Im Jahr 1982 endet die 13 jährige Regierungszeit der sozial-liberalen Koalition im Bonner Bundestag und mit dem ersten geglückten Misstrauensvotum der deutschen Nachkriegsgeschichte neigt sich eine Ära dem Ende zu. Erst 16 Jahre später gelingt es Gerhardt Schröder dritter SPD-Kanzler des inzwischen wiedervereinten Deutschlands zu werden.
Mit der am 17. September 1982 von Bundeskanzler Helmut Schmidt erzwungenen
Kündigung der Zusammenarbeit mit den Freien Demokraten, werden die letzten Tage einer über 13 Jahre dauernden sozial-liberalen Ära eingeläutet. Nur 14 Tage darauf muss sich Schmidt dem Misstrauensvotum der CDU/CSU und des ehemaligen Koalitionspartners FDP stellen und wird am 1. Oktober 1982 gestürzt.
Sieger des Votums und neuer Bundeskanzler ist der Christdemokrat und bis dato
CDU-Fraktionsvorsitzende Helmut Kohl.
Diese letzten Wochen der sozial-liberalen Regierungszeit, der Koalitionsbruch und
der Sturz des beliebten „Machers“ Helmut Schmidt auf der einen, und die Wahl des
„sprachlosen Schwätzers“ Helmut Kohls auf der anderen Seite, führten in der breiten Öffentlichkeit zu einem stark emotionalisiertem Diskurs.
Diese Arbeit stellt den Anspruch, die letzten zwei Wochen der Schmidt-geführten
Regierung näher zu beleuchten, die Gründe für den Bruch der Regierungskoalition
zwischen SPD und FDP und das Zustandekommen des Misstrauensvotums deutlich
zu machen und die Wahrnehmung dieser Ereignisse in der Öffentlichkeit zu
analysieren.
• Warum Zerbricht die Regierungskoalition nach der Bundestagswahl 1980?
• Wie reagieren die Medien und die, an diesen Entwicklungen beteiligten,
Zeitgenossen?
• Wie nehmen die Zeitgenossen diese Zeit wahr?
• Inwieweit besteht unter den Zeitgenossen ein übertriebene Dramatisierung? Abgesehen von den biographischen Werken der an den Prozessen des behandelten
Zeitraums beteiligten Persönlichkeiten, welche Kapitel über den Regierungswechsel
von 1982 enthalten, gibt es zwei Werke die bezüglich ihrer spezifischen
Themenstellung den Koalitionsbruch und die Zeit vom 17. September bis zum ersten Oktober 1982 sehr präzise darstellen. Zum einen die Dissertation von Johannes Merck „Klar zur Wende? – Die FDP vor dem Vertrauensbruch in Bonn, 1980 bis 1982“ zum anderen die Dissertation von Kay Zierold „Der Bruch der sozial-liberalen Koalition“ [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Themenstellung
1.2 Forschungsstand und Quellen
1.3 Aufbau der Arbeit
2. Hauptteil: 14 Tage Minderheitsregierung
2.1 Wie kommt es dazu?
2.2 Zwei ungewisse Wochen
2.3 Die hessischen Landtagswahlen
2.4 Kohl und Genscher an der Macht – Das erste geglückte Misstrauensvotum in der Geschichte der BRD
3. Fazit
3.1 Ergebnisse
3.2 Offene Fragen an das Thema
4. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
1.1 THEMENSTELLUNG
Im Jahr 1982 endet die 13 jährige Regierungszeit der sozial-liberalen Koalition im Bonner Bundestag und mit dem ersten geglückten Misstrauensvotum der deutschen Nachkriegsgeschichte neigt sich eine Ära dem Ende zu. Erst 16 Jahre später gelingt es Gerhardt Schröder dritter SPD-Kanzler des inzwischen wiedervereinten Deutschlands zu werden.
Mit der am 17. September 1982 von Bundeskanzler Helmut Schmidt erzwungenen Kündigung der Zusammenarbeit mit den Freien Demokraten, werden die letzten Tage einer über 13 Jahre dauernden sozial-liberalen Ära eingeläutet. Nur 14 Tage darauf muss sich Schmidt dem Misstrauensvotum der CDU/CSU und des ehemaligen Koalitionspartners FDP stellen und wird am 1. Oktober 1982 gestürzt.
Sieger des Votums und neuer Bundeskanzler ist der Christdemokrat und bis dato CDU-Fraktionsvorsitzende Helmut Kohl.
Diese letzten Wochen der sozial-liberalen Regierungszeit, der Koalitionsbruch und der Sturz des beliebten „Machers“ Helmut Schmidt auf der einen, und die Wahl des „sprachlosen Schwätzers“1 Helmut Kohls auf der anderen Seite, führten in der breiten Öffentlichkeit zu einem stark emotionalisiertem Diskurs.2
Diese Arbeit stellt den Anspruch, die letzten zwei Wochen der Schmidt-geführten Regierung näher zu beleuchten, die Gründe für den Bruch der Regierungskoalition zwischen SPD und FDP und das Zustandekommen des Misstrauensvotums deutlich zu machen und die Wahrnehmung dieser Ereignisse in der Öffentlichkeit zu analysieren.
- Warum Zerbricht die Regierungskoalition nach der Bundestagswahl 1980?
- Wie reagieren die Medien und die, an diesen Entwicklungen beteiligten, Zeitgenossen?
- Wie nehmen die Zeitgenossen diese Zeit wahr?
- Inwieweit besteht unter den Zeitgenossen ein übertriebene Dramatisierung?
1.2. FORSCHUNGSSTAND UND QUELLEN
Abgesehen von den biographischen Werken der an den Prozessen des behandelten Zeitraums beteiligten Persönlichkeiten, welche Kapitel über den Regierungswechsel von 1982 enthalten3, gibt es zwei Werke die bezüglich ihrer spezifischen Themenstellung den Koalitionsbruch und die Zeit vom 17. September bis zum ersten Oktober 1982 sehr präzise darstellen. Zum einen die Dissertation von Johannes Merck „Klar zur Wende? – Die FDP vor dem Vertrauensbruch in Bonn, 1980 bis 1982“4 zum anderen die Dissertation von Kay Zierold „Der Bruch der sozial-liberalen Koalition“5. Merk gibt einen guten Überblick über die chronologischen Abläufe der Ereignisse die zum Zerfall der Regierungskoalition geführt haben, allerdings liegt sein Fokus hauptsächlich auf den beteiligten Politkern der FDP und der Offenlegung, ihrer Orientierungs- und Entscheidungsprozesse. Zierold beruft sich in seiner Dissertation ebenfalls auf die Arbeit Mercks, allerdings versucht er die Ursachen und Entwicklungen die zum Bruch der sozial-liberalen Koalition geführt haben objektiver darzustellen. Ihm gelingt es einen guten Überblick über das Thema und einen hohen Grad an Nachvollziehbarkeit seiner Thesen, durch gut ausgewählte Belege zu erzielen. Ein Problem stellt der allgemeine Veröffentlichungsstand der Geschichtewissenschaft dar. Fast alle Arbeiten bezüglich der Thematik des Machtwechsels stammen aus der Politikwissenschaft. Die Geschichtswissenschaft bietet nur durch einige Überblickswerke6 einen Zugang und Überblick zum Thema. Ebenfalls hilfreich für den Zugang zum Thema sind die Arbeiten von Wolfgang Jäger7 und Herbert Mies8 sowie die Ausarbeitung von Klaus Bölling9, dem ehemaligen Regierungssprecher Helmut Schmidts.
Die Quellen zur Erfassung des öffentlichen Diskurses, vor allem Printmedien, insbesondere die großen Tageszeitungen der Zeit von September bis Oktober 198210, aber auch das Nachrichtenmagazin Spiegel11, sowie einige Audiovisuelle Medien12, sind bei der Bearbeitung dieses Zeitraums nicht nur empfehlenswert, sonder auch notwenig. Eine weitere wichtige Quelle, die hervorzuheben ist, sind die Interviews Manfred Schells in der Tageszeitung Die Welt aus den Jahren 1985-1988, die als Sammelband veröffentlicht13 wurden. Weiteren Aufschluss über das Meinungsbild der Gesellschaft geben die Berichte des Instituts für Demoskopie Allensbach14.
Abschließend bleibt zu sagen, dass zwar eine Fülle an politikwissenschaftlicher Literatur, sowie eine weitreichende Quellen-Verfügbarkeit besteht, allerdings sind im Fachbereich der neusten Geschichte nur sehr wenige Aktuelle Veröffentlichungen15 zur Behandlung des Themas vorhanden sind.
1.3 AUFBAU DER ARBEIT
Zunächst soll einleitend ein kurzer Überblick über die Ereignisse im Vorfeld und während der zwei Wochen vor dem konstruktiven Misstrauensvotum gegeben werden. Wichtig hierbei ist es der Frage nachzugehen, wie und warum es zum Koalitionsbruch kommt.
Des Weiteren wird auf die Ereignisse während der 14 Tage Minderheitsregierung eingegangen, insbesondere der Landtagswahl in Hessen und das Misstrauensvotum vom 1. Oktober 1982 im Bundestag sind hier gesondert zu behandeln.
Wichtig hierbei, ist das Miteinbeziehen der Pressemeldungen und Nachrichtenerstattung zu den jeweils ablaufenden Ereignissen im In- und Ausland. In einem letzten Schritt geht die Arbeit dem Beantworten der Fragen aus 1.1 nach. Konkret heißt das: Wer ist Schuld am Bruch der sozialliberalen Koalition? Wie nehmen die Zeitgenossen diese Tage des politischen Umbruchs wahr? Welche Erkenntnisse lassen sich daraus ziehen? Im Anhang sind einige Ausgewählte Zeitungsartikel zum Vergleich in form einer CD-ROM angefügt.
[...]
1 Vgl. Der Spiegel, Hellmuth Karrasek: „Der sprachlose Schwätzer“, Ausgabe 43/1982 25.10.82
2 Vgl. Johannes Merck, Klar zur Wende? Die FDP vor dem Koalitionswechsel in Bonn 1980-1982, Berlin 1989, Diss. Phil. S. 7
3 Vgl. folgende Werke: Helmut Kohl, Erinnerungen, 1930-1982, München 2004, S. 628-649; Hans-Dietrich-Genscher, Erinnerungen, Berlin 1995 S. 453-478; Hans-Joachim Noack, Helmut Schmidt: die Biographie, Rowohlt, Berlin 2008
4 Vgl. Merck, Klar zu Wende?
5 Vgl. Kay Zierold, Der Bruch der Sozial-liberalen Koalition, Eine Analyse des Zerfallsprozesses anhand des „multi-dimensional framework“ von Geoffrey Pridham, Herbolzheim 2004, Diss. Phil.
6 Vgl. Edgar Wolfrum, Die geglückte Demokratie, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von ihren Anfängen bis zur Gegenwart, Stuttgart 2006, S. 352-356; Andreas Rödder, Die Bundesrepublik Deutschland 1969-1990, München 2004, S.
7 Vgl. Wolfgang Jäger, Die Innenpolitik der sozial-liberalen Koalition 1974-1982, in: Karl Dietrich Bracher et al. (Hrsg.), Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in 5 Bänden, Band 5/II, Republik im Wandel 1974-1982, Die Ära Schmidt, Stuttgart 1987, S. 9-263
8 Vgl. Herbert Mies, Wende nach Rechts, Rückblick und Ausblick nach 13 Jahren SPD-Regierung, Frankfurt am Main 1983
9 Klaus Bölling, Die letzten 30 Tage des Kanzlers Helmut Schmidt, Ein Tagebuch, Hamburg 1982
10 In dieser Arbeit werden folgende Printmedien als Quelle verwendet: Neue Züricher Zeitung (im folgenden abgekürzt mit NZZ), Frankfurter Allgemeine Zeitung (i.f.a.m. FAZ), Süddeutsche Zeitung (i.f.a.m.SZ), Der Spiegel, Die Zeit, Die Welt.
11 Hier besonders die Ausgaben: 43/1982; 38/1982; 37/1982; 39/1982
12 ZDF heute-journal vom 1.10.1985 online unter URL:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/389582 (03.03.09, 18:45h)
13 Manfred Schell (Hrsg.), Die Kanzlermacher, Mainz 1986
14 Allensbacher Berichte 1982 / Nr.25, Nach dem Wechsel in Bonn
15 Eine Ausnahme bildet die Arbeit von Andreas Wirsching, Abschied vom Provisorium : 1982 – 1990, München 2006
- Citation du texte
- Martin Herceg (Auteur), 2009, Das Jahr 1982 – Ende einer Ära: Vierzehn Tage sozialdemokratische Minderheitsregierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/134406
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