Meist erleben die Kinder und Jungendlichen von heute die Schule nur als ein notwendiges Übel, um im Leben etwas zu erreichen. Durch zu lernendes Fachwissen, Noten und Konflikte mit unzufriedenen Eltern und Lehrern werden die Schüler in ihrer Arbeitsfreude gebremst. Als Folge kann man neurotische Störungen, Schulangst und Schulverdrossenheit feststellen. Vor dem Hintergrund von PISA und IGLU stellen sich auch immer mehr Eltern die Frage, ob es nicht Alternativen zur staatlichen Schule gibt. Die gibt es durchaus und sie verfolgen meist ganz andere pädagogische Konzepte.
Diese aktuelle Situation legt nahe, sich mit einem der führenden Reformpädagogen zu beschäftigen. Laut Peter Petersen können Schulen auch anders sein, indem sie den Jugendlichen ausreichende Freiräume geben, damit sie zur Eigentätigkeit, sowie zu gemeinschaftlichen Unternehmungen angeregt werden. Wichtig bei der Schulreform ist die Auflockerung der Schule als Institution zu einer freien Lebensstätte der Jugend.
Der Jenaplan als reformpädagogisches Schulkonzept wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Peter Petersen begründet. Dieser ist eine Synthese aus verschiedenen Entwicklungslinien der Reformpädagogik und sieht eine „freie, allgemeine Volksschule“ vor, „getragen von der Elternschaft und den Erziehern“ , in der Jungen und Mädchen unabhängig von ihrem sozialen Stand, ihrer Religion oder ihrer Begabung gleichermaßen miteinander lernen können. Im Vergleich zum damaligen Schulsystem sollen umfangreiche Reformen umgesetzt werden. Die von ihm entwickelte Pädagogik sollte nicht nur eine Verbesserung der Unterrichtsmethoden bewirken, sondern die Schule komplett neu gestalten. So unter anderem die Abschaffung des Jahrgangsklassensystems zu Gunsten eines neuen Stammgruppensystems. Das Sitzenbleiben entfällt und Zensuren werden durch einen Bericht ersetzt. Der Lernalltag soll durch einen rhythmischen Wochenarbeitsplan geprägt sein. Vor allem der soziale Faktor steht hier im Vordergrund.
In der nachfolgenden Arbeit wird diese Pädagogik beleuchtet und ihre Schwerpunkte näher betrachtet. Dabei muss auch die Entwicklung des Jenaplans erläutert werden. Es wird darauf eingegangen, in wie fern dieses Schulkonzept umgesetzt wurde und wie verbreitet es heute in Deutschland und seinen Nachbarländern ist. Konnte und kann es als Ersatz für die staatlichen Schulen dienen? Zuvor möchte ich kurz die Reformpädagogik im Allgemeinen und das Leben von Peter Petersen beleuchten.
Inhalt
1. Einleitung
2. Einordnung in die Reformpädagogik
3. Biographie Peter Petersens
4. Schulische Ausgangssituation
5. Geschichte des Jenaplans
6. Grundlagen der Jenaplan-Pädagogik
6.1. Kernpunkte der Jenaplans
6.1.1. Stammgruppen statt Jahresklassen
6.1.2. Die vier Urformen des Lernens
6.1.3. Wochenarbeitsplan
6.1.4. Arbeits- und Leistungsberichte statt Zensuren
6.1.5. Schulwohnstube als Raum für soziale und stille Erziehung
6.1.6. Elternschaft
6.2. Dimensionen des Jenaplans
7. Der Jenaplan in den Niederlanden
8. Der Jenaplan heute
9. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Meist erleben die Kinder und Jungendlichen von heute die Schule nur als ein notwendiges Übel, um im Leben etwas zu erreichen. Durch zu lernendes Fachwissen, Noten und Konflikte mit unzufriedenen Eltern und Lehrern werden die Schüler in ihrer Arbeitsfreude gebremst. Als Folge kann man neurotische Störungen, Schulangst und Schulverdrossenheit feststellen. Vor dem Hintergrund von PISA und IGLU stellen sich auch immer mehr Eltern die Frage, ob es nicht Alternativen zur staatlichen Schule gibt. Die gibt es durchaus und sie verfolgen meist ganz andere pädagogische Konzepte.
Diese aktuelle Situation legt nahe, sich mit einem der führenden Reformpädagogen zu beschäftigen. Laut Peter Petersen können Schulen auch anders sein, indem sie den Jugendlichen ausreichende Freiräume geben, damit sie zur Eigentätigkeit, sowie zu gemeinschaftlichen Unternehmungen angeregt werden. Wichtig bei der Schulreform ist die Auflockerung der Schule als Institution zu einer freien Lebensstätte der Jugend.
Der Jenaplan als reformpädagogisches Schulkonzept wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Peter Petersen begründet. Dieser ist eine Synthese aus verschiedenen Entwicklungslinien der Reformpädagogik und sieht eine „freie, allgemeine Volksschule“ vor, „getragen von der Elternschaft und den Erziehern“1, in der Jungen und Mädchen unabhängig von ihrem sozialen Stand, ihrer Religion oder ihrer Begabung gleichermaßen miteinander lernen können. Im Vergleich zum damaligen Schulsystem sollen umfangreiche Reformen umgesetzt werden. Die von ihm entwickelte Pädagogik sollte nicht nur eine Verbesserung der Unterrichtsmethoden bewirken, sondern die Schule komplett neu gestalten. So unter anderem die Abschaffung des Jahrgangsklassensystems zu Gunsten eines neuen Stammgruppensystems. Das Sitzenbleiben entfällt und Zensuren werden durch einen Bericht ersetzt. Der Lernalltag soll durch einen rhythmischen Wochenarbeitsplan geprägt sein. Vor allem der soziale Faktor steht hier im Vordergrund. 2
In der nachfolgenden Arbeit wird diese Pädagogik beleuchtet und ihre Schwerpunkte näher betrachtet. Dabei muss auch die Entwicklung des Jenaplans erläutert werden. Es wird darauf eingegangen, in wie fern dieses Schulkonzept umgesetzt wurde und wie verbreitet es heute in Deutschland und seinen Nachbarländern ist. Konnte und kann es als Ersatz für die staatlichen Schulen dienen? Zuvor möchte ich kurz die Reformpädagogik im Allgemeinen und das Leben von Peter Petersen beleuchten.
2 Einordnung in die Reformpädagogik
Die Bezeichnung Reformpädagogik umfasst vielfältige Ansätze zur Reform von Schule, Unterricht und allgemeiner Erziehung, welche sich Ende des 19. Jahrhunderts und im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts gegen beklagenswerte pädagogische Zustände an den Lehranstalten wandten. Kritik wurde unter anderem an der autoritären staatlichen Schule, am lehrerzentrierten Unterricht und der Lebensfremdheit der Einrichtungen geübt. Die Reformer verfolgten dabei Ziele wie die „Realisierung eines kindzentrierten Unterrichts, Förderung der Selbsttätigkeit, [...] Lernen aus praktischer und sozialer Anschauung und Erfahrung“3, sowie ein Beseitigen der Fächergrenzen und die Aufhebung der 45- Minuten-Stunden. Dabei soll Erlebnis- und Projektunterricht, fächerübergreifender Unterricht und ganzheitliches Lernen im Vordergrund stehen. Den Pädagogen war es wichtig, dass die Schüler in altersheterogenen Kleingruppen lernen und nicht in den bis dahin bestehenden Jahrgangsklassen. Die Lebensnähe der Schule und die Selbstbestimmung der Schüler sind weitere wichtige Kernpunkte. In vielen reformpädagogischen Ansätzen lautet eines der Grundprinzipien auch "Pädagogik vom Kind aus". Die Aufgabe des Lehrers besteht hier hauptsächlich darin, seine Schützlinge genau zu beobachten: Wo steht das Kind gerade in seiner Entwicklung? Wie kann ich es auf seinen nächsten Schritten optimal begleiten? Die Lehrperson nimmt sich in ihrer Aktivität zurück, denn „entdeckendes Lernen" heißt, dass sich die Schüler den Lernstoff vielfach selbst erarbeiten müssen. Diese Gedanken wurden in verschiedene reformpädagogische Modelle eingebaut. Zu nennen sind dabei unter anderem die Arbeitsschulbewegung, die Landerziehungsheime, die Freinetpädagogik, Montessorischulen, Waldorfpädagogik und Peter Petersens Jenaplan.4 Petersen nimmt unter den Reformpädagogen des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts eine Sonderstellung ein. Da er in der Mitte und in der letzten Phase der Reformpädagogik tätig war, konnte er aus den Erfahrungen und Fehlern seiner Vorgänger eigene Schlüsse ziehen und diese somit vermeiden. Er setzte die Ideen der anderen Pädagogen in einem neuen Kontext zusammen. Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde er nach Jena berufen, wo 1927 der Jenaplan erstmalig erwähnt wurde.5
Wie Peter Petersen orientiert sich auch die Montessori-Pädagogik unmittelbar am Kind und berücksichtigt konsequent dessen Bedürfnisse. Das erste Montessori-Kinderhaus wurde bereits 1907 in Rom von Maria Montessori gegründet. Diese Pädagogik wird heute in vielen Kinderhäusern und Schulen und in fast allen Ländern der Erde angeboten, da sie sich seit vielen Jahrzehnten bewährt hat. Ihre Prinzipien sind vor allem die Achtung des Kindes in seiner Persönlichkeit, sowie Selbsttätigkeit und Selbstentfaltung. Die Lehrer sollen dem Schüler helfen, seinen Willen zu entwickeln, indem sie ihm Raum für freie Entscheidungen geben, ihm helfen, selbständig zu denken und zu handeln. Dies geschieht in jahrgansübergreifenden Gruppen. 6 Die Waldorf-Pädagogik nach Rudolf Steiner richtet sich an individuellen Entwicklungsphasen der Kinder und Jugendlichen aus, allerdings wird hier in den bekannten Jahrgangsklassen unterrichtet. Kognitive, kreative, künstlerische, praktische und soziale Fähigkeiten sollen aber in gleicher Weise entwickelt werden. "Lernen mit Kopf, Herz und Hand" lautet das Motto. Sitzenbleiben kann man in einer Waldorf-Schule nicht. Waldorflehrer geben ihren Schülern individuelle Beurteilungen statt Noten, d.h. die Schüler erhalten Zeugnisse, in denen die Persönlichkeitsentwicklung und der Lernfortschritt des Schülers beschrieben werden.7 Eine Entwicklung des Kindes hin zur Selbstständigkeit steht auch beim so genannten Jenaplan an erster Stelle. Erziehung vollzieht sich hier nach den pädagogischen Leitgedanken des Begründers Peter Petersen immer auch in und durch die Gemeinschaft. Deshalb wird in Jenaplan-Schulen neben dem Lehrplan die Einübung sozialen Verhaltens durch ritualisierte Gesprächssituationen wie dem Kreisgespräch oder durch entsprechend gestaltete Lernspiele besonders gefördert.
Man kann feststellen, dass die einzelnen reformpädagogischen Ansätze mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede aufweisen. Zum Beispiel orientiert sich die Pädagogik bei allen „vom Kinde aus", die arbeitspädagogischen Methoden ähneln sich und auch die Elternmitarbeit wird von allen drei Schulformen eingefordert. Um dies etwas deutlicher zu zeigen, befindet sich im Anhang eine Vergleichstabelle, in der die Richtungen Montessori, Waldorf und Jenaplan gegenübergestellt sind.
3 Biographie Peter Petersens
Um das Konzept des Jenaplans zu verstehen und um Peter Petersen und seine Beweggründe kennen zu lernen, ist es nötig, sein Leben etwas näher zu beleuchten. Auf seine Pädagogik wirkten sich sein vielfältiges Leben und vor allem seine ersten Erlebnisse und Begegnungen in der Kindheit aus. Er wurde am 26.06.1884 in einem Dorf namens Großenwiehe bei Flensburg geboren. Hier machte er seine ersten Erfahrungen mit den Menschen und der Welt. Er erlebt die Natur, die Arbeit und das Geschehen am elterlichen Bauernhof.8 Schon hier erkennt Petersen, dass für das Aufwachsen und Lernen junger Menschen das in der Familie selbstverständliche, tätige Miteinander von Jung und Alt, Erfahren und Unerfahren wichtig ist.9 Wie die Erlebnisse in seinem Heimatdorf versteht er auch später seine Schule als Lebensstätte, die ein überschaubarer und verstehbarer Ort, die Heimat für Kinder darstellen soll. Denn in ihn wird schon damals volles Vertrauen gesetzt und die Hilfe am Hof ist eine Arbeit, die sinnerfüllend, weil lebensnotwendig für die Gemeinschaft der Familie ist. Der Reformpädagoge erkannte, dass diese Arbeit im Menschen das Gefühl von Selbstbewusstsein und Selbstwert entwickelt. In der Dorfschule, welche er von 1890-1896 besuchte, trifft er auf zwei „echte und begnadete“ Lehrer, die ihn als sonder- oder hochbegabter Schüler im höchsten Maße forderten. Das bedeutet, dass er sich frei zwischen den Sechs- bis Vierzehnjährigen bewegen konnte, auch in der Pause weiterarbeiten und ungehindert bei den Themen der Älteren mitsprechen durfte.10 Alle diese Erfahrungen bilden den Grundstein für seine später verfasste „Führungslehre“.
Schließlich tritt er ab Herbst 1896 als Quereinsteige in die Quinta des kgl. Gymnasium zu Flensburg ein, wo er bis zu seinem Abitur 1904 eine höhere Bildung erfährt. Petersen erfährt in dieser Zeit als Sohn eines Kleinbauern gesellschaftliche Ausgrenzung von seinen meist großbürgerlichen Mitschülern. Ebenso trägt er die Last, den Anforderungen dieser Schule gerecht werden zu müssen, um die finanziellen Opfer seiner Familie zu rechtfertigen. Dabei entwickelt er erste Sensibilität für soziale Ungerechtigkeit und die Folgen von Unterdrückung und Disziplinierung durch eine nur belehrende Schule.11
Nach seinem erfolgreichen Abitur wählt Peter Petersen Leipzig als seinen Studienort, wo er mit einigen Unterbrechungen bis 1909 Geschichte, Philosophie, Englisch und Ev. Theologie mit dem Ziel die facultas doccendi für „gelehrte Schulen“ studiert. Er promoviert mit einer Dissertation über den „Entwicklungsgedanken bei Wilhelm Wundt12, zugleich ein Beitrag zur Methode der Kulturgeschichte“. Die Lehren von Wundt und Lamprecht wirken sich stark auf seine pädagogische Haltung und spätere Arbeit aus. Er versteht sich als „Schüler“ der beiden Männer und man kann sagen, dass in Leipzig die Anfänge Petersens als Reformpädagogen liegen.13 Er entwirft ein Konzept, welches als „Ausgangsform“ für Schulentwicklung angesehen werden sollte. Dabei ist dies kein weiterer Entwurf neben schon bestehenden Reformansätzen, sondern er vereint die bewährten Einsichten und Grundzüge in einem neuen, ausgewogenen Konzept. Es beinhaltet Elemente wie das Drucken (Freinet), Schulgarten und Schulfahrten (Stoy), Schule als Lebens- und Gestaltungsraum (Decroly), Lehrgang, Sonderkurse, Gesamtunterricht (B.Otto), Kapellengedanke, Stufeneinteilung (Lietz), Schulgemeinde, pädagogische Rückschau, Kurssystem (Geheeb), Projektmethode (Kilpatrik), Arbeitsunterrichtliches Verfahren (Kerschensteiner) und gruppenunterrichtliches Verfahren (Ferrière).14
1909 wird Petersen an die renommierte Gelehrtenschule Johanneum in Hamburg berufen. Über die Jahre, die er dort verbringt, äußert er später: „Das Feuer begann in Hamburg zu lodern“. Die Stadt war schon damals ein Ort pädagogischer und bildungspolitischer Reformversuche. Auch außerhalb des Johanneums macht er sich als Schulreformer einen Namen. Er arbeitet im Vorstand des „Bundes für Schulreform“ und am Institut für Jugendkunde. Der 1. Weltkrieg unterbricht schließlich alle mühsamen Reformversuche. Letztlich wird er 1920 von einer Gruppe progressiver Oberlehrer aus seiner Arbeit am konservativ gebliebenen Johanneum in die kollegiale Schulleitung der neu zu gründenden und später so genannten Lichtwarkschule gerufen. Die wichtigsten Punkte dieser Schule waren u. a. „Ganzheitliches Lernen“ (Lernen in Zusammenhängen, Gleichberechtigung auch der musischen Fächer), „Moderne Fremdsprachen“, Förderung von Selbstständigkeit und Selbstverantwortung“, Arbeit in „Kern- und Kurunterricht“, „Mitspracherecht und Mitarbeit von Eltern“ innerhalb und außerhalb der Schule, „Elternzeitung“, „Gemeinschaftspflege“ und „Koedukation“. Es wurden bewusst neue Formen von Unterricht, Lernen und Schulleben geschaffen.15 Petersen hatte die Vision einer freien allgemeinen Einheitsschule für alle Kinder, in der die Selbsttätigkeit und die Entfaltung des Kindes im Vordergrund stehen.
Zudem sind die Kinder so zu beschäftigen, ihre körperlichen und seelischen
Charakteranlagen so zu entwickeln, „dass jedes Kind in seiner Art ein vollkommener Mensch werden kann“. Dazu soll vor allem eine jahrgangsübergreifende Organisation dienen, welche Petersen bereits an der Lichtwarkschule testet.
Nach Unstimmigkeiten in Hamburg wechselt er auf den Wunsch von Max Greil16 hin an die Universität nach Jena. Allerdings ist seine Berufung von Widerständen der mehrheitlich gebliebenen monarchistischen Professorenschaft begleitet, vor allem da er den Lehrstuhl von Wilhelm Rein17 übernahm. Als er schließlich in August 1923 seine Arbeit aufnehmen kann, haben sich die politischen Verhältnisse verändert. Thüringens Regierung und somit auch das Ministerium Greil wurden aufgelöst und Neuwahlen angeordnet. Die reaktionäre Schulpolitik hatte alten Boden zurückgewonnen und von akademischer Lehrerausbildung war keine Rede mehr. Petersen erhielt keine ministerielle Unterstützung und es blieben ihm nur die äußeren Mittel, wie das Schulhaus und die mehr als 7000 Bände umfassende Reinsche Bibliothek. Für ihn folgt ein jahrelanger Kampf um seine schulpädagogische Arbeit mit Hilfe der starken Gefolgschaft von W. Rein. Ermutigt wird er trotz allem von der Jenaer Bevölkerung, eine reformpädagogische Schule nach Hamburger Modell aufzubauen. Seinem Lehrstuhl gliedert er das Modell einer Versuchsschule an. Als Leiter der Universitätsübungsschule entwickelte und testete er seinen Jena-Plan, ein Schulsystem, das eine Art Familienerziehung vorsieht. Das Arbeitsprinzip sieht viel Freiheit und Gruppenarbeit für die Schüler vor, aber auch gute Zusammenarbeit mit Eltern und Lehrern. Die Schüler sollen sich selbst erziehen und insbesondere soziales Verhalten lernen. Der Gemeinschaftsbegriff ist demnach für die Erziehung besonders wichtig.
Trotz keiner finanziellen und personellen Unterstützung kann Petersen 1930 und 1934 mit Band 1 bis 3 des sogenannten „Großen Jena- Plans“ eine Gesamtdarstellung von 10 Jahren Versuchsschularbeit veröffentlichen. Bestehen konnten in seinem Schulversuch nur reformpädagogische Elemente, die ihm durch die praktische Arbeit an der Schule bestätigten, dass sie seinem Erziehungsziel entsprachen. 1936/37 erscheint sein letztes größeres Werk verspätet und mit geändertem Titel als „Führungslehre des Unterrichts“. Seine Schule überlebte das Dritte Reich und wurde letztlich doch 1950 von der SED geschlossen, da es sich um ein „reaktionäres, politisch sehr gefährliches Überbleibsel aus der Weimarer Republik“ handele.
[...]
1 Petersen, Peter: Der kleine Jenaplan. S. 8.
2 Keck, Rudolf W. / Sandfuchs, Uwe / Feige, Bernd: Wörterbuch Schulpädagogik. S. 216 f.
3 Keck, Rudolf W. / Sandfuchs, Uwe / Feige, Bernd: Wörterbuch Schulpädagogik. S. 361.
4 Keck, Rudolf W. / Sandfuchs, Uwe / Feige, Bernd: Wörterbuch Schulpädagogik. S. 361.
5 Benner, Dietrich / Kemper, Herwart: Theorie und Geschichte der Reformpädagogik. S. 208 f.
6 Röhrs, Hermann: Die Reformpädagogik. S. 228 ff.
7 Skiera, Ehrenhard: Reformpädagogik in Geschichte und Gegenwart. S. 233 ff.
8 Dietrich, Theo: Die Pädagogik Peter Petersens. S. 23 f.
9 Kluge, Barbara: Zur Biographie Peter Petersens und zur Theorie und Praxis des Jenaplans in seiner historischen Entwicklung. S. 17.
10 Kluge, Barbara: Zur Biographie Peter Petersens und zur Theorie und Praxis des Jenaplans in seiner historischen Entwicklung. S. 18 f.
11 Kluge, Barbara: Zur Biographie Peter Petersens und zur Theorie und Praxis des Jenaplans in seiner historischen Entwicklung. S. 22 f.
12 Wilhelm Wundt und Karl Lamprecht führten an der Universität Leipzig eine wissenschaftliche Auseinandersetzung zu Begriffen wie Persönlichkeit, Gemeinschaft, Volk, Kultur, Materialismus, Liberalismus und Sozialismus. Sie vertraten neue, zeitgemäße Wissenschaften wie Soziologie, Sozialpsychologie und Völkerpsychologie.
13 Kluge, Barbara: Zur Biographie Peter Petersens und zur Theorie und Praxis des Jenaplans in seiner historischen Entwicklung. S. 24 f.
14 Kluge, Barbara: Zur Biographie Peter Petersens und zur Theorie und Praxis des Jenaplans in seiner historischen Entwicklung. S. 26 f.
15 Kluge, Barbara: Zur Biographie Peter Petersens und zur Theorie und Praxis des Jenaplans in seiner historischen Entwicklung. S.28 f.
16 Max Greil war als Volksschullehrer nach der Revolution zum Volksbildungsminister aufgestiegen und nunmehr oberster Dienstherr für Gymnasien und Universität. Er setzte sich für die demokratische Bildung in den Schulen und Universitäten Thüringens ein. Greil wollte eine „Neugestaltung des gesamten Thüringer Schul- und Bildungswesens vom Kindergarten bis zur Universität [...]“.
17 Dieser hatte als Herbartianer mit seiner Lehre vom „Unterricht als Kunst des Lehrers“ mit der methodischen Abfolge von Vorbereitung, Darbietung, Verknüpfung, Zusammenfassung und Anwendung der deutschen Pädagogik weltweite Anerkennung verschafft.
- Citation du texte
- Daniela Kirchert (Auteur), 2006, Peter Petersen und sein Jenaplan, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/135002
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