In der hier vorliegenden Bachelorarbeit ist das Ziel die Beantwortung der Frage, welchen Einfluss die Unfreiwilligkeit des Arbeitens im Home-Office auf die Arbeitszufriedenheit und das Arbeitsengagement hat. Außerdem gilt es zu überprüfen, welchen Einfluss die wahrgenommene Grenzkontrolle zwischen Berufs- und Privatleben und die Beziehungsqualität zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften auf die genannten Konstrukte ausübt. Um diese Fragen beantworten zu können, wurde eine Datenerhebung per Online-Fragebogen durchgeführt, wobei zu den interessierten Merkmalen, die passenden Skalen ausgewählt wurden.
Zuerst wird im theoretischen Hintergrund das Konzept des Homeoffice erklärt und von anderen mobilen Arbeitsformen abgegrenzt. Was waren die Veränderungstreiber und wie gestaltete sich die bisherige Entwicklung, auch während der Corona-Pandemie? Im Zusammenhang mit dem Homeoffice, werden generelle Anforderungen an die Führungskräfte hinsichtlich der Thematik „Führung auf Distanz“ aufgezeigt. Ebenfalls wird verdeutlicht, welchen Einfluss mobile Arbeitsformen auf das Berufs- und Privatleben haben. Es folgen die Erklärungen und Definitionen der Variablen Arbeitszufriedenheit und Arbeitsengagement, diese werden unterstützt durch Modelle erklärt. Des Weiteren werden für die Zukunft relevante Zusammenhänge erläutert und es wird dargelegt, warum es wichtig ist, diese bei Arbeitnehmer*innen auszuprägen.
Im Anschluss folgen die Erklärungen und Definitionen der Variablen Grenzkontrolle und Leader-Member-Exchange. Weil hinsichtlich der Beschäftigung außerhalb des Präsenzbüros die Freiwilligkeit der Wahl dieser Arbeitsform eine Rolle spielt, wird das Konzept der Freiwilligkeit erklärt und eingeordnet. Daran knüpft die Präsentation des Forschungsstandes an. Hier werden die Konstrukte in einen Gesamtzusammenhang gebracht und bisherige Untersuchungsergebnisse vorgestellt. Daraus resultierend werden die Hypothesen postuliert. Daran anknüpfend wird das methodische Vorgehen erklärt und der zugehörige Fragebogen in seinen einzelnen Facetten näher erörtert. Der Ergebnissteil beginnt mit der Beschreibung der Stichprobe, gefolgt von der Darstellung der relevanten Ergebnisse mit Bezug zu den zuvor aufgestellten Hypothesen. Im letzten Abschnitt werden die gewonnen Ergebnisse interpretiert und mit der im zweiten Kapitel aufgezeigten Theorie verglichen.
Inhaltsverzeichnis
II. Abbildungsverzeichnis
III. Tabellenverzeichnis
IV. Abkurzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ziel der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Theoretische Grundlage
2.1 Homeoffice
2.1.1 Fuhrung im Homeoffice
2.1.2 Einfluss von Homeoffice auf das Berufs- und Privatleben
2.2 Arbeitszufriedenheit
2.2.1 Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg
2.2.2 Auswirkungen von Arbeitszufriedenheit
2.3 Arbeitsengagement
2.3.1 Job-Demands-Resources-Modell
2.3.2 Auswirkungen von Arbeitsengagement
2.4 Beziehungsqualitat zwischen Mitarbeiter*innen und Fuhrungskraft - Leader-Member- Exchange
2.5 Grenzkontrolle zwischen Berufs- und Privatleben
2.6 Das Konstrukt der Freiwilligkeit
2.7 Forschungsstand und Hypothesenbildung
2.7.1. Unfreiwilligkeit und Freiwilligkeit im Homeoffice
2.7.2 Arbeitszufriedenheit und -engagement im Homeoffice
2.7.3 Arbeitszufriedenheit und -engagement in Bezug auf Leader-Member-Exchange
2.7.4 Arbeitszufriedenheit und -engagement in Bezug auf Grenzkontrolle zwischen Berufs- und Privatleben
3 Methodik
3.1 Untersuchungsdesign
3.2 Fragebogen
3.2.1 Fragebogenkonstruktion
3.2.2 Datenerhebungsinstrument
3.3 Stichprobe
3.4 Durchfuhrung
3.5 Datenauswertung
4 Ergebnisse
4.1 Stichprobenbeschreibung
4.2 Reliabilitatsanalyse
4.3 Voraussetzungen fur eine multiple lineare Regressionsanalyse
4.4 Regressionsanalyse der Arbeitszufriedenheit
4.5 Regressionsanalyse des Arbeitsengagements
4.6 Uberprufung der Hypothesen
5 Diskussion
5.1 Interpretation und Kritik der Ergebnisse
5.2 Kritische Reflektion und Ansatze fur weitere Forschungen
5.3 Handlungsempfehlungen fur Unternehmen
5.4 Fazit
V. Literaturverzeichnis
VI. Anhangsverzeichnis
Zusammenfassung
In der hier vorliegenden Bachelorarbeit ist das Ziel die Beantwortung der Frage, welchen Einfluss die Unfreiwilligkeit des Arbeitens im Home-Office auf die Arbeitszufriedenheit und das Arbeitsengagement hat. AuBerdem gilt es zu uberprufen, welchen Einfluss die wahrgenommene Grenzkontrolle zwischen Berufs- und Privatleben und die Beziehungs- qualitat zwischen Mitarbeitenden und Fuhrungskraften auf die genannten Konstrukte aus- ubt. Um diese Fragen beantworten zu konnen, wurde eine Datenerhebung per Online- Fragebogen durchgefuhrt, wobei zu den interessierten Merkmalen, die passenden Skalen ausgewahlt wurden. Zur Uberprufung, ob die Teilnehmenden aus eigenem Willen oder durch Anordnungen Dritter im Home-Office sind, wurde vor Beginn der eigentlichen Da- tenerhebung, die Frage gestellt, ob sie mit der Entscheidung fur das Home-Office einver- standen sind oder nicht. Die Ergebnisse zeigten, dass von 196 Menschen lediglich sieben, mit dieser Entscheidung nicht einverstanden waren. Somit konnten die zuvor geplanten Mediationsanalysen nicht durchgefuhrt werden und es wurde sich auf die zwei multiplen Regressionsanalysen beschrankt. Die Auswertungen zeigen den stark signifikanten Ein- fluss der Beziehungsqualitat auf beide Konstrukte. Der Einfluss der Grenzkontrolle konnte nicht signifikant bestatigt werden. Eine Unterscheidung hinsichtlich der Auspra- gungen der unfreiwilligen Menschen im Home-Office konnte aufgrund der geringen An- zahl nicht durchgefuhrt werden. Dies zeigt, dass ein GroBteil der Menschen, das HomeOffice begruBen und das die Arbeitgeberseite die Zufriedenheit und das Engagement ihrer Angestellten uber eine gute Beziehungsqualitat leiten kann. Auch ist es empfehlenswert sie bei ihrer Praferenz hinsichtlich der Grenzkontrolle zu unterstutzen. Die Zufriedenheit und das Arbeitsengagement der Arbeitnehmerschaft werden in Zukunft an Bedeutung ge- winnen, um als Unternehmen seine Angestellten zu binden und wettbewerbsfahig zu blei- ben.
Abstract
In the present bachelor thesis, the aim of the question is what influence the involuntary work in the home office has on job satisfaction and work commitment. It is also important to check what influence this confirmed border control between professional and marked life and the quality of relationships between designers and managers has on. In order to answer these questions, data was collected via an online questionnaire, with the appropriate scales being selected for the interested characteristics. In order to check whether the participants are in the home office of their own volition or by instructions from third parties, the question was asked before the actual data collection began whether or not they agreed to the decision to work from home. The results show that out of 196 people only seven disagreed with this decision. Thus, the mediation analyzes carried out previously could not be carried out and it was limited to the two multiple regression analyzes. The evaluations show the strongly significant influence of the relationship quality on both constructs. The influence of the border control could not be confirmed significantly. A distinction between the characteristics of involuntary people in the home office could not be carried out due to the small number. This shows that the majority of people welcome the homeoffice and that the employer side can guide the satisfaction and commitment of their employees through a good quality relationship. It is also advisable to support you with your preference for border control. The satisfaction and work commitment of the workforce will gain importance in the future in order to win and immediately remain as a company of the employees
II. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:Herzbergs Zwei-Faktoren-Theorie (1959) aus Brell (2019)
Abbildung 2: Job-Demands-Resources Modell nach Bakker und Demerouti, Nachreiner & Schaufeli (2001) aus Baker & Demerouti (2007).
III. Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Deskriptive Daten der Arbeitszufriedenheit
Tabelle 2: Deskriptive Daten des Arbeitsengagement
IV. Abkurzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
In der vorliegenden Bachelorarbeit werden die Auswirkungen von Merkmalen der Ar- beitnehmer*innen hinsichtlich der Arbeitszufriedenheit und des Arbeitsengagements un- tersucht. Da die Unternehmen heutzutage vor Problemen wie einer erhohten Fluktuation (Statista, 2020) oder einer geringeren Bindung ihrer Mitarbeiter*innen (Universitat St. Gallen, 2015) stehen, gilt es zu ermitteln, was sie im Unternehmen halt bzw. bindet und wie sie si ch in ihre Tatigkeit vollkommen involviert fuhlen konnen. Hinzu kommt die rasche Verbreitung des Homeoffice durch die Corona-Pandemie (Bundesministerium fur Arbeit und Soziales, 2021) und die aus den positiven Erfahrungen gewonnene Bereit- schaft, auch nach dieser Krise weiterhin im Homeoffice arbeiten zu wollen. Im Rahmen der Untersuchung soll u. a. festgestellt werden, welchen Einfluss die Freiwilligkeit bzw. Unfreiwilligkeit der Wahl des Homeoffice als Arbeitsort auf die Arbeitszufriedenheit und das Arbeitsengagement hat, da wahrend der Pandemie aus Infektionsschutzgrunden viele Arbeitnehmer*innen aufgefordert wurden, ihren Arbeitsplatz aus dem Buro in die eige- nen vier Wande zu verlagern. Da mit der Arbeit im Homeoffice auch eine geanderte Fuh- rung der Vorgesetzten einhergeht (Roscher & Begerow, 2020), weil die Fuhrungsperson durch dennicht mehr vorhandenen personlichen Kontakt zu den Arbeitnehmer*innen nun diesbezuglich umdenken mussund der Kontakt bzw. die Beziehung nicht darunter leiden darf, wird als weitere Variable die Beziehungsqualitat zum/zur Vorgesetzten, der soge- nannte Leader-Member-Exchange mit aufgenommen. Fur Mitarbeiter*innen geht die Arbeit im Homeoffice mit der Befurchtung einher, Berufs- und Privatleben nicht klar von- einander abgrenzen zu konnen (Landes et al., 2020). Teilweise ergeben sich aber auch neue Gestaltungsmoglichkeiten dieser Welten (Universitat St. Gallen, 2015). Das „Uber- schneiden“ der eigenen Grenzen kann vor allem fur Menschen ein Problem werden, die unfreiwillig im Homeoffice arbeiten. Daher wird neben der LMX die wahrgenommene Grenzkontrolle zwischen Berufs- und Privatleben als weitere Untersuchungsvariable hin- zugezogen. Auch werden die Auswirkungen dieser zwei Variablen auf die zuvor genann- ten Konstrukte untersucht.
Das Interesse fur dieses Thema entstand angesichts der derzeit herrschenden globalen Corona-Pandemie und derwahrgenommenen Auswirkungen auf die Wirtschaft. Daruber hinaus liegt bei uns selbst eine Betroffenheit hinsichtlich des Arbeitsortes vor und wir bemerken eine Art der Umstrukturierung in unseren beruflichen Tatigkeiten. Abgesehen davon streben die Arbeitnehmer*innen „von Morgen“ nach mehr Flexibilitat und Indivi- dualitat auf der Arbeit und somit gewinnt es an Bedeutung, die damit verbundenen Aus- wirkungen zu untersuchen (Landes et al., 2020). Mehr Flexibilitat und Individualitat auf der Arbeit bedeuten gleichzeitig den Einsatz von Moglichkeiten der Heimarbeit.
GemaB den Beschlussen der Bundesregierung vom 19. Januar 2021 (Alipour, Falk, Peichl & Sauer, 2021) mussen Arbeitgeber*innen ihren Mitarbeiter*innen es zumindest anbie- ten, ins Homeoffice zu wechseln. Seit diesenEntscheidungen und der damit einhergehen- den Anderung des Infektionsschutzgesetzes mussen Arbeitnehmer*innen die angebotene Option annehmen, sofern keine zwingenden betriebsbedingten Grunde vorhanden sind, um das Infektionsgeschehen der Corona-Pandemie zu reduzieren (FAZ, 2021). Somit ergaben sich wahrend der Pandemie fur viele Menschen neue Moglichkeiten. Wahrend im Jahr 2019 nur funf Prozent ublicherweise, sieben Prozent gelegentlich und 87 Prozent nie von zu Hause aus arbeiteten (Rosenbach & Borsch, 2020) stieg der Anteil der Men- schen, die teilweise im Homeoffice arbeiten, auf 30 Prozent im Januar 2021 (Alipour et al., 2020).
Auch wenn die Mehrheit der Arbeitnehmer*innen zumindest mehrmals pro Monat auf die Moglichkeit der Heimarbeit zuruckgreifen mochte, gibt es Personen, fur die das Homeoffice bedingt durch ihre Tatigkeit1 keine Option darstellt, wahrend ein Teil der Arbeitnehmerschaft explizit keine Art der mobilen Arbeit annehmen mochte (Weichbrodt, Tanner, Josef & Schulze 2014).
Da die Arbeitszufriedenheit einen groBen Teil der Lebenszufriedenheit ausmacht und diese bedeutend mitentscheidet (Judge & Watanabe, 1993) und Arbeitnehmer*innen ih- ren Arbeitsplatz in Zukunft in Hinsicht auf eine gute Work-Life-Balance treffen werden (Landes et al., 2020), stellt dies einen wesentlichen Faktor fur Arbeitgeber*innen dar, wenn diese attraktiv und wettbewerbsfahig bleiben mochten. Das Arbeitsengagement ist ein wichtiger Gesichtspunkt fur das Commitment der Arbeitnehmer*innen und die damit verbundenen Kundigungsabsicht (Sandmeier & Mandel, 2020). AuBerdem ubt es sich positiv auf die Quantitat und Qualitat der Arbeit aus und bestimmt das Wohlbefinden der Mitarbeiter*innen (Bierhoff, 2012).Ein weiterer Aspekt dieserUntersuchung ist die Frei- willigkeit bzw. Unfreiwilligkeit, sich in der Heimarbeit zu befinden. Die Forschung hin- sichtlich dieser Thematik ist bislang noch recht ubersichtlich und wurde in der Vergan- genheit wenig thematisiert. Untersuchungen von Papineau (2017)(Kap. 2.7.1) zeigte auf, das Homeoffice-Anordnungen durch Dritte sich negativ auf verschiedene Merkmale am Arbeitsplatz auswirken. Deshalb wird empfohlen,sich diesem Thema in der Forschung starker zu widmen, denn bislang wurden eher die Zusammenhange zwischen Homeoffice und Variablen wie Leistung oder Commitment erforscht. Des Weiteren sind Bestandteile dieser Analyse die Beziehungsqualitat zwischen Mitarbeiter*in und Fuhrungskraft (Leader-Member-Exchange) sowie die Grenzkontrolle zwischen Berufs-und Privatleben als ein Teil des Boundary Managements. Diese flieBen neben der Freiwilligkeit bezuglich einesHomeoffice-Arbeitsplatzesals weitere Variablenin die Forschung ein.
Nach Aufklarung uber die Relevanz und der zu dieser Untersuchung gehorenden Variab- len lautet die Fragestellung wie folgt:
„Wie wirkt sich Unfreiwilligkeit auf einen Heimarbeitsplatz, die Grenzkontrolle zwi- schen Berufs- und Privatleben und die Beziehungsqualitat zum/zur Vorgesetzten (LeaderMember-Exchange) auf die Arbeitszufriedenheit und das Arbeitsengagement von Mitar- beiter*innen aus?“
1.1 Ziel der Arbeit
Das Ziel der Arbeit geht einher mit der Relevanz der Forschung. So sollen die Auswir- kungen unfreiwilliger Entscheidungen fur das Homeoffice hinsichtlich der Arbeitszufrie- denheit und des Arbeitsengagements aufgezeigt werden. AuBerdem gilt es zu ermitteln, inwieferndie wahrgenommene Grenzkontrolle zwischen Berufs-und Privatleben und der Leader-Member-Exchange diese Merkmale der Arbeit beeinflusst. Obwohl ubergreifend gesagt werden kann, das die Mehrheit der Arbeitnehmer*innen auch nach der Pandemie uberwiegend stundenweise oder geringfugig vollstandig im Homeoffice bleiben mochte, steht fest, dass ein nicht zu vernachlassigender Teil dies nicht mochte (Rosenbach & Borsch, 2020).Es soll demonstriert werden, dass die Option auf einen Heimarbeitsplatz eine Chance fur Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen bieten kann, verschiedene Erleb- nisse auf der Arbeit positiv zu beeinflussen.
Mit der Arbeit im Homeoffice gehen zahlreiche Vorteile einher (Landes et al., 2020). Beispielsweise deuten Studien durch den Einsatz von Homeoffice auf eine hohere Ar- beitszufriedenheit hin und der unerfullte Wunsch auf weniger Arbeitszufriedenheit. Zu- dem fallen z. B. Pendlerzeiten derMitarbeiter*innenweg (Brenke, 2016)Aber auch Nach- teile wie ein erhohter Informations- und Kommunikationsaustausch mussen in Kauf ge- nommen bzw. bewaltigt werden (Schiffer, 2020)In diesem Kontext werden die Bedeu- tung des Leader-Member-Exchange-Ansatzes und die Moglichkeiten der wahrgenomme- nen Grenzkontrolle zwischen Berufs- und Privatleben veranschaulicht undes wird erlau- tert, wie Arbeitgeber*innen durch deren richtige Handhabung die Arbeitserfahrungen der Mitarbeitenden positiv gestalten und somit positive Auswirkungen fur ihre Unternehmen erfahren konnen.
Auf der anderen Seite soll deutlich gemacht werden, dass es voraussichtlich nicht von Vorteil ist, aufgrund der scheinbar uberwiegenden Vorteile alle Mitarbeiter*innen in die Heimarbeit zu schicken, nur weil ein GroBteil der Arbeitnehmer*innen von zuHause aus arbeiten mochte und sich Kostenersparnisse fur die Arbeitgeber*innen ergeben, weil etwa weniger Buroflache zur Verfugung gestellt werden muss (Beck, 2019). Uberdies wird dargestellt, warum es in heutiger Zeit wichtiger denn je ist, dass Arbeitszufriedenheit und -engagement bei den Mitarbeitenden ausgepragt werden. Dafur werden relevante Zusam- menhange hinsichtlich dieser Konstrukte angefuhrt.
Daruber hinaus soll hervorgehoben werden, welchen Einfluss die Grenzkontrolle und der LMX auf Arbeitszufriedenheit und -engagement haben. Diese Zusammenhange werden uberpruft, da ein groBer Teil der Heimarbeiter*innen befurchtet, dass durch das Homeoffice die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben verschwimmen (Landes et al., 2020).Der Einsatz von mobilen Arbeitsformen muss mit einer gezielteren bzw. erhohten Beziehungsqualitat einhergehen, somit wird der Einfluss des LMX im Zusammenhang mit der Wahl der Freiwilligkeit auf eine mobile Arbeitsform bzw. Homeoffice auf die Arbeitszufriedenheit und das Arbeitsengagement untersucht.
1.2 Aufbau der Arbeit
Zuerst wird im theoretischen Hintergrund das Konzept des Homeoffice erklart und von anderen mobilen Arbeitsformen abgegrenzt. Was waren die Veranderungstreiber und wie gestaltete sich die bisherige Entwicklung, auch wahrend der Corona-Pandemie? Im Zu- sammenhang mit dem Homeoffice, werden generelle Anforderungen an die Fuhrungs- krafte hinsichtlich der Thematik „Fuhrung auf Distanz“ aufgezeigt. Ebenfalls wird ver- deutlicht, welchen Einfluss mobile Arbeitsformen auf das Berufs-und Privatleben haben. Es folgen die Erklarungen und Definitionen der Variablen Arbeitszufriedenheit und Ar- beitsengagement, diese werden unterstutzt durch Modelle erklart. Des Weiteren werden fur die Zukunft relevante Zusammenhange erlautert und es wird dargelegt, warum es wichtig ist, diese bei Arbeitnehmer*innen auszupragen. Im Anschluss folgendie Erkla- rungen und Definitionen der Variablen Grenzkontrolle und Leader-Member-Exchange. Weil hinsichtlich der Beschaftigung auBerhalb des Prasenzburos die Freiwilligkeit der Wahl dieser Arbeitsform eine Rolle spielt, wird das Konzept der Freiwilligkeit erklart und eingeordnet. Daran knupftdie Prasentation des Forschungsstandes an. Hier werden dieKonstrukte in einen Gesamtzusammenhang gebracht und bisherige Untersuchungser- gebnisse vorgestellt. Daraus resultierend werden die Hypothesen postuliert. Daran an- knupfend wird das methodische Vorgehen erklart und der zugehorige Fragebogen in sei- nen einzelnen Facetten naher erortert.Der Ergebnissteil beginnt mit der Beschreibung der Stichprobe, gefolgt von der Darstellung der relevanten Ergebnissemit Bezug zu denzu- vor aufgestellten Hypothesen. Im letzten Abschnitt werden die gewonnen Ergebnisse in- terpretiert und mit der im zweiten Kapitel aufgezeigten Theorie verglichen. Gemeinsam- keiten und Unterschiede in den Befunden werden aufgezeigt. AbschlieBend wird die Arbeit kritisch reflektiert. Es werden Vorschlage und AnstoBe fur zukunftige Forschungen sowie Handlungsempfehlungen fur die Wirtschaft aufgrund der Ergebnisse und der ge- fundenen Literaturgegeben. Zuletzt wirdin einem Gesamtfazit die Arbeit resumiert.
2 Theoretische Grundlage
Derfolgende Abschnitt beginnt zuerst mit einer Definition des Homeoffice und es werden Zusammenhange mit den Variablen LMX und der Grenzkontrolle aufgezeigt. Es folgen die Definitionen der Variablen Arbeitszufriedenheit und Arbeitsengagement und es wird aufgezeigt, welche Zusammenhange sich bezuglich dieser Konzepte ergeben und weshalb diese von Bedeutung sind.Um die Konstrukte zu veranschaulichen, kommen unterstut- zende Modelle zum Einsatz. Im Anschluss daran werden die beiden Begriffe LeaderMember-Exchange und Grenzkontrolle zwischen Berufs- und Privatleben bestimmt und erlautert. AnschlieBend wird der Aspekt der Freiwilligkeit genauer erortert. Daraufhin werden diesein Kombination mit dem Forschungsstand in einen Gesamtzusammenhang mit den zuvor definierten Variablen gebracht.
2.1 Homeoffice
Der Begriff des Homeoffice ist weit gefasstund bezieht sich nicht ausschlieBlich auf das Arbeiten von zuHause aus (Albrecht et al., 2020).Im allgemeinen Sprachgebrauchhan- delt es sich um einen Oberbegriff fur mobiles Arbeiten, Telearbeit oder alternierende Telearbeit. Ein Telearbeitsplatz ist ein fest eingerichteter Arbeitsplatz im Privatbereich des Arbeitnehmers.Die zu erbringende wochentliche Arbeitszeit ist wie bei einem regularen Angestelltenverhaltnis vertraglich festgehalten und zu leisten. Diese Form der Heimarbeit ist arbeitsschutzrechtlich besser geregelt als das mobile Arbeiten (Ahlers et al., 2021). Das mobile Arbeiten grenzt sich dahingehend ab, dass hier das generelle ortsunabhangige Arbeiten gemeint ist (Ducki, Gerstenberg & Nguyen, 2017). Gearbeitet wird von uberall und zu jeder Uhrzeit, wobei die Arbeitsmittel, oftmals ein Smartphone und ein Laptop, vom Arbeitgebenden gestellt werden (Albrecht et al., 2020). Da es verschiedenen Defi- nitionen fur Homeoffice, Telearbeit bzw. alternierende Telearbeit gibt, bezieht sich diese Arbeit auf alle Begrifflichkeiten unter dem Homeoffice-Begriff.
Die Anfange des Heimarbeitsplatzes gehen zuruck auf die 1970er-Jahre (Gisin et al., 2013). Zu diesem Zeitpunkt wurde eine Alternative gesucht, um den Pendelverkehr und den Olverbrauch zu reduzieren. In Kombination mit den Megatrends Globalisi erung und Digitalisierung nahm der Wunsch nach dieserArbeitsform immer starker zu (Rotz, Gisin & Magnin, 2021). Nicht nur die aktuelle globale Pandemie hat die Bedeutung des Homeoffice fur Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen stark vorangetrieben (Alipour, Falck, Schuller, 2020), sondern auch verbesserte Technologien, das Breitbandnetz oder die technische Entwicklung mobiler Gerate wie Smartphone oder Notebook haben die technische Umstrukturierung beschleunigt.Hinzu kommt die erhohte Mobilitat der Men- schen, die die Notwendigkeit mobiler Arbeitsformen unterstreicht.
Laut einer Umfrage von Statista (2021) mit n = 6.200 arbeiteten nur knapp vier Prozent der Arbeitnehmer*innen vor der Pandemie im Homeoffice. Im ersten „Lockdown“ (April 2020) stieg dieser Anteil auf 27 Prozent an und pendelte sich im Januar 2021 auf 24Pro- zent ein. Allerdings wollen die meisten Menschen diesen Zustand in der Zeit nach der Pandemie aufrechterhalten, zumindest teilweise. Mehrheitlich wollen Mitarbeitende zwei bis drei Tage in der Woche weiterhin von zu Hause aus arbeiten (Fordermann, Grunau, Haas & Muller 2021). Die groBte Praferenz besteht dahingehend, die Flexibilitat beizu- behalten. Die eigenen Praferenzen an seinen Job anpassen zu konnen, steht im Fokus.
2.1.1 Fuhrung im Homeoffice
Spricht man von der raumlichen distanzierten Fuhrung im Zusammenhang mit der fort- schreitenden Digitalisierung bzw. dem digitalen Zeitalter (z. B. Sikora, 2017), so ist nicht nur mehr von „Fuhrung“ die Rede, sondern von Begriffen wie „Fuhrung auf Distanz“ oder „digital Leadership“.
Die Fuhrung der Arbeitnehmer*innen stellt Vorgesetzte im digitalen Zeitalter vor neue Herausforderungen, vor allem bedingt durch das Homeoffice oder generelle mobile Ar- beitsformen (Landes et al., 2020). Arbeitsformate wie das Homeofficewerden in Zukunft weiter zunehmen Dahingehend wird die Mitarbeiterfuhrung uber eine Distanz hinweg einen groBeren Stellenwert erhalten und eher zur Normalitat werden als das Arbeiten vor Ort (Wurnig, 2017 zitiert in Furst & Bohlen, 2019). Damit die aus dem Homeoffice re- sultierenden Vorteile, wie mehr Autonomie der Arbeitnehmer*innen, auch ihre Wirkung erzielen, steht ihr eine gute Fuhrung als Grundbedingung gegenuber (Simsa & Patak, 2021).
Als eine der groBten Herausforderungen fur Fuhrungskrafte im Homeoffice sieht (Remdisch, 2005)neben dem nicht sichtbaren Verhalten der Mitarbeiter*innen den Auf- bau von Vertrauen. Dies sollte ihm zufolge durch einen erhohten Informationsaustausch und mehr Interaktion auf sozialer Ebene gefordert werden. Weitere Problematiken in der „Fuhrung auf Distanz“ konnen das Zustandekommen eines Isolationsgefuhls der Mitar- beitenden(Zirkler et al., 2020), Hurden beim Leistungsfeedback oder die raschere Entwicklung von Konflikten oder Missverstandnissen sein (Remdisch, 2015). Dadurch, dass Fuhrungskrafte durch das Homeoffice mehr Kontrolle abgeben, mussen ein starkeres Vertrauen gegenuber ihren Mitarbeiter*innen aufbauen (Furst & Bohlen, 2019;Schwarz- muller et al., 2017). Dies fordern sie am besten durch Empathie, Sinnstiftung bei den Aufgaben und Glaubwurdigkeit ihrerseits.
Uberdies muss sich die moderne Fuhrung starker an den Bedurfnissen der Arbeitneh- mer*innen ausrichten (Schwarzmuller et al.,2017). Fuhrungskrafte sollten gewahrleisten, dass ihre Mitarbeiter*innen alle notwendigen Ressourcen zu ihrer Verfugung haben, um eine erfolgreiche Ausfuhrung der Arbeit sicherstellen zu konnen. Insbesondere mit Blick auf altere Mitarbeiter*innen, die im IT-Bereich oftmals nur ein begrenztes Know-How besitzen, sollten Fuhrungskrafte fur geeignete Fort-und WeiterbildungsmaBnahmen sor- gen2 {Citation}. Diese Fortbildungen betreffen auch Zeit- und Selbstmanagement MaB- nahmen, um das eigenverantwortliche Arbeiten zu unterstutzen (Schwarzmuller et al., 2017). Denn durch das Arbeiten im Homeoffice entsteht mehr Autonomie bei der Arbeit- nehmerschaft und mit dieser kann nicht jede Person auf Anhieb umgehen.
Zusammenfassend muss die Fuhrung an die Digitalisierung angepasst werden - Vorge- setzte mussen starker auf ihre Untergegebenen zugehen und mehr kommunizieren (Hermann, Huneke & Rohrbach, 2006). Zudem sollten sie potenzielle Problematiken selbst ansprechen und den gesamten Kommunikationsprozess, der in der Distanzfuhrung einge- schrankt ist, fordern. Als Fuhrungskraft bildet man die Schnittstelle der einzelnen Mitar- beiter*innen untereinander und ist dafur mit verantwortlich, dass die Angestellten den Kontakt und die Kommunikation aufrechterhalten und das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen verlieren. Fuhrung sollte sich, wenn sie nicht in Prasenz stattfindet, durch eine starkere Beziehungsorientierung auszeichnen (Schwarzmuller et al., 2017). Hier knupft auch das Konzept des Leader-Member-Exchange an, das eingesetzt wird,um eine quali- tativ hochwertige Beziehung mitden Mitarbeiter*innen im Homeoffice zu fuhren und die negativen Folgen mobiler Arbeitsformen zu reduzieren (de Vries et al., 2019).
2.1.2 Einfluss vonHomeofficeauf das Berufs- und Privatleben
Durch eine Anderung der traditionellen Organisation mit Buros an einem Standort hin zu einer virtuellen Organisation verlagert sich der physische Ort der Arbeit (Habib & Cornford, 1996). Der neue Arbeitsplatz findet in der Familie statt, einer bisher sehr struk- turierten und komplexen sozialen Gruppe. Durch das Einfuhren von Homeoffice fallen tagliche Routinen wie der Weg zur Arbeit, die Mittagspause und der Weg nach Hause weg und somitauch die raumliche Trennung zwischen dem Privat-und Arbeitsleben. Die bisherige klare Trennung zwischen Beruf und Arbeit muss nun folglich anders abgegrenzt werden, sodass auch die Kontrolle uber diese Grenzen eine neue Relevanz erhalt (Habib & Cornford, 1996).
Verschiedene Aspekte fuhren dazu, dass die Abgrenzung nicht wie bisher stattfinden kann. Mitarbeiter*innen, die gerade erst anfangen im Homeoffice zu arbeiten, haben zu Beginn Probleme damit, die zuvor klar getrennten Bereiche Privat- und Berufsleben mit einer neuen Grenzgestaltung zu handhaben (Habib & Cornford, 1996). Die Vermischung des Arbeits-und Privatlebens fuhrt z. B. dazu, dass sie auBerhalb der normalen Arbeitszeit am Abend arbeiten und das die Arbeit am Wochenende verubt wird (The ILO's Social Finance, 2017). So mochten viele Arbeitgeber*innen, das die Arbeitnehmer*innen auch auBerhalb der Arbeitszeit inberuflichenAngelegenheiten erreichbar sind (Menz, Pauls & Pangert, 2016).
Ein weiter Aspekt ist, dass Freunde und Familien der Mitarbeitenden nicht der Meinung sind, dassHomeoffice eine ausreichende Entschuldigung ist,um sich aus sozialen Ver- pflichtungen zuruckzuziehen (Kinsman, 1987).Dies bedeutet, dass man wahrend der re- gularen Arbeitszeit immer wieder zu Pausen gedrangt wird, um familiare- und Privatan- gelegenheiten zu erledigen. Dazu zahlen bspw. die Fursorge der Kinder oder das Erledi- gen alltaglicher Hausarbeiten. Besonders Arbeitnehmer*innen, die ihr Homeoffice in Haushalten mit Familien betreiben, haben Probleme damit,Familie und Arbeit gemein- sam gerecht zu werden, die Arbeit zu erledigen und gleichzeitig die Kinder zu betreuen Durch eine Vermischung der beidenkontraren BereicheBerufs-und Privatleben ist die Wahrscheinlichkeit von Erschopfung, wahrgenommenem Stress und krankheitsbedingter Abwesenheit hoher (Minow & Swart, 2019).
Zwei Studien zeigen auf, dass bei Mitarbeitende bereits bevor sie ins Homeoffice ge- wechselt sindein Bewusstsein daruber bestand, wie das Homeoffice ihr Privatleben be- einflusst.Bei den Top-1000-Unternehmen weltweit hegen 60 Prozent der Mitarbeiter*in- nen die Befurchtung, dass durch die Heimarbeit Privat- und Berufsleben nicht mehr klar voneinander getrennt werden konnen (Weitzel et al.,2019).Ein ahnliches Ergebnis fuh- ren Arnold, Steffes undWolter(2015) auf, denn die Trennbarkeit von Arbeits- und Pri- vatleben giltfur 50 Prozent der Befragten Menschen als das groBte Problem im Kontext der Thematik des Homeoffice.
Trotz dieser Befurchtungen ist die Familie der haufigste Grund fur Arbeitnehmer*innen, von der traditionellen Arbeitsform in das Homeoffice zu wechseln (Blanc, 1988; Gray, Hodson & Gordon, 1993 zitiert nach Habib & Cornford, 1996).
2.2 Arbeitszufriedenheit
Laut Felfe und Six (2006) sind die Arbeitszufriedenheit und das Commitment die beiden zentralen Konzepte der Arbeits- und Organisationspsychologie, mithilfe dererman das Verhalten und Erleben von Mitarbeitenden in Unternehmen beschreiben, erklaren und vorhersagen kann. Somit ist dieses Konstrukt eines der wichtigsten im Bereich der Ar- beits- und Organisationspsychologie (Felfe & Six, 2006). Dennoch ist esnoch nicht ein- heitlich definiert und es gibt, vor allem im akademischen Bereich, eine Vielzahl verschie- dener Begriffsbestimmungen (Zhu, 2013). Eine Ubersicht aller bisherigen vorangegan- genen Definitionen der Jahre 1931 bis 2006 findet sich bei Zhu (2013).
Arbeitszufriedenheit ist eines der popularsten Konzepte hinsichtlich der Anzahl an For- schungen, was Mitarbeiter motiviert, sie im Unternehmen halt und an die Arbeitgeber*in- nen bindet (Felfe & Six, 2006). Die Arbeitszufriedenheit der Arbeitnehmer*innen richtet sich an der Bewertung der gesamten Arbeitssituation oder einzelner Bereiche der Tatig- keit aus. Hierzu zahlen z. B. die Bezahlung, die Tatigkeit als solche oder auch der/die Vorgesetzte. Das Ergebnis dieser Bewertung endet in Zufriedenheit oder Unzufrieden- heit. Diese subjektive Bewertung der Mitarbeitenden (oder Fuhrungskrafte) eines Unter- nehmens gewinnt zunehmend an Bedeutung und wird zu einem der zentralen betriebspo- litischen Erfolgsfaktoren (Schulte & Winck, 1985).
Spector (1997) definiert Arbeitszufriedenheit folgendermaben: „[...] simply how people feel about their jobs and different aspects of their jobs. As it is generally assessed, job satisfaction is an attitudinal variable“ (S. 2).
Churchill et al. (1974) beschreiben Arbeitszufriedenheit als ein Konzept, das die Merk- male des Arbeitsplatzes und des berufsbezogenen Umfeldes enthalt.
Arbeitszufriedenheit kann weiterhin als ein weltweites Gefuhl verstanden werden (Spector, 1997) undlasst sich entweder als ein einziges Item messen (und meint somit die allgemeine Zufriedenheit auf der Arbeit) oder aber auch als Summe der einzelnen Facetten wie der Beziehung zum/zur Vorgesetzten oder der Arbeitsbedingungen (Felfe & Six, 2006).
2.2.1 Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg
Doch davon auszugehen, dass Mitarbeitende, die nicht unzufrieden sind, gleichzeitig zu- frieden sind, ware zu kurz gedacht (Becker, 2019). Genau an diesem Punkt setzt dieZwei- Faktoren-Theorie von FrederickHerzberg an.Er unterscheidet zum einen Faktoren, die fur Motivation bzw. Zufriedenheit am Arbeitsplatz sorgen, und zum anderen die Fakto- ren, die Unzufriedenheit vermeiden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1:Herzbergs Zwei-Faktoren-Theorie (1959) aus Brell (2019).
Herzberg wollte herausfinden, was Mitarbeiter motiviert bzw. demotiviert oder was sie zufrieden bzw. unzufrieden macht (Becker, 2019; Gerth, 2001). Hierfur wurden 1.685 Mitarbeiter*innen verschiedenster Branchen und Positionen konkret dazu befragt, was siein der Vergangenheit zufrieden oder unzufrieden gestellt hat (Nyikos, 2016).Die Er- gebnisse waren klar abtrennbar und lieBensich somit in Kategorien aufteilen.Es stellte sich heraus, dass Zufriedenheit und Unzufriedenheit zwei Konstrukte sind, die von unter- schiedlichen Merkmalen beeinflusst werden. So differenzierte erin Hygienefaktoren, also Werte, die Unzufriedenheit vermeiden, und Motivatoren, d. h. Faktoren, dieZufriedenheit bedienen, und stellte fest, dass Unzufriedenheit und Zufriedenheit zwei verschiedene Konstrukte sind, die nicht eindimensional betrachtet werden konnen. Sind also bspw. die Motivatoren nicht gedeckt, fuhrt dies nicht zu Unzufriedenheit, sondern zu einem neutra- len Zustand (Nerdinger, 2019).Selbiges gilt fur die Hygienefaktoren.
Die Hygienefaktoren, auBere Umstande auf der Arbeit wie z. B. Gehalt, Personalpolitik oder imHinblick auf diese Untersuchung der Fuhrungsstil und der Einfluss auf das Pri- vatleben wirken sich auf die Unzufriedenheit aus und tragen dazu bei,diese zu verhindern (Becker, 2018).Sind diese entsprechend nach den Vorstellungen der Mitarbeitenden aus- gepragt, fuhren sie zur Vermeidung von Unzufriedenheit.
Die Motivatoren sind die Faktoren, nach denen die Mitarbeiter*innen streben,sie bezie- hen sich auf die Arbeitals solche und tragen zu der Zufriedenheit eines/einer Arbeitneh- menden bei (Nyikos, 2016) - allerdings nur, wenn die Hygienefaktoren vorher optimiert wurden. Eine Arbeitskraft kann zwar im Unternehmen oder im Beruf eine Beforderung erhalten oder Verantwortung wahrnehmen, wird aber, wenn Gehalt oder Arbeitsbedin- gungen dauerhaft entgegen ihrer Vorstellungen verlaufen, unzufrieden bleiben. Ziel ist es, in einem ersten Schritt die Hygienefaktoren zu optimieren und einen neutralen Zustand herzustellen, um dann in einem zweiten Schritt die Motivatoren aufleben zu lassen und Zufriedenheit zu ermoglichen.
Dementsprechend lassen sich folgende Zustande abgrenzen(vgl. Nykios, 2016; Becker, 2019):
1. Hygienefaktoren und Motivatoren sind beide gering ausgepragt: Der/die Arbeit- nehmer*inist weder motiviert noch zufrieden und erlebt auch keine kurzfristige Motivation. Die Folgen sind Absentismus von der Arbeit, hohe Fluktuation und eine geringe Arbeitsleistung. Dies ist der Zustand, der am unerwunschtesten ist und am meisten negatives Verhalten mit sich bringt.
2. Die Hygienefaktoren sind niedrig, aber die Motivatoren hoch: Die Arbeitskraft ist zwar in ihre Tatigkeit involviert, aber die auBeren Umstande, wie eine schlechte Verwaltung im Unternehmen oder eine schlechte Beziehung zur Fuhrungskraft, reduzieren dieses Erlebnis.
3. Die Hygienefaktoren sind hoch, aber die Motivatoren niedrig: Das Arbeitsumfeld ist zwar angenehm und die auBeren Umstande fallen zugunsten derMitarbeiten- den aus, aber die Belegschaft empfindet keine Freude bei ihrer Arbeit.
4. Sowohl die Hygienefaktoren als auch die Motivatoren sind ausgepragt: Dies ist der Wunschzustand. Die Arbeitnehmer*innen sind mit ihrer Tatigkeit vollkom- men zufrieden und die auBeren Umstande wirken unterstutzend und hindern sie nicht. Sie wirken eher forderlich fur die eigentliche Arbeit und unterstreichen das positive Erlebnis.
Kritik an dem Modell:
Doch auch an diesem Modell gibt es Kritik. Ein Punkt besteht darin, dass Arbeitszufrie- denheit gerade dann entsteht, wenn wenig Leistung im Unternehmen erbracht werden muss oder die Arbeitnehmer*innen ihr Leistungspensum unten halten (Becker, 2019). AuBerdem ergibt sich Zufriedenheit gerade dann, wenn die personlichen Ziele auf der Arbeit verwirklicht werden konnen, aber die Organisationsziele verfehlt werden. Becker (2019) fuhrt hier als Beispiel einen Bankberater an, der seinen eigenen Profit auf Kosten der Kund*innen erhoht. Damit schafft man es zwar, die eigenen Ziele zu erreichen, aber Unternehmensziele wie die Kundenbindung leiden darunter und werden nicht erfullt. Ein weiterer Kritikpunkt liegt in der Fuhrung. Fuhrung kann laut diesem Modell lediglich Unzufriedenheit vermeiden, aber nicht herstellen. Somit ware Unklarheit uber die wahren Motivatoren ebenfalls denkbar. Auffallend ist, dass die Grunde fur Zufriedenheit in den Personen selbst (intrinsisch) unddie Ursachen fur Unzufriedenheit auBerhalb der Perso- nen (extrinsisch) liegen. Psychologisch spricht man hier von externer Attribution.Wei- terfuhrende Literatur, die diese Theorie hinsichtlich verschiedener Kritikpunkte nochein- mal aufgreift, findet sich in dem Projektbericht von Buettner (2010). AbschlieBend kann die aufgestellte Theorie von Herzberg dennoch als eine der bedeutendsten im Zusammen- hang mit der Entstehung von Arbeitszufriedenheit bzw. -motivation angesehen werden (Buettner, 2010).
2.2.2 Auswirkungen von Arbeitszufriedenheit
Die Relevanz des Konstruktes der Arbeitszufriedenheit steht auber Frage. Angesichts samtlicher Literaturwerke und Studien rund um dieses Thema wird klar, diese Variable ist sowohl fur Arbeitgeber*innen als auch fur Arbeitnehmer*innen von grober Bedeu- tung. Damit geht eine Reihe von Zusammenhangen fur beide Gruppen einher. Im Folgen- den werden wichtige Konstrukte aufgezeigt, die mit der Arbeitszufriedenheit in Verbindung stehen, und es wird erklart, warum Arbeitgeber*innen diese bei ihren Mitarbeiten- den auspragen sollten.
Commitment - Bindung der Arbeitnehmenden an das Unternehmen
Laut Felfe & Six (2006) versteht man unter Commitment die langfristige, auch emotionale Bindung eines/einer Mitarbeitenden an ein Unternehmen. Bei diesem Ansatz kann die Arbeitszufriedenheit mitwirken und Unterstutzung liefern. Da sich Arbeitszufrieden- heit allerdings langsamer manifestiert als Commitment und diese auch langfristiger und stabiler ist, sollten Arbeitgeber*innen entsprechend zuerst an diesem Punkt ansetzen. Ebenfalls ist denkbar, dass sich beide Konstrukte kausal gegenseitig beeinflussen, d. h. Zufriedenheit fuhrt zu Commitment und Commitment erhoht die Zufriedenheit (Farkas & Tetrick, 1989).So zeigten Ergebnisse aus Studien, die den Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und Commitment untersuchten, einen durchschnittlichen Zusam- menhang von .67 (vgl. Farkas & Tetrick, 1989; Felfe & Six, 2006; Mathieu & Zajac, 1990). Zudem wurde festgestellt, dass der Zusammenhang zwischen den Konstrukten von der Zeit abhangt und mit dieser zunimmt. Uberdies konnte Clugston (2000) einen signi- fikanten Zusammenhang (.82) zwischen der Arbeitszufriedenheit und dem affektiven Commitment nachweisen.
Im Hinblick auf den demographischen Wandel und den daraus resultierenden Mangel an Fachkraften erhalt die Mitarbeiterbindung, also das Commitment, einen hohen Stellen- wert, um dem zukunftigen Aussterben des eigenen Unternehmens oder starken wirt- schaftlichen Einbuben entgegenzuwirken, einen hohen Stellenwert (Krill, 2011).Bei die- ser Kernproblematik geht es nicht um einzelne Unternehmen, sondern um ganze Wirt- schaftszweige und einen betrachtlichen Schaden fur die Volkswirtschaft. So gaben allein 2013bereits 70 Prozent der befragten Personalverantwortlichen an, dasssie schonheute die Auswirkungen des Fachkraftemangels spurten (Statista, 2013).
Doch nicht nur der demographische Wandel zeigt auf, dass die Mitarbeiterbindung essen- ziellist, auch das Phanomen des Jop Hoppings bringt hervor, dass sich Arbeitgeber*innen nicht nur darum kummern mussen, fruhzeitig junge Fachkrafte zu akquirieren, sondern auch dafur Sorge tragen sollten, diese zu halten. Jop Hopping bezieht sich auf die Ten- denz, ein Unternehmen kurz nach Karrierestart wieder zu verlassen (Pandey, 2019).Diese Art des schnellen Arbeitgeberwechsels ist zuruckzufuhren auf kaum wahrgenommene Weiterentwicklungschancen, wenig Karrierevorteile oder auch fehlende finanzielle Vor- teile.In diesem Zusammenhang sind Parallelen zu Herzbergs Theorie zu erkennen. Als Millennials oder Generation Y wird die Generation bezeichnet, die in den 1980er- und 1990er-Jahren geboren worden ist (Parment, 2009).In dieser Generation findet sich das oben beschriebene Phanomen uberhaufig, auch dadurch bedingt, das man heute online immer und uberall nach neuen Jobs Ausschau halten und sich bewerben kann (Pandey, 2019). Somit muss der/die Arbeitgeber*in nicht nur den Folgen des demographischen Wandels entgegenwirken, sondern auch den Praferenzen der Generation Y folgen und diese in ihren Wunschen unterstutzen, um sie ans Unternehmen zu binden und somit zu halten.
Fluktuation und Fehlzeiten bei Mitarbeitenden
Fehlzeiten, Fluktuation oder Abwesenheit sind Variablen, die starken Einfluss auf die zukunftige Entwicklung von Unternehmen haben (Ozdemir, 2008). SchlieBlich ist ein Unternehmen zu groBen Teilen von dem Resultat der Anwesenheit der Mitarbeiter*innen abhangig.Die Folgen von Abwesenheit der Stammbelegschaft in Unternehmen fuhren zu MaBnahmen, die ergriffen werden, um diese auszugleichen, und somit zu weiteren Kos- ten. Es werden Uberstunden angeordnet (oder mussen angeordnet werden) oder externe Mitarbeiter*innen angestellt, dies fuhrt zu Veranderungen an oder Hinderungen in Ar- beitsablaufen/-prozessen und die Angestellten sind demotivierter.
In den Berufsgruppen der Angestellten ohne Fuhrungsverantwortung und bei den Berufs- einsteiger*innen mit bis zu drei Jahren Berufserfahrung tritt die Fluktuation am starksten auf (Brence et al., 2019). Haufig genannte Grunde fur den Austritt sinddie Unzufrieden- heit mit der Fuhrungskraft, dem Lohn und den Aufstiegsmoglichkeiten. Ebenso ist Fluk- tuation teuer. Nach einer Analyse von Deloitte (20 19) lohnt es sich fur ein Unternehmen, Gegenmabnahmen zu konzipieren bzw. in diese zu investieren. Ungewollte Fluktuation kostet ein Unternehmen mit unter 100 Mitarbeitenden im Mittel 13.705,00 €.
In Anlehnung an die Variablen dieser Arbeit,die oben beschriebene Theorie von Herzberg und die Befunde von Ozdemir (2008) nehmen folgende Faktoren Einfluss auf die Grunde, aus denen Mitarbeiter*innen fehlen:
1. Arbeitsbedingungen und -zustande: Uber- oder Unterforderung, Arbeitszeiten, Unzufriedenheit mit materiellen Leistungen.
2. Fuhrungsverhalten: schlechter Fuhrungsstil (z.B. zu autoritar), keine Wertschat- zung gegenuber den Mitarbeitenden und deren Leistungen.
3. Organisation des Unternehmens: Karriere- und Aufstiegsmoglichkeiten.
Nach seiner Untersuchung des Zusammenhanges zwischen Arbeitszufriedenheit und Fluktuation kam Neuberger (1974) zu dem Resultat, „dass dieser Zusammenhang zwar stabil, aber nicht besonders hoch ist: wenn wir - etwas grobzugig - von einem durch- schnittlichen Korrelationskoeffizienten von .25 bis .30 ausgehen, dann werden durch ,Unzufriedenheit‘ nur ca. 5-10 % der Varianz von Fluktuation erklart“ (Neuberger 1974b, S. 144 zitiert in Meyer, 2013). Gleichzeitig postuliert er im selben Zusammenhang mog- liche Grunde fur diesen Zusammenhang: Auf der einen Seite seien Fehlzeiten und Fluk- tuation problematischer zu erfassen,als dies im ersten Moment scheine, auberdem sei das Konstrukt Arbeitszufriedenheit mit einem einzigen Item erfragt worden (Neuberger 1974b, S. 152 zitiert in Meyer, 2013).
Unterstutzende Erklarungen zwischen der Kundigungsabsicht derMitarbeiter*innenund der Arbeitszufriedenheit findensich auch in der Anreiz-Beitrags-Theorie (vgl. Martin & Nienhuser, 1998). Forschungsarbeiten im Zusammenhang mit dieser Theorie liefern Martin und Kabst (2013).Sie untersuchten den Zusammenhang zwischen der Mitarbeiterori- entierung und dem okonomischen Erfolg eines Unternehmens. Dassaber auch zufriedene Angestellte ihren Job und das Unternehmen verlassen und mit welchen Facetten dies zu tun hat, zeigte Huf (2020).
Ein*e Arbeitnehmer*in steht taglich vor Arbeitsbeginn erneut vor der inneren und damit unbewussten Frage, ob er/sie jetzt wirklich zur Arbeit fahrt, inwieweit es ihn/sie erfullt oder ihm/ihr einen Nutzen gibt (Ozdemir, 2008). Ein*e Arbeitgeber*in kann und will diese Frage positiv fur den/die Arbeitnehmer*in beantworten. Um dies zu tun, mussen Arbeitgeber*innen in individuelle und nachhaltige Weiterbildungsmabnahmen ihrer An- gestellten investieren und auf deren Bedurfnisse eingehen (Brence et al., 2019). Unter- nehmen mit zufriedenen Mitarbeitenden sind nicht nur effektiver, sondern erleben auch weniger Fluktuation.
2.3 Arbeitsengagement
Kahn (1990) definiert personliches Engagement bei der Arbeit als den maximalen, be- wusstenund gleichzeitigen Einsatz von physischer, kognitiver und psychischer Anstren- gung bei der Ausfuhrung der Rolle des/der Einzelnen in seiner/ihrerArbeit. Arbeitsenga- gement ist kein vorubergehender und spezifischer Zustand, sondern bezieht sich auf einen anhaltenden und allgegenwartigen affektiv-kognitiven Zustand, der sich nicht auf ein be- stimmtes Objekt, ein Ereignis, eine Person oder ein Verhalten konzentriert. Die am haufigsten verwendete Definition fur Arbeitsengagement lautet:
„[...] positive, fulfilling, work-related state of mind that is characterized by vigor, dedication, and absorption" (Schaufeli, Salanova, Gonzalez-Roma & Bakker, 2002, S. 74).
Vitalitat ist gekennzeichnet durch ein hohes MaB an Energie und geistiger Belastbarkeit wahrend der Arbeit, ebenso durch dieBereitschaft,sich anzustrengen und Ausdauer auch angesichts von Schwierigkeiten zu zeigen (Schaufeli et al., 2002). Hingabe bezieht sich darauf, dass man sich stark in seine Arbeit einbringt und ein Gefuhl von Bedeutung, En- thusiasmus, Inspiration, Stolz und Herausforderung empfindet. Absorption zeichnet sich dadurch aus, dass man vollkommenkonzentriert und glucklich in seine Arbeit vertieft ist, wobei die Zeit schnell vergeht und man Schwierigkeiten hat, sich von der Arbeit zu losen. Bevor Arbeitsengagementmit diesen drei Eigenschaften charakterisiert wurde, ging man davon aus, dass Arbeitsengagement und Burnout zwei Gegenpole im Zusammenhang des arbeitsbezogenen Wohlbefindens darstellten (Maslach, Schaufeli,Leiter, 2001).
Ein Burnout wird definiert als Syndrom, das bei Individuen durch die empfundene emotionale Erschopfung, Depersonalisierung und reduzierte personliche Leistungsfahigkeit bei der Arbeit mit Menschen entsteht (Maslach & Jackson, 1984).
Das Konstrukt Burnout wird durch die drei Elemente Erschopfung, Zynismus und beruf- liche Wirksamkeit gepragt (Schaufeli & Bakker, 2004). Erschopfung bezieht sich nach der MBI-GS3 -Definition auf Gefuhle von Uberanstrengung, Mudigkeit oder Erschopfung durch emotional uberfordernde Arbeit (Maslach et al., 1996). Das Element Zynismus spiegelt eine Gleichgultigkeit oder distanzierte Haltung gegenuber der Arbeit im Allge- meinen wider. Der letzte Aspekt, die berufliche Wirksamkeit, umfasst das Kompetenzge- fuhl, den Erfolg und die Leistung in der eigenen Arbeit.
Die Konstrukte Burnout und Arbeitsengagement korrelieren negativ miteinander. Die Sub-Skala des Arbeitsengagements „Vitalitat“ steht diesbezuglich der Sub-Skala von Burnout „Erschopfung“ gegenuber und die Sub-Skalavon Arbeitsengagement „Hingabe“ der Sub-Skalavon Burnout „Zynismus“ (Schaufeli & Bakker, 2004). Zwei der Charakte- ristika von Arbeitsengagement, Vitalitat und Hingabe sind durch eine positive neue For- mulierung der Charakteristika Erschopfung und Zynismus des Burnouts entstanden. Ar- beitsengagement und Burnout korrelieren aber nicht vollkommen negativ miteinander. Es ist nicht so, dass Arbeitnehmer*innen, die kein Arbeitsengagement zeigen, ein Burnout aufweisen, bzw. dass Arbeitnehmer*innen, die letzteres nicht tun, ein hohes Arbeitsen- gagement aufweisen.
Das dritte Konstrukt, Absorption, das ein weiterer wichtiger Bestandteil von Arbeitsen- gagement ist, wurde unabhangig von Burnout mithilfe von 30 Tiefeninterviews ermittelt (Schaufeli & Bakker, 2004).
2.3.1 Job-Demands-Resources-Modell
Die Theorie der Arbeitsanforderungen und Ressourcen (Bakker und Demrouti, 2014, 2017) ist eine der am haufigsten verwendeten Ansatze zur Erklarung von Arbeitsengage- ment (Bakker & Albrecht, 2018). Das Job-Demands-Resources-Modell (JD-R) macht den engen Zusammenhang zwischen Arbeitsengagement und Burnout deutlich.
Demerouti, Bakker, Nacheiner und Schaufeli (2000) entwickelten das JD-R-Modell aus Job-Design- und Belastungs-Beanspruchungsmodellen, die sich entweder mit Stressoren oder Motivation beschaftigt haben (Demerouti & Nachreiner, 2019). Das JD-R-Modell bringt diese beiden Modellarten zusammen und erklart sowohl die Entstehung von Burnout als auch die von Arbeitsengagement durch eine Verknupfung mit Arbeitsressourcen und -anforderungen von Arbeitnehmer*innen.
Arbeitsanforderungen konnen z.B.Arbeitsdruck oder die beeinflusste Arbeitsumgebung durch Larm und anstrengende Kund*innen sein. Sie dauern langer an und hangen mit psychischen oder physischen Anspannungen zusammen. Beispiele fur Arbeitsressourcen sind z. B. Arbeitsplatzsicherheit, soziale Unterstutzung durch Kolleg*innen oder Fuh- rungskrafte sowiedie Vielfaltigkeit von Aufgaben. Arbeitsressourcen dienen zum Errei- chen der Arbeitsziele, mindern Arbeitsanforderungen und unterstutzen die personliche Entwicklung und das eigene Wachstum.
Das JD-R-Modell postuliert zwei zentrale Annahmen fur die Entstehung von Burnout und Arbeitsengagement (Schaufeli et al., 2019).
Die erste Annahme besagt, dass Arbeitsanforderungen und -ressourcen Risikofaktoren darstellen, die zur Entstehung von Burnout und Arbeitsengagement beitragen (Baker & Sanz-Vegel, 2013). Burnout kann nach dieser Annahme u. a. durch Anforderungen am Arbeitsplatz in Kombination mit deren zeitlichen oder inhaltlichen Aspekten entstehen. Bei der Entstehung des Arbeitsengagements spielt zudem die emotionale Unterstutzung durch Kolleg*innen in schwierigen Situationen eine zentrale Rolle.
Die zweite Annahme geht davon aus, das die Entwicklung von Arbeitsengagement und Burnout durch Folgen zweier individueller Prozesse entsteht (Demerouti & Nachreiner, 2019). Der erste Prozess besagt, wenn bei der Bewaltigung von Aufgaben genugend Ar- beitsressourcen durch Identifikation oder Vielfalt der Arbeit vorhanden sind, fuhrt dies zu einem motivierenden Prozess, wodurch Arbeitsengagement entsteht. Das bedeutet, dass Arbeitsressourcen fur die Arbeitsmotivation mit verantwortlich sind. Wird das Er- reichen der Arbeitsziele verhindert oder manipuliert, kann das zum Scheitern der Zieler- reichung fuhren, wodurch wiederum Frust entsteht. Dies hat Auswirkungen auf zukunf- tige Arbeitsziele, die nun frustrierter zu bewaltigen versucht werden. Somit kann eine geringere Leistungsfahigkeit entstehen, der in manchen Fallen dazu fuhrt, dass der Zy- nismus gegenuber der Arbeit steigt.Der zweite Prozess beschaftigt sich mit den Arbeits- anforderungen. Sind diese zu hoch oder zu schwer zu meistern, kann dieszu Erschopfung fuhren. Ist man Stressoren ausgesetzt, die sich nicht bewaltigen lassen, ist eine dauerhafte Erschopfung moglich. Dieser Prozess zeigt deutlich, dass die Arbeitnehmer*innen mit ihren eigenen individuellen Ressourcen entscheiden, ob ein Stressor als negativ erlebt wird oder nicht (Selve, 1956).
Ist es nicht moglich, sich von den Arbeitsanforderungen zu erholen, konnen diese auf Dauer nicht bewaltigt werden und werden als negative Stressoren erlebt. Arbeitsanforde- rungen beziehen sich auf physische, psychische, soziale oder organisatorische Aspekte der Arbeit. Sie erfordern kognitive oder emotionale Anstrengungen bzw. Fahigkeiten und sind mit physiologischen und/oder psychologischen Kosten verbunden (Bakker & Demerouti, 2007).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Job-Demands-Resources-Modell nach Bakker und Demerouti, Nachreiner & Schaufeli (2001) aus Baker & Demerouti (2007).
Fasst man das Modell zusammen, so zeigt es, das geringes Arbeitsengagement eine Ur- sache von fehlenden Arbeitsressourcen ist, aber durch vorhandene Arbeitsressourcen stei-gen kann (Demerouti et al., 2001). Burnout hingegen kann durch hohe Arbeitsanforde-rungen und fehlende Arbeitsressourcen entstehen. Es besteht eine gegenseitige Beeinflus-sung von Arbeitsressourcen und Arbeitsanforderungen mit Auswirkungen auf die Moti-vation und die Beanspruchung (Demerouti & Nachreiner, 2019).
So konnen Arbeitsressourcen wie die Unterstutzung durch Kolleg*innen oder die Auto- nomie bei der Arbeit einen Anstieg der Arbeitsmotivation und des Commitments hervor-rufen, auch wenn die Arbeitsanforderungen durch Leistungsdruck steigen (Bakker et al., 2010). Baker et al. (2007) formulieren hierzu eine Hypothese, die meint, dass Arbeitsres-sourcen bei einer hohen Auspragung der Arbeitsanforderungen einen besonderen Einfluss auf das Arbeitsengagement haben und somit die Aufrechterhaltung am besten unterstut-zen konnen. Diese Bewaltigungshypothese konnten im Rahmen einer Studie mit Leh-rer*innen bestatigt werden. Das Arbeitsengagement der Lehrer*innen wurde besonders dann durch Arbeitsressourcen unterstutzt, wenn die Arbeitsanforderungen durch Fehlver-halten der Schuler*innen besonders hoch ausfielen. Allerdings haben auch die individuellen Fahigkeiten der Arbeitnehmer*innen Auswir-kungen auf das Arbeitsengagement (Xanthopoulou et al., 2007). Hierzu zahlen bspw. die personliche Flexibilitat oder die Belastbarkeit des Menschen. Diese beiden Fahigkeiten zeigen den moderierenden Einfluss der Arbeitsressourcen auf das Arbeitsengagement und bekraftigen den Einfluss individueller Ressourcen auf das Arbeitsengagement.
Somit konnte aufgezeigt werden, dass sowohl die Arbeitsressourcen und das Individuum alsauch die Arbeitsanforderungen das Arbeitsengagement beeinflussen.
Das JD-R-Modell gibt einen Uberblick daruber, wie Arbeitsengagement entsteht.
Kritik an dem Modell:
Das JD-R-Modell kann nicht alle Aspekte der Arbeitnehmer*innen einbeziehen. Es be- schrankt sich auf die Merkmale einer Arbeitstatigkeit und lasst die psychische Bewertung auBer Acht (Nusken, 2020). Das Modell fokussiert sich auf „(...) potenziell forderliche Personlichkeitseigenschaften (z. B. Selbstwirksamkeitserwartungen, Kontrolluberzeu- gungen und Optimismus) sowie aufgabenbezogene Ressourcen im Sinne von Ausfuh- rungsbedingungen von Arbeitstatigkeiten, nicht jedoch auf die Bewertung der Arbeitsin- halte, Arbeitsergebnisse und Arbeitseffekte“ (Schnell & Hoge, 2012. S.92). Ob eine Person eine Situation als motivierend bewertet oder diese bei ihr Stress auslost, ist abhangig von den verschiedenen Fahigkeiten der Person (Peifer, 2017). Das Verhaltnis zwischen den Aufgabenanforderungen und den Fahigkeiten der Person muss ausgeglichen sein, um die Situation als motivierend zu erleben. Situationen konnen von einer Person als moti- vierend erlebt werden und von anderen als stressend. Aufgrund derNichtbeachtung dieses Bewertungsprozesses dient das Modell nicht zur Erklarung von Stress oder Motivation (Buntem, 2015), es fungiert lediglich als Arbeitscharakterisierungsmodell.
2.3.2 Auswirkungen von Arbeitsengagement
Arbeitsengagement ist ein Pradiktor fur Mitarbeiter-, Team- und Organisationsergebnisse (A. Bakker & Albrecht, 2018). Die Bedeutung fur die Mitarbeiter*innen konnte u. a. Son- nentag (2003) in einer Studie aufzeigen. Darin wurden mit n= 147 Mitarbeitenden Interviews uber den Zusammenhang von Arbeitsengagement, Erholung in der Freizeit und Arbeitsengagement gefuhrt. Die Resultate machten deutlich,dass Mitarbeiter*innen mit einem hohem Arbeitsengagement sich besser in der Freizeit erholen konnen.
Eine weitere Erkenntnis bezuglich des Zusammenhangs zwischen Arbeitsengagement und Mitarbeiterergebnissen ist die Korrelation zwischen Arbeitsengagement und Selbst- wirksamkeit (Gumbau, Soria & Gumbau, 2001). Arbeitsengagement kann Selbstwirk- samkeit sowohl vorausgehenalsauch dem Arbeitsengagement folgen. Dies kann zu einer Aufwartsspirale fuhren, in der Selbstwirksamkeit zur Erzeugung von Arbeitsengagement beitragt, was wiederum zu mehr Selbstwirksamkeit fuhrt, sodass die Spirale weitergefuhrt wird. Selbstwirksamkeit ist der Glaube an die eigenen Fahigkeiten, Handlungsablaufe zu organisieren und auszufuhren, die erforderlich sind, um bestimmte Ziele zu erreichen (Bandura, Freeman & Lightsey, 1999).
Hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Arbeitsengagement und Organisationsergeb- nissen zeigt eine Studie unter n > 100 spanischen Gastronomie-Mitarbeiter*innen den 20
Einfluss von Arbeitsengagement auf die Arbeitsleistung (Salanova, Agut& Peiro, 2003). Diese Studie konnte ermitteln, dass Mitarbeiter*innen mit einem hohen Arbeitsengage- ment einen positiven Effekt auf das Serviceklima haben, wodurch wiederum die Kunden- zufriedenheit steigt.
Im Hinblick auf die Auswirkungen von Arbeitsengagement auf das Teamergebnis konnte mithilfe von Fragebogen bei n = 82 Forschungsteams gezeigt werden, dass durch das Aufkommen von Aufgabenkonflikten mehr Arbeitsengagement entsteht (Costa, Passos & Bakker, 2015). Aufgabenkonflikte waren Unstimmigkeiten der Teammitglieder uber den Inhalt und das Ergebnis der zu erledigenden Aufgaben.
Baker & Schaufeli (2001) konnten daruber hinaus nachweisen, dass Arbeitsengagement nicht nur eine Eigenschaft von Individuen ist, sondern auch in Gruppen auftritt. So ist es moglich, dass verschiedene Teams eine unterschiedlich starke Auspragung im Arbeitsen- gagement aufweisen. Das gesamte Arbeitsengagement des Teams hat einen positiven Einfluss auf das Engagement der einzelnen Teammitgliedern. Entsprechend besteht die Moglichkeit, dass die einzelnen Teammitglieder das Arbeitsengagement der anderen po- sitiv beeinflussen. Eine Gruppe mit einem hohen Arbeitsengagement kann im Vergleich zu einer Gruppe mit einem geringen Arbeitsengagement mehr Arbeitsressourcen erwer- ben,was wiederum einen Einfluss auf das Arbeitsengagement der einzelnen Individuen hat. Es wurde aber nicht nur eine Ubertragung von Arbeitsengagement innerhalb von Teams ermittelt, sondern auch unter Paaren (Bakker, Demerouti, E. & Schaufeli 2003). So konnte aufgezeigt werden, dass Arbeitsengagement von einem/einer Beziehungs- partner*in auf den/die andere*n ubertragbar ist und umgekehrt, unabhangig davon, ob diese denselben Beruf ausuben. Durch die Ubertragung des Arbeitsengagements entsteht ein kollektives Engagement in der Partnerschaft.
Verschiedene Studien heben den Zusammenhang zwischen Arbeitsengagement und Commitment hervor. So tragt das Arbeitsengagement zu 40 Prozent zur Varianz des or- ganisatorischen Commitment bei (Field & Buitendach, 2011).
Eine der Studien wurde mit n = 274 portugiesischen Arbeitnehmer*innen durchgefuhrt (Cesario & Chambel, 2017)unddiente zur Erfassung des Zusammenhangs zwischen Ar- beitsengagement und organisatorischemCommitment und dessen Einfluss auf die Leis- tung der Mitarbeiter*innen. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Korrelation zwi- schen Arbeitsengagement und Commitment sich auf .70 belauft und das Arbeitsengage- ment ein besserer Pradiktor mit einer positiven Korrelation von .38 fur die Leistung der Mitarbeiter*innen ist.
Ineiner Studie mit n = 153 Hochschulmitarbeiter*innen in Sudafrika konnte dieses Er- gebnis bestatigt werden: es ergab sichein Zusammenhang von .52 zwischen Arbeitsen- gagement und Commitment (Takawira, Coetzee & Schreuder, 2014). Ebenso wurde er- mittelt, dass Mitarbeiter*innen mit einer hohen Auspragung des Arbeitsengagements eine geringere Fluktuationsabsicht aufweisen. Die Korrelation zwischen Arbeitsengagement und Fluktuationsabsicht belauft sich auf -.32.
Plooy & Roodt (2010) fuhrten unter 23.134 Arbeitnehmer*innen aus dem IT-Sektor eine Studie zur freiwilligen Fluktuation durch. Im Rahmen ihrer Forschungsarbeit konnten sie aufzeigen, dass die Mitarbeitenden mit einer hohen Auspragung des Arbeitsengagements eine geringe Fluktuationsabsicht aufweisen. Sie empfehlen, das Arbeitsengagement als wesentliches Kriterium bei Rekrutierungs- und Auswahlverfahren zu nutzen, um bei wichtigen Projekten Bestandigkeit zu haben. Als Gegenstuck hierzu konnte die Studie den positiven Zusammenhang zwischen Burnout und Fluktuationsabsicht beweisen.
2.4 Beziehungsqualitat zwischen Mitarbeiter*innen und Fuhrungskraft - Leader-Member-Exchange
Das Konzept des Leader-Member-Exchange entstand vor uber 50 Jahren (Graen & Uhl- Bien, 1995)und wurde mit der Zeit zu einer der bedeutendsten Theorien in Sachen Fuh- rung bzw. Fuhrungsverhalten. Fuhrung ist ein nicht direkt beobachtbares Phanomen (Seliger, 2014)undwird von Northouse (2015) folgendermaBen definiert:
„Leadership is a process whereby an individual influences a group of individuals to achieve a common goal“ (S.6).
Die Leader-Member-Exchange-Theorie baut auf dem transaktionalen Fuhrungskonzept auf (Schyns & Paul, 2014) und richtet sich gegen die klassische Fuhrung eines/einer Vor- gesetzten, wobei das Fuhrungsverhalten auf Zielvereinbarungen (Felfe, 2014) und der Wirkung von Zielen beruht (Wehrlin, 2016). Fuhrung ist gekennzeichnet durch einen sich im Zeitverlauf entwickelnden Prozess (Graen & Uhl-Bien, 1995).In Abgrenzung zu an- deren Fuhrungstheorien, wie z. B. der Transformationellen Fuhrung von Bass (1993), hebt sich der Leader-Member-Exchange-Ansatz vor allem durch zwei Dinge ab (Felfe, 2014). In erster Linie postuliert dieser Ansatz, dass nicht das Fuhrungsverhalten im Mit- telpunkt steht, sondern die sich aus der Fuhrung entwickelte Qualitat der Beziehung zwi- schen Mitarbeiter*in und Fuhrungskraft. Dadurch, dass Fuhrung ein mindestens zweisei- tiger Prozess ist, entsteht, ebenso wie bei anderen Austauscharten, mit der ZeiteineBe- ziehung zwischen den Agierenden. Daruber hinaus kann diese Beziehung nicht exakt gleich sein wie das Verhaltnis zu anderen Mitarbeitenden.Auch wenn sich die Fuhrungs- kraft bewusst daruber ist, dieeigenenGefuhle, Neigungen oder Praferenzen in der Fuh- rung und Bewertung der Mitarbeiter*innen zuruckstellen zu mussen, ist dies in den meis- ten Fallen, wenn auch unabsichtlich, nicht moglich (Bristoll, 2021). Es ist naturlich, dass der Mensch nicht vollkommen objektiv ist und sein Verhalten zu anderen Menschen an- passt, sodass es z. B. positiver ausfallt als es bei anderen der Fall ist, wenn diese ihm sympathisch sind.Allerdings kann durch dieses Ungleichgewicht in der Fuhrung der Er- folg der Mitarbeiter*innen und des Unternehmens gefahrdet sein, wenn die Arbeitneh- merseite dieses Ungleichgewicht wahrnimmt und sich dadurch benachteiligt fuhrt (Wehr- lin, 2016).
Angelehnt an Graen und Uhl-Bien (1995); Bauer und Erdogan, (2015); Winkler (2009) und Case (1998) durchlauft der Beziehungsprozess zwischen Vorgesetzten und Ange- stellten folgende drei Stufen:
1. Role-Taking: In dieser ersten „Kennenlernphase“ stehtdie Generierung von Res- pekt an erster Stelle. In dieser Phase bestimmt sich, ob eine hochwertige LMX- Beziehung in Zukunft entstehen kann oder nicht. Die Fuhrungskraft erwartet eine*n hingebungsvolle*n, sorgfaltige*n und motivierte*n Mitarbeiter*in. Die Vorgesetzten nutzen diese Zeit, um die geistigen Fahigkeiten und Sachkenntnisse ihrer neuen Gefuhrten zu untersuchen, zu bewerten und einzuschatzen.
2. Role- Making: Ist die erste Phase durchlaufen und gegenseitiger Respekt herge- stellt, beginnt die zweite Phase und damitdie Delegation, also die eigentliche Fuh- rung des/der Vorgesetzten. Beide beeinflussen sich nun in ihrem Verhalten und ihren Einstellungen. Wenn der/die Mitarbeiter*in die ihm/ihr anvertrauten Aufga- ben zur Zufriedenheit des/der Vorgesetzten erfullt, dann steigt sein/ihr Ansehen und damit die Wahrscheinlichkeit, dass er/sie in Zukunft weiterhin verantwor- tungsvolle Tatigkeiten zugewiesen bekommt. In dieser Phase teilt die Fuhrungs- kraft, wenn auch unbeabsichtigt, die Gefuhrten in zwei verschiedene Gruppen. Nachfolgend werden beide erlautert:
Die In-Group ist durch eine hochwertige Austauschbeziehung zur Fuhrungskraft gekenn- zeichnet. Der/die Vorgesetzte hat mit dem/der Angestellten bislang keine negativen Er- fahrungen gemacht und die Arbeit dieser Person wird als besonders qualitativ eingestuft.
Der „Wert“ dieses/dieser Mitarbeiter*in ist fur den/die Vorgesetzte unbezahlbar (Wehr- lin, 2014). Mitarbeitendedieser Gruppierung strengen sich mehr an, erleben ein hoheres Engagement, identifizieren sich starker mit ihrem Beruf und ihre Aufgabenerfullung geht uber diejenige hinaus, die im Arbeitsvertrag als verpflichtend festgehalten wurde (Schyns & Paul, 2014).
Die Mitglieder der Out-Group erleben Gegenteiliges: Ihr Tatigkeitsspektrum ragt nicht uber das des Arbeitsvertrages hinaus (Schyns & Paul, 2014). Diese Angestellten haben weniger berufliche Aufstiegschancen und in der Regel auch weniger Kontakt zur Fuh- rungsebene eines Unternehmens (Winkler, 2009). Die Arbeitsaufgaben sind oftmals monoton und eingeschrankt.
3. Role-Routinization : Diese Phase tritt ein, nachdem sich eine gegenseitige Ver- pflichtung zwischen Fuhrungskraft und Gefuhrtem/r aufgebaut hat. Beide unter- stutzen sich gegenseitig und besitzen ein tiefgehendes Verstandnis der Normen und Ziele des Unternehmens, das Verhalten und die Leistung des/der anderen und sind sich bewusst, dass das eigene Vorankommen der Karriere von dem/der je- weils anderen mitabhangt. Der erfolgreiche Eintritt in diese Phase ist davon ab- hangig, obdie ersten beiden Phasen erfolgreich verliefen.
Bislang wurde Leader-Member-Exchange eher aus Sicht des/der Gefuhrten gemessen und weniger aus Sicht der Fuhrungskraft (vgl. Gerstner & Day, 1997). Da aber Mitarbei- ter*innen und Vorgesetzte die gleiche Beziehung fuhren, diese ein mindestens dyadischer Prozess ist unddie Gefuhrten diese ebenfalls aus einem anderen Blickwinkel betrachten, ist es wesentlich, die LM -Qualitat auch aus Sicht der Fuhrenden zu betrachten.
Laut Gerstner und Day (1997) liegt die Korrelation zwischen den Einschatzungen von Fuhrungskraft und Mitarbeiter*in bei .29 und in der Meta-Analyse von Sin, Nahrgang und Morgeson (2009) bei .37. Grunde dafur konnten in den Effekten der sozialen Er- wunschtheit liegen, wonach Fuhrungskrafte nicht zugeben wollen, dass sie zu jedem/je- der Gefuhrten eine andere Beziehung pflegen. Ein*e Vorgesetzte*rhat diese Unterschei- dungen aufgrund von Professionalitatsgrunden zu vermeiden undessorgt fur Diskrepanz bei ihnen.
AuBerdem nutzen Fuhrungskrafte und Gefuhrte eine andere Bewertungsgrundlage fur Leader-Member-Exchange (Felfe, 2014). Fuhrende Personen bewerten aufgrund der Leistung des/derMitarbeitendenoder der Gruppenleistung, also was ist der „Output“ oder 24 wie „gut und schnell“ wurde der Auftrag erledigt (Schyns & Wolfram, 2008). Gefuhrte hingegen bewerten aufgrund der Einstellung von und des Wohlbefindens mit Kolleg*in- nen und den Vorgesetzten. Zusammenfassend lasst sich festhalten, Fuhrungskrafte be- werten „aufgabenorientierte Aspekte“ und Mitarbeitende „soziale Dimensionen der Be- ziehung“ (Zhou & Schriesheim, 2009).
2.5 Grenzkontrolle zwischen Berufs- und Privatleben
Kanter (1978) spricht vom „Mythos of separate worlds“, womit er sich auf die Untrenn- barkeit des Arbeits- und Privatlebens bezieht. Ist von Grenzen die Rede, wird darunter die Begrenzung einer Domane verstanden, dazu gehort ein Land, eine Rolle oder auch ein Arbeitsplatz (Ashforth et al., 2000). Ein Ansatz zur Erklarung des Handelnsmit Gren- zen im Berufsleben ist die Grenztheorie. Diese besagt, dass die Art und Weise, in der Menschen Grenzen schaffen, aufrechterhalten oder verandern,zur Vereinfachung und zur Klassifizierung der Welt um sie herum dient. Jedes Individuum entscheidet selbst,wie es mit den Grenzen der verschiedenen Rollen umgeht.
Das Handhaben der Grenzen zwischen Privatleben und Arbeitsleben ist Nippert-Eng (1996)zufolge auf zwei Arten trennbar:
1. Segmentierun g. Dies bedeutet,die beiden Rollen so getrennt wie moglich zu hal- ten. Die Grenzen der Rollen sind unflexibel und werden zu bestimmten Orten (Arbeit) und zu konkreten Zeitpunkten ausgefuhrt.
2. Integration. Hier werden Facetten beider Bereiche miteinander vermischt. Die Grenzen werden durchlassig behandelt und durch deinen flexiblen Umgang mit den Variablen der Zeit und des Ortes entstehen zahlreiche rollenubergreifende Unterbrechungen.
Nicht nur das Individuum entscheidet, wo und wie durchlassig seine Grenzen sind, son- dern dies geschieht auch im Kollektiv mit anderen Personen, wozu bspw. die Familie gehort (G. E. Kreiner, 2006a). Es ist nicht so, dass man entweder „ein*eSegmentar*in“ oder „ein*e Integrator*in“ ist, sondern vielmehr beeinflussen die Situation und die betei- ligten Personen den Umgang mit Grenzen. Jede Arbeitskraft verfugt uber eine eigene Praferenz daruber, welcher Typ er/sie ist. So bevorzugt es ein Teil der Menschen, die Welten zu trennen, und andere, diese zu vermischen. Niemand ist zu 100 Prozent eins von beiden, sondern jede*r verfugt uber eine innere Tendenz.
[...]
1 In den Sektoren Industrie, Logistik, offentlicher Sektor und Gesundheitswesen ist uber 50 Prozent der Arbeit nicht im Homeoffice moglich.
2 Hauptprobleme bei der Umsetzung von Homeoffice waren technische Probleme, erschwerte Kommuni- kation der Mitarbeitenden und generelle mitarbeiterbezogen Probleme.
3 Die Maslach Burnout Survey ist das fuhrende MaB zur Messung von Burnout.
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2021, Auswirkungen von Home-Office auf die Arbeitszufriedenheit und das Arbeitsengagement, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1351175
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