Zentrale Fragestellung: Warum 2022 eine originale Rekonstruktion des Marx-Engels-Denkmals? Das aktuelle Geschichtsbewusstsein wird getragen von der Enkelgeneration, das sich aus dem Erfahrungshorizont der Großeltern speist und über informelle Erzählung vermittelt wird (oral history). Vermehrte Fragen nach dem Leben in der DDR, den damit verwobenen persönlichen Realitäten und Alltagserfahrungen sowie die Hinüberleitung zu aktuellen gesellschaftlichen Diskursen nehmen Bezug auf diese Horizonte vor der eigenen Gegenwart. Eine Differenzierung der historischen Personen Marx und Engels, ihrem Wirken auf den Wissenschaftsdiskurs des 20. Jahrhunderts und eine klare Abgrenzung zu Vereinnahmung und Ideologisierung durch die Doktrin des Bolschewismus / Stalinismus erscheint mehr als wünschenswert.
Die Auseinandersetzung mit Augmented Reality als gestalterische Strategie und explorative Möglichkeit, innovativ mit Wissensvermittlung im öffentlichen Raum umzugehen, wirft zunächst eine ganze Reihe an Fragen auf, die Aspekte von Authentizität, Narration, Fiktion, Engagement und Prägnanz berühren. Es erscheint, als würden immer neue Fragen entstehen, je tiefer die Auseinandersetzung mit verschiedenen Bereichen stattfindet. Als erste Eingrenzung dienten eine Reihe von Fragestellungen, die sich im Verlauf der Auseinandersetzung mit der dem Denkmal zugrundeliegenden erinnerungspolitischen Thematik und den gestalterischen Aspekten von Augmentierung weiter differenzierten und sich auch vom Schwerpunkt der Arbeit her veränderten.
1.1. ABSTRACT: 52° 31' 06”N 13° 24' 16” E | 29 M. ÜBER NN
location: marx-engels-forum, berlin-mitte: der ort in der historischen mitte der stadt stellt eine besonderheit dar - er wirkt wie eine heterotopie (foucault) im stadtraum: ein wald, losgelöst von der umliegenden urbanen bebauung. in der mitte ein denkmal wie eine konserve aus einer anderen zeit. dieser ort nimmt die hälfte eines mittelalterlichen stadtviertels ein, das heilig-geist-viertel.
an ihm kondensieren verschiedene formen staatlicher repräsentation aus unterschiedlichen epochen, deren bedeutungsinhalte nicht mehr gelesen werden können oder nicht mehr gelesen werden wollen. der tatbestand der wiederholten und fortwährenden überschreibung, re-inszenierung, reprogrammierung des öffentlichen raumes erschwert diese lesbarkeit.
Wenn man die Augen zusammenkneift, zumal im Novembernebel, sieht das andere Ufer tatsächlich aus wie ein verzauberter Wald, über dem eine Raumkapsel schwebt. [.], diesen verrückten Kontrapost zwischen schwerer Masse und jenem streng gefassten Raum, durch den der Wald geistert und unter dessen Pflaster der märkische Sand spürbar ist. [1] in der spätphase der DDR entstanden, lassen sich an diesem monumentalen denkmalensemble und seiner vorgeschichte verschiedene phasen ostdeutscher erinnerungskultur ablesen. die staatlich gelenkte konstruktion dieser erinnerungskultur dient allein der absicherung der legitimation der SED-diktatur unter vereinnahmung des individuellen durch das kollektive erinnern im narrativ sozialistischer propaganda, die die beiden denker des 19. jahrhunderts nicht nur vereinnahmt, sondern beschlagnahmt.
diese konstruierte erinnerungskultur wird materiell mittels tonnen von bronze in den erfahrungsraum der stadt eingeschrieben als teil einer großmaßstäblichen umgestaltung der sozialistischen zentrumsfläche, in der sich die utopische vision einer sozialistischen und antifaschistischen gesellschaft manifestiert. zum pluralistischen re-encounter mit marx und engels braucht es jedoch mehr als ein unkommentiertes wiederaufstellen aus vermeintlichem respekt dieser ost-moderne gegenüber.
mittels narrativen digitaler augmentierung als gestalterischer strategie soll durch experimentelle aneignung dieser ort prototypisch umgedeutet und somit konstruierte erinnerung sowie deren deutungshoheit hinterfragt und aufgelöst werden. im kern handelt es sich um eine subversive gestalterisch-künstlerische praxis, die deutungsoffen fragestellungen formuliert und eine diskussionsbeitrag schafft, der zum nachdenken über die vormals eingenommen perspektiven und konditionierungen der eigenen (politischen) wahrnehmung veranlassen soll.
aspekte der musealen vermittlung sowie des info-/edutainment werden untersucht und eine erweiterung/abgrenzung zu immersiven praktiken im öffentlichen raum versucht.
ausgangspunkt dieser arbeit ist die mittlerweile vollzogene rekonstruktion des marx-engels-denkmals am originalen ort nach abgeschlossenem offenen ideen- und realisierungswettbewerb im januar 2021. dies ist kritisch zu bewerten aus folgenden gründen:
- im kontext der vollzogenen rehistorisierung der berliner stadtmitte nach der wende wirkt eine rekonstruktion des denkmals wie ein erinnerungskulturelles/gedächtnispolitisches feigenblatt der berliner republik in konzession an ein ostberliner/ostdeutsches publikum. die unkommentierte reinstallation wirft fragen zu mechanismen des aktuellen geschichtsbewusstseins im umgang mit der sozialistischen DDR-moderne auf. bereits zu DDR-zeiten war die rezeption des denkmals äußerst widersprüchlich und nicht einhellig positiv. es war eine Absage an die Traditionen, Denkmäler als Götter- oder Heiligenbilder anzulegen, die man fraglos zu verehren habe. Denk-Male sollten stattdessen zu eigenem, wissenden Nachdenken über Geschehenes stimulieren. Das stieß auf Widerspruch, weil es festgelegten und festlegenden Ritualen des Gedenkens den Boden entzog. [2]
- beim marxismus handelt es sich um eine besatzungsideologie: zwei deutsche intellektuelle (philosophen/ökonomen) publizieren im gescheiterten revolutionsjahr 1848 das kommunistische manifest und erarbeiten das folgende hauptwerk im londoner exil, über den umweg der russischen oktoberrevolution 1917 und den marxismus-leninismus (bolschewismus, später in form des stalinismus) findet er eingang in die deutsche arbeiterbewegung und wird in vulgarisierter und stark verkürzter form als diktatur des proletariats neben dem antifaschismus zur staatsdoktrin derneugegründeten DDR 1948. dabei handelte es sich um ein ausgesprochen imperialistisches gebaren, das stalin in den 1940er an den tag legte und damit an zaristische traditionen der territorialen expansion anknüpfte: Sie [die westlichen Alliierten] ließen auch zu, dass die sowjetische Infiltration ganz Osteuropa erfasste. Denn die bolschewistische «Revolution» wurde - wie einst Lenin es gehofft hatte - unbehindert von den Westmächten durch die Rote Armee ins Herz Europas, bis zur Elbe importiert. Der Kreml führte das «System» überall in den besetzten Ländern gegen den Willen der Bevölkerung ein. Auf diese Weise wurden Albanien, Bulgarien, Ungarn, Jugoslawien, Polen, Ostdeutschland, die Tschechoslowakei und Rumänien eine nach der anderen zu sogenannten «Volksrepubliken». [3]
- zentrale fragestellung: warum 2022 eine originale rekonstruktion des marx-engels-denkmals?
das aktuelle geschichtsbewusstsein wird getragen von der enkelgeneration, das sich aus dem erfahrungshorizont der großeltern speist und über informelle erzählung vermittelt wird (oral history). vermehrte fragen nach dem leben in der DDR, den damit verwobenen persönlichen realitäten und alltagserfahrungen, sowie die hinüberleitung zu aktuellen gesellschaftlichen diskursen nehmen bezug auf diese horizonte vor der eigenen gegenwart. eine differenzierung der historischen personen marx und engels, ihrem wirken auf den wissenschaftsdiskurs des 20. jahrhunderts und eine klare abgrenzung zu vereinnahmung und ideologisierung durch die doktrin des bolschewismus/stalinismus erscheint mehr als wünschenswert.
• problem des hermeneutischer zirkels (kreisförmiger denkprozess): hier liegt das auslegungsproblem von geschichte im allgemeinen: geschichte wird aus perspektive der gegenwart rekonstruiert, dies ist jedoch der falsche ansatz, um die ereignisse wirklich verstehen zu können. geschichte ist am dichtesten an politik dran, daher ist eine kritische reflexion essentiell für heutiges gesellschaftliches handeln. in praktiken musealer vermittlung werden kuratierte orte der reflexion und des erkennens erschaffen, in denen objekte in einen bezug gesetzt werden, die zeugen einer zeit sind oder geschichtliche prozesse repräsentieren.
museen und ausstellungen seien orte der Bewusstwerdung der Zeit, so sigfried giedion. [4] mit musealen mitteln werden rahmungen vorgenommen, das heißt: in historisch-genetische und soziologische-systematische Koordinatensysteme angepasst [.]. [5]
FRAGESTELLUNG/
ZIELSETZUNG DIESER ARBEIT
die auseinandersetzung mit augmented reality als gestalterische strategie und explorative möglichkeit, innovativ mit wissensvermittlung im öffentlichen raum umzugehen, wirft zunächst eine ganze reihe an fragen auf, die aspekte von authentizität, narration, fiktion, engagement und prägnanz berühren. es erscheint als würden immer neue fragen entstehen, je tiefer die auseinandersetzung mit verschiedenen bereichen stattfindet. als erste eingrenzung dienten eine reihe von fragestellungen, die sich im verlauf der auseinandersetzung mit der dem denkmal zugrundeliegenden erinnerungspolitischen thematik und den gestalterischen aspekten von augmentierung weiter differenzierten und sich auch vom schwerpunkt der arbeit her veränderten.
ANSATZ
diese arbeit verfolgt den ansatz einer prototypischen entwicklung eines kommentierenden entwurfes für den zentralen denkmalort unter folgenden den fragestellungen:
- welcher erfahrungsraum entsteht, wenn eine immaterielle intervention auf das materielle artefakt trifft?
historischer materialismus (marx) trifft auf zeitgenössische digitales / immaterielle augmentierung (aneignung)
- welchen impact auf konstruierte erinnerungskultur hat das und den ihr zugrundeliegenden heldenmythen?
be a sprayer als subversive technik des digitalen exponierens
- lässt sich perspektivisch eine universelle narrative ableiten?
transformation der marxschen ideen der emanzipation und der veränderbarkeit der welt, hin zu einer gerechteren bezüglich der verteilung von arbeit, bildung, geschlecht sowie klima? METHODEN+AUFBAU
theoretisch: dekonstruktivistisch, interdisziplinär in der schnittmenge planungswissenschaftlicher disziplinen (architektur+landschaftsarchitektur) und geisteswissenschaftlicher disziplinen (geschichte, philosophie, kulturwissenschaft) im hinblick auf designrelevantes thema der wissensvermittlung im öffentlichen raum (info-/edutainment) praktisch: experimentell-explorativ, iterativ-mäandrierend, spiegelung von theoretischer recherche (werk und rezeption marx/engels, rezeption denkmals ort vor/nach 1990, sowie topoi utopie und erinnerungskultur) und gestalterischer praxis (prototypischer entwurf+augmentierung, filmische montage als casefilm zu abschließenden dokumentationszwecken) evaluativ: mehrere begehungen mit personen verschiedener alterssegmente und bildungshintergründe, gespräche zu erwartungen an einen solchen ort und der wirkung des AR-prototypen
1.2. KONTEXTUALISIERUNG
1.2.1. AUSGANGSMOTIV WETTBEWERB
nach 10jähriger bauzeit der U5 im innenstadtbereich von berlin-mitte lobt die berliner senatsverwaltung 2021 einen zweiphasigen offenen ideen- und realisierungswettbewerb freiraumgestaltung rathaus- und marx-engels-forum aus unter der vorgabe, das an seinem ursprünglichen standort wieder zu errichtende marx-engels-denkmal zu integrieren. in der auslobung dazu:
Die Gestaltung des Rathaus- und Marx-Engels-Forums ist sowohl von hoher lokaler, aber auch gesamtstädtischer und internationaler Bedeutung und fordert ein hohes Maß an atmosphärischer Prägung mit Bezug zu seiner gesellschaftspolitischen, geschichtlichen und städtebaulichen Dimension. Die Gestaltung soll diesen großen Erwartungen gerecht werden und durch eine hohe landschaftsarchitektonische Qualität den Freiraum zu einem identitätsstiftenden, aber auch repräsentativen Ort für die Berliner Mitte weiterentwickeln. [6] der 1. preis geht an den entwurf des landschaftsarchitekturbüros RMP stephan lenzen aus bonn/köln. die arbeit überzeuge mit einer prägnanten Figur, die auf einem zentralen Band die denkmalgeschützten Bereiche des Rathausforums mit dem des Marx-Engels-Forums verbindet und in einem Freitreppenbereich endet. [7]
das preisgericht bemängelt jedoch die formulierung der beläge im unmittelbaren umfeld des denkmales:
Das Marx-Engels-Denkmal wird an den historischen Standort zurückgeführt, erscheint durch die weit gestreute Platzierung der Relieftafeln aber etwas verloren. Hier fehlt eine präzisere Verortung für den Denkmalbereich. Auch die fehlende Querbarkeit der großen Rasenfläche wird vor dem Hintergrund des zu erwartenden Nutzungsdrucks als nicht ausreichend bewertet. Die Anordnung einer Luchlandschaft - Retentionswiese mit Sitzstufen in Nähe der Spandauer Straße erscheint an dieser Stelle nicht passend und sollte überdacht werden. [8]
PARTIZIPATION dem voraus ging eine partizipativer planungsprozess der stadtwerkstatt, u.a. zum bereich rathausforum/marx-engels-forum, der ab 2015 unter der teilnahme von angeblich 10.000 bürgern (aussage manfred kühne, abteilungsleiter senatsverwaltung - konnte jedoch nicht verifiziert werden) stattfand und akteure aus verwaltung, öffentlichkeit und politik vernetzte.
In Kleingruppen erzählen sich die Teilnehmer:innen gegenseitig die eigene Geschichte - von der eigenen Hochzeit in den Rathauspassagen bis zur Diskussion in der Stadtdebatte 2015 ist alles dabei. Gemeinsam leiten wir aus den Geschichten die Licht- und Schattenaspekte zur Atmosphäre des Ortes ab und machen die vielen Identitäten der historischen Mitte sichtbar. Die Teilnehmer:innen beschreiben den Ort vor allem als geschichtsträchtig und emotional belegt: Von Verlust und Verletzung wird ebenso erzählt wie vom Stolz auf Neuerrichtungen, das Gefühl von Abenteuer und Internationalität. Damals wie heute ist es ein Ort der Begegnung für Jugendliche und ein wichtiger Freiraum für die Berliner Mitte, der inzwischen stark als hektischer Transitort wahrgenommen wird. [9]
erarbeitet wurde eine vertiefung der 10 bürgerleitlinien für die berliner mitte: so soll dieser städtische raum weder bebaut noch privatisiert werden, sondern grüner raum bleiben: mit welche qualitäten? es soll ein politischer ort sein: ein ort der demokratie, jedoch werden keine konkrete vorschläge gemacht. gewünscht werden mehr wasser sowie mehr aufenthaltsqualität an der spree, eine stärkung des bewusstseins der identitätsstiftende historizität des ortes, sowie klärung von verkehrspolitische fragestellungen. [10]
trotz dieser begrüßenswerten partizipativen ansätze scheint es jedoch keine vertiefung der inhaltlichen auseinandersetzung mit dem marx-engels-denkmal zu geben. so wurde die 3. stadtwerkstatt zum rathausforum /MEF mit dem thema identität pandemiebedingt 2020 abgesagt. auch das komplette durchscrollen der online-jahresdokumentationen 2018-2021 hinterlässt eher den eindruck von oberflächlichen absichtsbekundungen als gestalterisch-konkrete aussagen oder inhaltlicher diskurse. das monument von marx erscheint wie als verwaltungstechnisch gewollter götze der berliner erinnerungskultur: nicht verhandel- oder hinterfragbar - ein übervater deutscher politischer ideengeschichte.
eine weitere inhaltliche auseinandersetzung mit dem marx-engels-denkmal seitens des berliner senates ist diesem vorgehen nicht abzulesen. eine anfrage an das landesdenkmalamt zu planungshintergründen, protokollen, dokumenten der entscheidungsfindung zum wiederaufbau des denkmals blieb sehr oberflächlich und inhaltlich unbeantwortet.
aufgrund der komplexen geschichtlichen prozesse des 20. jahrhunderts und meiner westdeutschen sozialisation erscheint mir dieses unkommentierte vorgehen des berliner senates unter dem claim aus respekt für die ddr-moderne mehr als fragwürdig; aus perspektive meines osteuropäischen migrationshintergrundes erscheint es mir grob fahrlässig, denkmäler, die auf gesellschaftliche themen verweisen oder einen starken ideologischen impact hatten, nicht in ihre konkreten geschichtlichen kontexte zu platzieren, um auch jüngeren und nachfolgenden generationen sowie internationalen besuchern der stadt eine informierte und kritische reflexion zu ermöglichen.
natürlich ermöglicht das ubiquitäre internet jedem jederzeit bei interesse zugang zu hintergrundwissen, allerdings liegt es in der verantwortung des staates, denkmäler im öffentlichen raum auf ihre aussagen und bedeutungskontexte zu überprüfen und gegebenenfalls zu überarbeiten und /oder zu kommentieren - aufgrund der sich wandelnden öffentlichen diskurse und nicht verhandelbarer historischer fakten, die nach objektiven geschichtsbildern verlangen.
1.2.2. GESTALTERISCHES PROBLEM
in der reihenfolge von formalen zu inhaltlichen kriterien:
- desolater ist-zustand / unkommentierte denkmalsituation: nicht zusammenhängend lesbarer stadtraum marx-engels-forum/rathausforum, verlust der ursprünglichen freiraumkonzeption sozialistische zentrumsfläche durch pflegemangel und unkoordinierte einzelmaßnahmen der aufwertung/qualifizierung des stadtgrüns, baumbestand stark ausgewachsen, dadurch entkoppelung der sichtbezüge der gesamtanlage.
- entwurf landscape: gestalterischer ansatz aus der perspektive der planungswissenschaftlichen disziplin mit fragestellungen nach nutzungsangeboten, oberflächen, barrierefreiheit und pflanzenverwendung, bedient sehr zeitgenössisch-geschmäcklerische konventionen aktueller landschaftsarchitektur; die vom wettbewerbsauslober angestrebte denkmalintegration ist jedoch aufgezwungen und wirkt dadurch wie ein fremdkörper, die funktional mangelhafte ausformulierung dieser aufgezwungenen situation wurde auch durch das preisgericht bemängelt
- outcome partizipativer prozess unbefriedigend, oberflächlich, bietet keinen gestalterischen ansatz
- relevanz von marx' ideen für heutige gesellschaftliche diskurse nicht unmittelbar ersichtlich/erlebbar, kein emotionaler bezug bei weiten teilen der gesellschaft
der mehrwert der wiederherstellung für heutige pluralistisch-gesamtdeutsche gesellschaft ist nicht nachvollziehbar in dieser sozialistischen formulierung als denkmalensemble mit ideologischem zeitstrahl und begleitenden bildwerken.
es bleibt ein befremdendes relikt aus einer untergegangenen zeit, das einer einordnung/erklärung bedarf, wenn es mehr sein soll als ein erinnerungspolitisches feigenblatt einer geschichtsinteressierten enkelgeneration oder nostalgisch anmutender instagrammable fotostopp auf einer berliner sightseeing tour.
1.3. BEGRIFFSKLÄRUNGEN
1.3.1. DENKMAL: DEFINITION
Ein Denkmal (Mehrzahl: Denkmäler oder Denkmale) ist im allgemeinen Sprachgebrauch dem Duden gemäß:
1. entweder eine «zum Gedächtnis an eine Person oder ein Ereignis errichtete, größere plastische Darstellung; ein Monument» (Denkmal Gedenken). Hierunter fallen beispielhaft Staute, Reiterstandbild, Monument, Ehrenmal, Kriegerdenkmal, Mahnmal, Triumphbogen
2. oder ein «erhaltenes [Kunst]werk, das für eine frühere Kultur Zeugnis ablegt» (Denkmal Zeugnis). Hierunter fallen beispielhaft Kunstwerk, Kulturgut, UNESCO-Welterbe,
Kulturdenkmal, Baudenkmal, Bodendenkmal
Als «Zeugnis der kulturellen Entwicklung der Menschheit»kann ihm im Rahmen einer Erinnerungskultur aus künstlerischer, historischer, politischer, technischer, städtebaulicher oder landschaftsgestalterischer Sicht ein besonderer Wert zugesprochen werden. Wenn an seiner Erhaltung ein institutionelles öffentliches Interesse besteht, kann es unter Denkmalschutz gestellt werden. In diesem Sinne kann auch Ersteres zusätzlich zu Zweiterem erklärt werden, also ein Reiterstandbild zu einem geschützten Baudenkmal erklärtwerden. [11]
auffallend an diesem begriff ist die deutungsweite von bildhauerischen und baukünstlerischen artefakten und die begriffsweitung im laufe der neuzeit: vom absolutistischen denkmal der monarchischen apotheose über adelige generäle (bülow, scharnhorst, gneisenau, wartenburg) zu bürgerlichen (schinkel, thaer, beuth) und geistesgrößen (hegel, marx, engels); von feudalen schlössern, mittelalterlichen kirchen zu den sonderbauten der ost-moderne mit ihren bildprogrammen - der denkmalbegriff erfährt eine kontinuierliche erweiterung.
Kaum ein Begriff ist heterogener als der des Denkmals. Denkmal kann alles sein, wenn es nur vom menschlichen oder besser vom herrschenden gesellschaftlichen Bewusstsein auf jenen imaginären Sockel gehoben wird, mit dem man sich ein solches schlechthin realiter versehen denkt. [12]
bemerkenswert ist auch, dass es sich nicht nur um materielle artefakte im öffentlichen raum, sondern auch um ideelle handeln kann: Denkmal existiert als Objekt und als Bezeichnung desselben. Als Sprachsymbol bezeichnet Denkmal in der Regel etwas Konkretes, seltener wird es auch metaphorisch verwandt [...]. Denkmal kann Abstraktum oder Konkretum sein, organisch oder anorganisch, vorbewusst oder nachbewusst, idealistisch, realistisch oder utopisch usw. Was Denkmal ist, hängt immer davon ab, welchen Stellenwert das herrschende oder als Tradition überkommene Bewusstsein einer spezifischen historischen und gesellschaftlichen Situation ihm beimisst. [13]
denkmale sind semiotisch aufgeladene symbole öffentlicher erinnerungskultur und repräsentationen jeweils gültiger machtstrukturen.
denkmäler sind in der denkmalliste des landesdenkmalamtes definiert und dokumentiert. (siehe auch 2.4. FREIRAUMQUALITÄTEN / DISKURS NACH 1990)
1.3.2. HETEROTOPIE
konzept der heterotopie (1967): michel foucault, franz. philosoph des poststrukturalismus, frage nach verhalten, alltagskultur, ihrer deutung, machtstrukturen und randphänomenen der gesellschaft: gefängnisse normbrüche, normverweigerung. frage nach gesellschaftlicher struktur, nach verhältnis der menschen untereinander und gesellschaft, die solche strukturen hervorbringen. [14]
heterotopien sind wirkliche Orte, wirksame Orte, die in die Einrichtung der Gesellschaft hineingezeichnet sind, sozusagen Gegenplatzierungen oder Widerlager, tatsächlich realisierte Utopien, in denen die wirklichen Plätze innerhalb der Kultur gleichzeitig repräsentiert, bestritten und gewendet sind, gewissermaßen Orte außerhalb aller Orte, wiewohl sie tatsächlich geortet werden können. [15]
kernthese: von menschen schon seit jeher in den alltag eingebaute orte, die über die alltagserfahrungen hinausgehen. er definiert unterschiedliche kategorien sowie mechanismen von abschließung/abgrenzung und rituale (mauern/ticket/türkontrolle).
friedhöfe sind solche heterotope orte, die einen unterschied im erleben des menschen ablesen lassen: änderung der stimme, einkehr, etc.
heterotope sind spiegel: orte sehen, die dort nicht sind: utopien (ohne/nichtorte) - wir sehen uns selbst, unser leben in diese nichtorte gespiegelt. wir erleben ein bedürfnis, über uns selbst etwas zu erfahren. wir werden auf nicht alltägliche weise gespiegelt.
clubs lassen sich gemäß foucaults konzept der heterotopie als orte des gebrochenen verhaltens lesen: das erleben dieser dargebotenen sozialen performance ermöglicht andere dinge zu machen und zu erleben als im schnöden alltag: was bewirkt es mit mir selbst?
- welche funktionen erfüllen heterotopien für die gesellschaft?
-stabilisierung (durch die gebrochene perspektive aus dem alltag herausheben)
-angebot einer größeren erlebnisvielfalt sowie erweiterung eigener erlebnisräume
-machtstrukturen werden überschrieben, aber auch neu übersetzt
heterotopien werden als anderorte gesehen, an denen konventionen abgestreift werden können.
das schlechte gewissen diesbezüglich schwinde unter zunahme an rauschmitteln, dies ließe es sich als aktives zeichen der grenzüberschreitung lesen.
1.3.3. LIMINALITÄT
Liminalität ist ein vom Ethnologen Victor Turner geprägter Begriff. Er beschreibt einen Schwellenzustand, in dem sich Individuen oder Gruppen befinden, nachdem sie sich rituell von der herrschenden Sozialordnung gelöst haben. Turner unterscheidet bei den Übergangsriten drei Phasen: die Trennungs-, die Schwellen- und die Eingliederungsphase. Liminalität befindet sich in der zweiten Phase, dem Schwellenzustand. Beispiele sind die Initiationsriten archaischer Gesellschaften oder Revolutionen industrialisierter bzw. moderner Gesellschaften. Während der liminalen Phase befinden sich die Individuen in einem mehrdeutigen Zustand. Das Klassifikationssystem der (alltäglichen) Sozialstruktur wird aufgehoben. Die Individuen besitzen weder Eigenschaften ihres vorherigen Zustandes noch welche des zukünftigen - sie sind betwixt and between.
Turner verwendete auch den Begriff liminoid, um zwischen einem zwangsläufigen liminalen Phänomen (z. B. Pubertät) und den freiwilligen (z. B. Besuch eines Rockkonzerts) zu unterscheiden. Während das Liminale Teil der Gesellschaft ist, ist das Liminoide ein Ausbruch aus den Fesseln der Gesellschaft.
Liminale Räume sind Räume der Veränderung und Innovation, Räume in denen alles möglich scheint und die sich ständig im Wandel befinden. Der liminale Zustand ist kein fester, sondern ein fluktuierenderSchwebezustand. [16]
der begriff der liminalität ist von spezifischem interesse hinsichtlich des eintritts / Übergang in den virtuellen raum, dem schwellenzustand von der realen welt in die (partiell-)immersive augmentation, dem moment des between.
1.3.4. A HERO'S JOURNEY
»Helden« verkörperten im Sozialismus als öffentliche Personen und medial gestaltete Rollenvorbilder in besonderem Maße die Optimierungsversuche ihrer Gesellschaften. [17] während im westen deutschlands aufgrund der erfahrungen im nationalsozialismus idealisierende heldenerzählungen suspekt wurden und sich der typus des antihelden in der populärkultur herauskristallisierte [i], hielt sich das motiv im sozialistischen osten des landes unter dem ästhetischen einfluss der sowjetischen besatzer. es lässt sich als das narrative grundmoment einiger bildwerke des sozialistischen realismus deuten, vor allem derer, die revolutionären führern gewidmet sind. dabei handelt es sich um eine archetypisches motiv zahlreicher erzählungen, das fast in allen kulturen anzutreffen ist. ein der bekanntesten des abendlandes ist die irrfahrt des odysseus, ein epischer mythos von homer (ca. wende 8.-7. jhd. BC), der eine seereise beschreibt, geprägt durch kämpfe mit mythologischen gestalten und urgewalten. homers dichtung verdichtet sich im laufe der jahrhunderte zu einer universellen erzählung, die bis in heutige hollywood-filme hineinwirkt: Die Taten eines Helden in Mythen, Romanen, Filmen und Videospielen ereignen sich auf einer Heldenfahrt oder Heldenreise, manchmal auch Quest genannt, die durch typische Situationsabfolgen und Figuren gekennzeichnet ist. Diese archetypische Grundstruktur (Typus) wird nach einem Begriff von James Joyce (1939) auch als «Monomythos» bezeichnet. Als ein Grundmuster von Mythologien weltweit hat vor allem der amerikanische Mythenforscher Joseph Campbell (1904-1987) das Motiv der Heldenfahrt erforscht und ein modell entworfen, das sich aufdie tiefenpsychologischen archetypen carl gustav jungs bezieht. [19] die stationen einer reise nach dem aufbruch aus der gewohnten welt (vorrevolutionär), überschreitung von schwellen, kämpfen, proben, prüfungen führen zur katharsis (neues wissen, seelische reifung und wandlung des selbst) des helden und schlussendliche belohnung durch anerkennung nach der rückkehr. [20]
die heroisierung und mystifizierung radikal-revolutionärer führer nimmt in der bildhauerischen ikonographie des sozialistischen realismus diesen topos aufund transformiert ihn im duktus der gültigen sozialistischen propaganda: Der sozialistische Held gilt als unermüdlicher Vorkämpfer einer Utopie jenseits des Kapitalismus. Diese Vorstellung wurde in der Kunst des Sozialismus selbst befeuert. So wurde der typische Held des sozialistischen Realismus seines Kampfes wider die Natur oder politische Gegenspieler niemals müde. [21]
1.3.5. AUGMENTATION IMMERSION
partiell-immersive augmentation wie sie hier innerhalb dieser vorliegenden arbeit verstanden wird bezieht sich auf die anreichernde überblendung der realen welt mit verschiedenen digitalen inhalten, um so beides zu einer synthese mit einer neuen, der digitalen augmentation innewohnenden medienspezifischen ästhetik zu führen. Augmented reality (AR) is the real-time use of information in the form of text, graphics, audio and other virtual enhancements integrated with real-world objects. Itis this «real world»element that differentiates AR from virtual reality. AR integrates and adds value to the user‘s interaction with the real world, versus a simulation. [22] neben diesem begriff wird ebenso virtual reality (VR) und mixed reality (XR) verwendet, die begriffe sind unscharf und nicht deutlich voneinander abzugrenzen, da die übergänge fließend sind. augmented und mixed reality sind im folgenden synonym zu lesen, jedoch in klarer abgrenzung zu virtual reality.
partielle-immersion mittels augmentierung auf mobilen endgeräten (handhelds) bietet sich für das untersuchte projektgebiet an, da es sich um eine intervention im öffentlichen raum handelt; ein vollständige immersion mittels virtual reality brillen (VR) ist aufgrund von potentiellen gefahrensituationen bzw. verletzungsgefahr im öffentlichen raum nicht sinnvoll. wobei es punktuell bei der partiellen-immersion je nach räumlichen qualitäten /möglichkeiten zu einer zeitweilig totalen immersion in die digitalen inhalte kommen kann: das ausloten dieser grenzbereiche und der hinüberleitenden schwellenzustände (passageriten gemäß liminalitäts-konzept turner) sind hierbei von spezifischem interesse im gestalterischen teil dieser arbeit.
die zuranwendung kommende gestalterische strategie augmented reality(AR) wird dabei eher explorativ-experimentell aufgefasst und beabsichtigt auf keinen fall eine imitation der realität durch besonderes augenmerk auf texturen und lichtausstattung. sie ist eher im sinne der visualisierung einer forensischen architektur (einschreibung einer narrative in eine architektur/architektonischen raum) zu verstehen, die virtuellen raumqualitäten untersucht, raum-objekt-beziehungen und deren interaktionen thematisiert. so sagt eyal weizmann in einem interview dazu: Für mich ist Architektur immer eine Form von Wissen um räumliche Intelligenz gewesen. Der Raum bildet das Verhältnis zwischen Politik und Gesellschaft, und dies offenbart sich oft durch Konflikte. Als Analysetechnik kann Architektur helfen, komplexe historische und politische Prozesse zu klären. Architektur, wie wir sie nutzen, ist auch eine Präsentationsform. [23]
der hier mittels AR verfolgte ästhetische ansatz bezieht sich vielmehr auf das herstellen von bildern, die einer aktuellen reduzierten populärkulturellen game-ästhetik entsprechen, die das medium anbietet und entfernt an experimentelle arbeiten der konstruktivistischen moderne von gustavs klucis, el lissitzky und laszlo moholy-nagyerinnern, die starkvom russischen suprematismus beeinflusst erstmal das damals junge medium photographie aufnahmen und in einen neuen kontext überführten: photographische elemente, großteilige farbflächen, plakativer einsatz von typographie, verschränkung verschiedener bildachsen unter erzeugung eines stark dreidimensionalen-räumlichen eindruckes. ihre anwendung fanden sie in der sowjetischen propagandakunst der späten 1920er/frühen 1930er jahre, bevor sich das regime dem sozialistischen realismus zuwandte (klucis/lissitzky).
FORMATE .GLB/.GLTF (JSON)
(GL Transmission Format)
ein in seiner plattformübergreifender funktionalität dem .PDF-standard vergleichbares format ist das .glb/gltf format, das sich problemlos in gängige 3D-modeler importieren lässt: is a royalty-free specification for the efficient transmission and loading of3D scenes and models by applications. glTF minimizes both the size of 3D assets, and the runtime processing needed to unpack and use those assets. glTF defines an extensible, common publishing format for 3D content tools and services that streamlines authoring workflows and enables interoperable use of content across the industry. [24]
.USDZ (universal description szene) seit2018 umfassende integration durch apple (native unterstützung aufsystemebene ab ios 12) sowie pixar und adobe, dadurch ist das aufrufen von 3D-objekten in diesem format niederschwellig ohne zusätzliche anwendungen möglich. es reicht das apple quick look feature, um solche objekte öffnen und anwenden zu können (camera, imessage, notes, mail, etc.) jedoch gibtes oftmals probleme beim exportvon texturen oder die integration auf älteren geräten ist aufgrund der begrenzten rechenleistung nicht gewährleistet.
So is USDZ preferable over glTF? It's really too early to say. USDZ has Apple, Pixar, and Adobe behind it, butglTF has Microsoft, Google, and Facebook. And, contrary to Apple's usual MO, USDZ is actually an open format, justlike glTF is. Time will tell which formatwill become the industry standard, but our money is on glTF. [25]
PERSPEKTIVE
mit augmented reality betreten wir als gestaltende in vielerlei hinsicht neuland und verlassen klassische disziplinen des kommunikationsdesigns, jedoch handelt es sich um eine stark relevante zukunftstechnologie: Investment researchers Piper Jaffray have forecasted that VR will be a major mega tech theme through 2030. «We liken the state of virtual and augmented reality today as similar to the state ofmobile phones 15 years ago. It likelywill take a decade before mainstream adoption as necessary improvements in displays and applications as well as lower pricing are needed to drive demand,» the company stated in 2015. [26]
DISCLAIMER
das im entwurfsprozess erzeugte visuelle material der AR-prototypen wird dokumentarisch innerhalb der filmischen montage eines casefilms verwendet. andere aspekte bzw. (non-lineare) möglichkeiten der gamification/storytellings von AR wie gaming (hunting challenge), schnitzeljagd, geführte interaktive touren mit musealem charakter sprengen den umfang dieser bachelorthesis und der damit einhergehenden bearbeitungszeit hinsichtlich recherche-/entwicklungsaufwand; eventuell könnten einzelne aspekte gegenstand einer vertiefenden untersuchung innerhalb einer masterthesis sein.
2.1.1. MARX KURZBIO
KARL MARX
*5. mai 1818 trier/preußen
t14. märz 1883 london/UK
deutscher philosoph, ökonom, gesellschaftstheoretiker, politischer journalist, historiker, protagonist der arbeiterbewegung sowie kritiker des kapitalismus und der religion
marx eltern heinrich und henriette entstammten beide bedeutenden rabbinerfamilien, jedoch konvertierte der vater aufgrund der neuen politischen situation des preußischen trier nach ende der napoleonischen besatzung. auch die insgesamt neun kinder wurden getauft.
nach abitur 1835 studium der rechtswissenschaften erst in bonn, später in berlin. hier verstärkt interesse an philosophie und geschichte, kontakt zum kreis der jung-/linkshegelianer: während die in der geistigen nachfolge hegels stehenden reaktionär-konservativen alt-/ rechtshegelianer den preußischen staat als fortschrittlichen modernen staat (rechtssystem, bürokratie, bildung, industrialisierung) im sinne des abschlusses einer serie dialektischer entwicklungen sahen, erwarteten die progressiven linkshegelianer im fortgang historischer prozesse weitere umwälzende veränderungen hin zu einer verbesserung im hinblick auf armut, zensur, politische partizipation und religionsfreiheit.
nach abschluss des studium 1841 beginn der tätigkeit als redakteur bei der rheinischen zeitung für politik, handel und gewerbe 1843 (ein gemeinsames organ verschiedener oppositioneller strömungen von monarchistischen liberalen bis zu radikalen demokraten), die bereits ein jahr später unter preußische zensurbestimmungen fiel. er emigrierte über paris nach belgien. 1848 kehrte er nach abermaliger ausweisung zurück nach deutschland, begründete die neue rheinische zeitung. organ der demokratie und beteiligte sich an revolutionär-demokratischen strömungen im rheinland. nach prozess und freispruch wird er 1849 als staatenloserausgewiesen (marx hatte 1845 aufdie preußische staatsbürgerschaft verzichtet). zuflucht fand er in london, wo er bis zu seinem tod mit familie lebte und sein hauptwerk (das kapital) entstand. [27]
gemeinsam mit engels theoretiker des sozialismus und kommunismus, niederlegung der grundzüge in der programmatischen schrift manifest der kommunistischen partei (1848). er nahm durch seine politische aktivitäten auch intellektuellen einfluss auf die entstehenden internationalen arbeiterbewegung, sein werk nimmt bis heute einfluss auf diskurse der geschichts-/wirtschaft-/ politikwissenschaft und soziologie.
2.1.2. ENGELS KURZBIO
FRIEDRICHENGELS
* 28. november 1820 in wuppertal / jülich-kleve-berg (preußen)
t 5. august 1895 in london/UK
deutscher philosoph, gesellschaftstheoretiker, historiker, journalist und kommunistischer revolutionär erstes von neuen kindern; engels familiärer hintergrund war industriell geprägt: baumwollfabrikant friedrich engels (und elisabeth geb. van haar) entstammte einer seit langem im bergischen land ansässigen und angesehenen familie, die dem pietismus nahe stand.
1837 abbruch des abiturs auf drängen des vaters, bis 1838 kaufmännische ausbildung in bremen. im weltoffenen bremen kontakt mit liberalen ideen, ab 1839 erste redaktionelle tätigkeit für verschiedene zeitungen. 1841 -während es militärdienstes in berlin -besuch von philosophischen vorlesungen, kontakt mit den junghegelianern, zur jahreswende erste publizistische kritik an schellings hegel-vorlesungen, zuwendung zur philosophie. ab 1842 tätigkeit für die rheinische zeitung.
1842 englandreise, prägender kontakt mit dem manchester-kapitalismus: nach überwindung des feudalismus und fortgeschrittener industrialisierung traten dort die klassenunterschiede deutlicher zu tage. ab 1843 politische aktivität und kontakte in london/leeds, studium kapitalistischer, utopistischer, ökonomischer theorien und werke, deren resultate er u.a. in der rheinischen zeitung veröffentlichte. mit der publikation der umrisse zu einer kritik der nationalökonomie in den deutsch-französischen jahrbüchern (marx/runge, paris) entwickelt sich der kontakt zu marx.
engels interesse galt der analyse der sozialen und politischen situation der arbeiterschaft: Er kam zu der Überzeugung, dass der Kampf der materiellen Interessen der Hauptantrieb der gesellschaftlichen Entwicklung ist, welcher seinen politischen Ausdruck im Klassenkampf findet. Seine theoretischen Ansichten zu dieser Zeit kommen am besten in der Schrift »Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie« zum Ausdruck. Engels formuliert darin seine Kritik an der idealistischen und materialistischen Philosophie. Als zentrale Kategorie des Kapitalismus stellt er das Privateigentum heraus, das den Grund für die Entfremdung der Arbeit, für die Bildung von Monopolen und für die wiederkehrenden Krisen darstelle. Die Lösung der Probleme des Kapitalismus sieht Engels in einer rationellen Organisation der Produktion. [28]
2.2. WERK UND WIRKEN
das werk von marx und engels ist eine auseinandersetzung mit dem industriellen kapitalismus des 19. jahrhundert, ihr anliegen war die wissenschaftliche durchdringung und analyse der sozialen wirklichkeit ihrer zeit mit perspektive auf veränderung. sie betrieben in erster linie eine philosophie- und ideologiekritik, welche die emanzipation des menschen anstrebte:
Marx hat bereits 1845 die Philosophen in seinem berühmt gewordenen Satz kritisiert: «Die Philosophen haben die Weltnur verschieden interpretiert; es kommtdraufan, sie zu verändern.» [27]
erkenntnis- und wissenschaftstheoretisch ist der marxismus von zwei wesentlichen elementen geprägt: hegels dialektik und vom erkenntnistheoretischen materialismus feuerbachs.
Im Gegensatz zum philosophischen Idealismus vertritt derMarxismus die Ansicht, dass alle Ideen, Vorstellungen und Gedanken aus der komplexen, insbesondere gesellschaftlichen Realität und den sie beinhaltenden Machtverhältnissen erwachsen, die sich «in letzter Instanz» aus den jeweils historisch-geographischen produktionsverhältnissen und materiellen Gegebenheiten entwickeln würden. Marxund Engels übernahmen -von den Junghegelianern beeinflusst-das materialistische Weltbild Feuerbachs und ergänzten aus dem Werk Hegels die Dialektik und den damit verbundenen Gedanken ständiger Entwicklung. [28]
Nach der hegelschen Dialektik ist das Abbild der Welt im tätigen Begreifen ihrer Zusammenhänge von aufeinander bezogenen Gegensätzen - Thesen und Antithesen - geprägt, die sich gegenseitig im dialektischen Dreischritt zu Synthesen vorwärtsentwickeln. Diese Synthesen treiben die «objektive Wirklichkeit» voran und «bestimmen» damit die Zukunft,bis diese keine Widersprüche mehrenthält und im Begriffdes «Absoluten» «aufgehoben» ist. Für den idealistischen Philosophen ist dieser Fortschritt, der die materielle Welt insgesamt durchwirkt, ein Produkt des menschlichen Geistes, der im Begreifen seiner selbst mit dem absoluten «Weltgeist» identisch wird.
Marx betrachtet die hegelsche Dialektik aus Sicht des Materialismus: Er stellt sie «vom Kopf auf die Füße» und postuliert, dass sich die objektive Wirklichkeit aus ihrer materiellen Existenz und deren Entwicklung erklären lässt und nicht als Verwirklichung einer göttlichen absoluten Idee oder als Produkt des menschlichen Denkens. [29] an dieser stelle sei angemerkt, dass darwins epochaler meilenstein der evolutionstheorie über die entstehung der arten 1859 veröffentlicht wurde: traditionelle religiöse anschauungen wurden verhandelbar und somit hatte darwins theorie einen starken impact am aufkommen neuer individualistischer, materialistischer und atomistischer denkmuster zur erklärung der welt.
die hegelsche teleologie ist ein weiterer wichtiger aspekt, der eingang ins gedankengebäude des marxismus findet: die zweckgerichtetheit bzw. gesetzmäßigkeit geschichtlicher prozesse. marx vollendetbzw. überwindet hegel -je nach sichtweise: nichtderweltgeist stehe dahinter,sondern materielle, soziale bedingungen und gesellschaftliche transformationen, denn laut marx ist die welt nicht unveränderbar...
marx und engels haben kein kohärentes theoretisches gesamtsystem hinterlassen, ihre positionen wandelten sich im laufe der zeit, passten sich den konkreten bedingungen an, politische einschätzung und theoretische methoden änderten sich. teilweise blieben ihre positionen auch widersprüchlich.
Die Einordnung der Anschauungen von Marx und Engels in eine konsistente Theorie steht unter einem doppelten Vorbehalt:
- Marx verstand sein Werk zunächst als ständig überprüf- und revidierbare Analyse der jeweiligen Verhältnisse und als eine daraus abgeleitete Prognose.
- Engels wollte die Theorie in allgemeinverständlicher Form verbreiten und trug einflussreiche konkrete Studien bei. Nach manchen Sichtweisen trug er auch zu ihrer Schematisierung und Vulgarisierung bei,nach anderen war er als der Konkretere seinem Freund als Forscher durchaus gewachsen. [30]
2.2.1. PHILOSOPHIE: KONTEXT DEUTSCHER IDEALISMUS KANT-FICHTE-HEGEL MARX
mitdem erscheinen von kants kritik der reinen vernunft(1781)beginnteine periode deutscher gelehrsamkeit, die sich bis zum tode hegels 1831 spannt und auch über das schaffen marx' in reflexion und kritik bis weit ins 20. jahrhundert hineinwirkt. es ist die blütezeit der deutschen philosophie, die sich zur Aufgabe gesetzt hatte, in einem die verschiedenen philosophischen Sparten (Erkenntnistheorie, Logik, Naturphilosophie, Ethik, Staatslehre und Metaphysik)umfassenden Gesamtentwurf(«System») das Ganze der Welt auf «wissenschaftliche» Weise erschöpfend zu erkennen und darzustellen. [.] Die Frage nach der Fundierung der Einheit der Wahrnehmung durch das Ich und nach dessen Bewusstsein seiner selbst ist eins der zentralen philosophischen Probleme bzw. Motive des Deutschen Idealismus, wobei Hegel die Kant-Rezeptionen von Fichte und Schelling verarbeitet. [31]
die philosophie des deutschen idealismus wirkt aus den idealen der aufklärung tiefin die transformationsprozesse der industrialisierten moderne mit ihren fragestellungen nach staatlicher liberalisierung und bürgerlicher bzw. demokratischer partizipation hinein. hier im sinne eines kurzen readers die kontextualisierung und hinüberleitung zum werk von marx und engels:
immanuel kant
*22. april 1724 königsberg/preußen
112. februar 1804 ebenda
«Was kann ich wissen?» Die Kritik der reinen Vernunft (KrV), in der Kant seine Erkenntnistheorie als Fundament einer wissenschaftlichen Metaphysik formuliert, ist daher eine Auseinandersetzung einerseits mit der rationalistischen, andererseits mit der empiristischen Philosophie des 18. Jahrhunderts, die sich vor Kant gegenüberstanden. Zugleich wird die KrV eine Auseinandersetzung mit der traditionellen Metaphysik, soweit diese Konzepte und Modelle zur Erklärung der Welt jenseits unserer Erfahrung vertritt. Gegen den Dogmatismus der Rationalisten (zum Beispiel Wolff/Baumgarten) steht, dass Erkenntnis ohne sinnliche Anschauung, also ohne Wahrnehmung, nicht möglich ist. Gegen den Empirismus steht, dass sinnliche Wahrnehmung unstrukturiert bleibt, wenn der Verstand nicht Begriffe hinzufügt und durch Urteile und Schlüsse, also durch Regeln mit der Wahrnehmung verbindet.
Für Kant erfolgt Erkenntnis in Urteilen. In diesen Urteilen werden die Anschauungen, die aus der Sinnlichkeit stammen, mit den Begriffen des Verstandes verbunden (Synthesis). Sinnlichkeit und Verstand sind die beiden einzigen, gleichberechtigten und voneinander abhängigen Quellen der Erkenntnis. «Gedanken ohne Inhaltsind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.» (Immanuel Kant: AA III, 75-B 75) [32]
johann gottlieb fichte
* 19. mai 1762 rammenau/sachsen
129. januar 1814 berlin / preußen
Ein zentraler Kern in Fichtes Philosophie istderBegriffdes «absoluten Ich». Dieses absolute Ich ist nicht mit dem individuellen Geist zu verwechseln. Später nutzte er die Bezeichnung «Absolutes», «Sein» oder «Gott». Fichte beginnt in seiner Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre mit einer Bestimmung des Ich:
«Das Ich setzt sich selbst, und es ist, vermöge dieses bloßen Setzens durch sich selbst; und umgekehrt: Das Ich ist, und es setzt sein Seyn, vermöge seines bloßen Seyns. - Es ist zugleich das Handelnde,und das Produkt derHandlung; das Thätige, und das, was durch die Thätigkeit hervorgebracht wird;Handlung, und Thatsind Eins und dasselbe;und daher ist das: Ich bin, Ausdruck einer Thathandlung.»
Inhaltlich stellt sich seit derGrundlage dergesamten Wissenschaftslehre die Frage, warum das absolute Ich, welches autonom ist, aufeinen «Anstoß»reagiert. Fichte macht deutlich, dass das absolute Ich nur ist, wenn es sich seiner selbst bewusst wird. Dies kann nur geschehen, wenn es mit Material konfrontiert wird, aufdas es zu reagieren hat. Würde es zu keinem Kontakt kommen, würde das Ich «ganz in seiner Tätigkeit aufgehen». Um aber zu sein - und damit auch ein Selbstbewusstsein zu entwickeln -, muss es sich für den «Anstoß» öffnen und dafür Sorge tragen, dass der «Stein des Anstoßes» erhalten bleibt. Nach Fichte kann das Ich demnach als ein unendliches Streben nach Autonomie verstanden werden. Der «Anstoß» ist hierbei gleichsam nur notwendige Bedingung des Selbstbewusstseins, keine hinreichende. Die weiteren Bedingungen für das Selbstbewusstsein finden sich in den jeweiligen Teildisziplinen der Wissenschaftslehre, die Fichte unterscheidet: Naturlehre, Rechtslehre, Sittenlehre und Religionslehre. [33]
georg wilhelm friedrich hegel
* 27. august 1770 stuttgart 114. november 1831 berlin
Hegels Philosophie erhebtden Anspruch,die gesamte Wirklichkeit in derVielfaltihrer Erscheinungsformen einschließlich ihrer geschichtlichen Entwicklung zusammenhängend, systematisch und definitiv zu deuten. «Das Wahre istdas Ganze»:das wahre als ganzes gliedere sich in eine einheit von drei sphären: idee, natur, geist. [34]
Die Idee ist der Begriff (Logos) schlechthin, aus dem sich die objektiven,ewigen Grundstrukturen der Wirklichkeit ableiten lassen. Damit nimmterindirektBezug aufeinen Ideenbegriff, wie Platon ihn verstand. Die Logik bestimmt den Inhalt dieses prinzipiellen Begriffes in der Form des Gedankens. Der Versuch, mit einem Schlag unmittelbar zu beantworten, was die Idee sei, muss notwendigerweise scheitern, da der erste Schritt einer jeden Definition nur das reine Sein des betreffenden, noch unbestimmten Begriffes aussagen kann:«Die Idee ist.» Die Bestimmung ist also am Anfang noch völlig inhaltslos, abstrakt und leer, und dahergleichbedeutend mit dem Satz:«Die Idee ist Nichts.» Hegel folgert daraus, dass nichts so genommen werden kann, wie es unmittelbar als Moment ist, sondern immer in seiner Vermittlung zu betrachten ist: in seiner Abgrenzung (Negation) von anderem,in seiner steten Veränderung und in seinem Verhältnis zum Ganzen, sowie im Unterscheiden von Schein und Wesen. Alles Konkrete ist im Werden begriffen. Ebenso durchläuftdie Idee in der Logik als dem «Reich des reinen Gedankens» (L I 44) einen Prozess der Selbstbestimmung, der den Inhaltund Umfang durch sich scheinbar ausschließende,einander entgegengesetzte Begriffe ständig erweitert. Durch eine Reihe von Übergängen, deren «härtester» von der Notwendigkeit zur Freiheit führt, bringt diese Selbstbewegung die Idee schließlich zu dem Begriffals Begriff, in dessen «Reich der Freiheit» (L II 240) sie ihre äußerste Vollendung in der absoluten Idee erreicht. Ihre absolute Freiheit realisiertdiese,indem sie sich «entschließt», sich selbstzu entäußern (E I 393)- diese Entäußerung ist die geschaffene Natur, die Idee «in der Form des Andersseins». In der Natur istdie Idee «außer sich gekommen» und hatihre absolute Einheit verloren -die Natur ist zersplittert in die Äußerlichkeit der Materie in Raum und Zeit (E II 24). Dennoch wirktdie Idee in der Natur weiter und versucht, ihr eigenes Produkt «wieder in sich zurückzunehmen» (E II 24) -die Naturkräfte, wie die Gravitation, versetzen die Materie in Bewegung, um ihre ideelle Einheit wiederherzustellen. Dies bleibt jedoch innerhalb der Natur selbst letztendlich zum Scheitern verurteilt, da diese als «das Verharren im Anderssein» (E II 25) bestimmt ist. Die höchste Gestalt in der Natur ist der tierische Organismus, in dem zwar die lebendige Einheitder Idee objektiv angeschautwerden kann, dem aber das subjektive Bewusstsein seiner selbst fehlt.
Was dem Tier versagt bleibt, offenbart sich jedoch dem Geist: der endliche Geist wird sich im einzelnen Menschen seiner Freiheit bewusst (E III 29). Die Idee kann nun durch den Geist zu sich selbst zurückkehren, indem dieser die Natur (durch Arbeit)wie sich selbst(in Staat, Kunst,Religion und Philosophie) nach der Idee formtbzw. bildet. Im Staat wird die Freiheit zum allgemeinen Gutaller Individuen. Deren Beschränktheit hindertaber diese daran, die unendliche, absolute Freiheit zu erlangen. Damit das Ganze vollkommen wird, schafftsich also der unendliche, absolute Geistim Endlichen sein Reich,in dem die Schranken des Begrenzten überwunden werden: die Kunst stellt die Wahrheit der Idee für die sinnliche Anschauung dar. Die Religion offenbart dem endlichen Geist in der Vorstellung den Begriff von Gott.
In der Philosophie schließlich entsteht das Gebäude der Vernunft-geleiteten Wissenschaft, in dem das selbstbewusste Denken die ewige Wahrheitder Idee (in der Logik) begreiftund in allem wiedererkennt. Das Absolute wird sich dadurch seiner selbst bewusst als der ewigen, unzerstörbaren Idee, als des Schöpfers der Natur und aller endlichen Geister (E III 394). Außerhalb seiner Totalitätkann es nichts weiter geben -im Begriffdes absoluten Geistes sind auch die extremsten Gegensätze und alle Widersprüche aufgehoben -sie sind alle miteinander versöhnt.
hegel entwickelt den dialektischen dreisatz im diskurs von these-antithese-synthese und untersucht mit dieser methode begriffe, ihre bewegung; ihre entwicklung ist die geschichte selbst.
Die Aufhebung istein zentraler Terminus bei Hegel. Er enthält drei Momente: Aufhebung im Sinne von negare (verneinen), conservare (bewahren) und elevare (emporheben).
Das Geistige stellt-von seinem Ergebnis aus betrachtet und indem es sich aufseinen Ausgangspunkt bezieht - eine Bewegung dar, die einheitlich als Figur erfasst wird. [34] der deutsche idealismus wird über französische publikationen der berliner akademie der wissenschaften im französischen sprachraum sowie in ganz europa rezipiert. zu unterschiedlichen momenten entwickelt er verschiedene dynamiken und beeinflusst die werke folgender philosophen und autoren. hegels vermächtnis scheint monumental: Sein philosophisches Werk zählt zu den wirkmächtigsten Werken der neueren Philosophiegeschichte.Es gliedertsich in »Logik«, »Naturphilosophie« und »Philosophie des Geistes«, die unter anderem auch eine Geschichtsphilosophie umfasst. Sein Denken wurde außerdem zum Ausgangspunkt zahlreicher anderer Strömungen in Wissenschaftstheorie, Soziologie, Historie, Theologie, Politik, Jurisprudenz und Kunsttheorie, es prägte vielfach auch weitere Bereiche der Kultur und des Geisteslebens. [34]
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte sich das Interesse an Hegel von seiner theoretischen Philosophie zu seiner politischen Theorie und Rechtsphilosophie hin verschoben. Während dann die Rezeption Hegels zu Beginn des 20. Jahrhunderts vernachlässigt wurde, erfuhr sie mit der 1931 erschienenen Hegel-Studie von Jean Wahl (1888-1974), Le Malheur de la conscience dans la philosophie de Hegel, einen neuen Impuls. Wahl zeigte darin die existentialistischen Dimensionen der Phänomenologie des Geistes auf.In den Jahren 1939-1941 übersetzte Jean Hyppolite (1907-1968) die Phänomenologie des Geistes, womitsich in Frankreich das Interesse endgültig aufdieses Werk konzentrierte. Es folgte nun eine Hegel-Renaissance, die bald auch den Existenzialismus beeinflussen sollte. Von großer Bedeutung waren dabei die 1933-1939 von Alexandre Kojève (1902-1968) an der École des Hautes Études gehaltenen Vorlesungen über die Phänomenologie des Geistes, die sich stark aufdie «Herr-Knecht-Dialektik» konzentrierten. Der Auslöser dieser Dialektik sei in der Hegelschen Philosophie die Angst vor dem Tod, womit in ihr die existentialistischen Debatten bei Jaspers und Heidegger schon grundgelegt seien.
Kojèves Vorlesungen beeinflussten in der Nachkriegszeit Denken und Werk vieler französischer Intellektueller wie etwa Jean-Paul Sartres (1905-1980)L'Etre etle Néant (1943). Bedeutend wurde auch der 1946 unter dem Titel Genèse et Structure de la Phénoménologie de l'esprit erschienene Kommentar zur Phänomenologie des Geistes von Jean Hyppolite, der die historisch-anthropologischen Aspekte der Phänomenologie betonte. 1941 übersetzte sein Schüler André Kaan (1906-1971) Hegels Rechtsphilosophie. Ende der 1940er Jahre legte Vladimir Jankélévitch (1904-1985) eine Übersetzung der Wissenschaft der Logik vor. Jean Gibelin beendete Ende der 1950er Jahre die Übersetzung von Hegels Geschichte der Philosophie sowie fast aller Hegelschen Vorlesungen. [35]
2.2.2. DIALEKTISCHER/HISTORISCHER MATERIALISMUS (ÜBERGANGZUM KOMMUNISMUS 1840ER JAHRE)
politische opposition im 19. jahrhundert zwischen revolution, restauration und reaktion zeichnet sich durch eine gemengelage verschiedener gemäßigter bis radikaler strömungen aus. der nach wie vor absolutistische preußische staat (nichteinlösung des verfassungsversprechens, keine politische mitsprache des wirtschaftlich erstarkenden bürgertum, keine allgemeine generalständeversammlung) setzte nach den karlsbader beschlüssen 1819 verstärkt autoritäre mittel wie zensur, inhaftierung, ausweisung ein, um politische gegner zum schweigen zu bringen und die nach dem ende der napoleonischen herrschaft aufkommenden revolutionären tendenzen im keime zu ersticken. marx formierende zeit scheint das pariser exil zu sein, wo er im fernschriftlichen kontakt mit engels eine folgenschwere freundschaft und publizistische zusammenarbeit eingeht. die als pariser manuskripte bekannt gewordenen »Ökonomisch-philosophischen Manuskripte« aus dem Jahre 1844 sind Marx' erster Entwurf eines ökonomischen Systems, der zugleich die philosophische Richtung deutlich macht. Marx entwickelt dort erstmals ausführlich seine an Hegel angelehnte Theorie der «entfremdeten Arbeit». [36]
marx nimmt in seiner publizistischen arbeit auch aus der ferne teil am aktuellen gesellschaftlich-intellektuellen diskurs, kritisiert werke seiner deutschen zeitgenossen und entwickelt die grundzüge seines gedankengebäudes, das erst später posthum als marxismus zu einem monolithischen block zusammenzuschmelzen scheint:
[...] nachdem Marx die Verteidigung Feuerbachs gegen die Kritik Stirners an ihm sowie Stirners Replik daraufgesehen hatte, entschloss ersich,selbst eine Kritik Stirners zu verfassen: das Kapitel «Sankt Max» in der 1845-1846 gemeinsam verfassten geplanten Zeitschriftenaufsatz, bekannt unter dem Titel Die deutsche Ideologie, das aber erst nach Marx' Tod veröffentlicht wurde.
In den ersten, der Kritik des junghegelianischen Religionskritikers Ludwig Feuerbach gewidmeten fünfFragmenten der Deutschen Ideologie entwickeln Marx und Engels ein Modell des «praktischen Entwicklungsprozesses» der menschlichen Geschichte, die sie im Gegensatz zu den Hegelianern nicht primär als Entwicklungsgang des Geistes, sondern als Geschichte menschlicher Praxis und der sozialen Beziehungen verstehen: «es wird von den wirklich tätigen Menschen ausgegangen und aus ihrem wirklichen Lebensprozess auch die Entwicklung der ideologischen Reflexe und Echos dieses Lebensprozesses dargestellt». (MEW Band 3, S. 26)
Besondere Aufmerksamkeit erfährt dabei das Moment der Teilung der Arbeit als eines bestimmenden Faktors der geschichtlichen Entwicklung. Dem ebenfalls materialistisch argumentierenden Feuerbach werfen sie dabei vor, den Menschen als etwas Wesenhaftes, nicht aber als Subjekt sinnlich-praktischer Tätigkeit verstanden zu haben. Die von Marx und Engels in Abgrenzung gegen die zeitgenössischen sozialistischen und junghegelianischen Strömungen entworfene Grundlegung eines historischen Materialismus stelltdurch die Betonung der sozialen und materiellen Triebkräfte der Geschichte einen unmittelbaren Vorläufer der Soziologie dar. [37]
zusammengefasst: die beiden teildisziplinen dialektischer und historischer materialismus bilden die philosophische grundlage des marxismus;gemäß der methode des dialektischen materialismus - dem denken im widersprüchen -gelange man zur erkenntnistheoretischen erklärung der welt -ihrer objektiven wirklichkeit - aufihrer materialistischen grundlage: Demnach besteht die Einheit der Welt in der sich stets bewegenden Materie, die ewig und unendlich ist und den Menschen in ihrer praktischen Lebenstätigkeit gegeben ist, indem sie dort Lebensgrundlage und Erkenntnisquelle der menschlichen Gesellschaft darstellt. [38] in der anwendung dieser leitsätze in der erforschung der gesellschaft und ihrer geschichte entsteht die theorie des historischen materialismus: die produktionsweise einer gesellschaft sei für ihre entwicklung bedeutend. im marxistischen duktus wird dies folgendermaßen erklärt: Durch den Klassenkampf befinden sich die sozialen Verhältnisse zwischen den Klassen in einer ununterbrochenen Bewegung. Die Produktivkräfte (Arbeitskräfte und Produktionsmittel) entwickeln sich im Laufe der Zeit, bis sie mit den Produktionsverhältnissen (Arbeitsteilung und Besitzverteilung) in Widerspruch geraten. Marx sieht die Produktionsverhältnisse als «Fesseln», welche ein Hindernis für die weitere Entwicklung der Produktivkräfte bilden. Die Unterklassen sind stets darauf bedacht, die Produktionsverhältnisse zu ihrem Vorteil zu verändern. Dies hat zur Folge, dass neue herrschende Klassen zustande kommen und der Klassenkampf erneut anfängt. [39]
[...]
- Citation du texte
- Konstantin Arnold (Auteur), 2022, Die Rekonstruktion des Marx-Engels-Denkmals. Welcher Erfahrungsraum entsteht, wenn eine immaterielle Intervention auf das materielle Artefakt trifft?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1350320
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