Einen breiten Raum im Kapitel über die USA nehmen interne Auseinandersetzungen innerhalb der am meisten beteiligten US-Ministerien ein, vor allem State Department und Defense Department mit zahlreichen Binnenrivalitäten, namentlich zwischen Globalisten und Regionalisten, wie üblich auch mit mehr punktuellen Präferenzen für Äthiopien oder Somalia, erleichtert durch Auswertung einer breiten Literatur, Archivbeständen und ergänzt durch mündliche Aussagen aktiv Beteiligter. Dagegen kann sich Kapitel III über die sowjetische Politik am Horn nur auf den offensichtlichen Gang der Entwicklung und auf westliche Quellen stützen (Zeitungsberichte und westliche Forschungsliteratur). Dieses Kapitel steht daher unter einem gewissen Vorbehalt, weil sow-jetische Archivalien viele Modifizierungen, vielleicht auch einzelne Korrekturen ermöglichen können, aber vermutlich ohne das Gesamtbild entscheidend zu verändern, da die wichtigen Fakten offen zu Tage liegen, wie der Wechsel von Waffenlieferungen, von Somalia zu Äthiopien, samt anschließenden Kriegshandlungen. Mit Agonie und Untergang der Sowjetunion 1991 endete auch ihr aktives Engagement in der Dritten Welt, so daß schon die dahinsiechende Sowjetunion sich am Horn von Afrika, wie auch sonst in Afrika, nur noch selbst abwickelte, durch einen zuletzt galoppierenden Kollaps im freien Fall.
Die beiden letzten, sehr viel kürzeren Kapitel werfen einen Seitenblick auf Djibuti, buchstäblich am Rande des äthiopisch-somalischen Epizentrums, und auf „das Horn von Afrika am Ende des Kalten Krieges“. Das „Nachwort“ skizziert die humanitäre UN-Intervention auf Betreiben der USA, um Somalia aus dem Chaos nach dem staatlichen Zerfall und der Hungersnot in Gefolge des chaotischen Clan-Bürgerkriegs zu retten.
Das allerletzte Finale in Form einer „Empfelung“ umreißt im wesentlichen die Notwendigkeit für eine konstruktive Konfliktlösung durch einen modernen Föderalismus in der Region, jeweils mit einer ökonomischen und politischen Dimension. Der Text liest sich wie ein künftiges Regierungsprogramm, gewiß zentriert auf Äthiopien, aber ohne chau-vinistische Verengung oder gar hegemonial-imperiale Absichten. Das Plädoyer für einen konstruktiven Föderalismus liefert zugleich das seltene Beispiel für die Anwendung theoretisch gewonnener Einsichten aus der Geschichte auf ein Gebiet, in diesem Fall räumlich und zeitgleich das Horn von Afrika in und nach dem Kalten Krieg - Geschichte und Politik als praktisch angewandte Wissenschaften.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Vorwort des Autors
Danksagung
Abkürzungen
Einleitung
Kapitel I: Historischer Abriß über die Staaten am Horn
1. Der Aufbau des äthiopischen Staates
1.2 Die Anfänge von Axum
1.3 Die Inschriften von Adulis und Axum
1.4 Die Entstehung des Islams und der Untergang von Axum
1.5 Der Krieg von 1527 - 1559
1.6 Die Außen- und Innenpolitik Tewodros II.
1.7 Kaiser Yohannes IV. 1872 - 1889
1.8 Kaiser Menelik II. 1889 - 1913
1.9 Die Regierungsperiode Kaiser Lij Iyassu V. 1909 - 1916
1.10 Äthiopien bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges
1.11 Britische Besatzung
2. Geschichte Somalias
3. Der äthiopisch-somalische Konflikt
Kapitel II: U.S.-Außenpolitik am Horn von Afrika
1. Die Ursprünge der US-Intervention am Horn von Afrika
2. Aufbau der Sicherheitsbeziehung zwischen den USA und Äthiopien
3. Amerikanisch-äthiopische Beziehungen und Pan-Somalialismus
4. Prüfung der amerikanisch-äthiopischen Sicherheitsbeziehungen
5. US-Bemühungen, den Einzug der UdSSR am Horn zu verhindern
6. Zunahme der US-Missionen in Äthiopien
7. Neubewertung der Beziehung in einer veränderten Umgebung
8. Die USA und die Revolution in Äthiopien
9. Krisen innerhalb der amerikanisch-somalischen Beziehung
10. Das Scheitern der amerikanisch-äthiopischen Beziehung
11. Krisen der amerikanisch-somalischen Beziehung
12. Die Sorge der USA um ihre Position am Roten Meer und am Persischen Golf
13. Die Suche der USA nach einem militärischen Zugang
14. Festlegung der amerikanisch-somalischen Beziehung
15. Schlußbetrachtung
16. Vertiefung der Beziehung, Krisen und zunehmende Zwänge
17. Bürgerkrieg in Somalia und die Haltung Washingtons
18. Zusammenfassung
Kapitel III: Sowjetische Außenpolitik am Horn von Afrika
1. Erste Kontakte der Sowjets zu den Staaten am Horn
2. Geopolitische Interessen der UdSSR
2.1 Moskaus strategische Interessen im Indischen Ozean
2.2 Sowjetische Interessen am Horn von Afrika
3. Strategien zur Penetration Afrikas
3.1 Gorshkovs Seemacht-Strategie
3.2 Sowjetische Handelsoffensive als Strategie
3.3 Moskaus militärische Dimension als strategisches Instrument
3.4 Waffenexport als strategische Devisenbeschaffung
3.5 Der Aufbau von Sicherheitsapparaten
3.6 „Marxist-Leninist Vanguard Parties“ als Strategie Moskaus
4. Konflikte der Supermächte nach dem Zweiten Weltkrieg
4.1 Sowjetische Ansichten über die US-Politik in der Dritten Welt
4.2 Der Ost-West-Konflikt nach 1945
4.3 Afrika als Austragungsort des Ost-West Konfliktes
5. Einzug der UdSSR am Horn von Afrika
5.1 Die Revolution in Somalia
5.2 Revolution von oben?
5.3 Sowjetische Penetration am Horn von Afrika
5.4 Somalia als Zentrum des KGB in Afrika
5.5 Moskaus Wirtschaftshilfe für Somalia
5.6 Somalia, die Arabische Liga und die Reaktion Moskaus
5.7 Die pan-arabische Haltung gegenüber dem Kommunismus
5.8 Sowjetische Waffen und der Krieg im Ogaden
5.9 Krisen der sowjetisch-somalischen Beziehung
5.10 Barres fehlgeschlagene Verteidigungspolitik
6. Einzug der UdSSR in Äthiopien
6.1 Die Ursachen der schleichenden Revolution in Äthiopien
6.2 Die Rolle der Studenten zur Zeit Haile Selassies
6.3 Der Anfang der Revolution
6.4 Die Rolle der Zivilisten und die Haltung des Militärs
6.5 Die UdSSR und die Revolution in Äthiopien
6.6 Sowjetische Intervention in Äthiopien
6.7 Äthiopiens Aufrüstung durch Moskau: Bruch mit Somalia
6.8 Äthiopien: Kampf ums Überleben - Der Ogadenkrieg
6.9 Der Ogaden-Krieg im Spannungsfeld und panarabischer Bestrebungen
6.10 Die Rolle Italiens als westlicher Bündnispartner am Horn
6.11 Stalin am Horn: Mengistus „Partei der Werktätigen“
6.12 Die Hochzeit von KPSU und COPWE: Rege Diplomatie
7. Regionalkonflikte: Beginn der amerikanisch-sowjetischen Beziehungen
7.1 Ende des Stalinismus und des Kalten Krieges
7.2 Internationale Auswirkungen des Reformprozesses
7.3 Sowjetische ‘De-Ideologisierung’ in Afrika
7.4 Beispiel: Der Friedensprozeß in Äthiopien
7.5 Abbau der sowjetisch-afrikanischen Wirtschaftsbeziehungen
7.6 Wechsel der Verteidigungsdoktrin und sinkendes Interesse
7.7 Sowjetische Politik südlich der Sahara: Die Endphase
7.8 Der Augustputsch 1991 und das Ende sowjetischer Afrikapolitik
Kapitel IV
1. Republik Djibuti
1.1 Djibutis Weg zur Unabhängigkeit
1.2 Die Entscheidung
2. Krisen nach der Unabhängigkeit
3. Djibuti und die Supermächte
4. Die Bedeutung Djibutis am Horn von Afrika
5. Ethnische Konflikte in Djibuti und die US-Politik
Kapitel V
1. Das Horn von Afrika nach dem Ende des Kalten Krieges
1.1 Amerikanisch-äthiopische Beziehungen nach dem Zerfall der UdSSR
1.2 US -Israelische Zusammenarbeit bezüglich der äthiopischen Juden
1.3 Die Zukunft Äthiopiens
1.4 Der Zerfall Somalias: Rückkehr zum Urzustand
2. Humanitäre und militärische Intervention der USA in Somalia
Nachwort
A) Der Zerfall Somalias und die Haltung Washingtons
B) Hungersnot und die Haltung des Weißen Hauses
Empfehlung
1. Die ökonomisch-politische Dimension des Föderalismus am Horn
1.1 Eritrea und Äthiopien
1.2. Somalia und Djibuti
2. Die Bedeutung des ökonomisch-politischen Föderalismus am Horn
Anhang I
Tabelle 1 Chronologie: Zeitalter des Imperialismus und der Abwehrkriege am Horn von Afrika bis 1906 (Ägypten, England, Frankreich, Italien).
a) Ägypten und England, 1820 - 1906
b) Frankreich, 1843 - 1906
c) Italien, 1859 - 1906
Tabelle 2 Beziehungen der Mittelmächte zu Äthiopien bis 1906
a) Österreich-Ungarn
b) Deutschland
Anhang II
Chronologie Äthiopisch-somalische Grenzkonflikte vom 19. Jh. bis zur Gegenwart. Zeittafel 1859 bis zum Ende des Ogadenkrieges
Anhang III: Landkarten
I) ABYSSINIA AT THE TIME OF THE BERLIN CONFERENCE, 1885
II) Äthiopien vor 1994
III) Eritrea nach 1991
IV) Djibouti
VI) Äthiopien als Ziel der Kolonial Mächte 1906-1908
VII) The Sudan
VIII) Diego Garcia
IX) Diego Garcia
X) Kenya
XI) OGADEN. Somalias Grenzansprüche von 1978
XII) Republik Somaliland
XIII) Puntland
XIV) Italienisch-Ostafrika 1936-41
XV) Der Nördlicher Grenzdistrikt, NFD von Kenia
Literaturverzeichnis
Bibliographie
Journale
Freie- und Regierungspresse/Medien
Regierungsdokumente
Reden und Ansprachen
Interviews
Der Author
Vorwort
Das Horn von Afrika, mit Äthiopien als größtem Einzelstaat, dazu mit einer langen hi-storischen Tradition als christliches (koptisches) Reich in einer immer stärker vom Islam dominierten Umwelt, erlebte in den Jahrzehnten des Kalten Krieges eine stürmische und konfliktreiche Entwicklung, die bei uns nur wenige Spezialisten näher und kontinuierlich verfolgten. Die vorliegende Arbeit eines Äthiopiers bemüht sich, die komplexen Stränge zu entwirren und verständlich zu machen, vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion und ihren unmittelbaren Auswirkungen auf Äthiopien und das Horn selbst.
Die Vorgehensweise ist nicht eine Gesamtgeschichte der Region, sondern ihre widersprüchliche Entwicklung im Interessenkonflikt der beiden Supermächte, der USA und der Sowjetunion. Der Schwerpunkt liegt jeweils auf der Äthiopienpolitik der USA und der UdSSR, dort wieder zentriert auf Militär- und Waffenhilfen, nun aber im Spannungsfeld zwischen Äthiopien und Somalia und deren Rivalität um den Ogaden, eine Halbwüste, die überwiegend von somalischen Stämmen bewohnt ist, aber zum äthiopischen Kaiserreich gehörte. Das kommunistische Mengistu-Regime verteidigte das imperiale Erbe mit derselben Selbstverständlichkeit, mit der die Sowjetunion Gebiete zurückforderte, die einst zum Zarenreich gehört hatten, so wie heute umgekehrt das post-kommunistische Rußland Gebietsgewinne Stalins für die Sowjetunion verteidigt (Kaliningrad/-Ostpreußen, Nord-Sachalin, die vier südlichen Kurilen-Inseln).
Mit der starken Betonung der verschiedenen Regierungsämter, vor allem in den USA, die sich mit dem Horn von Afrika, besonders Äthiopien, befaßten, bewegt sich die Arbeit auf einem interdisziplinären Übergangsbereich zwischen Zeitgeschichte und Politikwissenschaft, vor allem Regierungslehre.
Zum besseren Verständnis der außerordentlich komplizierten Sachlage ist ein „Histo-rischer Abriß der Staaten am Horn“ vorgeschaltet, mit Schwerpunkt der älteren Ge-schichte Äthiopiens sowie Somalias, soweit die historischen Fakten zur Beurteilung der heutigen Verhältnisse wichtig werden: Von der Staats- und Regierungsform lassen sich keine zwei größeren Extreme als unmittelbare Nachbarn vorstellen als die beiden Hauptrivalen am Horn. Äthiopien war nach außen ein traditionelles Großreich en miniature, seit Menelik II. und damit erst seit einem Jahrhundert wieder mit einer glänzenden kaiserlichen Fassade des Negus Negest (König der Könige) und einem zentralistischen Anspruch. Hinter der leicht irreführenden Fassade war die Substanz des kaiserlichen Äthiopien jedoch äußerst fragil, belastet mit einer enormen Binnenspannung zwischen dem jüngsten Reichsvolk der Amharen auf dem Weg zur weiteren Expansion nach Süden, ins Innere Afrika, abgeschnitten durch den Islam von der Küste des Roten Meeres seit 634. Somalia dagegen hatte nie einen eigenen Zentralstaat, war stets fragmentiert zwischen Stämmen und Clans, die zwar kulturell als ein Volk gelten mochten, es aber sozial und politisch nie waren. Erst die Kolonialherrschaft gab den Somalis einen Zentralstaat, jedoch geteilt zwischen Britisch- und Italienisch-Somalia, mit somalischen Irredentas in Äthiopien (Ogaden), Djibuti und Kenia (Northern Frontier District), die ein Pan-Somalismus alle heim ins arme Somalia-Reich führen wollte.
Der permanente Konflikt zwischen Äthiopien und Somalia um den Ogaden, ob latent oder offen, ist der Kern der vielfältigen Konflikte in und um das Horn von Afrika. Die drohende Niederlage Äthiopiens, die nur die Intervention der Sowjetunion und Kubas vermied, drohte auch in einer Kettenreaktion Äthiopien zu zerreißen. An der tatsächlichen Niederlage Somalias zerschellte die trügerische Fassade des post-kolonialen Einheitsstaates Somalia, so daß Somalia wieder in seinen jahrtausendelangen Naturzustand zurückfiel, mit Fragmentierung und blutige „Kriege“ zwischen Stämmen und Clans.
Gegen diesen strukturellen und historischen Hintergrund, arbeitet der Verfasser die wechselhaften Interventionen der Supermächte seit 1945 heraus, in der chronologischen Reihenfolge zunächst die USA als Erben der beiden Kolonialmächte England und Italien, als Teil des Kalten Krieges auch die Sowjetunion. Hinter allen ideologisch-diplo-matischen Floskeln verfolgten beide Weltmächte jedoch jeweils nur ihre eigenen machtpolitischen Interessen, militärisch an einem geostrategisch kritischen Schnittpunkt zwischen südlichem Arabien mit Zugang zum Roten Meer wie zum Indischen Ozean sowie zum Sudan und dem nördlichen Ostafrika. „Entwicklungshilfe“ für Äthiopien (und Somalia) bestand daher überwiegend aus Militärhilfe, direkten Waffenlieferungen wie Ausbildung einheimischen Militärpersonals.
Wie in einem Nullsummenspiel wollten die USA verhindern, daß sich die Sowjets am Horn von Afrika festsetzen konnten, während die UdSSR umgekehrt die USA möglichst aus der Region vertreiben wollte. Gemäß den leicht variierten Mechanismen des Machiavell-Prinzips (Nachbarn sind Feinde. Feinde der Feinde sind Verbündete, also zu unterstützen) wechselten beide Supermächte mit der Wahl ihrer Klientelstaaten - erst waren die USA für Äthiopien, nach dem Sturz der Monarchie 1975 und der schleichenden Machtübernahme der Kommunisten für Somalia; dagegen war die UdSSR erst für Somalia, bald nach 1975 für Äthiopien. Der harte Kern aller Bündniswechsel waren stets Waffen für den Krieg um Ogaden, ob vorbereitet oder heiß geführt.
Einen breiten Raum im Kapitel über die USA nehmen interne Auseinandersetzungen innerhalb der am meisten beteiligten US-Ministerien ein, vor allem State Department und Defense Department mit zahlreichen Binnenrivalitäten, namentlich zwischen Globalisten und Regionalisten, wie üblich auch mit mehr punktuellen Präferenzen für Äthiopien oder Somalia, erleichtert durch Auswertung einer breiten Literatur, Archivbeständen und ergänzt durch mündliche Aussagen aktiv Beteiligter. Dagegen kann sich Kapitel III über die sowjetische Politik am Horn nur auf den offensichtlichen Gang der Entwicklung und auf westliche Quellen stützen (Zeitungsberichte und westliche Forschungsliteratur). Dieses Kapitel steht daher unter keinem Vorbehalt, weil sowjetische Archivalien (falls zugänglich) wenige Modifizierungen, vielleicht auch einzelne Korrekturen ermöglichen können, aber vermutlich ohne das Gesamtbild entscheidend zu verändern, da die wichtigen Fakten offen zu Tage liegen, wie der Wechsel von Waffenlieferungen, von Somalia zu Äthiopien, samt anschließenden Kriegshandlungen. Mit Agonie und Untergang der Sowjet-union 1991 endete auch ihr aktives Engagement in der Dritten Welt, so daß schon die dahinsiechende Sowjetunion sich am Horn von Afrika, wie auch sonst in Afrika, nur noch selbst abwickelte, durch einen zuletzt galoppierenden Kollaps im freien Fall.
Die beiden letzten, sehr viel kürzeren Kapitel werfen einen Seitenblick auf Djibuti, buchstäblich am Rande des äthiopisch-somalischen Epizentrums, und auf „das Horn von Afrika am Ende des Kalten Krieges“. Das „Nachwort“ skizziert die humanitäre UN-Intervention auf Betreiben der USA, um Somalia aus dem Chaos nach dem staatlichen Zerfall und der Hungersnot in Gefolge des chaotischen Clan-Bürgerkriegs zu retten.
Das allerletzte Finale in Form einer „Empfelung“ umreißt im Wesentlichen die Notwendigkeit für eine konstruktive Konfliktlösung durch einen modernen Föderalismus in der Region, jeweils mit einer ökonomischen und politischen Dimension. Der Text liest sich wie ein künftiges Regierungsprogramm, gewiß zentriert auf Äthiopien, aber ohne chauvinistische Verengung oder gar hegemonial-imperiale Absichten. Das Plädoyer für einen konstruktiven Föderalismus liefert zugleich das seltene Beispiel für die Anwendung theoretisch gewonnener Einsichten aus der Geschichte auf ein Gebiet, in diesem Fall räumlich und zeitgleich das Horn von Afrika in und nach dem Kalten Krieg - Geschichte und Politik als praktisch angewandte Wissenschaften.
Prof. Dr. Imanuel Geiss
Bremen , im Juli 2008
Vorwort des Autors
Die Ursprünge der vorliegenden Arbeit, die sich mit der geostrategisch orientierten Außenpolitik sowie den Interventionen der Supermächte am Horn von Afrika nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Zerfall der Sowjetunion befaßt, datieren von 1987. Damals bereitete ich mich als Student an der School of International Studies, University Denver, Colorado, und später am Institut of International Studies der Universität Kalifornien auf mein Examen vor. Mein Hauptinteresse galt der Schaffung eines systematischen Überblicks über den Dschungel mehrerer rivaliserender Machtzentren einer mehrgleisig gelenkten Afrikapolitik der USA. Leider fand sich bei näherer Betrachtung trotz vieler Veröffentlichungen über Africa-Politik der USA nur eine sehr beschränkte Anzahl von Darstellungen über geostrategisch orientierte Außenpolitik der Supermächte. Dies bestärkte wiederum meinen Wunsch, die Forschungsarbeit besonders über die bürokratischen (USA) und zentralistischen (UdSSR) Entscheidungsestablishments und Vorgehensweisen der Außenpolitik der Supermächte am Horn von Afrika aufzunehmen. Als Konflikt forscher, Student der Politologie, Governance und der internationalen Beziehungen erfuhr ich jedoch weitere Enttäuschungen bei der Suche nach Literatur über den afrikanischen Kontinent, insbesondere über das Horn von Afrika, im Zusammenhang mit dem Kalten Krieg: Grundsätzlich war und ist Afrika im Bereich internationaler Beziehungen, Governance und politischer Wissenschaften selten erfaßt und in den Geschichtswissenschaften ein wenig privilegierter Kontinent. Studien, die sich entweder auf traditionelle, sicherheitsbezogene Wirtschaftssysteme konzentrieren (d.h. auf Ost-Westbeziehungen und die Natur der Atlantischen Allianz oder auf Regionen, die geographisch als wichtig gelten wie Südostasien, Zentralamerika, der Mittlere Osten und heute Osteuropa und somit große Prioritäten genießen), waren im Endeffekt Ergebnis oder Schöpfung der Entscheidungsorgane politischer Entscheidungsprozesse.
Als ich mich 1993 dazu entschloß, diese Arbeit in Form einer Dissertation anzufertigen, war es meine Absicht, in dreifacher Hinsicht eine Lücke zu füllen und zu zeigen daß:
1. das Horn von Afrika, trotz Unterentwicklung und auch ohne im Interessengeflecht der Supermächte zu stehen, eine gewisse Rolle in internationalen Beziehungen spielt.
2. die Kontinuität und Wechsel in der Außenpolitik der Supermächte sowie die geostrategische Konzentration und den Rüstungswettlauf am Horn von Afrika einen großeren und globalen gefahr darstellen. Insbesondere galt es zu demonstrieren, daß die Ereignisse am Horn durch den ziel- und zweckgerichteten Einfluß der Supermächte geprägt wurden.
3. die Rolle der verschiedenen Akteure in der außenpolititschen Gestaltung der Supermächte im Bezug auf diese Region zu klären.
Hierbei sollte beachtet werden, daß die Außenpolitik der US-Regierung von verschiedenen Entscheidungsträgern widersprüchlich auf verschiedene Art und Weise geleitet wurde, während die Außenpolitik der UdSSR stets zentral geleitet wurde. Deshalb lag mein Forschungsschwerpunkt darin, auf drei Ebenen die verschiedenen außenpolitischen Entscheidungsgremien der US-Regierung zu untersuchen: An erster Stelle wird das Weiße Haus mit seinen Präsidenten und Sicherheitsberatern bis zum Ende des Kalten Krieges beleuchtet, an zweiter Stelle steht die nationale Sicherheitsbürokratie der Exekutive (State Department und Defense Department) und an dritter Stelle werden diejenigen Entscheidungsgremien mit direkter Verantwortung für afrikanische Angelegenheiten (die sich als Subcommittees in beiden Häusern, d. h. im Senat und im Repräsentantenhaus befanden) sowie Interessengruppen wie Congressional Black Caucus untersucht. Das außenpolitische System der UdSSR, das aus einer einzigen Quelle, nämlich dem ZK, gelenkt wurde, steht im Gegensatz zum amerikanischen System, wie ich es nach der sogenannten Eröffnung der sowjetischen Außenpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg in der Einleitung darlegen werde.
Düsseldorf, im Juli 2008
Danksagung
Herzlich möchte ich allen danken, die das Erscheinen dieses Buches ermöglicht haben. Die vorliegende Arbeit wäre sicherlich nicht ohne die unschätzbare Hilfe, moralische Unterstützung und geduldige Ausarbeitung des druckreifen Manuskripts meiner lieben Frau Claudia entstanden.
Zu besonderem Dank bin ich, Herrn Prof. Dr. Imanuel Geiss und Prof. Dr. Dieter Senghaas verpflichtet, die mit inhaltsreichen Diskussionen, alternativen Vorschlägen und vielfältigen Hinweisen die Entstehung dieser Arbeit betreut haben. Herrn Prof. Dr. Volker Matthies danke ich für die Durchsicht des ersten Entwurfes und der daraus resultierenden kritischen Anmerkungen und Hinweise sowie Herrn Prof. Dr. Wilfried Wagner und Prof. Dr. Zürn für die hervorragende Hilfe und Unterstützung und die sorgfältige Durchsicht des Manuskripts.
Herrn Prof. Dr. Martin Franzbach und Frau Dr. Dagmar Bechtloff sowie Herrn Markus Fugmann danke ich für die hervorragende Unterstützung sowie Frau Gabriele Intemann und Frau Angelika Kuhn für die schnelle Hilfe, die zum zügigen Abschluß der Arbeit führte.
Abschließend möchte ich Sir Ralph Darendorf, London School of Economics (LSE), der School of International Studies University of Denver, Colorado, Institute of International Studies University of California, Berkeley, dem U.S. Department of State, Washington D.C. sowie den zahlreichen Interviewpartnern für ihre Unterstützung und Hilfestellung danken.
Düsseldorf, im Juli 2008
Abkürzungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Einleitung
Zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erhielt Ägypten als erstes afrikanisches Land Waffen aus der UdSSR, wenngleich diese in der CSSR produziert worden waren. Dieses Ereignis gilt in der Literatur als Beginn der politischen Einflußnahme Moskaus in Afrika. Damals befand sich Afrika im Umbruch der Dekolonisation. Diese Lage spielte in der Sowjetpropaganda des „Antiimperialismus“, „Antikapitalismus“ und „Antirassismus“ eine große Rolle und war Hauptfaktor der sowjetischen Dritte-Welt-Politik. Die sowjetische Afrikapolitik löste die bei westlichen Experten und Strategen weitverbreitete Befürchtung aus, Moskau könnte daran interessiert sein, die westliche Hemisphäre von der Rohstoffversorgung abzuschneiden, um den eigenen Energiebedarf zu decken.
Das Horn von Afrika ist eine Region mit schwachen sozialen und politischen Strukturen. Ursachen dafür sind traditionelle ethnisch-religiöse Rivalitäten, Dürrekatastrophen und die durch Nationalismus geleitete Politik der Verantwortlichen. Seit der Kolonialzeit sind jedoch auch ausländische Mächte für viele Tragödien und Kriege in der Region verantwortlich, die von den Rivalitäten der Kolonial- bzw Supermächte ausgelöst wurden. Die Interessen Moskaus und Washingtons galten im Kalten Krieg der Sicherung von Einflußzonen ohne direkte militärische Konfrontation: Die USA wollten durch Äthiopien die regionale Stabilität sichern, die UdSSR mit allen Mitteln das sozialistische Lager durch Unterstützung geeigneter Länder (Somalia) stärken.[1]
Das Horn von Afrika spielte eine wichtige Rolle im Kontext der Erweiterung der Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen der USA und UdSSR im Mittleren Osten und im Nordwesten des Indischen Ozeans. Die Region wurde zwar Mitte der 70er Jahre zur neuen Sicherheitszone der Supermächte, der Ursprung dieser Politik geht jedoch bis ans Ende des Zweiten Weltkrieges zurück, als beide Mächte erstmals ihre Interessen signalisierten. Zwischen 1948 und 1950 galt Nordostafrika den Supermächten als die begehrteste Sicherheitszone. Damit wuchs der militärische Wettstreit, und kriegerische Auseinandersetzungen in der Region nahmen zu. Revolutionen seit Beginn der 60er Jahre, der Unabhängigkeitskrieg Eritreas und erneute Revolutionen im Süd-Sudan sowie Konflikte zwischen Staaten der Peripherie wie Libyen, Tschad, Uganda und Tanzania erschütterten die Region. Die üblichen Erklärungen über Stammes- und Eliterivalitäten greifen daher zu kurz. Eine adäquate Analyse muß vielmehr externe Intervention und Abhängigkeit dieser Staaten wesentlich stärker einbeziehen als dies in der wissenschaftlichen Literatur bisher geschehen ist.
Durch Rivalitäten der Supermächte im Mittleren Osten, am Golf und an der Arabischen See, durch direkte Aufrüstung und militärischen Einsatz, aber grundsätzlich durch ihre Klientelstaaten entstand eine Welle von Konflikten am Horn von Afrika. Die arabisch-islamische Politik im Mittleren Osten zwischen Konservativen und Radikalen sowie der arabisch-israelische Konflikt dehnten sich auf die neuen Staaten Nordostafrikas aus. Von Ägypten über Sudan bis Somalia mußte sich die Mehrheit der arabisch-islamischen Bevölkerung innerhalb dieses Konfliktfeldes bewegen, das zudem durch die Konfrontation Iran-Irak und die Ölpreispolitik geprägt war. Saudi-Arabien und Libyen galten als Anwärter auf die Führung in der Region. Oberst Gaddafi brachte eine radikale Dreier-Allianz zwischen Libyen, Äthiopien und dem Südjemen zustande. Gleichzeitig koordinierten die Saudis ihre Politik mit dem Sudan, Ägypten, Somalia und Kenia. Im Hintergrund dieser Manöver brachten die Supermächte eifrig Waffen, Geld und moralische Unterstützung für die Realisierung ihrer eigenen strategischen und ökonomischen Ziele zum Einsatz. In keiner anderen Konfliktregion der Welt überlagerten sich regionale und globale Interessen derartig stark, nirgendwo war die Konfusion so groß. Somit entwickelte sich ein Muster Patrontributärer Beziehungen in der neuen Phase imperialistischer Rivalitäten. Geopolitisch betrachtet steht der südliche Ausgang des Suezkanals durch das Rote Meer unter der Obhut Äthiopiens, Somalias, Djibutis, Sudans, Nord- und Südjemens, deren Ressourcen zwar bedeutend sind, die aber vielfach unter Unterentwicklung leiden. Sie gehören zu den ärmsten Ländern der Welt und können, abgesehen vom Sudan, kein Öl bieten, jedoch waren ihre Seehäfen für Militärbasen und Kommunikationseinrichtungen der Supermächte von größter Bedeutung. Eine Zeitlang war die volle strategische Bedeutung der Region jedoch nicht in Erscheinung getreten, dies änderte sich erst mit Ankunft der Sowjets.
Der anglo-ägyptische Abzug aus dem Sudan fand 1956 statt, 1960 wurde der Tschad unabhängig. Die Rivalitäten der Supermächte durchdrangen beide Länder in den 70er Jahren und wurden Teil des unerbittlichen Kampfes um die Eroberung von Handelsrouten, strategischen Positionen und Ressourcen in Nordostafrika. Bedeutendster Faktor blieb jedoch die afrikanisch-arabische Rivalität, die zeitweise in Bürgerkriege überging und die Supermächte indirekt in einen gefährlichen Konflikt hineinzog. Die UdSSR unterhielt abwechselnd engere Beziehungen, verbunden mit Waffenlieferungen, zu Somalia, Ägypten, dem Sudan, Libyen und Äthiopien und mischte sich dadurch in regionale Konflikte wie in Eritrea, im Ogaden, Süd-Sudan und Tschad ein, was ihr wiederum Einblick in US-Marineoperationen in der Arabischen See einbrachte. Im Gegenzug und je nach Einflußperiode unterhielten auch die USA engere Beziehungen, verbunden mit militärischer Aufrüstung, zu Äthiopien, Somalia, Kenia, Sudan und Ägypten. Von ihren Basen in diesen Ländern projektierten sie ihre Macht am Indischen Ozean, versuchten, ein Gegengewicht gegen den libysch-äthiopischen Einfluß auf afrikanisch-arabische Konflikte zu bilden und vor allem gegen die sowjetische Dominanz und Expansion am Horn und auf der Arabischen Halbinsel Einhalt zu schaffen. Der Reichtum Saudi-Arabiens, der Bevölkerungsreichtum Ägyptens und die strategischen Positionen Kenias und Somalias boten den USA eine gute Ausgangsposition gegen die Ausweitung der sowjetischen Penetration sowie gegen den radikal-arabischen Einfluß in Schwarzafrika und vor allem südlich der Sahara. Um die lebenswichtige Ölroute, die zum Teil durch den Suezkanal führt, zu schützen und die Sicherheit der Klientelstaaten Saudi-Arabien und Israel, die eine dominierende Rolle am Golf und der Arabischen Halbinsel spielten, zu garantieren, waren die USA gezwungen, in den Besitz der wichtigsten strategischen Punkte zu gelangen und von dort aus den Kommunismus zu bekämpfen.
Auch unabhängig von den Rivalitäten der Supermächte bleibt das Horn von Afrika Ort eines Jahrhunderte alten religiösen, ökonomischen und politischen Wettstreits zwischen Äthiopien und dem somalischen Volk der Region, bis 1991 vertreten von der Republik Somalia. Strittiger Punkt zwischen Äthiopien und Somalia Ende des 20. Jahrhunderts ist nach wie vor die Rechtmäßigkeit der äthiopischen Herrschaft über die Ogadenregion, ein Grenzgebiet, das größtenteils von Somalis besiedelt ist und von beiden Ländern beansprucht wird. Ob man die Reden von Äthiopiens pro-westlichem, inzwischen verstorbenen Kaisers Haile Selassie oder die des selbst ernannten marxistischen Führers Mengistu Haile Mariam (bis 1991) untersucht, beide betonen die Unverletzbarkeit äthiopischer Grenzen. In der Tat löst die bloße Vorstellung, auf die Ogadenregion zu verzichten, einen Sturm der Entrüstung unter der politischen Elite Äthiopiens aus.
Ebenso zeigten sich die somalischen Staatsoberhäupter von Präsident Aden C. Cusman bis Mohammad Siyyad Barre gleichermaßen unnachgiebig in ihrer Weigerung, die äthiopische Herrschaft über die Ogadenregion anzuerkennen. Für eine bedeutende Anzahl von Somalis beschwört die Ogadenregion den pan-somalischen Traum von der Vereinigung aller somalischen Völker unter einer Fahne herauf. In dieser Hinsicht repräsentiert jeder Punkt des blauen Sterns der somalischen Flagge einen Teil der noch geteilten somalischen Nation. Während sich die früheren Kolonialstaaten Britisch- und Italienisch-Somaliland im Juli 1960 zusammenschlossen, um die Republik Somalia zu gründen, verblieben drei Gebiete, die von Somalia beansprucht werden, weiterhin unter der Herrschaft Äthiopiens (Ogadenregion, Haud), der Republik Djibuti (Französisch-Somaliland) und Kenias (Northern Frontier-District=NFD).
Zentraler Streitpunkt der politisch-militärischen Konfrontation zwischen Äthiopien und Somalia war und ist die Ogadenregion, die auch Schauplatz militärischer Zusammenstöße zwischen den Nachbarn Anfang der 60er Jahre sowie des blutigen Ogadenkrieges 1977-78 war.
Die Entscheidung Äthiopiens und Somalias, ihre regionalen Vorhaben mit Unterstützung der jeweiligen Großmächte (damals Portugal/Äthiopien; Osmanisches Reich/Somalia) voranzutreiben, ist ein entscheidender Aspekt dieser historischen Rivalität. Vier Jahrhunderte später hießen die ausgewählten Schutzmächte entweder Sowjetunion oder USA. Die Überlegung, die hinter dieser Globalisierung regionaler Politik steht, wie sie Äthiopien und Somalia verfolgten, beschreibt treffend das somalische Sprichwort: „Sei entweder ein Berg oder habe einen Berg, an den du dich anlehnen kannst“.[2]
Anhand dieses einfachen, aber auch komplizierten Gleichnisses erkennt man das Wesen der US-Außenpolitik gegenüber dem Horn von Afrika. Raymond L. Thurston, US-Botschafter in Somalia 1965-68, sagte:
„Ziel unserer Bemühungen sollte es sein, militärische Stützpunkte oder ähnliche Einrichtungen fremder Mächte aus Ostafrika fernzuhalten. Die militärischen Mächte sowohl Äthiopiens als auch Somalias stehen in keinem Verhältnis zu den Erfordernissen ihrer nationalen Sicherheit und sollten verkleinert werden. ... Dies würde nicht nur die internationalen Spannungen am Horn vermindern, sondern auch die Gewähr dafür sein, daß mehr Energien auf die wirtschaftlichen Probleme am Horn gerichtet werden könnten“.[3]
Entgegen allen vorsichtigen Warnungen einiger Kenner der Region, jede Einmischung am Horn von Afrika zu vermeiden, die historische Rivalitäten verschärfen und somit langfristigen US-außenpolitischen Interessen schaden könnte, wollten die Regierungen von Präsident Franklin Delanor Roosevelt bis George Bush in dieser Region einen strategischen Stützpunkt aufbauen. Während die USA vor 1974 einen Sicherheitspakt mit Äthiopien auf Kosten der engeren Beziehungen zu Somalia anstrebten, gilt das Gegenteil für die Zeit nach dem Ogadenkrieg von 1977-78. In beiden Fällen ermunterten Äthiopien wie Somalia die USA zur Einmischung. Doch die Vertreibung der USA aus Äthiopien nach der „schleichenden Revolution“ von 1974 bis 1977 sowie der wachsende Streit über die aktuelle Unterstützung der USA für Somalia als Ergebnis des Bürgerkrieges stellten die langfristigen Vorteile der US-Außenpolitik am Horn von Afrika in Frage. Chester Crocker, stellvertretender Außenminister für afrikanische Angelegenheiten 1981-1989, sagte am 13. November 1985:
„Ostafrika ist für die USA von beträchtlichem strategischen Gewicht, insofern es als gleichermaßen relevant ist für die Sicherheit des mittleren Ostens als auch für Afrika. Wir brauchen für unsere militärischen Kräfte Zugang zu Flugplätzen und Häfen, sollten sie in Krisenzeiten gegen den sowjetischen Expansionismus am Persischen Golf oder im Indischen Ozean zur Verteidigung gebraucht werden. ... Wir bemühen uns darum, dem libyschen Abenteuertum und Terrorismus Einhalt zu gebieten, die eine Gefahr für jedes friedliebende Land in der Region darstellen. Wir versuchen, die Isolierung von Ägypten zu vermeiden“.[4]
Das II. Kapitel soll die Entwicklung der amerikanischen Intervention am Horn von Afrika erklären, indem es speziell die Einmischung Washingtons in den Konflikt zwischen Äthiopien und Somalia während der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg herausstellt. Nachdem die Ursprünge der amerikanischen Einmischung in Ostafrika vor 1948 untersucht wurden, analysieren die nächsten Abschnitte, was die verschiedenen bürokratischen Aufträge des State Departments, des Defense Departments und der CIA zur Gründung und Stärkung des Sicherheitspakts zwischen den USA und Äthiopien während einer Zeitspanne von 25 Jahren (1948-73) beitrugen, die größtenteils durch das Fehlen von Krisen gekennzeichnet war: Das Anwachsen der Sicherheitsbeziehungen führte zu einem Konsens innerhalb der nationalen Sicherheitsbehörden gegen das (post-unabhängige) Bestreben der Republik Somalia, alle somalischen Völker in Ostafrika einschließlich jener in der Ogadenregion Äthiopiens in einem Land zu vereinigen. Dieser Konsens stärkte die US-äthiopischen Beziehungen auf Kosten engerer Beziehungen zu Somalia. Die darauf folgenden Abschnitte untersuchen jedoch, wie die Zwillingskrisen der äthiopischen Revolution von 1974-77 und des Ogadenkrieges von 1977-78 zum ersten Mal eine genaue Überprüfung der US-Außenpolitik am Horn von Afrika veranlaßten. Diese Untersuchung führte letztlich zur Revision der Sicherheitsbeziehungen Washingtons zu Äthiopien zugunsten einer neuen militärischen Beziehung zu Somalia. Die letzten Abschnitte dieses Kapitels beleuchten hauptsächlich die Entstehung und die wachsenden Probleme der Sicherheitsbeziehungen zwischen den USA und Somalia von 1977 bis 1991. Es wird unter anderem untersucht, wie das tief verwurzelte historische Mißtrauen innerhalb des Nationalen Sicherheitsbüros gegen die Absichten Somalias als bedeutende Einschränkungen für eine schnelle Ausweitung der Verbindung zwischen den USA und Somalia diente; welche Bedeutung die äthiopisch-somalische Grenzkrise 1982 für die Neueinschätzung der US-somalischen Beziehungen auf höchster US-politischer Ebene hatte; welche Auswirkungen der 1988 verstärkte, fast 10 Jahre andauernde somalische Bürgerkrieg auf die Entscheidung des US-Kongresses hatte, die Höhe der US-Sicherheitsunterstützung, die dem Siyyad-Regime zur Verfügung stand, zu beschränken.
Die Eröffnung[5] der sowjetischen Afrikapolitik nach dem Zweiten Weltkrieg begann in der Chruschtschow-Ära. Die UdSSR bezeichnete damals eine heterogene Gruppe von Führern unabhängiger Staaten, die den Begriff Marxismus-Leninismus zwar vermieden, aber im Innern stark antiimperialistisch geprägt waren, als „bürgerliche Nationalisten“. Erstmals angewandt wurde die Bezeichnung zur Charakterisierung der 1. Konferenz der blockfreien Staaten in Bandung (Indonesien) im April 1955. Im Juli 1955 schloß Ägypten mit der CSSR einen Vertrag zum Kauf von Waffen; im August besuchten Chruschtschow und Bulganin Indien, Burma und Afghanistan. Mit diesem Besuch nahm die Sowjetunion Einfluß auf einige Führer wie Nehru (Indien), Kwame Nkrumah (Ghana), Modibo Keita (Mali), Sukarno (Indonesien) und Gamal Abdul Nasser (Ägypten). Die theoretische Rechtfertigung für die strategische Umsetzung der sowjetischen Dritte-Welt-Politik durch die Theorie von der „Nationalbourgeoisie“ in der Dritten Welt, lieferte eine Rede Chruschtschows auf dem XX. Parteitag der KPdSU im Februar 1956, ergänzt durch Referate auf dem XXI. (1959) und XXII. (1961) Parteitag, ferner bei der Versammlung der 81 kommunistischen Parteien 1960 in Moskau, in zahlreichen Büchern, Artikeln und Schriften über die Dritte Welt.
Die sowjetische Politik zur Stützung der Nationalbourgeoisie erfolgte auf mehreren Ebenen:
1. Als Preis für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mußte sie darauf verzichten, außerparlamentarische Oppositionen und lokale kommunistische Parteien offen zu unterstützen. Dennoch blieben die Sowjets gegenüber dem Schicksal ihrer ideologischen Brüder keineswegs gleichgültig. Aber sie begnügten sich vorerst damit, durch diplomatische Beziehungen überhaupt erst Fuß zu fassen und Kommunisten im Untergrund vor Ort zu stärken. Trotz der Zusammenarbeit mit den jeweiligen Regierungen protestierten die Sowjets immerhin gegen Verfolgungen und Mißhandlungen einheimischer Kommunisten.
2. In der Chruschtschow-Ära begann die individuelle Pflege der Beziehungen zu Nationalistenführern wie Sukarno, Nkrumah, Nasser und deren politischen Organisationen. Die Sowjets versuchten sich auch als Berater in der Wirtschaftsentwicklung, ohne direkte Einmischung in ideologische Fragen. Sie warteten ab, bis ein Staat ihr Eingreifen wünschte.
3. Massive Militärhilfe (wenn gewünscht) sowie, wenn auch sekundär, Wirtschaftshilfe. Als die Sowjets sahen, daß die Außenpolitik Chruschtschows und ihre Umsetzung nicht die jeweiligen Erwartungen erfüllten, gingen sie um 1960 zu einer neuen Strategie über:
„...first the promotion of parties or national liberation movements that explicitly based themselves on Marxist-Leninist ideology, second was the encouragement of these groups to transform themselves into formal vanguard parties once they came into power“.[6]
Wie wir später noch sehen werden, war Äthiopien ein typisches Beispiel zur Realisierung dieses Vorhabens. Zwar gewann die sowjetische Dritte-Welt-Politik mit dem Aufstieg Chruschtschows Mitte der 50er Jahre an Bedeutung, jedoch wurde die revolutionäre Bedeutung der nationalen Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt erst 1960 verbindlich definiert und als neue Richtlinie für die kommunistischen Bewegungen aufgenommen.
Sowjetische Propaganda und Doktrin machten kein Geheimnis aus den Ambitionen Moskaus, in ganz Afrika marxistisch orientierte Regierungen zu errichten. Insbesondere nachdem die pro-sowjetischen Regierungen in Mozambique und Angola unter großem Beifall der sowjetischen Propaganda und Prominenz errichtet waren, schien die Existenz des damaligen Rhodesien (Zimbabwe) und Süd-Westafrikas äußerst bedroht. Dies wurde im Februar 1976 beim XXV. Parteitag der KPSU deutlich, als Breschnew erklärte:
„Our party supports and will continue to support people fighting for their freedom. In doing so, the Soviet Union does not look for advantages, does not hunt for concessions, does not seek political domination, or covert military bases ... the solidarity of the Soviet Union with Africa’s anti-racist, and anti-imperialist forces is a contribution to the strenghtening of world peace...“[7]
Das bedeutete, daß die Sowjetunion offensichtlich ihre Rolle zur Bewaffnung und Manipulation der afrikanischen Nationalisten akzeptierte. Moskau rechtfertigte demzufolge seine strategische Intervention in Afrika mit der Entwicklung der Doktrin des „nationalen Befreiungskampfes“. Der Ursprung dieser Doktrin reicht bis zum 2. Kominternkongreß 1920 zurück, als Lenin die „national-revolutionären“ Bewegungen als Übergangsform bis zur Herausbildung des sowjettreuen kommunistischen Regimes betrachtete.[8] Im allgemeinen blieb Afrika jedoch ein Nebenkriegsschauplatz in der sowjetischen Doktrin. 1954 begann der Versuch, den Marxismus-Leninismus für afrikanische Verhältnisse passend zu interpretieren.[9] Ein führender Afrikanist aus Moskau, Professor Ivan Potekhin, schuf die Grundlage, um Afrika in der marxistischen Analyse zu verankern.[10] Hierauf aufbauend, entwickelten die Sowjets Ende der 50er bis Anfang der 60er Jahre ihre „nationale Befreiungsdoktrin“. Auf dem XXII. KPSU-Parteitag 1961 wurde der „nationale Befreiungskampf“ als integrale Einheit der langfristigen sowjetischen Strategie definiert, und fortan unterstützte Moskau die Befreiungsbewegungen in Afrika.
Trotz aller Bemühungen in der Kongo-Krise 1961 und anderswo in Afrika gelang es Moskau mangels Fachleuten oder strategischer Mobilität nicht, die nationale Befreiungsdoktrin umzusetzen. Die Sowjets übersahen, daß Afrika für die Ausweitung vor allem unter ideologischen Gesichtspunkten ein äußerst kompliziertes und schwieriges Terrain darstellte. Die westlichen Regierungen versäumten es ihrerseits zwischen den langfristigen und den kurzfristigen Zielsetzungen Moskaus zu unterscheiden. Die sow-jetische Außenpolitik hatte mit ihrer ideologischen Ausrichtung gegen Imperialismus und Kolonialismus und für den nationalen Befreiungskampf kurzfristig bessere Chancen, den Einfluß des Westens zurückzudrängen. Langfristig allerdings scheiterten sie, denn die marxistischen und revolutionären Regierungen in Afrika konnten sich nicht auf eine zahlenmäßig große, industrielle Arbeiterschaft stützen. Im Gegenteil: 80% der afrikanischen Landbevölkerung, ob in Äthiopien, Somalia, Angola oder Mozambique, war eher kleinbürgerlich oder monarchistisch eingestellt, demzufolge spielten sie bei der „Revolution“ keine Rolle. So konnte nur ein Bruchteil der verbliebenen 20% Stadtbevölkerung, bestehend aus Voluntaristen, Abenteurern und Mitläufern, als zuverlässige Verbündete des sozialistischen Lagers gelten. Zwar orientierte sich eine zunehmende Anzahl afrikanischer Staatsoberhäupter in Richtung wissenschaftlichen Sozialismus, jedoch beschränkten sie sich trotz marxistisch-leninistischer Prägung im wesentlichen darauf, Moskaus Modell in Sachen Partei- und Wirtschaftsorganisation zu übernehmen. So proklamierten Gamal Abdel Nasser (Ägypten), Nkrumah (Ghana), Seku Toure (Sene-gal), das Mouvement National Revolutionaire (MNR) des damaligen Kongo-Brazzaville und Siyyad Barre (Somalia) Mitte bis Ende der 60er Jahre den wissenschaftlichen Sozialismus, um negative Wirtschaftsentwicklungen und Armut in ihren Ländern zu überwinden.[11] Die Frage des Marxismus-Leninismus als übergreifende politisch-sozioökono-mische Staatsdoktrin stellte sich erst Mitte der 70er Jahre.
Als Chruschtschows Nachfolger die Marineexpansion in den Vordergrund stellten und nach anderen strategischen Mobilitäten suchten, begannen auch die sowjetischen Afrikanisten andere Methoden auszuarbeiten. Ein amtliches Buch der sowjetischen Führung, „The Political Parties of Africa“ (1970), bezeichnete die Parteien MPLA (Angola) und FRELIMO (Mozambique) im Zusammenhang mit dem „nationalen Befreiungskampf“ als „mächtige revolutionäre demokratische Parteien“[12] mit der Fähigkeit, sich im Rahmen des sowjetischen Marxismus-Leninismus zum „Sozialismus“ zu entwickeln. Damit war die ideologische Zielvorgabe der UdSSR für die afrikanischen Klientelstaaten festgelegt - bis zur Machtübernahme Gorbatschows. Als diese Doktrin der strategischen Mobilität 1975 in Angola zu konvergieren begann und eine massive sowjetisch-kubanische Mili-tärintervention der sich in der Minderheit befindlichen MPLA in Luanda zur Macht verhalf, richtete die UdSSR ihr Augenmerk auf Südafrika, Süd-Westafrika und das damalige Rhodesien, um einen Verbund der marxistischen Klientelstaaten zu errichten. Sie sollten, weiterhin von Moskau gesteuert, „dem Kampf gegen den Westen“ dienen, jedoch unter Beibehaltung der allumfassenden Doktrin des „nationalen Befreiungskampfes“, wie Artikel 28 der sowjetischen Verfassung von 1977 bestätigt:
Im Artikel 28 der sowjetischen Verfassung von 1977 wird als entscheidende Aufgabe sowjetischer Dritte-Welt-Politik postuliert, „den Kampf der Völker um nationale Befreiung“[13] zu unterstützen.
Seit 1977 gewann die Sowjetunion keine weiteren Klientelstaaten auf dem afrikanischen Kontinent mehr hinzu. Einen weiteren Rückschlag mußte Moskau hinnehmen, als der radikale Sozialist Robert Mugabe die Wahlen in Zimbabwe 1980 gewann, sich jedoch zur militärischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Westen entschloß. Zuletzt konnte die Sowjetunion auch ihren Einfluß in Angola und Äthiopien nicht mehr halten. Der quasi opportunistische Charakter der sowjetischen Außenpolitik war überall fest-zustellen: Als beispielsweise Sekou Touré 1958 mit dem Frankreich Generals de Gaulle durch seine Entscheidung für die Unabhängigkeit brach, eilten die Sowjets sofort mit Hilfsangeboten nach Guinea und ins benachbarte Mali. Ebenso verhielt es sich, als Jaafar el Numeiri 1970 putschte: Die Sowjets waren sofort im Sudan, um Waffenhilfe zu lei-sten. Auch nach dem Putsch Idi Amins in Uganda traten die Sowjets gemeinsam mit Libyen als Waffenlieferant und Helfer der verachteten Diktatur auf.
Am deutlichsten war dieses Verhalten jedoch im Wechsel von Somalia zu Äthiopien zu erkennen. Aus diesen Beispielen lassen sich Moskaus globale Ziele, Methoden und Prio-ritäten nach dem Zweiten Weltkrieg leicht ableiten: Zunächst galt es, so schnell wie möglich die eigene Position in Europa und die Verteidigung der östlichen und westlichen Flanken der Sowjetunion zu konsolidieren, ohne, vor allem in strategisch sensiblen Gebieten, in eine direkte militärische Konfrontation mit dem Westen zu geraten. Kurzfristig verfolgte Moskau daher das Ziel, das Machtgleichgewicht z. B. in Südostasien und dem Mittleren Osten zum eigenen Vorteil zu ändern. Die afro-arabischen Dimensionen des Konflikts im Mittleren Osten gehen auf die sowjetischen Interessen in Ägypten, den Mahgreb-Staaten und im Horn von Afrika zurück. Mittelfristig sollte die eigene Position in der Region des Roten Meeres gesichert und gestärkt werden, denn die Länder an dessen westlichem Ufer waren die wichtigsten strategischen Knotenpunkte. Ähnliches galt für den indischen Subkontinent und den Osten des Indischen Ozeans.
Im Hintergrund stand als Fernziel der Ausbau der eigenen Position, unterstützt durch massiven politischen und militärischen Einfluß in Südafrika: Südafrika sollte als strate-gischer Knotenpunkt am Indischen Ozean für die südatlantischen Seerouten dienen, mit Lateinamerika und der Karibik im Visier. Beste Möglichkeiten für die Erfüllung ihrer Ziele boten sich der Sowjetunion durch Einflußnahme in Angola und Zimbabwe. Wenn die Sowjetunion jedoch meinte, einen attraktiveren Klientelstaat außerhalb der für die kurzfristige Zielvorgabe interessanten Regionen gewinnen zu können, lenkte sie ihr Gesamtengagement auf dieses bevorzugte Ziel um, auf Kosten der Wirtschafts- und Militärhilfe vormals bevorzugter Länder. Dies geschah meist nach nur kurzer Zeit und gefährdete immer wieder die Erfüllung der früher geschlossenen Verträge, so daß ihr Einfluß schließlich zusammenbrach.
„This lower commitment is shown by Moscow’s failure to fullfill its treaty of friendship obligations to Mozambique, which left President Samora Machel no alternative but to sign the humiliating Nkomati agreement with South Africa in 1984. Regarding Angola, the USSR has held regular consultations with the United States to avoid a damaging confrontation with the west“.[14]
Von 1977 bis zum Machtantritt Gorbatschows konnte das sowjetische Experiment in drei afrikanischen Ländern (Angola, Äthiopien und Mozambique) auf Erfolge verweisen: Äthiopien nannte sich Volksrepublik, Angola und Mozambique begannen nach der Unabhängigkeit offiziell damit, ihre ehemaligen Befreiungsbewegungen in orthodoxe marxistische Kaderparteien umzubauen. Alle drei Regime bemühten sich nach sowjetischem Muster, durch eigene Parteiapparate die Wirtschaft unter Kontrolle zu bringen. Trotz starker Abhängigkeit von der UdSSR erlaubten sie keine Einmischung Moskaus in die inneren Angelegenheiten des jeweiligen Staates. Mit starker nationalistischer Prägung waren sie auf der Suche nach Wegen, den eigenen Sozialismus zu definieren. Der „Afrokommunismus im Experiment“ florierte wie der „Eurokommunismus in der Theorie“ bis zur Regierungsübernahme durch Gorbatschow in der UdSSR.
Kapitel I: Historischer Abriß über die Staaten am Horn
Das Territorium Äthiopiens hat heute eine Fläche von 1.184.320 qkm. Die Ost-West-Ausdehnung beträgt in Höhe des 8. Breitengrades n. Br. 1.600 km, die größte Ausdehnung nahe des 38. Längengrades ö. L. beträgt ebenfalls rd. 1.600 km. Die Nachbarstaaten sind im Nordwesten der Sudan, im Süden Kenia, im Osten Somalia und die Republik Djibuti.[15] Durch die Unabhängigkeit Eritreas 1991 verlor Äthiopien die rund 800 km lange Rotmeerküste für seine Außenwirtschaftsbeziehungen.
1. Der Aufbau des äthiopischen Staates
Die ersten Einwanderer Äthiopiens, kuschitische Hamiten - deren Herkunft in der Forschung kontrovers ist[16] -, drängten einen großen Teil der Ureinwohner, die Niloten, Jäger aus dem Tiefland,[17] in die südlichen Gebiete des Landes ab. In geringem Maße fand hier allerdings auch ein Assimilierungsprozeß zwischen beiden Völkergruppen statt, während gleichzeitig die Hamiten das Hochland Äthiopiens besiedelten. Dieses hamitische Volk, dessen Einwanderung einige Jahrtausende zurückliegt, gilt als die ethnische Basis des heutigen äthiopischen Volkes.[18] Die Bezeichnung „Äthiopien“ ist eine Ableitung des griechischen aitiopea (braune Gesichter), das damals noch auf ein weiteres Gebiet Nordafrikas, nämlich auf Nubien (heute Sudan), angewandt wurde. Das Land erhielt also von griechischen Reisenden und Kaufleuten seinen Namen, der auch als solcher Eingang in die europäische Literatur fand. Bis 1936 war Äthiopien allerdings eher unter dem Namen Abessinien bekannt, der ursprünglich vom aus Südarabien eingewanderten „Habesh“-Stamm abgeleitet wird.[19] Die im 1. Jh. v. Chr. in großen und kleinen Gruppen eingewanderten südarabischen Siedler, die eine hochentwickelte technische und geistige Kultur mitbrachten, legten den Grundstein für die Zivilisation Äthiopiens, die einzige dieser Art auf dem afrikanischen Kontinent.
Wichtige kulturelle Einflüsse gingen von Schrift und Sprache dieser Siedler (einer Emigrantengruppe namens Aq-azian) aus. Ein Beispiel ist die liturgische Sprache der äthiopisch-orthodoxen Kirche Geez, aus der sich u. a. die heutige offizielle Amtssprache, Amharisch, entwickelte. Damit brachten die Semiten auch kulturelle Erinnerungen von Arabien nach Äthiopien.[20] Das Eindringen der Semiten hat seine Ursache nicht in militärischen, sondern in ökonomischen Beziehungen und Notwendigkeiten.[21] Die Semiten bildeten, obgleich sie kulturell und tributär vom König von Saba abhängig blieben, nach einigen Jahrhunderten eine annähernd gleichberechtigte Föderation, die als Sabäischer Stamm „Habashat“ die Hegemonie erlangte und nach dem Vorbild des Heimatlandes eine absolute Monarchie gründete. Der Kaiser erhielt den Titel ‘Neguse Negest’ = König der Könige; die Führer der einzelnen Stämme hießen ‘Negus’, also Könige, die provinzialen Gouverneure wurden ‘Ras’ (Fürsten) genannt.[22]
Carlo Conti Rossini hat Äthiopien als „Museum des Volkes“ bezeichnet - „un museo di popoli,“[23] da das äthiopische Volk, durch die Verschmelzung von Einwanderern und Urbevölkerung aus hauptsächlich drei verschieden großen ethnischen Schichten besteht (Semiten=Hamitische Äthiopier, Kuschiten und Niloten=negroide Stämme).
1.2 Die Anfänge von Axum
Ab dem 1. Jh. n. Chr. begann der Entwicklungsprozeß zur Erlangung der inneren Einheit. Das wichtigste Ereignis dieser Zeit war die Gründung der Stadt Axum und ihre Ernennung zum Herrschersitz.[24] Die politische Orientierung dieser neuen Macht war auf zwei Ziele ausgerichtet: Arabien im Osten, wo bereits zwischen dem 1. und 3. Jh. v. Chr. eine abessinische Intervention stattgefunden hatte,[25] und das Königreich Meroé im Nordwesten am Nil. Im Laufe der Zeit weitete Axum seine Handelsbeziehungen und seinen kulturellen Horizont aus.[26] Damals standen die Gebiete am Roten Meer unter hellenistischem Einfluß, der mit der Sprache und Kultur hellenisierter ägyptischer Kauf-leute nach Axum kam, so daß auch axumitische Könige die griechische Sprache fließend beherrschten und sich ihrer bedienten. Im Axumitischen Reich wurden vom 3. bis zum 7. Jh. Münzen aus Gold, Silber und Bronze geprägt. Insgesamt haben 16 axumitische Könige griechisch und zwei Könige geez und griechisch für die Münzprägung verwendet.
1.3 Die Inschriften von Adulis und Axum
In der äthiopischen Hafenstadt Adulis wurden zwei Inschriften gefunden. Die erste Inschrift beschrieb die Handelsbeziehungen zwischen Ptolemaios III. von Ägypten (247-222 v. Chr.) und dem äthiopischen Kaiser. Die zweite Inschrift berichtet ausführlich über Expeditionen und Heldentaten eines axumitischen Kaisers während seines 27. Regie-rungsjahres.
Noch eindrucksvoller sind jedoch die fünf Inschriften des Kaisers Ezana, die in Axum gefunden wurden. Bedeutend ist die fünfte Inschrift, in der sich Kaiser Ezana eindeutig zum Christentum bekennt.[27] Durch Übertritt des axumitischen Königs Ezana zum Chri-stentum (330 n. Chr.) erhielt das Land eine neue Prägung: Ob diplomatisch oder ideologisch - der äthiopische Staat und die äthiopische Kirche blieben seitdem eng mit dem Patriarchat von Alexandria in Ägypten verbunden. Bis 1955 hatte der Patriarch von Alexandria die alleinige Macht, Bischöfe (Abune) in Äthiopien zu ernennen.[28]
1.4 Die Entstehung des Islams und der Untergang von Axum
Das Axumitische Reich läßt sich mit der Geburt des Propheten Mohammed und der Entstehung des Islams samt den großen Veränderungen der Macht- und Wirtschafts-verhältnisse im Mittleren Osten in engen Zusammenhang bringen. Äthiopien und Arabien, waren nicht nur politisch und wirtschaftlich eng verbunden, sondern auch durch Migration.
Das Jahr 636 brachte ein gewaltiges Desaster für Axum, denn die Araber eroberten nach der Besetzung der Hafenstadt Massawa am Roten Meer 634 auch Palästina und Ägypten (640 - 642). Dabei wurde die Kirche von Alexandria (Äthiopiens Mutterkirche seit 330 n. Chr.) zerstört, und Axum verlor seine bisherige zentrale Position, denn es war nun vom Roten Meer abgeschnitten und auf die Hochebene im Süden abgedrängt.[29] Eine stärkere Afrikanisierung in der Isolation gegenüber europäisch-arabischen Einflüssen war die Folge.
Die Isolierung Axums durch die Eroberungszüge des Islams in den Nachbarstaaten war nicht der alleinige Grund für den Untergang des Reiches, der eine Neuorientierung nach Süden hervorrief Ein weiterer Grund ist bei den kuschitischen Stämmen der Beja zu suchen, die hierbei eine große Rolle spielen.[30] Die Bejas lebten als Nomaden in einer armen Region nordwestlich von Axum. Die Suche nach fruchtbarem Boden führte sie nach Axum und in die Hamassien-Region (Axum und Hamassien befinden sich im heutigen Tigray).[31] In der Geschichte Axums gilt diese Phase um 700 als eine Periode der Dekadenz. Alle Anstrengungen Axums, den Süden zu erobern und einheitliche Traditionen festzulegen, vermochten nicht den wirtschaftlichen Untergang zu verhindern.[32] Die bitterste Niederlage erlitt Axum, als die Agaw-Stämme (Falashas oder Bete Israel oder Ethiopian Jews) unter Prinzessin Gudit[33] rebellierten und 980 den ursprünglich einheitlichen Staat Axum gänzlich zerstörten. Die jüdischen Falashas regierten 980 - 1167, bevor die christliche Zagwe-Dynastie 1167 - 1270 die Führung übernahm. In der äthiopischen Geschichtsschreibung ist wenig über die Herkunft, die Art und Weise der Machtübernahme der Zagwe-Dynastie sowie ihre Herrschaftsperiode und Struktur bekannt.
„...it is virtually impossible to construct a detailed history of the Jews of Ethiopia for the period from the sixth to thirteenth century. While the sources that concern the Emperor Kaleb’s war in South Arabia enable us to offer some hypotheses concerning the fate of some of the Judaized groups in Axum, even these must be treated with considerable caution“.[34]
Ebenso weist das Wissen über die Geschichte Äthiopiens zwischen dem 11. und 13. Jh. große Lücken auf. Bekannt dagegen ist, daß sich die Zagwe-Herrscher innen- und außenpolitisch stark auf das Christentum stützten. Einer der wohl berühmtesten Herrscher um 1185 war Kaiser Lalibela, dessen weltbekannte Kirchenbauten in der damaligen Hauptstadt Roha (heute Lalibela) in der Provinz Wollo bis heute als Weltwunder gelten. 1270 gelang es Yekuno Amlak von Shoa (1270-1285), die Zagwe-Dynastie zu entmachten und die Salomonische Dynastie wiederherzustellen. Diese Dynastie bestand, mit Unterbrechung, bis 1974.[35]
Durch Dynastiewechsel wurde die orthodoxe Kirche zum Schiedsrichter zwischen den konkurrierenden Dynastien, denn sie entwickelte sich im äthiopischen Kaiserreich zu einer bedeutenden wirtschaftlichen Machtinstitution.[36] Anfang des 13. Jh. wurde sie zum Zentrum der äthiopischen Literatur und Bildung und spielte auch eine große Rolle im politischen, administrativen und ökonomischen Leben der Gesellschaft. Noch bis zum Jahr 1974 besaß die Kirche ein Drittel des Landes.[37]
Im 14. und 15. Jh. verstärkte Äthiopien seine Kontakte mit dem christlichen Europa. Aber auch die Beziehungen mit Jerusalem und, erstaunlicherweise, mit den Sultanaten der Türkei wurden gepflegt.[38]
1.5 Der Krieg von 1527 - 1559
Der Krieg zwischen Äthiopien und den Sultanaten, die von Ahmed Ibn Ibrahim El-Ghazi (1506-1543), genannt Gragn (Linkshänder), geführt wurden, begann 1527. Seine entscheidende Wende nahm der Krieg mit dem Hilfsersuchen Kaiser Lebne Dengels an Portugal, woraufhin 400 portugiesische Soldaten unter Cristovao da Gama (Sohn des berühmten Vasco da Gama) 1541 in Äthiopien eintrafen. Da Kaiser Lebne Dengel jedoch zwischenzeitlich verstorben war, empfing sie dessen Sohn, Gelawdios (Claudius 1540-1559). Diesem gelang es, unterstützt von der Bevölkerung Tigrays und Eritreas und vor allem mit Hilfe portugiesischer Musketiere, seine Feinde zu besiegen. Gragn wurde am 21. Februar 1543 getötet und Äthiopien über Nacht von der muslimischen Invasion befreit. Es dauerte jedoch bis 1559, den Krieg zu beenden.[39]
1.6 Die Außen- und Innenpolitik Tewodros II.
Nachdem Äthiopien 1777 in Provinzfürstentümer zerfallen war, gelang es einem Banditenführer namens Kassa, die Grundlage für die Einheit Äthiopiens wiederherzustellen. Am 7. Februar 1855 bestieg Kassa unter dem Namen Tewodros II. als Kaiser von Äthiopien den Thron. Trotz vieler positiver Vorhaben wurde Tewodros wegen seiner harten, strengen und unnachgiebigen Politik, die mit der Herrschaft des russischen Zaren Iwan des Schrecklichen vergleichbar ist, und vor allem aufgrund seiner Herkunft und Nichtzugehörigkeit zur Salomonischen Dynastie von vielen Fürsten (Ras) abgelehnt.[40] Dies wurde umso deutlicher, als Großbritannien als Antwort auf die Gefangennahme vieler Europäer durch Tewodros 1868 eine Strafexpedition von 32000 Mann unter dem englischen Lord Napier nach Äthiopien schickte.
Die gegnerischen Fürstentümer konnten sich so des ungeliebten Tewodros entledigen, indem sie die Briten vielfältig unterstützten, allen voran Kassa Mercha von Tigray, der spätere Kaiser Yohannes IV. Die Fürstentümer Lasta, Tigray und die Machthaber im Nordwesten Äthiopiens vereinbarten mit Lord Napier, Äthiopien nach der Niederlage Tewodros wieder zu verlassen (Tewodros starb am 13. April 1868).[41]
1.7 Kaiser Yohannes IV. 1872 - 1889
Der Tod Tewodros warf nicht nur die Herrscherfrage auf, sondern brachte auch den starken Wunsch der Bevölkerung nach Einheit mit sich. Yohannes IV. war ständig ge-zwungen, sich gegen Ägypten zur Wehr zu setzen, so daß er die von ihm angestrebte Zentralgewalt nicht durchsetzen konnte. Dadurch konnte Menelik, der König von Shoa, ab 1882 gestützt von seinem Königreich und relativ unabhängig, den von den Galla besetzten südlichen Teil Äthiopiens erobern. Der ständige Kampf gegen Ägypten und die Mahdisten des Sudan, aber auch gegen die Italiener, die mit der Gründung der italienischen Kolonie in Eritrea ihre Expansionspolitik verfolgten, ließen Yohannes zudem kaum Zeit für innenpolitische und administrative Aufgaben.[42] Als die Italiener bei der Fortsetzung ihrer Expansionspolitik von Eritrea aus ins Landesinnere drängten, erlitten sie 1887 eine Niederlage. Am 9. März 1889 wurde Kaiser Yohannes IV. in weiteren Kämpfen mit Kelifa Abdulahi bei Matama tödlich verletzt.[43] Tewodros II. und Yohannes IV. waren der Einigung des Reiches zwar sehr nahe gekommen, die Vollendung dieser Aufgabe oblag jedoch Kaiser Menelik.
1.8 Kaiser Menelik II. 1889 - 1913
Menelik begann mit seiner Expansionspolitik in der südlichen Peripherie als König von Shoa. 1887 konnte Menelik Harar erobern, und als er 1889 als Menelik II. Kaiser von Äthiopien wurde, war deutlich abzusehen, daß ein Zerfall des Reiches nicht mehr möglich war. In den Jahren 1889 - 1894 dehnte er das Reich nach Süden und Südosten aus, bis dort die heutigen Grenzen Äthiopiens erreicht waren. 1889 besetzten die Italiener von Massawa aus weitere Städte im Norden des Landes. Parallel dazu wurden diplomatische Verhandlungen mit dem Kaiser aufgenommen. Italien reagierte sehr schnell und präsentierte dem Kaiser bereits zwei Monate nach seiner Machtübernahme einen Vertrag, der am 2. Mai 1889 in der Ortschaft Wuchale unterzeichnet wurde.[44]
Wie sich herausstellen sollte, wurde Artikel 17 des Vertrages zum wichtigsten Bestandteil: Der Vertrag war in amharischer und italienischer Sprache verfaßt, wobei die italienische Version einen abweichenden Wortlaut enthielt, der die Position Italiens stärkte: Der Wortlaut des amharischen Textes lautete: “Seine Hoheit, der Kaiser von Äthiopien kann die Dienste der Regierung seiner Hoheit, des Königs von Italien, in allen Angelegenheiten, die Er mit anderen Staaten und Regierungen hat, in Anspruch nehmen“. In der italienischen Version wurde „kann“ durch die Worte „ist einverstanden “ ersetzt.[45] Dies bedeutete, daß sich Kaiser Menelik damit einverstanden erklärt hätte, seine außenpolitischen Angelegenheiten in die Hände Italiens zu legen bzw. ein italienisches Protektorat zu akzeptieren.
Trotz des äthiopischen Protestes, daß der Vertragstext gefälscht sei, wurde das italienische Protektorat von den Großmächten Rußland und USA anerkannt.
Am 27. Februar 1893 teilte Kaiser Menelik den Europäern mit, daß er den Vertrag von Wuchale für ungültig erkläre.[46] Italien reagierte daraufhin mit Truppenverschiebungen an die Grenze zu Tigray. Unmittelbare Folge war die bewaffnete Auseinandersetzung zwischen beiden Ländern in der Schlacht bei Adua am 1. März 1896: Diese Schlacht wurde als die heftigste und blutigste militärische Auseinandersetzung in der Geschichte Afrikas bezeichnet, aus der Äthiopien mit einem historischen Sieg hervorging.
Durch die Niederlage Italiens bei Adua waren die politischen Karrieren von Ministerpräsident Crispi und dem italienischen Oberbefehlshaber, General Baratieri, beendet. In Italien folgten heftige Kritik und Demonstrationen. Crispi trat mit seiner Regierung zurück, und Italien brauchte lange, um sich innen- wie außenpolitisch zu erholen.[47]
Italien war durch die Niederlage bei Adua gezwungen, seine imperialistischen Vorhaben und Ziele zu ändern, und bemühte sich nun um einen Friedensvertrag. Dieser Vorschlag kam Kaiser Menelik als weitere Verhandlungsbasis sehr entgegen: Am 23. August 1896 traf der Gesandte der italienischen Regierung, Dr. Nerazzini, in Addis Abeba ein, am 26. Oktober 1896 wurde der Vertrag unterzeichnet. Damit war Abessinien eine Macht geworden, mit der auch die europäischen Nationen „zu rechnen hatten“.[48]
1.9 Die Regierungsperiode Kaiser Lij Iyassu V. 1909 - 1916
Am 18. Mai 1909 wurde Lij Iyassu in Anwesenheit des Kaisers sowie der wichtigsten politischen und religiösen Würdenträger und der in Addis Abeba akkreditierten Diplomaten offiziell zum Nachfolger Kaiser Meneliks II. proklamiert.
Er war ein Sohn des Ras Mika'el, eines bedeutenden Landesfürst aus Wollo. Sein Muter, war Princessin Shewarega, älteste tochter Meneliks (König Mikael hieß früherer Imam Mohammad Ali, der von Yohannes IV. zwangskonvertiert worden war). Imam Mohammad Ali kommt aus einer äthiopischen Linie des Propheten Mohammed und deshalb hatte Prince Lij Iyasu bei den Eliten von Shewa einen nur bedingten Rückhalt. Nach 1910, gleich nach der Entmachtung Taytu Betull der De-facto-Regentin der Frau seines Großvaters, übernahm er zunächst zusammen mit dem von Menelik eingesetzten Regenten Ras Tesemma Nadew die Regierung. Nach dessen überraschendem Tod (vergiftet durch Taytu) übernahm er 1911 der Kronprinz (im Alter von 14 Jahren) die alleinige Verantwortung. Unterstützt wurde Lij Iyassu fortan von seinem Vater, dem späteren König Mikael von Wollo. Mit Hilfe des Kabinetts seines Großvaters Kaiser Menelik setzte er schrittweise seine Reformen bis 1913 durch. Beim Tod des Großvaters 1913 (ebenfalls vergiftet von sener Frau durch den Kammerdiener und späteren Ras Mulugeta), war Iyasu gerade einmal 16 Jahre und noch immer nicht offiziell zum Kaiser (König der Könige = Neguse Negest) gekrönt. Aufgrund von seiner Überzeugungen (die Einheit Äthjiopians zu vollenden) und politisch-taktischer Überlegungen verschob er seine Krönung selbst; zunächst ließ er seinen Vater Ras Mika'el im Mai 1914, mit der Kaiserkrone zum König (Negusé Zion) von ganz Nordäthiopien krönen (Tigray, Begé Midir und Wollo)
„The reign of Iyyasu is one of the most enigmatic in Ethiopian history. It was to be his misfortune that he was succeeded by a ruler of extraordinary political longevity who found it in his interest to suppress any objective appreciation of the man“.[49]
Die bisher die Staatsmacht dominierenden Eliten von Shewa mussten diese sukzessive an andere Regionalfürsten und Regionen abgeben. Damit versuchte der junge Herrscher, den Realitäten Äthiopiens entsprechend die Macht gleichmäßiger als zuvor zu verteilen (feudal-föderales Modell).
Fürsten und Beamte mit anderen ethnischen Hintergründen, darunter auch Muslime, die Oromos und Somalis erhielten damit einen erheblichen Bedeutungszuwachs.
Lij Iyassu wollte die lokalen Regierungen stärken, um die vereinte Kraft Äthiopiens gegen die bedrohlichen Kolonialmächte einsetzen zu können. Er führte seine Reformen (u. a. fortschrittliches Steuersystem, Rechnungshof, unabhängige Justiz und Polizei, sowie Landreformen), jedoch ohne Rücksicht auf alte Traditionen der verschiedenen Fürstentümer durch und ersetzte alteingesessene und wenig reformfreudige Gouverneure, Minister und Beamte durch progressive und modern denkende Intellektuelle. Als erster Kaiser in der Geschichte Äthiopiens setzte er sich für die Gleichberechtigung von Christentum und Islam, die regierenden Amharen und die Ormos, Somalis und als sklaven gehaltene ethnien des landes und vor allem gegen die Ausbeutung der Armen ein.
„If there was any radical attempt to change the direction of that empire it came from Lij Iyassu. His actions, whether economic, political or ideological, were contrary to the European-Abyssinian establishment“.[50]
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges blieb Lij Iyassu shehr neutral. In einem interview in Djibouti, „whom he really wanted to win the war“antwortete er:
“To speak the strict truth, I must say I really do not care which way it goes, but one thing I do know –the longer they are at it, the longer they will leave me and my country in peace! I have asked myself…..and I find that I honestly want none of them. I do not believe that any European Power can be a real friend to our Ethiopia without ulterior motives, so tha the weaker they became, the better for my country;as I said they will leave me longer in peace”[51]
Mit seiner antikolonialen Haltung, seinen Modernisierungsabsichten und seinen Bemühungen um die Gleichstellung aller Religionen des Landes brachte er einige Kirchenfunktionäre und konservative Aristokraten gegen sich auf, so daß seine Gegner am 27. September 1916 durch Inrigen seine Exkommunikation bewirken konnten.
Im April 1916 fragte Hasib Ydlibi dem Kaiser über das Gerücht; und Lij Iyassu sagte:
„…but your fears have no foundation. You do not know the Abyssinians as well as I do. I have not changed my faith. I would never think of doing so. It is perhaps true that when I am in the country of Muslim subjects I might favour them, but I do the same to the Oromos when I am in their country. They are all my subjects and I believe that they are each entitled to every mark of favour in equal shares, be they Christian, Muslim or even heathen. All those who are not Christians have been presecuted in the past, but I intend that they should all be treated alike. I would like to make of my country a happy family. ….In time I hope they will be able to gasp and understand my policy, and then they will thank me. I aim to unite my people regardless of the question of religion”[52]
Das Gerücht, daß Lij Iyassu zum Islam konvertiert sei, entsprang lediglich von Frankreich (Monsieur Brice) England (Captain Thesiger), und Italien fabrizierter und gesteuerter Destabilisierungskampagne. Dies zeigt folgendes Zitat aus dem Brief des britischen Gesandten Thesiger an das Foreign Office in London:
„The only solution would be for the Entente Legations at opportune moment to denounce the prince (Eyasu) as a Muslim. We would then make a proclamation of the determination of our governments (Italian, French and British) to maintain the integrity of Abyssinia, asking the country to proclaim a new Emperor and decline all further dealings with the present Government until this is done. In this way we would have the support of the church, chiefs, and people“[53]
May Ydlibi schreibt dagegen:
„ It was Iyyasu´s love and care for the poor that eventually led to his downfall” (seite 223) und weiter auf seite 258 steht “ …, he had been uncommonly kind to the poor, had never refused to hear their their grievances and adjust matters in their favour as far as was possible and just “[54]
1.10 Äthiopien bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges
Nach der Entmachtung Kaiser Lij Iyassus V. wurde die jüngere Tochter Meneliks, Zewditu, notgedrungen zur Kaiserin ernannt, da es keinen weiteren männlichen Thronfolger gab. Ihr wurde Teferi Mekonnen als Regent zur Seite gestellt, der durch Intrigen und Erpressungen 1928 zum König und Thronfolger aufstieg und sich nach dem plötzlichen Tod der Kaiserin Zewditu als Kaiser von Äthiopien krönen ließ. Einen Tag nach Bekanntgabe ihres Todes proklamierte er sich am 3. April 1930 unter seinem Taufnamen Haile Selassie zum neuen Kaiser von Äthiopien. Mit seiner unrechtmäßigen Krönung am 2. November 1931 übernahm er als Haile Selassie I. die politische Führung Äthiopiens.[55]
Am 5. Mai 1936 gelang es Mussolini in Vergeltung für die Niederlage bei Adua, Äthiopien nach erbittertem Krieg zu besetzen. Die Flucht Haile Selassies nach London zwei Tage zuvor löste einen Sturm der Empörung aus, zumal solches Verhalten bislang einmalig in der Geschichte Äthiopiens war. Eine Widerstandsbewegung der Patrioten zur Wiederherstellung der Unabhängigkeit Äthiopiens nahm, unterstützt durch die Äthiopisch-Orthodoxe Kirche, den Kampf auf. Den Anstoß zur Gründung der Widerstandsbewegung gaben die Söhne des im November 1935 in Gefangenschaft ermordeten Lij Iyassus. Vor allem Melake-Tsehay Iyassu,[56] von den Patrioten als Kaiser proklamiert,[57] aber auch Lij Yohannes Iyassu, König von Begemeder, waren die herausragenden Patriotenführer.[58] 1941 kehrte Haile Selassie mit Hilfe Großbritanniens nach Äthiopien zurück und übernahm erneut die Führung des Landes. Da er fürchtete, die Erben Meneliks könnten ihm die Macht streitig machen, wollte er sich ihrer entledigen (vorher hatte er Prince Melake-Tsehay 1937, in Bulga und Prince Girma 1941, in Tveta, Kenya vergiften lassen). Somit wurden Prince Tewodros Iyassu vergiftet schließlich getötet, und Prince Yohannes Iyassu und Prince Menelik von 1941-1974 (bis zum zerfall der Monarchie) gefangengengehalten. Prince Yohannes starb in 1976 und Menelik in 1981.
1.11 Britische Besatzung
Die italienische Besatzung endete also durch den Widerstand der Patrioten und das Eingreifen Englands. Nach der vollständigen Befreiung erklärten die Briten jedoch Äthiopien zur Occupied Enemy Territory Administration (OETA) und errichteten eine Militärregierung. Der Leiter der OETA, Sir Philip Mitchel, beabsichtigte sogar, Äthiopien in die britische Ostafrika-Kolonie zu integrieren, was die Regierung in London aber mit der Begründung ablehnte, kein Interesse an neuen kolonialen Abenteuern zu haben.[59] Während dieser Zeit hatte die britische Militärverwaltung die ökonomische und politische Kontrolle über das Land, denn Haile Selassie benötigte für jede Entscheidung die Zustimmung der OETA.
„The prominent role that the British played in the process for their own global strategic reasons, gave them a position of ascendancy in Ethiopia. The tripartite competition among Britain, France and Italy for control of Ethiopia in the pre-1935 period was replaced by unilateral British domination“.[60]
Nach zähen Verhandlungen wurde am 31. Januar 1942 ein Vertrag zwischen Äthiopien und England unterzeichnet, der zwar die volle Souveränität Äthiopiens anerkannte, aber gleichzeitig die Dominanz Großbritanniens festschrieb. Der Kaiser richtete seinen Protest an die USA, die damals als Großmacht in der italienischen Kolonie Eritrea ein Konsulat unterhielten, und erreichte die Wiedereröffnung der amerikanischen Gesandtschaft in Addis Abeba.
„The US government later facilitated Ethiopias entry into the United Nations, and in 1943 reopened its legation in Addis Abeba. As a gesture of good will, Washington offered Ethiopia a lend-lease treaty, signed on 9. August 1943; provided some arms and ammunition; and agreed to dispatch a technical mission to investigate and report on Ethiopias needs. Early, Addis Abeba raised the issue of access to the sea and was pleased by America’s positive response“.[61]
Damit war der Weg bereitet für die US-amerikanische Einflußnahme in Äthiopien, die in den zentralen Kapiteln dieser Arbeit behandelt wird.
2. Geschichte Somalias
Ebenso wie die Ursprünge der Oromos in Äthiopien im Dunkeln liegen konnte auch die Herkunft der Somalis bis heute nicht eindeutig geklärt werden. Bekannt ist nur ihre Zugehörigkeit zu hamitischen Einwanderern, die ihr Gebiet vermutlich seit 4000 Jahren bewohnten.[62] Die erste Untersuchung über das Galla- oder Somali-Volk ist eine Dokumentation des arabischen Geographen Ibn Sa’id aus dem 13. Jh. Danach gab es an der südlichen Somali-Küste nahe des Shebeli-Flusses, eine Stadt namens Merca die die Hauptstadt des Hawiye-Landes gewesen sein soll, das nach den Angaben Ibn Sa’ids etwa 50 Dörfer kontrollierte.[63] Auch heute wird diese Region vom Hawiye-Somali-Clan bewohnt. Dies gibt Grund zu der Annahme, daß die Merca-Umgebung seit fast 800 Jahren ununterbrochen vom gleichen Clan bewohnt wird. Einer weiteren Angabe Cerullis zufolge, wurde der Name „Somali“ in einem Siegeslied zu Ehren Kaiser Yeshaqs von Äthiopien (1414-1429) erwähnt.[64] Ein anderer Araber schrieb im 12. Jh., daß die Bewohner Mogadishus, die Berber waren, eine Hautfarbe zwischen Äthiopiern und Negroiden besäßen.[65] Ein weiterer Reisender, Ibn Battuta, der sich im Jahre 1331 an der Küste des Horns von Afrika aufhielt, schrieb, daß das Wüstenland zwischen Mogadishu und Zeila von dunkelhäutigen Völkern, die Kamele und Schafe trieben, bewohnt sei.[66] Ein jüngeres Dokument aus der Zeit zwischen 1540-50 gibt ein unverändertes Bild der Einwohner Nord-West-Somalias.
Alle somalischen Gruppen, die in der Futuh-al-Habasha genannt wurden, leben noch immer im Nordwesten Somalias, in der Umgebung direkt gegenüber Adal (also am Horn von Afrika). Es handelt sich hierbei um Geri, Bartirre, Merrhan, Habr-Magadle, Yabarre und verschiedene Dir-Sub-Clans.[67] Die bisher genannten Belege liefern zwar keinen eindeutigen Aufschluß über die ursprüngliche Heimat der Somalis, aber sie geben zumindest Anhaltspunkte über geographische Lage und Lebensraum am Horn von Afrika. Die Mehrheit des Somali-Clans, die Familien Dir, Isaq, Hawiye und Rahanwin, lebt in bestimmten Regionen des heutigen Somalias ohne belegbare Hinweise für evtl. Wanderungen. Die Familie des Darod-Clans hingegen ist in ganz Somalia weitverzweigt und hat sich teilweise mit den Galla vermischt. Fest steht, daß die Somalis nicht die alleinigen Bewohner des Horns von Afrika waren. Die Urbevölkerung setzte sich vermutlich aus den Vorläufern der Volksgruppen Afar, Galla und Somali, aber auch aus Bantu und ähnlichen Stämmen zusammen, die sich wiederum mit den dominierenden kuschitischen Hirtenvölkern vermischten.
Durch den Baubeginn des Suezkanals 1859 gewann die Nordküste Somalias an strategischer Bedeutung. Gegen die britische Präsenz in Aden seit 1839 wollte Frankreich durch den Kauf des Obock-Gebietes an der Bucht von Tajura ein Gleichgewicht schaffen. Durch Pachtverträge von 1883-96 erweiterte Frankreich dieses Gebiet zur heutigen Hafenstadt Djibuti. Jedoch gingen die ägyptisch besetzten Gebiete Zeila und Berbera 1897 an Großbritannien. Die vom Sultan von Zanzibar (der Sultan von Mascat verlagerte seinen Sitz 1840 nach Zanzibar) besetzte Ostküste wurde 1905 an Italien verkauft.[68] Nach der Niederschlagung des Mahdi-Aufstandes im Sudan durch Ägypten und Großbritannien 1898 erklärte sich der somalische Nationalistenführer Seyyid Mohammad Abdille Hassan (in Europa bekannt als „Mad Mullah“) zum neuen Mahdi in British-Somaliland und begann den Unabhängigkeitskrieg.[69] In den Jahren 1893, 1898 und 1901 gab es spontane, revolutionsartige Auseinandersetzungen der Somalis unter-einander und mit den Briten, denen es erst 1919 gelang, Ruhe und Ordnung wiederherzustellen. Gegen Ende des 19. Jh. endete die Zuwanderung der Somalis ins heutige Kenia. Eine neue Wanderungsbewegung in den Jahren 1915-20 wurde von der britischen Kolonialverwaltung gestoppt.
3. Der äthiopisch-somalische Konflikt
Zum besseren Verständnis der politischen Situation in Äthiopien und Somalia ist es notwendig, die geschichtlichen Hintergründe näher zu betrachten. Im heutigen Äthiopien leben nach wie vor verschiedene Volksgruppen mit einer linguistischen Vielfalt, die sich hauptsächlich seit den Eroberungszügen Kaiser Meneliks II. um 1900 herausbildete. Die imperialen Ambitionen der im Hochland lebenden christlichen Herrscherschicht der Amharen gegenüber anderen Volksgruppen reichten jedoch tief ins Mittelalter hinein: Im 16 Jh. erreichten die Kämpfe zwischen Amharen und den im östlichen Tiefland (heute Somalia) lebenden muslimischen Sultanaten ihren Höhepunkt. Dieser Konflikt besteht noch heute und kann als traditionelle Feindseligkeit gelten:
„Dennoch hat dieser mittelalterliche Konflikt bei den Somalis ebenso wie bei den Äthiopiern bis heute nachhaltige Eindrücke und lebendige Traditionen hinterlassen, die bei einer Analyse des gegenwärtigen Konflikts berücksichtigt werden müssen“.[70]
Die gescheiterten Versuche von UNO und OAU, diesen Konflikt beizulegen, lassen er-kennen, daß die Herbeiführung des Friedens sehr schwer möglich sein wird. Um eine klare Vorstellung des komplizierten, stark nationalistisch orientierten Konfliktes zu erhalten, muß die Geschichte dieser Region beleuchtet werden.
„...Somali cultural nationalism is a centuries old phenomenon and not something which has been recently drummed up to given credence to political claims“.[71]
Kulturelle und religiöse Homogenität der Somalis trug trotz der Clan-Kriege unter-einander dazu bei, Agressoren von außen, insbesondere aus dem äthiopischen Hochland, seit dem Mittelalter geschlossen zu bekämpfen.
Um sich einen Zugang zum Meer zu sichern, versuchten die äthiopischen Herrscher (Amharer die gleichzeitig den Kern des Christentums repräsentierten) im 14. und 15. Jh., die muslimische Küstenbevölkerung zu christianisieren. Die Vorgehensweisen der Herrscher zur Eroberung und Kontrolle unterschied sich kaum von denen der Kreuzritter oder des Jihad anderswo. Militärische Expeditionen in Richtung Südosten stießen auf den Widerstand der vereinten Kräfte der Somalis, Afar und anderer Muslims. Wie bereits erwähnt, erreichte im 16. Jh. die äthiopische Invasion und Plünderung ihren Höhepunkt, wobei es dem Nationalistenführer Imam Ahmad Ibrahim al-Ghazi (1506-43), genannt Gragn, mit Unterstützung der Türkei gelang, die abessinische Macht bis tief in das heutige Tigray zurückzudrängen. Die Kampftruppen bestanden größtenteils aus den somalischen Darod-, Isaq- und Dir-Clans. Deshalb hat der Name Gragn (somalisch = „Gurey“) und der des späteren Nationalisten Sayyid (auch Mad Mullah genannt) noch heute große Bedeutung und gilt den Nationalisten (z. B. Ogaden National Liberation Front oder WSLF) als Inspiration.[72] Da Konflikte in früheren Zeiten direkt, d. h. „Mann gegen Mann“ ausgetragen wurden, handelte es sich bei territorialen Kontrollen im Grunde um ein und dieselbe Sache.
Die europäische Penetration zur Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents (Scramble for Africa) im letzten Viertel des 19. Jh., die mit der neuen Expansionsphase in der Geschichte Äthiopiens zur Zeit Kaiser Meneliks II. zusammentraf, stellte einen neuen Faktor dar und verkomplizierte die äthiopisch-somalische Beziehung insgesamt. Der konkrete Grund des Konflikts bezieht sich auf das Halbwüstengebiet der Ogadenregion. Der Konflikt verschärfte sich jedoch erst kurze Zeit später, und zwar nach Ankunft der englischen, italienischen, französischen und russischen Regierungsvertreter. Verträge, Vereinbarungen und Protektorate zwischen Europäern und somalischen (Banditen)-Führern aus den achtziger Jahren des 19. Jh. erschwerten zunehmend das Leben der im Inland lebenden Bevölkerung (1888 Gründung der British East Africa Company, 1895 Protektorat über British East Africa; 1885 Frankreich in Obock; 1889 Italien von Bender Ziadeh bis Kismayu). Insbesondere die Somalis der Ogadenregion fühlten sich „einge-kreist“. Zum großen Hindernis für die Unabhängigkeit Somalias wurde nicht nur die Art und Weise der Vertragsabschlüsse, sondern auch, daß die Vereinbarungen mit unbedeutenden Stammesvertretern und Banditen getroffen worden waren.[73] Hierbei wurde weder Rücksicht auf die einheimische Bevölkerung genommen noch auf ihre naiven Vertreter, sondern es wurden bewußt stammes- oder clanbedingte innere Unruhen ausgenutzt, insbesondere bei den Somalis.
„These new Anglo-Somali treaties were presumably regarded by their Somali signatories as contractual alliances of the sort as those used so extensively in internal Somali clan politics“.
Ferner stellte die Präambel des Vertrages zwischen Major Hunter und den fünf Clan-Führern die Vereinbarung unter folgende Ziele:
„for the maintenance of our independence, the preservation of order and other good and sufficient reasons“.[74]
Dagegen war die äthiopische Führung aufgrund der Erfahrungen bei Adua den europäischen Mächten gegenüber sehr wachsam.
Nachdem der Kaiser 1887 Harar besetzt hatte, gab er 1891 den Europäern seine Expansionsabsichten bekannt:
„The Emperor advanced claims for a reconstitution of the ‘ancient frontiers’ of Ethiopia and referred to his circular letter of 1891...“[75]
Italien, durch die Niederlage bei Adua gedemütigt, blieb (ebenso wie England und Frankreich) nichts anderes übrig, als Äthiopien als völkerrechtlich gleichgestellte Macht am Horn von Afrika anzuerkennen und den Ansprüchen Kaiser Meneliks auf den Ogaden zuzustimmen. Großbritannien, das wegen der Nilquellen in Rivalität mit Frankreich stand, mußte nicht nur die Mahdi-Frage im Sudan lösen, sondern sah seine Position auch von äthiopischen Soldaten bedroht, die unter britischer Protektion stehende Somalis überfielen und in Britisch-Somaliland einfielen. Das Interesse der Briten galt jedoch weniger den Küsten Somalias, als den Nilquellen, zu deren Sicherung sie auf äthiopische Unterstützung hofften und daher das Haud- und Ogadengebiet (67.000 Quadratmeilen) an Äthiopien übertrugen.
Somit wurde Somalia 1897 von den Kolonialmächten in fünf verschiedene politische Regionen aufgeteilt:
1. Italienisch Somaliland,
2. Britisch Somaliland,
3. Französisch Somaliland,
4. ein Teil Somalias ging an Kenia (bis 1991 von der Republik Somalia beansprucht),
5. der Ogaden ging an Äthiopien.
Die Verträge von 1897, die die Aufteilung Somalias festschrieben, wurden zu einer Zeitbombe und stellten die Weichen für Konflikte, die noch heute bestehen und eskalieren.
Dazu I. M. Lewis:
„Yet 1897 remains the crucial year in the imperial history of the Horn of Africa; and the boundary agreements made then have left a legacy of indeterminancy and confusion which still plagues the relations between Ethiopia and the Somali Republic“.[76]
Da die zwischen italienischen Vertretern und Kaiser Menelik vereinbarte Grenzlinie (abgesehen von zwei Skizzen Meneliks aus dem Jahr 1891) nicht schriftlich fixiert wurde, war der genaue Grenzverlauf zwischen Italienisch Somaliland und dem östlichen Äthiopien unbekannt.
Die Vereinbarung von 1897 wurde jedoch 1908 nochmals verhandelt und als „provisional administrative line“ ungenau definiert und nicht demarkiert.
„Die vage Definition einer italienischen Einflußsphäre gegenüber dem östlichen Äthiopien etwa 180 Meilen von der Küste entfernt begründete eine Tradition territorialer Unsicherheit und territorialer Konflikte, die in den dreißiger Jahren zu dem berühmt-berüchtigten Wal-Wal Zwischenfall,...und schließlich in den sechziger Jahren zu dem bis heute ungelösten Grenzkonflikt zwischen Äthiopien und Somalia beitrug“.[77]
Kapitel II: U.S.-Außenpolitik am Horn von Afrika
1. Die Ursprünge der US-Intervention am Horn von Afrika
Die US-Intervention am Horn von Afrika entsprang strategischen Notwendigkeiten im Zweiten Weltkrieg: Im Versuch, die bedrängten militärischen Kräfte Großbritanniens zu unterstützen, initiierten die USA im März 1941 das „lend-lease“-Programm, das Präsident Roosevelt ermöglichte, den Ländern Militärhilfe zu gewähren, die gegen die Expansion Nazi-Deutschlands und des faschistischen Italiens kämpften. In Nordafrika sollte die US-Hilfe Großbritanniens Verteidigung in Libyen und Ägypten gegen Deutschlands berühmtes Afrikakorps stärken. Ostafrika erkor das US-Kriegsministerium zum Sammelpunkt und Verteilungszentrum für die „lend-lease“-Hilfe. Sie konzentrierte sich vor allem auf Eritrea - eine ehemals italienische Kolonie (1889-1941), von 1954 bis 1993 Provinz Äthiopiens, die über eine strategische Lage am Roten Meer verfügt und durch britische Streitkräfte schon 1941 befreit worden war.
Nach einer Geheimsitzung am 19. November 1941 in Washington errichtete die Royal Air Force (RAF) einen Luftstützpunkt bei Gura in Eritrea. Da die USA noch Neutralität im wachsenden Zweiten Weltkrieg wahrten, wurde der Stützpunkt mit Zivilisten besetzt und von der Douglas Aircraft Corporation geleitet. Unter dem Codenamen „Project 19“ war es Aufgabe des Stützpunktes, beschädigte Flugzeuge der RAF zu reparieren und schnellstmöglich in das nordafrikanische Kriegsgebiet zurückzubringen.[78] Außerdem gründete das US-Kriegsministerium einen Schiffsbergungsbetrieb am eriträischen Hafen Massawa, um mehr als 40 Schiffe, die von der italienischen Marine versenkt worden waren, für den künftigen Gebrauch der Alliierten zu heben. Die Modernisierung des Hafens hatte das Ziel, der britischen Mittelmeerflotte[79] direkte amerikanische Unterstützung zukommen zu lassen. Im August 1942, also weniger als ein Jahr nach der Entscheidung des Kriegsministeriums zur Gründung der US-Präsenz in dieser Region, leiteten 336 Personen des US-Militärs in Gura und Massawa sowie auch an anderen Orten in Eritrea Projekte, die fast 16000 Arbeiter (darunter 2819 amerikanische Zivilisten, 5611 Italiener und 7384 Eriträer) beschäftigten.[80]
Das wichtigste und für die Zukunft wegweisende Element des militärischen Engagements der USA im britisch regierten Eritrea während des Zweiten Weltkriegs war die Gründung eines Radio-Kommunikationszentrums am Rande der eriträischen Stadt Asmara. Bis zur Eroberung durch die britische Armee im April 1941 unterhielt Italien in diesem Gebiet die auf einem Schiff befindliche Radiostation „Radio Marina“. Ihr Wert beruhte auf der einzigartigen Konvergenz von Höhe und geographischer Lage, die ihren Betreibern außerordentlich gute Langwellenübertragungen ohne zahlreiche Frequenzwechsel ermöglichte, und befand sich dazu in einer Region, die alltägliche Verzerrungen vermied, die die Magnetfelder des Nord- und Südpols, das Nordlicht und unterschiedliche magnetische Stürme verursachen. Die US-Streitkräfte erkannten schnell die Vorteile von „Radio Marina“ für ein ausgedehntes militärisches Kommunikationsnetz und errichteten im Mai 1943 eine feste Radiostation an dem Ort, der offiziell als die Kasernen von Asmara bekannt wurde.[81]
Die Kasernen von Asmara wurden schnell ein wichtiges Glied im wachsenden weltweiten Kommunikationsnetz des US-Verteidigungsministeriums, das vom Hauptquartier in Arlington, Virginia, bis zu anderen regionalen Mandantenstaaten wie die Philippinen und Marokko reichte. Ursprünglich war eine siebenköpfige Mannschaft der Fernmeldetruppe der amerikanischen Streitkräfte dort beschäftigt, doch bis März 1948 wuchs dieses Kontingent bereits auf über 100 Personen an, unterstützt von 5 Mannschaften der US-Marine (das erste Kontingent eines Marine-Kommunikationsprogramms). Der Unterhalt des Telekommunikationszentrums von Asmara brachte den Amerikanern und Briten bis August 1948 Erfolge „höchster militärischer Bedeutung“, so daß sich der Joint Chief of Staffs (JCS) mit Nachdruck dafür aussprach, jeden Kompromiß über Militärbasen der USA in Eritrea zu vermeiden. Er betonte, daß die strategische Lage der Kasernen von Asmara von „keinem anderen Ort im ganzen Mittleren Osten und im östlichen Mittelmeerraum“ übertroffen werden könne.[82]
Schon die Anfänge des US-amerikanischen Engagements am Horn von Afrika demonstrierten daher die Bedeutung einer bürokratischen Organisation, als Basis für die amerikanische Präsenz auf dem afrikanischen Kontinent.
Ursprünglich sollte eine kurzfristige militärische Präsenz am Roten Meer zur militärischen Unterstützung eines bedrängten europäischen Alliierten aufgebaut werden. Ab August 1942 strebte das Verteidigungsministerium jedoch einen dauerhaften Zugang zu den Einrichtungen im britisch regierten Eritrea an - hauptsächlich zu den Kasernen von Asmara.
Die Militärführung der USA wollte afrikanisches Territorium als Basis für die Lösung nicht-afrikanischer Probleme und Eventualitäten nutzen, ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse oder Interessen der jeweils ansässigen afrikanischen Völker. Im Kalten Krieg ein weltweites Kommunikationsnetz gegen die Sowjetunion aufzubauen, sollte ein militärischer Ost-West-Konflikt in Europa und im Mittleren Osten entstehen. Am Ende wurden Entscheidungen, die US-Militär-Präsenz in Eritrea aufzubauen und auszuweiten, vom National Security Council (NSC) fast ohne Zutun des Weißen Hauses getroffen.
2. Aufbau der Sicherheitsbeziehung zwischen den USA und Äthiopien
Hauptinteresse des US-Defense Departments am Horn von Afrika nach dem Zweiten Weltkrieg war der ungehemmte Zugang zu den Kasernen von Asmara und den angeschlossenen militärischen Einrichtungen in Eritrea. Die Anglo-Amerikanische Allianz garantierte diesen Zugang zumindest für die Dauer der Präsenz Großbritanniens am Horn von Afrika, hauptsächlich in Eritrea. Im August 1948 jedoch war die Zukunft Eritreas und damit der Zugang des Defense Departments alles andere als sicher:
Zunächst forderte Italiens demokratische Nachkriegsregierung die Rückgabe der ehemaligen Kolonien in Afrika, die 1947 durch den Vertrag von Paris verlorengegangen waren. Dazu gehörten Libyen, Eritrea und Italienisch-Somaliland. Italien führte den Wechsel in das Lager der Alliierten nach dem Sturz des italienischen Diktators Benito Mussolini 1943 ins Feld: Demnach sei Italien nicht mehr als besiegter Feind zu behandeln, dem man die Kolonien abnehmen könne.[83] Der italienische Anspruch sah sich jedoch konfrontiert mit der Forderung des äthiopischen Kaisers Haile Selassie, Eritrea und das frühere Italienisch-Somaliland - das unter die historische Zuständigkeit des äthiopischen Reiches fiel - wieder äthiopischer Herrschaft zu unterstellen. Haile Selassie war gegen eine Rückkehr des nun „demokratischen“ Italiens an das Horn von Afrika und zeigte sich hierin besonders unnachgiebig.
Größte Sorge bereitete dem Defense Department jedoch der britische Rückzug als Kolonialmacht aus dieser Region.[84] Offensichtlicher Grund der Besorgnis war, daß keine zukünftige politische Macht in Eritrea die weitere militärische Präsenz der USA in Eritrea so sehr begrüßen würde wie Großbritannien. Das Defense Department war nicht das einzige Amt des nationalen Sicherheitsdreiecks (National Securitiy Triangle=Defense Dept., State Dept. und NSC), das sich mit politischen Entwicklungen in Ostafrika beschäftigte: Verschiedene politische Einrichtungen waren Anfang Juli 1947 ebenfalls an zukünftigen Dispositionen in Eritrea und anderen ehemaligen italienischen Kolonien in Afrika interessiert. Hauptsorge dieser Ämter war die mögliche Verbreitung des Sowjetkommunismus in Afrika durch die nunmehr geschwächten italienischen Kolonien. So warnte die CIG (Central Intelligence Group - Vorläufer der CIA):
„Soviet objectives in the Near and Middle East and in the Mediterranean area have been and can again be advanced by using the Italian colonies issue...to extend Soviet influence into the Mediterranean and African areas“.[85]
Das Büro des State Departments for African and Asian Affairs stimmte mit dieser Beurteilung überein und befürchtete, daß die sofortige Unabhängigkeit jeder dieser Kolonien die Entstehung schwacher Staaten zur Folge hätte, die sowjetischer Aggression oder Unterwanderung ausgesetzt wären.[86]
Entsprechend der übereinstimmenden Meinung innerhalb des CIG, des War Departments und des State Departments konnte die Eritrea-Frage nur durch britische Treuhänderschaft über Nord-Eritrea oder des Gebietes der Kasernen von Asmara mit den südlichen und östlichen Teilen, die an Äthiopien abgetreten wurden, gelöst werden.[87] Jedes dieser Ämter hätte eine britische Treuhänderschaft über das gesamte Gebiet von Eritrea als ideal angesehen, jedoch bestand die Gefahr, daß, wenn Haile Selassies Ansprüche nicht zumindest teilweise befriedigt würden, er sich an die Sowjetunion wenden würde.[88]
Der Plan ging jedoch nicht auf, denn die USA hatten nicht mit der totalen Ablehnung Londons bezüglich einer britischen Treuhänderschaft - selbst über Teile Eritreas - gerechnet. Auch weigerte sich Großbritannien, den USA die Verwaltung der Asmara-Kasernen abzunehmen, und verzögerte somit die Verhandlungen bezüglich Nord-Eritrea, um nicht den finanziellen und militärischen Belastungen ausgesetzt zu sein, die mit einer weiteren Verwaltung verbunden waren. Statt einen auch Haile Selassie zufriedenstellenden Handel abzuschließen, bestätigte London im August 1948, daß es dazu tendiere, Äthiopien die Kontrolle über das ganze Gebiet von Eritrea zu übertragen.[89]
Die diplomatischen Spannungen, hervorgerufen durch die Weigerung Großbritanniens, in der Region präsent zu bleiben, komplizierten sich noch weiter durch den wachsenden Druck der Sowjetunion, Frankreichs und Italiens, eine italienische Treuhänderschaft über Eritrea zu erreichen. Konfrontiert mit drei Optionen - äthiopische Kontrolle, italienische Treuhänderschaft oder sofortige Unabhängigkeit - entschied der NSC, Äthiopien die Kontrolle über das ganze Gebiet von Eritrea zu übertragen. Ein Votum für die Unabhängigkeit schied aus, da angenommen wurde, daß Eritrea wirtschaftlich nicht lebensfähig sei und daher kommunistischer Aggression ausgesetzt sein könnte. Eine italienische Treuhänderschaft kam ebenfalls nicht in Frage, denn es wurde befürchtet, der Sieg der Kommunistischen Partei Italiens bei den Wahlen 1948 könnte den Weg für ein kommunistisches Eritrea ebnen. Auch unabhängig von diesem Worst-Case-Szenario glaubte man, daß ein amerikanischer Treuhänderrat nicht mit einer amerikanischen Militärbasis auf eriträischem Boden einverstanden wäre.[90]
Hintergrund für das Zustandekommen dieser Verträge war hauptsächlich die feste Überzeugung des NSC, alles zu unternehmen, um „die Aufrechterhaltung wichtiger US-militärischer Rechte“ in Eritrea zu sichern, „besonders im Gebiet von Asmara-Massawa“.[91] Als deutlich wurde, daß die Briten ihre Präsenz in der Region nicht aufrechterhalten wollten, suchte der NSC verstärkt nach einer „freundlichen und kooperativen“ Verwaltungsmacht.[92] Da weder italienische Treuhänderschaft noch Unabhängigkeit diesem Objekt dienen würde, unterrichtete das State Department Haile Selassie im November 1948, daß die USA bereit seien, Äthiopiens Ansprüche auf Eritrea gegen die „ungehinderte Benutzung“ der Kasernen von Asmara und eventueller anderer militärischer Einrichtungen in der Region von Asmara-Massawa zu unterstützen.[93]
Ein wichtiger Aspekt in der Zusage Washingtons, Äthiopiens Ansprüche auf Eritrea zu unterstützen, war, daß man Bereitschaft zum Engagement erkennen ließ und beim Wiederaufflammen traditioneller territorialer Streitigkeiten Partei ergreifen würde. Washingtons Engagement antwortete auch auf Haile Selassies eifrige Verehrung der USA. Seit dem Sieg über die italienischen Faschisten 1941 und Großbritanniens Aufbau einer Militärverwaltung über äthiopisches Gebiet, gegen den Willen des Kaisers, suchte Haile Selassie amerikanische Unterstützung beim Wiederaufbau der Staatsherrschaft und dem Aufbau des Landes als erste Regionalmacht in Ostafrika.[94] Der Aufbau eines Sicherheits-pakts zwischen den USA und Äthiopien, bei dem die USA hauptsächlich für Vergrößerung und Modernisierung der äthiopischen Streitkräfte sorgen sollten, war dem Kaiser äußerst wichtig. Der US-Amerikaner John H. Spencer, von 1943 bis 1974 persönlicher Ratgeber Kaiser Haile Selassies, sagte hierzu:
„As automatically as a compass needle drawn towards the magnetic pole, His Ma-jesty turned towards the United States“.[95]
Haile Selassies Versuche, sich 1951 ein amerikanisches Militärhilfeprogramm zu sichern, wurde jedoch höflich vom Defense Department abgelehnt.
Afrikas untergeordnete Stellung in der globalen Hierarchie der weltweiten Unternehmungen des Defense Departments dokumentiert der Abbruch einer amerikanischen Militärmission unter Lt. General Charles L. Bolte im Juni 1951, die die Errichtung eines militärischen Ausbildungsprogramms in Äthiopien zum Ziel gehabt hätte. Weil Äthiopien keinen nachbarlichen Bedrohungen ausgesetzt war, wurde angenommen, daß die Einführung eines Sicherheitshilfepakts zu endlosen Forderungen nach weiterer Hilfe geführt hätte.[96] Einen Monat zuvor äußerte sich der Joint Chief of Staff (JCS):
„Daß aufgrund des zunehmenden militärischen Engagements der Amerikaner in Korea, Europa und sonstwo die zunehmend knappen Militärressourcen der USA, falls notwendig, auf diejenigen Staaten gerichtet werden sollten, die von ‘direkter oder subversiver kommunistischer Aggression’ bedroht sind“.[97]
Die negative Antwort des Verteidigungsministers muß den äthiopischen Kaiser überrascht haben, da er bereit war, den USA strategischen Zugang zu Einrichtungen in ganz Äthiopien zu gewähren, und 1951 rasch ein Bataillon äthiopischer Truppen entsandt hatte (die Kagnew Brigade), um die USA im Koreakrieg zu unterstützen. Äthiopien konnte jedoch Militärhilfe nicht erzwingen. Nach dem offiziellen Erwerb Eritreas 1952 (mit zwei Häfen am Roten Meer), der dem Land eine gemeinsame Grenze mit Ägypten bescherte, begannen Äthiopiens Verhandlungen mit dem Defense Department in Asmara, um den offiziellen Status der US-Präsenz in den Kasernen von Asmara festzulegen. Die Kasernen wurden zu Ehren der äthiopischen Brigade, die sich im Koreakrieg ausgezeichnet hatte, in „Kagnew Station“ umbenannt. Nachdem die Verhandlungen über die Höhe der Militärhilfe durch das Defense Department sowie über die Dauer der geplanten Pacht (25 Jahre) in eine Sackgasse geraten waren, wurden die Gespräche in die USA verlegt und im Dezember 1952 wieder aufgenommen. Gemäß John Spencer, der als Haupt-unterhändler für die äthiopische Regierung tätig war, wurde für die amerikanische Seite bald sichtbar, daß ohne eine zufriedenstellende Übereinkunft über die Höhe der Militärhilfe „Äthiopien weiterer Präsenz einer fremden Militäreinrichtung auf seinem Boden nicht zustimmen würde“.[98] Am Ende ließ die äthiopische Regierung ihren Einwand gegen die verlängerte Pacht fallen, und das Defense Department stimmte zu, ein begrenztes Militärhilfeprogramm für Äthiopien zu unterstützen.[99]
Die Lösung aller ausstehenden Fragen ergab sich aus der Unterzeichnung zweier Militärvereinbarungen (MDAA) am 22. Mai 1953 zwischen den USA und Äthiopien.[100] Die erste sicherte den USA für 25 Jahre freien Zugang auf dem Land- und Seeweg zu Einrichtungen auf äthiopischem Boden, sowie freien Flug über das ganze Land. Ferner stimmte die äthiopische Regierung der Bereitstellung von Land für die erwartete Ausweitung amerikanischer Einrichtungen zu, wobei über die Pachtbedingungen im Einzelfall verhandelt werden sollte. Die zweite Vereinbarung schuf ein Military Assistance Advisory Group Bureau (MAAG) der USA in Addis Abeba, das die $ 5 Mio. des Militärhilfeprogramms zur Ausrüstung und Ausbildung von drei äthiopischen Divisionen von jeweils ungefähr 6000 Soldaten verwaltete.[101]
Obwohl $ 5 Mio. heute gering erscheinen mögen, ist es wichtig zu bedenken, daß 1954, im ersten Jahr der Hilfslieferungen, Äthiopien das einzige afrikanische Land war, das überhaupt militärische Hilfe von den USA erhielt.
3. Amerikanisch-äthiopische Beziehungen und Pan-Somalialismus
Die Militärvereinbarungen vom Mai 1953 sollten für Haile Selassie den Auftakt zu einer dauerhaften Sicherheitsbeziehung Äthiopiens zu den USA bilden. Daher unternahm der Kaiser im Mai 1955 seinen ersten offiziellen Staatsbesuch in Washington, um bei mehreren Gelegenheiten Äthiopiens Wunsch nach höheren Beträgen an wirtschaftlicher und militärischer Hilfe zum Ausdruck zu bringen. Haile Selassie konnte seine Beliebtheit in amerikanischen Politikerkreisen dadurch jedoch nicht erhöhen, sondern seine Anfragen verstärkten nur eine Debatte innerhalb des NSC über die Bedeutung Äthiopiens für die USA.
Das Defense Department sprach sich zwar, wie vorgesehen, für eine Vertiefung der amerikanisch-äthiopischen Beziehung aus, aber Äthiopien galt trotz der Kagnew Station für die Sicherheitsbelange der USA als „strategisch nicht wichtig.“[102] Daher wehrte sich das Defense Department entschieden dagegen, dem äthiopischen Druck nach einem ausgedehnten Militärhilfeprogramm nachzugeben. Dieser Widerstand paßte zu den allgemeinen Bedenken einiger hochrangiger Politiker innerhalb des State Departments den Besuch des Kaisers betreffend. So hatte der Staatssekretär John Foster Dulles den Besuch zu verhindern versucht. Ferner soll der Unterstaatssekretär Henry Byroade offen sein Bedauern gegenüber einem Berater des Kaisers ausgesprochen haben, daß der Besuch überhaupt stattfand. Ein entschiedener Befürworter des Besuches - neben Haile Selassie selbst - war Reverend Joseph Simonson, US-Botschafter in Äthiopien von 1953 bis 1957.[103]
Haile Selassie war jedoch nicht ohne Freunde in Washington. Neben Botschafter Simonson unterstützte das Büro des State Departments for Near East and African Affairs die äthiopischen militärischen Wünsche. Es stellte neben der militärischen Bedeutung der Aufrechterhaltung der Kagnew Station und den damit verbundenen Einrichtungen in Äthiopien die politischen Vorteile heraus, die Washington aus engeren Beziehungen zu Haile Selassie erlangen würde: Erstens habe der Kaiser eine beachtliche Führungsrolle unter afrikanischen Nationalisten wegen seiner Erfolge im Italienisch-Äthiopischen Krieg von 1935-36 inne,[104] zweitens sei er ein anti-kommunistischer und pro-westlicher Führer, der nicht gezögert habe, Washington in zahlreichen internationalen Fragen zu unterstützen, hauptsächlich im Koreakrieg. Schließlich sei Äthiopien ein strategischer Ort am Schnittpunkt zwischen dem Mittleren Osten und Afrika - beide im politischen Verantwortlichkeitsbereich des Bureau for Near East and African Affairs. Äthiopien sollte die „goldene“ Brücke sein, um den politischen Einfluß Washingtons in einem post-kolonialen Afrika zu sichern.[105]
Obwohl politische Argumente der Schlüssel für die Erlangung einer weiteren einjährigen Erhöhung von $ 5 Mio. Militärhilfe für Äthiopien im Haushaltsjahr 1955 waren, führten anscheinend Verzögerungen seitens des Defense Departments zu unzufriedenen Äußerungen Äthiopiens Anfang 1956 über die „Unzulänglichkeit“ der amerikanischen Militärhilfe - sowohl in Bezug auf die Höhe der Hilfe als auch die langen Lieferzeiten des versprochenen Materials. Gegen wachsende Kritik brachten Botschafter Simonson und das Bureau for Near East and African Affairs die oben genannten Argumente für den Aufbau eines langfristigen Militärhilfeprogramms über mehrere Jahre. Einen Rückhalt hatten die Befürworter der Militärhilfe auch bei der neugegründeten amerikanischen MAAG Mission in Addis Abeba, die fast täglich Forderungen Äthiopiens nach größerer Militärhilfe erhielt.[106] Die Militärs in Washington sprachen sich jedoch weiterhin gegen jede weitere amerikanische militärische Zusage an Äthiopien aus. Im guidance report des Department of Defense 1956 hieß es: „Es sollte keine Ermutigung geben, die äthiopischen Streitkräfte zu erweitern oder zu modernisieren“.[107]
Der folgende bürokratische Stillstand wurde im Oktober 1956 beendet, nachdem das Bureau for Near East and African Affairs eine nochmalige Überprüfung der amerikanischen Außenpolitik gegenüber Äthiopien durch den National Security Council (NSC) beantragte. Inzwischen hatte der NSC bereits Interesse an Nordost-Afrika wegen steigender Macht und sowjetischer Beziehungen Gamal Abdul Nassers, dem militanten Nationalisten und Revolutionsführer Ägyptens. Aufgrund der neuen Sachlage, die das Bureau for Near East and African Affairs dargelegt hatte, bestätigte der NSC nun die vorrangige Bedeutung Äthiopiens für die USA als regionales Bollwerk gegen die Verbreitung des ägyptischen und kommunistischen Radikalismus im Mittleren Osten und Nordost-Afrika. Im Bericht vom Oktober 1956 heißt es: „Obwohl es militärische Gründe für das amerikanische Interesse an Äthiopien gibt, ist die Rechtfertigung für die Versorgung dieses Landes mit amerikanischer Militärausrüstung und -ausbildung weiterhin politisch“.
Gemäß diesem Beschluß wies der NSC das Defense Department an, „die äthiopischen Streitkräfte mit begrenzter Militärausrüstung und -ausbildung zu versorgen, die für die Erhaltung der inneren Sicherheit geeignet ist und örtlicher Aggression Widerstand leisten kann“.
Am Ende wurden rund $ 20,9 Mio. an Militärhilfe für einen Zeitraum von 1957-60 für die Ausrüstung und Ausbildung von 28000 Soldaten der äthiopischen Armee (einschließ-lich 4000 für Verstärkung) ausgegeben. 1958 erhielt die neu gegründete Imperial Ethiopian Navy ihr erstes größeres Ausbildungsschiff (H.M.S.=His Majesty’s Ship Ethiopia), ferner Geldmittel für den Kauf von 10 Küstenwachbooten für die äthiopische Marine. Gleichzeitig gab es einen Bericht des Defense Departments über die Finanzierung der äthiopischen Luftwaffe. Auf fortwährendes Zögern des Defense Departments, weitere Verpflichtungen am Horn von Afrika einzugehen, meldete das NSC seine Bedenken an, daß das State Department „jeden Versuch unternehmen sollte einen militärischen Aufbau zu vermeiden, der die äthiopische Wirtschaft ernsthaft belasten oder zu Verpflichtungen nach unbestimmter amerikanischer Unterstützung führen würde“.[108]
Eine formellere und größere militärische Verpflichtung der USA war jedoch genau das, was Haile Selassie wollte. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs war er bestrebt sicherzustellen, daß weder vom Roten Meer noch von den Küsten des Indischen Ozeans künftig Angriffe auf das äthiopische Reich ausgehen könnten. Nachdem der Kaiser einer solchen Bedrohung vom Roten Meer erfolgreich durch die Besetzung Eritreas 1954 begegnet war, sorgte er sich in der zweiten Hälfte der 50er Jahre um die Bedrohung der territorialen Integrität Äthiopiens durch das somalische Volk in den nord- und südöstlichen Küstenregionen am Horn von Afrika.[109] Er fürchtete vor allem, daß die für Juli 1960 vorgesehene Unabhängigkeit und Vereinigung von Britisch- und Italienisch-Somaliland die somalischen Wünsche weiter entfachen könnte, alle Völker am Horn von Afrika in einem Staat zu vereinigen - einschließlich jener in Djibuti, Kenia und, vom Standpunkt des Kaisers aus am wichtigsten, der Ogadenregion. Der Verlust des Ogaden würde nicht nur eine beträchtliche Einbuße an äthiopischem Gebiet bedeuten (ca. 26% der Gesamtfläche des Landes), sondern könnte auch separatistische Forderungen in Eritrea und anderen ethnischen Regionen des amharisch kontrollierten äthiopischen Reiches provozieren. Der Zerfall Äthiopiens wäre die Folge gewesen. Nach dem Vorbild des von den USA unterstützten Erwerbs von Eritrea 1954, suchte Haile Selassie auch für seine Absichten auf somalische Gebiete unter britischer und italienischer Herrschaft amerikanische Unterstützung.
Die wachsende Sicherheitsbeziehung zwischen den USA und Äthiopien stellte sicher, daß die Besorgnis des Kaisers über die Somalia-Frage verständnisvolles Gehör in Washington fand. Bereits Anfang 1956 befaßten sich Notizen des amerikanischen National Security Bureau mit dem wachsenden Somalia-“Problem“, d. h. mit der Bedrohung, die ein unabhängiges Somalia für die zukünftige Stabilität und territoriale Integrität Äthiopiens darstellen könnte.[110] Die Tatsache, daß das Wort „Problem“, im Gegensatz zu einem sachlicheren Ausdruck wie die somalische „Frage“, die Dokumente beherrschte, wenn sie sich auf den Pan-Somalialismus bezogen, läßt deutlich auf die bürokratische Denkart unter den amerikanischen Politikern über diesen Punkt schließen. Äthiopiens Widerstand gegen die breitere pan-somalische Vision, alle somalischen Völker in einem Staat zu vereinen, wurde vom amerikanischen National Security Council beharrlich unterstützt, besonders vom Bureau for Near East and African Affairs. Diese Position wurde im Februar 1959 offiziell bekräftigt, als das NSC die Vorstellung von einem pan-somalischen Staat einschließlich der Ogadenregion Äthiopiens ausdrücklich ablehnte.[111]
Trotz Ablehnung aller Initiativen, die die territoriale Integrität Äthiopiens bedrohten, wollte Washington Kaiser Haile Selassie keinen diplomatischen Blankoscheck ausstellen. So waren die USA zum Beispiel nicht bereit, Haile Selassies territoriale Ansprüche auf Italienisch-Somaliland sowie seinen späteren Widerstand gegen den Zusammenschluß mit Britisch-Somaliland zu akzeptieren. Obwohl der gemeinsame anglo-italienische Widerstand gegen die Souveränität Äthiopiens eine wichtige Rolle bei Washingtons Überlegungen spielte,[112] sah der National Security Council die Gefahr eines weiteren sow-jetischen Eindringens in Ostafrika, über Moskaus vermeintlichem Stützpunkt in Ägypten hinaus. So basierte der Widerstand des NSC gegen einen pan-somalischen Staat auf der Annahme, daß ein solcher Staat wirtschaftlich nicht überlebensfähig sein werde und daher Manipulationen der Sowjetunion und auch Ägyptens ausgesetzt wäre.[113]
Aufgrund der militärischen Beziehung zwischen den USA und Äthiopien nahm die Sowjetunion den Zusammenschluß von Britisch- und Italienisch-Somaliland als ideale Gelegenheit wahr, Somalias Gunst zu gewinnen, indem sie beträchtliche Militärhilfe anbot. In der Hoffnung, dies zu vermeiden, kam man in Washington überein, die Union von Britisch- und Italienisch-Somaliland offiziell zu unterstützen. Jedoch sollten wegen des Sicherheitspakts zwischen den USA und Äthiopien, Italien und in geringerem Maße Großbritannien die Hauptrolle zur Sicherung von Somalias „Stabilität“ und „Orientierung in einer freien Welt“ übernehmen. Während den ehemaligen Kolonialmächten die Hauptverantwortung für Wirtschaft und Verteidigung zufallen sollte, erklärten sich die USA bereit, diese Vorhaben durch Erweiterung der „begrenzten“ wirtschaftlichen und technischen Hilfe zu „ergänzen“.[114]
Die Entscheidung der USA, die Vereinigung von Britisch- und Italienisch-Somaliland zu unterstützen - vom US-Botschafter Don Bliss am 12. Januar 1959 an Kaiser Haile Selassie übermittelt, - enttäuschte den äthiopischen Kaiser sichtlich.[115] Da er wußte, daß er gegen diese Entscheidung wenig ausrichten konnte, wollte er ihre Wirkung dämpfen, indem er die USA an ihre militärischen Verpflichtungen gegenüber Äthiopien erinnerte. Obwohl Äthiopien 1959-62 bereits $ 33 Mio. Militärhilfe als Ausgleich für zunehmende amerikanische militärische Aktivitäten auf der Kagnew Station erhalten hatte, versuchte der Kaiser nun, Washington damit aufzuschrecken, daß er die Beziehung zwischen den USA und Äthiopien neu überdenke. Dazu nutzte er zunehmend „blockfreie“ Phrasen und brachte die sowjetische „Karte“.
Auf einem Staatsbesuch in der Sowjetunion und Osteuropa im Juni 1959 brachte Haile Selassie die Möglichkeit von Äthiopiens Neuorientierung im internationalen System zur Sprache und akzeptierte langfristige sowjetische Wirtschaftskredite in Höhe von $ 110 Mio.
Die Antwort der USA auf den Vorstoß des Kaisers zeigte Wirkung, die solch eine Taktik im Kalten Krieg Ende der 50er Jahre haben konnte. So soll Botschafter Bliss „fassungs-los“ über die Öffnung des Kaisers gegenüber des sozialistischen Blocks gewesen sein. Indem er Begründungen wiederholte, die zum Kennzeichen des kürzlich vom State Department geschaffenen Bureau of African Affairs wurden, argumentierte Bliss während der zweiten Hälfte des Jahres 1959, „daß die USA noch größere Beträge an wirtschaftlicher und militärischer Hilfe an Äthiopien geben sollten, sowie die Absichten Washingtons noch genauer zu betrachten, das Land in jedem weiteren Konflikt mit Somalia zu unterstützen“.[116]
Diese wurden in einem Bericht des NSC im Juli 1960 wiederholt, der feststellte, daß „die Existenz großzügiger sowjetischer Kredite und die äthiopische Einschätzung ihrer politischen Position gegenüber den USA den Beziehungen zwischen den USA und Äthiopien eine neue Dimension gegeben hat“.
In dem Bericht heißt es weiter, „daß der fortdauernde Erfolg, ernsthaft sowjetisches Eindringen zu beschneiden und Äthiopiens freundliche Haltung zu bewahren von der Fähigkeit der USA und seiner Alliierten abhängt, ihr Interesse an Äthiopien und seinen Problemen zu demonstrieren - hauptsächlich im Konflikt mit Somalia“.[117]
Ein wichtiger Erfolg des Drucks der vom National Security Council ausging, um die amerikanischen Interessen an Äthiopien zu bekräftigen, war das Einverständnis Washingtons von 1959, die äthiopische Luftwaffe mit einer Staffel von 12 F-86 Kampfflugzeugen auszustatten. Dieses Kampfflugzeug wurde ursprünglich 1957 von einem Beobachtungsteam der amerikanischen Luftwaffe vorgeschlagen, aber im gleichen Jahr durch den Joint Chief of Staff (JCS) abgelehnt, später jedoch vom State Department genehmigt und politisch vertreten, so wie der Großteil der amerikanischen Militärhilfe für Äthiopien in den 50er Jahren. Das State Department erkannte bald den Prestigefaktor, der den Zugang zum technologisch fortgeschrittenen Teil des Arsenals des Defense Departments begleitete, so daß betont wurde, Kaiser Haile Selassie habe der Ausrüstung der äthiopischen Luftwaffe mit amerikanischen Kampfflugzeugen eine „psychologische Bedeutung“ beigemessen.[118] Somit erhielt Äthiopien 1960 als erstes afrikanisches Land F-86 Kampfbomber sowie weitere Flugzeuge und Helikopter. Dadurch wurden zwei (seit 1947 vorhandene) schwedische Staffeln Saab 17 Leichtbomber einschließlich schwedischer Militärberater abgelöst.[119]
Der Druck des NSC hatte ein noch bedeutenderes Ergebnis: Die vermeintliche Notwendigkeit, Äthiopiens Furcht vor dem gerade unabhängig gewordenen Somalia zu verringern, mündete in ein geheimes Militärabkommen der USA mit Äthiopien im August 1960, zwei Monate nach der Unabhängigkeit und Vereinigung von Britisch- und Italienisch-Somalia. In ihm verpflichteten sich die USA, die 4. Division der äthiopischen Armee (die dann aus ca. 40000 Soldaten bestehen würde) auszubilden und auszurüsten - im Ausgleich für die Ausweitung der amerikanischen Aktivitäten in der Kagnew Station. Noch wichtiger war, daß das Dokument offiziell Washingtons „Interessen an der Sicherheit Äthiopiens und seinem Widerstand gegen alle Aktivitäten, die die territoriale Integrität Äthiopiens bedrohen“ hervorhob.[120]
Obwohl von amerikanischen Politikern später zu hören war, daß der Vertrag keine militärische Verpflichtung beinhaltete Äthiopien zu verteidigen, sollte es vom Zerfall bedroht werden, stellte er doch die USA direkt an die Seite Äthiopiens im Falle eines zukünftigen Konflikts mit Somalia.
Wichtig war, daß der National Security Council die pan-somalische Forderung, alle somalischen Völker in Ostafrika unter einer Regierung zu vereinigen, ablehnte. Diese Entscheidung basierte nicht etwa auf gründlicher Abwägung der höchsten amerikanischen Regierungskreise darüber ob Äthiopien oder Somalia zu unterstützen sei, sondern war eher Ergebnis der Übereinkunft zwischen der CIA, dem Defense Department und dem State Department: Eine Vielzahl bürokratischer Aktivitäten in Äthiopien, die zunehmend im Zusammenhang mit dem Kalten Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion standen, waren entscheidend. Sie versetzten Haile Selassie in die Lage, parochiale amtliche Interpretationen über die Bedeutung Äthiopiens für die Sicherheitsinteressen der USA zu manipulieren, um damit die Sicherheitsbeziehungen zwischen Äthiopien und den USA zu festigen.
4. Prüfung der amerikanisch-äthiopischen Sicherheitsbeziehungen
Die Sicherheitsbeziehung zwischen den USA und Äthiopien war zu Beginn der 60er Jahre zwei bedeutenden Belastungen ausgesetzt. Die erste Prüfung begann am 13. Dezember 1960 als die kaiserliche Leibgarde, ausgebildet von den USA, Mitglieder der kaiserlichen Familie und prominente äthiopische Militärs während eines versuchten Militärstaatsstreiches gegen die Regierung verhaftete. Nachdem die Entscheidung gefallen war, gegen die Regierung vorzugehen während sich der Kaiser in Brasilien aufhielt, übernahm die kaiserliche Leibgarde, die soziale und politische Reformen verlangte, mit Unterstützung der äthiopischen Polizeikräfte schnell die Kontrolle über den Flughafen und die Radiostation der Hauptstadt und sicherte alle Straßen, die zum Kaiserpalast führten. In der Nacht riefen die Putschisten die „Volksrepublik Äthiopien“ aus und stellten an die Spitze einen Feudal-Aristokraten und Cousin Haile Selassies. Am folgenden Tag wurde US-Botschafter Arthur L. Richards ins äthiopische Außenministerium gebeten. Er sollte eine formelle Anfrage an Washington zur Anerkennung des neuen Regimes übermitteln. Ähnliche Anfragen ergingen auch an die Botschaften Großbritanniens und der Sowjetunion.[121]
Angesichts der Dynamik der Situation verkündete die US-Botschaft, die USA wollten „namentlich“ neutral bleiben, bis entschieden werden konnte, ob die loyalistischen Armeen in der Lage seien, die Kontrolle über die Hauptstadt wiederherzustellen. Obwohl US-Kommunikationseinrichtungen in Addis Abeba und Asmara versuchten, Nachrichten der loyalistischen Armeen an Haile Selassie zu übermitteln, wies US-Botschafter Richards am Morgen des 14. Dezember das Botschaftspersonal an, sich in dem entwickelnden Konflikt „neutral“ zu verhalten.[122] Diese politische Haltung wurde vom Chef der Military Assistance Advisory Group (MAAG), General Chester de Gavre, unterstützt, der seinem Personal auftrug, „zu Hause zu bleiben und Kontakte mit den äthiopischen Pendants zu vermeiden“.
Nur Lt. Colonels Willis Gary und W. H. Crosson, amerikanische Attachés der Luftwaffe bzw. des Heeres, hatten Befehl, Kontakt mit beiden gegnerischen Seiten zu halten, um die amerikanische Botschaft mit „neuesten Informationen“ zu versorgen.[123] Die abwartende Haltung wurde jedoch bereits am nächsten Morgen (15. Dezember) aufgegeben, als amerikanische Militäroffiziere erkannten, daß die verbündeten loyalistischen Kräfte der äthiopischen Armee und der Luftwaffe militärisch in der Lage waren, die kaiserliche Leibgarde zu überwältigen. Da mit einem Sieg der Loyalisten gerechnet wurde, kündigte General de Gavre mit Unterstützung von US-Botschafter Richards bei einem morgendlichen Treffen der obersten Botschaftsbeamten an, daß für die MAAG „die Zeit gekommen sei, den beratenden Verpflichtungen gegenüber der äthiopischen Regierung nachzu-kommen, wie in der kürzlich geschlossenen Militärvereinbarung zwischen den USA und Äthiopien vorgesehen“.
Der amerikanische Armeeattaché Crosson bemerkte hierzu: „Dies war besonders passend, denn alle Einschätzungen zeigten an, daß die loyalistischen Streitkräfte in einer überlegenen Position waren - oder diese schnell erreichen konnten - so daß kaum Zweifel hinsichtlich des Endergebnisses in militärischer Weise aufkommen konnten“.[124]
Innerhalb der folgenden drei Tage (15.-17. Dezember) wurde die kaiserliche Leibgarde besiegt, wobei die Amerikaner Militärunterstützung in Form von taktischen Ratschlägen an die Soldaten im Feld und Lufttransporten von dringend benötigten medizinischen Artikeln leisteten und mit F-86 Kampfbomber-Aktionen die Rebellen bei der Kontrolle über den Kaiserpalast einschüchterten.[125] Diese Bemühungen wurden von Kaiser Haile Selassie wärmstens begrüßt, und bei seiner Rückkehr nach Addis Abeba am 17. Dezember bat er US-Botschafter Richards zum Flughafen, um ihm vor den loyalistischen Streitkräften seinen Dank für die Militärunterstützung auszusprechen.[126] Bei den Kämpfen starben rd. 1300 Menschen.[127]
Trotz der möglichen negativen Wirkung, die ein Regierungswechsel auf die Sicherheitsbeziehungen zwischen Äthiopien und den USA zur Folge gehabt hätte, führten die Ereignisse des 13.-17. Dezember zu keiner Krisenstimmung in Washington, abzulesen an der fehlenden Einmischung der höchsten Ebenen in politische Prozesse. Die ausführende Kontrolle über die Politik oblag weiterhin der US-Botschaft in Addis Abeba und nicht etwa den oberen Stellen des Defense und des State Departments oder des Präsidenten und dessen nächsten Beratern. Neben der Dynamik und der Kürze der Krise war der Hauptgrund für die mangelnde Einmischung höchster Regierungskreise das Fehlen einer Ost-West-Dimension in diesem Konflikt.[128] Den amerikanischen Politikern war ein Putschversuch aufgrund interner Unzufriedenheit über die Politik des Kaisers auf dem Gebiet der Verteidigung und der Bildung lieber als kommunistische Unterwanderung.[129] Außerdem zerstreuten die Putschisten die eventuelle Befürchtung Washingtons, ein Regierungswechsel könne den Zutritt amerikanischer Militärs nach Äthiopien beeinflussen, indem sie ihren Wunsch nach Aufrechterhaltung der engen Sicherheitsbeziehungen zu den USA unterstrichen. So sicherten sie US-Botschafter Richards zu, daß amerikanische Staatsbürger und ihr Eigentum unter dem Schutz des neuen Regimes stünden und die neuen Führer auch weiterhin eine militärische Zusammenarbeit mit den USA auf „freundlichster Basis“ wünschten. Ebenso betonte die Opposition gegenüber dem amerikanischen Militärattaché Crosson: „die amerikanisch-äthiopischen Beziehungen werden unter der neuen Regierung tausend Mal besser sein, als sie es in der Vergangenheit waren“.[130]
Unabhängig vom Ausgang des Konflikts waren die speziellen amerikanischen Zutrittsrechte zu militärischen Einrichtungen in Äthiopien nicht gefährdet. Trotzdem rieten US-Botschafter Richards und General de Gavre zur Vorsicht, als abzusehen war, daß ein Putsch geplant war.
Die zweite Prüfung der amerikanisch-äthiopischen Beziehungen entwickelte sich aus Äthiopiens Konflikt mit der neuen unabhängigen Republik Somalia über den Ogaden. Da die äthiopische Armee den Ogaden nie effektiv kontrollierte, sah sie sich zunehmend mit ethnischen Unruhen konfrontiert, die nicht zuletzt moralische Unterstützung vom Regime des somalischen Präsidenten Aden C. Cusman erhielten: Ende Juli 1960 hatten heftige Zusammenstöße von somalischen Kämpfern und der äthiopischen Armee nordöstlich der Ogaden-Stadt Dire Dawa über 800 somalische und 1000 äthiopische Tote und Verletzte zur Folge. Anfang August brachten 300 Somalis einen Zug auf der Route Djibuti-Addis Abeba, Äthiopiens Hauptwirtschaftsader, zum Entgleisen.[131] Für den Kaiser, der davor gewarnt hatte, daß die Unabhängigkeit Somalias nur pan-somalische Wünsche entfachen würde, den Ogaden vom äthiopischen Staat zu trennen, bedeuteten diese Gewaltakte den Beginn einer großen Bedrohung vom östlichen Nachbarn. Washingtons Unterstützung der äthiopischen Haltung in dieser Frage wurde zum sine qua non für die Aufrechterhaltung der Sicherheitsbeziehungen zwischen den USA und Äthiopien. In einem Bericht des NSC über die amerikanische Außenpolitik gegenüber Ostafrika vom Dezember 1960 heißt es: „die amerikanische Position zur Ogadenregion war und bleibt eine Zwangsvorstellung Kaiser Haile Selassies, der seine Haltung über alles verteidigte“.[132]
Obwohl es einige US-Politiker vorgezogen hätten, enge Beziehungen sowohl zu Somalia als auch zu Äthiopien aufzubauen und zu erhalten, wirkte sich der eskalierende Konflikt zwischen beiden Staaten, verbunden mit der Intensivierung der amerikanisch-äthiopischen Sicherheitsbeziehungen, deutlich zu Ungunsten Somalias aus. Das entscheidende Element, das engere Bindungen zwischen den USA und Somalia verhinderte, war die feste Meinung innerhalb des NSC, daß somalische Versuche, die Grenzen Ostafrikas wiederherzustellen, nicht nur unzulässig waren, sondern auch gegen die amerikanischen Interessen in dieser Region sprachen. Diese Meinung wurde im Mai 1963 bestärkt, als die neugegründete OAU „territoriale Integrität“ zu einem Grundprinzip ihrer Charta erhob.[133] Von da an verwiesen das National Security Bureau und vor allem das Amt für Afrikanische Angelegenheiten des State Departments auf diesen Grundsatz als Basis für die Wahrung der territorialen Integrität Äthiopiens sowie die Unzulässigkeit territorialer Ansprüche Somalias.
Folgerichtig beschied Washington Anfragen Somalias nach Militärhilfe negativ. Aus Rücksicht auf äthiopische Einwände betonte das Afrikabüro des State Departments von Anfang an, daß sich die USA militärisch nicht mit Somalia einlassen sollten. Eher sollten Italien und Großbritannien als ehemalige Kolonialmächte die Hauptverantwortung für die militärischen Bedürfnisse Somalias übernehmen.[134] Am Ende lehnte das Afrikabüro 1960 und 1963 Militärhilfe für Somalia ab.[135] Stattdessen erhielt Äthiopien 1962 Waffen, Munition und gepanzerte Fahrzeuge für seine Armee, die Luftwaffe bekam ein Schwadron F-86 Supersonic-Bomber sowie weitere Flugzeuge, und die Marine wurde mit Landungsbooten ausgerüstet. 1963 wurden Straßenbaumaschinen und Bulldozer sowie sechs Küstenwachboote an Äthiopien geliefert, ein Jahr später 12 F-5 Kampfbomber, die modernsten zur damaligen Zeit.[136]
Um einen gewissen Einfluß auf das somalische Regime aufrechtzuerhalten, erschien es dem Afrikabüro nützlich - trotz der Proteste von Kaiser Haile Selassie und dem neuen US-Botschafter in Addis Abeba, Edward Korry, - ein begrenztes wirtschaftliches Hilfsprogramm zu unterstützen, u. a. mit Geldern für die Ausbildung und Ausrüstung der somalischen Polizei. Das National Security Bureau wollte einen massiven Aufbau der somalischen Armee verhindern, die zwangsläufig Äthiopien bedroht und, was entscheidender war, zu Forderungen Äthiopiens nach noch größerer US-Militärhilfe geführt hätte.
Obwohl Somalia ein Paket von $ 8,4 Mio. britisch-italienischer Militärhilfe zugesagt wurde, verstärkten sich die Spannungen zwischen Somalia und Großbritannien über den Verbleib der ethnischen Somalis im Bereich der nördlichen Grenze zu Kenia.[137] Aufgrund dieser Spannungen und der zunehmenden Ernüchterung gegenüber dem Westen nahmen Somalias Führer persönliche Gespräche mit der Sowjetunion im Herbst 1963 über die Vergabe militärischer Hilfe auf.
5. US-Bemühungen, den Einzug der UdSSR am Horn zu verhindern
Die Aussicht, daß die Sowjetunion als militärischer Schutzherr Somalias in Ostafrika Fuß fassen und damit die Rüstungsspirale in dieser Region in Gang setzen könnte, löste beim Afrikabüro Alarm aus. Daher stellte es in Zusammenarbeit mit Italien und Deutschland ein Militärhilfepaket zusammen, bei dem die USA Somalia für die Ausrüstung und Ausbildung von 5000 - 6000 Soldaten $ 10 Mio. zur Verfügung stellen sollten. Dieses Paket sollte jedoch nur gewährt werden, wenn Somalia die Suche nach weiterer Militärhilfe von anderer Seite, hauptsächlich von der Sowjetunion, aufgeben würde. Ursprünglich erdacht von Horace G. Torbert, dem US-Botschafter in Somalia 1963-65, um die Größe der somalischen Armee zu kontrollieren, brüskierte dieser Vorstoß jedoch den somalischen Führer, der ein besseres Angebot von der Sowjetunion im Oktober 1963 erhielt - Hilfe in Höhe von $ 32 Mio., um eine somalische Armee von 20000 Mann auszustatten, dazu eine Staffel von MIG-21 Kampfflugzeugen.[138] Als deutlich wurde, daß das sowjetische Angebot ernsthafte Auswirkungen auf die amerikanische Position in Äthiopien haben würde, stellte Washington seine Interessen in Somalia zugunsten des Sowjetblocks zurück (obwohl Washington weiterhin die somalische Polizei unterstützte und ausbildete). US-Botschafter Torbert hierzu: „Since there was no question that our primary interests lay in Ethiopia it wasn’t that important to us to start a program that was going to give us trouble forever“.[139]
Es wäre jedoch falsch anzunehmen, daß die pro-äthiopische Haltung des National Security Bureaus gegen jede amerikanische Bindung zu Somalia geführt hätte. Die Einrichtung einer US-Botschaft in Mogadishu hatte die Ausbildung eines Diplomatenkaders zur Folge, dessen Angehörige mehr dazu neigten, engere Beziehungen zur somalischen Bevölkerung zu knüpfen, als ihre Gegenparts in Addis Abeba. Hauptsächlich im Afrikabüro wurden Befürworter der engeren Beziehungen darauf hingewiesen, daß Somalia eines der wenigen, wenn nicht das einzige wirklich demokratische Land Afrikas war. Im scharfen Gegensatz zur zunehmend korrupten und feudal-aristokratischen Herrschaft Kaiser Haile Selassies sollte das politische System Somalias aus einer traditionellen Nomaden-Demokratie entstehen, basierend auf dem gemeinsamen ethnischen, sprachlichen und kulturellen Erbe.[140]
Gleichzeitig tat sich eine Kluft in der US-Politik auf, die Anfang der 60er Jahre zum „Telegrammkrieg“ zwischen den amerikanischen Botschaften in Addis Abeba und Mogadishu eskalierte.[141] Besonders der US-Botschafter in Äthiopien, Korry, beschwor Washington in Telegrammen, die Beziehungen zu Somalia auf Sparflamme zu halten, da eine Intensivierung nur das Hauptziel - die Beziehungen zwischen den USA und Äthiopien zu stärken - beeinträchtigen würde. Obwohl der US-Botschafter in Somalia, Torbert, nicht leugnete, daß Äthiopien für die amerikanischen Interessen in Ostafrika wichtiger war als Somalia, sprach er sich für eine Festigung der Bindungen zwischen Amerika und Somalia aus. Torberts Argument „daß geschickte diplomatische Manöver es den USA erlauben würden, den Kuchen zu besitzen und ihn auch zu essen“, überzeugte schließlich das Afrikabüro, das hoffte, gleichzeitig den Zugang zu militärischen Einrichtungen in Äthiopien zu erhalten und sich Somalias Bereitschaft, mit den USA bei anderen Gelegenheiten zusammenzuarbeiten, zu sichern.[142] So ist es zumindest teilweise Torberts Telegrammen zu verdanken, daß die USA auch weiterhin Somalia unterstützten und die somalische Polizei stärkten.
Die Schwierigkeit, auch nur begrenzte diplomatische Beziehungen zu Somalia aufrechtzuerhalten, wurde in der amerikanischen Reaktion auf die Zunahme der somalischen Aufstände im Ogaden Ende 1963 deutlich - ein Konflikt, der zu einer Serie von Grenzzusammenstößen zwischen Äthiopien und Somalia Anfang 1964 führte.
Die Aufstände der über 3000 von Somalia unterstützten Guerrilla-Kämpfer im Ogaden zeigten zunehmend Wirkung: Äthiopische Konvois wurden aus dem Hinterhalt überfallen und die äthiopische Armee wurde gezwungen, sich auf Verwaltungszentren in der Region zu beschränken. Als Antwort darauf entschloß sich die äthiopische Regierung, direkten militärischen Druck auf Somalia auszuüben: Mitte Januar 1964 eröffnete die 3. Division der äthiopischen Armee Luft- und Bodenangriffe an zahlreichen Punkten entlang der fast 1.600 km langen Grenze zwischen Äthiopien und Somalia. Diese Angriffe reichten von Tug Wajale im Norden bis Ferfer und Dolo im Süden und trafen auch die Stadt Hargeisa, Somalias zweitgrößte Siedlung und ehemalige Hauptstadt von Britisch-Somalia.[143]
Die USA unterstützten die militärischen Operationen Äthiopiens im Ogaden: Während die US-Military Assistance Advisory Group (MAAG) in Addis Abeba Beratung bei der Ausbildung der äthiopischen Armee und der Einübung in Antiguerrilla-Taktiken anbot, unterstrich das Afrikabüro des State Departments die Illegitimität der Guerrillakampagne und übte Druck auf Mogadishu aus, die Unterstützung für die Guerillas im Ogaden zu beenden. Diese politische Haltung rückte die USA nicht gerade in ein günstiges Licht bei den somalischen Führern in Mogadishu: Sowohl in privaten als auch öffentlichen Erklärungen betonte die somalische Regierung, „daß die Militärhilfe der USA es Äthiopien ermöglichen würde, ein Programm der ‘Repression’ gegenüber ethnischen Somalis im Ogaden sowie ‘Aggressionen’ gegen den souveränen Staat Somalia auszuführen“.[144]
Solch eine rhetorische Aussage brachte für Somalia natürlich keinen Gewinn in Washington, sondern bekräftigte den National Security Council in dem Eindruck, daß Somalia eine Bedrohung der territorialen Integrität Äthiopiens darstellte.
Die direkten militärischen Zusammenstöße entlang der äthiopisch-somalischen Grenze ließen das Afrikabüro des State Department befürchten, Äthiopien könne eine umfassende Invasion Somalias versuchen, zumal Haile Selassie Äthiopiens historische Ansprüche auf alle von Somalis bewohnten Gebiete einschließlich der jetzt unabhängigen Republik Somalia oft wiederholte. So proklamierte er:
„I have come to restore the independence of my country, including Eritrea and the Benadir (the Ethiopian name of Somalia), whose people henceforth dwell under the chade of the Ethiopian flag“.[145]
Als sich die Anzeichen verdichteten, daß Äthiopien die Eliminierung des unabhängigen Somalias in Betracht zog, setzte das Afrikabüro des State Departments alles daran, Äthiopien zur Räson zu bringen und Verhandlungen über eine Einigung zwischen Äthiopien und Somalia zu initiieren. So zwang die US-Botschaft in Addis Abeba die äthiopische Armee, sich aus international anerkannten Gebieten Somalias zurückzuziehen und zu ihren Stützpunkten im Ogaden zurückzukehren, indem sie drohte, alle amerikanischen Wirtschafts- und Militärhilfen einzustellen.[146] In persönlichen Treffen mit den somalischen und äthiopischen Botschaftern in Washington sowie in telegraphischen Anweisungen der US-Botschaften in Mogadishu und Addis Abeba, bekräftigte der Staatssekretär des Amtes für Afrikanische Angelegenheiten, G. Mennan Williams, diese Drohung, indem er auf eine friedliche Lösung der Grenzkonflikte drängte.[147] Damit unterstützte das Afrikabüro letztendlich die Vermittlungsversuche der neu geschaffenen OAU, die schließlich zu einem Waffenstillstandsvertrag am 30. März 1964 führten.
Der Druck den das Afrikabüro auf seinen wertvollsten Klienten auf dem afrikanischen Kontinent ausübte, richtete sich gegen die Vorfälle in der unabhängigen Republik Somalia und nicht etwa gegen die Antiterrorangriffe des äthiopischen Militärs im Ogaden. Deshalb bewilligte das Afrikabüro auf Bitte der US-Botschaft in Addis Abeba die Entsendung von vier mobilen Ausbildungsteams von je 12 Personen (Mobile Training Teams=MTTs) in den Ogaden, um die äthiopische Armee in der Antiterrorkriegsführung auszubilden. Die Ankunft dieser 48 Experten im Mai 1964 verriet den Wunsch des Afrikabüros, dem Kaiser erneut zu versichern, daß sich die USA der „Schwere des inneren Sicherheitsproblems“, das die Ogaden-Somalis aufwarfen, bewußt waren.[148]
Auch in dieser zweiten Krise der amerikanisch-äthiopischen Sicherheitsbeziehungen blieb die Durchführung der US-Politik beim Afrikabüro des State Departments. Neben der Übermacht der gut ausgerüsteten äthiopischen Armee (die die weit weniger gut ausge-statteten Somalis fast im Verhältnis 4:1 übertraf) war der Hauptgrund für die mangelnde Beachtung höchster Regierungskreise wiederum das Fehlen einer eindeutigen Ost-West-Dimension im Konflikt zwischen Äthiopien und Somalia.[149] Obwohl die Sowjetunion im Dezember 1963 einen Vertrag über Militärhilfe mit Somalia unterzeichnet hatte, vertrat Moskau das Konzept der territorialen Integrität und war daher gegen die Verwirklichung der pan-somalischen Ideale durch Waffengewalt.[150] Ferner sah Washington Italiens beträchtliche Präsenz in Somalia als mäßigenden Einfluß an, der Mogadishus zunehmende Bindung an die Sowjetunion abschwächte. Der Streit zwischen Äthiopien und Somalia galt als ein Konflikt zwischen zwei größeren pro-westlichen Regimen in einer relativ unbedeutenden Region der Welt, als „one of a hundred pressure points in the world“, der am besten den Spezialisten im Afrikabüro überlassen blieb.[151] Im Endeffekt verstärkte die amerikanische Reaktion auf den Ogadenkonflikt die bisherige Politik zugunsten der territorialen Integrität Äthiopiens auf Kosten expansionistischer Ansprüche Somalias.
„The low-level conflicts of the early 1960s gave way to a period of the calm in which bureaucratic pressures led to the strengthening of US ties with both Ethiopia and Somalia from 1964 to 1969“.[152]
6. Zunahme der US-Missionen in Äthiopien
Der Ausbau der Beziehungen zwischen den USA und Äthiopien resultierte aus den zunehmenden amerikanischen Aktivitäten im Bereich der Kagnew Station und ähnlichen Einrichtungen im ganzen Land. Die Intensivierung der Beziehungen zwischen den USA und Somalia dagegen hatte ihre Ursache im Streben Somalias nach regionaler Entspannung mit seinen Nachbarn, hauptsächlich mit Äthiopien.
Die offizielle Präsenz der USA in Äthiopien weitete sich, verglichen mit den bescheidenen Anfängen von 1942, deutlich aus: Bis Mai 1964 kamen über 7000 US-Amerikaner im Rahmen einer Fülle amerikanischer Programme nach Äthiopien: U. a. wurde die Mission der amerikanischen Military Assistance Advisory Group (MAAG) ausgeweitet, die USA stellten eine weitere Hilfsmission auf und stationierten das größte Friedenskorps in ganz Afrika in Äthiopien. Die Dynamik dieser beträchtlichen Präsenz, die unvergleichlich auf dem afrikanischen Kontinent war, ging von der ständigen Zunahme zahlreicher amtlicher Missionen aus, die mit der Kagnew Station und ähnlichen Einrichtungen zusammenhingen.
Das US-Verteidigungsministerium bezeichnete seine ständig wachsenden Kommunikationszentren für Armee, Marine und seine weltweiten Militärmissionen als „strategisch lebenswichtig“.[153] Die CIA betonte ebenfalls die zunehmende Bedeutung von Kagnew als „unersetzbarer Lauschposten“, der zahlreiche Sendungen von und in die Länder des Sowjetblocks abfangen konnte.[154] Zuletzt kam die National Aeronautics and Space Administration (NASA) im Mai 1964 nach Äthiopien und zeigte ihre Präsenz mit zwei 12-15 Stockwerke hohen Parabolantennen im Rahmen des streng geheimen „Stonehouse Projekts“ des Verteidigungsministeriums an. Obwohl diese Einrichtung „offiziell“ der Weltraumforschung diente, war das Abfangen sowjetischer Raumtelemeter genauso wichtig.[155] Sogar der Kongreß mischte mit: Der Abgeordnete Frances P. Bolton, Vorsitzender des Subcommittee des Kongresses für den Nahen Osten und Afrika, beschrieb Kagnew als die „wichtigste Funkeinrichtung auf der ganzen Welt“.[156]
Tatsächlich kam die Bedeutung der Kagnew Station für die US-Missionen des NSC durch die drastische Zunahme amerikanischen Personals zum Ausdruck. Während die ehemalige Radiostation Marina im März 1948 nur 105 Militärangestellte beschäftigte, stieg die Zahl der Amerikaner, die in Kagnew arbeiteten in der zweiten Hälfte der 60er Jahre auf 3500: Fast die Hälfte aller US-Bürger, die in Äthiopien lebten, arbeiteten auf dieser Station.
Der hohe Stellenwert, den Washington dem ungehinderten Zugang zur Kagnew Station beimaß, erklärt, warum die USA ihre Sicherheitsbeziehungen zu Äthiopien ständig ausbauten.[157] Sogar das Verteidigungsministerium, das in der Vergangenheit konsequent gegen jede Ausweitung amerikanischer Militärhilfe für Äthiopien war, unterstrich zuletzt den Wert Kagnews.[158] Folglich stieg die amerikanische Militärhilfe von $ 8,5 Mio. 1964 auf $ 18,2 Mio. 1967, die Wirtschaftshilfe im gleichen Zeitraum von $ 9,2 auf $ 19 Mio. US-Botschafter Korry wurde am 18. Juni 1964 beauftragt, Kaiser Haile Selassie von der Bereitschaft Washingtons zu unterrichten, die äthiopische Luftwaffe mit einer Schwadron von 12 F-5 Überschallkampfflugzeugen auszustatten.[159] Diese Entscheidung fiel trotz der fast 2-jährigen Bemühungen des Außenministeriums und der US-Botschaft in Addis Abeba, dem Kaiser abzuraten, nach dem höchstentwickelten und teuersten Flugzeug zu suchen. Der eigentliche Grund für den Kurswechsel war die Bereitschaft Äthiopiens, „to host the ‘Stonehouse Project’“: Ein Großteil der Bauteile kam in Äthiopien in den Wochen an, bevor die USA der Lieferung der Kampfflugzeuge zustimmten.[160]
Als Kompensation für den weiteren Zugang zu Kagnew unterstützten die USA die äthiopische Regierung gegen die Eriträische Befreiungsfront (ELF) - eine Guerrilla-Organisation, die im September 1961 den militärischen Kampf für Eritreas Unabhängigkeit aufnahm, um den Verlust der Kagnew Station bei einem Guerrillasieg zu vermeiden. Neben Waffen entsandte das Pentagon Militärratgeber, für die Unterweisung der äthiopischen Armee in Antiguerrillataktiken, z. B. nach dem „Plan Delta“: Ab Anfang 1966 bildeten ungefähr 164 amerikanische Armeeoffiziere für 2 bis 3 Jahre die äthiopische Armee in der Antiterrorkriegführung aus. Ebenso wurde 1968 eine Antiterrorspezialeinheit für 26 Wochen nach Äthiopien geschickt.[161] Kaiser Haile Selassie hatte hohe Trümpfe in der Hand, wenn es um Kagnew ging, und spielte sie stetig aus, vor allem hinsichtlich umfangreicherer US-Militärhilfe. Die Kagnew-Frage war jedoch nicht unproblematisch: Zunächst zwangen die schwindelerregenden Kosten der zunehmenden militärischen Verwicklung der USA im Vietnamkrieg den Kongreß, die Auslandshilfen, namentlich für Afrika, drastisch zu kürzen. Äthiopien verlor somit ab Februar 1968 $ 12 Mio. Militärhilfe, obwohl das Land immer noch fast 60% der gesamten US-Militärhilfe für Afrika erhielt. Ambivalent war der Fortschritt in der Satellitentechnologie: 1968 lancierten die USA sieben Satelliten als Teil des Verteidigungssatelliten-Kommunikationssystems. Obwohl Kagnew als wichtige „Erdstation“ für dieses System diente, war abzusehen, daß Fortschritte in der Satellitentechnologie Landbasen bald veralten lassen würden, da sich das Pentagon zunehmend auf den Weltraum orientierte.[162] Wichtiger wurde jedoch zunächst 1966 die Entscheidung, eine Militärbasis in Diego Garcia zu bauen, einer dünn besiedelten britischen Insel mitten im Indischen Ozean. Mit Worten, die auffallend der Begründung des Pentagons für US-Basen im britisch-kontrollierten Eritrea während der 40er Jahre ähneln, betonte General George S. Brown, Vorsitzender des Joint Chief of Staff (JCS), den Wunsch nach einer Anlage auf einem Gebiet, das „unter der Souveränität eines Landes (Großbritannien) steht, dessen Interessen generell, wenn nicht sogar völlig, mit unseren identisch sind.“[163] Langfristige Implikationen des Engagements auf Diego Garcia waren, daß die amerikanische Militärpräsenz in Ostafrika zunehmend überflüssig würde, wenn die USA ihre Basen in eine weniger bedrohte und weniger umstrittene Region verlegten.[164]
Obwohl das Außenministerium weiter die Bedeutung der Sicherheitsbeziehungen zwischen den USA und Äthiopien unterstrich, trugen die drei oben genannten Faktoren dazu bei, daß sich das Afrikabüro gegenüber wiederholten Anfragen Kaiser Haile Selassies nach mehr Militärhilfe zurückhielt.[165] Schließlich unterrichtete das State Department die US-Botschaft in Addis Abeba, daß Unterstützung so lange gewährt werde, wie amerikanische Interessen es erfordern, daß Washington aber nicht „gesetzlich zu unbefristeter Hilfe verpflichtet“ sei. Das State Department instruierte die US-Botschaft, jeglichen Gebrauch des Ausdruckes „Verpflichtung zur Hilfe“ zu vermeiden, da weder das State Department noch das Defense Department bereit seien, veraltete Militäreinrichtungen unbegrenzt zu unterhalten.[166] Botschafter Houdek sagte:
„The same bureaucratic imperatives, that led to the gradual enhancement of the US-Ethiopian security relationship ultimately served as constraints upon any similar expansion of US-Somalities from 1964 bis 1967“.[167]
Das einzige Hindernis für engere Beziehungen war Somalias direkte und indirekte militärische Unterstützung der somalischen Unabhängigkeitsbewegungen in Äthiopien, Kenia und, in geringerem Maße, der französischen Kolonie Djibuti. Sogar das Afrikabüro des State Departments, das zusammen mit dem National Security Council am stärksten versuchte, wenigstens den Anschein des Gleichgewichts zwischen Äthiopien und Somalia zu bewahren, erkannte schließlich die Vorrangigkeit der Beziehungen zwischen den USA und Äthiopien und die Notwendigkeit „jede Aktion, die die somalische Unabhängigkeit anscheinend unterstützen würde“, zu vermeiden.[168]
Worauf die USA in Somalia realistischerweise hoffen konnten, war für das Afrikabüro die Wahrung freundschaftlicher und produktiver Beziehungen, die Somalia davon abhielten, seine neutrale Außenpolitik aufzugeben und eine engere Bindung mit der Sowjetunion einzugehen.[169] Am Ende stellte das Afrikabüro ein bescheidenes Wirtschaftshilfeprogramm bereit, um fast 100 Freiwillige des Friedenskorps beim Bau eines Hafens in Kismaayu zu unterstützen und, was am wichtigsten war, für die Beteiligung an der Ausbildung der somalischen Polizeikräfte. So lange man annahm, daß Somalia Aufstände in den Nachbargebieten, hauptsächlich in Äthiopien, schürte, blieb die Aussicht auf engere Beziehungen zwischen den USA und Somalia gering.
Befürworter engerer Beziehungen zwischen den USA und Somalia im Afrikabüro erhielten Auftrieb, als Cabdul-Rashid Cali Sharmaarke nach der Übernahme der somalischen Präsidentschaft am 10. Juni 1967 Mahammad Ibrahim Igal zum Ministerpräsidenten ernannte. Igal war ein gemäßigter, pro-westlicher, englisch sprechender Politiker, mit den Worten eines ehemaligen in Mogadishu stationierten US-Diplomaten, „unser Mann“ in Somalia.[170] Mehrere Quellen bezeugen, daß Igals Ernennung tatsächlich durch eine kleine politische Aktion der CIA erleichtert wurde, die pro-westliche Elemente der führenden „Somalia Youth League“ noch vor den Präsidentschaftswahlen von 1967 stärkte.[171]
[...]
[1] Wingerter, Rex, The United States the Soviet Union and the Indian Ocean: The competition for the Third World, Bulletin of Concerned Asian Scholars 9, No. 3 (1977).
[2] Touval, Saadia , Somali Nationalism: International Politics and the Drive for Unity in the Horn, Cambridge, Massachussetts, Harvard University Press, 1963, S. 49-50.
[3] Raymond L. Thurston: The United States, Somalia and the Crisis in the Horn, Horn of Africa. April-June 1978, S. 20.
[4] Chester Crocker, U.S. Interests in Regional Conflicts in the Horn of Africa, Ansprache vor dem Washington World Affairs Council, Washington D.C., 13. November 1985, S. 3.
[5] Als hervorragende Arbeiten zu diesem Thema siehe: Luttwak, Edward, The Grand Strategy of the Soviet Union, St. Martin’s Press, New York 1983; Stevens, Christopher, The Soviet Union and Black Africa , Holmes & Meier, New York 1976; Porter, Bruce, The USSR in Third World Conflicts, Cambridge University Press, Cambridge 1984; Ledvold, Robert, Soviet Policy in West Africa, Harvard University Press, Cambridge 1970.
[6] Yu v. Irkhin, Formation of the Vanguard Parties of the Working People in Socialist Oriented Countries in: Ethiopian Herald, 9. Februar 1985, S. 3.
[7] New Times, Mai 1976, Editional.
[8] Angola After Independence: Struggle For Supermacy, Conflict Studies 64, ISC, November 1975, S. 10.
[9] The Peoples of Africa, Moskau Symposium Papier 1954, S. 12.
[10] Crozier, Brian, The Struggle For The Third World, Bodley Head, London 1966, S. 51
[11] Siehe Volker Matthies, Somalia und die Welt - Bericht über ein internationales Symposium vom 15.-20. Oktober 1974 in Mogadishu, in: Africa Spectrum, Vol. 15, Nr. 1 (1980), S. 83-89.
[12] The Political Parties of Africa, Moskau 1970, S. 25n.
[13] Der Text der Verfassung war abgedruckt in: Neues Deutschland (ND), 15./16. Oktober 1977.
[14] Colin Legum, ibid., S. 231.
[15] Mantel-Niecko/Bartnicki, Geschichte Äthiopiens, Vol. 1, S. XXV, Akademie Verlag, Berlin, 1978.
[16] Rossini, Conti, Storia D’Ethiopia, Parte Prima, Bergamo 1928, VII, S. 101.
[17] Bento, William, Encyclopedia Britannica, Vol. VIII, London, Chicago 1963, S. 782.
[18] Ullendorff, E., The Ethiopians, Oxford University Press (second ed.), London 1965, S. 45.
[19] Geiss, I., Geschichte griffbereit, Vol. 6, S. 448, Harenberg Lexikon Verlag, Dortmund 1993.
[20] Rossini, C. C., a. a. o., S. 101.
[21] Tirmingham, J. S., Islam in Ethiopia, S. 49, London 1965.
[22] Ullendorff, E., The Ethiopians, London 1965, 2 Ed., S. 49.
[23] Rossini, C., L’Abissinia, Rome 1929, S. 20.
[24] Mantel-Niecko/Bartnicki, a.a.o., S. 4
[25] See J. Ryckmans, Institution Monarchique en Arabie Meridionale, S. 132, Louvain 1951.
[26] Ullendorff, E., S. 51.
[27] Littmann, Enno, Deutsche Aksum-Expedition, 1905- 1910, Bd. IV, S. 32-42, Berlin 1913.
[28] Ullendorff, Edward, The Ethiopians, 3. Ed., Oxford University Press, London 1973, S. 103.
[29] Geiss, I., ibid, S. 449.
[30] Rossini, Conti, ebid, S. 267-80.
[31] ibid., S. 281, Trimmingham, S. 51.
[32] ibid., S. 44, 47-48, vgl. Budge, E. A. W., The Queen of Sheba and Her Only Son Menyelek, London 1928; Kammerer, A., La Mer Rouge , l’Abyssinie et l’Arabie depuis l’Antiquité, Cairo, 1929.
[33] Für Gudit wurden verschiedene Namen verwendet: Yudith, Esther und arabisch Eve.
[34] Kaplan, Steven, The Beta Israel (Falasha) in Ethiopia From Earliest Times to the Twentieth Century, New York University Press, 1992, S. 51.
[35] Stigand, C.-H., The Land of Zing, 1913, S. 29. Ausführlich zu diesem Thema siehe Tadesse Tamrat, Church and State in Ethiopia 1270-1527, Oxford, 1972.
[36] Mantel-Niecko/Bartnicki, Vol. I., S. 36.
[37] ibid.
[38] ibid., S. 11.
[39] Bruce, James, Travels to Discover the Source of the Nile in the Years 1768-73, Vol. II, 1813, S. 175.
[40] Budge, ibid., Vol. II, S. 508.
[41] ibid., Rubenson, Sven, The Survival of Ethiopian Independence, Heinemann, London, 1978, S. 115-119.
[42] Monroe, E., Jones, A. H. M., A History of Ethiopia, London, OUP, 1968, S. 135.
[43] Caulk, Richard, Yohannis IV., The Mahadists, and the colonial particion of north-east Africa, in: Transafrican Journal of History, I, 2 (1971), S. 22-42.
[44] Rubenson, ebid., S. 385.
[45] ibid., S. 396.
[46] ibid., S. 394.
[47] Von Salis, J. R., Weltgeschichte der neuesten Zeit, 1871 - 1904, S. 469-470, München, 1951.
[48] Westermann, Diedrich, Geschichte Afrikas, S. 297, Köln, 1952.
[49] Zewde, Bahru, A History of Modern Ethiopia, S. 121, Addis Abeba, 1992.
[50] Holcomb/Ibsa, The Invention of Ethiopia, Trenton, NJ, Red Sea Press, 1990, S. 158.
[51] May Ydlibi. With Ethiopian Rulers. A Biography of Hasib Ydlibi. Addis Ababa University Press, 2006. Page 245
[52] Ibid. Page 250
[53] Hiwet, Addis, Ethiopia from Autocracy to Revolution, London 1975, S. 60.
[54] May, Ydlibi. P.
[55] Kramer, Hans, Geschichte Italiens II, von 1494 bis zur Gegenwart, Stuttgart, Berlin, Köln und Mainz, 1968, S. 84.
[56] Gebre- Egziabher/Salome, W., The Ethiopian Patriots 1936-41, Ethiopia Observer, Vol. VI, (o. J.) S. 64.
[57] Gilkes, Patrick, The Dying Lion. Feudalism and Modernization in Ethiopia, London, 1975, S. 230-31.
[58] Greenfield, Richard, Ethiopia , A New Political History, Pall Mall Press, London, S. 255.
[59] Marcus, Harold G., A History of Ethiopia, Berkeley and Los Angeles, 1994, S. 153-54.
[60] Bahru, Zewde, ibid., S. 179.
[61] Marcus, ibid., S. 153-54.
[62] Lewis, I. M., A Modern History of Somalia, Longman Press, 1980, S. 4. Vgl. Geiss, I., Geschichte griffbereit, Bd. 6, Harenberg Lexikon Verlag 1993, S. 454.
[63] Cerulli, E., Somalia, scritti vari editi ed inediti, 2 Vols., (Rom, 1957), Vol. I, S. 94.
[64] ibid., Vol.I, S. 111.
[65] Guillain, C., Documents sur l’histoire, la géographie, et le commerce de l’Afrique Orientale, 3 Vols. (Paris, 1856), hier Vol. I, S. 234.
[66] Cerulli, ibid., Vol. I, S. 163.
[67] Lewis, I. M., The Galla in Nothern Somaliland , Rassegna di Studi Etiopici, 21-38 (1959a), S. 34.
[68] Berg, F. J., The Coast from the Portuguese Invasion to the rise of the Zanzibar Sultanate, in: B. A. Ogot and J. A. Kieran (eds), S. 119-141, 2. Aufl., Dar es-Salam, 1970; Geiss, I., ibid.
[69] Geiss, I., ibid., S. 455.
[70] Als hervorragende Analyse zu diesem Thema: Volker Matthies, Der Grenzkonflikt Somalias mit Äthiopien und Kenia, Institut für Afrikakunde, Hamburg 1977, S. 37.
[71] Lewis, I. M., editor, Nationalism & Self Determination in the Horn of Africa, Ithaca Press, London 1983, S. 9.
[72] Für wichtige Diskussionen bezüglich der Geschichte des Horns von Afrika im „Mittelalter“ siehe Tadesse Tamrat, Ethiopia, the Red Sea and the Horn in: Roland Oliver (ed)., The Cambridge History of Africa, 3, (Cambridge, 1977), S. 98-182.
[73] Für typische Verträge und Verhandlungen der Briten mit den Somali-Clans siehe z. B. Public Record Office, London (PRO) FO 844/1. Frankreich und Italien (ähnliche Verträge) z. B. The Somali Peninsula, A New Light on Imperial Motives, (Mogadishu, 1962), Appendices I(b); VI(d); VI(e).
[74] Siehe I. M. Lewis, A Modern History of Somalia, Longmans, London, New York 1980, S. 46.
[75] Lewis, I. M., ibid., S. 59.
[76] Lewis, I. M., ibid., S. 61-62.
[77] Matthies, Volker, ibid., S. 48.
[78] John R. Rasmuson, A History of Kagnew Station and American Forces in Eritrea, Washington, D.C., U.S. Army, Public Affairs Office, 1973, S. 22.
[79] ibid., S. 28-29.
[80] Marcus, Harold G., Ethiopia, Great Britain, and the United States, 1941-1974 . The Politics of Empire, Berkeley, University of California Press, 1983, S. 12.
[81] Für die Geschichte der Station und der Verwicklung der USA in ihrer Ausweitung siehe Rasmuson, A History of Kagnew Station, 1973.
[82] Memorandum des Verbindungsstabschefs an den Verteidigungsminister (Forrestal), Washington, D.C., 5. August 1948. Zitiert in Afeworki Paulos, Superpower-Small State Interaction: The Case of U.S.-Ethiopian Relations, 1945-1986, unveröffentlichte Dissertation, The George Washington University, 1987, S. 84.
[83] Siehe Robert L. Hess, Italian Colonialism in Somalia. Chicago, University of Chicago Press, 1966, S. 191.
[84] Einigen Behauptungen zufolge sollen Kommandeure der verschiedenen US-Einrichtungen in Eritrea gegenüber ihren amerikanischen Kontrahenten stets betont haben wie wichtig es sei, daß die Kasernen von Asmara unter britischer Kontrolle bleiben. Siehe Marcus, Ethiopia , 1983, S. 83.
[85] Central Intelligence Group, Significant Considerations Regarding the Disposition of the Italian African Colonies, 25. Juli 1947. Zitiert in Paulos, Superpower, 1987, S. 80.
[86] Memorandum von Loy W. Henderson, Assistant Secretary of State for Near East and African Affairs, an den Außenminister, 1. Oktober 1947. Zitiert in ibd., S. 81.
[87] Memorandum vom Verbindungskomitee des Defense Dept. an das State Dept., 8. Juli 1947. SD 865.014/7-847. Zitiert in ibid., S. 81.
[88] Memorandum von Loy W. Henderson, Assistant Secretary of State for Near East and African Affairs, an den Außenminister, 1. Oktober 1947. Zitiert in ibid., S. 81.
[89] Großbritanniens Botschafter Douglas an den Außenminister, 9. August 1948, SD 865.014/8-948. Zitiert in ibid., S. 86.
[90] NSC, der Vorstandsvorsitzende, Disposition of the Former Italian Colonies in Africa. Ein Bericht an den NSC, Nr. 19 (1949). Zitiert in Marcus, Ethiopia, 1983, S. 83.
[91] State Department an NSC, Washington, 4. August 1949, Nr. 19/5. Zitiert in ibid., S. 84.
[92] Marcus, Ethiopia, 1983, S. 83.
[93] Kurzmemorandum zur Verwendung in Gesprächen mit dem äthiopischen Außenminister Aro Aklilu, Washington, 25. September 1950, in: Berry an McGhee, Washington, SC 777.00/9-2550. Zitiert in ibid., S. 84.
[94] Als ausgezeichneten Überblick über die frühen Schritte in dieser Hinsicht von Kaiser Haile Selassie siehe John H. Spencer, Ethiopia at Bay: A Personal Account of the Haile Selassie Years, Algonac, Michigan, Reference Publications, 1987, Kap. 6-9.
[95] ibid., S. 102.
[96] Bericht des Joint Strategic Plans Committee (JSPC), 10. Juli 1951, JSPC 974/2, in: JCS 210.482 Ethiopia, 5. September 1951, Staatsarchiv der USA, Record Group 218. Zitiert in Marcus, Ethiopia, 1983, S. 87.
[97] Memorandum des Direktors des Stabes an Lt. General Charles L. Bolte, JCS, Visit to Ethiopia by a Representative of the President, JCS 210.482 Ethiopia, 5. September 1951, Staatsarchiv der USA, Record Group 218. Zitiert in Marcus, Ethiopia, 1983, S. 86.
[98] Spencer, Ethiopia at Bay, 1987, S. 263.
[99] ibid.
[100] Leimgruber, Walter, Kalter Krieg um Afrika, Franz Steiner Verlag, Stuttgart, 1990, S. 335
[101] Als ausführlichere Diskussion der Verhandlungen, die zu den zwei Vereinbarungen führten, siehe Spencer, Ethiopia at Bay, 1987, Kap. 14, S. 261-68, und Marcus, Ethiopia, 1983, S. 88-90.
[102] Spencer, Ethiopia at Bay, 1987, S. 270.
[103] ibid., S. 268-70.
[104] Zwei Berichterstattern zufolge, „spielte sich Kaiser Haile Selassie, wenn auch nicht absichtlich, als Symbol des Widerstandes des Schwarzen Mannes gegen den Imperialismus auf und beschwor ein tiefsitzendes und weitverbreitetes Echo von Afrikanern und schwarzen Amerikanern hervor.“ Siehe Ali A. Mazrui und Michael Tidy, Nationalism and New States in Africa from about 1935 to the Present, Heinemann, London, 1985, S. 5.
[105] Vertrauliches Interview Nr. NEAA-I.
[106] Vertrauliches Interview Nr. NEAA-II.
[107] FY 1958 Programming Guidance, geschrieben in Taylor an Ministerium, 23. Mai 1956, SD 775.5--MSP/5-2356. Zitiert in Marcus, Ethiopia, 1983, S. 104.
[108] Siehe NSC, U.S. Foreign Policy toward Ethiopia, NSC 5615, 23. Oktober 1956. Dokument vervielfältigt von University Microfilm International.
[109] NSC, Operations Coordinating Board Report 13. Juli 1960 über U.S. Policy Toward the Horn of Africa, NSC 5903, 13. Juli 1960, S. 1. Dokument vervielfältigt von University Microfilm International.
[110] ibid., S. 2.
[111] NSC, U.S. Policy Toward the Horn of Africa, NSC 5903, 4. Februar 1959. Dokument vervielfältigt von University Microfilm International.
[112] Spencer, Ethiopia at Bay, 1987, S. 294, brachte diese Ausgabe bezüglich Äthiopiens Konflikt mit Italien über die Grenze zwischen dem Ogaden und Italienisch Somaliland heraus : „Die USA hatten ihre Gründe, Italien bei seinen Konfrontationen mit Äthiopien wegen der Grenze zu Somalia zu unterstützen. Insofern, als eine Auswahl zwischen den beiden Kontrahenten getroffen werden mußte, hatten die USA ein tatsächliches Interesse, ihrem NATO-Partner gefällig zu sein und zu begünstigen. Es gab wenig Grund zu glauben, daß diese Partnerschaft den Kaiser veranlassen würde, die USA zu veranlassen, die Einrichtungen in Kagnew zu verlassen, und falls doch, würde der Verlust winzig sein im Vergleich mit den Schwierigkeiten in der NATO.“
[113] NSC 5903, S. 10.
[114] ibid., S. 18.
[115] Spencer, Ethiopia at Bay, 1987, S. 294.
[116] Marcus, Ethiopia, 1983, S. 112.
[117] NSC, Operations Coordinating Board Report, 13. Juli 1960, S. 2-3.
[118] Dulles to McElroy, Washington, 15. Januar 1958, sowie anliegendes Memorandum, SC 775.5-MSP/I-I558. Zitiert in Marcus, Ethiopia, 1983, S. 110.
[119] Greenfield, Ethiopia , A New Political History, ibid, 1965, S. 358.
[120] U.S. Senat, Komitee für Äußere Angelegenheiten, Subcommittee der US-Sicherheitsverein-barungen und Überseeverpflichtungen, United States Security Agreements and Commitments Abroad, Vol. 2, Part 8, Ethiopia, 1. Juni 1970, 91. Kongreß, 2. Sitzung, Washington, D.C.: GPO, 1971, S. 1905.
[121] Die folgende Beschreibung der amerikanischen Verwicklung entstammt hauptsächlich zwei großen Chronologien, niedergeschrieben von der US-Botschaft und dem amerikanischen MAAG in der zweiten Hälfte des Staatsstreichs. Siehe Attempted Coup d’Etat, US-Botschaft, Addis Ababa, Depeche Nr. 198, 29. Dezember 1960 (im folgenden „Richard’s Report“), und Army Attaché’s Report on Attempted Coup d’Etat, US-Botschaft, Addis Ababa, Depeche Nr. 217, 13. Januar 1961 (im folgenden „Crosson Report“).
[122] „Crosson Report, “ S. 18.
[123] ibid.
[124] ibid., S. 23.
[125] Siehe „Richard’s Report,“ S. 4-6; und Amerikanische Botschaft Addis Ababa an Washington, Telegramm Nr. 573, 26. Dezember 1960 (Archiv des U.S.-State Dept., Washington D.C.).
[126] Amerikanische Botschaft Addis Ababa an Washington, Telegramm Nr. 557, 17. Dezember 1960. (Archiv des U.S.-State Dept., Washington D.C.).
[127] Agyeman-Duah, Baffour, United States Military Assistance Relationship with Ethiopia, 1953-77, Historical and Theoretical Analysis. Diss. University of Denver, 1984, S. 168-70.
[128] Der „Richards Report“ (S. 7) sagte zum Beispiel, „obwohl der Beweis sowjetischer Einmischung sich natürlich nachteilig auf die gewinnbringenden amerikanischen Interessen hier auswirken würde...hat die Botschaft bis heute keine verbindlichen Anzeichen direkter sowjetischer oder anderer fremder Einmischung in den Staatsstreich erhalten.“
[129] Siehe zum Beispiel die folgende Beurteilung, vorgefunden im „Richards Report“ (S. 7), die bereits in früheren Telegrammen Nr. 6 und 9 an Washington am 18. November und 25. Dezember enthalten war: „Die Botschaft wußte bereits vor dem Staatsstreich von der zunehmenden Unzufriedenheit der Offiziere der Leibgarde...In den Wochen zuvor hatte sich der Groll auf höhere Zahlungen an Absolventen der Haile Selassie First Military Academy in Marar konzentriert, die ihren Abschluß am 1. Oktober dieses Jahres machten. Diese Unzufriedenheit bezog sich auch auf Forderungen nach höheren Zuschüssen und anderen Vergünstigungen für Mitglieder der Leibwache und, hauptsächlich unter den jüngeren Offizieren mit Übersee-Erfahrung, auf Forderungen, daß die notorisch korrupten und uneffizienten Mitglieder der alten Garde um den Kaiser entlassen werden, um Platz für jüngere und fähigere Offiziere zu machen. Diese Unzufriedenheit wurde von vielen Vertretern der jungen gebildeten Klasse der Äthiopier geteilt, die sich zunehmend enttäuscht fühlten in ihrem Wunsch nach schnellerem Fortschritt in Äthiopien und die den relativ großen Fortschritt den Ländern übelnehmen, die gerade erst ihre Unabhängigkeit erhalten hatten.“
[130] „Crosson Report,“ S. 20.
[131] Amerikanische Botschaft, Addis Ababa, an Washington, Telegramm G27, 19. August 1960 (Archiv des U.S.-State Dept., Washington D. C.)
[132] NSC, U.S. Foreign Policy on the Horn of Africa, NSC 6028, 30. Dezember 1960, S. 5. Dokument vervielfältigt von University Microfilm International.
[133] Die OAU-Charta wurde vervielfältigt im Africa Report, 8, 6 (Juni 1963): 11-13. Als ausgezeichnete Aufstellung der Haltung des Afrikabüros bezüglich der Außenpolitik der USA im Hinblick auf die Ogaden-Region, siehe ein Arbeitspapier von David D. Newsom, U.S. Policy toward the Ogaden, 26. August 1963. Vervielfältigtes Dokument von University Microfilm International.
[134] NSC 6028, 30. Dezember 1960, S. 10.
[135] Für eine ausführliche Beschreibung dieser Anfragen siehe Tom Farer, War Clouds on the Horn of Africa: The Widening Storm, New York: Carnegie Endowment for International Peace, 1979, S. 115-16.
[136] Agyeman-Duah, S. 144
[137] Die umfassendste Analyse der Forderungen Somalias an Kenias Nordgrenzdistrikt liefert Korwa Gombe Adar, The Significance of the Legal Principle of ‘Territorial Integrity’ as the Modal Determinant of Relations: A Case Study of Kenya’s Foreign Policy towards Somalia, 1963-1983. Unveröffentlichte Dissertation, University of South Carolina, Columbia, South Carolina, 1986. Siehe ebenso Catherine Hoskyns, (Hg.), Case Studies in African Diplomacy (2): The Ethiopia-Somalia-Kenya Dispute 1960-1967. Dar es Salaam, Oxford University Press for the Institute of Public Administration, 1969.
[138] Interview mit Horace G. Torbert, jr., ehemaliger US-Botschafter in Somalia (1963-65), Washington, D.C., 21. Juni 1989.
[139] ibid.
[140] Interview mit Gil Kulick, politischer Beamter der US-Botschaft in Mogadishu (1966-68), Washington, D.C., 15. Juni 1989.
[141] Ein Ausspruch von Botschafter Torbert. Interview mit Torbert, 21. Juni 1989.
[142] ibid.
[143] Diese Information stammt aus John Markakis, National and Class Conflict in the Horn of Africa, Cambridge, Cambridge University Press, 1987. Siehe Kap. 7, The Somali Unification Struggle, und hier hauptsächlich das Unterkapitel The Ogaden Rebellion of 1963, S. 169-81.
[144] Agyeman-Duah, Baffour, ibid., S. 192.
[145] Zitat nach I. M. Lewis (ed.), Nationalism & Selfdetermination in the Horn of Africa, Ithaca Press, London, 1983, S. 153.
[146] Schlußfolgerung zweier Beamter, die bestens mit der Entscheidung und deren gleichzeitiger Wirkung auf die Grenzkonflikte vertraut waren: Edward M. Korry, als US-Botschafter in Äthiopien, und John H. Spencer, als persönlicher Berater von Kaiser Haile Selassie. Über sie selbst siehe Spencer, Ethiopia at Bay, 1987, S. 320, sowie die Aussage von Botschafter Korry vor dem Subcommittee für Afrikanische Angelegenheiten im Amerikanischen Senat, Komitee für Äußere Beziehungen, Subcommittee für Afrikanische Angelegenheiten, Ethiopia and the Horn of Africa, Anhörungen vom 4., 5. und 6. Aug., 94. Kongreß, 2. Sitzung, Washington, D.C.: GPO, 1976, S. 46.
[147] G. Mennan Williams, Promising Trends in Africa, Rede vom 15. Februar 1964, Department of State Bulletin 50, 1289, 9. März 1964, S. 371.
[148] Positioning of Mobile Training Teams for Ethiopia, Memorandum vom 23. März 1964. Zitiert in Agyeman-Duah, United States, 1985, S. 161.
[149] Interview mit David Newsom, ehemaliger Vize-Außenminister für Afrikanische Angelegenheiten, Washington D.C., 13. Juni 1989. Zur Zeit des Ogaden-Konflikts war Newsom Leitender Direktor des Büros für Afrikanische Angelegenheiten.
[150] Statt als Antwort auf den Grenzkonflikt größere Mengen militärischer Waffen zu liefern, entsandte die UdSSR im März 1964 tatsächlich ihren Außenminister sowohl nach Mogadishu als auch nach Äthiopien, um auf beiden Seiten an die Vernunft zu appellieren. Siehe Markakis, National and Class Conflict, 1987, S. 180.
[151] Interview mit Torbert, 21. Juni 1989.
[152] Korry, ibid.
[153] Aussage Korrys, U.S.-Senat, Ethiopia and the Horn of Africa, 1976, S. 35.
[154] Vertrauliches Interview Nr. CIADS-I.
[155] Siehe Jeffrey A. Lefebvre, Donor Dependency and American Arms Transfers to the Horn of Africa: The F-5 Legacy, Journal of Modern African Studies 25, 3 1987, S. 473. Siehe auch Rasmuson, A History of Kagnew Station, 1973, Kap. 5, S. 55-62.
[156] US-Repräsentantenhaus, The Middle East, Africa, and Inter-American Affairs, Vol. 16, Selected Executive Session Hearings of the Committee on Foreign Affairs, 1951-56, Washington D.C.: GPO, 1980, S. 335-36.
[157] Aussage von Korry, US-Senat, Ethiopia and the Horn of Africa, 1976, S. 35.
[158] Siehe zum Beispiel die folgende Aussage von Botschafter Korry: „Die Berichte über die Verwendung unserer Militärhilfe an Äthiopien sind deprimierend. Ein großer Teil der Ausrüstung w ar, aufgrund schlecht geschulter Soldaten, schnell ruiniert und wurde weggeworfen. Die äthiopische Armee wurde als eine Pöbeltruppe angesehen, und als ich den Informationsbeamten im Pentagon fragte, was wir mit ihr machen sollten, sagte er, daß wir nicht viel für die Äthiopier tun können - es war tatsächlich die Miete für Kagnew, und falls der Kaiser sie in Form von ‘goldenen Cadillacs’ wollte, das war sein Ausspruch, könne er sie in der Form haben. “ Siehe Aussage von Korry, US-Senat, Ethiopia and the Horn of Africa, 1976, S. 36.
[159] US-Senat, United States Security Agreements and Commitments Abroad, 1971, S. 1907.
[160] Als umfassende Analyse der Amtspolitik um die Entscheidung für F-5, siehe Lefebvre, Donor Dependency, 1987.
[161] Aussage von George Bader, Büro des Vizeministers für Internationale Sicherheitsangelegenheiten, Verteidigungsministerium, vor dem Subcommittee des Senats für Sicherheitsvereinbarungen und Überseeverpflichtungen der USA, wie aufgezeichnet im US-Senat, United States Security Agreements and Commitments Abroad, 1971, S. 1935-37.
[162] Siehe die Aussage des Vizeministers des Amtes für Afrikanische Angelegenheiten David D. Newsom, aus dem US-Senat, United States Security Agreements and Commitments Abroad, 1971, S. 1911.
[163] Zitiert in Paulos, Superpower-Small State Interaction, 1987, S. 212.
[164] Eine komplettere Analyse der drei Richtungen, auf der die Diskussion basierte, siehe ibid., S. 210-14.
[165] Das äthiopische Verteidigungsministerium legte zum Beispiel im Januar 1967 der US-Botschaft in Addis Abeba eine Anfrage nach Militärhilfe vor, die ein fünfjähriges Modernisierungsprogramm für alle drei Abteilungen der äthiopischen Armee umriß.
[166] Außenminister Rusk an die Amerikanische Botschaft, Addis Abeba, 20. April 1968. Zitiert in Marcus, Ethiopia, 1983, S. 188.
[167] Interview mit Robert Houdek, US-Ambassador to Ethiopia 1988-1991, Washington D.C., 4. Sept. 1991.
[168] Newsom, U.S. Policy toward the Ogaden, 1963, S. 2.
[169] Vertrauliches Interview Nr. ASSC-I.
[170] Als ausgezeichneten Überblick über diesen Zeitraum, siehe Raymond L. Thurston, Détente in the Horn, Africa Report 14, 2. Februar 1969, S. 6-13.
[171] Vertrauliches Interview Nr. CIASO-I.
- Citar trabajo
- Professor. Dr. Girma Yohannes Iyassu Menelik (Autor), 2008, Konflikte, Kriege und Terrorismus am Horn von Afrika: Konsequenzen aus der Rüstungswettlauf der Supermächte, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/134699
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