Was dachte sich Caligula dabei, als er Truppen in Marsch setze, um eine riesige Statue seines Selbst im höchsten Heiligtum der Juden, dem Jerusalemer Tempel, aufstellen zu lassen? War er, wie Philo von Alexandria als erster der antiken Schriftsteller über Caligula urteilte, „wahnsinnig“ oder steckte politisches Kalkül dahinter bzw. gar ein Hass auf Juden?
Einleitung
Beschäftigt man sich mit dem dritten römischen Princeps Gaius Caesar Augustus Germanicus, oder wie sein Spitzname lautete, Caligula1, zeigen einem die Quellen und auch die Arbeiten von Wissenschaftlern der letzten Jahrzehnte, dass wir es bei diesem römischen Kaiser mit einem Wahnsinnigen zu tun haben. Genauer einem Wahnsinnigen, der sich selbst für einen Gott hielt, und als solchen verehren ließ.
Hier erscheint es wenig verwunderlich, dass gerade auch die Juden mit ihrem monotheistischen Glauben, kein gutes Verhältnis zu diesem Kaiser aufbauen konnten. Genau so wenig verwunderlich dürfte zudem die Darstellungen der jüdischen Quellen von Philo von Alexandria und Flavius Josephus sein, welche den Wahnsinn dieses Kaisers nur zu deutlich herausstellen.
Über dies attestieren sie Caligula jedoch nicht nur Wahnsinn, sondern eine regelrechte Feindschaft und Hass auf die Juden.
Bei beiden Autoren wird Caligula als der Judenfeind schlechthin dargestellt. Doch woher kam, bzw. wie entstand dieses Bild des Caligula bei den Juden?
Diese kurze Untersuchung möchte sich der aufgeworfenen Frage stellen und die Ereignisse aufzeigen, die Caligula in den Augen der Juden bzw. jüdischen Autoren als wahnsinnig erscheinen lie1en und warum er als Judenhasser und Judenfeind dargestellt wurde. Vor allem wird hier die etwas widersprüchliche Rolle des Marcus Julius Agrippa näher zu untersuchen sein, der als von Caligula eingesetzter jüdischer König und Freund des Herrschers auch bei den Juden beliebt war und somit einen Kontrastpunkt darstellt. Um die aufgeworfene Frage beantworten zu können wird es daher nötig sein, der Arbeit eine kurze Biografie des Caligula voran zu stellen, um darauf folgend die Situation der Juden im Reich beim Herrschaftsantritt des Caligula näher zu beleuchten. Auf dieser Grundlage werden schlie1lich die im Anschluss ausführlich dargestellten Ereignisse besser verständlich, die dabei aufzeigen sollen, warum Caligula in den Augen der Juden zum Judenfeind werden musste. Hier wird herauszustellen sein, dass mit Kaiser- und Tempelkult zwei verschiedene Welten aufeinander trafen.
Die Untersuchung wird schließlich mit einem Ausblick nach dem Tode Caligulas enden.
Vorgeschichte
Kurzbiographie zu Gaius „Caligula“
Gaius Caesar Augustus Germanicus – Caligula – wurde am 31. August 12 n. Chr. in Antium geboren. Er war der Sohn des gleichnamigen Vaters und der älteren Agrippina, einer Enkelin des Augustus. Gaius‘ Vater Germanicus war zudem von Augustus als übernächster Princeps ausgewählt worden und sollte dem Tiberius nachfolgen, welchen Augustus adoptiert und zum Nachfolger bestimmt hatte. Tiberius wiederum war von Augustus dazu angewiesen worden, den Germanicus zu adoptieren. Caligula war damit am Ende legitimer Nachfolger des Augustus, denn er war sowohl auf dem Weg der Adoption als auch durch direkte Blutsverwandtschaft und nicht zuletzt durch den Willen des Augustus selbst zum Princeps bestimmt. Und genau als diesen legitimen Nachfolger – welchen man in Tiberius nicht gesehen hatte – wurde Caligula schließlich auch vom römischen Volk bejubelt, als der Senat ihn schließlich im März 37 n. Chr. mit den Privilegien und Ehrungen des Princeps ausstattete.2
Zu diesem Zeitpunkt war Caligula gerade einmal 24 Jahre alt und hatte im Gegensatz zu Tiberius, welcher bei Herrschaftsübernahme schon die höchsten Ämter bekleidet und sich einen Namen als Feldherrn gemacht hatte, noch nichts für den Staat in diesem Sinne geleistet und konnte daher auch keine großen Erfahrungen hinsichtlich des Umganges mit der Macht vorweisen. Dies lag vor allem aber auch daran, dass Tiberius, welcher den jungen Caligula in den letzten Jahren seiner Herrschaft zu sich holte, nicht förderte, sondern ihn vielmehr unter Beobachtung und Arrest hielt, da er auf Grund seiner Abstammung als Konkurrent angesehen wurde.3 Caligula, dessen Vater bereits früh verstorben war und dessen Mutter 27 n. Chr. von Tiberius unter Arrest gestellt worden war, wuchs an verschiedenen Stellen auf. Seine Kindheit war auf Grund der frühen Opposition der Mutter gegenüber Tiberius eine turbulente. Während seines 14. Lebensjahrs wurde das Sorgerecht der Augustus-Witwe Livia übergeben und später, nach ihrem Tod, der Antonia, Caligulas Großmutter. Ab 30/31 n. Chr. lebte Caligula schließlich nach Anordnung des Tiberius auf Capri direkt bei ihm und seinem Enkel Gemellus.4 Hier machte Caligula nun auch seine ersten Kontakte mit dem Judentum. Er lernte hier Agrippa, den Enkel Herodes d. Großen kennen, den Tiberius eigentlich zur Erziehung des Gemellus eingestellt hatte und es entwickelte sich eine Freundschaft zwischen den beiden.5
Als am 16. März 37 n. Chr. Tiberius schließlich starb, ernannte der Senat Caligula wenige Tage später zum Princeps. Caligulas kurze Regierungszeit von weniger als vier Jahren wird dabei von den antiken Historikern in zwei Teile geteilt: bis zu den ersten Majestätsprozessen und dem Tode seiner Lieblingsschwester Drusilla im Juni 38 berichten die Quellen von einem eher guten und fürsorglichen Kaiser, dann jedoch, so wird es besonders bei Sueton klar, beginnt die Zeit des Tyrannen. Caligula nutze seine Macht aus und baute nicht mehr, wie seine Vorgänger auf den doppelbödigen Umgang mit dem Senat. Er muss sich in dieser Zeit viel mehr als Monarch, anstatt als Princeps gegeben und gesehen haben, da er die Reichweite seiner Macht erkannt hatte und bereits zu diesem Zeitpunkt glaubte, nicht mehr auf das Wechselspiel mit dem Senat angewiesen zu sein.6
Und auch die Juden bekamen von dem neuen Kaiser nichts Gutes zu spüren. Der Konflikt zwischen Caligula und den Juden gipfelte schließlich in dem Versuch des Kaisers, im höchsten Heiligtum der Juden, eine Kaiserstatue aufstellen zu lassen. Die Ermordung des Caligula am 24. Januar 41. n. Chr.7 wurde daher von vielen als Erlösung vom Tyrannen gesehen – vor allem wohl aber von der Aristokratie. Für die Juden bedeutete die Ermordung gleichwohl eine Restauration ihrer alten Rechte und war somit ebenfalls mehr als willkommen.
Situation der Juden im Reich um 37 n. Chr.
Die Situation der Juden zum Zeitpunkt des Regierungsantritts des Caligula war unterdessen bereits eine besondere und zugleich angespannte. Bereits Cicero gibt zu bedenken, dass die Juden überall in jeder Stadt zu finden seien.8 Der Römer selbst, schien so das Gefühl gehabt zu haben, dass die Juden über großen Einfluss verfügten, da sie tatsächlich in den meisten größeren Städten in größeren Gruppen anzutreffen waren, obwohl sie über ein eigenes Land verfügten.9 Doch es waren weniger die Römer, als viel mehr die Griechen, die in Streitigkeiten mit den Juden verwickelt waren. Dabei ging es vor allem um den Rechtsstatus, den die Juden im Reich genossen.10
Die Juden besaßen, ursprünglich von Gaius Julius Caesar geplant, aber erst nach seinem Tod verwirklicht, besondere Rechte im römischen Reich, die in erster Linie dazu dienten, dem Glauben der Juden Respekt zu zollen und den Juden es zu ermöglichen auf diese Weise ihren Glauben auch auszuleben. Diese Privilegien waren für zwei Orte des jüdischen Lebens von großem Interesse. Zum einen wurden Rechte für das Kernland der Juden, also Judaea, gewährt. Besonders aber für die Juden, die in der Diaspora, das heißt außerhalb von Judaea, verteilt über das römische Reich, lebten, ergaben sich bestimmte Privilegien. Für Judaea selbst war das wohl größte zugestandene Recht jenes, welches der Stadt Jerusalem erlaubte, sich wieder zu befestigen.11
Überdies blieb Jerusalem und damit Judaea als Tempelstaat auch nach dem Tod Herodes d. Großen ein Gemeinde, die über das Recht der Selbstverwaltung12 verfügte. Jerusalem und der Tempel im Speziellen verfügten dabei über ein ganz besonderes Privileg innerhalb der schon gewährten Selbstverwaltung. So galten gerade für den Tempel die ureigenen Gesetze der Juden und diese sahen vor, dass jeder, der den inneren Bereich des Tempels betrat und entweihte, getötet werden musste. Dieses Tötungsrecht wurde den Juden schließlich auch gegenüber Römern gewährt und somit hatten die Juden das Recht, Römer ohne sie in Rom zuvor anklagen zu müssen, bei diesem Vergehen sofort töten zu dürfen.13
Zu den allgemeinen Rechten des Bereichs der Selbstverwaltung kamen weitere Privilegien, die vor allem für das römische Militärwesen von Bedeutung waren. So war es verboten im Stammland der Juden Aushebungen vorzunehmen bzw. Juden zum Militärdienst zu zwingen. Hinzu kam das Verbot für die Truppen, Gelder für die Einquartierung der Soldaten einzutreiben und die jüdische Bevölkerung somit hierfür zu belasten.14
Negativer wirkten sich hingegen jedoch die spätere Anpassungen des Steuersystems aus. Mit Caesars Beschlüssen wurden die Steuern direkt von den Herrschenden Personen Judaeas eingetrieben. Als Judaea jedoch nach dem Tod Herodes d. Großen Teil einer römischen Provinz geworden war, übernahmen Steuereintreiber und Zöllner diese Aufgabe und es kam zu einer Doppelbelastung der Juden. Zum einen mussten harte Steuern an die Eintreiber gezahlt werden, zum anderen war aber auch eine Steuer an den Tempel abzugeben.15 Gerade die Eintreiber des römischen Staates und die Zöllner waren dabei ein erster großer Reibungspunkt der Juden mit der römischen Administration und entsprechend verhasst – ein Punkt der sich gerade im Neuen Testament bildlich wiederfindet.16 Die Steuer an den Tempel brachte den Juden jedoch im Grunde erst einmal ein weiteres Privileg ein, dass gerade für die in der Diaspora lebenden Juden von Bedeutung war. So war es ihnen nämlich im Gegensatz zu allen anderen erlaubt, Geld und damit Edelmetalle nach Jerusalem zu transferieren.
[...]
1 Den Spitznamen „Caligula“ hatte der 3. römische Kaiser bereits in Kindertagen erhalten. „Caligula“ bedeutet dabei „Soldatenstiefelchen“ und geht daraufhin zurück, dass Caligulas Mutter ihn im Legionslager als kleines Kind wie einen Legion einkleidete, vgl. Winterling, Aloys: Caligula. Eine Biographie, 2. Aufl., Ulm 2003, S. 22f. [im Folgenden zitiert als Winterling: Caligula]
2 Heuss, Alfred: Römische Geschichte, 10 Auflage, Paderborn 2007, S. 327f. [im Folgenden zitiert als Heuss: Römische Geschichte]
3 Ebd.
4 Winterling: Caligula, S. 36 – 40.
5 Winterling: Caligula, S. 43.
6 Heuss: Römische Geschichte, S. 328.
7 Ebd.
8 entsprechend wiedergegeben bei Bringmann, Klaus: Geschichte der Juden im Altertum. Vom babylonischen Exil bis zur arabischen Eroberung, Stuttgart 2005, S. 173f. [im Folgenden zitiert als Bringmann: Geschichte der Juden]
9 Bringmann: Geschichte der Juden, S. 174.
10 Ebd.
11 Bringmann: Geschichte der Juden S. 172.
12 Der jüdische Tempelstaat hatte besaß das Recht zur Selbstverwaltung und hatte somit eine eigene Administration, die von dem Ältestenrat geführt wurde. Im Tempelstaat galten die Gesetze der Thora. Vgl. Bringmann: Geschichte der Juden, S. 204 – 206.
13 Ebd., als auch Wilker, Julia: Für Rom und Jerusalem. Die herodianische Dynastie im 1. Jahrhundert n. Chr., Frankfurt am Main 2007, S. 228ff. [im Folgenden zitiert als Wilker: Rom und Jerusalem]
14 Vgl. der Wiedergabe Bringmanns aus den Jüdischen Altertümern in Bringmann: Geschichte der Juden, S. 173.
15 Ebd., als auch Bringmann: Geschichte der Juden, S. 206 – 209.
16 Dies zeigt neben dem Mahl Jesu mit den Zöllnern alleine schon das Gleichnis des Jesus, in dem der Zöllner als Sündiger dargestellt wird und sogar weiß, dass er sündigt, vgl. Lk 18,9 – 14.
- Citar trabajo
- Liam Hopewell (Autor), 2008, Caligula: Wahnsinn oder Judenfeindlichkeit? , Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/134462
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