42-43). Sie stellt jedoch auch die Relevanz des Ortes fur die Heranwachsenden heraus: „Schule sei einer der wichtigsten Orte der Herstellung und Einubung von Geschlecht und Begehren“ (S. 47). Zudem zeigen empirische Arbeiten immer wieder auf, dass in Schulen kaum auf sexuelle Vielfalt eingegangen und auch keine Unterstutzung angeboten wird (VoB 2015, S. 50). Klocke (2020) schreibt, dass Themen wie geschlechtliche und sexuelle Vielfalt vor allem auch deshalb nicht prasent sind, weil die Lehrer*innen sie so gut wie uberhaupt nicht berucksichtigen (S. 358). Martin & Nitschke (2017) konstatieren, dass das Thema heute wohl ofter Einzug in den Unterricht findet, als noch vor ein paar Jahren, dass aber Homophobie besonders bei mannlichen Jugendlichen nach wie vor stark verbreitet ist (S. 116). Fur die betroffenen Schuler*innen kann die Schule so zu einem als grausam empfundenen Ort werden. Hinzu kommen eventuell noch die Diskriminierung durch die eigene Familie und/oder der bestehende gesellschaftliche Druck. Zusammengenommen entsteht eine sehr belastende Situation, die zu „psychosozialen Problemen wie unter anderem Substanzmissbrauch, Depressionen oder Schulproblemen und Schulversagen“ (Bodmer 2013, S. 122) fuhren kann.
Die Psychologin Bodmer (2013) beschreibt auch, von welch groBer Bedeutung die Akzeptanz seitens des Elternhauses und der Schule fur homosexuelle Schuler*innen ist (S. 126-127). Angesichts der vielen Jahre, die Kinder und Jugendliche aufgrund der Schulpflicht in der Schule verbringen mussen, erscheint das naheliegend. Wieso jedoch passiert in den Schulen so wenig und wieso thematisieren und handeln die Lehrkrafte nur unzureichend bis gar nicht? Schmidt & Schondelmayer (2015) schreiben dazu: „In der padagogischen Forschung nach wie vor ungeklart ist allerdings, wie LSBTI [und damit auch Homosexualitat] in der padagogischen Praxis von Fachkraften erfahren und auf welche Weise das Thema berucksichtigt und bearbeitet wird“ (S. 224). Das Wissen daruber ist also rar. Fest steht nur, dass das Thema kaum Einzug findet und wenn das passiert, ist nicht klar, wie das passiert. Wo stehen wir also aktuell?
Huch (2015) hat exemplarisch eine Standortbestimmung speziell in der Biologiedidaktik vorgenommen, wo das Thema ja oft hin abgeschoben wird, was nicht richtig ist, denn es muss in allen Fachern Berucksichtigung finden (Schack 2011, S. 41-43). Huch (2015) stellt im Zuge ihrer Standortbestimmung einerseits fest, dass sexuelle Vielfalt in der Biologiedidaktik bis heute in keinerlei Hinsicht leitend ist, weder bezogen auf die Theorieentwicklung, noch in Bezug auf Lehr-/Lernprozesse (S. 185), und auBerdem, dass die verfugbaren
Unterrichtsmaterialien nach wie vor „ein unterschwelliges heteronormatives Differenzdenken“ (S. 188) vermitteln. Es fehlt den Lehrkraften also schlicht auch an Orientierung, Hilfsmitteln und geeignetem Material und diese Zustande beschreiben Lehrende auch tatsachlich als Hindernisse, wie Klocke (2020) an Berliner Lehrkraften zeigt (S. 368). Und hinzu kommt eben, dass die Lehrkrafte auch uberhaupt nicht auf das Thema vorbereitet sind, weder bezogen auf ihr Wissen, noch bezogen auf ihre Einstellungen und Haltungen. Da die Lehrkrafte aber eben eine zentrale Rolle spielen, gilt es, sie dahingehend zu professionalisieren. Das hat auch Timmermanns (2008) schon herausgestellt: „Wer die Diskriminierung von Minderheiten abbauen und respektvollen Umgang fordern will, der muss auch das Personal in diesen Bereich dazu befahigen, d.h. aus- und weiterbilden“ (S. 60). Wohin diese Aus- und Weiterbildung fuhren soll, wie also ein professioneller Umgang mit Homosexualitat aussieht, soll im folgenden Kapitel erortert werden.
3. Der professionelle Umgang - Befunde aus wissenschaftlichen Studien
In der Forschungsliteratur finden sich viele verschiedene Ansatze und Ideen dazu, wie professionell mit Homosexualitat im Kontext Schule umgegangen werden kann. Timmermanns (2008) bringt zum Ausdruck, dass bezuglich des Umgangs schon das Schulprogramm die Grundlage darstellen muss, indem in diesem der anerkennende Umgang miteinander sowie Respekt und die Verurteilung jeglicher Form von Diskriminierung als Maximen festgehalten werden (S. 62). Als Empfehlung fur Lehrkrafte nennt er auBerdem, dass diese das Hintergrundwissen der Schuler*innen erweitern mussten, indem sie diesen beispielsweise helfen, den ihnen bekannten Sexualbegriff zu erweitern oder auch die Menschen- und Grundrechte als Bezugspunkte zu nutzen (ebd. S. 65). Letzteres fordert auch Burmann eindringlich (2015), die darin eine starke Moglichkeit der Vermittlung sieht, wenn sie betont: „Das wirklich Starke und Positive der Menschenrechte ist nicht das Trennende sondern immer das Einende, das fur eben jeden Menschen gleich geltende Recht auf Rechte“ (S. 298).
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- Arbeit zitieren
- Oliver Fröhlich (Autor:in), 2020, Zum professionellen Umgang von Lehrkräften mit Homosexualität in der Schule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1351233
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