Sansibar trägt seit langer Zeit den Beinamen „Gewürzinsel“. Ein Grund hierfür ist im Anbau von Gewürznelken zu finden, die jedoch nicht aus Sansibar stammen. Ursprünglich nur beheimatet auf den Molukken (Indonesien), wurde die Gewürznelke Anfang des 19. Jahrhunderts in das Sultanat Sansibar gebracht und auf den Inseln Sansibar und Pemba angebaut.
Aber was machte den Anbau von Gewürznelkenbäumen – sogar im Plantagensystem – so attraktiv? War der Anbau tatsächlich rentabel, und wer profitierte davon? Konnte die Gewürznelke den Hauptexportgütern des Sultanats Sansibar – Elfenbein und Sklaven – gar den Rang ablaufen? Drängte sie den Anbau anderer landwirtschaftlicher Produkte vielleicht zurück? Gab es Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben? Und welche Rolle spielten Sklavenhandel und Sklaverei in diesem Zusammenhang?
In dieser Hausarbeit wird diesen Fragen nachgegangen. Sie befasst sich einleitend mit der Geschichte der Etablierung der Gewürznelke auf Sansibar und informiert über den Arbeitsaufwand, den ihre Kultivierung erforderte, und untersucht anschließend im Hauptteil, ob und welche Auswirkungen diese „Neuerwerbung“ im Sultanat Sansibar auf die Bereiche lokale Wirtschaft, Fernhandel und Gesellschaft hatte. In einem abschließenden Kapitel wird eine Zusammenfassung und Interpretation der Untersuchungsergebnisse vorgenommen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: Fragestellung und verwendete Forschungsliteratur
2. Die Gewürznelke
2.1 Die Einführung der Gewürznelke im Sultanat Sansibar
2.2 Anforderungen an die Kultivierung der Gewürznelke
3. Die Auswirkungen des Gewürznelkenanbaus in den Bereichen:
3.1 Lokale Wirtschaft
3.2 Fernhandel
3.3 Gesellschaft
4. Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse
5. Bibliographie
6. Anhang: Übersicht über die Herrscher im Sultanat Sansibar im 19. Jahrhundert
1. Einleitung: Fragestellung und verwendete Forschungsliteratur
Sansibar trägt seit langer Zeit den Beinamen „Gewürzinsel“. Ein Grund hierfür ist im Anbau von Gewürznelken zu finden, die jedoch nicht aus Sansibar stammen. Ursprünglich nur beheimatet auf den Molukken (Indonesien), wurde die Gewürznelke Anfang des 19. Jahrhunderts in das Sultanat Sansibar[1] gebracht. Geografisch wird die Fragestellung der Hausarbeit auf die Inseln Sansibar und Pemba eingeschränkt, da nur dort der Gewürznelkenanbau im großen Stil erfolgte.
Aber was machte den Anbau von Gewürznelkenbäumen– sogar im Plantagensystem – so attraktiv? War der Anbau tatsächlich rentabel, und wer profitierte davon? Konnte die Gewürznelke den Hauptexportgütern des Sultanat Sansibar – Elfenbein und Sklaven – gar den Rang ablaufen? Drängte sie den Anbau anderer landwirtschaftlicher Produkte vielleicht zurück? Gab es Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben? Und welche Rolle spielten Sklavenhandel und Sklaverei in diesem Zusammenhang?
In dieser Hausarbeit wird diesen Fragen nachgegangen. Sie befasst sich einleitend mit der Geschichte der Etablierung der Gewürznelke auf Sansibar und informiert über den Arbeitsaufwand, den ihre Kultivierung erforderte, und untersucht anschließend im Hauptteil, ob und welche Auswirkungen diese „Neuerwerbung“ im Sultanat Sansibar auf die Bereiche lokale Wirtschaft, Fernhandel und Gesellschaft hatte. In einem abschließenden Kapitel wird eine Zusammenfassung und Interpretation der Untersuchungsergebnisse vorgenommen.
Verwendete Forschungsliteratur
Grundlage der Hausarbeit ist einerseits Fachliteratur über die Gewürznelke selbst, um zu untersuchen, welche Anforderungen sie an ihre Kultivierung stellt, da dies z. B. Auswirkungen auf den Arbeitskräftebedarf hat. Herangezogen wurden dazu die Ausführungen von Carl Ettling, Pflanzungsdirektor a.D., über die wichtigsten tropischen Gewürzpflanzen aus dem Jahre 1930 sowie das 1949 publizierte Buch „The Clove Tree“ von G. E. Tidbury, einem Landwirtschaftsbeamten des Zanzibar Protectorate. Während Ettling über die Aufzucht und Pflege des Gewürznelkenbaums schreibt, geht Tidbury in seinem Buch, in dem er u. a. Daten aus Jahresberichten und Quartalsbulletins des Zanzibar Department of Agriculture verarbeitete (Tidbury 1949, S. x), auch auf andere Aspekte, die der Gewürznelkenanbau mit sich brachte, sowie auf die Einführung der Gewürznelke auf Sansibar ein.
Um die Auswirkungen des Gewürznelkenanbaus auf die verschiedenen, o. a. Bereiche in dem von Omani-Arabern errichteten Sultanat Sansibar im 19. Jahrhundert feststellen und bewerten zu können, wird andererseits Literatur verwendet, die sich zum einen ebenfalls mit der Einführung der Gewürznelke auf Sansibar und damit einhergehenden wirtschaftlichen Aspekten und dem Landbesitz befasst, zum anderen aber auch mit den Gewürznelkenplantagen besitzenden Omani-Arabern, dem Sklavenhandel und der Sklaverei, da die Gewürznelkenproduktion auf Sklavenarbeit basierte und somit auch von den britischen Bestrebungen zur Abschaffung von Sklavenhandel und Sklaverei im 19. Jahrhunderts betroffen war. Die dafür verwendete Literatur, ihre Autoren und deren Positionierung in der Debatte zur Geschichte Ostafrikas werden kurz vorgestellt:
Frederick Cooper ist Assistant Professor of History an der Harvard Universität. In seinem Buch „From Slaves to Squatters“ untersucht er die Beziehungen zwischen Landlord-Arabs“, „Muslim-Africans“ und „Ex-Slaves“ und stellt die Auswirkungen auf die Landwirtschaft dar. Dafür verwendet er detailliertes Archivmaterial in England.[2]
Steven Feierman ist Experte für Geschichte über Gesundheit und Heilen in Afrika und lehrt als Geschichtsprofessor an der Universität von Pennsylvania.[3]
Der Autor W. H. Ingram verbrachte die Zeit von 1919 bis 1927 auf Sansibar und gab an, nahezu alle in dem Buch verarbeiteten Informationen in dieser Zeit von den Einwohnern selbst erhalten zu haben. Sein Buch „Zanzibar. Its History and Its People“ wurde mit Hilfe der Regierung von Sansibar und Genehmigung des Colonial Office veröffentlicht.[4]
Juhani Koponen gehört dem Institute of Development Studies an der Universität Helsinki an. In seinem Buch untersucht er das Wirken tansanischer Gesellschaften und den materiellen Wohlstand, den sie in der späten vorkolonialen Periode hervorbrachten, wobei er auf die dramatischsten Veränderungen eingeht. Seine Studien wurden durch die Akademie von Finnland, das Institute of Development Studies an der Universität Helsinki und vom Skandinavischen Institut für Afrikastudien (SIAS) finanziell unterstützt.[5]
Das Buch „A Short History of Africa“ von R. Oliver und J. D. Fage – beide Professoren für afrikanische Geschichte und Gründer des Journal of African History – will dem Leser einen generellen Überblick über afrikanische Geschichte – von den frühesten Zeiten bis zur Schaffung der Organization of African Unity (OAU) – geben[6]
Randall L. Pouwels, Department of History der University of Central Arkansas, zeigt in seinem 1987 publizierten Buch – einer ersten größeren Studie der Ausbreitung des Islam unter den Swahili – u. a. den Einfluss des Islam auf die verschiedensten Bereiche der Gesellschaft auf.[7]
Das „Handbuch Afrika. Band 3: Nord- und Ostafrika“ von W. Schicho, der seit 2000 eine Professur für afrikanische Geschichte am Institut für Afrikanistik der Universität Wien innehat und sich auch zu Forschungen in Tansania aufhielt, will Hintergrundinformationen u.a. über Geschichte afrikanischer Staaten geben und zeigen, welche Institutionen, Personen und Vorstellungen im Wechselspiel der Kräfte die Realität Afrikas prägen. Das Handbuch wurde aus öffentlichen Mitteln, u.a. der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, gefördert.[8]
Abdul Sheriff, Geschichtsprofessor an der Universität von Daressalam, hatte für sein Buch „Slaves, Spices & Ivory in Zanzibar. Integration of an East African Commercial Empire into the World Economy, 1770-1873” bereits 1960 in den USA, Frankreich und Indien sowie hauptsächlich in London Studien durchgeführt. Die Veröffentlichung erfolgte jedoch erst 1987, nach zahlreichen Überarbeitungen, die er für notwendig befand, nachdem er an der Universität von Daressalam in eine neue philosophischen Debatte über die Natur afrikanischer Geschichte geriet und sich über einen längeren Zeitraum damit auseinander gesetzt hatte.[9]
2. Die Gewürznelke
2.1 Die Einführung der Gewürznelke im Sultanat Sansibar
Die Molukken sind die Heimat des Gewürznelkenbaums (Ettling 1930, S. 28; Tidbury 1949, S. 1). Die Franzosen brachten die Gewürznelke im 18. Jahrhundert[10] auf die Maskarenen-Inseln (bestehend aus Réunion, Mauritius und Rodriguez sowie Nebeninseln) sowie später nach Dominica, Martinique, Bourbon, Madagaskar und die Seychellen (Tidbury 1949, S. 4).
Die Angaben darüber, wann der Gewürznelkenbaum auf Sansibar heimisch wurde und wer für die Ausbreitung der Gewürznelkenplantagen die Grundlagen legte, sind unterschiedlich und werden von den Autoren auch unterschiedlich bewertet.
Schicho (Schicho 2004, S. 320) reduziert die Einführung der Gewürznelke auf die Feststellung, dass sich arabische Kolonisatoren große Teile des fruchtbaren Bodens sicherten und Nelkenbäume anpflanzen ließen, als Sansibar unter Sultan Seyyid Said zum Sitz der omanischen Herrscher wurde.
Etwas ausführlicher gibt Koponen (Koponen 1988, S. 65) an, dass die Gewürznelke in den 1810er Jahren durch einen omanischen Sklavenhändler und Dolmetscher zu dem Gouverneur mit dem Namen Saleh bin Haramil Al-Abray gekommen sei. Was dann bis 1828 geschah, als Sultan Said seine regelmäßigen Besuche auf Sansibar begann, sei nicht bekannt. Die Ausweitung der Plantagen scheint erst begonnen zu haben, als der Sultan die Plantagen von Saleh konfiszierte, wobei unbekannt sei, was genau er unternommen habe, um zum Gewürznelkenanbau zu ermutigen., aber sein großes privates Interesse daran sei unzweifelhaft gewesen. Oliver/Fage (Oliver/Fage 1972, S. 174) schreiben diesbezüglich über Sultan Seyyid Said: „[...] he started a plantation industry in cloves, introduced all the way from the Molucca, with such success that by the end of his reign Zanzibar was producing three-quarters of the world’s supply“.
Laut Feierman (Feierman 1995, S. 361) ist die Gewürznelke in den ersten Dekaden des 19. Jahrhunderts möglicherweise von einem französischsprechenden Araber nach Sansibar gebracht worden. Oliver/Mathew (Oliver/Mathew 1963, S. 216-217) geben an, dass die Gewürznelke etwa um 1818 von einem Salih bin Haramil Abri in Sansibar eingeführt wurde. Sie schreiben dem Sultan zu, dieser habe schnell begriffen, dass das tropische Sansibar wirtschaftliche Ernten produzieren könne:
„[...]With extraordinary intuition Said ibn Sultan quickly grasped the potentialities of cloves as an economic asset for Zanzibar and by his personal example and in many other ways did everything in his power to encourage their cultivation in his African islands.”
Nach Sheriff (Sheriff 1987, S. 49) wird die Einführung der Gewürznelke zeitgenössischen französischen Beobachtern zufolge verschiedenen Franzosen zugeschrieben, die vielleicht alle Sklavenhändler waren. Da es keinen Beweis über Landbesitz der Franzosen zu dieser Zeit auf der Insel gibt, ist es wahrscheinlich, dass sie mit Mitgliedern der omanischen Händlerklasse zusammen arbeiteten. Die sansibarische Tradition hingegen, so Sheriff, gestehe die Einführung Saleh b. Haramil al Abray zu, welcher der Doyen der omanischen Händlerklasse gewesen zu sein scheint und in verschiedenen Verzeichnissen aus dem frühen 19. Jahrhundert einfach als Saleh erwähnt worden sei. Dieser Saleh sei als „perfect Frenchman“ beschrieben worden, der ein Freund oder Verwandter wie auch ein Dolmetscher für den Gouverneur – mit Namen Said – von Sansibar gewesen sei. Ende des 18. Jahrhunderts habe dieser Saleh einen französischen Beamten von Sansibar nach Bourbon begleitet und die Erlaubnis erhalten, eine kleine Menge an Samen und Pflanzen mitzunehmen, die auf seiner Plantage auf Sansibar im Mtoni und in Kizimbani gepflanzt worden seien. Die Einführung der Gewürznelke sei von dem zeitgenössischen Herrn Albrand auf ca. 1812 datiert worden. Zur Inbesitznahme der Plantagen Saleh’s durch Sultan Said führt Sheriff (Sheriff 1987, S. 50) aus, dass Saleh trotz des Moresby-Abkommens von 1822 anscheinend weiterhin Sklavenhandel betrieben habe und deswegen von Sultan Seyyid Said ins Gefängnis geworfen und Saleh’s Eigentum vom Sultan konfisziert worden sei. Die Gewürznelken müssen jedoch in der Zwischenzeit gewachsen sein und Früchte getragen haben, denn laut Sheriff sind kleinere Mengen an Gewürznelken aus Ostafrika bereits zwischen 1823-4 und 1832-3 von Bombay importiert worden, wie dortige Handelszahlen belegen.
[...]
[1] Sultan Seyyid Said machte 1832 Sansibar zu seiner Hauptstadt (Ingram 1967, S. 162).
[2] Cooper 1988, Einband.
[3] Quelle: http://ccat.sas.upenn.edu/hss2/hss/faculty/fc_feierman.shtml#CV (Zugriff: 03.05.06).
[4] Ingram 1967, S. 6-8.
[5] Koponen 1988, Einband.
[6] Oliver/Fage 1972, Einband.
[7] Quelle: http://www.cambridge.org/catalogue/catalogue.asp?isbn=0521523095 (Zugriff: 21.09.05).
[8] Schicho 2004, Einband.
[9] Sheriff 1987, Einband und S. ix-xi.
[10] Feierman präzisiert den Zeitraum um 1770 (Feierman 1995, S. 361).
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- Andrea Bou-Said (Autor), 2006, Die Auswirkungen des Gewürznelkenanbaus auf das Sultanat Sansibar im 19. Jahrhundert, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/134610
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