Die Computernutzung der Jugendlichen, die bereits seit einiger Zeit immer häufiger von den Medien und der Gesellschaft unter Beschuss genommen wird, bietet unzählige Ansatzpunkte für die Forschung. Allerdings konnte nur ein sehr kleiner Teil der Problematik herausgegriffen und im Rahmen dieser Arbeit untersucht werden. Die rasanten Veränderungen in der Freizeitwelt der Jugendlichen sind von der älteren Generation kaum zu überschauen. Die Freizeitgestaltung zu ihrer Jugendzeit war ganz anderen Umständen ausgesetzt. Die Mediatisierung war bei weitem noch nicht so fortgeschritten wie heute. Die subjektiven Ängste der Elterngeneration, dass das Computerspielen die gesellschaftlich positiv bewerteten Freizeitbeschäftigungen der Schüler verdrängt, werden angesichts dieser Schreckensnachrichten aus den Medien größer.
Ein Team des Instituts für Sportwissenschaft der Universität Stuttgart untersuchte 2007 in einer umfassenden Studie einen relativ jungen Zweig der Freizeitbeschäftigung – den elektronischen Sport (e-Sport). Hierbei handelt es sich um die wettkampfgeprägte Form des Computerspielens, die vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen an Beliebtheit zunimmt. Das allgemein gängige Klischee, Computerspieler sind träge, dicke und einsame Menschen, konnte durch die Studie widerlegt werden. Die Umfrage ergab, dass die meisten professionellen e-Sportler als Ausgleich „reellen“ Sport betreiben.
Anlässlich dieser Befürchtung und den Erkenntnissen zum e-Sport des Stuttgarter Forschungsteams wird in dieser Arbeit folgender Frage nachgegangen: Schließen sich die beiden Freizeitaktivitäten - Computernutzung und Sporttreiben - gegenseitig aus?
INHALTSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG
1.1 Idee und Zielsetzung der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit
2 THEORETISCHE AUFARBE ITUNG DES PROBLEMFELDS
2.1 Der Freizeitbegriff im Wandel der Zeit
2.2 Nähere Betrachtung des Freizeitbegriffs
2.3 Der Sportbegriff
2.4 Die Jugend und ihr Freizeitverständnis
2.5 Sportwissenschaftliche Einordnung und allgemeine Problemstellung
3 ENTWICKLUNG UND AUFB AU DES FRAGEBOGENS
3.1 Auswahl der Befragungsmethode
3.2 Situationsspezifische Umsetzung und Anpassung der Untersuchungsmethode
3.3 Stichprobe und ihre Planung
3.4 Ziel der Untersuchung
3.5 Entwicklung des Fragebogens
3.6 Problematik
4 AUSWERTUNG DES FRAGE BOGENS UND DISKUSSIONDER ERGEBNISSE
4.1 Beschreibung der Gesamtstichprobe
4.2 Ergebnisse und ihre Auswertung
4.2.1 Schulspezifische Pflichten und Belastungen
4.2.2 Freizeitengagement
4.2.3 Computerspezifisches Freizeitengagement
4.2.4 Sportspezifisches Freizeitengagement
4.2.5 Sporttreiben und Computerspielen im direkten Vergleich
4.3 Demographische Zusammenhänge der Ergebnisse
4.3.1 Geschlechtsdimorphismus
4.3.2 Altersklassifizierung
5 ZUSAMMENFASSUNG
6 ABSCHLIEßENDE BETRAC HTUNG DER RAHMENTHEM ATIK
7 AUSBLICK
LITERATURVERZEICHNIS
INTERNETLITERATURVERZEICHNIS
ANHANG
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Verteilung der Probanden nach Klassenzugehörigkeit
Abbildung 2: Die Verteilung der Stichprobe nach Geschlecht
Abbildung 3: Anzahl der Geschwister
Abbildung 4: Häufigkeit von Nachmittagsunterricht pro Woche
Abbildung 5: Verteilung der Freizeitaktivitäten die mit "sehr oft" und "oft" bewertet wurden
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Thematische Gliederung des Schülerfragebogens
Tabelle 2: Auflistung der Themenkomplexe und ihrer Zielsetzung
Tabelle 3: Angaben zur Bewältigung des Schulwegs
Tabelle 4: Aktivitäten der Schüler während der "Großen Pause"
Tabelle 5: Auflistung der Schulfächer und ihre Beliebtheit bei den Schülern
Tabelle 6: Benötigte Zeit für schulische Pflichten
Tabelle 7: Freizeitaktivitäten während der Schulwoche
Tabelle 8: Freizeitaktivitäten während der Ferienzeit
Tabelle 9: Häufigkeit der Aktivitäten am Computer
Tabelle 10: Häufigkeit der Aktivitäten von Nutzern, die " mehr als 2 Stunden" am Computer verbringen
Tabelle 11: Aktiv betriebene Sportarten inkl. Aufteilung nach Geschlecht
Tabelle 12: Gemeinsames Sporttreiben mit Familienmitgliedern
Tabelle 13: Mitgliedschaft in einem Verein inkl. Aufteilung nach Geschlecht
Tabelle 14: Familiäres Sportinteresse in Bezug auf Vereinsangehörigkeit
Tabelle 15: Zeit vor dem PC von Nicht-Sportler und Sportler
Tabelle 16: Häufigkeit der PC- und Konsolennutzung bei Sportler und Nicht-
Sportler
Tabelle 17: Häufigkeit des Spielens am Computer bei Sportler und Nicht-Sportler
Tabelle 18: Beliebtheit des Schulsports nach Geschlecht betrachtet
Tabelle 19: Spezifische Freizeitaktivitäten nach Geschlecht aufgetrennt
Tabelle 20: Spezifische Computeraktivitäten nach Geschlecht aufgetrennt
Tabelle 21: Freizeitaktivitäten betrachtet nach Altersklassen
Tabelle 22: Spezifische Computeraktivitäten betrachtet nach Altersklassen
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Idee und Zielsetzung der Arbeit
Freizeit ist ein fester Bestandteil des menschlichen Lebens - allerdings sind die Freizeitgestaltung und ihr zeitlicher Umfang höchst individuell und unterschiedlich. Der Nutzen der Freizeit verändert sich im Laufe der Zeit kontinuierlich. Dies führt zu einer enormen Vielfalt an Freizeitmöglichkeiten in der heutigen Zeit.
Ein Team des Instituts für Sportwissenschaft der Universität Stuttgart untersuchte 2007 in einer umfassenden Studie einen relativ jungen Zweig der Freizeitbeschäftigung – den elektronischen Sport (e-Sport). Hierbei handelt es sich um die wettkampfgeprägte Form des Computerspielens, die vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen an Beliebtheit zunimmt. Das allgemein gängige Klischee, Computerspieler sind träge, dicke und einsame Menschen, konnte durch die Studie widerlegt werden. Die Umfrage ergab, dass die meisten professionellen e-Sportler als Ausgleich „reellen“ Sport betreiben. Bevorzugt werden Mannschaftssportarten wie Ful'ball, Basketball oder Volleyball (vgl. Pressemitteilung Nr. 70/2007, www.uni-stuttgart.de).
Die Flut der Neuerungen und Veränderungen im Freizeitverhalten der Jugendlichen und die Tendenz hin zum vermeintlich unkontrollierbaren Beliebtheitsanstieg der elektronischen Freizeitbeschäftigungen bereitet in erster Linie der Elterngeneration Sorge. Der Zugang zum Internet, im Vergleich zu anderen Medien, wie z.B. Fernsehen oder Konsolenspiele, ist meist nur mit der Zustimmung der Eltern möglich, da hier Sicherheitsvorkehrungen zwecks erschwertem Zugriff getroffen werden können. Trotzdem erwecken die nahezu unendlichen Dimensionen des World Wide Webs das Gefühl der Macht- und Kontrolllosigkeit bei den Erwachsenen. Häufig sind es gerade die Älteren, die keine oder kaum Erfahrungen mit diesem neuen Medium haben, während der Nachwuchs bestens damit umzugehen weil'. Hier stöl't man auf eine verkehrte Welt, denn jetzt sind die Eltern Laien und die Kinder die Experten (vgl. Dammler 2004, www.familienhandbuch.de). Auch die Kenntnisse im Bereich der Computer-und Konsolenspiele sind bei den meisten Erwachsenen sehr gering. Oft erfahren Eltern nur etwas über diese neue Art der Freizeitbeschäftigung im Zusammenhang mit Medienberichten über Amokläufe an Schulen, wobei diese Berichte die Schuld bei den Computerspielen suchen. Eben diese Schreckensberichte kratzen erheblich am Image der Computer- und Konsolenspiele. Im Einzelnen beziehen sich das Misstrauen und die Skepsis auf die so genannten Ego-Shooter oder Killerspiele, die seit dem Amoklauf in Erfurt im April 2002 zu heftigen öffentlichen Diskussionen führten. Drei Wochen nach diesem schrecklichen Ereignis wurde eine Änderung des Jugendschutzgesetzes verabschiedet, die zum 1. April 2003 in Kraft trat. Die Altersbeschränkung für diese Spiele war bis zu diesem Zeitpunkt freiwillig und rein informativ. Seit April 2003 müssen daher alle Computerspiele in Deutschland der USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) vorgelegt werden. Eine weitere Änderung zum 1. Juli 2008 hat die Absicht, Computerspiele, die besonders realistische, grausame und gewaltverherrlichende Inhalte besitzen, für Jugendliche unzugänglich zu machen, indem man den Erwerb dieser „schwer jugendgefährdenden Medien“ in Verkaufstellen und dem Versandhandel verbietet sowie die öffentliche Werbung untersagt. Trotz dieser Vorsichtsmal'nahmen und gleichzeitigen Verschärfung des Waffengesetzes geschehen doch noch immer erschreckende Verbrechen, die mit Gewaltspielen und dem Missbrauch von Schusswaffen in Verbindung gebracht werden. Die Geschehnisse in Winnenden am 11. März 2009 schockieren die Welt und die Diskussionen entfachen erneut (Amoklauf von Winnenden 2009, www.sueddeutsche.de). Soll man Computerspiele ganz verbieten? Ist das Waffengesetz scharf genug? Warum werden Warnzeichen und Risikopersonen nicht frühzeitig erkannt? Die Bevölkerung will nicht von der gängigen Meinung zurücktreten, dass das Spielen von Ego-Shootern keine „gute“ Freizeitbeschäftigung ist.
Die subjektiven Ängste der Elterngeneration, dass das Computerspielen die gesellschaftlich positiv bewerteten Freizeitbeschäftigungen der Schüler1 verdrängt, werden angesichts dieser Schreckensnachrichten gröl'er. Anlässlich dieser Befürchtung und den Erkenntnissen zum e-Sport des Stuttgarter Forschungsteams wird in dieser Arbeit folgender Frage nachgegangen: Schliel'en sich die beiden Freizeitaktivitäten - Computernutzung und Sporttreiben - gegenseitig aus?
Die Antwort auf diese Frage soll den Laien einen Einblick in die Realität ermöglichen. Denn eine objektive Haltung zu dieser Problematik ist aus eigenen Kräften nur schwer zu erlangen. Aul'erdem soll das scheinbar negative Image des neumodischen Mediums erörtert werden, denn schliel'lich leben wir im Zeitalter der Technik und es ist nahezu unmöglich, sich diesem zu entziehen.
1.2 Aufbau der Arbeit
Im theoretischen Teil (Kapitel 2) dieser Arbeit wird auf Grundlage von Literaturrecherchen ein Einblick in die sozialwissenschaftliche Literatur zum Thema Freizeitforschung und Computernutzung gegeben. Der Leser erhält so einen Überblick über die Thematik und es sollen wesentliche Fachtermini veranschaulicht werden. Das theoretische Kapitel schliel't mit der Formulierung der allgemeinen Problemstellung zum Thema Freizeitengagement bei Schülern ab.
Im empirischen Teil (Kapitel 3) der Arbeit werden die einzelnen Schritte zur Entstehung des Fragebogens und der Vorgehensweise der Befragung dargestellt. In Kapitel 4 werden die gewonnenen Ergebnisse vorgestellt und ausgewertet. Nach der Stichprobenbeschreibung folgt eine thematische Gliederung in schulspezifische und freizeitspezifische Auswertung. Aul'erdem wird noch auf die geschlechtlichen und altersspezifischen Unterschiede der Freizeitgestaltung eingegangen. In der Diskussion (Kapitel 5) werden Besonderheiten der Studie aufgegriffen und mit dem aktuellen Forschungsstand verglichen. Im 6. Kapitel dieser Arbeit werden die essentiellen Erkenntnisse der Studie zusammengefasst. Darauf hin folgt eine abschliel'ende Betrachtung des Rahmenthemas und als letztes wird ein Ausblick in Richtung zukünftiger Entwicklung gegeben.
Im Anhang befinden sich der für die Datenerfassung verwendete Fragebogen und die verfassten Anschreiben an die teilnehmende Schule.
2 Theoretische Aufarbeitung des Problemfelds
Die unter 1.1 genannte Fragestellung wird hier näher betrachtet. Es soll der Frage nachgegangen werden, ob es einen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Computerspielen und dem Verlust der sportlichen Freizeitgestaltung gibt und sich dies theoretisch untermauern lässt, oder, wovon diese Arbeit ausgeht, kein Zusammenhang besteht.
Die Begriffe Schüler, Jugend, und Freizeit sind ein fester Bestandteil unserer Alltagssprache. Um den Lesern jedoch die Möglichkeit zu geben, das subjektive Verständnis der Vokabeln mit dem objektiven Sinngehalt zu vergleichen, wird in diesem Kapitel als erstes auf die Definitionen nach Opaschowski, Volkamer und Pieper eingegangen und anschliel'end ein Einblick in die Thematik und den Forschungsstand gewährt.
2.1 Der Freizeit begriff im Wandel der Zeit
„Freizeit“ ist ein Begriff, dessen Entstehungsgeschichte bereits im Mittelalter beginnt. Der damalige Rechtsbegriff „frey zeyt“ bezeichnete die so genannte „Marktfriedenszeit“, die allen Marktbesuchern in der Stadt Sicherheit vor Gewalttaten und ähnlichem garantierte. Wer den „Frieden auf Zeit“ störte, wurde in diesem Zeitraum härter bestraft (Das alde Gerichtsboech 1898, zitiert nach Opaschowski 1996).
Die Idee des „Friedens auf Zeit“, die der Vorläufer der Freizeit ist, war also vorrangig eine rechtlich angeordnete Mal'nahme, um Konflikte zu reduzieren (vgl.Opaschowski 1996). Heute versteht man, vereinfacht ausgedrückt, unter Freizeit einen konstant wachsenden Anteil der gesamten Tageszeit bei tendenziell sinkender Arbeitszeit.
Genau betrachtet kann man erst nach dem 1. Weltkrieg, mit der Einführung des Achtstundentags, von Freizeit sprechen. Während der Industrialisierung wiesen Arbeitstage bis zu 14 Stunden bei einer Arbeitswoche von 6,5 Tagen auf. In Anbetracht dessen hatte die Arbeitergesellschaft wenig Freizeit, die ausschliel'lich aus der Nahrungsaufnahme und der Nachtruhe bestand.
Die Umkehr des Verhältnisses von Arbeitszeit und arbeitsfreier Zeit brachte einen Verlust der Freizeit für die höheren Sozialschichten mit sich, während die unteren Sozialschichten an Freizeit gewannen. Niedere Berufsgruppen können somit eine quantitative Zunahme von Freizeit verbuchen, wobei die prestigeträchtigen Berufe (z.B. Ärzte, Professoren) durchaus nicht nur als Verlierer vom Feld gingen. Das Privileg, innerhalb der Arbeitzeit mehr Zeit für sich zur Verfügung zu haben und sich die Arbeitszeit sogar selbst einteilen zu dürfen, gilt heute als Besonderheit (vgl. Opaschowski 1997).
In den 1950er Jahren lag das ganze Augenmerk der Bevölkerung auf dem Wiederaufbau der Städte und der eigenen Existenz. Somit war der Sinn des Lebens auf die Arbeit gerichtet und die Freizeit wurde dazu benutzt, die Arbeitskraft zu erhalten. Freizeit war in erster Linie Zeit für Erholung, wie schon zu Zeiten der Industrialisierung. Als in den 1970ern die Arbeitstage von 6 auf 5 reduziert wurden und als Folge die Wochenstunden sanken, blieb ein Zeitkontingent übrig, das mit Freizeit aus heutiger Sicht zwar nicht identisch ist, aber bereits in die selbe Richtung geht. Die Devise war zu dieser Zeit: „wer viel in der Arbeit leistete, konnte sich auch nach der Arbeit viel leisten“ (Opaschowski 1997, S.29). Arbeit wurde zur Basis für Wohlstand und Konsum. Das verlängerte Wochenende (Samstag und Sonntag war arbeitsfrei) ermöglichte nun Aktivitäten, die nicht unbedingt auf die Erholung zielten, wie z. B. Trekkingtouren mit Freunden oder der Familie.
In den 1990er Jahren wurde ein deutlicher Struktur- und Wertewandel erkennbar. Die Freizeit war von nun an genau so wichtig wie die Arbeit und das Geldverdienen. Die Menschen erwarten von ihrer Arbeit, dass sie genauso viel Spaß bereitet wie die Freizeit danach. Die Arbeitszeit veränderte somit ihren Wert von der Pflicht zur Kür. War es früher die Absicht der Menschen, in der Freizeit ihre Arbeitskraft zu erhalten, so war von nun an die Umkehrung der Fall: Die Arbeitszeit wird dazu genutzt, die Grundlage für diverse Freizeitaktivitäten zu gewährleisten. Neben der Bedeutungsveränderung, folgte auch eine erneute quantitative Veränderung der Arbeitszeit. Die Wochenstunden waren von nun an deutlich unter der 40-Stunden-Woche. „Erstmals in der Geschichte der Neuzeit hatten die Menschen mehr Stunden zur eigenen freien Verfügung und weniger Stunden für den Lebenserwerb“ (Opaschowski 1997, S.29). Dies weist jedoch nicht nur positive Aspekte auf, denn „die Arbeitszeiten wurden in den letzten Jahrzehnten in der BRD sichtbar verkürzt, doch gleichzeitig wurde die zu leistende Arbeit intensiviert“ (Prahl 2002, S. 112). Dies zieht eine weitere Bedeutung der Freizeit mit sich - Freizeit als Ausgleich zur Arbeitszeit.
2.2 Nähere Betrachtung des Freizeitbegriffs
Wie im vorherigen Abschnitt erläutert wurde, hat sich das Verständnis von Freizeit im Laufe der Jahre von Grund auf geändert. Weiterhin beinhaltet die Freizeit, sich von den Anstrengungen des Arbeitstages zu erholen, jedoch verbreitet sich immer mehr die Einstellung, dass Freizeit im eigenen Tagesverlauf einen eigenen Stellenwert einnimmt. So sind 70 % der Bevölkerung (BAT-Freizeitforschungsinstitut 1988, zitiert nach Opaschowski 1997) der Ansicht, Freizeit stehe ganz im Dienste des Spaßes. Die negative Betrachtungsweise der Freizeit als das, was nach der Arbeit und dem Schlaf übrig bleibt, hat sich von Grund auf gewandelt. Heute kann man von einer positiven Auffassung von Freizeit sprechen: Freizeit ist die Zeit, in der man frei von jeglichen Pflichten ist (vgl. Opaschowski 1997). So hat es sich ergeben, dass die Mehrheit der Bevölkerung „arbeitsfreie Zeit“ und „Freizeit“ nicht mehr als identisch erachtet. Eher wird es durch die individuelle Auffassung von Freizeit nahezu unmöglich, eine einheitliche Definition zu erstellen.
All diese Erklärungsansätze sind allerdings immer unter dem Aspekt des Arbeiters verfasst. Der Fakt, dass der Anteil der Arbeitslosen in der Gesellschaft stetig anwächst und die Arbeitszeitverkürzung eine immer häufiger auftretende Bedrohung des Lebensstandards darstellt, zeigt einmal mehr, dass Freizeit kein eindeutiger Begriff ist. So kann aus der positiv bewerteten „freien Zeit“ durchaus eine nervtötende Langeweile entstehen. Die Definition von Freizeit ist somit stark abhängig vom jeweiligen Individuum. Lediglich gängige Beschreibungsversuche der Gesellschaft wie „Freizeit ist eine Zeit, in der man nicht Arbeiten muss“ oder „Freizeit ist die Zeit, in der man über seine Zeit frei verfügen kann“, sind Möglichkeiten, den Begriff „Freizeit“ zu charakterisieren.
Mit der Thematik, was man nun mit seiner freien Zeit unternimmt und ob es eventuell sogar eine Charakteristik verschiedener Freizeittypen gibt, haben sich Zellmann und Haslinger (2004, www.freizeitforschung.at) beschäftigt. Sie untersuchten drei Freizeitprofile – Diskothekbesucher, Bildungsmenschen und Sportler - auf ihre Klassifizierung und Klischees. Namengebende Aktivitäten, wie z. B. der Sport als bevorzugte Freizeitaktivität, sind überdurchschnittlich häufig vertreten, während andere deutlich unterrepräsentiert sind. Im Zuge der Individualisierung sind die Freizeitaktivitäten heterogen verteilt. Es lassen sich also unter keinen Umständen Gesetze ableiten, wonach ein Freizeitverhalten vorhergesagt werden kann. Lediglich Tendenzen und Vermutungen lassen sich äul'ern. Daraus sind dann die gesellschaftlichen Klischees gewachsen. In Folge des Modernisierungsprozesses entsteht ein weiter Freizeittyp – der Computerspieler oder Computernutzer. Hierzu haben schon Eckert, Drieseberg und Willems im Jahre 1990 Untersuchungen angestellt.
2.3 Der Sportbegriff
Der spontanen gesellschaftlichen Meinung nach ist Sport eine anstrengende körperliche Aktivität. Das ist jedenfalls das erste Kriterium, das mit Sport in Verbindung gebracht wird. Diese Charakterisierung weist aber schon nach kurzer Bedenkzeit ernsthafte Lücken auf. Denn es stellt sich unweigerlich die Frage, weshalb Schach oder Angeln dann als Sport gelten. Somit wird klar, dass nicht nur die Körperlichkeit ein Definitionsmerkmal des Sports ist. Volkamer (1987, www.tu-muenchen.de) schreibt dem sportlichen Handeln als weitere Merkmale seine Folgenlosigkeit und Zweckfreiheit zu.
Eine Definition von Volkamer (1987, S.53, www.tu-muenchen.de) beschreibt den Sport als „die willkürliche Schaffung von Aufgaben, Problemen oder Konflikten, die vorwiegend mit körperlichen Mitteln gelöst werden. Die Lösungen sind beliebig wiederholbar, verbesserbar und übbar und die Handlungsergebnisse führen nicht unmittelbar zu materieller Veränderung.“ Vereinfacht ausgedrückt kann man sagen: Sporttreiben heil't Aufgaben lösen die keine sind, aus Gründen die es nicht gibt und mit einem Engagement das nicht sein muss. Weitere Merkmale des
Sports sind seine prinzipielle Folgenlosigkeit und die - lediglich subjektive – Sinnzuschreibung. Erst dadurch erklärt und begründet sich das sportliche Handeln. Rein objektiv gesehen ist Sport somit eine sinnlose und konsequenzfreie Handlung. Eben diese individuelle Sinnzuschreibung und seine prinzipielle Folgenlosigkeit, die den Sport erst zum Sport macht, bereiten dem Schulsport ernstzunehmende Probleme. Da Sport ein benotetes Pflichtfach ist, das sogar in die Abschlussnote einbezogen werden kann, kann man den Sport in der Schule nicht mehr mit dem Sport in der Freizeit vergleichen (vgl. Volkamer 1987, www.tu-muenchen.de). Die Sinnzuschreibung erfolgt durch den aul'enstehenden Lehrer und die Folgenlosigkeit ist durch die Notengebung nicht gewährleistet. Zudem funktioniert die Schule nach regulativen Regeln, was ein weiteres Indiz dafür ist, dass man Schulsport nicht als Sport bezeichnen sollte.
Nach Digel (1982) lässt sich der Sport letztendlich erst als solcher erkennen, wenn man sein spezifisches Merkmal – die Regeln – in Betracht zieht. Durch die Regeln wird es möglich, den Sport zu verstehen (zitiert nach Volkamer 1987, www.tu-muenchen.de). Demnach ist es mit Hilfe von Regeln möglich, sportliches Handeln von nicht-sportlichem Handeln abzugrenzen und zu definieren. Digel hingegen definiert Sport indirekt über die Regeln.
Bezogen auf die Frage was „Regeln“ sind, kommt Volkamer in Anlehnung an Searle (1971), Piaget (1954) und De Wachter (1983) zu der Aussage, dass man zwischen konstitutiven und regulativen Regeln unterscheiden kann. Während konstitutive Regeln willkürlich erschaffen werden, in einem Zusammenhang den es bis dato noch nicht gab und ohne diese Regeln auch nicht geben würde, sind regulative Regeln zeitlich erst nach der Problemsituation entstanden. Der Sport ist somit ein Beispiel für die konstitutive Regelentstehung, da erst die Regeln aus einer alltäglichen bzw. spontanen Handlung einen Sport entstehen lassen. Ein Beispiel hierfür ist der Sprint. Hierbei muss beachtet werden, dass das morgendliche Zum-Bus-Rennen nicht als Sport angesehen werden kann, da es einen Sinn und Zweck aufweist. Verlegt man die gleiche Aktion, nämlich den Sprint, auf eine Tartanbahn, startet aus einem Startblock und wartet auf den Startschuss, so kann man sehr wohl von Sport reden. Unter regulativen Regeln lassen sich zum Beispiel die Stral'enverkehrsregeln einordnen. Sie sind zwar ebenfalls willkürlich, jedoch sind sie erst nach den Problemen entstanden. Denn erst als der Verkehr in den Städten zunahm und Orientierungsprobleme und Chaos bereitete, wurden die Verkehrsregeln geschaffen.
2.4 Die Jugend und ihr Freizeitverständnis
Die Menschen entwickeln sich individuell. Lediglich die Entwicklungsphasen sind in der Reihenfolge Baby, Kleinkind, Schulkind, Jugendlicher und Erwachsener festgelegt. Die meisten Phasen gehen unbemerkt ineinander über. So ist der Jugendliche zwar noch immer in der Schule, hat aber eine höhere Entwicklungsstufe erreicht. Es wird versucht, einschneidende Ereignisse, wie das Einsetzen der Pubertät, als Beginn der Jugendphase zu bestimmen und damit das Ende der Kindheit zu besiegeln. Schwierigkeiten beherbergen allerdings nicht nur die schleichend einsetzende Pubertät, die sich ihrerseits über mehrere Jahre zieht, sondern auch die geschlechtlichen Unterschiede, was den Pubertätsbeginn betrifft. So kann man bei Mädchen bereits mit 10 Jahren oder früher das Einsetzen der Pubertät beobachtet werden, während Jungen im Schnitt zwei Jahre später diesen Entwicklungsschritt vollziehen (vgl. Campbell 2006). Ausschlaggebend hierfür ist in erster Linie das Erbgut, aber auch die Nahrungsaufnahme und der Gesundheitszustand beeinflussen den zeitlichen Ablauf der Entwicklung.
Ebenso schwammig begrenzt wie der Eintritt in das Jugendalter ist auch der Austritt. Der Übergang zum Erwachsenenalter ist durch psychische und soziale Reife, sowie durch die Emanzipation vom Elternhaus gekennzeichnet. Im Anbetracht der Tatsache immer länger dauernder Bildung und die damit verbundene finanzielle Abhängigkeit vom Elternhaus, lässt diesen Entwicklungsschritt in die Ferne rücken. Den Jugendlichen gibt es folglich nicht.
Auf Grund dieser unpräzisen Grenzwerte ist es leichter, sich an eindeutige Formulierungen wie den Gesetzestext zu halten. Das Jugendschutzgesetz § 1 beschreibt den Jugendlichen als eine Person, die bereits 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist. Da diese Definition für die Zwecke dieser Arbeit nicht nützlich ist, wurde ein anderes Kriterium zur Stichprobengewinnung benutzt. Befragt wurden Schüler von weiterführenden Schulen, d.h. von Klasse 5 bis maximal Klasse 13, die in keiner Weise dem Berufsleben zugehörig sind.
Auffällig beim vorangegangenen Definitionsversuch von Freizeit ist, dass die Zielgruppe dieser Arbeit – die Jugendlichen und Schüler – nicht einbezogen wurden. Die betrachtete Zielgruppe stellt die Erwachsenen dar. Das immer wiederkehrende Ausschlusskriterium für Freizeit ist die Arbeit, die im Leben der Probanden noch keinen Platz einnimmt. Die Frage, ob ihrerseits die Schule den Platz dieses Kriteriums einnimmt, oder ob Schüler prinzipiell in der Lage sind, sich ihre Zeit selbständig einzuteilen, soll in dieser Arbeit nicht beantwortet werden.
Nach Pieper (1998) unterteilt sich das Zeitkontingent der Jugendlichen grob in Schulzeit, Verpflichtungszeit und Freizeit. Zur Verpflichtungszeit gehören notwendige und teils unliebsame Tätigkeiten wie Haushaltsarbeiten oder Verwandtenbesuche. Eindeutiges und doch individuelles Kriterium ist die vorhandene oder nicht-vorhandene Motivation, diese Handlung zu verrichten. So kann Kochen für den Einen lästig sein, während ein Anderer dies zu seinen Hobbys und somit zu seiner Freizeit zählt.
Die Freizeit im Verständnis der Jugendlichen beinhaltet ausschliel'lich Tätigkeiten, die aus freien Stücken ausgeübt werden. Häufig sind Bereiche wie Sport, Ausgehen und Mediennutzung davon betroffen. Wie schon zuvor angesprochen, lassen sich die Bereiche nicht unumstöl'lich voneinander abgrenzen. Die innere Motivation spielt bei der Einordnung eine wichtige Rolle.
Die Gruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen hat eine Vielzahl an Interessen. Die beliebteste Freizeitgestaltung ist es, Freunde zu treffen (75 %). Aber auch Musik hören (39 %), Fernsehen (29 %) und Lesen (18 %) gehörten im Jahr 1995 zu den häufigsten Freizeitbeschäftigungen (vgl. IBM Jugendstudie 1995, zitiert nach Pieper 1998). Die Medien revolutionieren das Freizeitverhalten der Gesellschaft. Mit sehr hoher Geschwindigkeit mischen technische Neuerungen den Freizeitmarkt auf und führen zu einer immer gröl'eren Vielfalt des Angebots. Opaschowski (1997) sprach sogar davon, dass es zu einem Zeitproblem führen könnte, alle Interessen gleichermal'en ausüben zu können. Da stetig neue Freizeitaktivitäten dazu kommen, wobei die Freizeit kaum noch zunehmen kann. Die Organisationsprobleme lassen sich demnach nur lösen, wenn mehrere Dinge zur selben Zeit erledigt werden. Das B.A.T.- Freizeitforschungsinstitut (1996, zitiert nach Opaschowski 1997) fand heraus, dass sich bereits 19 % der Jugendlichen in ihrer Freizeit mit dem Computer beschäftigen und 14 % Videospiele spielen.
Ebenfalls hat das Institut im Jahr 1997 herausgefunden, dass fast jeder zweite Jugendliche (48 %) einen eigenen Computer hat, den er zum Spielen (41 %) Schreiben (32 %), Musikbearbeiten (9 %) und im Internet surfen (2 %) nutzt. Die seltene Internetnutzung lässt sich durch die lückenhafte Netzanbindung erklären. Mitte der 1990er Jahre gilt das Internet als absolute Neuheit. Einen Internetzugang besaßen 1998 lediglich 8,1 % der Deutschen. Zehn Jahre später sind 64,4 % der Haushalte an das Internet angeschlossen (Statistisches Bundesamt 2008). Demnach ist zu erwarten, dass sich die Aktivitätenverteilung am Computer ebenfalls verändert hat.
2.5 Sportwissenschaftliche Einordnung und allgemeine Problemste llung
Entgegen der explosionsartigen Entwicklung der Weltbevölkerung, die in erster Linie auf das Bevölkerungswachstum in den Entwicklungsländern zurückgeht, sinkt die Bevölkerungszahl in Deutschland und anderen Industriestaaten kontinuierlich. Für das Jahr 2030 wird ein Rückgang der Einwohnerzahl Deutschlands auf 77 Mio. Menschen vorhergesagt (vgl. Demographischer Wandel 2007, www.destatis.de). Das entspricht einem Verlust von 6,4 % im Vergleich zum Jahr 20052. Der Rückgang der Einwohnerzahl entwickelt sich parallel zu einer merklichen strukturellen Veränderung der Bevölkerungszusammensetzung. Durch zunehmend verbesserte medizinische Versorgung, steigende Lebendstandards, Wohlstand und dem – glücklicherweise – vorherrschenden Frieden, steigt auch die durchschnittliche Lebenserwartung an. Was zur Folge hatte, dass die Sterblichkeit in Deutschland bis zum Jahr 2006 abnahm3. In den letzten zehn Jahren pendelte sich die Anzahl der natürlichen Todesfälle auf etwa 800.000 Staatsbürger ein. In Deutschland verläuft der Rückgang der Sterberate Hand in Hand mit dem Geburtenrückgang. Im Jahr 1972 unterschritt die Geburtenrate erstmals die Sterberate. Von dort an ist in Deutschland ein Bevölkerungsrückgang zu verbuchen mit gleichzeitigem Beginn der Überalterung4.
Die Gründe für den Geburtenrückgang sind vielseitig. Neben der Markteinführung der Anti-Baby-Pille ist auch die zunehmende Veränderung der Familienstruktur ausschlaggebend. Das Statistische Bundesamt berichtete 2007 von einem Anstieg der Privathaushalte, gekoppelt mit einer stetigen Verkleinerung der Haushaltsgröße. Die Tendenz zur Kleinfamilie resultiert meist aus persönlichen Gründen. Im Zeitalter der Individualisierung stehen Karrierewünsche nicht selten dem Wunsch nach Kindern im Weg. Aber auch die unvermeidliche finanzielle Belastung durch eine Familiengründung kann in manchen Fällen die Entscheidung gegen den Nachwuchs bekräftigen. Eine Aufstellung der Ausgaben, die das Elternsein mit sich zieht, hat Margot Münnich (2003) veröffentlicht. So hat dies häufig die Folge, dass beide Elternteile dazu gezwungen sind, zur Familienfinanzierung beizutragen. Elternteile die eine Elternzeit beantragt haben, kehren so bald wie möglich an ihren Arbeitsplatz zurück, oder sind als Alleinerziehende ohnehin finanziell auf sich selbst gestellt. So ist es nicht verwunderlich, dass im Jahr 2007 in mehr als der Hälfte der Familien mit zwei Elternteilen beide erwerbstätig sind (vgl. Pressemitteilung Nr. 264, www.destatis.de). Für betreuungsbedürftige Kleinst- und Kleinkinder werden meistens Kindertagesstätten oder ähnliche Einrichtungen in Anspruch genommen. Ab dem Schulkindalter ist der Nachwuchs immer häufiger – zumindest für wenige Stunden – alleine zu Hause, oder wird gegebenenfalls von älteren Geschwistern beaufsichtigt. Das so genannte „Schlüsselkind“ wird schon seit längerer Zeit von der Gesellschaft kritisch beäugt. Kinder wissen meist nicht, was sie mit ihrer neu erworbenen Freizeit anrichten sollen. Die Planung ihrer freien Zeit war zuvor stets fremdbestimmt. Während Eltern es oft untersagen, die Wohnung zu verlassen bevor sie zurück sind, engt die zunehmende Verstädterung die Möglichkeiten der Kinder im Freien zu spielen zusätzlich ein. Die kommunale Familienpolitik, wie z.B. Kinderfreundliches Stuttgart (vgl. Schuster 2006, www.kinderfreundliches-stuttgart.de), versucht das Wohnen und Leben für Familien attraktiver zu gestalten.
Eine Studie des Statistischen Bundesamts (2008) zeigt den Ausstattungsgrad verschiedener Gebrauchsgüter in deutschen Privathaushalten. Demnach besitzen – seit einigen Jahren konstante – ca. 94 % der Haushalte einen Fernseher, der Ausstattungsgrad von Computern ist von 38,7 % (1998) auf 75,4 % (2008) angestiegen, 64,4 % besitzen mittlerweile einen Internetzugang und 19,4 % eine Spielkonsole. Eine nahe liegende Lösung dieses „Freizeitproblems“ ist die Nutzung neuer Medien anstatt der gewissenhaften Verrichtung der Hausaufgaben oder das Spielen mit Spielsachen oder Freunden. Die eigenständige Motivation zu Lernen fällt den meisten Kindern und Jugendlichen sehr schwer, zumal auch in dieser Zeit keine Aufsicht- oder Kontrollperson zugegen ist, die Einfluss auf ihr Handeln hat.
Sind die Eltern wieder zu Hause, beginnt auch meist schon der straffe Terminplan der Kinder. Ob zum Sport, in die Musikschule, zur Nachhilfe oder zur Spielverabredung mit Freunden. Immer häufiger übernehmen die Eltern die Organisation der Freizeit der Kinder. Die Erziehungswissenschaftlerin Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler spricht in ihrem Vortrag 2008 von Kindern als eine „Rücksitz-Generation“, die aus Angst der Eltern überall mit dem Auto hingefahren werden und ihnen somit viele Erfahrungen verwährt bleiben. Denn ebenfalls aus Angst wünschen viele Eltern nicht, dass ihre Kinder ohne Aufsicht das Haus verlassen, um sich z. B. auf dem Spielplatz oder dem Bolzplatz auszupowern. Negativer Beigeschmack dieses Phänomens ist auch die immense Zunahme von Zivilisationskrankheiten, wie Übergewicht oder Diabethes im Kindesalter (vgl. Breithecker 2007, www.familienhandbuch.de). Die Sportwissenschaft untersucht schon lange die Folgen der mangelnden Bewegungserfahrung in der Kindheit sowie die sinkende sportliche Belastbarkeit bei Kindern und Jugendlichen. Eine eindeutige Schuldzuweisung auf einzelne Faktoren ist nicht möglich, mehr ist es ein Zusammenwirken der ungünstigen Umstände, die den Kindern koordinative und konditionelle Defizite bereitet.
3 Entwicklung und Aufbau des Fragebogens
Um das Phänomen zu untersuchen, wurde ein Fragebogen erstellt, der das Problemfeld bestmöglich abdeckt. Auf Grund des begrenzten Zeitbudgets eignen sich nur wenige Untersuchungsmethoden für die Datenerhebung. Die Zielgruppe wird zu unterschiedlichen Themengebieten befragt, um eine bessere Vorstellung über ihr Freizeitverhalten zu erlangen. Im Anschluss an dieses Kapitel werden die ausgewerteten Fragebögen dargestellt und interpretiert.
Der Fragebogen besteht aus drei Themenkomplexen. Der Umfang des Survey beläuft sich auf maximal 27 Items, der durch Filterfragen individuell reduziert sein kann.
3.1 Auswahl der Befr agungsmethode
Für die Umsetzung dieser Arbeit ist es nötig, einen Einblick in das Freizeitengagement von Schülern zu bekommen. Ziel ist es, mittels einer quantitativen Datenerhebungstechnik eine möglichst repräsentative Stichprobe zu erfassen. Zur Auswahl stehen nach Batinic et al (1999) klassische Befragungsmethoden (z.B. Telefon-, Face-to-face-Interviews und schriftliche Befragung) oder die Datenerhebung durch ein neuzeitliches Medium – das Internet. Wie schon bei den klassischen Methoden gibt es auch bei der Befragung mittels Internet verschieden Techniken.
Die Fragebögen können als Anhang einer E-Mail verschickt werden. Der Empfänger soll den ausgefüllten Fragebogen anschließend an den Sender zurückschicken. Im ersten Augenblick scheint es eine gute Alternative zur schriftlichen Befragung zu sein. Bei näherer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass neue Probleme auftreten. Zum Einen kann man nicht davon ausgehen, dass die Zielgruppe über einen Internetzugang oder eine E-Mail-Adresse verfügt. Zum anderen stellt sich die Frage, ob die Zielgruppe über das nötige Know-how verfügt, um den Fragebogen adäquat auszufüllen. Aber auch mangelnde Anteilnahme an der Umfrage wegen der anfallenden Verbindungsgebühren5 während des Ausfüllens, Desinteresse am Umfragethema oder das Verschwinden der E-Mails im Spam-Ordner sind Gründe, die diese Befragungsmethode als „eingeschränkt nützlich“ beschreiben.
Es gibt ebenso die Möglichkeit zur Befragung via Newsgroups – vergleichbar mit virtuellen Diskussionsforen – durchzuführen. Diese weisen allerdings ein Selektionsproblem bezüglich der Stichprobe auf, da ausschliel'lich die Nutzer der jeweiligen Foren erreicht werden.
Eine weitere Methode stellt die Veröffentlichung im Internet dar. Mit Hilfe von Befragungssoftware (z.B. Unipark) kann man Fragebögen erstellen und dabei vorgefertigte Fragenmuster benutzen. Erreichbar ist der Fragebogen anschliel'end über einen Link, der während eines bestimmten Zeitraums frei geschalten ist. Das Problem hierbei ist, wie die Internet-Nutzer die Umfrage im World Wide Web (Abkürzung: WWW) finden können.
Die Befragung mittels Internet beinhaltet selbstverständlich nicht nur Nachteile. Überzeugende Argumente für eine WWW-Befragung in dieser Arbeit sind neben den allgemeinen Eigenschaften auch durch spezifische Überlegungen zur Zielgruppe entstanden.
Für die Schüler soll so wenig wie möglich der kostbaren Unterrichtszeit verloren gehen. Auf Grund dessen stellt die Befragung im Internet eine günstige Alternative dar. Das Gefühl der Anonymität, während die Schüler zu Hause vor dem PC die Fragen beantworten, ermöglicht ihnen ungezwungen und wahrheitsgemäl' zu antworten, ohne dass die soziale Erwünschtheit der Antworten Druck auf sie ausübt. Ein weiterer positiver Aspekt der Internetbefragung stellt der Verlust der Fragebögen dar. Surveys in Papierform verschwinden in den Schulranzen, werden zerknüllt oder zerstört. Es besteht die Gefahr, dass beschädigte Bögen aus Scham nicht zurückgegeben oder gar nicht erst ausgefüllt werden. Ebenso kann es passieren, dass Schüler vergessen, die beantworteten Exemplare wieder mit in die Schule zu bringen und sie somit nicht in die Wertung gelangen. Aus diesen Gründen bietet sich eine WWW-Befragung für die gewählte Altersgruppe an, welche für die vorliegende Arbeit genutzt wurde.
Natürlich sind ebenfalls klare Vorteile für den Untersuchungsleiter für die Wahl der Befragungsmethode ausschlaggebend. Das schwerwiegendste Problem im Rahmen dieser Arbeit stellt der Zeitfaktor dar. So gilt es möglichst effektiv, effizient und zeitsparend zu forschen. Die Benutzung einer Befragungssoftware erleichtert die Arbeit nicht nur durch programmierte Antwortschemata, sondern erspart ebenfalls die mühsame und zeitraubende Dateneingabe sowie Codierungen der beantworteten Fragen. Zudem besteht die Möglichkeit via WWW-Befragung in kürzester Zeit sehr hohe Fallzahlen zu erhalten. Da unter diesen Umständen auch keine persönliche Anwesenheit des Forschers notwendig ist und keine Druckkosten entstehen, lässt sich so Zeit und Geld einsparen.
3.2 Situationsspezifische Umsetzung und Anpassung der Untersuchungsmethode
Als Lösungsversuch der unter 3.1 genannten Problematik wird im Zusammenhang mit dieser Arbeit folgendermal'en vorgegangen. Um zu gewährleisten, dass der Fragebogen im Postfach nicht übersehen wird, soll er in einem Infoschreiben angekündigt werden. Das Schreiben wird von den Klassen- bzw. Kurslehrern verteilt und wieder eingesammelt. Die Probanten haben hierbei die Möglichkeit, ihre E-Mailadresse preiszugeben. Im Anschluss erhalten die Schüler eine E-Mail mit einer URL (Uniform Resource Locator; Link zum Fragebogen) und einige Handhabungshinweise zur Durchführung der Umfrage.
Dennoch bedarf es aus rechtlichen Gründen einer Anpassung der WWW-Befragungstechnik. Der Grol'teil der Befragten ist unter 18 Jahre und somit nach Deutschem Recht nicht volljährig. Grundsätzlich gilt laut den Richtlinien für die Befragung von Minderjährigen (Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute 2006, www.adm-ev.de), ebenso wie für die Befragung von Volljährigen, die Pflicht auf die Freiwilligkeit der Teilnahme hinzuweisen und die Erlaubnis zur Nutzung der anonymisierten Daten einzuholen. Die Besonderheit bei Personen unter 18 ist das Kriterium der Einsichtsfähigkeit. Es soll gewährleistet sein, dass „der Minderjährige die Konsequenzen der Verwendung seiner Daten übersehen und dementsprechend Stellung nehmen kann“ (ADM 2006, www.adm-ev.de). Ob die Einsichtsfähigkeit bei den einzelnen Schülern gegeben ist oder nicht, kann nicht vorhergesagt werden. Daher wird an alle Schüler in Verbindung mit dem Infoschreiben auch eine Einwilligungserklärung – gerichtet an die Eltern – verteilt. Zudem dient diese Erklärung dazu, eventuelles Misstrauen bezüglich der Befragung ihrer Kinder zu verringern. Vorausgehend wurde bereits die Einwilligung des Schulrektors sowie der Elternvertreter eingeholt. Erst auf deren Erlaubnis hin wird mit der Verteilung der Infoschreiben und der anschliel'enden Befragung begonnen.
3.3 Stichprobe und ihre Planung
Einige Schwierigkeiten der Online-Befragungen wurden bereits in dieser Arbeit erwähnt. Die Repräsentativität der Stichprobe ist jedoch ein sehr grundlegendes Problem. Nach ADM (2001) bezieht sich eine Stichprobe auf eine klar definierte Grundgesamtheit. In der Regel wird dazu die Gesamtbevölkerung benutzt, die über einen Telefonanschlul' erreicht werden kann.
Bei Online-Befragungen wird versucht, den Internet-Nutzer als Grundgesamtheit zu erfassen. Das Statistische Bundesamt benennt den Ausstattungsgrad im Jahr 2008 für Computer mit 75 % und den des Internets mit 64 %. Diese Zahlen beziehen sich auf private Haushalte in Deutschland. Diese Werte sind nicht als ausreichend flächendeckend zu bezeichnen, daher kann man nicht davon ausgehen, dass die ermittelten Umfragedaten anschliel'end auf die Gesamtbevölkerung übertragen werden können. Dies führt zu weiteren Problemen. Nach Hauptmann (Batinic et al. 1999) ist der Internet-Nutzer nicht eindeutig definierbar und eine repräsentative Stichprobe mittels Online-Befragung sei somit nicht durchführbar. Die Möglichkeit zur Selbstselektion der Probanden zieht immer einen Verlust der Aussagekräftigkeit der Untersuchung mit sich – sie ist also nicht repräsentativ. Zum Zweck dieser Arbeit ist es ohnehin nicht möglich, eine echte Zufallsstichprobe zu ziehen. Der enge zeitliche Rahmen, der zur Ausarbeitung zur Verfügung steht, lässt den nötigen Aufwand nicht zu.
Das Ziel ist es, eine neutrale Probandengruppe zu befragen, die es ermöglicht, einen Einblick in die Verteilung der Freizeitvorlieben von Schülern zu gewährleisten. Aus diesem Grund werden keine Freizeitgruppen oder andere homogene Gesellschaften gewählt, sondern eine relativ heterogene Struktur – die Schule. Hiermit ist die Selektionsproblematik bestmöglich gelöst. Um eine einheitliche Ausgangssituation zu schaffen, wird als erstes das Problem der Jugenddefinition gelöst. Wie unter 2.4 beschrieben gibt es kontroverse Meinungen wann die Jugend beginnt und wann sie endet. Aus diesem Grund werden in dieser Studie nur Schüler der Klassenstufe 5 bis 13 befragt. Schüler von beruflichen Schulen sind ausgeschlossen, da sie nicht über die gleichen zeitlichen Strukturen verfügen. Ein weiterer Vorteil der Befragung an einer Schule ist, dass man davon ausgehen kann, dass jeder Schüler in der Schule Zugang zu einem Computer mit Internetanschluss hat. Dieses Angebot ermöglicht auch Schülern ohne privaten PC an der Befragung teilzunehmen.
Aufgrund der zeitintensiven Vorarbeit zur Befragung, ist es nicht möglich, mehrere Schulen in die Umfrage mit einzubeziehen. Stellvertretend für die Schüler in Deutschland wird ein Gymnasium mit etwa 650 Schülern in Baden-Württemberg ausgewählt, zu dem die Autorin einen persönlichen Bezug hat. Dies erleichtert das Einholen der Einwilligungserklärungen und erhöht die Chancen für eine motivierte Mitarbeit von Schülern und Lehrern.
3.4 Ziel der Untersuchung
Das übergeordnete Ziel dieser Studie ist es, herauszufinden, ob die Vorliebe für elektronische Freizeitaktivitäten (z. B. Computerspielen oder Surfen im Internet) das gesellschaftlich angesehene Sporttreiben ausschließt. Um diese Frage zu beantworten, wird ein Freizeitprofil der Schüler erstellt. Das ergibt sich nicht nur anhand der Art der Freizeitaktivitäten, sondern auch über die verfügbare bzw. dafür verwendete Zeit. In dieser Arbeit wird ein spezielles Augenmerk auf das Sporttreiben und Computerspielen gelegt, daher wird das Engagement in diesen Bereichen genauer analysiert. Beliebte Freizeitaktivitäten wie Fernsehen oder Freunde treffen wird hier nur am Rand eingegangen, da diese Aspekte nicht zum Forschungsschwerpunkt gehören.
Neben den soziodemographischen Merkmalen der Untersuchungsgruppe ist auch der Stellenwert des Sports im Leben der Schüler von Interesse. Dies gilt sowohl für den Freizeitbereich als auch für den Schulsport. Es soll ebenfalls herausgefunden werden, ob es unterschiedliche Präferenzen in der Freizeitgestaltung bei Alt und Jung oder Jungen und Mädchen gibt. Mit der Kategorisierung Alt/Jung ist die Aufspaltung der Schüler nach Unter-, Mittel- und Oberstufe gemeint.
In Anlehnung an die zentrale Forschungsfrage soll sich, idealerweise, während dieser Studie herausstellen, ob der Sport tatsächlich einen ernstzunehmenden Konkurrenten bekommen hat. Ebenso schließt sich die Frage an, ob sich die Schüler wirklich für nur eine der beiden Aktivitäten entscheiden, oder ob sie evtl. parallel betrieben werden.
3.5 Entwicklung des Fragebogens
Die Operationalisierung der in Kapitel 3.4 entstandenen Themenbereiche der Untersuchung, erfolgte mit selbstkonstruierten Items. Die Themenbereiche sind in soziodemographische Daten, schulspezifische Pflichten und Belastungen und Freizeitengagement gegliedert (siehe Tabelle 1). Es ist nicht anzunehmen, dass für jeden Schüler alle Themenkomplexe in gleichem Maß relevant sind. Aus diesem Grund gibt es im Fragebogen so genannte Schlüsselfragen, die die Itemzusammenstellung an das Individuum anpassen. Diese Filterfunktion ist eine zeitsparende Eigenschaft der Surveysoftware und kann nach Bedarf in die vorprogrammierte Frageformen eingebaut werden. So kann z. B. vermieden werden, dass Nicht-Sportler zu ihrer sportlichen Freizeitgestaltung weiter befragt werden.
Tabelle 1: Thematische Gliederung des Schülerfragebogens
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Durch die Schlüsselfragen entstehen vier Typen von Fragebögen. Auf Grund der Stichprobenkriterien (siehe Kapitel 3.3) enthält jeder der vier Fragebögen die Themenbereiche soziodemographische Daten, schulspezifische Pflichten und Belastungen sowie Freizeitengagement.
[...]
1 Zur Verbesserung der Lesbarkeit werden in der vorliegenden Zulassungsarbeit Personenbezeichnungen in der männlichen Form verwendet; gemeint sind dabei in allen Fällen Frauen und Männer.
2 Die Bevölkerungszahl in Deutschland beträgt im Jahr 2005 etwa 82,4 Millionen Menschen. Im Jahr 2007 waren es noch 82,2 Millionen Einwohner.
3 Ab dem Jahr 2006 wird mit einer Zunahme der Sterbefälle gerechnet. Begründet wird dies durch den Demographischen Wandel und die daraus resultierende Überalterung der Gesellschaft.
4 Veränderung der Altersstruktur in Deutschland von der Pyramidenform (mehr junge als alte Menschen) hin zu einer Urnenform (weniger junge Menschen mit vielen im mittleren Alter und alten Menschen). Dies führt unter anderem zu wirtschaftlichen Problemen in der Rentenversorgung der älteren Generation, da weniger Berufstätige für immer mehr Rentner aufkommen müssen.
5 Nur relevant, wenn keine Flatrate zur Internetnutzung vorhanden ist.
- Citar trabajo
- Janina Sonnenwald (Autor), 2009, Sporttreiben oder Computerspielen – Zwei konkurrierende Freizeitaktivitäten Jugendlicher, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/134723
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