Die vorliegende Masterarbeit hat zum Ziel, herauszufinden, inwieweit sich die Arbeitsweise speziell von Consultants im Bankensektor durch die Corona-Pandemie verändert hat. Zudem soll ermittelt werden, welche Vor- und Nachteile Consultants im Homeoffice festgestellt haben und wie sich die Veränderungen auf das Rekrutieren neuer Mitarbeiter*innen auswirken.
Die Corona-Pandemie hat das Leben vieler Menschen maßgeblich verändert. Die Auswirkungen sind auch im beruflichen Kontext spürbar. In der Literatur sind vorwiegend Daten zu den Auswirkungen von Corona und der Nutzung von Homeoffice verfügbar, die für alle Berufsgruppen und Branchen gelten.
Es werden eine qualitative Untersuchung durchgeführt und sieben Berater*innen im Bankensektor interviewt. Die Ergebnisse wurden mit denen aus der Literaturrecherche zusammengebracht. Es konnte festgestellt werden, dass der Wechsel ins Homeoffice die größte Veränderung in der Arbeitsweise von Consultants darstellt. Ein damit einhergehender Vorteil ist der Wegfall von einem Großteil der Reiseaktivitäten, was sich positiv auf die Work-Life-Balance von den Berater*innen auswirkt. Als nachteilig wird der fehlende persönliche Kontakt zum Kunden angesehen. Es wird davon ausgegangen, dass die Berater*innen im Bankenbereich nicht wieder zu ihrem Arbeitsrhythmus von vor Corona zurückkehren werden und Homeoffice und hybride Arbeitsmodelle bestehen bleiben. Daher ist es wichtig, dass sich die Consultants wie auch die Kunden die Vorteile von Homeoffice zu Nutzen machen und die Nachteile größtenteils zu minimieren versuchen.
Auswirkungen auf den Recruitingprozess und die Gruppe an Bewerber*innen konnten kaum festgestellt werden. Allerdings spielt die Möglichkeit, zuhause arbeiten zu können, eine große Rolle bei den Bewerbungsgesprächen. Das bedeutet für Consultingunternehmen, dass sie sich mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob sie ihren Mitarbeiter*innen zukünftigen einen festen Anteil Homeoffice anbieten wollen und können.
Inhalt
1 Einleitung
1.1 Forschungsfragen
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Grundlagen und Begriffsbestimmungen
2.1 Vorstellung der Consultingbranche
2.1.1 Definition
2.1.2 Bereiche der Beratung
2.1.3 Kundenbranchen
2.1.4 Daten und Fakten
2.2 Vorstellung des Bankensektors
2.3 Begriffsdefinitionen im Kontext von Homeoffice
2.3.1 Definition Telearbeit
2.3.2 Definition mobiles Arbeiten
2.3.3 Definition Homeoffice
2.4 Corona-Pandemie in Deutschland
3 Stand der Forschung
3.1 Homeoffice in Deutschland
3.1.1 Zahlen zur Nutzung und Entwicklung von Homeoffice während der Corona-Pandemie
3.1.2 Vor- und Nachteile für Arbeitnehmer*innen
3.1.3 Ausblick
3.2 Homeoffice im Bankensektor
3.2.1 Zahlen zur Nutzung und Entwicklung von Homeoffice während der Corona-Pandemie
3.2.2 Erfahrungen mit Homeoffice im privaten Bankgewerbe
3.2.3 Ausblick
3.3 Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Consultingbranche
3.3.1 Zahlen zur Entwicklung der Consultingbranche während der Corona-Pandemie
3.3.2 Vor- und Nachteile des Homeoffice für Consultants
3.3.3 Ausblick
3.4 Recruiting
4 Empirisches Vorgehen
4.1 Forschungsansatz und Untersuchungsdesign
4.1.1 Auswahl der Methodik
4.1.2 Aufbau des Interviewleitfadens
4.1.3 Definition und Auswahl der Interviewpartner*innen
4.1.4 Durchführung der Expert*inneninterviews
4.2 Vorgehensweise der Auswertung
4.2.1 Transkription der Audioaufnahmen
4.2.2 Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring
5 Forschungsergebnisse
5.1 Arbeitsweise von Consultants im Bankensektor
5.1.1 Arbeitsweise vor Corona und während der Umstellungsphase in
5.1.2 Heutige Arbeitsweise
5.1.3 Teamführung in Consultingunternehmen
5.1.4 Zukunftsfähigkeit von Homeoffice im Consultingbereich
5.1.5 Auswirkungen auf die Attraktivität des Berufs eines Consultants
5.2 Vor- und Nachteile von Homeoffice
5.2.1 Vorteile
5.2.2 Nachteile
5.2.3 Wunsch nach hybridem Arbeiten
5.3 Zusammenarbeit mit dem Kunden
5.3.1 Technische Herausforderungen während der Umstellungsphase in 2020 bei den Banken
5.3.2 Hybrides Arbeiten bei den Banken
5.3.3 Zusammenarbeit heute von Consultants und Banken
5.3.4 Berater*in-Kunden-Beziehung
5.3.5 Akquisition von Projekten
5.4 Recruiting
5.4.1 Recruitingprozess
5.4.2 Gruppe der Bewerber*innen und deren Forderungen
6 Diskussion
6.1 Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse
6.1.1 Veränderungen in der Arbeitsweise bei Consultants im Bankensektor
6.1.2 Vor- und Nachteile bei der Nutzung von Homeoffice
6.1.3 Auswirkungen auf das Rekrutieren neuer Mitarbeiter*innen
6.2 Limitationen
6.3 Ausblick auf zukünftige Forschung
7 Fazit
7.1 Beantwortung der Forschungsfragen
7.2 Reflexion
7.3 Schlussfolgerung und Ausblick
8 Literaturverzeichnis
9 Anhang
9.1 Leitfaden für die Interviews
9.2 Projektdokumentation
9.3 Kategoriensystem
Abkürzungsverzeichnis
AGV Banken Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes
ArbStättV Arbeitsstättenverordnung
BAuA Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
BDU Bundesverband deutscher Unternehmensberatungen
bspw. beispielsweise
COVID-19 Corona Virus Disease 2019
DZ-Bank Deutsche Genossenschaftszentralbank
ggf. gegebenenfalls
IAB Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
inkl. inklusive
MS Teams Microsoft Teams
NordLB Norddeutsche Landesbank
o.D. ohne Datum
o.J. ohne Jahresangabe
o.S. ohne Seitenangabe
Pos. Position
vgl. vergleiche
z. B. zum Beispiel
WHO World Health Organization
WSI Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit
Abbildung 2: Aufteilung der Beratungsfelder nach Marktanteil 2021
Abbildung 3: Aufteilung des Beratungsmarktes nach Kundenbranchen 2021
Abbildung 4: Anzahl verschiedener Kreditinstitute in Deutschland 2004 bis 2020
Abbildung 5: Arbeitgeber der Beschäftigten im Kreditgewerbe in 2019
Abbildung 6: Homeoffice-Nutzung während der Pandemie
Abbildung 7: Veränderungen in der Arbeitskultur während der Pandemie
Abbildung 8: Homeoffice Präferenz nach Altersgruppen
Abbildung 9: Homeoffice-Quote einzelner Institute
Abbildung 10: Entwicklung der Branchenumsatzes von 2010 bis 2020 (in Mrd. €)
Abbildung 11: Wachstum des Anteils der Aufrufe von "Remote Jobs" auf LinkedIn
Abbildung 12: Ablaufmodell induktiver Kategorienbildung
Abbildung 13: Hauptkategorien der Inhaltsanalyse nach Mayring
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Übersicht Interviewpartner*innen
Tabelle 2: Kategoriensystem für die Inhaltsanalyse nach Mayring
1 Einleitung
Anfang 2020 ahnte noch niemand, wie stark die Corona-Pandemie das Leben vieler Menschen sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext verändern wird. Zur Eindämmung der Pandemie wurden in den Jahren 2020 bis 2022 in Deutschland wie auch weltweit Lockdowns verhängt und Betriebe dazu aufgefordert, wenn möglich ihre Mitarbeiter*innen von zuhause aus arbeiten zu lassen. Somit hat die Art der Arbeitserbringung seit März 2020 einen starken Wandel durchlebt und neue Arbeitszeitmodelle wie Homeoffice, Remote Work und Kurzarbeit haben sich in vielen Branchen erfolgreich etabliert.1
Dadurch sind zeitliche und räumliche Grenzen in den letzten 2,5 Jahren zusehend verschwommen. Während sich vor der Corona-Pandemie bei den meisten Erwerbstätigen in Deutschland ein klarer Arbeitsbeginn und ein klares Ende des Arbeitstages festmachen ließ, fehlt heute zusehends die spürbare Trennung von Arbeitszeit und Privatleben. Im Homeoffice beträgt der Weg bis zum eigenen Arbeitsplatz oft nur wenige Meter und die Beschäftigten werden dazu verleitet, schon vor dem Frühstück den Rechner anzuschalten und den E-Mail-Eingang zu überprüfen. Noch größer ist die Gefahr jedoch abends, wenn die Arbeitnehmer*innen ihre Soll-Stunden für den Tag bereits erreicht und den Feierabend eingeläutet haben. Viele werfen auch dann immer wieder einen Blick auf den Laptop oder das Diensthandy. Die ständige Erreichbarkeit beim mobilen Arbeiten kann schnell in einen Nachteil umschlagen, wenn die Nutzung mobiler Geräte außerhalb der regulären Arbeitszeiten nicht begrenzt wird. Dazu kommt die Gefahr der sozialen Isolation zuhause.2
Homeoffice und Remote Work bringen jedoch auch einige Vorteile mit sich. Durch den Wegfall von Fahrtzeiten zur Arbeitsstätte erleben viele Berufstätige eine große Zeitersparnis. Zeit, die sie mit der Familie und Freunden verbringen oder für Hobbies nutzen können. Neben der reinen Zeitersparnis haben Homeoffice und Remote Work auch angenehme Effekte auf die Zeiteinteilung. So können zwischendurch kleinere Arbeiten im Haushalt erledigt werden, wenn der Terminplan dies tagsüber zulässt. Auch besteht im Homeoffice, anders als in einem Großraumbüro, die Möglichkeit des ruhigen und ungestörten Arbeitens, sofern in der eigenen Wohnung ein geeigneter Arbeitsplatz eingerichtet werden kann.3
Insbesondere auch der Arbeitsalltag von Consultants hat sich durch die Verlagerung der Beschäftigung ins Homeoffice drastisch verändert.4 Vor Ausbruch von Corona sah die Arbeitswoche von Unternehmensberater*innen klassischerweise so aus, dass diese von Montag bis Donnerstag beim Kunden vor Ort arbeiteten und freitags dann entweder ihren Aufgaben innerhalb der eigenen Firma nachgingen oder auch dann noch weiterhin, in Ausnahmen auch remote, für den Kunden tätig waren. Für die meisten war die Arbeit beim Kunden zudem mit Reiseaktivitäten verbunden und sie verbrachten den Großteil der Woche im Hotel.5 Für Personen, die gerne reisen und ständig wechselnde Aufgaben und Herausforderungen lieben, ist das Arbeitsumfeld eines Consultants gepaart mit einem oftmals hohen Gehalt sehr reizvoll.6 Damit einhergehend sind aber auch lange Arbeitstage, Überstunden, unter der Woche kaum Zeit für das Privatleben und eine hohe Belastung, weshalb viele Consultants diesen Job nur eine gewisse Zeitlang ausführen, bevor sie in eine Festanstellung wechseln.7 Insbesondere Frauen sind von den Nachteilen betroffen. Der hohe Anteil an Reiseaktivitäten und die damit verbundenen Herausforderungen, Arbeit und Familie miteinander zu vereinen, führen dazu, dass weibliche Consultants weiterhin die Minderheit bilden, insbesondere in Führungspositionen.8
Aufgrund der umfassenden Folgen der Corona-Pandemie, die weit über Kontaktbeschränkungen und Hygienemaßnahmen hinausgehen, und den daraus resultierenden Veränderungen im Berufs- wie Privatleben, sind in der Literatur bereits einige Studien zu finden, die dieses Thema wissenschaftlich untersucht haben. Diese Studien haben z. B. die Homeoffice-Quote in Deutschland zu verschiedenen Zeitpunkten während der Corona- Pandemie ermittelt. Zusätzlich wurden Umfragen zu den Vor- und Nachteilen von Remote Work durchgeführt. Meistens wurde dabei keine Unterscheidung nach einzelnen Branchen vorgenommen, sondern allgemein die Arbeitssituation von Beschäftigten in Deutschland betrachtet. Allerdings gibt es auch Studien, die sich bei ihren Untersuchungen auf eine bestimmte Personengruppe beziehen. So wurde bspw. untersucht, mit welchen Belastungen Frauen während der Corona-Pandemie konfrontiert wurden oder allgemein betrachtet, welche genderspezifischen Unterschiede bei der Arbeit im Homeoffice festgestellt werden können.9 Eine andere Studie fokussierte sich auf erwerbsfähige Personen der Generation 50+ und was die drohende Arbeitslosigkeit für diese bedeutet.10 In der Regel beziehen sich die wissenschaftlichen Untersuchungen auf die Jahre 2020-2022. Einige berücksichtigen allerdings auch Erkenntnisse der 90er Jahre, als die Telearbeit aufkam, welche mit dem heutigen Model des Homeoffice zu vergleichen ist.11
Zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Consultingbranche und den daraus resultierenden Vor- und Nachteilen für die Berater*innen gibt es derzeit noch keine umfassende Studie. Lediglich zu einzelnen Aspekten, wie z. B. die Quote der Consulting-Aufträge, die während der Corona-Pandemie größtenteils oder ausschließlich remote durchgeführt wurden, liegen wissenschaftliche Daten vor. Auch gibt es vereinzelte Artikel von Personen zum Thema der Auswirkungen auf Consultants, in denen diese entweder von ihren persönlichen Erfahrungen berichten oder andere Unternehmensberater*innen zu Wort kommen lassen. Allerdings sollte beachtet werden, dass es sich dabei um einzelne Erfahrungsberichte und keine wissenschaftlichen Aussagen handelt.12
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Arbeit von Consultants im Bankensektor in Deutschland lässt sich daher nicht allein durch eine Literaturrecherche ermitteln. Vielmehr soll die Forschungslücke durch das Führen von Expert*inneninterviews geschlossen werden.
1.1 Forschungsfragen
Auf Basis der zuvor aufgeführten Aspekte wird deutlich, dass die Corona-Pandemie für alle Beschäftigten in Deutschland und für Consultants im Besonderen einen tiefgreifenden Wandel der Arbeitswelt ausgelöst hat. Die damit verbundenen Änderungen dürfen nicht unterschätzt werden, da sich diese nicht nur auf den Arbeitsalltag, sondern auch auf das Privatleben und die Work-Life-Balance auswirken.
Daraus resultieren die folgenden Forschungsfragen:
- Wie hat die Corona-Pandemie die Arbeitsweise von Consultants im Bankensektor in den letzten 2,5 Jahren verändert?
- Welche Vor- und Nachteile ergeben sich durch die Arbeit im Homeoffice für Consultants?
- Wie wirken sich die Veränderungen auf das Rekrutieren neuer Berater*innen aus?
Die erste Forschungsfrage dient der Darstellung des Wandels in der Consultingbranche, indem die Arbeitssituation der Consultants im deutschen Bankensektor vor der Corona-Pandemie mit der heutigen Arbeitssituation verglichen wird und die Veränderungen herausgearbeitet werden. Für die Beantwortung dieser Frage wird unter anderem die zu dem Thema vorliegenden Literatur herangezogen. Da sich diese größtenteils auf alle Beschäftigtengruppen in Deutschland oder auf Consultants im Allgemeinen bezieht, finden hier vor allem auch die Informationen aus den Expert*inneninterviews Berücksichtigung. Die bei den Gesprächen gewonnenen Ergebnisse sollen die bestehende Forschungslücke schließen. Nachdem dargelegt wurde, wie sich die Corona-Pandemie auf die Arbeit von Consultants ausgewirkt hat, werden zur Beantwortung der zweiten Frage die Vor- und Nachteile von Homeoffice herausgearbeitet. Hierbei werden die in der Literatur genannten Aspekte mit den Antworten aus den geführten Interviews zusammengeführt und miteinander verglichen. Im Rahmen der letzten Forschungsfrage werden die zuvor gesammelten Erkenntnisse mit Blick auf die Recruitingprozesse innerhalb von Consultingunternehmen bewertet. Eine zu klärende Frage könnte hierbei bspw. sein, inwieweit sich die Zielgruppe der potenziellen Bewerber*innen durch Remote Work verändert hat.
1.2 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Masterarbeit ist in sieben Kapitel aufgeteilt. Nachfolgend an dieses einleitende Kapitel werden die Consultingbranche und der Bankensektor vorgestellt und relevante Begriffe im Kontext von Homeoffice definiert. In Kapitel drei wird der Stand der Forschung zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Arbeitsweise vorgestellt. Zunächst wird detailliert die Homeoffice Situation und die damit verbunden Vor- und Nachteile für Beschäftigte über alle Branchen hinweg in Deutschland dargelegt und anschließend im Speziellen für Beschäftigte im Bankensektor. Im gleichen Kapitel werden ebenfalls die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Consultingbranche beleuchtet. Das vierte Kapitel ist dem empirischen Vorgehen gewidmet. Es wird die angewandte Methodik erläutert und das Vorgehen wie auch der Inhalt der Expert*inneninterviews beschrieben. Die Ergebnisse der geführten Gespräche werden im darauffolgenden Kapitel ausführlich dargestellt. Im sechsten Kapitel werden die gewonnenen Erkenntnisse aus der Literaturrecherche mit denen aus den Interviews zusammengeführt und diskutiert. Hier wird zudem ein Ausblick auf zukünftige Forschungsbereiche gegeben. Im letzten Kapitel werden die wichtigsten Ergebnisse der Masterarbeit zusammengefasst, die Forschungsfragen abschließend beantwortet und das Fazit gezogen.
In folgender Abbildung ist der Aufbau der Arbeit graphisch dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit13
2 Grundlagen und Begriffsbestimmungen
Mit Blick auf die bevorstehende Analyse der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Arbeitsweise von Consultants im Bankensektor in Deutschland, dient dieses Kapitel der thematischen Einführung und der Erläuterung relevanter Schlüsselbegriffe, die im weiteren Verlauf der Arbeit von höherer Relevanz sind.
2.1 Vorstellung der Consultingbranche
Im Fokus der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit steht die Consultingbranche, die im folgenden Kapitel näher vorgestellt wird.
2.1.1 Definition
Die Berufsbezeichnung „Consultant“ ist weder in Deutschland noch international eindeutig definiert und unterliegt auch keinem standardisierten Ausbildungskonzept. Demzufolge ist der Titel Consultant, bzw. Unternehmensberater*in nicht geschützt und kann von jeder Person verwendet werden. Das gleiche gilt für die Begriffe „Consulting“ und „Unternehmensberatung“.14
Der Bundesverband deutscher Unternehmensberatungen (BDU), welcher 1954 gegründet wurde und die Verbesserung der wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Beratungsbranche in Deutschland zum Ziel hat, hat folgende Definition ausgearbeitet, bei der er sich an den klassischen Bereichen der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre und der dazu gehörigen Rechtsprechung orientiert:
„Unternehmensberatung ist eine professionelle Tätigkeit zur externen und unabhängigen Analyse und Bewertung von Problemen des Auftraggebers, Erarbeitung von individuellen Lösungen sowie projektbezogener Begleitung der Umsetzung, mit dem Ziel, Werte zu schaffen sowie notwendige Veränderungen beim Auftraggeber zu fördern. Sie beruht auf einer vertraglichen Grundlage zwischen Auftraggeber und Beratungsunternehmen.“15
Hierbei kommt bereits zum Ausdruck, dass die Unternehmensberatung ein sehr weites Tätigkeitsfeld umfasst. Unterschieden werden kann dabei zwischen Strategieberatung, Organisations- und Prozessberatung, Human Resources Beratung und IT-Beratung.16
2.1.2 Bereiche der Beratung
Wie in Abbildung 2 erkennbar ist, macht die Organisations- und Prozessberatung fast die Hälfte des Marktanteils in Deutschland aus. Hierzu zählt bspw. das klassische Projektmanagement, das Change Management, die Prozessoptimierung und das Performance Management. Aber auch Beratung im Umfeld Beschaffung und Supply Management oder dem Finanz- und Prozess Controlling sind in diesem Beratungsfeld angesiedelt. Unter die Strategieberatung fallen unter anderem Leistungen im Bereich der Corporate Strategy, des Business Developments, der Innovation und die Erarbeitung von Marketing- und Vertriebsstrategien. Einen ähnlichen großen Marktanteil wie die Strategieberatung macht die IT-Beratung aus, bei der das Hauptaugenmerk auf IT-Anwendungen und Infrastruktur liegt. Des Weiteren gehören Beratungsleistungen zu IT-Governance & Compliance und IT-Datenschutz & Datensicherheit in dieses Aufgabengebiet. Den kleinsten Marktanteil nimmt die Human Resources Beratung mit 9 Prozent ein. Hier beschäftigen sich die Consultants mit Management Diagnostik und Development, erarbeiten spezielle HR-Strategien und kümmern sich um Themen wie Talent Management, Employer Branding und Vergütung.17
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Aufteilung der Beratungsfelder nach Marktanteil 202118
Zu den verwandten Beratungsgebieten zählen die Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Rechtsberatung, Personalberatung und ähnliche Dienstleistungen, die jedoch nicht zum Kernaufgabengebiet einer klassischen Unternehmensberatung gehören und im weiteren Verlauf nicht weiter thematisiert werden.19
Die Leistung kann sowohl von Einzelpersonen als auch von einem Team aus Berater*innen erbracht werden. Abhängig vom erteilten Auftrag kann es dabei vorkommen, dass Beratungsleistungen aus mehr als einer der zuvor dargestellten Tätigkeitsfelder erbracht werden. Z. B. kann es bei der Entwicklung einer neuen Strategie im HR Bereich oder im Vertrieb notwendig sein, die damit verbundenen IT-Systeme ebenfalls mit in die Analyse einzubeziehen und diese anzupassen oder zu ersetzen. Zudem handelt es sich bei der Beratung immer um eine zeitlich begrenzte Dienstleistung.20
2.1.3 Kundenbranchen
Neben den Tätigkeitsbereichen eines Consultants kann des Weiteren zwischen den Kundenbranchen unterschieden werden, welche in Abbildung 3 graphisch dargestellt sind. Das verarbeitende Gewerbe, zu dem der Fahrzeugbau, der Pharmabereich, der Maschinenbau und die Konsumgüterindustrie zählen, macht rund ein Drittel des Marktanteils aus. Der Finanzdienstleistungssektor, welcher zu fast gleichen Teilen aus Versicherungen und Kreditinstituten besteht, sorgt für ca. ein Viertel des Marktumsatzes. Danach folgen die Kundenbranchen Public Sector, Energie- und Wasserversorgung und TIMES (Telekommunikation, Informationstechnologie, Multimedia, Entertainment und Sicherheitsdienste), die zusammen ebenfalls ein gutes Viertel des Marktumsatzes ergeben. Weitere Kundenbranchen, wie Handel und Healthcare weisen nur noch einen geringen Marktanteil auf. Der Umsatzrückgang im innerhalb des Verkehrs- und Gastgewerbes fiel mit einem Minus von 28 Prozent in 2020 am stärksten aus21 und der Marktanteil liegt auch in 2021 nur noch bei 3,4 Prozent22.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Aufteilung des Beratungsmarktes nach Kundenbranchen 2021[23]
Die vorliegende Masterarbeit legt den Fokus auf Consultants im Bankensektor in Deutschland. Gemäß BDU stellt diese Branche als Unterkategorie der Finanzdienstleister ca. 12 Prozent des Marktanteils dar.24 Bei den Beratungsfeldern erfolgt keine weitere Einschränkung.
2.1.4 Daten und Fakten
Insgesamt werden in Deutschland mit den verschiedenen Beratungsfeldern jährlich mehrere Milliarden Euro erwirtschaftet. Die Consultingbranche machte in 2021 mit einem Umsatz von 38,1 Mrd. Euro 23 Prozent des Gesamtmarktvolumens in Deutschland aus. Erwirtschaftet wurde der Umsatz von ca. 219.000 Consultants, wovon Frauen mit einem Anteil von 39 Prozent zwar immer noch die Minderheit in der Consultingbranche ausmachen, die Zahlen jedoch konstant steigen. Der größte Anteil an Frauen ist mit 67 Prozent im Back Office zu finden. Auch bei den Junior Consultants & Analysts ist das Männer Frauen Verhältnis fast ausgeglichen. Auf Leitungsebene hingegen lag der Anteil weiblicher Consultants in 2021 bei nur 14 Prozent.25
2.2 Vorstellung des Bankensektors
Im Sprachgebrauch werden Kreditinstitute synonym als Banken bezeichnet. Dabei handelt es sich gemäß §1 des Kreditwesengesetzes um „Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert“26. Sie versorgen demnach Kunden mit verschiedenen Finanzprodukten und unterscheiden sich dabei in Hinblick auf ihre jeweiligen Geschäftsbereiche, ihr Produktangebot und die Konditionen voneinander.
In Deutschland herrscht eine Drei-Säulen-Struktur des Bankenmarktes. Demnach lassen sich die Kreditinstitute ihrer Rechtsform nach in folgende Gruppen aufteilen:
-Private Geschäftsbanken, die privatrechtlich organisiert sind, wie z. B. die Deutsche Bank oder die Commerzbank
-Öffentlich-rechtliche Institute, die nach dem öffentlichen Wirtschaftsrecht organisiert sind und zu denen vor allem die Sparkassen zählen
-Genossenschaftsbanken, die nach dem Genossenschaftsgesetz organisiert sind, wie z. B. die Volks- und Raiffeisenbanken und die Deutsche Genossenschaftszentralbank (DZ-Bank)27
Darüber hinaus können die Institute verschiedenen Bankengruppen zugeordnet werden. Die bedeutendsten sind in Deutschland „die Großbanken, Landesbanken, Genossenschaftliche Zentralbanken, Regionalbanken und sonstige Kreditbanken, Kreditgenossenschaften und Sparkassen“28.
Abbildung 4 zeigt, dass die Anzahl an Kreditinstituten insgesamt in Deutschland in den letzten zwei Jahrzehnten stark abgenommen hat. Vor allem die Anzahl an Genossenschaftsbanken ist stark rückläufig, wohingegen die Anzahl an Sparkassen und Landesbanken nahezu unverändert geblieben ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Anzahl verschiedener Kreditinstitute in Deutschland 2004 bis 202029
Ähnliche Zahlen zeigen sich auch bei der Betrachtung der Anzahl an Beschäftigten im Bankensektor. Im gleichen Zeitraum sank die Zahl in Deutschland von 702.250 auf 552.450 Beschäftigen und teilt sich Stand 2019, wie in Abbildung 5 dargestellt, auf vier Bereiche auf.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Arbeitgeber der Beschäftigten im Kreditgewerbe in 201930
2.3 Begriffsdefinitionen im Kontext von Homeoffice
Seit Jahrzehnten ist mobiles Arbeiten von zuhause oder unterwegs mittels digitaler Technologien möglich. Diese Arbeitsweise hat jedoch durch die Corona-Pandemie innerhalb kürzester Zeit stark an Bedeutung gewonnen.31 Zur Eindämmung des Virus schickten nun auch die Unternehmen und Behörden die Mitarbeiter*innen ins Homeoffice, die diesem Konzept vorher noch skeptisch gegenüberstanden. Seitdem werden viele Diskussionen über die damit verbundenen Vor- und Nachteile für Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber geführt. Dabei wird meistens von Homeoffice gesprochen, aber auch Begriffe wie Telearbeit, mobiles Arbeiten und Remote Work werden häufig genutzt.32
Ziel dieses Unterkapitels ist es nun, die einzelnen Begriffe zu definieren und voneinander abzugrenzen.
2.3.1 Definition Telearbeit
Im November 2016 wurde die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) überarbeitet und erstmals der Begriff der Telearbeit definiert. Gemäß § 2 Abs. 7 ArbStättV handelt es sich dann um einen Telearbeitsplatz, wenn sich der Arbeitsplatz in den Privaträumen des*r Beschäftigen befindet, er*sie über einen fest eingerichteten Bildschirm verfügt, weitere benötigte Arbeitsmittel wie z. B. Kommunikationseinrichtungen von der Firma gestellt wurden und mit dem Arbeitgeber sowohl eine wöchentliche Arbeitszeit als auch die Dauer der Telearbeit vereinbart wurde.33 Demnach steht der festeingerichtete Bildschirmarbeitsplatz außerhalb des Unternehmens in den privaten Wohnräumen des*r Beschäftigen im Mittelpunkt, an dem entweder die gesamte oder ein Teil der Arbeit erbracht wird.
2.3.2 Definition mobiles Arbeiten
Eine weitere Form des flexiblen Arbeitens ist das mobile Arbeiten, auch Remote Work genannt, bei dem die Arbeit ortsungebunden und zeitunabhängig ist. Im Gegensatz zur Telearbeit ist ein fest eingerichteter Bildschirmarbeitsplatz keine Voraussetzung für diese Arbeitsform. In Absprache mit dem Arbeitgeber kann die Arbeit an einem vorher vereinbarten Ort, wie z. B. dem Homeoffice, erfolgen oder der Ort kann frei vom Arbeitnehmer oder von der Arbeitnehmerin gewählt werden.34 Das kann z. B. am Laptop im Zug oder im Hotel oder in extra dafür vorgesehenen Co-Working Spaces sein.35 Eine Vielzahl an Apps und Softwarelösungen unterstützen dabei die Kommunikation im Team oder mit dem Kunden unabhängig von Ort und Zeitzone aufrechtzuerhalten. Für Videokonferenzen werden gerne die Applikationen Microsoft (MS) Teams, Cisco Webex, Zoom und Skype for Business genutzt. Die schriftliche Echtzeitkommunikation in Form von Chats ermöglichen Applikationen wie Slack und Cisco Jabber. Mit technologischen Lösungen wie OneDrive, GoogleDrive und MS Teams ist auch das gemeinsame Arbeiten an Dokumenten und der online Zugriff von allen Teammitgliedern auf diese kein Problem mehr.36
Ein Recht auf mobiles Arbeiten gibt es in Deutschland derzeit nicht, jedoch ist im Koalitionsvertrag der 20. Legislaturperiode ein Erörterungsanspruch für Beschäftigte in geeigneten Tätigkeiten geregelt. Dem Wunsch auf mobile Arbeit kann der Arbeitgeber nur aufgrund von betrieblichen Belangen und nicht allein aus Willkür ablehnen.37
2.3.3 Definition Homeoffice
Der Begriff Homeoffice zählt ebenfalls zu den flexiblen Arbeitsformen, ist aber im Vergleich zu den vorherigen Konzepten nicht gesetzlich definiert. In erster Linie gilt Homeoffice als eine Ausprägung des mobilen Arbeitens und wird rechtlich von der Telearbeit abgegrenzt. Erst wenn der Arbeitgeber seinen Beschäftigten IT-Technik zur Nutzung überlässt, ihnen zuhause einen Arbeitsplatz einrichten lässt und individualvertragliche Vereinbarungen getroffen wurden, fällt Homeoffice in den Geltungsbereich der Arbeitsstättenverordnung und unterliegt den dort geregelten Anforderungen. Das trifft jedoch nur auf einen kleinen Teil der von zuhause aus Arbeitenden zu.38 In der 2021 verabschiedeten SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel wird Homeoffice explizit als eine Unterform des mobilen Arbeitens definiert, die es den Beschäftigten nach Absprache mit dem Arbeitgeber ermöglicht, die Arbeit zeitweilig in ihren privaten Räumen auszuführen.39 Daher wird im Sprachgebrauch Homeoffice auch mit einem temporären Arbeiten von zuhause aus übersetzt.40
Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Arbeit im Homeoffice keinerlei rechtlichen Vorgaben unterliegt. Wie auch bei der Präsenzarbeit gilt das Arbeitszeitgesetz, welches Höchstarbeitszeit, Pausen und Ruhezeiten festlegt und der Arbeitgeber ist dafür verantwortlich, dass die Vorschriften eingehalten werden. Diese Pflicht darf der Arbeitgeber an Beschäftigte im Homeoffice übertragen.41
Im Rahmen der Masterarbeit wird Homeoffice als Überbegriff für beide Varianten des Arbeitens genutzt und bezieht sich überwiegend auf von zuhause verrichteter Büroarbeit.
2.4 Corona-Pandemie in Deutschland
Coronaviren existieren bereits seit Mitte der 1960er Jahre. Die neuartige Variante des Coronavirus, welche Ende 2019 erstmals in China auftrat, trägt seit Februar 2020 offiziell den Namen SARS-CoV-2. Die damit ausgelöste Krankheit wiederum wird als COVID-19 (Corona Virus Disease 2019) bezeichnet. Ende Januar 2020 wurde der erste Corona Fall in Deutschland festgestellt und über die nächsten Monate breitete sich das Coronavirus in Deutschland wie in der restlichen Welt rasant aus. Im März 2020 hat die WHO die weltweite Ausbreitung von COVID-19 zu einer Pandemie erklärt.42
Mit Ausbruch des Coronavirus hat sich das Leben der Menschen innerhalb kürzester Zeit signifikant geändert. Jede*r wurde dazu angehalten, körperlichen Kontakt zu anderen Menschen zu vermeiden, wozu auch alltägliche Rituale wie das Hände schütteln oder die Umarmung zur Begrüßung zählen. Ferner wurde darum gebeten, einen Abstand von mindesten 1,5 Metern einzuhalten, wenn möglich zuhause zu bleiben und sich häufig die Hände zu waschen, um der großflächigen Ausbreitung des Virus entgegenzuwirken. Ab April 2020 galt zudem sukzessive in Deutschland die Maskenpflicht. Diese Vorschriften wurden zur sogenannten AHA-Regel (Abstand, Hygiene, Alltagsmaske) zusammengefasst.43
Am 22. März 2020 wurde der erste Lockdown in Deutschland verhängt, der bis zum 4. Mai 2020 aufrechterhalten wurde. In dieser Zeit waren sowohl viele Einrichtungen des öffentlichen Lebens wie Restaurants, Kinos, Sporteinrichtungen und Geschäfte als auch Schulen und Kindertagesstätten geschlossen. Urlaubsreisen wurden ebenfalls abgesagt. Lediglich Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, Postämter und ähnliche Institutionen durften weiterhin besucht werden, sofern eine Maske getragen wurde. Zu dieser Zeit machten zudem viele Arbeitnehmer*innen ihre ersten Erfahrungen mit dem Konzept des Homeoffice oder wurden in Kurzarbeit geschickt. Reisen von Berater*innen zum Kunden und Vor-Ort-Arbeit wurden durch Homeoffice mit Videocalls ersetzt.44
In den Sommermonaten sanken die Infektionszahlen in Deutschland und ein Stück Normalität kehrte zurück. Allerdings musste aufgrund der wieder steigenden Zahlen ab Herbst, am 2. November 2020 der zweite Lockdown in Deutschland ausgerufen werden. Zunächst galt ein Lockdown-Light, welcher am 6. Januar 2021 dann in einen harten Lockdown mit verschärften Einschränkungen überging.45 Als weitere Maßnahme zur Eindämmung des Virus wurde im Mai 2021 die Corona-Arbeitsschutzverordnung verfasst, der zufolge Arbeitgeber unter anderem dazu verpflichtet waren, ihren Mitarbeiter*innen Homeoffice anzubieten, soweit keine betrieblichen Gründe dagegen sprachen. War dies nicht möglich, so musste der Arbeitgeber besondere Schutzmaßnahmen ergreifen, wozu z. B. die Begrenzung von Personenanzahl in Räumen und das kostenlose Stellen von Masken und von 1-2 Coronatests pro Woche zählten.46 Aufgrund der sinkenden Infektionszahlen wurde die Corona-Arbeitsschutzverordnung zunächst über den 25. Mai 2022 hinaus nicht weiter verlängert. Allerdings trat als vorbreitende Maßnahme in Hinblick auf die Herbst- und Wintermonate am 01. Oktober 2022 eine neue Fassung der Verordnung in Kraft, mit einer Laufzeit bis zum 07. April 2023. Erneut wird damit das Ziel verfolgt, sowohl Ansteckungen im Betrieb als auch Arbeits- und Produktionsausfälle zu verhindern. Folglich sind Arbeitgeber dazu angehalten, die Möglichkeit von Homeoffice Arbeit zu überprüfen und anzubieten.47
Einige Länder erklärten bereits Anfang 2022 die Corona-Pandemie als beendet und auch der Virologe Christian Drosten schloss sich mit Blick auf die Lage in Deutschland dieser Meinung Ende 2022 an.48 Die WHO hingegen erwartet erst in 2023 ein Pandemie-Ende.49
3 Stand der Forschung
Nachdem die zu analysierende Branche der Consultants und der Bankensektor nun grundlegend vorgestellt und wichtige Begriffe in diesem Zusammenhang erläutert wurden, verschafft das folgende Kapitel einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Arbeitsweise von Beschäftigen allgemein in Deutschland und von Consultants im Besonderen.
Weltweit und somit auch in Deutschland wirken sich die Veränderungen durch die Corona-Pandemie auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen und deren Arbeitsweise enorm aus. Seit Jahrzehnten etablierte Prozesse und Arbeitsmodelle mussten binnen weniger Wochen neu durchdacht und an die neuen Vorgaben und Maßnahmen zur Eindämmung des Virus angepasst werden. Je nach Arbeitsumfeld und -bereich wurden einige Beschäftigte in Kurzarbeit geschickt, andere verloren aufgrund von Stellenabbau sogar ihren Arbeitsplatz. Für andere wiederum änderte sich ihr Aufgabenbereich oder ihre Rolle von heute auf morgen, weil bspw. ihre vorherige Tätigkeit während des Lockdowns nicht mehr ausgeübt werden konnte oder die verbleibenden Aufgaben nach der Entlassung von Mitarbeiter*innen anders verteilt wurden.50
Doch auch ein Großteil der Arbeitnehmer*innen, die ihren originären Job behalten haben, wurde in den letzten 2,5 Jahren mit einer Vielzahl von Veränderungen und Herausforderungen konfrontiert. Ganz vorne zu nennen sind dabei die flexiblen Arbeitsformen, darunter insbesondere das Homeoffice, die zwar schon vor 2020 an Beliebtheit gewannen, deren Verbreitung mit der Pandemie allerdings deutlich zunahmen. Selbst Personen, die diese Form des Arbeitens vorher abgelehnt haben, mussten aufgrund mangelnder Möglichkeit des Distanzhaltens im Büro nun von zuhause aus arbeiten. Folglich war Homeoffice auf einmal das präsente Thema. In Kombination mit Homeschooling und geschlossenen Kindertagesstätten zu Beginn der Pandemie stellte es Familien zusätzlich vor weitere Herausforderungen. Der Arbeitsalltag musste neu organisiert und aufeinander abgestimmt werden und kreative Lösungen hinsichtlich Arbeits- und Pausenzeiten waren gefragt.51 Auch vorher spielte das Thema Work-Life-Balance, also das richtige Verhältnis von Arbeit zu Freizeit, bereits eine wichtige Rolle. Dies hat sich mit Corona nochmals verschärft und der Begriff Work-Life-Blending ist im Kontext der Corona-Pandemie in den Fokus gerückt, da sich durch die Arbeit im Homeoffice vermehrt Berufs- und Privatleben vermischen. Jede*r einzelne*r ist deswegen gefordert, beide Bereiche gut aufeinander abzustimmen, seine*ihre eigenen Routine zu entwickeln und dafür Sorge zu tragen, dass keiner der beiden Bereiche zu kurz kommt.52 Dies kann in beide Richtungen leicht passieren. So kann z. B. aufgrund der Betreuung der Kinder die Arbeit darunter leiden oder im umgekehrten Beispiel werden im Homeoffice auch außerhalb der regulären Arbeitszeit noch E-Mails beantwortet und Überstunden zu Lasten der eigenen Freizeit und der Erholung geleistet.53
In den Jahren 2020 bis 2022 war die Arbeit vor Ort vor allem in den Wintermonaten und während des Frühjahres mit diversen Vorschriften und anderweitigen Herausforderungen verbunden. In den Betrieben herrschte über viele Monate lang Maskenpflicht, entweder vollständig oder bei Verlassen des Arbeitsplatzes. Zusätzlich wurden regelmäßige Corona-Tests angeordnet.54 Zur Unterstützung des Abstandhaltens haben einige Unternehmen ihr Raumkonzept derart angepasst, dass, wenn möglich, Flure nur in eine Richtung passiert werden durften, sogenannte Einwegkorridore, die wie Einbahnstraßen im Straßenverkehr funktionieren. In Großraumbüros und gemeinschaftlich genutzten Räumen wurde die Anzahl erlaubter Personen reglementiert, mancherorts Spritzschutzvorrichtungen und Raumteiler zwischen den Arbeitsplätzen angebracht, Abstandsmarkierungen auf dem Boden aufgeklebt sowie zusätzliche Hygienemittel und zugehörige Hinweisschilder aufgestellt.55 Einige der Maßnahmen, wie z. B. das verpflichtende Tragen einer Maske, haben zwar aktuell keinen Bestand mehr, jedoch gilt bereits seit dem 01. Oktober 2022 die neue Corona-Arbeitsschutzverordnung, der zufolge Arbeitgeber wieder dazu angehalten sind, die Möglichkeit von Homeoffice Arbeit zu überprüfen und anzubieten.56
3.1 Homeoffice in Deutschland
Die größte Auswirkung auf die Arbeitsweise hatte im März 2020 der Wechsel ins Homeoffice bzw. die Inanspruchnahme des mobilen Arbeitens, von dem viele Beschäftigte in Deutschland betroffen waren. In welchem Umfang in den letzten 2,5 Jahren aus dem Homeoffice gearbeitet wurde und heute noch wird, wie viel Potenzial pro Branche ungenutzt bleibt, welche Vor- und Nachteile die Arbeit von zuhause mit sich bringt und welche Wünsche die Beschäftigten in Deutschland zukünftig hinsichtlich flexiblen Arbeitsmodellen hegen, wird im Folgenden näher beleuchtet.
3.1.1 Zahlen zur Nutzung und Entwicklung von Homeoffice während der Corona-Pandemie
Wie eingangs erwähnt, wurden bereits vor Auftreten von Corona flexible Formen des Arbeitens genutzt. Vorliegende Studien kommen dabei auf unterschiedliche Werte zur Homeoffice-Nutzung. Der Mikrozensus, welche die größte jährliche Haushaltsbefragung in Deutschland ist, kam 2018 bei einer Befragung von ca. 800.000 Erwerbstätigen zu dem Ergebnis, dass knapp 12 Prozent der befragten Personen gewöhnlich oder manchmal von zuhause ausarbeiten. 5 Prozent gaben an, mehr als die Hälfte der Zeit im Homeoffice zu arbeiten. Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen auch eine Auswertung des Sozio-oekonomischen Panel aus 2014 und eine Arbeitszeitbefragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) aus 2017. Eine deutlich höhere Homeoffice-Nutzung ermittelte das Linked Personnel Panel. Hier gaben 22 Prozent der Befragten an, gelegentlich von zuhause zu arbeiten. Die niedrigen Werte von Mikrozensus und der BAuA könnten darauf zurückgeführt werden, dass bei ersterem nur die Homeoffice-Nutzung in den letzten vier Wochen ermittelt wurde und dass für die BAuA nur eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zur Homeoffice-Nutzung von Relevanz war, statt die tatsächliche Nutzung zu erfragen.57 Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ermittelte zudem, dass vor Corona lediglich jeder vierte Betrieb seinen Beschäftigten Homeoffice anbot. Bei den 22 Prozent Beschäftigten in privatwirtschaftlichen Betrieben, die 2017 von zuhause arbeiteten, waren ganze Homeoffice Tage vergleichsweise selten. 63 Prozent von ihnen gaben an, ausschließlich stundenweise von zuhause zu arbeiten.58
Auch zu den letzten 2,5 Jahren gibt es eine Vielzahl an Studien, die die Nutzung von Homeoffice vor oder zu Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 ermittelt und die Entwicklung kontinuierlich während der nächsten zwei Jahre weiter beobachtet haben. Denn die Nutzung des Homeoffices war eine der zentralen Maßnahmen in Deutschland, die Unternehmen ergriffen haben, um das Infektionsrisiko der Beschäftigten zu reduzieren und zugleich den Geschäftsbetrieb zu sichern.59
Die Hans-Böckler-Stiftung führte in den Jahren 2020 und 2021 eine repräsentative Erwerbstätigenbefragung durch. In Abbildung 6 ist der Anteil der Berufstätigen, die angaben „ich arbeite ausschließlich/überwiegend von zuhause“, pro Befragungszeitpunkt dargestellt. Klar erkennbar war der Wert im ersten Lockdown am höchsten. Nach einem deutlichen Rückgang über den Sommer und Herbst hinweg wurde dann im zweiten Lockdown ein ähnliches Niveau wie im Vorjahr erreicht.60
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Homeoffice-Nutzung während der Pandemie61
Die Werte der Hans-Böckler-Stiftung decken sich mit denen der DAK-Gesundheit. Diese stellte ebenfalls fest, dass sich wenige Wochen nach Beginn des ersten Lockdowns die Anzahl Beschäftigter, die (fast) täglich im Homeoffice arbeiten, beinahe verdreifacht hatte. Vor der Corona-Pandemie waren das laut einer Befragung der DAK-Gesundheit nur 10 Prozent, im April/Mai 2020 bereits 28 Prozent. Werden hierbei auch die Personen berücksichtigt, die mehrmals pro Woche von zuhause ausarbeiten, liegt der Wert für den Betrachtungszeitraum April/Mai 2020 bei 39 Prozent. Vor der Pandemie lag dieser bei 18 Prozent.62
Das Institut der deutschen Wirtschaft konzentrierte sich bei seiner Befragung auf Beschäftigte, die zumindest gelegentlich von zuhause ausarbeiten. Vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie lag der Wert bei 13 Prozent, im Februar 2021 arbeitete dann schon fast jede*r zweite Beschäftigte (49 Prozent) in Deutschland von zuhause. Damit liegt Deutschland etwas über dem europäischen Durchschnitt von 42 Prozent. In den Niederlanden wurde zu Spitzenzeiten eine Homeoffice-Quote von 60 Prozent erreicht.63
Im März 2022 fiel die Homeoffice-Pflicht weg. Doch der Anteil der Beschäftigten im Homeoffice ist seitdem nur minimal gesunken. Eine Umfrage des ifo Instituts ergab, dass im August 2022 im Durchschnitt noch immer 24,5 Prozent zumindest teilweise von zuhause ausarbeiten. Im April 2022 lag der Anteil bei 24,9 Prozent. Den höchsten Anteil Beschäftigter, die weiterhin von zuhause ausarbeiten, erzielen die Unternehmensberatungen. Dieser lag im August 2022 bei 71 Prozent.64
Sowohl das ifo Institut als auch die Hans-Böckler-Stiftung haben sich neben den absoluten Zahlen zur Homeoffice-Nutzung auch mit der Frage beschäftigt, inwieweit es überhaupt möglich ist, dass die Beschäftigten einer bestimmten Branche ihre Arbeit von zuhause aus verrichten und wie stark dieses Potenzial während der Pandemie ausgeschöpft wurde. Das ifo Institut hat für Deutschland ermittelt, dass über alle Branchen hinweg ca. 56 Prozent der abhängig Beschäftigten prinzipiell im Homeoffice arbeiten könnten, dies im Februar 2021 aber nur von 30 Prozent in Anspruch genommen wurde. Bei der Kalkulation des Homeoffice Potenzials ist dabei nicht ausschlaggebend, dass die Tätigkeit zu 100 Prozent für das Homeoffice geeignet ist, sondern ob zumindest ein gewisser Teil der Arbeit auch in den eigenen Wohnräumen geleistet werden kann. Das ist z. B. bei Berufen in der Gruppe „Land-, Tier- und Forstwirtschaft“ der Fall, bei der der überwiegende Teil der Arbeit im Freien stattfindet. Trotzdem gibt es auch hier Aufgaben, die zuhause durchgeführt werden können und somit liegt das Homeoffice Potenzial für diese Berufsgruppe bei 37 Prozent. Das größte Homeoffice Potenzial liegt dem ifo Institut zufolge mit 89 Prozent in der Branche „Finanz- und Versicherungsdienstleister“, zu denen auch die Banken zählen, dicht gefolgt mit 85 Prozent in der Branche „Information und Kommunikation“.65 Die Hans-Böckler-Stiftung sieht ebenfalls das größte Potenzial bei den Finanz- und Versicherungsdienstleistungen. Von den dort ermittelten 81 Prozent wurden im Januar 2021 allerdings nur 59 Prozent genutzt. Die Branche „Medien, Information, Kommunikation und Kunst“ liegt auch hier auf Platz 2. Es wurden dort 72 Prozent der möglichen 77 Prozent ausgeschöpft.66 Das teilweise ungenutzte Homeoffice Potenzial kann an den damit verbundenen Schwierigkeiten auf Arbeitgeber- oder Arbeitnehmer*innenseite liegen. 72 Prozent der Betriebe mit Problemen bei der Umsetzung von Homeoffice nannten die Technik als das größte Hindernis. Dazu zählte unter anderem die fehlende IT-Ausstattung oder eine nicht ausreichende Internet Bandbreite in der häuslichen Umgebung der Angestellten. An zweiter Stelle folgten organisatorische Probleme (67 Prozent) wie z. B. eine erschwerte Kommunikation und eine mangelnde Abstimmung im Team. Des Weiteren wurden die erschwerte Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Betreuung von Kindern und allgemein die Mehrbelastung während der Pandemie, die als mitarbeiterbezogene Probleme zusammengefasst werden, von mehr als der Hälfte der befragten Unternehmen als Herausforderungen bei der Umsetzung von Homeoffice angeführt.67
Immerhin hat das IAB ermittelt, dass der Anteil Beschäftigter in Deutschland, die kein Homeoffice genutzt haben oder konnten, obwohl ihre Tätigkeit dies zuließe, von durchschnittlich 23 Prozent vor der Corona-Pandemie auf 7 Prozent Ende April 2021 gesunken ist.68
Damit es auch zukünftig für Arbeitnehmer*innen attraktiv bleibt, von zuhause zu arbeiten, wird die Homeoffice-Pauschale entfristet und verbessert. Steuerpflichtige können 2023 weiterhin 5 Euro pro Homeoffice Tag in der Steuererklärung geltend machen und die Grenze der Pauschale wird von 600 auf 1.000 Euro jährlich angehoben. Diese gilt auch, wenn kein separates Arbeitszimmer zur Verfügung steht, was in vielen Wohnungen aus Platzgründen nicht möglich ist.69
3.1.2 Vor- und Nachteile für Arbeitnehmer*innen
Homeoffice und mobiles Arbeiten gehen in der Regel mit einer flexibleren Bestimmung von Arbeitszeit und -ort, mit mehr Selbstbestimmung und einem Abschied von der gewohnten „Präsenzkultur“ einher. Dies wirkt sich bei Arbeitnehmer*innen oftmals positiv auf Zufriedenheit, Leistung, Produktivität, Effizienz und Work-Life-Balance aus.70 Doch bergen diese Arbeitsformen auch die Gefahr der Mehrbelastung, emotionaler Erschöpfung und sozialer Isolation. Für viele Beschäftigte ist daher die Arbeit aus dem Homeoffice eine ambivalente Erfahrung. Das und weitere Ergebnisse ergab die Studie „Homeoffice: Potenziale und Nutzung“ der Hans-Böckler-Stiftung, bei der während den vier Corona Wellen knapp 8.000 Erwerbspersonen in Deutschland befragt wurden. Die Befragten berichteten, dass die flexiblere Arbeit im Homeoffice während der Pandemie zwar die Vereinbarkeit von Job und Familie erleichterte, aber auch anstrengender sei. Fast 70 Prozent sagten, dass sie ihre Arbeit zuhause besser organisieren können als wenn sie vor Ort im Büro sind, aber mehr als der Hälfte der Befragten fällt im Homeoffice die Trennung von Arbeit und Freizeit schwer. Die meisten (75 Prozent) sind sich einig darüber, dass der digitale Kontakt den persönlichen und direkten Kontakt weder zu Kolleg*innen noch zu Führungskräften ersetzen kann. Außerdem sind auch die häuslichen Gegebenheiten ausschlaggebend darüber, wie gut die Arbeit von zuhause gelingt.71
Gemäß einer Befragung der DAK-Gesundheit sind sich 23 Prozent aller Beschäftigten, die regelmäßig im Homeoffice arbeiten, sicher, von zuhause produktiver arbeiten zu können als an ihrem normalen Arbeitsplatz. Knapp 36 Prozent würden ebenfalls eher zu der Aussage tendieren, ihre Produktivität sei im Homeoffice höher. 18 Prozent sind allerdings der Meinung, dass sie die grundsätzlich geeigneten Arbeitsaufgaben zuhause schlechter erledigen können als im Unternehmen vor Ort.72 Eine zweijährige Stanford-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass in Puncto Produktivität und Effizienz eine Zunahme von 13 Prozent im Homeoffice zu erwarten sei. Das wird auf ein ruhigeres Arbeitsumfeld, der Etablierung gewisser Routinen, einer höheren Konzentration und dem Setzen von Zielen zurückgeführt.73
Insgesamt ist sich die Studienlage einig darüber, dass die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten in Deutschland positive Erfahrungen mit mobiler Arbeit gemacht haben. In einer Umfrage des Fraunhofer FIT gaben 85 Prozent der Männer und 79 Prozent der Frauen an, mit der Arbeit im Homeoffice zufrieden zu sein. Eine höhere Zufriedenheit kann sich dadurch wiederum positiv auf Motivation und Arbeitsleistung auswirken.74 Diese Einschätzung teilt auch die Hans-Böckler-Stiftung. In dem 2020 erschienenen Report „Work-Life-Balance im Homeoffice: Was kann der Betrieb tun?“ zeigt sie den Zusammenhang zwischen Zufriedenheit, Produktivität und Mitarbeiter*innenbindung auf. Arbeitnehmer*innen mit der Option, im Homeoffice arbeiten zu können, sind insgesamt glücklicher im Job und zeigen deswegen eine höhere Einsatzbereitschaft. Diese führt in der Folge zu einer höheren Produktivität und einer stärkeren Bindung von Fachkräften.75
Als einer der größten Benefits wird in allen Studien und Umfragen die Zeitersparnis durch den Wegfall von Wegezeiten genannt. Vor allem für Fernpendelnde und Arbeitnehmer*innen mit einer langen Fahrtzeit zum Unternehmen bedeutet dies eine große Entlastung im Alltag. Als zweites wird häufig die bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben genannt, was auf die höhere Autonomie und Flexibilität im Homeoffice zurückzuführen ist. Außerdem wird generell die zeitliche Flexibilität, die bessere Integration von Sport in den Tagesablauf, die Möglichkeit, einen gesundheitsbewussteren Lebensstil auszuüben und das ungestörte Arbeiten mit weniger Unterbrechungen als Vorteile im Homeoffice angeführt.76
Der Branchenverband Bitkom sieht die Corona-Pandemie zudem als den Treiber für den Kulturwandel hin zu New Work. Die in Abbildung 7 aufgeführten Antworten auf die Frage hin, inwieweit sich die Arbeitskultur im Unternehmen der Befragten während der Pandemie verändert hat, zeigen, dass in den vergangenen 2,5 Jahren bei vielen Arbeitgebern ein deutlicher Wandel spürbar ist.77
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Veränderungen in der Arbeitskultur während der Pandemie78
Trotz der vielen positiven Effekte in Verbindung mit Homeoffice, wird die Arbeit von zuhause auch mit negativen Aspekten in Verbindung gebracht und wird von einigen Arbeitnehmer*innen in Deutschland eher als Belastung statt Entlastung wahrgenommen. Der Hauptgrund dafür ist der fehlende persönliche und direkte Austausch mit Kolleg*innen und die daraus resultierende soziale Isolation.79 Den geringeren Kontakt zum*zur Vorgesetzten sehen laut einer Umfrage des Bitkom hingegen nur knapp 20 Prozent als Nachteil.80 Das Fraunhofer FIT hat in seiner Umfrage im Zeitraum vom 01.04.2020 bis 31.03.2021 ebenfalls festgestellt, dass der fehlende spontane und physische Austausch mit anderen dazu führt, dass die Arbeit im Homeoffice schlechter als vor Ort erbracht werden kann und ein Drittel der Teilnehmer*innen an der Umfrage sind der Meinung, dass der Teamgeist darunter leidet. Die heute vielfach genutzten Tools wie z. B. MS Teams unterstützen zwar die tägliche Zusammenarbeit und ermöglichen die gemeinsame Arbeit an Dokumenten, jedoch nicht den sozialen Austausch wie er normalerweise im Büro erfolgen würde.81 Der Wegfall von positiven Effekten mittels Teamwork und auch eine schlechtere Konzentration wegen Arbeitsunterbrechungen, um private Aufgaben zwischendurch zu erledigen oder um nach den Kindern zu schauen, führen dann zu einer niedrigeren Produktivität im Homeoffice verglichen mit der im Büro.82 Zudem wird die Arbeit dadurch beeinträchtigt, dass kurzfristige Absprachen oder Rückfragen mit Kolleg*innen oder Führungskräften schwieriger sind, der Zugang zu Unterlagen und Akten beeinträchtigt ist oder die Mitarbeiter*innen zuhause wichtige Informationen verpassen.83
Ein weiterer Nachteil, der in Verbindung mit Homeoffice oft genannt wird, ist die Schwierigkeit, Arbeit und Privatleben voneinander abzugrenzen. Das gaben 27 Prozent der Befragten in der Umfrage des Bitkom an. Bei der DAK-Gesundheit beklagten fast die Hälfte der Studienteilnehmer*innen die fehlende Grenze zwischen Beruf und Privatleben, selbst wenn die Mehrheit die bessere Vereinbarkeit der beiden Lebensbereiche im Homeoffice als grundsätzlich positiv bewertet.84 Dies zeigt, wie schnell Vorteile in Nachteile umschlagen können und dass auch ein gewisses Maß an Disziplin gefragt ist, damit bspw. für sich geschaffene Freiräume nicht leichtfertig wieder für zusätzliche Arbeitsstunden aufgegeben werden.85
Dies zeigt sich auch in einem weiteren Faktor, der steigenden Arbeitsbelastung im Homeoffice. 2021 kam bei einer Umfrage mit mehr als 32.000 Arbeitnehmer*innen in 17 Ländern heraus, dass während der Pandemie die wöchentliche Anzahl unbezahlter Überstunden von 7,3 auf 9,2 angestiegen ist. Deutschland stellt da keine Ausnahme dar.86 Zusätzlich lässt sich eine Arbeitsverdichtung und Beschleunigung feststellen, da die im Büro üblichen Wegezeiten zwischen bspw. Arbeitsplatz und Meetingraum oder Kaffeeküche und auch Gespräche mit Kolleg*innen auf dem Flur, die oft eine Art Mini-Pause darstellten, zuhause wegfallen.87 Das Rheingold Institut berichtet in seinem Homeoffice Report 2022, dass sich bei 65 Prozent der Angestellten die Arbeit verdichtet hat.88 Damit einher gehen längere Sitzphasen und weniger Bewegung während des Arbeitstages, was negativ gesundheitliche Folgen haben kann und insbesondere das Muskel-Skelett-System stark belastet.89
3.1.3 Ausblick
Nachdem in den vorherigen Unterkapiteln detailliert beleuchtet wurde, in welchem Umfang Beschäftigte in Deutschland während der Corona-Pandemie zuhause gearbeitet haben und welche positiven als auch negativen Erfahrungen sie damit gemacht haben, stellt sich nun die Frage, ob diese Form des Arbeitens zukünftig weiterhin gewünscht und von Unternehmen ermöglicht wird.
Verschiedene Studien und Umfragen kommen zu einem ähnlichen Ergebnis. Die überwiegend positiven Erfahrungen mit dem Homeoffice-Konzept während der letzten 2,5 Jahre haben dazu beigetragen, dass vorherige Bedenken und Hindernisgründe ausgeräumt wurden. Arbeitnehmer*innen möchten auch mit Blick in die Zukunft vermehrt von zuhause aus arbeiten. Das gaben 88 Prozent der Befragten bei einer Umfrage des Bitkom an. Nur ein geringer Prozentsatz möchte ausschließlich das Homeoffice nutzen. Die Mehrheit möchte flexibel darüber entscheiden können, ob sie mobil oder im Büro arbeiten. Bei den mobilen Arbeitsformen werden neben dem Homeoffice auch Ferienwohnungen, Co-Working Spaces, Cafés oder ein Wohnort im Ausland genannt.90 Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI), welches zur Hans-Böckler-Stiftung gehört, befragte Anfang 2021 Beschäftigte, die im vorherigen Jahr von zuhause gearbeitet haben, ob sie nach Abklingen der Corona-Pandemie genauso häufig, weniger oder gar nicht im Homeoffice tätig sein möchten. Mit 54 Prozent überwiegt der Anteil Beschäftigter, die den Homeoffice-Anteil von 2020 beibehalten möchten. 39 Prozent möchten zwar weiterhin von zuhause aus arbeiten, aber in einem geringeren Umfang, und lediglich 7 Prozent wünschen sich eine vollständige Rückkehr ins Büro. Daran lässt sich erkennen, dass Mischformen, bzw. hybride Modelle, der neue Standard sein werden.91
Interessant ist in diesem Kontext auch die Frage nach der Anzahl der Tage, die die Beschäftigten Homeoffice nutzen möchten. In Abbildung 8 ist klar zu erkennen, dass die Vorstellungen in den Altersgruppen voneinander abweichen. 66 Prozent der 18- bis 29-Jährigen würden gerne mehrere Tage oder die ganze Woche im Homeoffice arbeiten und nur 4 Prozent bevorzugen die komplette Präsenzarbeit. Bei der Gruppe der über 60-Jährigen sieht dies anders aus. Hier dominiert die Antwort „kein Homeoffice“ (37 Prozent), dicht gefolgt von „4-5 Tage/Woche“ (32 Prozent), was den Rückschluss zulässt, dass der ständige Wechsel zwischen Homeoffice und Büroarbeit bei hybriden Modellen von dieser Altersgruppe abgelehnt wird. Bei den unter 60-Jährigen ist das Gegenteil der Fall. „2-3 Tage/Woche“, was einem ausgeglichenen Verhältnis von Homeoffice zu Präsenzarbeit entspricht, wurde von den Befragten in der PwC Studie am häufigsten ausgewählt.92
[...]
1 Vgl. Pichler & Küffner (2022), S. 1
2 Vgl. Pichler & Küffner (2022), S.132
3 Vgl. Pichler & Küffner (2022), S. 55, vgl. DAK-Gesundheit (08.07.2020), S. 17
4 Vgl. Gontek (08.06.2020), o.S.
5 Vgl. Consulting.de (24.07.2018), o.S.
6 Vgl. Lippold (2022), S. 1f
7 Vgl. Gerste (28.05.2020), o.S.
8 Vgl. Lippold (2022), S. 3, vgl. BDU (2022), S. 4, 8
9 Vgl. Pichler & Küffner (2022), S. 49
10 Vgl. ebd., S. 37
11 Vgl. Raehlmann (2022), S. 19f
12 Vgl. Kreutzer, Hartmann & Kaufmann (2022), o.S., vgl. Schulz (26.08.2022), o.S., vgl. Gontek (08.06.2020), o.S.
13 Eigene Darstellung
14 Vgl. Lippold (2022), S. 19
15 BDU (o.D), o.S.
16 Vgl. BDU (2022), S. 9
17 Vgl. BDU (2022), S. 22
18 Nach Daten von BDU (2022), S. 22
19 Vgl. Lippold (2020), S. 7
20 Vgl. Hartel (2013), S. 8, 14
21 Vgl. BDU (2021a), S. 11
22 Vgl. BDU (2022), S. 10
23 Nach Daten von BDU (2022), S. 10
24 Vgl. BDU (2022), S. 10
25 Vgl. BDU (2022), S. 4, 8
26 Bundesministerium der Justiz (o.D.a), o.S.
27 Vgl. Deutsche Bundesbank (2015), S. 34
28 Deutsche Bundesbank (2015), S. 34
29 Bankenverband (o.D.a), o.S.
30 Bankenverband (o.D.b), o.S.
31 Vgl. Flüter-Hoffmann & Stettes (2022), S. 4
32 Vgl. Backhaus, Tisch & Beermann (2021), S.
33 Vgl. Bundesministerium der Justiz (o.D.b), o.S.
34 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (o.D.), o.S.
35 Vgl. Eigner (2021), S. 20, 153
36 Vgl. Detecon (2021), S. 28f
37 Vgl. SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP (2021), S. 54
38 Vgl. Eigner (2021), S. 153
39 Vgl. Arbeitsschutzausschüsse beim BMAS (2021), S. 5
40 Vgl. IT-Finanzmagazin (18.05.2020), o.S.
41 Vgl. Eigner (2021), S. 154f
42 Vgl. Zusammen gegen Corona (2022), o.J.
43 Vgl. Thurau & Bosen (23.06.2021), o.S.
44 Vgl. ebd.
45 Vgl. ebd.
46 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (22.01.2021), S. 1f
47 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (04.10.2022), o.S.
48 Vgl. Tagesschau (26.12.2022), o.S.
49 Vgl. ZDF (04.12.2022), o.S.
50 Vgl. Brand (2021), o.S.
51 Vgl. Hertwig (2021), S. 9
52 Vgl. Hoepfner (o.D.), o.S.
53 Vgl. Brand (2021), o.S.
54 Vgl. Rehm (18.01.2022), o.S.
55 Vgl. Zeising & Hjort (24.04.2020), o.S.
56 Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (04.10.2022), o.S.
57 Vgl. Bonin et al. (2020), S. 18-21
58 Vgl. Grunau et al. (2019), S.1
59 Vgl. Flüter-Hoffmann & Stettes (2022), S. 12
60 Vgl. Hans-Böckler-Stiftung (16.02.2021), o.S.
61 In Anlehnung an Hans-Böckler-Stiftung (16.02.2021), o.S.
62 Vgl. DAK-Gesundheit (08.07.2020), S. 14
63 Vgl. Flüter-Hoffmann & Stettes (2022), S. 4
64 Vgl. ifo Institut (05.09.2022), o.S.
65 Vgl. Alipour, Falck & Schüller (2020), S. 30
66 Vgl. Emmler & Kohlrausch (2021), S. 6
67 Vgl. Demmelhuber et al. (2020), S. 2
68 Vgl. Flüter-Hoffmann & Stettes (2022), S. 13
69 Vgl. Bundesregierung (14.09.2022), o.S.
70 Vgl. Emmler & Kohlrausch (2021), S. 3, vgl. Gesundheit (08.07.2020), S. 17
71 Vgl. Emmler & Kohlrausch (2021), S. 3, 16
72 Vgl. DAK-Gesundheit (08.07.2020), S. 15
73 Vgl. Mautz (o.D.), o.S.
74 Vgl. Tichy (22.05.2020), o.S.
75 Vgl. Lott (2022), S. 2
76 Vgl. bitkom (31.03.2022), o.S., vgl. DAK-Gesundheit (08.07.2021), S. 17, vgl. Lott (2020), S.3, vgl. Backhaus, Tisch & Beermann (2021), S. 4
77 Vgl. bitkom (31.03.2022)
78 Bitkom (31.03.2022), o.S.
79 Vgl. Alipour, Falck & Schüller (2020), S. 35, vgl. Bitkom (31.03.2022), o.S., vgl. DAK-Gesundheit (08.07.2020), S. 19
80 Vgl. Bitkom (31.03.2022), o.S.
81 Vgl. Dohm et al. (2021), S. 159, 164
82 Vgl. Emmler & Kohlrausch (2022), S. 18
83 Vgl. DAK-Gesundheit (08.07.2020), S. 19, vgl. Bitkom (31.03.2022), o.S.
84 Vgl. DAK-Gesundheit (08.07.2020), S. 16, vgl. Bitkom (31.03.2022), o.S.
85 Vgl. Siems (17.09.2019), o.S.
86 Vgl. Brand (2021), o.S.
87 Vgl. Volkmer & Werner (2020), S. 99
88 Vgl. Langebartels (26.07.2022), o.S.
89 Vgl. Backhaus, Tisch & Beermann (2021), S. 6
90 Vgl. Bitkom (31.03.2022), o.S.
91 Vgl. Emmler & Kohlrausch (2021), S. 17
92 Vgl. Rauch et al. (2021), S. 6
- Quote paper
- Jana Schneider (Author), 2023, Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Arbeit von Consultants im Bankensektor, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1344536
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