Zwei verschiedene Rezeptionsstränge bestimmen die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit George: Die werkorientierte Lesart, die unter verschiedenen Vorzeichen die Modernität der Lyrik Georges betont und die sozialwissenschaftlich orientierte Lesart, die die modernekritischen und anti-modernen Positionen Georges und seiner Mitstreiter unterstreicht. Beide Rezeptionsstränge stehen sich im Rahmen der wissenschaftlichen Diskussion zwar nicht unvereinbar gegenüber, stehen aber doch unvermittelt nebeneinander. So ist der Vorwurf, der gegenüber Stefan Breuer erhoben wird, er ignoriere im Rahmen seiner Betrachtungen die Funktion des Ästhetischen, ebenso symptomatisch wie Breuers eigenes selbstkritisches Eingeständnis seiner fehlenden literaturwissenschaftlichen Kompetenz.
Eine Analyse von Stefan Georges „Algabal“-Zyklus vor dem Hintergrund dieser Moderne- und Antimodernediskussion kann sich nicht auf eine der beiden Lesarten zurück-ziehen. Die vorliegende Arbeit versteht die Dichtung Georges zwar als Ausdruck historisch-gesellschaftlicher Entwicklungen und ist deshalb im weitesten Sinne einer ‚Sozialgeschichte der Literatur’ zuzuordnen. Dennoch soll versucht werden, das Verständnis der Eigenstruktur des Ästhetischen nicht unter einer positivistischen sozialgeschichtlichen Stoffanhäufung zu begraben. Der Respekt vor der spezifisch künstlerischen Autonomie von Literatur und ihrer gleichzeitigen Unterminierung stellt jedoch die Quadratur des Kreises für die Literatursoziologie dar. Es gibt aus diesem Dilemma keinen Ausweg, als es in die methodische Reflexion einzubeziehen.
Vor diesem Hintergrund gliedert sich die Arbeit in vier Abschnitte. In einem ersten Schritt soll die theoretische Grundlegung geleistet werden, indem der Modernebegriff historisch diskutiert und die Definitionen der Literaturwissenschaft kritisch reflektiert werden. Ziel ist es ein angemessenes und leitendes Moderneverständnis zu gewinnen. Daraufhin gilt es, die Stellung Georges in der zeitgenössischen Literatur zu beschreiben und seine außerliterarischen Äußerungen zu systematisieren. Im dritten und umfangreichsten Abschnitt dieser Arbeit steht schließlich die Analyse des „Algabal“-Zyklus’ im Mittelpunkt. Mit Hilfe einer systematischen Textanalyse soll ein Interpretationsvorschlag entwickelt werden, der schließlich im letzten Schritt der Arbeit mit der Frage nach der Modernität Georges und nach dem gesellschaftlichen Bezug des Zyklus’ konfrontiert wird.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
1. Thema und Fragestellung
2. Forschungsdiskussion
II. Moderne Literatur und Literatur der Moderne
1. Geschichte der Modernität
2. Die selbsternannte Moderne und ihre Paradigmen
3. Die Epoche der Moderne: Definitionen der Literaturwissenschaft
4. Literarische Moderne und gesellschaftliche Modernisierung
III. Stefan Georges Poetologie und Gesellschaftsbild im zeitgenössischen Kontext
1. Die „Blätter für die Kunst“
2. Auseinandersetzung mit dem Naturalismus
3. Die Kunsttheorie der „Blätter für die Kunst“
4. Einflüsse des französischen Ästhetizismus’
5. Nietzsche-Rezeption
6. Begriffsbestimmung: ‚Décadence’, Symbolismus, Ästhetizismus
IV. Der „Algabal“-Zyklus
1. Grundlegendes: Stoff und Struktur
a) Algabal – Heliogabal – Elagabal: Historischer Kern und Stoffgeschichte
b) Bauprinzip und Strukturmerkmale
2. Der Ästhetizismus des „Unterreiches“
a) Elemente einer Gegenwelt
b) Krisenmoment I: Macht und verlorene Unschuld
c) Krisenmoment II: Natur und Künstlichkeit
3. Die Wirklichkeit der „Tage“
a) Situierung der Handlung
b) Ritualisierte Zeit
c) Ritualisierter Raum
d) Versuche der Krisenbewältigung
e) Der Tod als ästhetisches Ereignis
f) Rettung durch Deutung
g) Die Ästhetik der Amoral als Leitprinzip der „Tage“
4. Die Selbsterfahrung der „Andenken“
a) Anatomie der Schuld
b) Sinnkrise
5. Der „Algabal“-Zyklus als Ästhetizismus-Diskurs
V. Wie modern ist die ästhetische Moderne?
1. Stefan George als Vertreter der ästhetischen Moderne
2. Stefan George und der ästhetische Fundamentalismus
VI. Fazit
VII. Literaturverzeichnis
1. Primärliteratur
2. Sekundärliteratur
VIII. Anhang
I. Einleitung
1. Thema und Fragestellung
Noch vor fünfunddreißig Jahren, will man der damaligen Einschätzung von Manfred Durzak glauben schenken[1], war der Kampf um den Platz im Kanon der deutschsprachigen Literatur für die Gedichte Stefan Georges unentschieden. Dieses Bild scheint sich heute gewandelt zu haben. Verlage bieten Auswahlsammlungen der Gedichte an, in zahlreichen Anthologien sind sie ebenfalls enthalten, einschlägige ‚Leselisten’ geben Hinweise auf einzelne Bände und die Lektüre der George-Gedichte hat sogar ihren Platz im Deutschunterricht erhalten.
Bei genauerer Betrachtung der zumeist ausgewählten Gedichte ergibt sich jedoch ein differenzierteres Bild. Deutlich überrepräsentiert sind die Gedichte, die scheinbar an die Tradition der deutschen Innerlichkeitslyrik und Natursymbolik anknüpfen[2], insbesondere sind es die Gedichte der Zyklen „Das Jahr der Seele“ (1897) und „Teppich des Lebens“ (1900). Dies korrespondiert mit den Veröffentlichungserfolgen zu Georges Zeiten, denn aus den ansonsten sehr niedrigen Auflagenzahlen ragten eben diese Bände deutlich heraus. Hinzu kommt, dass zahlreiche Gedichte aus ihrem ursprünglichen zyklischen Zusammenhang isoliert wurden und sich dadurch ganz neue, häufig unverfängliche und reduzierte Deutungsmöglichkeiten ergeben. Es scheint also so, als sei ein kleiner Teil der Gedichte Georges kanonisiert worden, während der übrige Teil im öffentlichen ‚Leseraum’ kaum wahrgenommen wird.
Die Rezeption Georges in der fachwissenschaftlichen Auseinandersetzung ist ebenfalls durch eine zwiespältige Tendenz gekennzeichnet, die bis heute wirkungsmächtig ist. Bis in die 70er Jahre hinein stand die literaturwissenschaftliche Werkanalyse der Gedichte Stefan Georges im Vordergrund der Forschungsbemühungen. Insbesondere die Aus-einandersetzung mit den frühen Zyklen prägte dabei das Verständnis des ästhetischen Werkes Georges bis heute. Mit Blick auf seine poetologischen Wurzeln in der ‚l’art pour l’art’-Bewegung des französischen Ästhetizismus’ gilt Stefan George zusammen mit Hugo von Hofmannsthal und Rainer Maria Rilke nach wie vor als einer der wichtigsten Vertreter der ästhetischen Moderne in Deutschland.[3] Die Auseinandersetzung mit dem lyrischen Werk Georges ließ aber seit den 70er Jahren auffällig nach und beschränkte sich zunehmend auf die exemplarische Analyse einzelner Gedichte. Im Gegenzug steigerte sich das Interesse der Forschung an sozial- und kulturhistorischen Fragestellungen. Insbesondere die außergewöhnliche Formation des ‚George-Kreises’ mit seinen autarken, gesellschaftsabweisenden und hierarchischen, auf die zentrale Figur Stefan George orientierten Strukturen motivierte umfangreiche literatursoziologische Arbeiten.[4] Mit Blick auf die politischen Gedichte im Spätwerk Georges und die gesellschaftspolitischen Äußerungen aus dem Umkreis Georges wurde die unreflektierte Stellung Georges im Kanon der modernen Literatur zunehmend in Frage gestellt. So prägte schon früh Jost Hermand im Hinblick auf den literarischen Ästhetizismus der Jahrhundertwende und auf Stefan George das Schlagwort von der „falschen Moderne“[5], da diese Lyrik die zeitgenössischen Probleme der Armut, der fehlenden demokratischen Mitbestimmung, der Industrialisierung usw. verschweigen würde, diese aber auch heute noch von Relevanz seien. Bezugnehmend auf die Thematik von Herrschaft und Dienst und der Rede von der befreienden Tat, die insbesondere die späte Lyrik Georges prägte, wurde an anderer Stelle auch der Vorwurf einer geistigen Nähe zum Faschismus laut.[6] Die gesellschaftspolitische Stellung des George-Kreises hat schließlich Stefan Breuer systematisierend beschrieben und kennzeichnet diese als einen spezifisch ästhetischen Fundamentalismus.[7]
Zwei verschiedene Rezeptionsstränge bestimmen also die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit George: Die werkorientierte Lesart, die unter verschiedenen Vorzeichen (Ästhetizismus, Symbolismus, ‚Décadence’) die Modernität der Lyrik Georges betont und die sozialwissenschaftlich orientierte Lesart, die die modernekritischen und antimodernen Positionen Georges und seiner Mitstreiter unterstreicht. Beide Rezeptionsstränge stehen sich im Rahmen der wissenschaftlichen Diskussion zwar nicht unvereinbar gegenüber, stehen aber doch unvermittelt nebeneinander. So ist der Vorwurf, der gegenüber Stefan Breuer erhoben wird, er ignoriere im Rahmen seiner Betrachtungen die Funktion des Ästhetischen,[8] ebenso symptomatisch wie Breuers eigenes selbstkritisches Eingeständnis seiner fehlenden literaturwissenschaftlichen Kompetenz.[9]
Eine Analyse von Stefan Georges „Algabal“-Zyklus vor dem Hintergrund dieser Moderne- und Antimodernediskussion kann sich nicht auf eine der beiden Lesarten zurückziehen. Die vorliegende Arbeit versteht die Dichtung Georges zwar als Ausdruck historisch-gesellschaftlicher Entwicklungen und ist deshalb im weitesten Sinne einer ‚Sozialgeschichte der Literatur’ zuzuordnen. Dennoch soll versucht werden, das Verständnis der Eigenstruktur des Ästhetischen nicht unter einer positivistischen sozialgeschichtlichen Stoffanhäufung zu begraben. Der Respekt vor der spezifisch künstlerischen Autonomie von Literatur und ihrer gleichzeitigen Unterminierung stellt jedoch die Quadratur des Kreises für die Literatursoziologie dar. Es gibt aus diesem Dilemma keinen Ausweg, als es in die methodische Reflexion einzubeziehen.
Vor diesem Hintergrund gliedert sich die Arbeit in vier Abschnitte. In einem ersten Schritt soll die theoretische Grundlegung geleistet werden, indem der Modernebegriff historisch diskutiert und die Definitionen der Literaturwissenschaft kritisch reflektiert werden. Ziel ist es ein angemessenes und leitendes Moderneverständnis zu gewinnen. Daraufhin gilt es, die Stellung Georges in der zeitgenössischen Literatur zu beschreiben und seine außerliterarischen Äußerungen zu systematisieren. Im dritten und umfangreichsten Abschnitt dieser Arbeit steht schließlich die Analyse des „Algabal“-Zyklus’ im Mittelpunkt. Mit Hilfe einer systematischen Textanalyse soll ein Interpretationsvorschlag entwickelt werden, der schließlich im letzten Schritt der Arbeit mit der Frage nach der Modernität Georges und nach dem gesellschaftlichen Bezug des Zyklus’ konfrontiert wird. Systematisch stellen also die ersten drei Abschnitte der vorliegenden Arbeit relativ unabhängige Arbeitsschritte dar, die erst im letzten Kapitel synthetisierend zusammengefasst werden.
2. Forschungsdiskussion
Neben den einleitend bereits erörterten allgemeinen Tendenzen der George-Forschung wird im Folgenden die spezifische Forschungsdiskussion zum „Algabal“-Zyklus umrissen.[10]
Die ersten wissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit dem „Algabal“-Zyklus stammen von den ‚Jüngern’ des George-Kreises selbst. Dies ist wenig erstaunlich, bedenkt man die personelle Zusammensetzung des George-Kreises, der weniger aus Literaten, als aus Geisteswissenschaftlern bestand und deshalb einen häufig unterschätzten Einfluss auf die deutsche Geisteswissenschaft in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte.[11] Da die Genese des „Algabal“-Zyklus in der Vorzeit des George-Kreises liegt, wohnt allerdings den meisten Darstellungen die Tendenz einer Stilisierung inne: Die Jünger versuchen dieses frühe Werk auf den späten, ihnen bekannten, George hin zu interpretieren. Weiterhin sind die Deutungen aus den Reihen der Kreismitglieder geprägt durch die Intention, George und damit die eigene Vergangenheit vom Vorwurf der Nähe zum Nationalsozialismus zu befreien. Ausdruck fand diese Absicht in einer auffälligen Überbetonung der autonomieästhetischen ‚l’art pour l’art’-Haltung Georges oder in der einseitigen Bezugnahme auf die historisch verbürgte antike Motivquelle des „Algabal“.[12] Geprägt sind diese frühen Interpretationen durch eine höchst affirmative Rezeption und eine tendenzielle Abneigung gegenüber objektivierten Interpretationsansätzen. Erstaunliches Beispiel hierfür ist eine noch 1971 erschienene Arbeit von Victor A. Schmitz, in der es einleitend heißt:
„Dieses Buch ist ein Bekenntnis, keine kritische Untersuchung. Es hat nicht die Absicht Georges Dichtungen wissenschaftlich zu erfassen und zu qualifizieren, historisch einzuordnen oder gar sie mit Maßstäben zu messen, die ihr nicht entsprechen. Es geht davon aus, daß Dichtung mehr ist als ein Gegenstand für Theorien und Tendenzen jeglicher Art [...]“.[13]
Die umfangreiche Arbeit des französischen Literaturwissenschaftlers Claude David über das Gesamtwerk Stefan Georges ist zwar über den Verdacht einer persönlichen Verquickung mit dem Georgekreis erhaben, jedoch ist seine Interpretation stark auf eine biographische Lesart der Gedichte fixiert, die sich in einer unreflektierten Gleichsetzung des fiktiven Kaiserpriesters Algabal mit Stefan George niederschlägt.[14]
Seit Ende der sechziger Jahre allerdings mehren sich solche wissenschaftlichen Arbeiten, die der Reduzierung der georgeschen Gedichte auf die Elemente Ästhetik und Form skeptisch gegenüberstehen. Alternativ werden Fragen nach zivilisationskritischen Elementen laut, beispielsweise die Frage nach der „Politik des Unpolitischen“[15]. Vorbildlich sind in diesem Zusammenhang die Untersuchungen von Manfred Durzak und Werner Strodthoff, die, entgegen der üblichen ‚l’art pour l’art’-Rezeption, den Zyklus als eine Verdichtung der Wirklichkeitserfahrungen Georges verstehen.[16]
Entsprechend dem beschriebenen nachlassenden Interesse an der Lyrik Georges seit Mitte der 70er Jahre, findet sich seitdem keine ganzheitliche Deutung des Zyklus’ mehr. Neben der isolierten Interpretation von Einzelgedichten und einer wenig erkenntnisreichen struktralistisch-fomalistischen Analyse zu den Sprechakten in Georges Lyrik[17], beschränkt sich die Forschung seitdem auf die Diskussion von Einzelaspekten, wie z.B. dem Exotismus-Motiv[18] oder dem Antikebild[19] im „Algabal“-Zyklus. Eine gewichtige Rezeption hat der Zyklus schließlich im Zusammenhang mit der ‚Décadence’-Forschung erfahren, als deren wichtiger Vertreter er zu gelten habe.[20] Die aktuellste Studie zum „Algabal“-Zyklus liegt in Form eines Aufsatzes von Anette Rink zum Motiv des Herrschertums beim frühen George vor.[21] Rink beschränkt sich jedoch auf eine kritische Analyse des frühen Werkkommentars des Kreismitgliedes Ernst Morwitz und auf eine fragwürdige psychologisierende Parallelisierung Stefan Georges und seiner fiktiven Gedichtfigur Algabal.
Die umfangreichen literaturwissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit dem Kontext der Dichtung Stefan Georges hat, so muss man angesichts der jüngeren Forschungen zum „Algabal“-Zyklus feststellen, den direkten Zugang zu den Gedichttexten zunehmend verstellt.
II. Moderne Literatur und Literatur der Moderne
Die gewählte Kapitelüberschrift deutet bereits auf zwei unterschiedliche Perspektivierungsmöglichkeiten hin. ‚Modern’ im adjektivischen Gebrauch verweist in den alltagssprachlichen Raum. Hier wird modern als „modisch, der Mode entsprechend; neu; zeitgemäß“ verstanden.[22] ‚Modern’ in diesem Sinne kann als eine wertfreie temporale Abgrenzung der Jetztzeit gegen die Vergangenheit verstanden werden oder als eine wertende Bezeichnung einer Differenzerfahrung im Sinne eines zu definierenden Fort- oder Rückschrittes. Impliziert ist dabei eine potentielle Pluralität der Verwendung: Zu unterschiedlichen Zeiten und in verschiedenen Generationen könnten mit gleicher Berechtigung unterschiedliche Sachverhalte als neu, zeitgemäß oder modisch bezeichnet werden.
Im Gegensatz dazu steht die Substantivierung ‚Moderne’. Als Epochenbezeichnung in die deutsche Sprache eingeführt,[23] wird sie fast ausschließlich im fachsprachlichen und populärwissenschaftlichen Kontext verwendet. Sie bezeichnet im Allgemeinen beschreib- und abgrenzbare Entwicklungen in der Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts. Durch die Substantivierung wird das Bezeichnete als singulär herausgehoben, eine Pluralbildung des Wortes ‚Moderne’ ist nur grammatikalisch denkbar.
Mit Blick auf den Bereich der Literatur kann man diese beiden Perspektivierungen auch als „Geschichte der Modernität“ und als „Epoche der Moderne“ bezeichnen.[24] Beide Elemente gilt es im Folgenden zu beschreiben und zu definieren. In einem ersten Schritt wird die „Geschichte der Modernität“ in einem begriffsgeschichtlichen Überblick dargestellt. Anschließend soll das in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzende Selbstverständnis, Teil einer autonomen und spezifischen Epoche der Moderne zu sein, gesondert betrachtet werden. Zwei grundsätzliche Möglichkeiten dieses zeitgenössischen Moderneverständnisses werden dabei paradigmatisch gegenübergestellt. Weiter gilt es, die literaturwissenschaftlichen Definitionen der Moderne einer kritischen Sichtung und Diskussion zu unterziehen und eine spezifische Position für die Fragestellungen der eigenen vorliegenden Arbeit zu gewinnen.
1. Geschichte der Modernität
Das oben skizzierte populäre Grundverständnis des Wortes ‚modern’ als Kennzeichnung der Gegenwart oder der Jetztzeit spiegelt zugleich die Bedeutung, die ‚modern’ bzw. ‚modernus’ schon am Anfang seiner begrifflichen Geschichte erhalten hat.[25] In Briefen aus den Jahren 494 und 495 unterscheidet Papst Gelasius zeitgenössische Dekrete von alten, vorher wirksamen ‚antiquis regulis’ mit Hilfe des Adjektivs ‚modernus’. Die erweiterte, schon qualifizierende Bedeutung des Wortes findet sich Jahre später in zwei Briefen des im Dienste des ostgotischen Königs Theoderich stehenden Chronisten Cassiodor. Er erkennt die historische Zäsur, die durch den Untergang des römischen Reiches entstanden ist, und mahnt eine Erneuerung der altrömischen Werte, der ‚antiquitas auctoritas’ an.[26] Hier offenbart sich das Zeitbewusstsein einer spezifischen Gegenwart, welches sich bei Cassiodor ebenfalls durch das Wort ‚modernus’ ausdrückt. Jahrhunderte später schließlich, während des Investiturstreites und in der Blüte des Hochmittelalters, erhält der Begriff ‚modernitas’ eindeutig wertende Konnotationen: Für die Anhänger des Papstes ist die Gegenwart Verfall, weil Abkehr von den Regeln der Kirchenväter. Im Gegensatz dazu entwickelt Bernhard von Chartre das populäre und wohlmeinende Bild von den Zwergen, den ‚moderni’, die auf den Schultern der Riesen, also der ‚antiqui’ sitzen und daher, trotz fehlender Größe, weiter als diese sehen können. Insbesondere als Bezeichnung für philosophische und theologische Schulen ist eine weite Verbreitung der wirkungsmächtigen Dichotomie ‚antiqui/ moderni’ im Mittelalter festzustellen, hier allerdings zur wertfreien Abgrenzung einer bewusst erlebten Gegenwart von der Vergangenheit.
Von geistes- und literaturgeschichtlich entscheidender Bedeutung war schließlich die so genannte ‚Querelle des Anciens et des Modernes’. Ausgelöst wurde der Streit bekanntlich durch Charles Perrault, der 1687 in einer Sitzung der Académie Française zum Lobe des Zeitalters Ludwigs XIV. den bislang unbestrittenen Vorrang der Antike in Frage stellte und der eigenen Zeit zumindest eine prinzipielle Gleichrangigkeit zugestehen wollte. Diese Auffassung stieß auf heftigen Widerstand, so dass sich Perrault genötigt sah, seine programmatischen Thesen ausführlicher darzulegen. In der damit einsetzenden ‚Querelle’ verwiesen die Parteigänger der ‚Moderne’ auf die unleugbaren technisch-rationalen Fortschritte der Zeit. So wie die moderne Wissenschaft und Philosophie eines Kopernikus oder Descartes der Antike überlegen wären, so müsste man auch von einer Überlegenheit der modernen Künste ausgehen. Diese These von der Parallelisierbarkeit von Wissenschaft und Kunst wurde schließlich zur Kernfrage der Auseinandersetzung. Die Vertreter des ‚Alten’ argumentierten mit der Unvergleichbarkeit der beiden Entwicklungen. Die Kunst der Antike wäre ihrer Auffassung nach zeitlos und vollkommen. Wirkungsgeschichtlich von besonderer Bedeutung war schließlich das Ergebnis der über zwanzigjährigen ‚Querelle’: In der Tendenz erkannte man die jeweilige Eigenart der verschiedenen Zeiten an, so dass einem Vergleich der Zeitalter die Grundlage entzogen wurde. Damit, und hier stimmen die Positionen der literaturwissenschaftlichen Forschung nahezu einhellig überein, war die Möglichkeit theoretisch vorbereitet, die eigene Zeit als modern zu definieren, ohne sich ex negativo von der Antike oder einer sonstigen vorhergehenden Zeit abgrenzen zu müssen.[27]
Entsprechend einer weithin akzeptierten These von Hans Robert Jauß, war es schließlich Friedrich Schiller, der diesen Schritt im deutschen Sprachraum praktisch vollziehen sollte.[28] In seiner programmatischen Schrift „Über naive und sentimentalische Dichtung“ macht er den Versuch, den Eigenwert der eigenen, als modern verstandenen Zeit zu definieren. Die antike Dichtkunst sei vollkommen, weil sie ‚naiv’, also naturhaft und ohne Entfremdung sei, während die Kultur der gegenwärtigen Zeit, diesen Verlust erkennend und akzeptierend, sentimental sein müsse. Nun soll aber nicht die Rückkehr zum Naiven die Aufgabe des zeitgenössischen Menschen sein, sondern er solle aus Überlegung und freier Entscheidung heraus sich diesem Ideal neu annähern. Für den Bereich der Literatur entwirft Schiller damit nicht mehr nur ein Gegenwartsmodell in Abgrenzung zur Vergangenheit, sondern auch erstmals einen Zukunftsentwurf für die Gegenwart.[29] Eine Definition der eigenen Zeit ist dadurch nicht mehr notwendigerweise auf das verwiesen, was gewesen ist, sondern kann nun auch das programmatisch einfordern, was künftig sein sollte.
2. Die selbsternannte Moderne und ihre Paradigmen
Die beschriebene Tendenz in Richtung eines zukunftsoffeneren und autonomeren Verständnisses von Gegenwart schlug sich begriffsgeschichtlich im beginnenden Gebrauch der Substantivierung ‚Moderne’ nieder. Die exakte Zuschreibung der Erstverwendung ist strittig,[30] jedoch kann man vom faktischen Durchbruch des Wortes im deutschen Sprachraum ab dem Jahre 1886 sprechen. Schon bald erfuhr der Begriff eine nahezu inflationäre Verwendung. Im genannten Jahr erschienen anonym die Thesen der ‚Freien literarischen Vereinigung Durch! ’, höchstwahrscheinlich vom Literaturhistoriker Eugen Wolff verfasst, in denen unter anderem postuliert wurde:
„Unser höchstes Kunstideal ist nicht mehr die Antike, sondern die Moderne.“[31]
Der Gegensatz zur Antike hat dabei allerdings eher rhetorische Bedeutung, da in der Argumentation keinerlei Wert auf eine Abgrenzung gegenüber vergangenen Zeiten gelegt wird, sondern vor allem programmatisch Forderungen für die Zukunft aufstellt sind:
„[...] so gehört es zu den Aufgaben des Dichters der Gegenwart, alle bedeutungsvollen und nach Bedeutung ringenden Gewalten des gegenwärtigen Lebens in ihren Licht- und Schattenseiten poetisch zu gestalten und der Zukunft prophetisch und bahnbrechend vorzukämpfen.“[32]
Poetologische Konsequenz daraus sei es, die Menschen „in unerbitterlicher Wahrheit“ darzustellen,
„um durch die Größe der Naturwahrheit die ästhetische Wirkung zu erhöhen.“[33]
Schon in diesem ersten programmatischen Dokument des deutschsprachigen Naturalismus’[34] wird ein Paradigma der Moderne entfaltet, welches sich, ähnlich wie Perraults Argumentation in der ‚Querelle’, am technisch-rationalen Fortschritt orientiert. Die „entschleiernde Naturwissenschaft“ und die „technische Kulturarbeit“ seien dabei Voraussetzung nicht nur für die Kunst, sondern für „alle Gewalten des gegenwärtigen Lebens“[35]. Auch wenn dieses naturalistische Kunstprogramm der so genannten ‚Berliner Moderne’ bald an Einfluss verlor, blieb doch das damals etablierte, am technisch-rationalen Fortschritt orientierte Paradigma der Moderne dauerhaft wirksam und prägt bis heute die alltagsweltlichen Diskurse über die Moderne.[36]
Schon kurze Zeit später, am Beginn der 1890er Jahre, etablierte sich jedoch ein zweites, gegenteiliges Verständnis über die Aufgabe der modernen Kunst, welches insbesondere in Wien seinen literarischen Ausdruck fand. Diese so genannte ‚Wiener Moderne’ folgte zunächst noch dem naturalistischen Vorbild der ‚Berliner Moderne’. Doch schon bald führte der Widerspruch zwischen naturalistischem Anspruch und literarischer Praxis der jungen Wiener Autoren zu einem Bruch mit dem naturalistischen Paradigma der Moderne.[37] Beispielhaft hierfür ist Hermann Bahr anzuführen, der vormals selbst zu den Theoretikern des Naturalismus’ gehörte, und 1891 in seinem vielbeachteten Essay „Die Überwindung des Naturalismus“ über Hugo von Hofmannsthal schrieb:
„Das mutet so klassisch, geradezu hellenisch an, daß er in der Weise der Alten neu ist [...]. Ich werde das Gefühl nicht los, daß mit ihm die zweite Periode der Moderne beginnt[...].“[38]
Diese ‚zweite Moderne’ verstand sich als dezidiert anti-naturalistisch und konnte dabei zur programmatischen Begründung an ein Moderneverständnis anknüpfen, welches sich schon früh in Frankreich etabliert hatte. Hier verwendete Chateaubriands 1849 erstmals das Substantiv ‚la modernité’, aber erst Baudelaire war es, der es zu einem Schlüsselwort seiner wirkungsmächtigen, neuen Ästhetik machte:
„Die Modernität ist das Vorübergehende, das Entschwindende, das Zufällige, ist die Hälfte der Kunst, deren andere Hälfte das Ewige und das Unabänderliche ist. “[39]
Die Moderne ist für Baudelaire dementsprechend keine eigenständige Epoche, sondern in Form des Vergänglichen stets selbst Teil und Gegenstand der Kunst.[40] Besondere Aufgabe des Künstlers sei es dabei, im Aktuellen und Modernen das Ewige und Unvergängliche zu zeigen.[41] Daraus ergeben sich poetologische Konsequenzen, die sich in der Nachfolge von Baudelaire[42] zunehmend radikalisieren: Kunst soll weder eine mimetische Abbildung der Welt sein, noch zu ihr im Widerspruch stehen, sondern möglichst autonom bleiben. Zum sprachlich hervorstechenden Mittel dieser Konzeption wird das Symbol, welches „eine eigenständige Welt der Bilder und Worte zu beschwören vermag“[43] und so mehr darstellen könne, als mimetische Beschreibungen der Welt. Im Gegensatz zum Naturalismus orientierte sich dieses zweite Paradigma der Moderne also nicht am Fortschritt, sondern am Ewigen und Universellen. Die poetologische Konsequenz war die Forderung nach einer nicht-mimetischen bzw. symbolistischen Literatur.
Innerhalb des Spektrums dieser beiden Paradigmen bewegten sich die Vertreter der selbsternannten Moderne. Die Darstellung dieser konzeptionellen Gegensätze darf aber nicht ihr gemeinsames Fundament verschleiern.[44] Beiden Anschauungen war die Überzeugung gemein, die Kunst und ihr Verhältnis zum Leben bedürfen einer Erneuerung,[45] in beiden Fällen wurde der Kunst in der Tradition der kulturzentrierten Ideologie des deutschen Bildungsbürgertums eine besonders große Rolle zugesprochen.[46]
3. Die Epoche der Moderne: Definitionen der Literaturwissenschaft
In den 1980er Jahren begann in den Gesellschafts- und Sozialwissenschaften eine Diskussion, die die Frage zu beantworten versuchte, ob sich die europäischen und nordamerikanischen Industrieländer an der Schwelle eines neuen Zeitalters befänden.[47] So intensiv, wie diese Debatte geführt wird, so populär und wirkungsmächtig ist ihr Vorschlag für eine neue Epochenbezeichnung geworden: Die ‚Postmoderne’ ist seitdem in aller Munde. Auch die Literaturwissenschaft blieb hiervon nicht unbeeinflusst, stellte sich doch die Frage, ob die Literatur der Moderne ebenfalls einem beschreibbaren Transformationsprozess unterliegt, der die Verwendung eines neuen Epochenbegriffes rechtfertigen würde. Der Streit um eine mögliche Abgrenzung von Moderne und Postmoderne entfachte dadurch zwangsläufig auch die Diskussion um die Moderne neu. Schnell wurde deutlich, wie unscharf und wenig reflektiert der Modernebegriff bislang innerhalb der Literaturwissenschaft Verwendung fand. So konstatierte Silvio Vietta zu Recht: „Kein anderer literarischer Epochenbegriff wird so diffus gehandhabt wie der der Moderne.“[48]
Frühen Einfluss gewann Hugo Friedrichs Arbeit zur „Struktur der modernen Lyrik“.[49] Auch wenn er es explizit vermeiden wollte, eine Definition der Moderne zu leisten,[50] so beeinflussen seine Thesen doch bis heute Anschauung und Kanonisierung moderner Lyrik. Laut Hugo Friedrich sind „die Gründer und noch heutigen Führer der modernen Lyrik Europas“[51] die Dichter Rimbaud und Mallarmé. Damit übernimmt Friedrich das oben skizzierte, durch Baudelaire begründete ‚symbolistische’ Paradigma der Moderne für seine eigene Theoriebildung. Selbst Stefan George, der bekanntlich kurze Zeit zum Dichterkreis um Mallarmé gehörte und diesen in Deutschland populär zu machen versuchte, ist für Friedrich nur ein Nachfolger eines Stils „von dem sich Frankreich [...] gelöst hat.“[52] Dieser moderne Stil sei u.a. geprägt von einer Ästhetik des Hässlichen, von Dissonanz und Unverständlichkeit, von Sprachmagie und Artistik. Dass dementsprechend der Naturalismus nicht dieser Moderne zuzuordnen ist, bedarf schließlich nur in einem Nebensatz der Erwähnung.[53] Diese nicht- bzw. gegenrealistische Definition der Moderne vertritt auch Hans Robert Jauß in seiner vielbeachteten Studie „Literaturgeschichte als Provokation“.[54] Auch für Jauß bezeugen beispielsweise die naturalistisch-orientierten zehn Thesen von Ernst Wolff „nur eine nationale Rückständigkeit“ Deutschlands.[55] Die Konsequenzen dieser These führen schließlich Jürgen H. Petersen dazu, Autoren, wie Siegfried Lenz, Heinrich Böll und Martin Walser nicht der literarischen Moderne zuordnen zu können.[56] Und noch in einem aktuellen Einführungsband zur modernen Lyrik bezeichnet Dieter Lamping den Naturalismus als vormodern.[57]
Gegen diese einseitige Auffassung von der literarischen Moderne polemisierte schon früh Jost Hermand. Er unterstellte dem Gros der frühen Literaturwissenschaftler „Scheinobjektivität“ und warf ihnen vor, den Naturalismus aus formalistischen Gründen „einfach unter den Tisch fallen“ zu lassen.[58] Hermand zieht schließlich die genau entgegengesetzte Konsequenz: Die symbolistische Moderne sei „ein Aufbruch in die falsche Moderne“[59]. Einzig der Naturalismus habe die fortschrittliche Moderne gestiftet, da allein dieser die Probleme der sozialen Frage, der Industrialisierung usw., die auch heute noch von Relevanz seien, thematisiere.
An diesen sehr konträren Positionen wird deutlich, dass normative Festlegungen in hohem Maße die Diskussion um Moderne prägen können. Es ist anzunehmen, dass die ältere Forschung u.a. deshalb deutlich zur symbolistischen Moderne tendierte, weil sie deren Verständnis von der gesellschaftlichen Modernisierung als Verlustgeschichte teilte, wohingegen Jost Hermand scheinbar die Fortschrittsgeschichte der technisch-rationalen Moderne präferierte. In beiden Fällen werden die Paradigmen der jeweiligen zeitgenössischen Manifeste theoretisch sanktioniert und die konträren Positionen delegitimiert. Der analytische Wert solcher Definitionen bleibt daher sehr beschränkt.
Seit den frühen 1980er Jahren bemüht sich die Literaturwissenschaft vermehrt um einen weniger selektiven und normativen Weg, um die Literatur der Moderne zu beschreiben. Uwe Japp hat zu diesem Zwecke vorgeschlagen, ein poetologisches Kriterium zu finden, welches den vielfältigen Phänomenen der literarischen Strömungen der Jahrhundertwende gerecht wird. Die Gemeinsamkeit der literarischen Moderne besteht nach Japp nämlich darin, dass „eine scheinbare Einheit des Sinns von dem ostentativen Experiment mit dem Sinn überlagert werde.“[60] Charakteristisch sei es demnach, dass das Neue als Wert an sich betrachtet wird und nicht mehr als Abgrenzung gegen Tradition und Antike. Der fehlende Vergleich mit der Antike verursache eine Leerstelle, die in der Moderne nicht normativ ersetzt werde, sondern pluralistisch gefüllt werden könne.[61] Für Japp ergibt sich daraus die Konsequenz, dass „die Autoren der selbsternannten Moderne auf eine gewisse Weise immer auch zu den Autoren der so genannten Moderne gehören werden.“[62] Um also beide historische Paradigmen der selbsternannten Moderne integrieren zu können, kann man laut Japp von einer Modernität der Vorstellungen und einer Modernität des Sprachgebrauches ausgehen.[63] Diese Deutung der Moderne als eine anhaltenden Epoche des Stilpluralismus’, des Innovationsdruckes, der Möglichkeit einer stilistischen oder sprachlichen Modernität, der stetigen Schwellenerfahrung und der permanenten Krisen hat weite Verbreitung gefunden.[64]
Obwohl diese Analyse in weiten Teilen nachvollziehbar erscheint,[65] muss doch ihr Erkenntnisgewinn kritisch hinterfragt werden. Für Interpreten sind Epochenbegriffe Hilfsmittel, die sich an den jeweiligen Texten beweisen müssen. Sie sollten es ermöglichen, das Material aus einer Perspektive zu erschließen, welche ohne eine Epochenkonstruktion nicht zu erreichen wäre. Ob diese sehr dehnbare und formal-strukturelle Definition der literarischen Moderne dies leistet, ist anzuzweifeln.
Orientierend wirkt ein solcher Modernebegriff hauptsächlich aus einer globalen literaturgeschichtlichen Perspektive. Er stößt an seine Grenze, verwendet man ihn im begrenzten Rahmen einer Einzelanalyse. Die Feststellung einer Pluralisierung der Stile und eines stetigen Innovationsdranges lässt sich am Werk eines einzelnen Autors häufig kaum nachvollziehen. So muss man im Gegenteil für viele moderne Autoren konstatieren, dass sie „mit erstaunlicher innerer Kontinuität wenige, aber zentrale Problemzusammenhänge der Moderne entfalten.“[66]
Weiterhin ist der literaturimmanente Ansatz dieser Modernedefinition prekär. Auf diese Weise gelingt es z.B. nicht, zwischen literarischer, philosophischer und gesellschaftlicher Modernität zu vermitteln und Zusammenhänge herzustellen. Es bleibt offen, warum in den Nachbarwissenschaften der Beginn der Moderne häufig im späten 18. Jahrhundert terminiert wird, während die experimentelle und stilpluralistische literarische Moderne erst zirka einhundert Jahre später zu verorten ist.[67] Hier offenbart sich das Kerndefizit dieser Modernekonzeption. Sie ist nicht explikativ, sondern tendenziell deskpritiv. Sie verweigert einen schlüssigen Begründungsansatz, warum es zu den literarischen Sezessionen gekommen ist und welche Gemeinsamkeiten ihnen trotz eines ‚Karnevals der Stile’[68] zugrunde liegen.
4. Literarische Moderne und gesellschaftliche Modernisierung
Als ein möglicher Weg, die beschriebenen Probleme zu umgehen, erweist sich zunehmend der Bezug auf die gesellschaftswissenschaftliche Modernisierungsforschung. Trotz der ‚Blütezeit’ der Literatursoziologie in der Bundesrepublik der 1960er und 1970er Jahren wurde es versäumt, diesen Ansatz auch mit der Debatte um die literarische Moderne zu verknüpfen. Anfänge, diese Zusammenhänge systematisch zu beschreiben, lassen sich ab Mitte der 1980er Jahre finden.[69] In der letzten Dekade hat diese Auseinandersetzung die Breite der Literaturwissenschaft erreicht, so dass sich durchaus von einem anstehenden Paradigmenwechsel in der Diskussion um den Modernebe-griff sprechen lässt.[70]
Nach Wolfgang Zapf befasst sich die Theorie der Modernisierung mit einer langfristigen „Transformation, die in Westeuropa begonnen, dann aber die ganze Welt in ihre Dynamik einbezogen hat“. Sie ist ein „systematischer Prozess, in dem sich generelle Probleme stellen“ und „ein historischer Prozess, der ganz unterschiedliche Lösungen produziert“.[71] Begonnen im Rahmen der Beschäftigung mit ‚unterentwickelten’ Ländern in den 1950er Jahren entwickelte und differenzierte sich die soziologische Modernisierungsforschung zunehmend, so dass inzwischen von einer einheitlichen Modernisierungstheorie keine Rede mehr sein kann. Bezugnehmend auf eine metatheoretische Systematisierung der vorhandenen Theorien durch Hans van der Loo und Willem van Reijen sollen im Folgenden dennoch die Grundstrukturen des Modernisierungsprozesses kurz skizziert werden.[72] Ausgehend von einem von Talcott Parsons entworfenen Handlungsschema, betrachten van der Loo und van Reijen menschliches Handeln und gesellschaftliche Wirklichkeit von vier Blickrichtungen aus: Die strukturelle Ebene umfasst die Muster mit denen Menschen interagieren; die Kultur gibt mittels Ideen, Werten und Symbolen dem menschlichen Handeln einen Sinn und eine Richtung. Die personale Perspektive betrachtet die Möglichkeiten der subjektiven Identitätsbildung; die Kategorie der Natur soll die Bedeutung von biologischen Determinanten und den Einfluss der natürlichen Umwelt beschreiben.
Aufgrund verschiedener Voraussetzungen setzte im spätmittelalterlichen Europa langsam ein Modernisierungsprozess ein, der sich seit dem Ende des 18. Jahrhunderts zunehmend beschleunigte und anhand der vier Dimensionen des oben skizzierten Handlungsmodells darstellbar ist. Auf der strukturellen Ebene müssen wir von einem Prozess der Differenzierung ausgehen, der vormals statische und homogene Rollenzuweisungen und Interaktionsmuster aufspaltete und verselbstständigte. Kulturell begründete sich das menschliche Handeln zunehmend durch Rationalisierung, orientierte also auf Berechung, Begründung und Beherrschung des Handelns. Die Wahrnehmung der Wirklichkeit folgte dabei einem Anspruch von Ordnung und Systematisierung. Im Rahmen der Individualisierung löste sich das Subjekt aus dem Kollektiv seiner Umgebung und verstand sich zunehmend als autonom. Schließlich versuchte der moderne Mensch sich durch den Prozess der Domestizierung der Natur bestimmter biologischer und natürlicher Abhängigkeiten zu entziehen und die Natur beherrschbar zu machen.
Damit können der Modernisierung idealtypisch die vier Dimensionen der Differenzierung, Rationalisierung, Individualisierung und Domestizierung zugeordnet werden. Ihren Niederschlag finden diese Prozesse in konkreten ökonomischen, politischen und sozialen Entwicklungen, die historisch höchst unterschiedlich ausgeformt sein können. Nach Hans-Ulrich Wehler lassen sich jedoch auch hier allgemeine Erscheinungsformen abstrahieren, die mit den Stichwörtern Staatenbildung, Industrialisierung, Kapitalisierung, Bevölkerungswachstum und Urbanisierung zusammenzufassen sind.[73] Einschränkend sei angefügt, dass Modernisierung in diesem Sinne nicht als unilinearer Gesamtprozess verstanden werden darf. Modernisierung kann sowohl partiell stattfinden, als auch entgegengesetzte Tendenzen und inhärente Krisen umfassen. Der oftmals paradoxe Charakter dieses Prozesses muss deshalb beachtet werden.
Da Literatur nicht im ‚Elfenbeinturm’ entsteht, muss, entsprechend den Auffassungen der Literatursoziologie, dem Zusammenhang von Literatur und sozialer Welt entscheidende Bedeutung zugemessen werden. Literatur ist demnach als ein Teilsystem der Gesellschaft zu verstehen, so dass zur Kennzeichnung der literarischen Moderne unabdingbar ein Zusammenhang zu den Prozessen der gesellschaftlichen Modernisierung herzustellen ist.
Das Literatursystem ist dabei direkt beeinflusst durch die dynamischen Veränderungen der Produktions-, Distributions- und Rezeptionsverhältnisse[74] von Literatur. Aber auch ihre kommunikative Leistung ist als Element und als Wirkungsfaktor der Modernisierung von Bedeutung. In diesem Sinne kann die literarische Moderne als Reaktion auf den Gesamtprozess der gesellschaftlichen Modernisierung, in der Moderneerfahrungen gespiegelt und ausgelegt werden, gelten. Die Strategien der Reaktion können dabei sehr unterschiedlich sein, auch wenn Silvio Vietta zu Recht feststellt, dass die modernisierungskritischen Stimmen überwiegen.[75] Laut Vietta sind Strukturmerkmale, an denen sich die literarische Moderne abarbeitet, die Exaktheit des rationalen Denkens, das Herrschaftsdenken des Subjekts, der Universalismus, der Konstruktivismus, die Emanzipation durch Reflexion und die Kritik sowie das Zeitbewusstsein des permanenten Fortschritts.[76] Dieser Perspektive folgend, kann Moderne nicht mehr als stilistisches System, Ideologie oder chronologische Periode aufgefasst werden, sondern als Diskursfeld von beschreib- und abgrenzungsbaren ‚Problematiken’ und Fragestellungen.[77] Zu Recht fordert in diesem Zusammenhang Anke-Maria Lohmeier, dass die „ästhetische Präsentation und Deutung des Sujets von diesem Sujet selbst zu isolieren“[78] sei. Rekonstruiert man dementsprechend die Literaturgeschichte im Rahmen einer Sozial- und Gesellschaftsgeschichte, stellt sich die Moderne zwar nicht als Epoche im traditionellen Sinne, aber durchaus als systematischer Zusammenhang dar. Aus diesem Grunde wird die Forderung zunehmend lauter, die literarische Moderne zukünftig in Übereinstimmung mit den Nachbarwissenschaften Philosophie, Geschichte und Soziologie als Makroepoche zu verstehen, deren maßgeblicher Beginn etwa am Ende des 18. Jahrhunderts zu verorten ist.[79] Dirk Kemper geht sogar so weit, einen „gewissen Konsens“ der verschiedenen methodischen Ansätze der Literaturwissenschaft in dieser Frage festzustellen.[80] Die Makroepoche der Moderne soll hierbei nicht die traditionellen Mikroepochen ablösen, sondern absichern, dass neben den Differenzen auch die Konstanz der gemeinsamen Problemfelder in den Blick gerät.[81] Das Material der Literaturwissenschaft ist aus dieser veränderten Perspektive heraus neu und produktiv erschließbar und die sinnvolle Bedingung für die Etablierung eines erneuerten Epochenbegriffes scheint damit erfüllt.
III. Stefan Georges Poetologie und Gesellschaftsbild im zeitgenössischen Kontext
Soll im Folgenden Stefan Georges Poetologie und Gesellschaftsbild in der zeitgenössischen Literatur verortet werden, stehen zwangsläufig die wenigen programmatischen Texte der 1892 von George gegründeten Zeitschrift „Blätter für die Kunst“ im Vordergrund der Untersuchung. Und dies gilt, obwohl in der Einleitung zu der ersten Folge der ‚Blätter’ explizit dem Bereich der Reflexion eine Bedeutung abgesprochen wird:
„Wir halten es für ein vorteil dass wir nicht mit lehrsätzen beginnen sondern mit werken die unser wollen behellen und an denen man später die regeln ableite.“[82]
Macht man sich aber bewusst, dass, trotz dieses Postulates, immerhin 28 von 156 Seiten der ersten Folge der ‚Blätter’ den programmatischen Merksprüchen, Essays und Nachrichten gewidmet sind, so enttarnt sich der Anspruch als Selbststilisierung und weist auf die Bedeutung der dichtungstheoretischen Fragen für die Zeitschrift hin. Dennoch bleibt diese Georges einziges Medium für seine poetologischen Reflexionen, so dass Karlhans Kluncker zuzustimmen ist, wenn er im Rahmen seiner Studie über die ‚Blätter’ betont, George und seine ‚Dichterschule’ haben „sich als solche nur in der Zeitschrift [...] dokumentiert“[83].
Aus diesem Grund soll in einem ersten Schritt die Untersuchung der „Blätter für die Kunst“ im Vordergrund stehen. Nach einer notwendigen Kontextsicherung, stehen dabei die Abgrenzungsbemühungen gegenüber der zeitgenössischen deutschsprachigen Literatur und die daraus folgende positive Poetologie im Mittelpunkt. Vorsichtig soll dabei ein Gesellschaftsbild Georges und seiner Mitstreiter abstrahiert werden. In einem zweiten Schritt sollen die gewonnenen Erkenntnisse in den Kontext der europäischen Literaturentwicklung eingeordnet werden, wobei sich auf die direkten und nachweisbaren Bezüge zu den französischen Ästhetizisten sowie Georges Nietzsche-Rezeption konzentriert werden kann. In Anbetracht der Vielfalt der literaturwissenschaftlichen Epochenbezeichnungen gilt es abschließend mit speziellem Blick auf George und die weitere Analyse des „Algabal“-Zyklus’, eine begriffliche Bestimmung der beobachteten Phänomene zu gewinnen.
[...]
[1] Durzak, Manfred: Der junge Stefan George. München 1968, S.7.
[2] So z.B. „Komm in den totgesagten park“, „Meine weissen ara“ oder „Wir schreiten auf und ab im reichen flitter“
[3] Dies belegt u.a. seine prominente Stellung in verschiedenen aktuellen Handbüchern zur ästhetischen Moderne. Vgl. z.B. Hoffmann, Dieter: Arbeitsbuch Deutschsprachige Lyrik 1880-1916. Tübingen, Basel 2001; Mennemeier, Franz Norbert: Literatur der Jahrhundertwende II. Europäisch-deutsche Literaturtendenzen 1870-1910. Bern u.a. 1988; Plumpe, Gerhard: Epochen moderner Literatur. Opladen 1995.
[4] Vgl. zuletzt Groppe, Carola: Die Macht der Bildung. Das deutsche Bürgertum und der George-Kreis 1890-1933. Köln, Weimar, Wien 1997 und Kolk, Rainer: Literarische Gruppenbildung. Am Beispiel des George-Kreises 1890-1945. Tübingen 1998.
[5] Vgl. Hermand, Jost: Der Schein des schönen Lebens. Frankfurt a.M. 1972, S.25.
[6] Vgl. z.B. Faber, Richard: Algabal George – George Mussolini. Ein wilhelminischer Dichter zwischen Ästhetizismus und Faschismus. In: Klinger, Cornelia/ Stäblein, Ruthard (Hg.): Identitätskrise und Surrogatidentitäten: zur Wiederkehr einer romantischen Konstellation. Frankfurt a.M., New York 1989, S.216-239.
[7] Breuer, Stefan: Ästhetischer Fundamentalismus - Stefan George und der deutsche Antimodernismus. Darmstadt 1995.
[8] Vgl. Koch, Manfred: Stefan Breuer – Ästhetischer Fundamentalismus (Rezension). In: George-Jahrbuch. Hg. im Auftrag der Stefan-George-Gesellschaft, Tübingen 1998, Band 1 (1996/96), S.173.
[9] Vgl. Breuer, Ästhetischer Fundamentalismus, S.6.
[10] Eine Diskussion der Forschungspositionen zur Definition der ästhetischen Moderne erfolgt gesondert im anschließenden Kapitel.
[11] Vgl. Zimmermann, Hans-Joachim (Hg.): Die Wirkung Stefan Georges auf die Wissenschaft. Ein Symposium. Heidelberg 1985.
[12] Beispielhaft für die derartige Untersuchungen aus dem George-Kreis sind: Hildebrandt, Kurt: Das Werk Stefan Georges. Hamburg 1960 und Morwitz, Ernst: Kommentar zu dem Werk Stefan Georges. 2.Aufl. Düsseldorf 1969.
[13] Schmitz, Victor A.: Bilder und Motive in der Dichtung Stefan Georges. Düsseldorf 1971, S.9.
[14] David, Claude: Stefan George – sein dichterisches Werk. München 1967.
[15] Landfried, Klaus: Stefan George – Politik des Unpolitischen. Heidelberg 1975.
[16] Durzak, Manfred: Der junge Stefan George. München 1968; Strodthoff, Werner: Stefan George - Zivilisationskritik und Eskapismus. Bonn 1976.
[17] Wertheimer, Jürgen: Dialogisches Sprechen im Werk Stefan Georges. München 1978.
[18] Bauer, Werner M.: „toller wunder fremde schau“: Exotismus als Negation in Stefan Georges ‚Algabal’. In: Iwasaki, Eijiro (Hg.): Begegnung mit dem „Fremden“: Grenzen – Traditionen – Vergleiche. München 1991, Bd.7, S.454-464.
[19] Varthalitis, Georgios: Die Antike und die Jahrhundertwende: Stefan Georges Rezeption der Antike. Heidelberg 2000.
[20] Vgl. Fischer, Jens Malte: Fin de siècle - Kommentar zu einer Epoche. München 1978, S.125-137; Rasch, Wolfdietrich: Die literarische Décadence um 1900. München 1986, S.169-180; Wucherpfennig, Wolf: Die Einsamkeit des Westens: Moderne, Dekadenz und Identität im Heliogabal-Stoff. In: Beutner, Eduard/ Tanzer, Ulrike (Hg.): Literatur als Geschichte des Ich. Würzburg 2000, S.154-172.
[21] Rink, Annette: Algabal – Elagabal. Herrschertum beim frühen George. In: Weimarer Beiträge, 48. Jg. (2002/4), S.548-567.
[22] Duden, Rechtschreibung der deutschen Sprache. Hg. v. Wissenschaftlichen Rat der Dudenredaktion. 21., neu bearb. und erw. Aufl. Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich 1996, S.499.
[23] Vgl. Kap. II/2 dieser Arbeit.
[24] Vgl. Japp, Uwe: Literatur und Modernität. Frankfurt a.M. 1987, S.44.
[25] Zum folgenden begriffsgeschichtlichen Abriss vgl. Gumbrecht, Hans-Ulrich: Modern, Modernität, Moderne. In: Brunner, Otto u.a. (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe. Stuttgart 1978, Bd. 4, S.93-131; Kemper, Dirk: Ästhetische Moderne als Makroepoche. In: Kemper, Dirk/ Vietta, Silvio (Hg.): Ästhetische Moderne in Europa, München 1998, S.97-126; Japp, S.27ff.; Blamberger, Günter: Moderne. In: Fricke, Harald (Hg.): Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Berlin, New York 2000, Bd. 2, S.620-624; Jauß, Hans Robert: Literaturgeschichte als Provokation. 5.Aufl. Frankfurt a.M. 1974, S.15ff.; Zmegac, Viktor: Moderne/Modernität. In: Borchmeyer, Dieter/ Zmegac, Viktor (Hg.): Moderne Literatur in Grundbegriffen. 2., neu bearb. Aufl. Tübingen 1994, S.278-285.
[26] Vgl. Kemper, S.103f.
[27] Vgl. insb. Kemper, S.108f.; Blamberger, S.621; Japp, S.39; Jauß, S.32ff.; Gumbrecht, 99ff.
[28] Vgl. Jauß, S.67-106.
[29] Vgl. Kemper, S.112.
[30] So gelten weithin Eugen Wolffs 1886 erschienenen Thesen der „Freien literarischen Vereinigung Durch!“ als Einführung des Begriffes im deutschen Sprachraum, wogegen allerdings Dirk Kemper betont, dass auch schon die Frühromantik diese Substantivierung kannte: Vgl. Kemper/ Vietta, S.18. Für den französischen Sprachraum gilt nach Hugo Friedrich Baudelaire als Urheber des Wortes, während Hans Robert Jauß Chateaubriand als Schöpfer anführt: Vgl. Friedrich, Hugo: Die Struktur der modernen Lyrik. Von Baudelaire bis zur Gegenwart. Hamburg 1964, S.35 und Jauß, S.11.
[31] Wolff, Eugen: Thesen der „Freien literarischen Vereinigung Durch!“. In: Wunberg, Gotthart/ Dietrich, Stephan (Hg.): Die literarische Moderne. Dokumente zum Selbstverständnis der Literatur um die Jahrhundertwende. Frankfurt a.M. 1971, S.25.
[32] Ebd., S.24f.
[33] Ebd., S.25.
[34] Das im Übrigen im Gegensatz zum französischem Naturalismus und seiner Theorie vom ‚roman expérimental’ eher unscharf und allgemein bleibt.
[35] Wolff, S.25.
[36] Vgl. Köster, Udo: Die Anfänge der Wiener und Berliner Moderne im Vergleich. In: Germanica 2./3. (1996/97), S.43.
[37] Ebd., S.46ff.
[38] Bahr, Hermann: Zur Überwindung des Naturalismus: Theoretische Schriften 1887-1904. Ausgew., eingel. u. erl. v. Gotthard Wunberg. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1968, S.163.
[39] Baudelaire, Charles: Der Künstler und das moderne Leben. Essays, „Salons“, Intime Tagebücher. Hg. v. Henry Schumann. 2. Aufl. Leipzig 1994, S.301.
[40] Vgl. Japp, S.304.
[41] Vgl. Jauß, S.54ff.
[42] Insb. bei Rimbaud und Mallarmé.
[43] Fritz, Horst: Symbolismus. In: Borchmeyer, Dieter/ Zmegac, Viktor (Hg.): Moderne Literatur in Grundbegriffen. 2., neu bearb. Aufl. Tübingen 1994, S.415.
[44] Zu den strukturellen Affinitäten von Ästhetizismus und Naturalismus vgl. insb. Bürger, Christa/ Bürger, Peter/ Schulte-Sasse, Jochen (Hg.): Naturalismus/ Ästhetizismus. Frankfurt 1979.
[45] Vgl. Japp, S.347.
[46] Vgl. Köster, Udo: Die Moderne, die Modernisierung und die Marginalisierung der Literatur. In: Schönert, Jörg/ Segeberg, Harro (Hg.): Polyperspektivik in der literarischen Moderne. Frankfurt a.M., Bern, Paris, New York 1988, S.366ff.
[47] Eine aktuelle Einführung in die Problematik bietet: Zima, Peter V.: Moderne/ Postmoderne. 2., überarb. Aufl. Tübingen, Basel 2001.
[48] Vietta, Silvio: Die literarische Moderne – Eine problemgeschichtliche Darstellung der deutschsprachigen Literatur von Hölderlin bis Thomas Bernhard. Stuttgart 1992, S.17.
[49] Friedrich, Hugo: Die Struktur der modernen Lyrik. Von Baudelaire bis zur Gegenwart. Hamburg 1964.
[50] Ebd. S.10.
[51] Ebd. S.9.
[52] Ebd. S.10.
[53] Ebd. S.12.
[54] Jauß, H.R.: Literaturgeschichte als Provokation. 5.Aufl. Frankfurt a.M. 1974..
[55] Ebd. S.11. Jauß verkennt hier völlig die enorme Bedeutung, die die naturalistische Literatur auch in Frankreich hatte (z.B. Zola und der ‚roman expérimentale’).
[56] Vgl. Petersen, Jürgen H.: ‚Das Moderne’ und ‚die Moderne’. In: Haug, Walter/ Barner, Wilfried (Hg.): Ethische contra ästhetische Legitimation der Literatur. Traditionalismus und Modernismus: Kontroversen um den Avantgardismus. Tübingen 1986, S.138.
[57] Vgl. Lamping, Dieter: Moderne Lyrik – Eine Einführung. Göttingen 1991, S.44.
[58] Vgl. Hermand, S.16f.
[59] Vgl. Hermand, S.25.
[60] Japp, S.38.
[61] Vgl. Ebenda.
[62] Ebd., S.348.
[63] Ebd., S.302.
[64] Beispielhaft seien hier angeführt: Blamberger, S.620-624; Lamping, S.7ff.
[65] Die verbreitete Dichotomie vom forminnovativem Symbolismus und inhaltsinnovativem Naturalismus ist allerdings bei näherer Analyse kaum Aufrecht zu erhalten. Der Naturalismus hat durchaus auch formal innovativ gewirkt, während zahlreiche traditionelle Anschauungen und regressive inhaltliche Tendenzen innerhalb der naturalistischen deutschsprachigen Dichtung festzustellen sind.
[66] Vietta, literarische Moderne, S.31.
[67] Vgl. Schönert, Jörg: Gesellschaftliche Modernisierung und Literatur der Moderne. In: Wagenknecht, Christian (Hg.): Zur Terminologie der Literaturwissenschaft. Akten des IX. Germanistischen Symposions der deutschen Forschungsgemeinschaft. Würzburg, Stuttgart 1986, S.397.
[68] Hermand, S.15.
[69] Vgl. Schönert, Gesellschaftliche Modernisierung; Werner, Renate: Das Wilhelminische Zeitalter als literarhistorische Epoche. Ein Forschungsbericht. In: Kolkenbrock-Netz, Jutta u.a. (Hg.): Wege der Literaturwissenschaft. Festschrift für Paul G. Klussmann. Bonn 1985, S.211-131.
[70] Exemplarisch sei hier auf den Sammelband von Silvio Vietta und Dirk Kemper verwiesen: Kemper, Dirk/ Vietta, Silvio (Hg.): Ästhetische Moderne in Europa, München 1998.
[71] Zapf, Wolfgang (Hg.): Theorien des sozialen Wandels. Köln 1970 , S.1.
[72] Vgl. im Folgenden: van der Loo, Hans/ van Reijen, Willem: Projekt und Paradox. München 1992.
[73] Vgl. Wehler, Hans-Ulrich: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. München 1987, Band 1 (1700-1815), S.6-31.
[74] Anzuführen wären hier beispielsweise die industrielle Revolutionierung des Druckens, das überproportionale Wachstum der Buchhandlungen, die Alphabetisierung, die sog. „Leserevolution“, die Entstehung des Berufsschriftstellertums oder die Popularisierung des Zeitschriftenwesens.
[75] Vgl. Vietta, Literarische Moderne, S.28.
[76] Ebd., S.28ff.
[77] Vgl. Zima, S.25.
[78] Lohmeier, Anke-Marie: Literatur im Modernisierungsprozess. Aspekte einer modernisierungsgeschichtlichen Periodisierung. In: Wiesinger, Peter (Hg.): „Zeitenwende – die Germanistik auf dem Weg vom 20. ins 21. Jahrhundert“: Akten des X. Internationalen Germanistenkongresses Wien 2000. Band 6: Epochenbegriffe: Grenzen und Möglichkeiten (u.a.), Bern u.a. 2002, S.47.
[79] Vgl. Vietta, Literarische Moderne; Kemper; Lohmeier.
[80] Kemper, S.101.
[81] Vgl. Vietta, Literarische Moderne, S. 34ff.
[82] Blätter für die Kunst (BfdK). Hg. v. der Stefan George Stiftung. Abgelichteter Neudruck. Düsseldorf, München 1967, Folge I, Bd.1, S.1.
[83] Kluncker, Karlhans: Blätter für die Kunst : Zeitschrift der Dichterschule Stefan Georges. Frankfurt a.M. 1974, S.179.
- Citation du texte
- Stephan Bliemel (Auteur), 2004, Stefan Georges Gedichtzyklus „Algabal“ im Spannungsfeld von Moderne und Antimoderne, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/134915
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