In dieser Arbeit wird die Migration und der Rassismus in der italienischen Landwirtschaft näher analysiert. Dabei werden Artikel von drei italienischen Zeitungen untersucht, welche sich dem linken, dem linksliberalen und rechten politischen Spektrum zuordnen lassen. Mit Hilfe der kritischen Diskursanalyse wird erörtert, welche Themen und Diskurse in den untersuchten Artikeln zu Migrant:innen in der Landwirtschaft auftauchen. Hierbei besteht das Interesse darin, ob sich Diskurse einer postkolonialen Kontinuität der Ausbeutung auch medial wiederfinden. Die Forschungsfrage lautet daher: "Welche Themen, Akteur:innen und Diskurse treten in den untersuchten Zeitungsartikeln zu den Erntearbeiter:innen in Italien auf und werden hierbei postkoloniale Perspektiven oder postkoloniale Machtverhältnisse reproduziert?"
Die globalen und historischen postkolonialen Zusammenhänge der Ausbeutung werden als theoretische Basis für die Analyse ausführlich dargelegt und erläutert. Die Ausführlichkeit ist dadurch begründet, dass in Europa ein postkolonialer Blick auf die Geschichte noch immer ein Randphänomen im kollektiven Geschichtsverständnis darstellt und daher umfassender Erläuterung bedarf. Nach der historischen Einordnung erfolgt die Zeitungsanalyse, bei der konkret untersucht wird, ob in den Artikeln rassistische Diskurse und postkoloniale Machtverhältnisse reproduziert oder aber thematisiert und gebrochen werden. Dafür ist es auch von Bedeutung zu untersuchen, welche Akteur:innen in den Zeitungsartikeln zu Wort kommen.
Inhaltsverzeichnis
Anmerkungen zur Schreibweise
1. Einleitung
1.1. Forschungsinteresse und Fragestellung
1.2. postkoloniale Forschungsperspektive
2. Stand der Forschung: Rezeption postkolonialer Perspektiven und der Themenkomplex Migration und Landwirtschaft
2.1 Rezeption postkolonialerTheorien in Italien und Deutschland
2.1.1 Rezeption postkolonialer Literatur im deutschsprachigen Raum
2.1.2 Rezeption postkolonialer Literatur in Italien
2.2 Migration und Landwirtschaft
3. Postkoloniale Verflechtungen: Kapitalismus, Rassismus und Migration
3.1. Rassistische Entmenschlichung und Kapitalismus
3.1.1. Rassismus und Entstehung des Kapitalismus
3.1.2. Rassismus und Kapitalismus heute
3.2. Rassistische Entmenschlichung, Grenzen und Migration
3.2.1. Rassismus und Europas Grenzen
3.2.2 Rassismus und Migration
3.3. Rassistische Entmenschlichung und die Konstruktion Europas: rassistisches Wissen und imperiale Lebensweise
3.3.1. Rassismus und Europas Selbstkonstruktion
3.3.2. Rassismus und die imperiale Lebensweise
4. Italienischer historischer Kontext: Kolonialismus, Migration und Landwirtschaft
4.1 Der italienische Kolonialismus
4.2 Geschichte der Migration in Italien
4.3 Die landwirtschaftlichen Verhältnisse in Italien und die ,Agromafia'
4.4 Die Situation der Migrant*innen in der italienischen Landwirtschaft
5. Methode undVorgehen
5.1 Die kritische Diskursanalyse
5.3 Auswahlprozess der Artikel
5.2 Durchführung: Analyseschritte
6. Analyseergebnisse der Zeitungsanalyse
6.1. Dominante Themen und Akteur*innen
6.2. Darstellung der Saisonarbeiter
6.3. Auftretende Diskurse und die Abwesenheit einer postkolonialen Perspektive
6.3.1. Der Migrationsdiskurs in den untersuchten Artikeln
6.3.2. Der Rassismusdiskurs in den untersuchten Artikeln
6.3.4. Der Kapitalismusdiskurs in den untersuchten Artikeln
7. Fazit
Literatur- und Quellenverzeichnis
8.1. Sekundärliteratur
8.2. Quellenverzeichnis
La Repubblica
Libero Quotidiano
II Manifesto
Anhang: Kategorienleitfaden
Anmerkungen zur Schreibweise:
Da Sprache in hohem Maße beeinflusst, auf welche Weise wir die Welt wahrnehmen und durch Sprache erlernte Denkmuster und Herrschaftsverhältnisse reproduziert werden, wurde in dieser Arbeit versucht, möglichst machtkritisch mit Sprache umzugehen. Aus diesem Grund wurde zum einen die gendersensible Schreibweise „*innen" verwendet, die alle Geschlechteridentitäten umfassen soll. Zum anderen wird für die sozial konstruierten Kategorien weiß und schwarz als grammatikalischer Stolperstein eine unterschiedliche Groß- und Kleinschreibung und Kursivsetzung vorgenommen. Dabei wird zum Ausdruck gebracht, dass Schwarz und weiß keine Antagonismen sind, sondern unterschiedliche Bedeutungen mitschwingen:
Durch die Großschreibung wird ausgedrückt, dass es sich bei Schwarz um ein rassistisches Konstrukt handelt, das jedoch nach seiner emanzipatorischen Aneignung auch als bewusste politische Selbstpositionierung fungiert. Der Konstruktcharakter von weiß wird dagegen durch Kursivsetzung gekennzeichnet und damit ganz bewusst von der Bedeutungsebene des Schwarzen Widerstandspotential abgegrenzt.1
Zudem werden einfache Anführungszeichen verwendet, um problematische Verallgemeinerungen und Fremdzuschreibungen zu markieren. So setze ich beispielsweise die Kategorien ,Globaler Norden' und ,Globaler Süden' in einfache Anführungszeichen. Dadurch möchte ich darauf hinweisen, dass diese Kategorien sehr unterschiedliche soziale, politische, ökonomische Länder und Regionen umfassen und die Begriffe auch die eurozentrischen Konnotationen von ,1. und 3. Welt' oder Entwicklungsland' und entwickeltes Land' noch immer mit sich tragen. Die Begriffe werden aber dennoch genutzt, um auf eine privilegierte politische und ökonomische Position einerseits und eine politisch und ökonomisch benachteiligte Position andererseits hinzuweisen.
Zur vereinfachten Lesbarkeit wird in den Fußnoten nur mit Kurzbelegen gearbeitet, während die vollständigen Literaturangaben im Literatur- und Quellenverzeichnis zu finden sind.
1. Einleitung
Migration ist kein Warenbezug
Doch wir stapeln die Menschen in Lagern
Wie gut, dass es einige von ihnen aufdie Erntefelder schaffen
Ohne Papiere, denn so kann man von ihnen profitieren
Und diese illegale Arbeit kann man dann ganz legal in unseren Geschäften konsumieren2
In wenigen Zeilen verknüpft der deutsch-ghanaische Rapper Amewu in seinem 2022 erschienenen Lied „Haben oder Sein" seine Kritik an einer restriktiven Migrationspolitik mit einer Kritik an Ausbeutungsverhältnissen in der europäischen Landwirtschaft. In einem Atemzug kritisiert er den kapitalistischen Blick auf Migration, durch den Migrant*innen als nützliche Arbeitskraft zur Produktion konsumierbarer Waren zwar gebraucht und missbraucht werden, ihnen jedoch im Gegenzug menschenwürdigen Arbeits- oder Wohnbedingungen vorenthalten werden.
Ohne groß darüber nachzudenken, kaufen die meisten Menschen Europas in Südeuropa produziertes Obst und Gemüse, sowie weiterverarbeite Produkte wie Tomatensoßen oder Olivenöl. Ein stetig steigendes Gesundheitsbewusstsein in der europäischen Bevölkerung wird sich laut dem EU-Ausblick 2021-31 zudem in einer verstärkten Nachfrage nach frischem Obst und Gemüse bemerkbar machen.3 Gleichzeitig findet sich in Deutschland kaum ein ausgeprägtes Bewusstsein darüber, dass „nicht nur das Steak auf dem Teller, sondern auch die Tomaten daneben [...] blutig sein [können]", wie es der Verein mafianeindanke e. V. provokativ formuliert. Auch wenn die seit Jahrzehnten existierenden prekären Arbeitsbedingungen auf südeuropäischen Obst- und Gemüseplantagen, kein wirkliches Geheimnis sind, so weiß eine breite Öffentlichkeit wenig über die Lebensrealität der Menschen, die auf den Feldern und in den Gewächshäusern Südeuropas unter Bedingungen ausgebeutet werden, die oft mit modernen Formen von Sklaverei verglichen werden.4 Auch dass die organisierte Kriminalität an verschiedenen Stellen im Produktionsprozess italienischer Agrarprodukte verwickelt ist, ist in der deutschen Öffentlichkeit wohl nur Personen bekannt, die sich explizit damit auseinandersetzen.5
Zu Beginn der Corona-Pandemie 2020 wurde sowohl in Deutschland als auch in Italien medial vermehrt über die prekären Arbeits- und Wohnbedingungen von Migrant*innen auf den Erntefeldern berichtet. Doch die Skandalisierung der Zustände hatte keine großangelegten Mediendebatten oder Talkshowrunden zu Folge, in denen eine Diskussion der strukturellen Ursachen der prekären Ausbeutungsverhältnisse stattgefunden hätte.
In Italien sind es neben Migrant*innen aus Osteuropa vor allem Migrant*innen aus nord- und westafrikanischen Ländern, ebenso wie aus südasiatischen Ländern die für den Rest Europas Tomaten, Orangen oder Mandarinen ernten. In der US-amerikanischen Landwirtschaft sind es wie der Anthropologe und Arzt Seth M. Holmes in seinem Buch „Frische Früchte, kaputte Körper - Migration, Rassismus und die Landwirtschaft in den USA" herausarbeitet vor allem Migrant*innen aus Lateinamerika. Kann der Umstand, dass sowohl in den USA, als auch in der EU vor allem Menschen als Erntehelfer*innen arbeiten, die auch von Rassismus betroffen sind, auf strukturellen Rassismus zurückgeführt werden? Holmes These ist, dass es der nach wie vor existierende strukturelle, institutionalisierte und naturalisierte Rassismus ist, der vorgibt, wessen „Rücken, Knie, Hüften und andere überbeanspruchte Körperteile [zerstört werden]".6 In dem 2018 erschienenen Buch „Bittere Orangen. Ein neues Gesicht der Sklaverei in Europa" des luxemburgischen Ethnologen Gilles Reckinger findet sich in einem von ihm geführten Interview eine ähnliche These:
Es ist doch glasklar, dass die heutigen, ausbeuterischen Arbeitsbedingungen der Afrikaner in Kalabrien nur die andere Seite der gewaltvollen Entführungen der Sklaven aus Afrika aus früheren Zeiten ist, auch wenn es eine andere Form der Sklaverei ist.[7]
Der Besucher des Sklavereimuseums auf der Insel Gorée im Senegal formuliert hierbei einen Zusammenhang, der im Laufe der Arbeit näher beleuchtet werden soll. Dabei wird die der Aussagen zugrunde liegende postkoloniale Perspektive ausführlich dargelegt und mit dieser versucht, Licht ins Dunkle zu bringen und die verflochtene Geschichte von Rassismus und kapitalistischer Ausbeutung am Beispiel der italienischen Landwirtschaft zu entwirren.
1.1. Forschungsinteresse und Fragestellung
Aus persönlich-biografischer Perspektive ergibt sich das Forschungsinteresse aus einem akademischen Auslandsaufenthalt in Palermo 2021, bei dem ich junge Männer aus dem Senegal, aus Gambia, Kamerun und weiteren afrikanischen Ländern kennenlernte, die zum Teil selbst saisonweise in der süditalienischen Landwirtschaft als Erntehelfer arbeiteten. Einschneidend war dabei insbesondere der Besuch des so genannten ,Ghettos' Campobello di Mazara im Südwesten Siziliens, das sich jedes Jahr aufs Neue mit mehreren hunderten migrantischen Saisonarbeiterinnen füllt, die in der Oliven- und Mandarinenernte arbeiten.8 Wie auch in anderen vergleichbaren Lagern Süditaliens brach auch dort im Oktober 2021 ein Feuer aus, bei dem Omar, ein junger Mann aus dem Senegal ums Leben kam.9 Die Begegnung mit den dort lebenden Menschen führten mir die existenziellen Auswirkungen konstruierter Ideen von Nationalstaaten und Staatsbürgerschaft und meiner damit einhergehenden Privilegien als deutsche Staatsbürgerin einschneidend vor Augen.10 Die empfundene und lähmende Machtlosigkeit versuchte ich mit der Themenwahl in etwas Sinnvolles umzuwandeln.
Aus wissenschaftlicher Perspektive stellt das explizite Zusammenführen der Ausbeutung versklavter Schwarzer Menschen auf den Plantagen in der Karibik und den Amerikas mit der heutigen Ausbeutung Schwarzer Migrant*innen auf südeuropäischen Erntefeldern in Deutschland eine Leerstelle dar. Da die Ausbeutung migrantischer Saisonarbeiterinnen in der italienischen Landwirtschaft sowohl medial als auch wissenschaftlich häufiger thematisiert wird, als dies in Deutschland der Fall ist, konzentriert sich die Arbeit auf den italienischen Kontext.11
Wie der deutsche Soziologe Luhmann bereits betonte, ist das, was wir über die Gesellschaft und die Welt wissen, meist Wissen, das über die Massenmedien transportiert wird.12 Die Realität wird dabei jedoch nicht einfach abgebildet, sondern selektiv repräsentiert. Die in den Massenmedien formulierten Interpretationen der Wirklichkeit konstruieren die Realität so gleichzeitig mit. Aus diesem Grund ist es stets erkenntnisgewinnversprechend Medien zu analysieren, um Rückschlüsse auf gesellschaftlich dominante Interpretationen der Wirklichkeit herauszuarbeiten. Daher werden in dieser Arbeit Artikel dreier italienischer Zeitungen untersucht, die sich dem linken, dem linksliberalen und rechten politischen Spektrum zuordnen lassen. Mithilfe der kritischen Diskursanalyse wird analysiert, welche Themen und Diskurse in den untersuchten Artikeln zu Migrant*innen in der Landwirtschaft auftauchen. Mich interessiert hierbei, ob sich Diskurse einer postkolonialen Kontinuität der Ausbeutung ähnlich wie in den Eingangszitaten auch medial wiederfinden. In anderen Worten geht es mir darum zu untersuchen, ob sich im medialen Diskurs zu den Erntehelfern in der italienischen Landwirtschaft postkoloniale Perspektiven finden, oder nicht. Die globalen und historischen postkolonialen Zusammenhänge der Ausbeutung, die aus Sichtweise der Verfasserin bestehen, werden als theoretische Basis für die Analyse ausführlich dargelegt und erläutert. Die Ausführlichkeit ist dadurch begründet, dass in Europa ein postkolonialer Blick auf die Geschichte noch immer ein Randphänomen im kollektiven Geschichtsverständnis darstellt und daher umfassender Erläuterungen bedarf. Nach der historischen Einordnung erfolgt die Zeitungsanalyse, bei der konkret untersucht wird, ob in den Artikeln rassistische Diskurse und postkoloniale Machtverhältnisse reproduziert werden oder aber thematisiert und gebrochen werden. Dafür ist es auch von Bedeutung zu untersuchen, welche Akteur*innen in den Zeitungsartikeln zu Wort kommen und ob die migrantischen Saisonarbeiterinnen selbst zu Wort kommen. Die Forschungsfrage lautet daher: Welche Themen, Akteurinnen und Diskurse treten in den untersuchten Zeitungsartikeln zu den Erntearbeiterinnen in Italien auf und werden hierbei postkoloniale Perspektiven oder aber postkoloniale Machtverhältnisse reproduziert?
1.2. postkoloniale Forschungsperspektive
Post- und dekoloniale Ansätze beschäftigen sich in den Worten der Soziologinnen Boatcäs und Meinhofs mit „einer in globalen Verflechtungen zirkulierenden, produktiven Macht des Kolonialen, das in die Gegenwart hineinreicht."13 Sie untersuchen also sowohl den Prozess der vergangenen und anhaltenden Kolonisierung als auch den einer fortwährenden Dekolonisierung, Rekolonisierung und Neokolonisierung. Es geht dabei nach Terkessidis darum, widersprüchliche und „verflochtene Geschichten von Kolonisatoren und Kolonisierten zu beschreiben"14 und die Konsequenzen des imperialen Systems sowohl in den ehemals kolonialisierten Territorien sowie den kolonialisierenden Territorien zu analysieren. Terkessidis bringt es folgendermaßen auf den Punkt: „Ohne Deutschland lässt sich also keine Geschichte Ostafrikas, Polens oder des Balkans schreiben, aber ohne Ostafrika, Polen oder den Balkan auch keine Geschichte Deutschlands."15
Stark beeinflusst durch marxistische und poststrukturalistische Ansätze beschränken sich postkoloniale Ansätze nie nur auf militärische Besetzungen und ökonomische Ausplünderungen, sondern betrachten auch explizit die Produktion epistemischer16 Gewalt, also jene innerhalb der Sphäre des Wissens.17 Sie nehmen die „verdeckte Bedeutung des (oft vermeintlich) ,nicht-europäischen' für die globale Moderne"18 gesellschaftskritisch in den Blick und ermöglichen neue Forschungen zu Kolonialität, globalen Verflechtungen und der Genealogie der Moderne.19
Der Begriff postkolonial umfasst also die ökonomischen, sozialen und politischen Veränderungen, die der Kolonialismus sowohl in den ehemaligen und bestehenden Kolonien als auch in den kolonisierenden Ländern, den „Metropolen"20, ausgelöst hat und die bis heute wirken. Dekoloniale Studien fokussieren im Gegensatz zu Postkolonialen Studien verstärkt die Prozesse der frühen Kolonialisierung Lateinamerikas und der herausragenden Bedeutung der Karibik für die europäische Moderne. Theoretische Grundlage dekolonialer Forschung ist häufig die Weltsystemtheorie des US-amerikanischen Sozialwissenschaftlers Immanuel Wallerstein, sowie die von Anibal Quijano entwickelte Idee einer Machtmatrix, die er als colonialidad bezeichnet.21
Sowohl Post- als auch dekolonialer Forschung geht es mit ihrergenealogischen Kritik vor allem darum die Verschränkungen zwischen Macht und Wissensproduktion aufzudecken, zu analysieren und gegenwärtige wirtschaftliche, soziale, politische, kulturelle und epistemische Ungleichheiten abzubauen, die im Zuge des Kolonialismus entstanden sind.22 Mit Castro Varela und Dhawan soll Geschichte als „strategische Infragestellung der Gegenwart [gelesen werden], um so postimperialistische Zukünfte imaginieren zu können."23 So soll auch in der vorliegenden Arbeit mit Hilfe einer de- bzw. postkolonialen Perspektive die historische Verknüpfung zwischen dem transatlantischen Versklavungshandel, Kolonialismus und zeitgenössischer Ausbeutung auf südeuropäischen Obst- und Gemüseplantagen herausgearbeitet werden, um gegenwärtige Ausbeutungsverhältnisse und Zusammenhänge besser zu verstehen und über andere Formen der Landwirtschaft nachzudenken zu können.
Aus einer postkolonialen Perspektive heraus zu forschen, bedeutet auch anzuerkennen, dass Wissen nie neutral oder objektiv ist, sondern standortgebunden und in „kolonial tradierte Machtstrukturen eingeschrieben"24 ist, in denen es sowohl markierte als auch unmarkierte Positionen25 gibt, aus denen gesprochen wird. Um die Illusion wissenschaftlicher Objektivität zu dekonstruieren, wird daher offengelegt, dass ich eine in Deutschland aufgewachsene Studentin bin, die mit einer deutschen Mittelschichtsfamilie und einer linken chilenischen Familie sozialisiert wurde. Mein Aussehen führt in Deutschland immer wieder dazu als nicht weiß und somit als ,fremd' wahrgenommen zu werden. Positiv ausgelegt erleichterte mir dies zu hinterfragen, was als ,normal' wahrgenommen wird und was als Abweichung der Norm. Im Laufe meines Studiums hatte ich die Möglichkeit, mich mit dem in Deutschland außerhalb der akademischen Welt kaum bekannten post- und dekolonialen Wissen zu beschäftigen und die Welt aus einer solchen Perspektive zu betrachten.
2. Stand der Forschung: Rezeption postkolonialer Perspektiven und der Themenkomplex Migration und Landwirtschaft
Nachfolgend wird ein knapper Überblick über die Rezeption postkolonialer Theorien in Deutschland und Italien gegeben werden. Zudem wird auf relevante Forschungsliteratur zum Themenkomplex Migration und Landwirtschaft hingewiesen, um aufzuzeigen was bisher im Fokus empirischer Forschung stand und wo sich noch Forschungslücken finden.
2.1 Rezeption postkolonialer Theorien in Italien und Deutschland
Wie im ersten Kapitel bereits aufgezeigt wurde, ist „[vom] Klimawandel bis zur angeblichen ,Flüchtlingskrise', von den gesellschaftlichen Kontroversen um die Rolle von Religion bis hin zu Fragen von Minderheitenrechten und Staatsbürgerschaft"26 die Gegenwart auf vielfältige Weise durch das Erbe des Kolonialismus beeinflusst. Sowohl in Italien als auch in Deutschland werden inzwischen daher über Disziplingrenzen hinweg postkoloniale Perspektiven nicht mehr ignoriert, auch wenn sie dennoch noch lange nicht im wissenschaftlichen Mainstream angekommen sind.
2.1.1 Rezeption postkolonialer Literatur im deutschsprachigen Raum
Seit über 40 Jahren existieren postkoloniale Studien.27 In den 1990er Jahren waren diese - sowie generell die Forschung zu Kolonialismus - vor allem in der westdeutschen Forschung jedoch noch ein Randphänomen, mit dem sich um es mit Terkessidis zu sagen „maximal Dritte Welt-Gruppen und Personen aus entwicklungspolitischen Zusammenhängen beschäftigten".28 Der Migrationsforscher versuchte damals vergeblich postkoloniale Ideen für die Diskussionen über die deutsche Einwanderungsgesellschaft nutzbar zu machen.29 Aufgrund fehlender Rezeption orientierte er sich schließlich jedoch um und spezialisierte sich auf Rassismus und Migration im Allgemeinen.30
Die postkolonialen Politikwissenschaftlerinnen Maria do Mar Castro Varela und Nikita Dhawan betonen ebenso, dass es lange Zeit schwierig war postkoloniale Theorien im deutschsprachigen Kontext zu etablieren. Es hielt sich das Vorurteil sie hätten im deutschsprachigen Raum keine Relevanz da weder Deutschland noch Österreich und die Schweiz zu den großen Kolonialmächten gehört hatten.31 Miriam Gutekunst führt dies auf „eine bis heute anhaltende Unsichtbarkeitsmachung"32 des deutschen Einflusses auf den Kolonialismus und Versklavungshandel zurück.
Auch wenn Kolonialismus und Postkolonialismus bis vor kurzem in der Öffentlichkeit noch überhaupt keine Rolle spielten, machten postkoloniale Ideen an den Universitäten, vor allem in den Sozial- und Geschichtswissenschaften langsam Karriere und brachten eine neue Generation Historikerinnen33 hervor. Der vom deutschen Historiker Sebastian Conrad und der indischen Sozialanthropologin Shalini Randeria Anfang der 2000er entwickelte Ansatz einer geteilten, verwobenen Geschichte („entangled histories") stellt allerdings noch immer ein Randphänomen in den Geschichtswissenschaften dar.34 Conrad und Randeria lehnen den Tunnelblick auf die Entwicklung eines modernen Europas grundlegend ab und gehen stattdessen „von einem gemeinsamen Entstehungsrahmen der sogenannten Moderne beziehungsweise des Kapitalismus aus; Kolonialität war (und ist) konstitutiv für die Entwicklung sogenannter moderner Gesellschaften."35 Die Forschung der globalen Verflechtungen nimmt dabei sowohl den Einfluss von Kolonialismus und Imperialismus auf die Entstehung unterschiedlicher kapitalistischer Produktions- und Organisationsformen in den Blick, als auch die Phänomene der Massengewalt im 20. Jahrhundert.
Intensiv beschäftigt sich auch die rumänische Soziologin Manuela Boatcä mit der verwobenen, postkolonialen Moderne und versucht dabei die noch kaum rezipierten postkolonialen und insbesondere auch lateinamerikanischen dekolonialen Ansätze in der deutschsprachigen Soziologie zu etablieren.
Eine deutschsprachige Suche anhand des Begriffs „postkolonial" in der akademischen Suchmaschine Google Scholar zeigt eindeutig, dass der Begriff vor allem ab etwa 2010 eine steile Karriere hinter sich hat.36 Die postkolonialen Politikwissenschaftlerinnen Maria do Mar Castro Varela und Nikita Dhawan, merken im Vorwort ihres Buchs „Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung"37 allerdings an, dass der „plötzliche Hype"38 von Postkolonialismus im deutschsprachigen Raum und die „damit häufig einhergehende unreflektierte Vereinnahmung postkolonialer Konzepte für partikulare politische Interessen"39 durchaus auch mit Skepsis beobachtet werden muss. Wenn Postkolonialität als Modewort in aller Munde ist, sich aber an den tatsächlichen globalen Macht- und Produktionsverhältnissen nichts ändert, sollte dies selbstkritisch in den Blick genommen werden.
2.1.2 Rezeption postkolonialer Literatur in Italien
Mit ähnlichen Argumenten wie in Deutschland war auch in Italien die Thematisierung des italienischen Kolonialismus sowie die wissenschaftliche Rezeption postkolonialer Literatur lange Zeit marginal. Das Fehlen einer öffentlichen Debatte zum italienischen Kolonialismus führt auch in Italien zu einem fehlenden postkolonialen gesellschaftlichen Bewusstsein sowie zu einer Negation jedweder kolonialer Schuld.40 Die Literaturwissenschaftlerinnen Caterina Romeo und Cristina Lombardi-Diop führen dies darauf zurück, dass die antikolonialen Kriege anders als in Frankreich oder Großbritannien kaum ins kulturelle Gedächtnis Italiens eingegangen sind und Italien auch vergleichsweise wenig Immigration aus seinen ehemaligen Kolonien zu verzeichnen hatte.41 Postkoloniale Studien sind daher ein relativ neues Phänomen, das Mitte der 1990er über die Anglistik und Amerikanistik die italienischen Universitäten erreichte.42 Mit der Übersetzung englischer und französischer Texte ins Italienische wurden postkoloniale Studien schließlich auch in anderen Disziplinen bekannter.43 Obwohl es etwa ab den 2010er Jahren etwas mehr postkoloniale Forschung gibt, ist diese noch immer marginal.44 Ideengeschichtlich interessant dabei ist, dass Theorien des italienischen marxistischen Philosophen und Schriftstellers Antonio Gramsci zu Subalternität und Hegemonie einen enormen Einfluss auf das Denken postkolonialer Theoretikerinnen wie Edward Said und Gayatri C. Spivak hatten.45
Im gesellschaftlichen Diskurs lenkten vor allem afroitalienische Schriftstellerinnen, wie Pap Khouma und Igiaba Scego den Blick auf tiefverankerte rassistische Sichtweisen weißer Italienerinnen und stellen die Gleichsetzung von Jtalienischsein' und ,Weißsein' in Frage. Auch die in Toronto lehrende afroitalienische Soziologin Angelica Pesarini konzentriert sich in ihrer Forschung auf Fragen von race, Identität und Staatsbürgerschaft in Italien. Der 2021 erschienene Sammelband „The Black Mediterranean. Bodies, Borders and Citizenship" bringt eine neue Generation Wissenschaftlerinnen verschiedener Disziplinen und Universitäten zusammen, die sich aus postkolonialer Sicht und aus der Tradition kritischer Schwarzer Theorie mit der so betitelten ,Migrationskrise' auseinandersetzen. Ausgehend vom Konzept des Schwarzen Mittelmeers[46], das auch für diese Arbeit von Bedeutung ist, forschen sie zur rassifizierten Produktion von Grenzen, Körpern und Staatsbürgerschaft im heutigen Italien und ganz Europa. Geprägt wurde der Begriff des Schwarzen Mittelmeeres von der auf Sizilien lebenden Literaturwissenschaftlerin Alessandra di Maio.47 Der Begriff stellt eine Anlehnung an die 1983 und 1993 erschienenen Bücher „Black Marxism. The Making of the Black Radical Tradition" des US-amerikanischen Politikwissenschaftlers Cedric J. Robinsons und „The Black Atlantic: Modernity and Double Consciousness" des britischen Soziologen Paul Gilroys dar. Das Schwarze Mittelmeer, das sich über das bloße Meer hinaus bis in die Länder südlich der Sahelzone, aus denen Menschen Richtung Europa aufbrechen, erstreckt, wird dabei als „zentraler Schauplatz afrikanischer Migrationsrouten"48 verstanden. Diese afrikanischen Migrationsrouten werden als ebenso „konstitutiv für die globale Zirkulation von Kapital-, Ressourcen- und Finanzströmen [gesehen] wie die historische Versklavung afrikanischer Menschen, in deren Schatten sie stehen".49 Wie bereits in Gilroys Konzept des Black Atlantic werden bei der Betrachtung des Schwarzen Mittelmeers neben der geteilten Unrechtserfahrung aus der eine gemeinsame Schwarze Identität entsteht, auch stets die Formen Schwarzen Widerstands in den Fokus gerückt.50 Die Wissenschaftlerinnen gehen mit dem Konzept des Schwarzen Mittelmeers also davon aus, dass heutige Formen rassistischer Gewalt gegen Schwarze Migrantinnen und Geflüchtete in eine historischen Unterdrückung rassifizierter Subjekte einzuordnen ist.51
Die Beschäftigung mit der Verflechtungsgeschichte ,Europas' und Afrikas' ermöglicht es zudem ,Europa' auf eine andere Art zu verstehen und neu zu denken:
The Black Mediterranean can similarly generate a radical re-telling of "Europeanness" by locating questions of race and Blackness at the center of the region typically understood to be the "cradle" of European civilization. The Black Mediterranean points to the longue durée ofBIackness in Europe [...].52
Wie im anschließendem Forschungsüberblick zu Migration und Landwirtschaft aufgezeigt wird, beschäftigen sich die bishervorhandenen Studien bisher jedoch noch kaum mit einer verflochtenen postkolonialen Geschichte und heutigen Phänomenen der Ausbeutung.53
2.2 Migration und Landwirtschaft
Obwohl über 40 Prozent der europäischen Obst- und Gemüseproduktion aus Spanien und Italien kommen und Deutschland das wichtigste Importland innerhalb der EU ist54, gibt es überraschend wenig Studien und Literatur zu den dortigen Produktionsbedingungen. Insbesondere zur thematischen Verknüpfung von Migration und Landwirtschaft findet sich kaum deutschsprachige wissenschaftliche Literatur.55 Eine Ausnahme bildet der 2014 von dem Wirtschaftsgeographen Jörg Gertel und der Ethnologin Sarah R. Sippel herausgegebene interdisziplinäre Sammelband „Seasonal workers in Mediterranean agriculture. The social costs of eating fresh”, der sich mit der gesamten Beziehung landwirtschaftlicher Produktion und Konsum von Marokko, über Spanien bis nach Frankreich beschäftigt.56 Da die Landwirtschaft Südwesteuropas nicht mehr ohne migrantische Saisonarbeiterinnen funktioniert, nimmt die Thematik der Migration im Sammelwerk eine zentrale Rolle ein. So weist etwa der Soziologe Douglas Constance in einem Artikel des Bandes darauf hin, dass ,,[e]thnic and gender dimensions" zu einer verstärkten Marginalisierung der Saisonarbeiterinnen führe.57 Unterschiede zwischen rumänischen und marokkanischen Migrantinnen im spanischen Agrarsektor werden in einem anderen Artikel thematisiert, ohne dass dabei jedoch struktureller Rassismus als mögliche Erklärung für unterschiedliche Positionen herangezogen wird.58 Das kalifornische agrarwirtschaftliche Modell und die hier entstandenen Lebensbedingungen dienten den Herausgeberinnen des Sammelbands als wichtiger Referenzpunkt, um den Themenkomplex Agrarwirtschaft und Migration und seine sozialen Kosten im Mittelmeerkontext besser zu verstehen.59 Migrantinnen scheinen dabei sowohl im Mittelmeerraum, als auch in den USA am stärksten von Ausbeutung betroffen zu sein. Im landwirtschaftlichen Sektor in den USA lösten vor allem (illegalisierte) mexikanische sowie asiatische Migrantinnen arme weiße und Schwarze Arbeiterinnen ab.60 Zum kalifornischen Agrarwirtschaftsmodel und der Ausbeutung von Migantinnen unter expliziter Berücksichtigung von Rassismus findet sich auch das 2013 auf Englisch und 2021 auf Deutsch erschienene Buch: "Frische Früchte, kaputte Körper. Migration, Rassismus und die Landwirtschaft in den USA". Mithilfe teilnehmender Beobachtung dokumentiert der US- amerikanische Anthropologe und Arzt Seth M. Holmes hierin die strukturelle rassistische Gewalt und Diskriminierung, die (indigene) mexikanische Migrant*innen sowohl auf ihrer Reise gen Norden als auch auf den Feldern oder in der Gesundheitsversorgung erfahren und betrachtet dabei auch historische Zusammenhänge.61 Der italienische Soziologe Gennaro Avallone, der auch Autor eines der untersuchten Zeitungsartikel ist, beschäftigt sich mit den gegenwärtigen Machtbeziehungen in der italienischen aber auch globalen, kapitalistischen Landwirtschaft und zeigt hierbei Verbindungen und historische Kontinuitäten kolonialer Machtbeziehungen auf.62
Wichtige deutschsprachige Analysen zum europäischen und dabei vor allem südspanischen Kontext stellen die Dissertationen von Dieter Alexander Behr: „Landwirtschaft - Migration - Supermärkte. Ausbeutung und Widerstand entlang der Wertschöpfungskette von Obst und Gemüse" aus dem Jahr 2013 und die 2017 erschienene Dissertation von Felix Hoffmann: „Zur kommerziellen Normalisierung illegaler Migration: Akteure in derAgrarindustrie von Almeria, Spanien", dar. Behr arbeitet dabei unteranderem mit den Begriffen der „Globalen Apartheid" und der „Imperialen Lebensweise" und betrachtet das komplexe Verhältnis von Landwirtschaft und Migration auch aus einer historischen Perspektive. Hoffmann nimmt ebenso postkoloniale Arbeitsverhältnisse in den Blick.
Das Phänomen der Ausbeutung auf italienischen Gemüse- und Obstplantagen und die komplexen Verflechtungen mit dem europäischem Nahrungsmittelkonsum sind ein kaum behandeltes Thema in der Forschung. Der luxemburgische Ethnologe Gilles Reckinger ist einer der wenigen im deutschsprachigen Raum, der sich intensiv mit den Ausbeutungsverhältnissen in der italienischen Landwirtschaft beschäftigt. Ergebnisse seiner mehrjährigen ethnografischen Forschung stellt er beispielsweise in seinem 2018 erschienenen Buch „Bittere Orangen, ein neues Gesicht der Sklaverei" vor.63 Zudem brachte das Brüsseler Büro der RosaLuxemburg-Stiftung 2020 das deutschsprachige Buch „Der Kampf der Landarbeiterinnen in Italien“ des Gewerkschaftsaktivisten und interkulturellen Mediators Kone Brah Hema heraus. Das Buch prangert ebenfalls die Zustände an, aber legt den Fokus auch auf den organisierten Widerstand der Arbeiterinnen. Auf zivilgesellschaftlicher Ebene sind es vor allem der Verein mafianeindanke e. V. und die Rosa Luxemburg Stiftung, die die Forschung, die es in Italien bereits zum Thema gibt in eine breitere deutsche Öffentlichkeit tragen möchten. Wissenschaftliche Literatur, die sich darüber hinaus mit dem Themenkomplex Migration und Landwirtschaft in Italien beschäftigt, ist ansonsten bisher einer englischen, italienischen oder auch spanischen Leser*innenschaft vorbehalten.
Da die vorliegende Arbeit eine Zeitungsanalyse umfasst, soll an dieser Stelle auch festgehalten werden, dass es noch keine Arbeit gibt, die sich speziell mit der medialen Repräsentation von Migrant*innen in der Landwirtschaft beschäftigt. Bereits vorliegende Zeitungsanalysen beschäftigen sich meist allgemeiner mit der medialen Darstellung von Migrant*innen oder Migration und greifen dabei häufig auf Methoden der Inhalts- oder Diskursanalyse zurück.
3. Postkoloniale Verflechtungen: Kapitalismus, Rassismus und Migration
„Was aber heißt es [...] einem Menschen das Menschsein zu verweigern ?[...] Sklave bedeutet eine Verweigerung der Freiheit des Handelns, der Freiheit der Wahl, Leibeigenschaft, sei es des Körpers oder des menschlichen Willens. "®[4]
Im folgenden Kapitel wird aufgezeigt auf welche Weise postkoloniale Theoretikerinnen sowie Theoretikerinnen der Critical Black Studies die Geschichte kolonialer Ausbeutung und Versklavung mit den Ausbeutungsverhältnissen und ungleichen Machtverhältnissen der Gegenwart verknüpfen. Da in der Zeitungsanalyse mediale Diskurse, die in der italienischen Gesellschaft vorhanden sind, untersucht werden, werden auch die Auswirkungen der Kolonialisierung und Versklavung auf die kolonisierenden europäischen Gesellschaften betrachtet. Die Entmenschlichung nicht-we/ßer Menschen fungiert dabei als roter Faden, der die Geschichte des globalen Kapitalismus, des Nationalstaats und seiner Grenzen sowie die Konstruktion eines europäischen Selbstverständnisses miteinander verflicht.
[64] Soyinka Wole, zit. nach Ofuatey-Alazard 2011b, S. 519.
3.1. Rassistische Entmenschlichung und Kapitalismus
Als „eine der langlebigsten und anpassungsfähigsten Ideologien der Moderne"64 hält Rassismus Wissen bereit, um Zugehörigkeitsordnungen und Ungleichheit theoretisch zu begründen und praktisch herzustellen.65 Inwiefern eine durch Rassismus strukturierte Ordnung der Welt mit dem ökonomischen System, indem wir leben, zusammenhängt wird nachfolgend aufgezeigt. Dafür werden sowohl die Anfänge des modernen Kapitalismus als auch heutige Tendenzen des Kapitalismus skizziert.
3.1.1. Rassismus und Entstehung des Kapitalismus
Wenn man den Kapitalismus allein durch die Linse desTausches betrachtet, eröffnet sich keine besondere Verbindung zwischen Rassismus und Kapitalismus. Die Akkumulations- und Herrschaftsmechanismen des Wirtschaftssystems können so nicht wahrgenommen werden.66 Von marxistischen Theoretikerinnen, Sozialistinnen und Gewerkschafterinnen wurde daher der „Kern des Kapitalismus auf einer tieferen Ebene, nämlich in der Exploitation (Ausbeutung) von Lohnarbeit in der Warenproduktion" verortet.67 Die Geschichte des Kapitalismus wurde so als „eine Geschichte der Freisetzung und Mobilmachung von Arbeitskräften"68 verstanden. Dem ging nach Marx ein Prozess der Expropriation (Enteignung) voran, den er unter dem Begriff der ursprünglichen Akkumulation oder ursprünglichen Expropriation maßgebend prägte und dessen Betrachtung für diese Arbeit höchst relevant ist.69 In Marx Worten handelt es sich dabei um den gewaltvollen Prozess, die in der Landwirtschaft arbeitenden Personen von ihrem Grund und Boden zu trennen, wodurch „große Menschenmassen plötzlich und gewaltsam von ihren Subsistenzmitteln losgerissen und als vogelfreie Proletarier auf den Arbeitsmarkt geschleudert werden".70 Um es in marxistischen Begrifflichen auszudrücken ist die ursprüngliche Akkumulation die Trennung von Produzenten und Produktionsmittel, welche die „Vorgeschichte des Kapitals" bildet.71
Als prototypisches Beispiel dieser Entwicklung diente Marx das Beispiel, des von ihm beschriebenen Prozess der Durchsetzung der Weidewirtschaft in England und Irland Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts."72 Dies führte zu Verarmung der ländliche Bevölkerung und daher zu einer massiven Abwanderung in die entstehenden Industriemetropolen Großbritanniens, wo die enteigneten Bauern und Bäuerinnen als billige Arbeitskräfte („vogelfreie Proletarier"*innen) ausgebeutet werden konnten.73 Marx konzentrierte sich des Weiteren vor allem auf die Ausbeutung (Exploitation) der Lohnarbeit durch das Kapital und die „Herrschaft über die Arbeiterklasse" in Europa.74 Doch auch er wies in der Sprache seiner Zeit bereits darauf hin, dass die „Schaffung von Reichtum in Europa [...] auf brutalste[n] Enteignungsprozesse[n] [...] nicht nur innerhalb, sondern vor allem auch außerhalb des Kontinents"75 beruhte:
Die Entdeckung der Gold- und Silberländer in Amerika, die Ausrottung, Versklavung und Vergrabung der eingeborenen Bevölkerung in die Bergwerke, die Eroberung und Ausplünderung von Ostindien, die Verwandlung von Afrika in ein Geheg zur Handelsjagd auf Schwarzhäute, bezeichnen die Morgenröte der kapitalistischen Produktionsära.[76]
Er beschrieb die ursprüngliche Akkumulation jedoch als linearen historischen Prozess auf den stets die Ausbeutung der Arbeiter*innenklasse folgen müsse. Im Gegensatz hierzu wiesen eine Vielzahl imperialismuskritischer Theoretikerinnen auf ihn bezugnehmend hin, dass sich der Prozess ursprünglicher Akkumulation oder Expropriation kontinuierlich bis in die Gegenwart ereignet und kein abgeschlossener Prozess ist.77 Sie stellten daher „die Expropriation der eroberten Völker durch das Kapital in den Mittelpunkt"78 des Kapitalismus. So sprach beispielsweise auch Rosa Luxemburg von einer dem Kapitalismus ,,inhärent-kontinuierliche[n] ursprüngliche[n] Akkumulation" und der ägyptisch-französische Ökonom und Dependenztheoretiker Samir Amin von einer permanenten anstatt ursprünglichen Akkumulation.79 Amin beschreibt Imperialismus und die mit ihm einhergehenden Prozesse andauernder Akkumulation daher als „a 'permanent phase of capitalism' in the sense that globalized historical capitalism has built up, and never ceases from reproducing and deepening, the center / periphery poliarization."80
Der Weltsystem-Theorie des US-amerikanischen Soziologen und Sozialhistorikers Immanuel Wallerstein folgend entstand im späten 15. und 16. Jahrhundert (etwa zwischen 1450 und 1640 je nach Region) die europäische, kapitalistische Weltwirtschaft als wirtschaftliche Einheit.81 In Westeuropa ging dem ein feudales agrarwirtschaftliches System voraus, während der Mittelmeerraum sich im 12. Jahrhundert bereits als Handelszentrum herausbildete.82 Für den innereuropäischen Handel sowie dem Handel mit dem Mittleren Osten benötigte Europa immer größere Mengen an Gold und Silber als Tauschmittel. Mit der europäischen Eroberung und Expansion auf den amerikanischen Kontinent und den dortigen Vorkommen wurde der Hunger nach den Edelmetallen gestillt und ermöglichte somit den enormen Wachstum der Wirtschaft und des internationalen Handels.83 Vertreterinnen, der in Lateinamerika entwickelten dekolonialen Perspektive, wie etwa Walter Mignolo sehen daher den Beginn der kapitalistischen Moderne mit Beginn der Kolonisierung des amerikanischen Kontinents.84
Im 16. Jahrhundert wurde der internationale und transatlantische Handel zwischen Europa und verschiedensten Weltregionen intensiviert und verfestigt, wodurch sich der Lebensstandard einiger Bevölkerungsschichten in Europa erheblich steigerte sowie zu einem Bevölkerungswachstum führte. Wallerstein zufolge war es das daraus resultierende wachsenden Bedürfnisses nach Nahrungsmitteln, Holz und Brennstoff, das Westeuropa dazu brachte zunächst in den Mittelmeerraum, auf die atlantischen Inseln, nach West- und Nordafrika, nach Osteuropa, Russland und Zentralasien zu expandieren. Osteuropa wurde zu diesem Zeitpunkt zum „Brotkorb" Westeuropas.85 Wallersteins Systemtheorie folgend erfolgte Ende des 15. Jahrhunderts eine Aufteilung in wirtschaftliche Zentren, SemiPeripherien und Peripherien mit ihren jeweiligen Systemen der Arbeitskontrolle.86 Sowohl die lateinamerikanischen Kolonien als auch Osteuropa machten im 16. Jahrhundert daher ähnliche Erfahrungen hinsichtlich der Einführung einer feudalen Leibeigenschaft, durch die möglichst effektiv das Angebot an ausbeutbaren Arbeitskräften für Bergbau, Rinderzucht und die Produktion von Agrargütern organisiert und gewährleistet werden sollte.87
Für den marxistischen afro-US-amerikanischen Politikwissenschaftler Cedric Robinson spielte die Vorgeschichte des modernen Kapitalismus im Mittelmeerraum der frühen Neuzeit eine zentrale Rolle für dessen Entstehung. Bereits im 12. Jahrhundert wurde im Zusammenhang mit dem Zuckeranbau im Mittelmeerraum die Sklaverei eingeführt, die dann später weiter westwärts in die Karibik und auf den amerikanischen Kontinent exportiert wurde.88 Die im Mittelmeerraum praktizierte Versklavung sowohl europäischer als auch afrikanischer Menschen vom 13. bis zum 15. Jahrhundert wird daher als Vorläufer der späteren systematisch organisierten transatlantischen Versklavung afrikanischer Menschen gesehen. Vertreterinnen der Black Studies, wie etwa der US-amerikanische Anthropologe Khalil Saucier betonen daher stets, dass die aktuelle Rassismuskrise, die oft als Migrationskrise betitelt wird, ihre Wurzeln im Versklavungshandel und Kolonialismus hat:
[It] has its roots in Mediterranean racial slavery, Enlightenment thought (i.e. humanism that has relied on the provision of a dehumanized other), the colonial North-South relationship, its colonial legacy, as well as in its fascist and imperial worldview.89
Es fand ab dem 15. und vor allem im 16. Jahrhundert eine Ausweitung der Sklaverei und des innereuropäischen Rassismus90 auf Menschen außerhalb des europäischen Kontinents statt.91 Das Plantagensystem, das auf der Ausbeutung von Sklavinnen beruhte, wurde dabei zunächst durch die Kolonial- und Seemächte Portugal und Spanien92 im Zusammenspiel mit verschiedenen europäischen Adligen und vor allem genuesischen, venezianischen und englischen Bankiers, Händlerinnen und Kaufleuten vom mediterranen in den atlantischen Raum verlagert".93
Ab Ende des 16. Jahrhunderts wurde Versklavung schließlich mit Schwarzsein und Freiheit mit Weißsein kodiert und fixiert und damit endgültig die enge Verbindung von Kapitalismus und Rassismus gefestigt.94 Schon im 17. Jahrhundert speiste sich das englische Handelskapital bereits im großem Maße aus der erzwungenen Arbeit afrikanischer Menschen, wie bereits zuvor aus der erzwungenen Arbeit enteigneter irischer Bauern und Bäuerinnen.95
Im Zeitalter der Aufklärung, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert erlebte der Versklavungshandel seinen Höhepunkt mit der Deportation von jährlich mehr als 70.000 Menschen. Es wird davon ausgegangen, dass etwa 15 Prozent der verschleppten Menschen bereits auf der zweimonatigen Fahrt starben.96 Das spezielle der europäischen Versklavung afrikanischer Menschen, im Gegensatz etwa zum muslimischen und innerafrikanischen Versklavungshandel war der absolute Warenstatus der Versklavten sowie die Versklavung ausschließlich Schwarzer Menschen.97 Die Versklavung wurde dabei gesellschaftlich mit einer antischwarzen rassistischen Ideologie legitimiert.98 Der kamerunische postkoloniale Historiker, Philosoph und Politikwissenschaftler Achille Mbembe schreibt, dass der rassistische Begriff „Neger" („nègre") erstmals zu Beginn des 16. Jahrhunderts auftauchte und im 18. Jahrhundert, auf dem Höhepunkt des transatlantischen Versklavungshandel dann endgültig in den allgemeinen europäischen Sprachgebrauch einging.99 Die Bezeichnung dient der Verdinglichung und Herabsetzung und bezieht Mbembe folgend seine Macht aus der mit dem Begriff einhergehendenGewalt:
[...] zu ersticken und zu erwürgen, zu amputieren und zu entmannen. [...] der Name
,Neger' steht von jeher in einem engen Verhältnis zum Tod, zum Töten und zum Begraben. Und natürlich zum Schweigen, zu dem man das Ding unbedingt bringen muss - der Befehl den Mund zu halten und nicht gesehen zu werden.100
Mbembe nutzt in seinem Essay „Kritik der Schwarzen Vernunft" daher durchgängig den rassistischen Begriff, um eben diese „Verwandlung" afrikanischer Menschen in „auszubeutende Körper und Rassensubjekte"101 zu verdeutlichen:
Indem man den Sklaven durch das Walzwerk presst, um möglichst großen Gewinn aus ihm herauszupressen, verwandelt man nicht nur ein Lebewesen in ein Objekt. [...] Man produziert den Neger, [...] das Rassensubjekt oder auch die Gestalt dessen, was man auf Distanz halten kann - und dessen man sich entledigt, wenn es nicht mehr gebraucht wird.[102]
Es geht ihm um die entstandene Unterwerfungsbeziehung, bei der auf der einen Seite der versklavte Mensch als „Neger" und auf der anderen Seite der weiße „Herr" konstruiert wird, der den anderen besitzt.103 Für Mbembe fungierten das „Plantagen- und das Kolonialsystem daher geradezu [als] Fabriken der Rasse und des Rassismus"104, bei der sich auch arme weiße Menschen von den entmenschlichten Schwarzen Menschen abgrenzen und sich diesen überlegen fühlen konnten.
Der Versklavungshandel und die Plantagenwirtschaft in der Karibik, Brasilien und den USA spielten in zweierlei Hinsicht eine maßgebende Rolle: Zum einen um die Ideologie des Rassismus in den Kolonien sowie in Zentrum Europas zu verfestigen, zum anderen für die Entwicklung des modernen Kapitalismus. Die Arbeit versklavter Menschen war unabdingbar für die globale Ausbreitung des Kapitalismus. Kapitalismus und Rassismus verfestigten sich demnach über den Versklavungshandel und die Plantagenwirtschaft gegenseitig, weshalb festgehalten werden kann, dass der moderne Kapitalismus von Beginn an ein über Rassifizierung operierender Kapitalismus war.105 Der Politikwissenschaftler Cedric Robinson bezeichnet die systematische Rassifizierung und Ausbeutung, um daraus Profit schlagen zu können als racial capitalism, der sich im Laufe der Jahrhunderte in Gestalt des Siedlerkolonialismus, der Versklavungsplantagenwirtschaft, der Vertreibung indigener Menschen und der Schaffung rassifizierter Migrant*innen äußerte.106 Aus postkolonialer Perspektive ist die Zwangsarbeit amerikanischer Indigener und die Versklavung und transatlantische Verschleppung von mehr als 12 Millionen Afrikaner*innen (die Maafa), von denen allein ein Drittel in die Karibik gebracht wurden, daher zentral für die Entstehung und die Entwicklung der kapitalistischen Moderne.107
Die Debatte über den Zusammenhang zwischen transatlantischer Sklaverei und der damit einhergehenden Zuckerwirtschaft auf karibischen Plantagen und der Entwicklung des globalen Kapitalismus ist dabei keinesfalls neu in den Geschichts- und Sozialwissenschaften. Kritische Schwarze Theoretikerinnen, wie W.E.B. du Bois oder Cedric Robinson haben die dem Kapitalismus inhärenten rassistischen Logiken ausführlich untersucht und heben im Gegensatz zur orthodoxen marxistischen Theorie hervor, wie die Geschichte des Kapitalismus mit dem Versklavungshandel begann und nicht mit dem Fabriksystem. Auf einen Satz komprimiert lässt sich mit ihnen sagen, dass es den Kapitalismus nicht ohne die transatlantische Sklaverei gegeben hätte: „the history of Manchester never happened without the history of Mississippi"108
Indem die Logiken des Rassismus, der Bürokratie und des Handels miteinander verbunden wurden, konnten Menschen in verschiedene Kategorien mit angeblich unterschiedlichen physischen und geistigen Eigenschaften eingeordnet werden.109 Über die Bürokratie als Herrschaftsinstrument und den immer wichtiger werdenden Handel konnten diese nach rassistischen Vorstellungen kategorisierten Menschen dann auch auf unterschiedliche Arten, ausgebeutet werden, beispielsweise über ein Feudalsystem, eine auf Sklav*innenarbeit beruhenden Plantagenwirtschaft oder Lohnarbeit in Fabriken.110 Fraser grenzt daher die Arbeit der entstehenden ausgebeuteten Arbeiterklasse in den europäischen Metropolen, die auf (wenn auch prekärer) bezahlter Lohnarbeit beruht, von enteigneter (expropierter) Arbeit ab. Mit expropriierter Arbeit meint sie „unfreie, abhängige und unbezahlte Arbeit", die bei der Kapitalakkumulation eine entscheidende Rolle spielte und Individuen zu „Besitzsklaven, Dienstboten, Kolonialsubjekten, [unmündigen Indigenen], [und] Schuldknechten" erklärte.111 Insbesondere Menschen afrikanischer Herkunft fanden sich in expropriierten Arbeitsverhältnissen wieder und wurden „in menschliche Objekte, menschliche Waren, menschliches Geld verwandelt".112 Neben Schwarzen Menschen wurden darüber hinaus auch andere kolonialisierte Gruppen des amerikanischen und asiatischen Kontinents in rassifizierte Kategorien eingeteilt und zu ausbeutbaren Menschen erklärt.113 Der Prozess der Rassifizierung ist somit von grundlegender Bedeutung für die Funktionsweise des Kapitals, und die Kategorie ,Rasse' daher nicht ,nur' eine separate Form der Unterdrückung, die sich manchmal mit Kapitalakkumulation überschneidet. Die zum Funktionieren des Kapitalismus erforderte Ungleichheit wurde und wird durch Rassismus verankert.114
Auch wenn rassistische Europäerinnen Schwarze und nicht-we/ße Menschen als ausbeutbare Objekte imaginierten, so blieben diese dennoch handelnde, zu Entscheidungen fähige Subjekte mit einem gewissen Handlungsspielraum. Aus diesem Grund war und ist der Prozess der Rassifizierung begleitet von dem ebenso langen Prozess des Widerstands Schwarzer und anderer nicht-we/ßer Menschen und deren Kampf für Freiheit, gegen die Sklaverei, für ihre Unabhängigkeit und für Bürgerrechte.115
3.1.2. Rassismus und Kapitalismus heute
Auch heute noch macht die Naturalisierung globaler rassistischer Hierarchien die Ausbeutung bestimmter Menschen eher möglich. Holmes macht beispielsweise für den Fall der US- amerikanischen Landwirtschaft die historisch gewachsenen rassistischen Strukturen und Ausbeutungsverhältnisse sichtbar. Die global bestehende strukturelle Ungleichheit führt im Sektor der Landwirtschaft auch in Europa dazu, dass die Zerstörung bestimmter Körper wahrscheinlicher ist und weitestgehend als ,normal' empfunden oder ausblendet wird. Wenngleich die rassistischen Kategorien heute subtiler wirken als noch zu Zeiten des transatlantischen Handels mit versklavter Menschen, so bestehen sie dennoch fort.
Die Weltbevölkerung wird häufig nach dem Grad ihrer ,Verwestlichung' mit Begriffen wie ,entwickelt' oder 'Unterentwickelt' klassifiziert und hierarchisiert. Die beiden Lateinamerikanistinnen Claudia Rauhut und Manuela Boatcä weisen darauf hin, dass die auf die kolonialistische Hochphase zurückgehenden Ungleichheiten sich durch diese Einteilung sogar noch verstärken:
Heutige Zentren und Peripherien der Weltwirtschaft oder ihre metaphorischen Äquivalente wie Nord/Süd, Erste und Dritte Welt spiegeln [...] nicht nur wirtschaftliche und politische Unterschiede wider, sondern verstärken zugleich historisch konstruierte und bis heute andauernde [...] Differenzen zwischen 'entwickelten' und 'Unterentwickelten' Gesellschaften.116
In den 1980er und 1990er Jahren trieben große globale, internationale Unternehmen und Institutionen wie die Weltbank und der IWF (Internationaler Währungsfonds) eine Idee kapitalistischer Entwicklung voran (Washington Consensus), die vor allem die Bergbauindustrie und die industrielle Landwirtschaft in den Ländern des so genannten 'Globalen Südens' förderte. Die auf internationale Migration spezialisierte US-amerikanische Soziologien und Wirtschaftswissenschaftlerin Saskia Sassen sieht daher in eben dieser Entwicklungsstrategie, die im Wesentlichen auf der Extraktion von Rohstoffen besteht und zerstörte Böden und vergiftetes Wasser hinterlässt, die Ursachen für den drastischen Anstieg an Armut und Enteignung (Expropriation) von Kleinbauern und -bäuerinnen, die sich oftmals gezwungen sehen zu migrieren.117
Große, transnationale Banken setzten ab den späten 1970ern im Namen der 'Entwicklung' vor allem afrikanische Länder unter Druck Schulden anderer Länder als Kredite zu kaufen, wodurch sie seitdem einen hohen Prozentsatz ihrer Gesamteinnahmen allein zurTilgung von Schulden nutzen müssen.118 Für Nancy Fraser sind „räuberische Kredite" unter dem „Deckmantel des Handels" ebenso Prozesse der Expropriation (Enteignung) „wie [diejenigen] bei der Sklaverei in der Neuen Welt".119 Anders als im Fall der Kredite, die beispielsweise nach dem Zweiten Weltkrieg vergeben wurden Westdeutschland wieder in die kapitalistische Weltwirtschaft einzugliedern, legt sie nahe, dass die vor allem an afrikanische Länder vergebenen Kredite, vielmehr Disziplinarmaßnahmen darstellten. Druckmaßnahmen waren nicht zuletzt militärische Interventionen, wie die Unterstützung bestimmter Diktaturen, Aufstände und Kriege auf dem afrikanischen Kontinent, aber auch in Zentral- und Südamerika, in Südostasien sowie im Nahen und Mittleren Osten.120 Gemeinsam mit den Krediten gingen erzwungene Strukturanpassungsprogramme einher, die vor allem die Privatisierung von Sektoren und Dienstleistungen, die in staatlicher Hand lagen, vorantrieben.121 Die Austeritätspolitik sowie abgeschlossene Freihandelsabkommen zwischen Ländern des ,Globalen Norden' und ,Globalen Südens', wie etwa das 1994 zwischen den USA, Kanada und Mexiko abgeschlossene NAFTA-Abkommen waren vor allem für Kleinbauern und -bäuerinnen verheerend.122 Von den Maßnahmen zu Gunsten des ,Freien Markts' profitierten hingegen vor allem große, monopolistische, internationale Unternehmen123 aus dem ,Globalen Norden' (vor allem aus den USA und Westeuropa) und seit einigen Jahren auch aus China. So profitierten beispielsweise vom großflächigen Landerwerb für die Produktion von Biokraftstoffen, Holz und Nahrungspflanzen in Ländern wie Sudan, Mali, Madagaskar, Äthiopien, Tansania und Mosambik vor allem Unternehmen und Regierungen aus Europa, den Vereinigten Staaten, China, Saudi-Arabien, Südkorea und Japan.124 Die Volkswirtschaften der entsprechenden Länder des ,Globalen Südens' konnten abgesehen einiger aufstrebender lokaler Eliten, von dieser Entwicklung nicht nur kaum profitieren, sondern es zerstörte im Gegenteil sogar die bestehenden Volkswirtschaften und Kleinindustrien und führte damit zu einer Verarmung breiterTeile der bestehenden Mittelschichten.125
Der beschriebene Prozess, der gemeinhin unter dem Schlagwort Neoliberalisierung zusammengefasst wird, begann zwar in den späten 70er Jahren, doch der britisch-US- amerikanische Humangeograph David W. Harvey sieht seit der Finanzkrise 2008 einen neuen Schub ursprünglicher Akkumulation, die sich global gesehen vorwiegend gegen die indigene und bäuerliche Bevölkerung richtet.126 Fraser beschreibt, wie in der Phase, die sie „Finanzmarktkapitalismus" nennt, vor allem Bauern und Bäuerinnen mittels Schulden enteignet werden.127 Der Politikwissenschaftler Behr zieht in seiner Dissertation daher eine direkte Verbindung zur aktuellen afrikanischen Migration: ,,[D]ie vielfältigen Erscheinungsformen ursprünglicher Akkumulation [in afrikanischen Ländern, haben] zu einem regelrechten ruralen Exodus"geführt.128
Auch aus der Sichtweise der Systemtheorie Wallersteins mit seinem „Zentrum-Peripherie- Modell" hat die internationale Migration viel mit dem weltweiten kapitalistischem Wirtschaftssystem zu tun.129 Es wird davon ausgegangen, dass viel von dem Überschusskapital aus den Zentren (dem ,Globalen Norden') in die Peripherien (,Globalen Süden') fließen, weil dort Arbeitskräfte billiger, sowie große landwirtschaftlich nutzbare Flächen und fast alle wichtigen Rohstoffe verfügbar sind. In den globalen Zentren führte dieser Prozess der Internationalisierung des Kapitals, der etwa ab den 1960er Jahren in Form von Auslandinvestitionen transnationaler Konzerne einsetzte oft dazu, dass Industrien in den Zentren abgebaut werden und Arbeitsplätze quasi in die Semiperipherien und Peripherien „exportiert" wurden, wo deutlich geringere Löhne gezahlt werden.130 Für kleinere und mittelständische Betriebe, die ihre Produktionsstätten nicht verlagern können, wie etwa in der Landwirtschaft, bleibt die „Beschäftigung billiger importierter Arbeitskräfte oft als einzige Möglichkeit, um den Wettbewerbsdruck zu reduzieren."131
In den Peripherien lösen die neoliberalen Investitionen die bereits beschriebenen strukturellen Umbrüche aus: kleinbäuerliche Wirtschaftsstrukturen „werden durch die Einführung der Plantagenwirtschaft, Mechanisierung der Landwirtschaft und Massenproduktion zerstört".132 Der deutsche Soziologe Han weist zudem darauf hin, dass der expandierende Markt und die damit einhergehende zunehmende Ausbreitung der Lohnarbeit und Geldwirtschaft, bedeutet, dass soziale Beziehungen zunehmend ökonomisiert werden und sehr viele Menschen aus ihren Sozialbindungen und Lebensformen freigesetzt werden, die dann regional und international migrieren.133 Die durch das Eindringen internationaler Agrarkonzerne und Bergbauunternehmen enteigneten und vertriebenen Kleinbauern und - bäuerinnen nennt die Globalisierungssoziologin und Wirtschaftswissenschaftlerin Sassen daher Flüchtende134 eines Wirtschaftswachstums („escaping development"), das im Globalen Norden noch immer weitgehend positiv bewertet wird. Die flüchtenden Personen dieser Kategorie werden daher an den Grenzen auch nicht als Flüchtlinge anerkannt.135 Es wird ausgeblendet, dass sie die Grundlage ihrer Subsistenzwirtschaft oftmals gerade deshalb verloren haben, weil die Länder, aus denen sie stammen dank Bergbau und industrieller Agrarwirtschaft ein gestiegenes und damit positives' BIP vorweisen können.136 Ebendiese Extraktionsökonomien tragen nicht zuletzt auch zu den sich beschleunigten Prozessen des Klimawandels bei, wodurch sich noch mehr Menschen gezwungen sehen zu flüchten.137 Die Landbevölkerung ist zudem die Hauptbetroffene von Bürgerkriegen und anderer Formen der Gewalt. Für Sassen hängt auch die auf dem Land ausbrechende Gewalt mit der Zerstörung der Kleinbäuerlichen Wirtschaftsform zusammen, die dem Ausbreiten eines kapitalistischen Wirtschaftswachstums durch die oben beschriebenen Enteignungsprozessen und Ökonomien weichen muss.138 Ähnlich wie in dem von Marx beschriebenen Fall der Vertreibung und Enteignung von Kleinbauern und -bäuerinnen in Großbritannien des 15. Und 16. Jahrhundert migrieren die Menschen anschließend vor allem in die Metropolen. Diese bieten allerdings nicht genug Arbeitsplätze für alle. Sassens These ist daher, dass die Wirtschaftspolitik Europas und der USA unter Berufung auf die Schlagworte Entwicklung' und Modernisierung' erst den Grundstein legte für heutige Migrations- und Fluchtbewegungen in Richtung Europa und USA.139
Insgesamt lässt sich aber auch feststellen, dass nicht nur der Abstand zwischen armen und reichen Nationen größer geworden ist, sondern generell zwischen armen und reichen Menschen weltweit:
global wealth is concentrating in fewer hands, and these few include those of subaltern elites. In this reconfigured global landscape, the ,rich' cannot be identified exclusively with metropolitan nations; nor can the ,poor' be identified exclusively with the Third and Second World.140
Es ließe sich also annehmen, dass diese Entwicklung schlichtweg „Kapitalismus" sei, jedoch nicht mehr zwangläufig etwas mit Rassismus zu tun habe. Daher wird nachfolgend genauer erläutert, warum Rassismus nicht nur dem Entstehen des globalen Kapitalismus inhärent war, sondern es auch heute - speziell im Fall der Landwirtschaft - noch ist.
Postkoloniale Autorinnen nutzen in Anlehnung an die südafrikanische Apartheid141 häufig den Begriff der „globalen Apartheid", um die historisch gewachsene und bestehende Weltordnung, die auf Rassifizierung, Segregation, politischen Interventionen, Mobilitätskontrolle, kapitalistischer Plünderung und der Ausbeutung der Arbeitskraft von Menschen aus dem ,Globalen Süden' beruhe, zu beschreiben.142 So schreibt Mbembe beispielsweise:
Heute haben diverse Formen von Apartheid und der strukturellen Benachteiligung, frühere Formen des Kolonialismus ersetzt. Durch globale Akkumulation durch Enteignungen haben sich durch ein immer brutaleres Weltwirtschaftssystem geschaffene Ungleichheiten ausgebreitet.143
Vor allem Theoretikerinnen des Black Marxism, der zwischen den 1930er und 1980er seine Blütezeit erlebte, gehen davon aus, dass der „Rassismus fest in der Tiefenstruktur des heutigen Kapitalismus verankert" ist.144 Die bereits zitierte US-amerikanische Philosophin Nancy Fraser geht daher ihrerseits in einem Beitrag des im Jahr 2022 veröffentlichten Buchs „Kapitalismus im 21. Jahrhundert" der alten Frage nach, ob der Kapitalismus zwangsläufig rassistisch sei. Sie betrachtet das Zusammenwirken von Enteignung (Expropriation) und Ausbeutung (Exploitation) und schildert, dass es sich bei den enteigneten Personen, wie oben geschildert um „ländliche und indigene Gemeinschaften in der kapitalistischen Peripherie" oder aber um „Angehörige unterworfener oder subordinierter Gruppen im kapitalistischen Zentrum" handeln kann, die entweder zu ausgebeuteten Proletarier*innen werden oder aber als „Arme, Slumbewohner, Farmpächter, ,Eingeborene' oder Sklaven, [...] außerhalb des Lohnnexus bleiben und fortwährender Expropriation unterworfen sind".145 Unter Expropriation versteht sie die die politische Exponiertheit, ein „Zustand der Wehrlosigkeit und Verwundbarkeit", da sie sich nicht auf Schutz berufen können um ihrer Ausbeutung Grenzen zu setzen.146 Wie in Kapitel 3.2.1 bereits dargelegt schildert Fraser wie in den verschiedenen Phasen des Kapitalismus vor allem Schwarze, People of Colour und kolonialisierte hauptsächlich von Expropriation (Enteignung) betroffen waren, während die weiße, europäische Arbeiterschaft in den Fabriken zunehmend ,nur' von Ausbeutung (Exploitation) betroffen waren. Im Zuge des Prozesses der Auslagerung von Fabriken in den ,Globalen Süden' sind Fraser zufolge immer mehr Menschen von doppelter Ausbeutung also von Exploitation und Expropriation betroffen - und zwar sowohl im ,Globalen Süden' (kapitalistischer Peripherie) als auch im ,Globalen Norden' (kapitalistischem Zentrum). People of Colour sind dabei jedoch noch immer deutlich stärker betroffen.147 Auch Mbembe spricht von einer Ausweitung der ausbeutbaren Subjekte im Zuge des Neoliberalismus im 21. Jahrhundert: „[Es] entsteht die Fiktion eines neuen menschlichen Subjekts, Unternehmer seiner selbst', formbar und darauf bedacht, sich ständig unter Rückgriff auf die von seiner Zeit gebotenen Artefakte umzubilden."148 Frasers These ist aus diesem Grund, dass Rassismus sich nur über eine „rassenübergreifende Allianz" überwinden lässt, die sich für eine Überwindung der Basis des Kapitalismus - dem Nexus von Expropriation und Exploitation - einsetzt.149 Auch der von 1868 bis 1963 lebende afroamerikanische Soziologe W.E.B. Du Bois erkannte die enge Verbindung zwischen der „color line" und der „question of labor".150 Schon im Jahr 1900 sprach er daher von der ,,transnationale[n] Verwobenheiten [sic] von Befreiungskämpfen: eine Befreiungaus Unterdrückungsverhältnissen im globalen Norden ohne die Beseitigung kolonialer Machtverhältnisse im globalen Süden [war] für [ihn] schlichtweg keine Befreiung."151
Für den Fall der globalen Landwirtschaft kann festgehalten werden, dass noch immer weitgehend Schwarze, Indigene und Latinxs sowie andere nicht-we/ße Menschen sowohl von der „doppelten Ausbeutung" im Sinne Frasers als auch „fortwährender Enteignung" betroffen sind. Menschen, die von doppelter Ausbeutung betroffen sind, befinden sich nicht nur ökonomisch, sondern auch gesellschaftlich und politisch in einer prekären Lage, die sie stark einschränkt, ihre Interessen öffentlich zu vertreten. Der marxistische Theoretiker Antonio Gramsci prägte für ebendiese Menschen, die gesellschaftlich derartig ausgegrenzt sind, dass sie in hegemonialen Diskursen ihre Bedürfnisse und Wünsche nicht hörbar machen können, den Begriff der Subalternen, den die indische Literaturwissenschaftlerin Gayatri Chakravorty Spivak,152 mit ihrer postkolonialen und feministischen Perspektive weiterentwickelte. Im Kontext des langsamen Abbaus des Wohlfahrtsstaats153 im ,Globalen Norden' sind für Spivak die „neuen Subalternen" Wohnungslose, geflüchtete Personen sowie undokumentierte, illegalisierte Migrant*innen.154 Auf die Bedeutung der Ausbeutung und Enteignung (undokumentierter) Migrant*innen für die Wirtschaft und das Selbstverständnis Europas wird in den folgenden Teilkapitel genauer eingegangen. Mit den Worten der britischen Politikwissenschaftlerin Ida Danewid lässt sich zusammenfassend und im Ausblick auf das folgende Kapitel bereits festhalten, dass Grenzen hierbei eine elementare Rolle spielen:
Borders emerged as one key site for these processes. As older forms of direct, colonial control over the global labour supply were discredited, they were gradually replaced by a system of resource extraction and continued sweated labour in the global South, on the one hand, and the creation of "immigrant labour" in the North, on the other—a bifurcated system anchored in the racialised global border regime.155
3.2. Rassistische Entmenschlichung, Grenzen und Migration
Im vorangehenden Teilkapitel standen die Verknüpfungen zwischen kapitalistischer und rassistischer Funktionsweisen im Fokus. Nachfolgend soll nun die Bedeutung von Grenzen und einer restriktiven Migrationspolitik in ebendiesen Funktionsweisen genauer betrachtet werden. Es wird dabei dargelegt, warum Rassismus auch ein konstitutiver Bestandteil der europäischen Grenzziehung und -kontrolle ist.
3.2.1. Rassismus und Europas Grenzen
Innerhalb der EU ging die Globalisierung mit einer Öffnung der Grenzen einher, während weltweit gesehen, insbesondere die Nord-Süd-Grenzen zunehmend verstärkt und militarisiert wurden:
From the West Bank to the US-Mexico border, to Kashmir and the Mediterranean, vast amounts of state money has been poured into the construction of walls and other barriers, the policing ofborders, and the expansion ofthe detention estate- all which began well before the rise of far-right, fascist, and populist political parties across the global North.156
Danewid ist der Auffassung, dass die aktuellen Forderungen nach Schließung und Überwachung der Grenzen nicht als Ausnahme einer ansonsten friedlichen europäischen Normalität gesehen werden können. Stattdessen sollten sie als die Regel, als Teil einer „long history of racial capitalism which has always sought to control the movement of the poor" verstanden werden.157 Grenzen schaffen und naturalisieren Danewid folgend ein System unterschiedlicher Arbeitszonen, das auf der Hyperausbeutung rassifizierter Körper beruht.158
Auch die deutsche Politikwissenschaftlerin Jeannette Ehrmann versteht den Einbeziehungsweise Ausschluss in und aus einer politischen Gemeinschaft entlang rassistischer Grenzziehungen in westlichen Demokratien nicht als Ausnahme-, sondern als Regelfall.159 Diesen Thesen soll auf den folgenden Seiten nachgegangen werden, um die Zusammenhänge zwischen Rassismus und Migrationspolitik aufzuzeigen.
Wenn versucht wird Europa nicht eurozentrisch, als Mittelpunkt der Welt zu betrachten, so wird schnell klar, dass das was wir heute als Europa bezeichnen im Grunde nur ein winziger Zipfel einer riesigen eurasischen Landmasse ist - nur einer von sechs eurasischen Subkontinenten. Die Grenzen zwischen Europa und Asien waren nicht zuletzt aus diesem Grund schon immer erklärungsbedürftig und politischen und kulturellen Veränderungen unterworfen.160 Auch die Grenze zwischen dem europäischen Kontinent und dem afrikanischen bleibt nicht nur hinsichtlich der geografischen Nähe zwischen Südeuropa und Nordafrika im Mittelmeer, sondern auch hinsichtlich einer eng verwobenen gemeinsamen Geschichte erklärungsbedürftig.161
Nach Ehrmann muss die Erfindung Europas, also der Prozess der Europa als klar definierbare symbolische und politische Einheit konstruiert hat daher bereits als Prozess der Rassifizierung Europas' und ,Nicht-Europas' betrachtet werden. Denn erst in Abgrenzung zu religiösen und rassifizierten Minderheiten, wie Muslim*innen, jüdischen Menschen und Sinti*zze und Rom*nja im Jnnern' sowie der Abgrenzung im ,Außen' zum kolonisierten und versklavten ,Anderen', etablierte sich die Idee eines Europas und Europäischseins, das als weiß, männlich und christlich imaginiert wurde. Diese Idee von Europa ist eng verknüpft mit bestimmten Vorstellungen von Zivilisation', Überlegenheit, Modernität' und Fortschrittlichkeit'.162 Ein dualistisches Denken, das tief im christlichen Denken verankert ist, schuf ein weißes Europa und ein nicht-we/ßes Nicht-Europa mit einer damit einhergehenden kontinuierlichen Grenzziehung. Sowohl im Jnnern' Europas als auch im Außen' wurden so dualistische Vorstellungen wie ,Okzident' und ,Orient', Zivilisation' und ,Barbarei' etabliert und verfestigt. Die Soziologin Boatcä zeigt auf, wie im Jnnern' Europas verschiedene Europas abgegrenzt wurden und ,Westeuropa' nach dem Niedergang der riesigen spanischen und portugiesischen Imperien zur unmarkierten Norm des Europäischseins wurden. Andere Europas', wie Südeuropa und insbesondere Osteuropa und Südosteuropa, die nicht automatisch im europäischen Selbstverständnis mitgedacht werden, wurden dabei stets als nicht ausreichend europäisch/we/ß konstruiert.163 Boatcä weist mit dem Begriff des „karibischen Europas" zudem auf die noch immer vorhandenen europäischen Kolonien hin, die sich im Atlantik, der Karibik, im Pazifik und im Indischen Ozean befinden und euphemistisch als Überseegebiete bezeichnet werden.164 Auch diese Bürgerinnen sind offiziell Teil der EU, auch wenn sie komplett aus dem europäischen Selbstbild ausgeklammert sind, da sie nicht in das Bild der weißen, christlichen, Europäerinnen passen.165
Die Vorstellung einer notwendigen ,Reinhaltung' Europas als weißer Einheit findet sich schon im königlichen Erlass „La Police des Noirs" aus dem Jahr 1777, der es Schwarzen und anderen nicht-we/ßen Menschen unabhängig von ihrem Rechtsstatus als Freie oder Versklavte verbot den Boden Kontinentalfrankreichs zu betreten und diese falls dies dennoch geschehen sollte, unverzüglich zu verhaften und über den nächsten Hafen abzuschieben.166 167 Es sollte eine strikte räumliche Trennung aufrecht erhalten bleiben zwischen den kolonisierten Gebieten und den kolonisierenden Metropolen. Nach Mbembe erlaubte diese kontinuierliche Grenzziehung das Ausüben massivster Gewalt gegenüber Menschen, die als nicht gleichwertige Menschen betrachtet und entmenschlicht wurden:
Die überseeische Welt ist als das Jenseits der Linie, die Grenze, die man immer wieder neu zieht, jener freie Raum ungehemmten Kampfes, offen für freien Wettbewerb und freie Ausbeutung, in dem die Menschen frei sind, sich zueinander wie Tiere zu verhalten.[163]
Es ist diese historische und bis heute andauernde Grenzziehung, die die Politikwissenschaftlerinnen Danewid und Ehrmann daher nicht als Ausnahme, sondern als Regelfall verstehen. Auf diese Weise kann erklärt werden, dass innerhalb des Schengenraums nationalstaatliche Grenzen einerseits weitgehend aufgehoben werden, während die EU- Außengrenzen zunehmend militarisiert und überwacht werden. Dieser zweiseitige Prozess führt der deutschen Historikerin Fatima El-Tayeb nach auch zu einer zusätzlichen Verlagerung der Grenzkontrolle in Form von Racial Profiling ins Innere der EU.168 Die Grenze ist auf diese Weise latent allgegenwärtig und wird durch potenziell überall stattfindende Razzien „jeweils temporär installiert"169
Auch wenn dabei Rasse' nun nicht mehr explizit benannt wird, so bleiben die kolonialrassistischen Grenzziehungen dennoch sowohl im Jnnern' Europas als auch im ,Außen' bestehen. „[Jjüdische und Schwarze Menschen, Muslim*innen beziehungsweise muslimisch gelesene Menschen und Rom*nja und Sinti*zze, die alle schon immer zu Europas Geschichte und Gegenwart gehört haben"170 werden als von außen kommend imaginiert, was sich beispielsweise bereits durch die scheinbar harmlose, alltägliche Frage „Woher kommst du?" manifestiert. El-Tayeb schließt daraus, dass „das vorherrschende Verständnis von Europäischsein nicht ohne das rassifizierte Andere als Außen existieren kann [...] [und] Rasse' nicht nur als externe, sondern auch als interne Grenze der Demokratie" fungiert.171
Indem auf einer diskursiven Ebene Migration zunehmend verknüpft wurde mit Diskursen um Sicherheit, Kriminalität, Menschen- und Drogenhandel, sowie internationalem Terrorismus, konnten Grenzpolitiken, wie die erschwerte Visavergabe, das Internieren von Migrant*innen oder die Infragestellung ihrer Rettung, legitimiert werden.172 Geflüchtete verwandeln sich so in Jllegale' und ,Kriminelle', während der „vorzeitige Tod Schwarzer Menschen in den libyschen Lagern, auf den Booten und im Meer [hingegen] politisch folgen- und rechtlich straflos" bleibt.173 All dies ohne dass das Wort Rasse' oder die Reinhaltung' einer imaginierten weißen, christlichen Rasse' explizit ausgesprochen werden muss.
Der Historiker Mbembe stellt in seinen Ausführungen zur Konstruktion des Schwarzen Sklaven, über dessen Leben ein weißer Plantagenbesitzer verfügt, dar, wie Macht genutzt wird, um zu entscheiden, welche Menschen leben und welche sterben müssen.174 Die gewaltvolle Geschichte der rassistischen Grenzziehung, die in Europa meist in der Vergangenheit und außerhalb Europas, auf den Versklavungsplantagen in den Amerikas, lokalisiert wird, wird von ihm so in das Zentrum der Geschichte der europäischen Moderne zurückgeholt und sichtbar gemacht.175 Er geht, wie andere Autorinnen der Schwarzen kritischen Theorie davon aus, dass wir uns in einer postkolonialen Gegenwart befinden, in der durch eine „[tödliche] Politik gegen flüchtende Menschen vor allem aus afrikanischen Ländern [...] Rasse als der Marker [dient], der über moralische wie ökonomische Register definiertes wertvolles und wertloses Leben, rettungswürdiges und zur Disposition stehendes Leben unterscheidet."176 Der ultimative Ausdruck von Herrschaft ist für Mbembe daher die Macht zu diktieren, wer leben darf und wer sterben muss.177
Schon rund zehn Jahre vor der so betitelten ,Flüchtlingskrise' 2015 hatte die EU massiv in den Grenzschutz investiert und diesen aufgerüstet um vor allem afrikanische und Migrant*innen aus dem Mittleren Osten zurückzudrängen.178 Die 2013 vom italienischen Staat ins Leben gerufene Rettungsoperation Mare Nostrum, wurde bereits ein Jahr später wieder eingestellt und durch die Frontex-Operation Triton ersetzt. Der Fokus lag damit erneut auf dem Grenzschutz und nicht auf der Rettung Ertrinkender. Die Aufgabe der Seenotrettung wurde Freiwilligen und NGOs überlassen. Die sizilianischen Geografinnen De Spuches und Palermo bringen es daher auf den Punkt: „The mobile border of the northern Mediterranean states, therefore, is not the waters but the agreements."179 Die Folgen dieser Politik mit über 35.000180 Toten allein im Mittelmeer liegen für die Anthropologin Catherine Besteman auf der Hand: „The rising number of deaths by drowning is the unsurprising result of a militarized curtain intended to push people into the most dangerous sea routes."181
Der ,Globale Norden' investiert dabei nicht nur an den eigenen territorialen Grenzen in militärisch aufgerüstete Grenzregime, sondern weit darüber hinaus in anderen so genannten Drittländern' um die Mobilität von Menschen aus dem ,Globalen Süden' zu beschränken. Die EU-Grenzen wurden dadurch bis in die Türkei, Mali, Lybien, den Senegal, Tunesien, Marokko oder die Ukraine verschoben.182 Europäische Länder arbeiten dafür mit autokratischen und kriminellen Regierungen und nichtstaatlichen Akteuren zusammen, die so zu „Komplizen des europäischen Grenzregimes" gemacht werden.183
Catherine Besteman argumentiert in Ihrem Artikel ähnlich wie Jeanette Ehrmann oder Ida Danewid, dass die Einschränkung der Mobilität neben dem Ertrinken in den Meeren und den Toten in den Wüsten184 dazu führt, dass einerseits ausbeutbare Arbeitskraft geschaffen wird und andererseits diejenigen, die als „entbehrlich" oder „unerwünscht" gelten in Abschiebegefängnissen (detention centers)185 und Flüchtlingslagern fernab der Grenzen des ,Globalen Nordens' festgehalten werden.186
Durch diese verschiedenen Formen rassistischer anti-Schwarzer Gewalt konstituiert sich nach Wynter und Ehrmann:
Schwarzsein (...) als liminal category, als Grenze einer humanistischen Seinsordnung, die bis heute in ihrer genozidalen Gewalt fortwirkt (Wynter 1994, 67). In der postkolonialen Welt sind es die Geflüchteten und Migrant*innen, die lllegalisierten und in Gefängnissen und Lagern Eingesperrten, die diese Grenzfigur verkörpern.187
Die politischen Entscheidungen, die zur beschriebenen strukturellen und institutionalisierten rassistischen Gewalt in der Gegenwart führen sind demnach das Fortwirken einer „historisch akkumulierte[n] Gewalt gegen Schwarze Menschen und ihre Positionierung jenseits der Grenzen der Demokratie, des Rechts und der Moral".188
Das europäische Grenzregime dient mit seinen hier beschriebenen Politiken der Rassifizierung, Militarisierung, „Polizierung" der Aufrechterhaltung Europas als Festung, mit der der Mythos einer homogenen, weißen, Reinrassigen' Bevölkerung geschützt werden soll.189 Ausgeschlossen von dieser Vorstellung sind dabei die mindestens 18 Millionen Schwarzen Menschen in Europa190, andere nicht-we/ße Migrant*innen und nicht-we/ße Europäerinnen, sowie die Bürgerinnen der noch immer bestehenden europäischen Kolonien in ,Übersee'.191
Dies kann als „Echo der dehumanisierenden Vergangenheit der Versklavung"192 gedeutet werden oder mit Mbembe als grundlegende Selbsttäuschung der liberalen europäischen Demokratie, in der der Ausschluss und die Verwehrung von Rechten anhand der colour line, der grenzziehenden Kategorie ,Rasse' von Beginn an in der Struktur verankert ist:
Man kann auch nicht so tun, als hätte es Sklaverei und Kolonisierung nie gegeben oder als wäre das Erbe dieser finsteren Zeit vollkommen beseitigt. Die Umwandlung Europas in eine Festung etwa und die gegen Ausländer gerichteten Gesetze, die auf dem alten Kontinent zu Beginn dieses Jahrhunderts verabschiedet wurden, haben ihre Wurzeln in einer Ideologie der Selektion zwischen verschiedenen Menschenarten, die man allerdings eher schlecht als gut zu maskieren versucht.193
Das Entstehen, Funktionieren und Wirken von Grenzen kann aus postkolonialer Sichtweise nicht verstanden werden, wenn die Geschichte des Kolonialismus und Versklavung ausgeklammert wird, so schreiben Danewid et. AI. in der Einführung des Buchs „The Black Mediterranean: Bodies, Borders and Citizenship":
borders cannot be understood separately from histories of colonialism and slavery-modern technologies ofbordering andsurveillance have their roots in the violent practices emerged to manage the movement of colonized and enslaved populations.[194]
Sowohl Mbembe als auch Danewid, Ehrmann und andere postkoloniale Autorinnen sehen die Politiken, die zu einer rassistischen Entmenschlichung führen daher nicht als Ausnahme in den Demokratien der EU-Staaten, sondern als „konstitutiv für die Entstehung und Begrenzung dereuropäischen Demokratie".
Aus dieser Perspektive sind nicht die Migrantinnen, Flüchtenden und Asylsuchenden das Problem, sondern es sind die Grenzen, die unterscheiden zwischen Menschen mit Rechten und jenen ohne. Die von Mbembe als Politik der „Vergrenzung", bezeichnete Migrationspolitik, sichert „Europa allein das Privileg der globalen Besitznahme und ungehinderten Bewegungsfreiheit"195, während die Grenzen des ,Globalen Nordens' für andere Menschen zu gefährlichen, tödlichen Räumen werden.196 Neben den Grenzen Europas können auch die tödlichen Grenzen der ehemaligen europäischen Siedlerstaaten USA und Australien und tragischerweise auch die Grenzpolitik Israels mit einer Mauer quer durch den Sinai, um die Einreise flüchtender Menschen aus Afrika zu verhindern, dazugezählt werden. Ebenso Länder wie Japan und Südkorea, die kaum flüchtende Menschen aufnehmen und sich dabei ganz offiziell auf der Wahrung ,kultureller' und ,rassischer' Integrität berufen.197 Gleichzeitig ist es wichtig, stets zu berücksichtigen, dass nicht-we/ße Migrant*innen trotz Gefahren und Hindernisse dennoch oft erfolgreich die Grenzen überqueren und nicht als bloße Opfer betrachtet werden sollten, sondern als Subjekte, die ihr Leben aktiv in die Hand nehmen und in der Lage sind bewusste Entscheidungen zu treffen.198
Die politische Antwort von Nationalstaaten mit Mauern und restriktiver Einwanderungsgesetzgebungen auf Migration zu reagieren hat eine lange Geschichte, auf die nachfolgend genauer eingegangen wird. Mit dem Wissen wird es auch nicht mehr überraschen, dass nicht nur politisch konservative und rechtsextreme Parteien eine restriktive Immigrationspolitik fordern, sondern auch immer mehr sozialdemokratische Parteien, wie beispielsweise in Dänemark.199
3.2.2 Rassismus und Migration
Ende des 18. Jahrhunderts breitete sich in Europa und in den europäischen Kolonien die Vorstellung des modernen Nationalstaats aus. Im Zuge der französischen Revolution 1789 etablierte sich der Nationalstaat im Sinne einer homogenen ,ethnischen' und religiösen Gemeinschaft innerhalb eines festen Territoriums, in dem ein souveräner Staat das Herrschaftsmonopol innehat.
Während es im antiken Griechenland oder im europäischen Mittelalter noch ein Privileg Weniger war Bürgerrechte zu beanspruchen, so wurde mit der Französischen Revolution das Konzept des Nationalbürgers propagiert, das unter dem Motto „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" nun mehr Männer einschloss. Explizit ausgeschlossen wurden jedoch nicht nur Frauen, sondern auch Besitzlose sowie Schwarze Menschen aus den französischen Kolonien.200 Hinsichtlich universeller Rechte weitgehender war daher die ebenfalls erfolgreiche Revolution Schwarzer Sklavinnen in der Karibik. Sie begann 1791, zwei Jahre nach derfranzösischen und entwickelte sich vom Aufstand gegen Plantagenbesitzerinnen auf der Kolonie Saint-Domingue zum Unabhängigkeitskampf von Frankreich. Im Jahr 1804, nach 300 Jahren Sklaverei auf der Insel wurde dabei die erste und einzige von ehemaligen Sklavinnen gegründete Republik ausgerufen: Die Republik Haiti, in der die Sklaverei gesetzlich verboten wurde.201 Mit der vorangehenden Unabhängigkeitserklärung der USA 1776, leiteten die Revolutionen in Frankreich und Haiti eine Welle an Unabhängigkeitsbewegungen auf dem amerikanischen Kontinent ein.
Die neu ausgerufenen republikanischen Nationalstaaten führten mit der Bürgerschaft die Staatsbürgerschaft ein, die nun entweder über das Prinzip der Abstammung (Jus sanguinis) oder des Geburtsorts (Jus solis) festlegte, wer Teil der nationalen Konstruktion war. Die Vorstellung einer gemeinsamen nationalen Identität wurde von der Idee des Nationalstaats überzeugter Eliten verbreitet und vorangetrieben. Dafür fand die Verknüpfung von Menschen und Orten statt mit der gleichzeitigen Schaffung einer kulturellen Identität innerhalb eines Territoriums, zu dem sie ,natürlich' zugehörig sind, die die Menschen an den Nationalstaat binden sollte.
Über verschiedene ideologische Argumentationen wurde festgelegt wer kraft Abstammung zum Nationalstaat gehören sollte und wer nicht.202 Die Erfindung des Passes diente den Nationalstaaten klar festzulegen, wer das Privileg ihrer Staatsbürgerschaft genoss und diejenigen zu brandmarken und auszuschließen, die nicht dazugehören.203 Im Zuge der Erfindung des Staatsbürgers wurde also auch die Figur des Ausländers erfunden, der per Definition eben nicht Teil der politischen Gemeinschaft der Nation ist. Die Nation benötigt demnach ein Innen und ein Außen, um zu existieren, ebenso wie die Erzählung einer gemeinsamen Herkunft seiner Mitglieder.204 Die Vorstellung gemeinsamer kultureller Wurzeln, einer gemeinsamen Sprache und Bluts wurden daher zu den Elementen, die den Zusammenhalt nach Innen und die Abgrenzung nach Außen dominierten.205 De Spuches und Palermo halten daher fest, dass allein die Figur der Migranten eine latente Gefahr für das Konzept des Nationalstaats darstellt:
From this point of view, working on migration means rethinking the concept of State. It is a thought on how the action of territorialization, starting from the process of the modern state, is put in crisis by the very figure of the migrant as a symbol ofa deterritorialization.206
Migration erscheint nun mit Gründung der Nationalstaaten bedrohlich, als etwas das gesteuert werden muss, um die gewünschte ,kulturelle' und ,ethnische' Einheit nicht zu gefährden. Mit der Disktinktion von Staatsbürgern und Ausländerinnen ging also auch die Aufteilung in erwünschte und nicht erwünschte Ausländerinnen einher.207 In den USA konnten dank eines Gesetzes von 1790, das bis 1952 gültig war, alle Personen, die als ,freie Weiße' klassifiziert wurden ungehindert einreisen und sich einbürgern lassen. Die Einwanderung von asiatischen und anderen als nicht-we/ß klassifizierten Menschen sollte hingegen spätestens ab den 1920ern verhindert werden, um eine nationale Identität zu fördern, die auf der Vorstellung von ,Weißsein' beruht.208 Für die US-amerikanische Anthropologin Catherine Besteman war der Prozess der Konsolidierung einer nationalen Identität ein zutiefst rassistischer, der mit Genoziden und der Umsiedlung indigener Menschen und anderer Minderheiten von Seiten weißer Siedlergesellschaften vorangetrieben wurde.209 Gestützt wird die These unter anderem auch von der deutschen Soziologin Encarnacion Gutiérrez Rodriguez. Mit ihrem Konzept coloniality of migration, das auf dem Konzept der colonialidad del poder des peruanischen Soziologen Anibal Quijano aufbaut, verdeutlicht sie, dass Grenzen von Anfang an verbunden waren mit rassistischen Vorstellungen erwünschter und unerwünschter Migrant*innen.210
Die Eroberung und Aufteilung der Welt ab Ende des 15. Jahrhunderts bis etwa ins 19. Jahrhundert war begleitet von großen Migrationsbewegungen. Zum einen ist hier die europäische Eroberung des amerikanischen Kontinents mit der damit einhergehenden Vernichtung ganzer lokaler Bevölkerungsgruppen und der Kolonisierung des Kontinents durch weiße Migrant*innen (Siedlerinnen) anzuführen. Ebenso zu nennen sind die europäischen Eroberungen und Annexionen aufdem afrikanischen und asiatischem Kontinent mit den dort verübten Gewaltverbrechen, wie Genoziden und Verdrängung lokaler Bevölkerungsgruppen. Allein zwischen 1800 und den 1920ern verließen unterschiedlichen Schätzungen zu Folge 48 bis 70 Millionen europäischer Migrantinnen Europa und migrierten in die Amerikas, Australien, Neuseeland und Südafrika.211 Zum anderen waren die Migrationsbewegungen auch geprägt durch die Verschleppung von etwa 12 bis 13 Millionen Menschen afrikanischer Herkunft auf den amerikanischen Kontinent.
Die massive europäische Migration in die kolonisierten Gebiete wurde von der damaligen lokalen Bevölkerung mit Sicherheit als Problem empfunden, doch wann wurde Migration auch in Europa zum Problem erklärt? Die ersten politischen Versuche Einwanderung aktiv zu steuern fanden im 19. Jahrhundert von Seiten der neuen unabhängigen Republiken in den Amerikas, sowie in Neuseeland und Südafrika entlang kolonial geprägter Trennungslinien statt. Priorisiert wurde vor allem die Einwanderung weißer Personen west- und nordeuropäischer Nationen, während gleichzeitig die Einwanderung bestimmter rassifizierter, sozialer, religiöser und nationaler Gruppen verhindert werden sollte.212 Innerhalb der rassistischen Logik ging es darum die Nationen durch weiße Immigration ,rassisch' aufzuwerten und unter anderem die Migration Schwarzer Personen, Migration aus Indien, China sowie jüdische und muslimische Migration zu begrenzen.213
„These policies resulted in a settler colonialism-migration that constructed these nation-states as extensions of a white Christian Europe. The recruitment of white European migrants was officially legitimized as a means for national industrial achievement, technical progress, and urban industrialization."214
Einige Jahrzehnte später, nach dem Zweiten Weltkrieg verstärkten sich auch in Kontinentaleuropa, die zuvor bereits vorhandenen rassistisch kodierten Einwanderungspolitiken. Um das zerstörte Europa wiederaufzubauen und die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen wurden in Westeuropa die so genannten Gastarbeiterprogramme ins Lebens gerufen um die Migration bestimmter Menschen aus Südeuropa, der Türkei, Marokko und Tunesien als Arbeitskräfte auf Zeit' zu fördern. Doch als diese sich als Individuen mit eigenen Lebensplänen entpuppten und sich beispielsweise längerfristig niederließen, ihre Familien nachholten, begannen die westeuropäischen Länder ab den 1970ern restriktive Migrationsgesetzgebungen zu verabschieden.215 Als die meisten Kolonien sich also von ihrer Kolonialherrschaft befreiten, um unabhängige Staaten zu werden, setzten die ehemalig kolonisierenden Staaten dazu über Migration stärker zu regulieren und auf diese Weise die Entscheidungsmacht darüber zu behalten, welche Personen ihre Nationalgrenzen überqueren dürfen und welche nicht.216 Insbesondere die Migration nicht weißer Menschen, die als ungebildet und ökonomisch arm galten oder die ,falsche' Religionszugehörigkeit besaßen wurde nun stärker als zuvor als illegitim betrachtet.217 Dies, obwohl die Migrant*innen, die über Anwerbeabkommen nach Westeuropa gekommen waren, ebenso wie die Millionen postkolonialer Migrant*innen aus den bestehenden und ehemaligen europäischen Kolonien bereits einen unverzichtbar wichtigen Teil der Erwerbsbevölkerung in Europa bildeten.218
Die Kulturanthropologin Miriam Gutekunst erläutert, dass bereits die Unterscheidung zwischen ,EU-Bürger*innen' und ,Drittstaatsangehörigen' bereits einer postkolonialen Logik folgt. Während die Angehörigen einiger ehemaligen ,Siedlerstaaten', wie die USA, Kanada, Australien und einige lateinamerikanische Länder ebenso wie einige asiatische Staaten und die ,,kleine[n] Überbleibsel europäischer Kolonien (Inselstaaten)"219 visumsfreie Drittstaaten sind, zählen alle afrikanischen Staaten zu den visumspflichtigen Drittstaaten.220 Mit dem Satz „we are here because you were there" weist der ghanaisch-britische Kunsthistoriker Kobena Mecer auf den Zusammenhang zwischen Migration und kolonialer Vergangenheit hin.221 Für ihn stellt die Einwanderung aus den ehemalig kolonisierten Gebieten der Welt für Europa sowohl reminder (Erinnerung/Mahnung) als auch remainder (Überbleibsel) seiner kolonialen Vergangenheit dar.222 Eine Erinnerung daran, dass noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts 85 Prozent der Welt durch europäische Kolonialmächte regiert wurde (in Form von Kolonien, Protektoraten und Dependenzen) und die "Folgen der Ausbeutung und Besetzung und damit einhergehende Machtverhältnisse und Abhängigkeiten"223 bis heute wirkmächtig sind.
Die postkoloniale Logik zeigt sich auch in dem Phänomen des „whitening with money". Entstanden ist der Begriff im Kontext rassistischer Ungleichheit in Brasilien und meint sich mit Geld den Status des „Weißseins" zu kaufen.224 Auf den europäischen Migrationskontext bezogen ist hier die Möglichkeit reicher Eliten aus den so genannten Drittstaaten, allen voran aus China und Russland gemeint, sich die ungarische, zyprische, maltesische, mazedonische, griechische, bulgarische, litauische, spanische und portugiesische EU-Staatsbürgerschaft mit dem damit einhergehenden Recht auf visafreies Reisen zu kaufen.225 Es zeigt, dass selbst für Superreiche aus dem nichtwestlichem Ausland bestimmte Visa-Privilegien nicht erreichbar sind, so lange sie sich nicht durch Investitionen in Europa ,ins Weißsein einkaufen':
[R]ace continues to play for a global stratification in which the "premium citizenships" of core Western states highly correlate with whiteness; and to which only very wealthy non-whites have recently gained access through the commodification of rights in semiperipheral states that share a visa-free travel zone with core Western states.[226]
Einerseits wird es demnach Migrant*innen des ,Globalen Südens' allen voran, des afrikanischen Kontinents zunehmend erschwert zu migrieren, andererseits können sich reiche Eliten aus dem ,Globalen Süden' durch große Investitionen die Privilegien, die mit einem EU- Pass einhergehen kaufen.
Parallel zur Abschottungspolitik steigt die Nachfrage innerhalb der EU nach billigen, ausbeutbaren Arbeitskräften. Diese soll seit den Anwerbeabkommen in der 60er Jahren über die Einreise temporärer Migrant*innen gedeckt werden. Razsa und Kurnik sprechen dabei von Politiken einer „hierarchischen Integration", die es ermöglicht, dass bestimmte wirtschaftliche Leistungen flexibel erbracht werden ohne aber den arbeitenden Migrant*innen die Rechte zu gewähren, die eine Staatsbürgerschaft mit sich bringt, etwa das Grundrecht auf Selbstbestimmung, demokratische Teilhabe und Schutz.227 Das Instrument der flexiblen Anwerbung von Migrant*innen als Arbeitskräften auf Zeit, ohne ihnen volle Rechte zu gewähren wird vor allem seit den frühen 2000ern auch in den europäisch dominierten Staaten USA, Kanada, Australien aber auch in den Golfstaaten (Bahrain, Kuwait, Oman, Katar, SaudiArabien und die Vereinigten Arabischen Emirate) verwendet um Migration im Sinne einer kapitalistischen Wirtschaftspolitik zu steuern.228
Die meisten solcher Arbeitsvisa für Länder des ,Globalen Nordens' kennzeichnen sich so dann auch durch ihre zeitliche Befristung und dem Verbot die Familie nachzuholen, aber auch durch ein Arbeitsverhältnis, das Machtmissbrauch von Arbeitgeberinnen ermöglicht sowie ein System von Arbeitsvermittlungsagenturen, die Interessierten hohe Gebühren berechnen und tief verschuldete Arbeiterinnen schaffen. Wenn migrantische Arbeitskräfte aufgrund ihres Visums an ihren Arbeitsgeberinnen gebunden sind, so erschwert dies enorm weitverbreitete Praktiken des Lohndiebstahls, prekärer Wohnsituationen, Verweigerung medizinischer Versorgung, Missbrauch, Beschlagnahme von Dokumenten, Vergeltungsmaßnahmen oder Schuldknechtschaft, legal anzufechten.229 230 Besteman hält daher fest:
„They [the workvisa] are designed to create aflexible, replaceable, disempowered, and disposable workforce that cannot make demands on the host country and will not challenge the cultural integrity of the host culture. "^[31]
Neben den Migrantinnen, die über Gastarbeiterinnenprogrammen im ,Globalen Nordens' kontrolliert' arbeiten, existieren in vielen Branchen auch viele migrantische Arbeitskräfte ohne Arbeitsvisum, ohne (gültigen) Aufenthaltsstatus oder ohne Dokumente, die sich aufgrund ihrer aufenthaltsrechtlichen Situation in einer noch vulnerableren Situation befinden als diejenigen mit einem Aufenthaltsstatus auf Zeit. Aufgrund der permanenten Gefahr der Abschiebung können sie sich praktisch kaum gegen massive Ausbeutung, Rassismus, Unsicherheit wehren und müssen Arbeitsbedingungen ertragen, die Staatsbürgerinnen des ,Globalen Nordes' nicht bereit sind zu ertragen. Während nichtdemokratische Staaten, wie die Golfstaaten eine große Anzahl Gastarbeiterinnen importieren und ihre Rechte offiziell massiv einschränken können so ziehen es demokratische Staaten, wie die USA und Japan vor, hohe Zahlen undokumentierter Arbeiterinnen zu tolerieren. Theoretisch könnten sich diese auf demokratische Werte berufen und sich mithilfe gewisser demokratischer Institutionen für ihre Rechte einsetzen, um auf diese Weise ihren Weg in die Staatsbürgerschaft erstreiten zu können.231
Durch die Politiken der Kriminalisierung undokumentierter Migrant*innen, zahlen diese zwar Steuern (etwa über die Mehrwertsteuer), bekommen aber im Gegenzug einen geringeren Lohn, können keine Sozialleistung beziehen, haben keine Arbeitsplatzsicherheit, müssen gefährlichere Jobs machen, leben in einer größeren finanziellen Unsicherheit, haben keine Aufstiegschancen und können sich schlechter gegen schlechte Arbeitsbedingungen und Missbrauch wehren.232 Sowohl die demokratischen Staaten des ,Globalen Nordens', als auch die undemokratischen bleiben trotz ihrer migratorischen Abschottungspolitik weiterhin hochgradig abhängig von der Arbeit, die von Personen verrichtet wird, die die militärisch aufgerüsteten Grenzen dennoch überqueren: „from agriculture to domestic service, restaurant and hotel work, elder and childcare, amusement parks, poultry and seafood processing, logging, heavy construction, sexwork, and more."233
Der Politikwissenschaftler Cedric Robinson erklärt: „there has never been a moment in modern European history (if before) that migratory and/or immigrant labor was not a significant aspect of European economies."234 Die Arbeit von Migrant*innen (hierzu zählen auch die verschleppten und versklavten Menschen) war also sowohl in der Hochphase des europäischen Kolonialismus notwendig als auch der Import von hyperausbeutbaren („super- exploitable") Arbeitskräften für die Industrialisierung in Europa.235
Gerade aufgrund der enormen Bedeutung migrantischer Arbeit für das Funktionieren der europäischen Wirtschaft muss der Rassismus seine Funktion weiter erfüllen, hyperausbeutbare migrantische Körper zu schaffen. In vorangehenden Kapitel 3.1. wurde aufgezeigt auf welche Weise durch das Vordringen neoliberaler Wirtschaftspolitik in den ,Globalen Süden' „excess population" geschaffen wurde, die entweder als billige Produzent*innen, ausbeutbare Arbeitskräfte oder wie in diesem Kapitel aufgezeigt wurde als temporäre ,Gastarbeiter*innen' oder legalisierte Migrant*innen in den Markt integriert werden können, um sodann von ihnen zu profitieren. Diejenigen die für den Markt nicht verwertbar sind, werden zwangsumgesiedelt, vertrieben, inhaftiert oder in Flüchtlingslagern festgehalten oder in letzter Konsequenz: „allowed to sicken and die". Die rassistische Logik hinter diesen Mechanismen ist die, dass nicht-we/ße Körper aus dem ,Globalen Süden' entweder als Gefahr oder als ausbeutbare Arbeitskraft für den ,Globalen Norden' betrachtet werden.236
Rassismus und die Migration rassifizierter Menschen war und ist also zentraler Bestandteil des weltweiten kapitalistischen System und auch dessen, was wir heute ,Europa' nennen: „a product of the coerced and less-than-free labour performed by slaves, coolies, migrants, and other workers transported by empire across the world oceans and continents."237
Nachfolgend wird genauer betrachtet, was das in Kapitel 3.1 und Kapitel 3.2 dargestellte postkoloniale Wissen über die Entmenschlichung rassifizierter Menschen über die Konstruktion Europas aussagt.
3.3. Rassistische Entmenschlichung und die Konstruktion Europas: rassistisches Wissen und imperiale Lebensweise
In den vorangegangenen Teilkapiteln 3.1. und 3.2. wurde bereits aufgezeigt wie über die rassistische Konstruktion von Schwarzsein beziehungsweise Nicht-we/ß-sein Menschen entmenschlicht und zu bloßer Ware oder zu ausbeutbaren Körpern degradiert wurden. In diesem Teilkapitel liegt nun das Augenmerk auf der Kehrseite der Medaille, auf der Konstruktion von Weißsein, die die „symbolische wie ökonomische Konstitution eines weißen Europas"238 ermöglichte.
3.3.1. Rassismus und Europas Selbstkonstruktion
Rassismus ist keine persönliche Meinung, sondern „ein institutionalisiertes System, in dem soziale, wirtschaftliche, politische und kulturelle Beziehungen für weißen Alleinherrschaftserhalt wirken."239 In diesem System werden global betrachtet die Interessen und Bedürfnisse weißer Menschen konsequent bevorzugt. Die afroamerikanische Schriftstellerin Toni Morrison formulierte die Konsequenzen, die die Errichtung dieses Systems mit sich brachte in einem Interview mit dem britischen Soziologen und Kulturwissenschaftler Paul Gilroy folgendermaßen:
„Slavery broke the world in half, it broke it in every way. It broke Europe. It made them in something else, it made them slave master, it made them crazy. You can't do that for hundreds of years and it not take a toll. They had to dehumanize, not just the slaves but themselves."240
Die Sklaverei und mit ihr die Ideologie des Rassismus entmenschlichte demnach nicht nur die rassifizierten Personen, sondern auch diejenigen, die vom System profitierten.
Viele antikoloniale und postkoloniale Denker*innen, wie etwa Frantz Fanon beschäftigten sich intensiv damit, was Rassismus und die entmenschlichenden Konstruktionen bei den Betroffenen an Leid verursacht. Gleichzeitig werfen sie die Frage auf, was die Jahrhunderte der Sklaverei und rassistischer Gewalt mit weißen Menschen gemacht haben. So vergleicht der afroamerikanische Schriftsteller James Baldwin Rassismus mit einem Gift, bei dem man sich nicht nur fragen sollte, was es in dem Menschen anrichtet, dem es zugeflößt wird, sondern auch was es in dem Menschen bewirkt, der es herstellt und destilliert.241 Auch der antikoloniale afrokaribisch-französische Schriftsteller Aimé Césaire bedient sich der Metapher des Gifts für die mit den Kolonialismus einhergehende Gewalt, „die Gier, der Rassenhass und der moralische Relativismus".242 Ihm zu Folge pumpte es „Gift in die Adern Europas" und entmenschlichte ebenjene Menschen, die andere kontinuierlich entmenschlichten und ihre Gewalt rechtfertigten. Für Césaire ist eine Nation, die kolonisiert und die koloniale Gewalt rechtfertigt „bereits eine kranke Zivilisation, eine moralisch angefaulte Zivilisation."243
Ebenso wie Schwarze Menschen in der Figur des N-Worts objektifiziert und in diesem Sinne von weißen Personen „erfunden" wurden, so weisen postkoloniale Theoretikerinnen, wie Achille Mbembe auch stets daraufhin, dass auch „der Weiße in mehrfacher Hinsicht ein Produkt der europäischen Phantasie ist, das der Westen zu naturalisieren und zu universalisieren versuchte."244 Die deutsche Anglistin und Afrikawissenschaftlerin Susan Arndt definiert Rassismus als:
[EJine europäische Denktradition und Ideologie, die ,Rassen' erfand, um die weiße
,Rasse' mitsamt des Christentums als vermeintlich naturgegebene Norm zu positionieren, eigene Ansprüche auf Herrschaft, Macht und Privilegien zu legitimieren und sie zu sichern.245
Obwohl die europäischen Mächte sowohl innerhalb als auch außerhalb Europas in einem erbitterten Konkurrenzkampf standen, definierten sie sich dennoch auch als Einheit christlicher Nationen, Träger der Zivilisation' und hielten ihren Kontinent für das Zentrum der Welt, während der Islam zum größten Feind erklärt wurde.246 Diese imaginierte Einheit eines homogenen christlichen Europas mit zivilisatorischem Auftrag hat sich bis heute gehalten und auch wenn heute kaum mehr von Rassen' gesprochen wird. Das Wort Rasse' trat in den Hintergrund, während Religion wieder in den Vordergrund trat sowie von ,Kulturen' die Rede ist, die nicht zusammenpassen würden. Die Ideologie des Rassismus bleibt dabei jedoch implizit und oft genug auch explizit bestehen.247 Achille Mbembe formuliert aus diesem Grund sehr klar: „In mehrfacher Hinsicht ist unsere Welt, auch wenn sie das nicht zugeben möchte, bis heute eine ,Welt der Rassen' geblieben."248
Mit Konzepten wie Rasse', ,Kultur', Ration' oder auch Religion' werden vermeintlich homogenen Gruppen bestimmte positive oder negative gewertete Eigenschaften zugeordnet. Solche stereotypen Bilder beziehen sich immer auf ,das Andere' und damit gleichzeitig auch auf das ,Selbst':
By means of dehumanisation and the fixed registration, the Other also became a mirror for the western identity, which needs to be constantly reconfirmed through the politics of the sovereign state and the system of the cultural representations.249
Terkessidis beschreibt in einem 1998 erschienenen Zeitungsartikel in der taz, dass bereits in der Begegnung Kolumbus mit den Menschen, die auf den karibischen Inseln lebten, kein Interesse bestand den ,Anderen' kennenzulernen. „Er verdammt sie zum Schweigen und macht sich schließlich allein sein eigenes Bild von den Fremden."250 Aber erst durch die Repräsentation des Anderen ohne den Anderen zu kennen und im Verhältnis zu diesem bildete sich eine eigene Identität als weiß und europäisch:
Die Europäer wurden erst ,weiß', weil sie die Fremden zu ,Schwarzen' oder 'Eingeborenen' machten; sie konnten sich nur als rein, dynamisch und fleißig wahrnehmen, weil sie die Anderen als schmutzig, langsam und faul betrachteten.251
Das ,Andere' wurde also nicht wirklich gesehen, sondern es wurde ,das Eigene' auf das ,Andere' projiziert.
Die Kolonisation, Versklavung und andere Gewaltverbrechen wurden über die vermeintliche eigene Überlegenheit legitimiert. Mitten in der Epoche der Aufklärung, im 18. Jahrhundert erreichte der europäische Versklavungshandel und im 19. Jahrhundert der europäische Imperialismus seinen Höhepunkt. Für Mbembe fungiert die Unterscheidung von Menschen in 'Rassen' daher als „Hauptader des imperialen Projekts".252 Die Einteilung in 'Menschenrassen' wird dabei von den entstehenden Wissenschaften, wie der Ethnologie, der Geografie oder der Missionskunde vorangetrieben. Die 'Wissenschaftlich' entwickelte und so legitimierte 'Rassenkunde' nährt die Ängste eines Bevölkerungsrückgangs und einer Einwanderung 'fremder Rassen' bis heute. Aimé Césaire sagte 1987 in einer Rede über die Auswirkungen des wissenschaftlich legitimierten europäischen Kolonialismus und der Tendenz zur Universalisierung der eigenen Erfahrungen:
Der Mensch wird (...) vom Menschsein abgeschnitten und isoliert sich schließlich in einem selbstmörderischen Hochmut oder gar in einer rationalen, wissenschaftlichen Form der Barbarei.253
Mit der Gewalt des Kolonialismus und seiner Machtverhältnisse ist nicht nur die physische Gewalt gemeint, sondern auch die symbolische, kulturelle, oder mit Spivak: „epistemische Gewalt" des Wissens:
[A] twofold violence we can summarise in the dichotomy of the cannon and the canon: as the first refers to the imposition of the western dominion through violence against the bodies (genocide, rape, terror, physical abuse, war), the second refers to what Spivak defines the epistemic violence. Cartographies, literatures, languages, translations, narratives, all contribute to the building of the archive, a single story which creates and produces the image of the world.254 Eine imperialistische Sicht auf die Welt und rassistische Bilder sind bis heute tief in der globalen Gesellschaft verankert. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass Ende des 19. Jahrhunderts bis ins 20. Jahrhundert hinein die single story rassistischer Vorstellungen einer breiten Masse zugänglich gemacht wurde. Durch die Schaffung von Museen, Archiven, ,Menschenzoos' aber auch durch Literatur, Kunst und Werbung, ebenso wie in der Schulbildung waren die rassistischen Bilder präsent und wurden auf diese Weise normalisiert. Auf diese Weise erschienen sie in der weißen Welt der 1930er Jahre bereits als Teil des gesunden Menschenverstands.255 Afrikaner*innen wurden in der Literatur Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts „nicht nur als Kind dargestellt, sondern als schwachsinniges Kind"256, in den Fängen grausamer, wahnsinniger Despoten. Die Kolonisierung wurde demnach „als Möglichkeit der Hilfe, der Erziehung und der moralischen Behandlung dieses Wahnsinns" dargestellt. Als „zivilisatorische Wohltat" gegen den „Geist der Grausamkeit und die archaischen Funktionsweisen der eingeborenen Völker'."257 Viele der Weißen, die gegen die Sklaverei waren und sich etwa ab den 1820er Jahren als „Amis des Noirs" verstanden, waren dennoch überzeugt davon, dass Afrikaner*innen ihnen unterlegen seien und sie aus diesem Grund zwar nicht versklavt werden sollten, sie als Weiße jedoch die Pflicht hätten diese unterlegenen Rassen' zu retten zu zivilisieren. Sie projizierten in Schwarze Menschen ihre Vorstellung einer „frühen, glücklichen und einfachen Menschheit."258 Das Bild, das von Schwarzen Menschen zugelassen wurde und bis heute oft dominiert, war eines das die Gewalt der Entmenschlichung verschleierte. So wurden sie als „die schwarzen unbekümmerten Spaßmacher, die gut tanzen können; die guten Neger, freigelassen, aber dankbar und treu, deren Aufgabe es ist, die Großzügigkeit ihrer guten Herren vor Augen zu führen"259, gezeigt.
Felix Hoffmann zeigt in seiner ethnologischen Studie „Zur kommerziellen Normalisierung illegaler Migration" in der spanischen Agrarindustrie, wie Diskurse im Sinne der „Bürde des weißen Mannes" auch heute noch präsent sind:
Ein Regime, in dem sich Staat und Unternehmerschaft einen Diskurs der,Hilfe', der Unterstützung', einen Diskurs der altruistischen Philanthropie zu eigen machen, in dem man selbst eine noble Last zu tragen hat, aufgrund derer man Gehorsam und
Unterordnung erwarten kann; eine Last den ,Anderen' mittragen zu müssen, wie es der gängigen Legitimierungspraxis kolonialer Souveränität in Afrika entsprochen hatte und wie es sich heute nicht zuletzt im Diskurs der so genannten ,Entwicklungshilfe'fortsetzt.[260]
Von Beginn der Kolonialisierung an gab es stets auch antikoloniale Widerstand von Seite der Unterdrückten und in der Gegenwart gibt es immer mehr postkoloniale Gegenerzählungen („counter-narratives"), die die Vorstellung eines vermeintlich homogenen Europas aufbrechen.261 Dabei soll nicht unterschlagen werden, dass es Anfang des 20 Jahrhunderts durchaus auch weiße Europäerinnen, allen voran von Anarchistinnen sowie einige Sozialistinnen gab, die dem Kolonialismus kompromisslos kritisch gegenüberstanden, verknüpft mit der Vorstellung eines universellen Klassenkampfes.262
Die in Deutschland lehrende rumänische Soziologin Boatcä weist zudem immer wieder daraufhin, dass das Etikett ,Europa' immer das als Norm gedachte weiße Westeuropa meint:
The label of ,Europe' always includes both Western Europe and its white populations, but Eastern Europe needs to be specifically mentioned in order to be included in the term, while Black Europe needs to be argued, defended, and explained. In this context, the fact that the European East is often portrayed as "semi-Oriental" or "somehow Asian" not only serves to sanction Western Europe's position as the norm, but also to legitimate the - geographically untenable - continental division between Europe andAsia263
Weder das als homogen gedachte ,Andere' noch das als ,homogen' gedachte ,Eigene' entspricht der Wirklichkeit, sondern es erlaubt lediglich die Machtbeziehungen wahrzunehmen, durch die bestimmte Vorstellungen die Gesellschaft dominieren. Postkoloniale Feminist*innen ergänzen daher ihrerseits, dass der koloniale Zusammenstoß auch als:
ein Kampf zwischen konkurrierenden Männlichkeiten gelesen werden [kann]. Sowohl der Imperialismus als auch der antikoloniale Nationalismus erweisen sich im Wesentlichen als heteronormative und gewalttätige sexistische Projekte, die ihre spezifischen Männlichkeitsvorstellungen durchsetzen, indem sie den jeweils anderen Mann als,verweiblicht' und/oder homosexuell repräsentierten.264
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Konstruktion von Weißein und eines weißen, christlichen Europas sich auf bestimmte Vorstellungen einer patriarchalen, christlichen, westeuropäischen Vorstellung von Männlichkeit stützte, die sich selbst als objektiv und rational konstruiert. Mit den Werten der Aufklärung, die sich aus derartigen Männlichkeitsvorstellungen speisen, wird dabei alles was einer vermeintlich ,weiblichen', irrationalen, emotionalen, körperlichen Sphäre entspringen soll abgewertet. Das weiße Selbst kann sich aufdiese Weise als ,vernunftorientierten, starken, altruistischen Retter und Helfer' sehen.
3.3.2. Rassismus und die imperiale Lebensweise
Europas Identität als sowohl ,zivilisatorisch' als auch ökonomisch überlegen konstruierte sich wie in den vorhergegangenen Kapiteln aufgezeigt wurde in der Begegnung mit dem kolonialisierten ,Anderen'. Der Kulturwissenschaftler Stuart Hall, der in den 50er von Jamaika nach England auswanderte, erinnerte hinsichtlich seiner Migrationserfahrung an die Zuckerproduktion, die auf der Arbeit von Sklavinnen in der Karibik beruhte und den Teeanbau, der auf der Arbeit ausgebeuteter Menschen aus Sri Lanka oder Indien beruhte:
Menschen wie ich, die in den fünfziger Jahren nach England kamen, haben dort - symbolisch gesprochen -seit Jahrhunderten gelebt. Ich kam nach Hause. Ich bin der Zucker auf dem Boden der englischen Teetasse [...] dann gibt es neben mir Tausend andere, die der Tee in der Tasse selbst sind. Der lässt sich nämlich, wie Sie wissen, nicht in Lancashire anbauen. Im Vereinigten Königreich gibt es keine einzige Teeplantage. Und doch steht die Tasse Tee symbolisch für die englische Identität"265
Hall verdeutlicht, dass es die englische Geschichte, ebenso wie die gesamte europäische nicht ohne „diese andere Geschichte" gibt. Halls Beispiel zeigt nicht nur die vielfachen Verknüpfungen von Kolonialismus mit der Konstruktion der eigenen, in diesem Falle englischen Identität auf, sondern auch die Verknüpfungen von Kolonialismus und Kapitalismus, die bis heute wirken. Die ökonomischen und sozialen Prozesse im Innern Europas waren stets eng verflochten mit seinem kolonialisiertem Außen. Das postkoloniale Verhältnis äußert sich dabei noch immer auch im Herstellungsprozess von Produkten, die im ,Globalen Süden' oder im ,Globalen Norden' von nicht-we/ßen Menschen produziert werden, um konsumiert zu werden. Oft kann die einzelne Geschichte der Produktion eines Produkts nicht genau rekonstruiert werden, dennoch besteht Wissen über die menschenverachtenden Bedingungen, unter denen viele Produkte unseres Alltags hergestellt werden. Für Brand und Wissen kommt hierbei die „imperiale Lebensweise" ins Spiel. Gemeint ist damit die:
Hegemonie von global nicht verallgemeinerbaren fossilistischen', also auf der Verbrennung von fossilen Energieträgern beruhenden, Produktions- und Konsummustern (Auto-Mobilität, hoher Fleischkonsum, Billigflüge etc.) sowie die Externalisierung der sozial-ökologischen Kosten, die diese verursachen.266
Es wird dabei als selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Zugriff auf „Ressourcen, Raum, Arbeitsvermögen [...] andernorts" politisch, rechtlich und gewaltförmig abgesichert ist.267 Durch globale, regionale und bilaterale Handelsabkommen sowie durch militärische Gewalt wird der Zugang zu fossilen Energieträgern, die sich oft im ,Globalen Süden' befinden, gesichert. Diese Welthandelsordnung ist für Behr daher auf institutionell-politischer Ebene die Basis für die imperiale Lebensweise.268 Der ,Globale Norden', sowie die aufsteigende Verbraucherklasse im ,Globalen Süden' profitieren von der „imperialen Lebensweise" wie dem scheinbar grenzenlosen Konsum von „Fleisch, a-saisonalem Gemüse und Obst, Autos und Elektrogeräten"269 und der Teilnahme am Flugverkehr, während gleichzeitig die Umwelt stark belastet wird und andere Menschen in entmenschlichende Arbeitsverhältnisse gezwungen werden. Brand schildert, wie es einen diffusen gesellschaftlichen Konsens darüber gibt, dass Umweltpolitiken nicht das Wohlstandsmodell des ,Globalen Nordens' und die damit einhergehende Lebensweise in Frage stellen dürfen.270 Der imperiale Lebensstil ist zwar tief verankert in einem breiten Teil der Bevölkerung des ,Globalen Nordens', aber diejenigen, die die Normen von Produktion und Konsum festlegen sind in erster Linie nicht Staat und Konsument*innen, sondern weiterhin die miteinander konkurrierenden kapitalistischen Unternehmen.271 Durch die Logik des kontinuierlichen Wachstums erscheint es unvorstellbar alternative Wirtschaftsmodelle im großen Maße umzusetzen, stattdessen wird auf „technische Lösungen und Steuerungsoptimismus gesetzt."272 Brand weist jedoch daraufhin, dass Effizienzgewinne meist sogleich wieder aufgewogen werden durch drastische Anstiege von Produktion und Konsum, das heißt, die „Motoren [werden] zwar effizienter, die Autos aber größer"273 und der Energiekonsum nimmt dadurch dennoch zu. Die Orientierung an Wirtschaftswachstum und die Hoffnung auf technische Lösungen, die die grundlegenden Strukturen nicht verändern, ist Ausdruck der imperialen Lebensweise, die tief im Alltagsverstand und in den Alltagspraktiken der Menschen des ,Globalen Nordens' verankert ist. Brand betont dass sowohl die Deutung des Problems als auch die Maßnahmen dagegen „einer westlich-rationalistischen, naturwissenschaftlichen und männlich-bürokratischen Perspektive verhaftet"274 seien. Ausgeblendet wird dabei, wie es die marxistischen Philosoph*innen Silvia Federici und George Caffentzis formulieren:
that development and underdevelopment go together. In order to develop the internet you must underdevelop many regions (e.g., coltan mining in the Congo becomes even more degraded in the effort to create the most sophisticated computing machines).275
Die a-saisonale Verfügbarkeit von Obst und Gemüse, das unter Einsatz von Pestiziden global produziert wird, wurde in den vergangenen 40 Jahren in die Konsumpraxis der Menschen Europas verankert. Über billige Discounter-Supermärkte können auch Menschen mit geringem Einkommen diese Produkte konsumieren, während regional, saisonal, biologisch hergestellte Produkte teurer sind. Behr sieht gerade im Bereich der Lebensmittelproduktion und des Konsums extrem billiger Lebensrnittel eine Erscheinungsform der imperialen Lebensweise, die nach der Logik des Fortschritts', nach der Prozesse immer leistungsfähiger werden sollen und Nahrungsmittel immer günstiger, ungeachtet der sozialen und ökologischen Konsequenzen.276 Brand und Wissen argumentieren, dass für die Stabilisierung der globalen Ungleichheits-Ökonomie die Verfügbarkeit von billigen Lebensrnitteln im ,Globalen Norden' eine entscheidende Rolle spielt: „Die Bearbeitung sozialer Widersprüche im globalen Norden wurde und wird erst durch die Externalisierung der ökologischen Kosten, die bei der Reproduktion der Arbeitskraft anfallen, möglich."277 Gleichzeitig trägt die Möglichkeit Lebensrnittel billig zu produzieren dazu bei auch die Lohnkosten im Globalen Norden gering zu halten. Gerade in Deutschland sind billige Lebensrnittel stark verbreitet, ebenso wie ein steigender Niedriglohnsektor und beispielsweise orientieren sich auch die Berechnungen für ALG-Il-Leistungen an den Preisen der Supermarkt-Discounter.278 279 Die realen
Kosten werden dabei nicht gezahlt, wie es Behr eindrücklich auf den Punkt bringt:
Die Kosten für die Arbeitskraft werden durch die Schaffung einer industriellen, meist migrantischen Reservearmee gering gehalten; die Kosten für die Reproduktion der Arbeitskraft werden in die migrantischen Communities bzw. in die Herkunftsländern der Migrant_innen verlagert. Die ökologische Zerstörung, die die industrielle Landwirtschaft verursacht, wirkt sich vor Ort unmittelbar aus, wird aber auch von kommenden Generationen bezahlt. Die C02 Belastung, die durch die Produktion und den Transport der Gemüsewaren quer durch Europa sowie durch das Konsummodell Supermärkte entsteht, wirkt global. Von den Folgen des Klimawandels sind allerdings bisweilen Menschen im globalen Süden viel stärker betroffen als Menschen in wohlhabenden Ländern[2817].
Es zeigt sich auch hier, dass die Lohnkosten dort am meisten gedrückt werden, wo auf die Arbeitskraft von Menschen zurückgegriffen werden kann, die durch restriktive Migrationspolitiken ihre Menschenrechte nicht geltend machen können. Die Migrationspolitik, ist, wie bereist aufgezeigt wurde, durch rassistische Vorstellungen strukturiert. Es zeigt sich an Behrs Beispiel zudem, dass diejenigen, die am meisten von der ökologischen Zerstörung betroffen sind auch wiederum jene Schwarze, nicht-we/ße und migrantisierte Menschen des ,Globalen Südens' sind, die negativ von Rassismus betroffen sind. Dies ist die Kehrseite einer imperialen Lebensweise im ,Globalen Norden'.
Es zeigt sich somit auch am Beispiel der industriellen Landwirtschaft und der Etablierung von Discounter-Supermärkten, die aufgezeigten engen Verflechtungen von Kapitalismus, Kolonialismus und Rassismus, die sich im Globalen Norden auch im Konsum widerspiegelt.
Nachdem nun ausführlich auf die postkolonialen Verflechtungen eingegangen wurde, die Geschichte der europäischen Versklavung afrikanischer Menschen mit Phänomenen heutiger Ausbeutung verbinden und dabei klar wurde, dass es sich nicht um ein italienisches' oder ,südeuropäisches' Problem handelt, wird nun im nachfolgenden Kapitel 4 der Fokus auf Italien gelegt.
4. Italienischer historischer Kontext: Kolonialismus, Migration und Landwirtschaft
Nachdem nun auf das große Bild globaler postkolonialer Verflechtungen, das so zu sagen den Hintergrund bildet, eingegangen wurde, kann nun auch der italienische Kontext hierin eingefügt werden. Konkret wird auf den nächsten Seiten ein Überblick zum speziellen Fall des italienischen Kolonialismus gegeben. Ebenso wird auf die eng verbundene Geschichte der Migration und Landwirtschaft in Italien eingegangen. Dabei ist es unumgänglich auch auf das historisch gewachsene System des Caporalato und die Verbindungen der landwirtschaftlichen Industrie mit Mafiaorganisationen einzugehen.
4.1 Der italienische Kolonialismus
Als die spanische Krone im Verlauf des 16. Jahrhunderts den amerikanischen Kontinent eroberte waren weite Teile des heutigen Süditaliens Teil des spanischen Imperiums.280 Von Beginn an fanden die verschiedenen Expeditionen nach Amerika, und später der Handel mit Sklavinnen und verschiedenen Gütern aus den Kolonien aber auch mit dem Geld einflussreicher Kaufleute aus Genua, Venedig und anderer Stadtstaaten, statt. Jahrhundertelang unterstanden die verschiedenen Regionen Italiens unterschiedlichen Herrschern, was zu einer großen sprachlichen, kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Vielfalt geführt hatte. Als Italien 1861 als Nationalstaat vereinigt wurde, sprachen nur 2,5 Prozent der Bevölkerung Italienisch und es existierte kein kollektives Gefühl einer nationalen Identität.281 Süditalien wurde Ende des 19. Jahrhunderts vom wirtschaftlich wohlhabenderen Norditalien als fremde Welt gesehen. So schrieb der Historiker und Premierminister (18621863) Luigi Farini I860 auf einer Reise in den Süden Italiens: „My dear friend...such savagery! This is not Italy, this is Africa—when compared to these peasants, the Bedouins are models of civil virtue".282 In dem Zitat zeigen sich die für die Konstruktion Europas so wichtige Einteilung der Welt in Zivilisation' und ,Barbarei', wobei Süditalien als Teil der ,barbarischen' Welt gesehen wurde. Ende des 19. Jahrhundert, als sich Diskurse zur Rassenlehre' in ganz Europa verbreiteten, stellten die enge geografische Nähe zum afrikanischen Kontinent sowie die offensichtlich geteilte Geschichte eine kontinuierliche Bedrohung für die italienische Nationalidentität dar. Viele waren der rassistischen Überzeugung das Blut der Süditaliener*innen sei mit dem von Afrikaner*innen und Araber*innen verunreinigt' worden. Es wurde beispielsweise argumentiert, Sizilianer*innen hätten aufgrund ihrer Gene eine kriminelle Neigung, was auf das Blut Raubgieriger arabischer Eroberer' und fehlendes ,arisches' Blut zurückzuführen sei.283
In den Jahren nach der Vereinigung Italiens als Nationalstaat (1861) startete in Italien ein Prozess ,innerer' Kolonisation, bei der die als ,primitiv' und Rückständig' geltenden Regionen des Südens ,zivilisiert' werden sollten und die Vielfalt Italiens homogenisiert werden sollte.284 Geprägt war dieser Prozess von den dominierenden Diskursen zu ,Ariertum' und ,Rassetheorien' von ,Rassetheoretikern', wie Arthur de Gobineau, die einen durch Rassetheorien legitimierten Rassismus prägten. Der französische Adlige Gobineau etwa war der Auffassung die ,Mediterrane Rasse' sei im Vergleich zur Reinen' ,arischen Rasse' eine degenerierte ,Rasse'. Auch Hitler vertrat Jahrzehnte später diese Ansicht. Ebenso gab es zur Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert aber auch italienische Theoretiker, die die Wiege der Menschheit in Afrika sahen und von einer ,Euro-afrikanischen' ,Ur-Rasse' ausgingen, bei der die ,Mediterrane Rasse' als Gipfel der Menschheit hervorgegangen sei.285 Mussolini sollte sich Jahre später auf diese Theorien stützen, in dem er eine moderne italienische Rasse', die razza italica 286 schuf, in direkter Kontinuität zum antiken Rom, das als Wiege der europäischen Zivilisation' verstanden wurde.287 Das faschistische System Mussolinis schaffte es durch diesen Kult der Verherrlichung einer kulturellen römischen Vergangenheit, der romanitd das ,süditalienische Andere' in das nationale Projekt zu integrieren und das primitive Andere' außerhalb der nationalstaatlichen Grenzen zu positionieren288 289:
By doing so, the regime managed to absorb the dark, southern, and internal 'Other' within the realm of the nation on the one hand; on the other, it located Blackness and backwardness outside the borders of the nation[2917]
Im rassistischen Diskurs konnte sich Italien damit sowohl gegenüber Vertreterinnen einer Überlegenheit der ,nordisch-arischen Rasse' behaupten, als auch sich minderwertigen Rassen' überlegen fühlen. Das minderwertige ,Andere' war nun nicht mehr der Süden, sondern die Afrikanerinnen, die Ende des 19. Jahrhunderts und im größeren Maße Anfang des 20. Jahrhunderts auch zum kolonialisierten Anderen wurden.
Ähnlich wie andere europäische Kolonialprojekte begannen auch die italienischen mit Forschungsexpeditionen, vorangetrieben etwa durch die 1867 gegründete Forschungsgesellschaft Societa Geografica Italiana. Die Forderung nach eigenen Kolonien wurde Ende des 19. Jahrhunderts immer lauter und so beteiligte sich auch Italien am so genannten „Scramble for Africa", bei der sich die europäischen Großmächte den afrikanischen Kontinent aufteilten, ihn eroberten und besetzten. Italien besetzte in den 1870er und 1880er Jahren Teile des heutigen Eritreas und Somalias und führte zudem 1895 einen ersten Krieg gegen das Kaiserreich Abessinien (heutiges Äthiopien), den es jedoch verlor. 1911 eroberte Italien das heutige Libyen und 1935/36 führte das faschistische Italien unter Mussolini einen zweiten brutalen Krieg gegen das Kaiserreich Abessinien, bei dem es Teile des Landes unter seine Kolonialherrschaft stellen konnte. Neben der 1934 zusammengeführten Kolonie Libia Italiana wurden die einzelnen italienischen Kolonien im Nordosten Afrikas im Mai 1936 zu einer großen Kolonie zusammengeführt: der Africa Orientale Italiana (A.O.I.). Auf dem europäischen Kontinent kamen nach dem Ersten und während des Zweiten Weltkriegs zudem italienische Protektorate in Albanien (1917-1920 und 1939-1943) und Montenegro (1941 bis 1943) hinzu sowie auf dem asiatischen Kontinent die chinesische Hafenstadt Tientsin (1901 bis 1943/1947). Die Eroberungskriege und anschließenden Besetzungen im Norden und Nordosten des afrikanischen Kontinents gingen nicht nur mit den für Kriege ,üblichen' Vergewaltigungen und Gewalt gegen die Zivilbevölkerung einher. Sie überstiegen den Grad der Gewalt mit Giftgasangriffen, mit der Bombardierung mit Senfgas, sowie mit Deportationen und Völkermorden vor allem im heutigen Äthiopien, da sie sich dort mit starken Widerstand konfrontiert sahen.290 Auf diskursiver Ebene wurde ähnlich wie in Nazi-Deutschland mit Italiens Recht auf einen „Platz an der Sonne"(„posto al sole") und benötigtem „Lebensraum"(„spazio vitale") für seine wachsende besitzlose Bevölkerung argumentiert, um die Eroberungskriege zu legitimieren.291
Der Prozess der Kolonialisierung war geprägt von Landenteignungen, Zwangsumsiedlungen, der Errichtung von Internierungslagern, massive militärische Repressalien gegen lokale Widerstandsbewegungen und Maßnahmen zur rassistischen Segregation der Bevölkerung.292 Die Generalgouverneure Pietro Badoglio (1936) und vor allem Rodolfo Graziani (1936-1937), etablierten eine Terrorherrschaft, in der durch Massaker und gezielte, systematische politische Säuberungen die intellektuelle Elite und zwischen 150.000 und 482.000 Zivilist*innen und Widerstandskämpferinnen ermordet wurden.293
Eine rassistische Gesetzgebung wurde noch im Jahr der Gründung der größten Kolonie Italiens Italienisch-Ostafrika 1936 verabschiedet und in den folgenden Jahren kontinuierlich verschärft. Es wurde dabei politisch eine rassistische Hierarchie implementiert, die durch nichts gefährdet werden sollte. So stellte Mussolini in einer Rede im Oktober 1938 klar:
[T]he racial laws of the empire will be rigorously observed and [...] all who sin against them will be expelled, punished, imprisoned. Because for the empire to be preserved the natives must be clearly andforcefully aware ofour superiority.[294]
Die rassistische Hierarchie sollte vor allem nicht durch die aus Sichtweise des faschistischen Regimes gefährlichen ,Rassenmischung' gefährdet werden. Diese ließ zum einen die alte Angst einer verunreinigten italienischen Rasse' aufkommen und besaß zum andern das Potential die hierarchische rassistische Ordnung auf individueller Ebene in Frage zu stellen. Dem versuchte der Staat daher zwischen 1936 und 1940 durch immer wieder verschärfte Rassengesetze zur „protezione della razza italiana", also zum „Schutz der italienischen Rasse" mit aller Kraft entgegenzuwirken.295 1940 wurde Kindern zwischen Italienerinnen und Afrikanerinnen auf juristischer Ebene schließlich das Recht auf eine italienische Staatsbürgerschaft genommen, in dem die Verwandtschaft mit dem italienischen Elternteil nicht mehr anerkannt wurde und sie damit juristisch zu „Eingeborenen" deklariert wurden.296 Freiwillige und erzwungene sexuelle Kontakte zwischen italienischen Siedlern und lokalen Frauen konnten dadurch jedoch nicht verhindert werden. Viele der italienischen Männer lebten im so genannten Madamismo mit äthiopischen Frauen und auch einige Ehen nach italienischem Recht wurden geschlossen, solang dies von Gesetzen noch nicht verboten war.297 298
Die ab 1936 verfolgte Rassenpolitik des faschistischen Italiens, die in seinen besetzten Gebieten in Afrika zu einer Form des später durch Südafrika bekanntwerdenden Apartheidsrassismus führte, wurde im Juli 1938 in einem Manifest vor einer breiten gesellschaftlichen Öffentlichkeit ideologisch begründet. Das in einer Zeitung veröffentlichte Manifest „Manifesto degli Scienziati Razzisti", (bekannter als „Manifesto della razza“Y" war nach Ansicht der Historikerin Mosca ein diskursiver Höhepunkt rassistischer Ideologie in Italien und überschnitt sich nun auch mit Antisemitismus. Argumentiert wurde hierin, dass eben im Angesicht des afrikanischen Anderen' die Italiener sich ihrer ,rassischen weißen Identität' bewusst geworden seien und die Bürde der noblen ,weißen Rasse' zu tragen hätten.299 Im Manifest wurde eine klare Abgrenzung gezogen zwischen einer europäischmediterranen ,Rasse' und einer minderwertigeren' asiatischen und afrikanischen ,Rasse', zu der eine weitere Abgrenzung hinzukam: die Abgrenzung zur jüdischen ,Rasse'. Italienische Historikerinnen wie Enzo Collotti und Liliana Mosca sehen daher einen logischen und konzeptuellen Zusammenhang zwischen rassistischen und antisemitischen Diskursen und Gesetzgebungen in Italien und in seinen Kolonien.300 Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs verlor Italien schließlich seine Kolonien zunächst an die Alliiertenmächte, so etwa im November 1941 seine größte Kolonie Africa Orientale Italiana. Als 1947 in Paris vertraglich festgelegt wird, dass Italien auf all seine Kolonien zu verzichten habe wurde dies von etwa 20 Prozent der italienischen Bevölkerung als schmerzhafte Demütigung empfunden.301
Die italienischen Kolonialfeldzüge waren geprägt von Landenteignungen, Zwangsumsiedlungen, von der Schaffung von Internierungslagern, unmenschlichen militärischen Repressalien gegen die Widerstandsbewegung und der Verwendung chemischer Waffen.302 Trotz der begangenen Kriegsverbrechen und trotz der alle Lebensbereiche durchdringenden Segregation, die in den 1930er Jahren in dieser Form weder in den britischen, noch in den französischen Kolonien derartig verankert war, hielt und hält sich in der italienischen Gesellschaft hartnäckig das Selbstbild der „italiani brava gente“. Unter dem Narrativ, dass Italienerinnen gute, anständige Leute seien, wurde sowohl die Beteiligung des faschistischen Italiens am Holocaust, sowie die Kriegsverbrechen während der Eroberungen der Kolonien und während des Zweiten Weltkrieg systematisch heruntergespielt. Bis heute fehlt eine breite gesellschaftliche Debatte über den italienischen Kolonialismus und eine Aufarbeitung des begangenen Unrechts. Insbesondere im Hinblick auf die italienische Kolonialphase in Nordafrika wurde hingegen stets hervorgehoben, wie die Kolonien durch Infrastrukturprojekte doch auch von der Kolonialzeit profitiert hätten. Unterschlagen wird in derartigen Narrativen jedoch unter anderem, dass der Fokus im Straßenbau der Eroberung der Kolonien diente und die damals implementierte und bis heute bestehenden fastMonopolstellung italienischer Unternehmen, etwa im Energiesektor, vor allem italienischen Interessen diente.303
Die postkolonialen Beziehungen zwischen Italien und seinen ehemaligen Kolonien bestehen bis heute nicht nur auf wirtschaftlicher Ebene, sondern auch auf politischer. Erst 2008 etwa unterschrieben Muammar al-Gaddafis Libyen und Silvio Berlusconis Italien ein historisches bilaterales Freundschaftsabkommen, „the Treaty of Friendship, Partnership and Cooperation", das der „Versöhnung" dienen sollte. Italien verpflichtete sich hierin unter anderem dazu eine neue Autobahn zu bauen, die allerdings aufgrund der politischen Unruhen seit des Arabischen Frühlings, des folgenden Bürgerkriegs, der NATO-Bombardierung Libyens und Ermordung Gaddafis, bis heute nicht gebaut wurde.304 Gleichzeitig nutze Italien die Verhandlungen, um Libyen zur Kooperation in der restriktiven europäischen Migrationspolitik zu bewegen.305 Italien erhielt hierbei etwa die Erlaubnis in libyschen Gewässern zu Patrouillieren und Libyen führte Razzien in den Hafenstädten durch, in der sie Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe wahllos verhafteten.306 Das vermeintliche Versöhnungsabkommen zwischen Italien und Libyen schrieb dadurch auf mehreren Ebenen postkoloniale Machthierarchien fort.
Die Kolonialität der politischen Beziehungen zwischen Italien und Libyen lässt sich insgesamt in den Beziehungen zwischen der EU mit den verschiedenen Ländern Nordafrikas, wie Libyen aber auch Marokko, Tunesien und Algerien beobachten. In groben Zügen handelt es sich dabei stets um den Austausch finanzieller Zuwendungen und erleichtertem Zugang für Visa für die Bürgerinnen des Maghreb, während im Gegenzug eine Externalisierung der EU-Grenzen vorangetrieben wird.307 Die Externalisierung der Grenzen, die auf eine Schließung des Mittelmeers für bestimmte Menschen abzielt, hat verheerende Folgen, wie die zunehmende Kriminalisierung Schwarzer Migrantinnen, die wiederum zu einer Zunahme diskriminierender und unterdrückender Praktiken gegenüber Migrantinnen führt.308
Mit dem Konzept Quijanos, der colonialidad/ coloniality lässt sich beschreiben wie Infrastruktur in den Kolonien, wie etwa Straßen, durchdrungen sind von kolonialen Ideologien und Machtasymmetrien: Von den ungleichen Arbeitsbedingungen während des Baus, bis hin zur Ermöglichung der italienischen Siedler- und Soldatenmobilität auf der einen Seite bis hin zum Kauf der eingeschränkten Mobilität afrikanischer Migrant*innen und Flüchtenden andererseits.309
Nachfolgend wird diesem Überblick zur italienischen Kolonialgeschichte, die eng damit zusammenhängende Geschichte der Migration und anschließend die der Landwirtschaft Italiens hinzugefügt.
4.2 Geschichte der Migration in Italien
Die Geschichte der Menschheit ist auch die Geschichte der Landwirtschaft und die der Migration. In Kapitel drei wurde bereits ausführlich die verschiedenen Migrationsbewegungen, die mit der Kolonialisierung der Welt durch die Europäerinnen einherging, beschrieben. Nun folgt eine genauere Betrachtung der Migrationsbewegungen nach und aus Italien in den vergangenen 150 Jahren.
Die kolonialen Bestrebungen des faschistischen Italiens unter Mussolini Anfang des 20. Jahrhunderts waren eng gekoppelt mit den Bestrebungen des Staats eine Lösung für die demografische Krise Italiens zu finden. Im 19. Jahrhundert erlebte ganz Europa ein massives Bevölkerungswachstum, das zu einer Massenauswanderungen eines bis dahin unbekannten Ausmaßes führte. Die italienische Bevölkerung wuchs im 19. Jahrhundert knapp um das Doppelte an, während die Preise für Agrarprodukte hingegen deutlich sanken.310 Dies führte dazu, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse für die rund zwei Drittel der italienischen Bevölkerung, die von der Landwirtschaft lebten, deutlich verschlechterten.311 Die Kolonie Italienisch-Ostafrika (A.O.I.) war aus diesem Grund gedacht als italienische Siedlungskolonie, in der zudem die behauptete Überlegenheit der italienischen Rasse' bestätigt werden sollte. Die Enttäuschung italienischer Migranten, in der Kolonie nicht das gewünschte ,gelobte Land' vorzufinden führte zu einer verstärkten Auswanderung nach Südamerika, vor allem in die Region des Cono Sur.312 In einigen Alpenprovinzen war die zirkuläre Migration in Form von Wanderarbeit in die Nachbarländer zu einer Tradition geworden und vor allem Ende des 19. Jahrhunderts wanderten mehr Norditaliener*innen als Süditaliener*innen auf den amerikanischen Kontinent aus. Insbesondere Brasilien, dass die Einwanderung weißer Europäerinnen gezielt förderte wurde eines der Hauptdestinationen.313 Insgesamt emigrierten rund 14 Millionen Italienerinnen, auch wenn es nach einigen Jahren wieder zu Rückkehrmigrationsbewegungen kam. Vor allem zwischen 1901 und 1914 stellte die USA das begehrteste Zielland dar, bis dieses die Einwanderung von Italienerinnen und anderen unerwünschten Nationalitäten begrenzte.314 Die Migrantinnen arbeiteten sowohl in Südamerika, als auch in den USA zunächst meist in der Landwirtschaft und waren dort daher vor allem als Saisonarbeitskräfte bekannt.315 Im faschistischen Italien unter Mussolini wurde versucht die italienischen Emigrantinnen geopolitisch zu instrumentalisieren um eine weltweite italienische Einflusszone zu schaffen. Da zu jener Zeit aber auch die Migration politisch verfolgter Italienerinnen zunahm, war das Verhältnis zu den italienischen Bürgerinnen im Ausland stets zwiegespalten und die politische Emigrationspolitik war während des Faschismus geprägt durch zahlreiche politische Richtungswechsel.316 Während des Zweiten Weltkriegs gab es zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und dem faschistischen Italien bilaterale Verträge zur Förderung der zeitweiligen Einwanderung italienischer Arbeitskräfte ins Deutsche Reich. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg gab es bilaterale Abkommen zwischen westeuropäischen Ländern und Italien und anderen südeuropäischen Staaten, um Arbeitskräfte anzuwerben.317
Die Geschichte der Immigration nach Italien ist hingegen eine vergleichbar neue, auch wenn nicht zu vernachlässigen ist, dass bereits vor Gründung der Nationalstaaten eine stetige transmediterrane Migration stattfand.318 Im Gegensatz zu anderen ehemaligen Kolonialmächten fand nach Unabhängigkeit der italienischen Kolonien keine postkoloniale Immigration im großen Umfang statt, auch wenn es sie dennoch gab.319 Zu nennen wären hier etwa die Flucht und Migration von Eritreer*innen und Afro-italienischer Personen aus Eritrea im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Äthiopien und Eritrea. Ebenso die Immigration eritreischer und somalischer Studierenden und Intellektuellen zum Studium an italienischen Universitäten. Zudem findet Einwanderung von eritreischen Frauen statt, die die aus Eritrea und Äthiopien rückkehrenden italienischen Familien als Haushalsangestellte begleiten oder von italienischen Familien in Italien als Haushaltsangestellte eingestellt werden.320 So wird geschätzt, dass die Eritreer*innen in den 70er Jahren die einwanderungsstärkste Gruppe in Italien lebender Migrant*innen ausmachen.321 Bereits zu Ende des Ersten Weltkriegs fand zudem Immigration von Personen aus dem Maghreb statt, mit dem Ziel in den Industriezentren Italiens zu arbeiten, denen schon damals Arbeitskräfte fehlten.322 In den 1950er und 1960er Jahren zogen etwa zwei Millionen Süditaliener*innen in den Norden des Landes und zwei weitere Millionen nach Deutschland, Belgien und in die Schweiz.323 Ab den 1970er nimmt die Emigration von Italienerinnen ab, während die Immigration aus dem ,Globalen Süden' nach Italien kontinuierlich zunahm, wenngleich sie auch bis in die 1990er Jahre politisch vorwiegend ignoriert blieb.324 Braun führt dies darauf zurück, dass die Mehrheit irregulär eingereister Menschen hauptsächlich als Hausangestellte arbeiteten und mit den Italienerinnen weder um Arbeitsplätze noch um Wohnungsplätze konkurrierten und oft nicht sichtbar waren.325 Unzureichende Einwanderungsgesetze, schwache Grenzkontrollen bei einer gleichzeitigen strukturellen Nachfrage nach migrantischen Arbeitskräften führte zu einem Anstieg irregulärer Migration und Arbeit in den 1980er und 1990er Jahren. Der Fall der Berliner Mauer führte auch zu Immigration aus den ehemaligen Ostblockländern, beispielsweise aus dem ehemaligen Protektorats Italiens Albanien. Ende der 90er war die migrantische Bevölkerung in Italien bereits sehr heterogen: Migrant*innen aus Nordafrika, aber auch aus Afrika südlich der Sahara, aus Lateinamerika, anderen europäischen (vor allem osteuropäischen) Ländern, China und südostasiatischen Ländern begannen die italienische Gesellschaft mitzuprägen.326
Doch Ende der 1980er und vor allem in den 1990er Jahren wurde die Migration von Nichteuropäerinnen, etwa die der Marokkanerinnen, die in der Tomatenernte als billige Arbeitskräfte eingesetzt wurden und mit den Italienerinnen konkurrierten zunehmend als Problem empfunden.327 Die Hälfte der Migrantinnen arbeitete zu Beginn der 90er Jahre noch immer als Hausangestellte und die andere Hälfte in der Gastronomie, der Ernte oder als Straßenhändlerinnen und wohnte laut Braun größtenteils in „Baracken, Abrissgebäuden oder leerstehenden Fabrikhallen".328 Dennoch wurde ab den 1990er Jahren das Thema der Migration in Verknüpfung mit Konkurrenzdebatten politisch ,entdeckt' und vor allem rechte Parteien wie die Lega Nord329, die neofaschistische Nachfolgepartei MSI und die Partei Berlusconis Forza Italia nutzen das Thema für sich.
Um der Situation irregulärer Migration in Italien entgegenzuwirken, führte die italienische Regierung zwischen den 80ern und 2000ern einerseits fünf Regularisierungsprogramme durch, durch die etwa 1,4 Millionen Migrant*innen ihren Aufenthalt legalisieren konnten, während gleichzeitig die Grenzkontrollen stetig verschärft wurden. Zudem wurde nun versucht die Migration durch Anwerbeabkommen zu steuern.330 1995 unterzeichnete die EU und 12 mediterrane Länder die Barcelona Deklaration zur verstärkten Kooperation in verschiedenen Feldern, vor allem im Bereich der Migration.331 2 0 07 wurde in Lissabon die EU- Africa Partnership for Migration, Mobility and Employment verabschiedet. Es umfasst erleichterte Visavergaben für die unterschreibenden Staaten, wie Tunesien und Marokko ab 2011, zur Bedingung, dass diese die EU bei der Externalisierung ihrer Grenzen unterstützen und Transit-Migration332 zu begrenzen. Eine Spaltung der Migrant*innen in erwünschte und unerwünschte Migrant*innen, die von Europa ferngehalten werden sollen erfolgte daraufhin auch in den meisten Maghreb-Staaten.333 Zwischen Tunesien und Italien wurden seit 1998 zahlreiche bilaterale Verträge geschlossen, die auf tunesischer Seite zu einer durch Italien finanziell geförderten Modernisierung' des tunesischen Polizeiapparats und zum Bau von detention centres ^Auffanglager') für unerwünschte Migrant*innen führte. Im Gegenzug wurden Tunesien Quoten für tunesische Migrant*innen mit legaler Arbeitserlaubnis für Italien zugesichert.334
Auf Basis des 2008 zwischen Berlusconi und al-Gaddafi geschlossenen Vertrags wurden Bootsflüchtlinge schon zu Beginn der 2000 Jahre von italienischen Schiffen zurück nach Libyen gebracht, was 2012 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte für illegal erklärt wurde.335 Von 2013 bis 2014 wurde die italienische Marineoperation Mare Nostrum ins Leben gerufen, die während ihres Bestehens rund 150.000 Personen retten konnte. Unteranderem auf Bestreben Deutschlands wurde diese jedoch von der Frontex-Operation Triton abgelöst, die wieder den Fokus auf militärischen Grenzschutz legte und nicht auf die Rettung von Menschenleben. Der Pflicht der Seenotrettung, der die Regierungen der EU nicht ausreichend nachkommen, wurde immer mehr von der Zivilbevölkerung übernommen, die sich seit 2015 zunehmend professionalisierte.336 20 18, mit Matteo Salvini als Innenminister, verschärfte Italien erneut seine Politik im Umgang mit den über das Meer nach Europa kommenden Migrant*innen und Asylsuchenden und hebelte das 1979 beschlossene Internationale Übereinkommen zur Seenotrettung (SAR) aus, das besagt, dass bei der Rettung von in Seenot geratenen Menschen diese an einen sicheren Ort zu bringen seien. Gerettete Menschen, die in Gewässern von Drittstaaten gerettet werden, sollten nun auf gesetzlicher Grundlage in Drittstaaten zurückgebracht werden, wo sie nicht selten in Foltergefängnissen landen.337 Italien ist laut Pro Asyl seit Jahren sowohl an der Praxis der Push- als auch an Pull-Backs338 beteiligt, die gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoßen. Die Verantwortung trägt dabei nicht nur der italienische Staat, sondern die gesamte EU.
Insgesamt lässt sich sagen, dass die Migrationsgesetzgebung der vergangenen Jahre den Schwankungen der jeweils an der Regierung beteiligten Parteien ausgesetzt war, wobei Migration stets versucht wurde zu regulieren und zu begrenzen. Das Pendel schwang dabei hin und herzwischen der Erschwerung von Migration nach Italien einerseits und dem Versuch einer pragmatischeren Gesetzgebung zur Erleichterung des Erwerbs von Aufenthaltsgenehmigungen für Migrant*innen, die sich bereits in Italien befinden. So fanden etwa 2009, 2012 und 2020 Regularisierungsverfahren für Migrant*innen ohne regulären Aufenthaltsstatus statt. 2020 richtete sich das Regulierungsverfahren speziell an Migrant*innen, die in der Landwirtschaft arbeiten. Da das Verfahren jedoch von einem offiziellen Arbeitsvertrag abhängig gemacht wurde, konnten es erneut viele Migrant*innen nicht in Anspruch nehmen. Zur gleichen Zeit erschwerten die oben bereits genannten bilateralen Abkommen mit Ländern wie Libyen die Migration über das Mittelmeer.339
Der ehemalige Innenminister Matteo Salvini nutzte 2018 in seinem Wahlkampf geschickt den fruchtbaren Boden für Jahrhunderte alte rassistische Diskurse, die in der Gesellschaft fest verankert sind. Mit seiner Antimigrationskampagne gewannen seine Partei Lega Nord, die 2018 das Nord aus ihrem Namen strich, selbst im Süden des Landes auf den seine Partei traditionell herabschaut, den Wahlkampf.340 Die im September 2022 gewählte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, der rassistischen, (neo-)faschistischen Partei Fratelli d'ltalia hat ihrerseits bereits angekündigt, Migration über das Mittelmeer weiter zu erschweren und Migrant*innen in den Lagern Nordafrikas abfangen zu wollen.341 Die Konsolidierung Italiens als Einwanderungsland ist jedoch trotz des Erfolgs rechter und neofaschistischer Parteien hingegen wohl nicht mehr aufzuhalten. So belief sich der Anteil der in Italien lebenden Migrant*innen in Italien 1990 noch auf 0.8%, im Jahr 2000 auf rund zwei Prozent, 2006 bereits mehr als fünf Prozent und 2021 bereits auf mehr als acht Prozent anteilig an der Gesamtbevölkerung.342 52 Prozent der Migrant*innen in Italien sind dabei Frauen, auch wenn in der medialen Berichterstattung meist männliche Migranten im Fokus stehen. Der Fokus des Einwanderungsdiskurses liegt zudem auf Migrant*innen und Asylsuchenden, die über das Mittelmeer nach Italien kommen und nicht auf der sehr viel größeren Gruppe europäischen Migrant*innen. Von den ca. fünf Millionen Migrant*innen sind die Hälfte europäische Staatsbürgerinnen, von denen 1,5 Millionen aus anderen EU-Ländern kommen. Aus Afrika und Asien stammen jeweils etwas mehr als 20 Prozent, also jeweils rund 1,1 Millionen afrikanische und asiatische Staatsbürgerinnen, wobei etwa 650.000 aus Ländern nördlich der Sahara stammen und 450.000 aus Ländern südlich der Sahara. Bei den amerikanischen Migrantinnen handelt es sich vor allem um lateinamerikanische Staatsbürgerinnen.343 Die mit Abstand am stärksten vertretene Nationalität unter den Migrantinnen in Italien ist Rumänien mit etwa 1,2 Millionen Menschen, gefolgt von Albanien und Marokko mit rund 430-440.000 Menschen.344 Die Mehrheit der Migrantinnen in Italien kommt aus osteuropäischen Ländern, sowie aus ehemals kolonialisierten Ländern, die heute als ,Globaler Süden' zusammengefasst werden.345 Die Migrantinnen aus den ehemaligen Kolonien Italiens und auch jene aus ehemaligen Kolonien anderer Länder, ebenso wie ihre Kinder prägen somit heute unveränderbar die italienische Gesellschaft und bringen postkoloniale Themen und Perspektiven in die gesellschaftlichen Debatten ein.346 Auf diese Weise werden Konzepte wie die des Italienischseins der Italianitä, die historisch mit der Kategorie des Weißseins verbunden war hinterfragt und neu gedacht.347
Nachdem der Geschichte des italienischen Kolonialismus, die der Migration hinzugefügt wurde folgt nun die historische Verknüpfung mit der Veränderung der italienischen Landwirtschaft.
4.3 Die landwirtschaftlichen Verhältnisse in Italien und die ,Agromafia'
Um die aktuellen landwirtschaftlichen Verhältnisse Italiens zu verstehen, bedarf es tatsächlich auch eines kurzen Blicks zurück in die Geschichte des Mittelalters. Dabei lässt sich zunächst festhalten, dass anders als in Nordwesteuropa sich kein freier und selbstständiger Bauernstand entwickelte. Die Bauern und Bäuerinnen arbeiteten in ganz Südeuropa hingegen vor allem als Lohnarbeiter*innen oder Pächter*innen.348 In Norditalien, in der sich schon früh Stadtstaaten bildeten bestand bereits im 12. und 13. Jahrhundert eine relativ große Unabhängigkeit der Kaufleute vom Adel, das auf dem Land zu einem relativ frühem Wandel des Lehnswesen führte. Wohlhabende Bürger erwarben dabei Land des Adels und verpachteten es wiederum in kleinen Einheiten. Unter der Herrschaft des spanischen Adels, in der die Feudalherrschaft wieder eingeführt wurde, wurde die Bevölkerung zu willkürlich hohen Abgaben gezwungen, die zu hohen Auswanderungsraten und zum Verfall der Landwirtschaft in einigen Regionen Norditaliens führte.349 Bis heute ist der Norden Italiens im Vergleich zum Süden weniger von Landwirtschaft und mehr von Industrie geprägt. In Süditalien, wo im Mittelalter keine selbstständigen Stadtstaaten entstanden waren, blieb über Jahrhunderte das von den Normannen eingeführte Feudalsystem sowie das im römischen Reich eingeführte Latifundium bestehen.350 Die Landwirtschaft im Süden des Landes blieb von Großgrundbesitz geprägt, wobei der Feudalherr mit uneingeschränkter Macht über seine Leibeigenen herrschte.351 Auch nach offizieller Aufhebung des Lehnswesens Anfang des 19. Jahrhunderts änderte sich in Süditalien nichts an den Besitz- und Betriebsverhältnissen und die Macht des Adels und der Kirche blieb uneingeschränkt bestehen, während die Bauern und Bäuerinnen weiterhin in tiefster Armut lebten.352 Die Ausbeutung der armen, ländlichen Bevölkerung durch jahrhundertelange Fremdherrschaft in Süditalien schürte ein tief verankertes Misstrauen gegen die gesetzliche Gewalt des Staats. Die ornertd, ein Ehrenkodex, der vor allem in Sizilien weit verbreitet ist, kannals Überbleibsel einer Widerstandpraxis gegen die Fremdherrscht und Unterdrückungsverhältnisse verstanden werden und ist ein Ausdruck der fehlenden Identifikation mit der staatlichen Autorität. Bei kriminellen Vorgängen wird daher weitgehend ,nichts gehört nichts gesehen und nichts gesagt'.353
In der landwirtschaftlichen Produktion etablierte sich im Süden ein Agrarnomadismus, bei dem die Bauern und Bäuerinnen als Tagelöhnerinnen von Latifundium zu Latifundium zogen, ohne eine Bindung zum bewirtschafteten Land aufzubauen. Dies findet sich heute in einem veränderten Kontext, aber in ähnlicher Form bei den Migrantinnen, die heute in der süditalienischen Landwirtschaft arbeiten. So schreibt Gilles Reckinger:
Einmal angekommen, sind die Migrantinnen und Migranten im Innern der Festung
Europa gefangen: ohne Papiere, Visum und Geld können sie die Mauern nicht mehr verlassen. Doch als Nicht-Bürger bzw. Nicht-Bürgerinnen fallen sie in eine Kategorie, die an nichts anderes erinnert als an die Vogelfreien und Tagelöhner und Tagelöhnerinnen des Mittelalters.[354]
Die afrikanischen Migrantinnen, die im Sektorder italienischen Landwirtschaft landen, haben oftmals keine anderen Optionen, als unter den Bedingungen zu arbeiten, unter denen die italienische Bevölkerung schon lange nicht mehr zu arbeiten bereit ist.355
Trotz einer zunehmenden Mechanisierung der Landwirtschaft blieb bis heute vor allem im Obst- und Gemüseanbau die Arbeit von Landarbeiterinnen unabdinglich. Während der nicht exakt voraussehbaren Ernte benötigen die landwirtschaftlichen Betriebe ein Arbeitskräfteangebot, auf das sie flexibel zurückgreifen können.356 Aus diesem Grund hat sich zunächst in den großen landwirtschaftlichen Betrieben und heute auch in vielen mittelgroßen Betrieben das so genannte kalifornische Modell durchgesetzt, eine Form der industriellen Landwirtschaft, das „auf einer stets zur Verfügung stehenden Reservearmee basiert".357 Bereits in den 1940er kamen viele mexikanische Migrant*innen in die USA, um auf den kalifornischen Plantagen zu arbeiten. Sie wurden zunächst mit dem ßrocero-Programm angeworben, aufgrund der restriktiven Migrationspolitik der USA jedoch zu vulnerablen, leicht ausbeutbaren Saisonarbeitskräften gemacht, denen stets mit der Abschiebung gedroht werden konnte, falls sie sich zu Wehr setzten.358 Das Modell, das aus Kalifornien in die ganze Welt exportiert wurde, beruht seit Mitte des 20. Jahrhunderts bis heute auf der Ausbeutung von Migrant*innen aus dem ,Globalen Süden', im Falle der USA meist aus Mexiko. Das kalifornische Modell kennzeichnet sich zudem durch Akkordarbeit, bei der die Arbeiterinnen nicht nach Stunden, sondern nach geernteter Menge gezahlt werden, wodurch unteranderem Risiken von Ernteausfällen auf die Arbeiterinnen abgewälzt werden. Das Modell flexibler, im Akkord arbeitender Migrantinnen in der Saisonarbeit hat sich im Zuge einer Neoliberalisierung der Landwirtschaft weltweit durchgesetzt. So lässt sich in den letzten 30 Jahren auch eine kontinuierliche Zunahme migrantischer Arbeitskräfte in der globalen kapitalistischen Landwirtschaft beobachten.359 Auch in Europa sind fast die Hälfte der Personen, die nicht der Familie eines landwirtschaftlichen Betriebs angehören Migrant*innen.360 Neben einer neoliberalen Wirtschaftspolitik ist es demnach vor allem eine restriktive Migrationspolitik, die die gegenwärtigen Formen der Ausbeutung in der globalen ebenso wie in der italienischen Landwirtschaft hervorbringen. Sie sind nach Reckinger eine „direkte Konsequenz der Abschottung an den Grenzen".361 Die momentane kapitalistische Tendenz kennzeichnet sich einerseits durch eine steigende Nachfrage nach hochqualifizierten Fachkräfte und andererseits durch eine steigende Nachfrage nach „billigen Arbeitskräften für den flexibilisierten, deregularisierten und prekarisierten Arbeitsmarkt".362 Migrant*innen und hierbei vor allem jene mit unsicherem oder irregulärem Aufenthaltsstatus kommen dabei vor allem letzterer nach. Da die Grenzen nicht hermetisch abgeriegelt sind (und nicht sein können) finden sich die Menschen, die es über die Grenze beispielsweise nach Europa schaffen in den Arbeitsmärkten wieder, die am stärksten von Ausbeutung gekennzeichnet sind, wie in diesem Fall die Landwirtschaft.363 In Italien, wo die Obst- und Gemüselandwirtschaft einer der wichtigsten Wirtschaftszweige ist, überrascht es daher nicht, dass die Ausbeutung von Migrantinnen in diesem Sektorschon seit den 1990er Jahren ein weit verbreitetes Phänomen ist.364
Die Agrarpolitik der EU ist seit ihrem Bestehen auf die Steigerung der Produktionsmengen ausgerichtet, weshalb die ersten Agrarsubventionen nach Höhe der Produktionsmenge vergeben wurden.365 Dies führte vor allem in Kalabrien zum lukrativen Geschäft der Organisierten Kriminalität illegal Orangen aus Brasilien zu importieren um höhere Produktionsmengen vorzutäuschen und sich die EU-Subventionen einzustreichen.366 Laut mafianeindanke e. V. wurden insbesondere in Sizilien in den vergangenen Jahren EU- Subventionen für den Agrarsektor von der Mafia vereinnahmt.367 Diese Praktik zu der die wachsende weltweite Produktion von Zitrusfrüchten hinzukam, führte zu einem drastischen Preisverfall dieser.368
Länder des mediterranen Raums, wie Spanien, Marokko, Israel, Griechenland und Italien stehen hinsichtlich ihrer landwirtschaftlichen Produkte untereinander, aber auch weltweit mit europäischen Ländern wie der Niederlande und außereuropäischen Ländern wie Brasilien oder China in ständiger Konkurrenz um die niedrigsten Preise, also die billigste Produktionsweisen. Gedrückt wird der Preis der Produktion dabei vor allem über die irreguläre Arbeit illegalisierter Migrant*innen auf den Erntefeldern.369 Es kann laut Behr dabei von einer delocalisation on site, einer „Auslagerung vor Ort" gesprochen werden. Gemeint ist damit die Senkung der Produktionskosten in Sektoren, wie der Landwirtschaft oder dem Dienstleistungssektor, die nicht in die den ,Globalen Süden' oder nach Osteuropa ausgelagert werden können, und stattdessen Migrant*innen aus ebendiesen Regionen eingestellt werden.370 Es werden dabei die globalen postkolonialen Logiken der Weltwirtschaft auch innerhalb Europas verfestigt und reproduziert:
[Logiken] in denen die von den ökonomischen Zentren Europas weit entfernten, unsichtbaren Schwarzen Sklaven und Sklavinnen zu Hungerlöhnen den Wohlstand der Europäer und Europäerinnen erarbeiten: das Einkommen der Landbesitzer und Landbesitzerinnen, die Gewinne des Agrargroßhandels, der Lebensmittelindustrie, des Transportsektors und des Einzelhandels, aber auch den selbstverständlichen Luxus billiger Südfrüchtefür jeden Konsumenten und jede Konsumentin.371
Es zeigt sich dabei im Sektor der Landwirtschaft exemplarisch das Zusammenwirken der in Kapitel drei beschriebenen postkolonialen Verflechtungen zwischen dem kapitalistischen Wirtschaftsmodell, der Migrations- und Grenzpolitik sowie der imperialen Lebensweise.
Wie in anderen Bereichen findet dabei eine Verschränkung zwischen regularisierter und irregularisierter Prozesse, zwischen formeller, informeller und krimineller Ökonomien statt.372 In der undurchsichtigen Produktionskette von Zitrusfrüchten beispielsweise finden sich neben den ausgebeuteten Saisonarbeiterinnen, „multinationale Konzerne, die Branche der Schwerlasttransports, die Chemieindustrie, der Großhandel und das organisierte Verbrechen."373 Verschiedene Mafiaorganisationen, die in den Gegenden historisch präsent sind und auf gewachsene kriminelle Strukturen zurückgreifen können, sind in den verschiedenen Produktionsprozessen aktiv.374 Es wird in Italien dabei oft der verallgemeinernde Begriff „Agromafia" verwendet, den man jedoch im Plural denken sollte. Der Begriff der Agromafia umfasst verschiedene Formen Organisierter Kriminalität, die im landwirtschaftlichen Sektor und in der Lebensmittelproduktion aktiv sind.375 Der Soziologe Antonio Perna schlägt vor anstatt des verschleiernden Begriffs der Mafia von krimineller Ökonomie376 zu sprechen. Diese manifestiert sich seit den 1970er Jahren weltweit und umfasst jenen Teil der Wirtschaft, der von „verbrecherischen Organisationen verwaltet wird, die nicht davor zurückschrecken, auf Gewaltmittel zurückzugreifen, um sich gegenüber anderen gesellschaftlich Handelnden durchzusetzen."377 Die kriminelle Ökonomie operiert dabei sowohl in illegalen Bereichen wie auch in legalen, da die handelnden Akteur*innen in den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen gut vernetzt sind. Ihre Macht basiert auf ihren profitablen Geschäften im Drogenhandel, der Prostitution, der Giftmüllentsorgung, der Produktfälschung und dem Menschenhandel. Die dabei entstandene ,mafiöse Bourgeoisie' bewegt ihre enormen Kapitalerträge durch globale Finanztransaktionen und reinvestiert das Kapital in legale Bereiche. Ihre ländlichen Herkunftsgebiete, die sich durch die weitgehende Abwesenheit der Staatsmacht auszeichnet, kontrollieren sie aufgrund ihrer lokalen Verankerung umfassend. Die ,Mafiaelite' verhindert in diesen Regionen aktiv eine ökonomische, soziale und kulturelle Entwicklung, da sie in einem hoffnungslosen Umfeld, in dem die Menschen in Armut leben und von Informationen und Bildung abgeschnitten sind, stets Nachwuchs hat für ihre kriminellen Geschäfte. Die hohe Jungendarbeitslosigkeit in Süditalien ist demnach eine wichtige Voraussetzung für das kontinuierliche Bestehen einer „kriminellen Reservearmee", die die kriminelle Ökonomie für sich als Ausweg aus Armut und Perspektivlosigkeit begreift.378
Es wäre allerdings zu kurz gegriffen die ausbeuterischen Zustände allein den Mafiaorganisationen zuzuschreiben.379 Vielmehr ist es die Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahrzehnte sowie die historisch gewachsenen Strukturen in der Landwirtschaft, zu denen auch das Coporo/oto-System zählt. Hierbei handelt es sich um eine in ganz Italien praktizierte Praxis der illegalen Anwerbung von Tagelöhnerinnen durch einen Capo, ein Vorarbeiter, der oft selbst Migrant ist. Die Arbeiterinnen werden von ihm meist auf Tagesbasis angestellt. Der Lohn, der hierbei gezahlt wird, liegt weit unter dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn und nicht selten wird den Arbeiterinnen ihr Lohn verspätet oder nicht vollständig ausgezahlt. Zudem wird meist eine Gebühr von etwa fünf Euro für den Transport erhoben. Trotz des seit 2016 existierenden gesetzlichen Verbots der Praxis, blieb das System des Caporalato vor allem im Obst- und Gemüsesektor weit verbreitet. Mangelnde staatliche Kontrolle und Schutz führen dazu, dass vor allem Migrant*innen der Willkür des Systems ausgesetzt sind.380
Mit der neoliberalen Wirtschaftspolitik in der Landwirtschaft sind unter anderem die Lebensmittelspekulationen an der Aktienbörse, sowie die zunehmende Monopolstellung internationaler Lebensrnittel- und Getränkekonzerne sowie die der deutschen und französischen Lebensmittelkonzerne und Discountersupermärkte gemeint, die die Preise drücken. Diese Prozesse führen zu Preisen, die vollkommen entkoppelt sind vom realen Wert des Produkts.381 Die Ernte lohnt sich für die Bauern und Bäuerinnen so immer weniger. Zu den Löhnen, die sie zahlen können, sind die meisten Italienerinnen nicht bereit zu arbeiten und so wurden diese seit den 1990ern weitgehend von migrantischen Saisonarbeiterinnen ersetzt. Die Migrantinnen werden von vielen Süditalienerinnen die vor der Wirtschaftskrise 2008 im Norden Italiens und Europas gearbeitet hatten und sich aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit gezwungen sahen nach Süditalien zurückzukehren, in illegitimer Weise als Konkurrenz wahrgenommen. Dies hat in diesen Regionen zusätzlich zu einer drastischen Zunahme des rassistischen Klimas geführt, die eine Solidarisierung mit den Migrant*innen in der Region weitgehend verhindert.
Es wird nun, um das Kapitel 4 abzuschließen konkreter auf die Arbeits- und Wohnverhältnisse der in der Landwirtschaft tätigen Migrant*innen in Italien eingegangen, wobei ich mich vor allem auf die zwischen 2012 und 2018 durchgeführte ethnografische Forschung Reckingers stütze. Dies entspricht in etwa der Zeitspanne der Zeitungsanalyse.
4.4 Die Situation der Migrant*innen in der italienischen Landwirtschaft
Viele der in der Landwirtschaft arbeitenden Migranten382 kommen auch mit Booten über das Mittelmeer, auch wenn nicht alle die mit den Booten ankommen in der Landwirtschaft landen. Auch wenn das italienische Gesetz vorsieht, dass innerhalb eines Monats über einen Asylantrag zu urteilen ist, so zieht sich das Verfahren nicht selten über Jahre. In dieser Zeit müssen die Asylsuchenden die Lager verlassen und sind sich selbst überlassen. Dies treibt viele Asylsuchende, ebenso wie Menschen, die zwar Asyl, aber keine weitere Unterstützung von Seiten des Staats erhalten, in die prekären Verhältnisse des landwirtschaftlichen Sektors. Ebenso finden sich Menschen ,ohne Papiere', deren Asylgesuch abgelehnt wurde, die aber in der Regel nicht abgeschoben werden, oder jene die aufgrund der Dublin II Regelung aus einem anderen europäischen Land zurück nach Italien abgeschoben wurden, oder jene die mit einem Visum legal eingereist sind und dann in Europa geblieben sind, oft als Tagelöhner in der italienischen Landwirtschaft wieder.383 Ohne gültige Papiere können sie das Land nicht mehr verlassen und müssen dort illegal, in einer äußerst vulnerablen Situation bleiben. Diese Personen sind gezwungen in einer Situation ohne Perspektive und Hoffnung („no hope, no dreams") zu überleben:
[Ohne Hoffnung] jemals einen gesicherten rechtlichen Status zu erreichen, der es ihnen erlauben würde, einen legalen Job zu finden, ein sozial integriertes Leben zu führen und ihre Angehörigen wiederzusehen. [...] Sie sind Gestrandete, die weder vor noch zurückkönnen, und sind aufgrund rechtlicher Barrieren ihres Menschenrechtes auf Bewegungsfreiheit beraubt.384
Seit der Finanzkrise 2008 finden sich aber auch vermehrt afrikanische Migranten, die seit Jahrzehnten mit einem geregelten Aufenthalt in Italien lebten, aber aufgrund der wirtschaftlichen Lage und dem rassistischen Klima, keine andere Möglichkeit mehr sahen als in die informelle Ökonomie der süditalienischen Landwirtschaft zu gehen.385 Vor der Coronapandemie war die Mehrheit der offiziell als Erntearbeiter*innen gemeldeten Migrant*innen auf den italienischen Erntefeldern Migrant*innen aus osteuropäischen Ländern, wie Rumänien, Bulgarien, Polen, Moldau oder aus der Ukraine. Diese werden ähnlich schlecht bezahlt wie afrikanische Migrant*innen, aber durch ihre gültigen Papiere und ihre übergeordnete Stellung in der rassistischen Hierarchie leben sie oft in etwas besseren Wohnverhältnissen, werden häufiger nach festen Tagessätzen bezahlt und sind öfter sozialversichert.386 Die osteuropäischen Migrant*innen kommen meist zur Wintersaison nach Italien, in der Oliven und vor allem Zitrusfrüchte geerntet werden.387 Die afrikanischen Migranten reisen oft als Wanderarbeiter von einer Ernteregion in die andere und arbeiten wenn es ihnen möglich ist in den Monaten, in denen nicht geerntet wird in anderen Branchen, wie der Gastronomie.388
Viele der von Reckinger interviewten Personen sind durch zufällige Wendungen ihres Lebens nach Europa gekommen und haben meist jahrelange Migrationsgeschichten durch verschiedene afrikanische und zum Teil auch asiatische Länder hinter sich, bei der sie ihre Familien zurücklassen mussten. Vielen lebten und arbeiteten beispielsweise über Jahre in Libyen bis dort 2011 der Krieg ausbrach und sie flüchten mussten. Der Traum vom besseren Leben in Europa spielte nur für wenige eine ausschlaggebende Rolle für ihre Migration nach Europa.389 Der mediale Diskurs in Europa ist meist von einer ignoranten Vorstellung geprägt, dass ein in Afrika kultivierter Mythos von Europa der hauptsächliche Grund für die Migration von Afrikaner*innen in Richtung Europa sei. Es dominiert dabei oft ein „rassistische!/] Diskurs eines spezifisch afrikanischen Sterbens und Strebens, weniger eines Handelns als bloßes Verhaltens, gleichzeitig gelockt und geblendet wie die Motte vom Licht".390 Die Migrant*innen werden dabei meist als „passive Opfer einer kollektiven Irrationalität'"391 dargestellt. Dabei sind es stets individuelle Geschichten mit unterschiedlichen rationalen Entscheidungen, Reiseerfahrungen, und Ankunftserfahrungen. Einige sehen sich früher oder später aufgrund mangelnder Alternativen gezwungen in der italienischen Landwirtschaft zu arbeiten.
Während der Saison arbeiten viele ohne Pause 12 Stunden für 20 bis 40 Euro je nach Gemüse, Region und Arbeitgeber*in.392 Die Wohnbedingungen der Schwarzen Migranten unterscheiden sich je nach Region und finanziellen Möglichkeiten und können Zeltstädte, Ruinen und verfallene Höfe mitten auf den Feldern, Karton- und Wellblechhütten, Zelte im Wald oder überteuerte, heruntergekommene Wohnungen sein.393 Die informellen Camps werden von den Migrant*innen selbst meist als „Ghettos" bezeichnet. Immer wieder führen die harten Lebens- und Arbeitsbedingungen dazu, dass Menschen auf den Feldern, auf Unfällen auf dem Weg zur Arbeit oder durch Brände in den Lagern sterben.394
Reckinger stellt während seiner Feldforschung fest, dass er größtenteils sehr herzlich und gastfreundlich empfangen wird, aber auch auf Misstrauen stößt. Er führt dies auf schlechte Erfahrungen mit Journalistinnen zurück, die auf der „Jagd nach skandalisierenden Bildern und Schlagzeilen waren."395 Ebenso kann es durch die jahrzehntelange rassistische Ausgrenzung und Marginalisierung erklärt werden, mit der Erfahrung keine Rechte zu haben und nicht zur italienischen Gesellschaft zu gehören, „obwohl sie längst ausgezeichnet Italienisch sprechen und der italienischen Gesellschaft ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen."396 Nicht wenige der Migrant*innen erkranken aufgrund der psychischen und physischen Ausnahmesituation, die durch die rassistische europäische Migrationspolitik entsteht und nicht wenige treibt die oft ausweglos erscheinende Lage in den Suizid.397 Ishaq, ein von Reckinger interviewter Mann aus dem Sudan, der neben Arabisch und Englisch auch Griechisch und Italienisch spricht, thematisiert die Schwierigkeiten sich seine Würde als Mensch zu bewahren: „Ich lebe in großer Armut, das ist schon klar, aber damit kann ich umgehen, das ist nicht das Schlimmste. Die größte Gefahr geht davon aus, dass man sich als Mensch in dieser Situation auf einmal überflüssig fühlt. Wenn das passiert, ist es vorbei."398 Achille Mbembe schrieb bezüglich der Versklavung früherer Jahrhunderte:
Neger und damit Sklave sein hieß keine eigene Zukunft zu haben. Die Zukunft des Negers war stets eine zugewiesene Zukunft, die er von seinem Herrn wie ein Geschenk erhielt - die Freilassung.399
Im Zentrum des Freiheitskampfs der Versklavten stand daher stets die Möglichkeit eine eigene, selbstbestimmte Zukunft zu haben. Hoffman weist darauf hin, dass es auch im heutigen Kontext wichtig bleibt nicht zu vergessen, dass Menschen nie nur „Opfer makroökonomischer Ungleichgewichte [sind], sondern [...] selbst unter widrigsten Bedingungen in der Lage [sind, zu kämpfen]." Darunter verstehe ich zum einen den individuellen Kampf sich nicht aufzugeben, zum anderen aber auch die organisierten Widerstandspraxen von Saisonarbeiterinnen, gegen die Ausbeutung und rassistische Gewalt, die sie tagtäglich erleben. Die prominenteste Stimme ist die des Schwarzen Gewerkschafters, Soziologen Aboubakar Soumahoro, der einst selbst als Tagelöhner in der Landwirtschaft arbeitete und sich seit Jahren für die Rechte der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft und gegen die Übermacht der Supermarktketten einsetzt. Im September 2022 wurde er für die Parteienallianz Alleanza Verdi e Sinistra zum Parlamentsabgeordneten ins Parlament gewählt werden.
5. Methode und Vorgehen
Im Nachfolgenden wird dargelegt, weshalb sich die kritische Diskursanalyse gut eignet, um die ausgewählten Zeitungsartikel auf mögliche rassistische Diskurse oder aber Rassismus dekonstruierende Diskurse hin zu analysieren. Dafür wird zunächst knapp dargestellt mit welchem Verständnis von Diskurs gearbeitet wird. Des Weiteren soll die Auswahl der Artikel begründet werden sowie die konkrete Vorgehensweise der Analyse nachvollziehbar offengelegt werden.
5.1 Die kritische Diskursanalyse
Viele postkoloniale Theoretikerinnen, wie Edward Said beziehen sich methodisch mehr oder weniger stark auf Foucaults Diskurs- und Machttheorie.400 Da mit einer postkolonialen Perspektive gearbeitet wird, wird auch hier methodisch mit dem Begriff des Diskurses gearbeitet. Dafür wird nun das dem zugrunde liegende konstruktivistische Verständnis der Welt und seiner Zusammenhänge kurz erläutert. Das Feld der Diskursforschung ist äußerst heterogen, dennoch teilen alle Autorinnen eine konstruktivistische Ausgangsposition, „die den performativen, weltkonstituierenden Charakter der Sprache und des Sprachgebrauchs in diskursiven Praktiken beziehungsweise Diskursen betont."401 Im Zuge der oft als linguistic term bezeichneten sprachphilosophischen Ausrichtung innerhalb verschiedener Wissenschaftsdisziplinen wird davon ausgegangen, dass Sprache Dinge nicht schlichtweg beschreibt, sondern sie erst hervorbringt.402 Indem Menschen Dingen eine Bedeutung zuweisen, werden sie erst zu Dingen gemacht. Der deutsche Sprachwissenschaftler Siegfried Jäger führt hierzu aus, dass ein Ding, dem keine Bedeutung zugewiesen wird, „völlig diffus, unsichtbar oder sogar nicht existent"403 sei. Es werde übersehen und somit nicht gesehen. Wirklichkeit ist für uns Menschen deshalb vorhanden, weil wir sie bedeutend machen, oder weil sie von unseren Vorfahren Bedeutungen zugewiesen bekommen hat, die für uns noch von Belang ist.404 Die Bedeutungen, die Dingen und Themen zugewiesen werden, verdichten sich zu „institutionell verfestigte[n] Redeweise[n]",405 die als Diskurse bezeichnet werden können. Ein Diskurs kann mit dem Bild eines Flusses greifbarer gemacht werden: Eines ,,Fluss[es] von Wissen bzw. Wissensvorräten durch die Zeit". Indem Diskurse Wissen transportieren, das individuelles und kollektives Handeln ermöglicht, prägt und verfestigt, ,üben Diskurse Macht aus'.406 Sie geben Auskunft über die vorherrschenden Vorstellungen einer Gesellschaft in einer bestimmten Epoche, über das, was in welcher Weise gesagt werden kann, was als wahr oder falsch akzeptiert wird, aber auch was „gesellschaftlich relevante Ängste, Hoffnungen und Begierden" sind.407 Diskurse spiegeln dabei gesellschaftliche Wirklichkeit nicht einfach wider, sondern führen gegenüber der Wirklichkeit ein Eigenleben'. Sie prägen und gestalten Wirklichkeit und ermöglichen gesellschaftliche Wirklichkeit so erst. Sie bilden sich als Resultate historischer Prozesse heraus und ,verselbstständigen' sich dann, wobei jeder Mensch in verschiedene Diskurse verstrickt ist, und zwar mehr, als dass er individuell zu deren Gestaltung beitragen könnte.408
Die verschiedenen Diskurse sind eng miteinander verflochten und bilden mit Jägers Worten ein ,diskursives Gewimmel', welches die Diskursanalyse zu entwirren habe.409 Nach Siegfried und Margarete Jäger soll eine Diskursanalyse410 aufzeigen: ,,[W]as zu einem bestimmten Zeitpunkt von wem wie sagbar war beziehungsweise sagbar ist. Das bedeutet, das immer auch die Frage danach gestellt ist, was nicht sagbar war beziehungsweise ist."411 Als Linguistinnen untersuchen sie dabei sowohl Inhalt und Form reproduzierten Wissens. Dabei wird Wissen seiner Selbstverständlichkeit entrissen und die Produktionsweise von Wissen und Wahrheit rekonstruiert. Dies geschieht stets im Bewusstsein darüber, dass eine Interpretation unumgänglich ist und Einzelne und Gruppen sich immer aus verschiedenen Diskurspositionen412 heraus beteiligen, interpretieren und bewerten.413 Aus diesem Grund wurde auch der Offenlegung der eigenen Position vergleichsweise viel Platz eingeräumt.
Mit einer Diskursanalyse wird oft der Einfluss von Spezialdiskursen aus der Wissenschaft auf den gesamtgesellschaftlichen Interdiskurs ermittelt und transparent gemacht. Vermittelt werden Spezialdiskurse oft über Medien, Erziehung und mächtige Institutionen, weshalb sich eine Diskursanalyse von Zeitungsartikeln anbietet. So wird in dieser Arbeit das Vorhandensein oder Fehlen postkolonialer oder rassistischer Diskurse in den untersuchten Artikeln ermittelt. Konkret geht es einerseits darum zu überprüfen, ob in der Darstellung der migrantischen Saisonarbeiterinnen rassistische Diskurse aus der Kolonialzeit im heutigen medialen Diskurs Italiens auftreten oder nicht. Andererseits wird überprüft, ob sich in den Artikeln postkoloniale Erklärungsansätze für die Arbeitsbedingungen der migrantischen Saisonarbeitskräften finden.
Innerhalb des Mediendiskurses können unterschiedliche Diskurspositionen mehr oder minder stark zur Geltung kommen, weshalb in der Arbeit die Artikel dreier Zeitungen unterschiedlicher ideologischer Ausrichtung untersucht werden.
Da rassistische Diskurse keine folgenlosen Ideen sind, sondern Herrschaftssysteme aufrechterhalten, die das Leben von Menschen in existentieller Weise negativ beeinflussen, wird eine Person, die an die Idee bedingungsloser Menschenrechte glaubt sich aus dieser Position heraus kritisch am Diskurs beteiligen. Kritisch ist die Diskursanalyse also deshalb, da ihr eine politische und ethische Haltung zugrunde liegt, die die Rahmenbedingungen, die Herrschaft ermöglicht, in den Blick nimmt.414 Eine solche kritische Analyse zielt darauf ab, vermeintlich naturgegebene gesellschaftliche Verhältnisse zu ,entnaturalisieren' und fragt daher danach:
[W]ie es zur vorherrschenden Ordnung der Dinge gekommen ist, was sie konstituiert hat, aber auch, welche Risse, Brüche und Widerstände gegen Herrschaft es gegeben hat und gibt - sprich, wo Konturen einer herrschaftsfreien Gesellschaftsordnung aufgeschienen sind und aufscheinen.415
Als diskursanalytisch forschende Person muss man sich daher darüber im Klaren sein, dass man selbst mit der Kritik nicht außerhalb der Diskurse steht, da sonst das Konzept Diskursanalyse als solches in Frage gestellt würde. Wenn man sich also auf Werte und Gesetze beruft, so sollte nicht ausgeblendet werden, dass auch diese diskursiv-historisch begründet sind und nur eine Position darstellen, die ebenfalls Resultat eines diskursiven Prozesses ist.416
Historisch orientierte Analysen, wie diese können nach Jäger mehrere synchrone Schnitte durch einen Diskursstrang vornehmen und diese miteinander vergleichen, so dass Veränderungen beziehungsweisen Kontinuitäten der Diskursverläufe durch die Zeit betrachtet werden können. In dieser Analyse werden Artikel zu Saisonarbeiterinnen in der italienischen Landwirtschaft in einem Zeitraum von zehn Jahren betrachtet. Mithilfe der kritischen Diskursanalyse sollen unter anderem Kollektivsymbole417, mit denen wir uns ein Bild der gesellschaftlichen Wirklichkeit machen und die Deutungsvorschläge, die in den Medien gegeben werden, herausgearbeitet und kritisiert werden.418 Es gibt keine Standardvariante, einer Diskursanalyse. Ich orientiere mich mit meiner Analyse an Vorgehen qualitativer Inhaltsanalysen sowie dem Vorgehen Siegfried und Margarete Jägers, wobei ich keine umfassende linguistische Analyse vornehme. Mein Fokus liegt auf der für diese Arbeit relevanten Themenverknüpfung von Migration, Rassismus und Kapitalismus in der Landwirtschaft. Konkret auf der Darstellung der Saisonarbeiterinnen und auf der Darstellung der Problematik der Ausbeutung. Ich frage mich, ob und wenn ja, wie darauf eingegangen wird, dass viele der Migrantinnen aus ehemalig kolonialisierten Gebieten stammen und ob Rassismus als Erklärung für die Arbeitsbedingungen herangezogen wird, oder nicht. Dafür untersuche ich auch welche Akteur*innen auftreten, wer durch Zitate zu Wort kommt und wie das italienische ,Wir' in den Artikel auftritt.
Nachfolgend wird der Auswahlprozess der untersuchten Artikel und die Aufbereitung des Datenmaterials genauer beschrieben.
5.3 Auswahlprozess der Artikel
Die Arbeit von Migrant*innen in der italienischen Landwirtschaft ist wie in Kapitel vier aufgezeigt wurde kein Neues. Bereits in den 1990er Jahren begannen immer mehr landwirtschaftliche Betriebe primär Migrant*innen aus Osteuropa und dem ,Globalen Süden' als Saisonarbeiterinnen einzustellen. Die Berichterstattung der Medien gibt dabei Aufschluss überdie gesellschaftlichen Debatten, die hinsichtlich dieser Entwicklung geführt wurden und werden. Eine Analyse der Berichterstattung der letzten 30 Jahre wäre daher optimal gewesen, um nachvollziehen zu können, ob stets über die gleichen Dinge geschrieben wurde oder sich der Diskurs in der Zeit geändert hat. Mit dem mir zur Verfügung stehenden Archivmaterial und Ressourcen konnte allerdings nur der Zeitraum der letzten zehn Jahre abgedeckt werden. Nachfolgend wird der Auswahlprozess der Zeitungen und der Artikel sowie die Festlegung des Zeitraums erläutert.
Ich ging davon aus, dass sich postkoloniale Diskurse oder die Thematisierung von Rassismus zum einen eher in den letzten Jahren, zum anderen eher in einer linken als in einer rechtskonservativen oder in einer liberalen Zeitung finden würden. Aus diesem Grund wurde jeweils eine überregionale Zeitung aus dem links-progressiven beziehungsweise aus dem rechts-konservativen politischem Spektrum ausgesucht, um dabei mögliche Unterschiede oder auch Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Berichterstattung ermitteln zu können. Es handelt sich dabei zum einen um die seit 1969 bestehende kommunistische Tageszeitung II Manifesto, mit einer Auflage von etwas mehr als 40.400 Exemplaren. Sie ist von der Auflagenzahl in etwa mit der deutschen Zeitung taz zu vergleichen.419 Es handelt sich bei der Zeitung II Manifesto um eine Genossenschaftszeitung, deren Mitglieder die Journalistinnen und Technikerinnen selbst sind, die alle das gleiche Gehalt erhalten. Zum anderen wurde die 2000 gegründete überregionale rechtskonservative Tageszeitung Libero Quotidiano ausgewählt, die eine Auflage von etwa 55.800 Exemplaren hat. Eigentümer der Zeitung ist der Unternehmer und Berlusconi nahestehende Politiker Antonio Angelucci. Da insbesondere Prestigemedien einen hohen Einfluss innerhalb des gesamten Mediensystems haben, wurde zudem die 1976 gegründete links-liberale Tageszeitung La Repubblica ausgewählt.420 Sie gilt mit einer Auflage von circa 210.000 Exemplaren als eine der bedeutendsten italienischen Tageszeitungen und ist neben dem Corriere della Sera eine der wichtigsten italienischen Leitmedien.421
Es wurden jeweils Onlineabonnements mit den drei Zeitungen abgeschlossen, um auf das Online-Archiv zugreifen zu können. Die historischen Onlinearchive der Zeitungen gingen unterschiedlich weit zurück und waren unterschiedlich gut sortiert. So konnte etwa bei La Repubblica mit Suchbegriffen und zeitlicher Eingrenzung sehr viel differenzierter gesucht werden als etwa bei Libero Quotidiano. Um möglichst vergleichbare Ergebnisse zu erzielen, wurde bei allen drei Zeitungen mit dem gleichen Suchbegriff „braccianti", was mit Tagelöhner oder landwirtschaftliche Hilfsarbeiter übersetzt werden kann, gearbeitet. Da bei der Suche im Archiv des Libero Quotidiano nur Artikel bis 2011 auffindbar waren wurde ein Zeitraum von zehn Jahren gewählt, der Artikel ab dem 01. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2021 umfasst. Zudem wurden im Vorfeld die maximale Anzahl von 150 Artikel und dabei 50 Artikel pro Zeitung festgelegt, unabhängig von der Auflagenstärke und der gesamten Anzahl der Artikel pro Zeitung. Diese Entscheidung entspringt dem vorrangigen Interesse mögliche Unterschiede in der Berichterstattung je nach politischer Ausrichtung zu finden. Da es sich um ein recht begrenztes Themengebiet handelt hatte ich zunächst angenommen, dass pro Zeitung fünf zufällig ausgewählte Artikel pro Jahr ausreichen, um festzustellen, ob sich die Diskurse in der jeweiligen Zeitung sowie im Vergleich zu den vergangenen zehn Jahren gewandelt haben oder aber konstant gleichgeblieben sind. Im Auswahlprozess stellte sich jedoch heraus, dass in manchen Jahren sehr viel mehr Artikel zum Thema erschienen als in anderen. Da unabhängig der gesamten Anzahl beschlossen wurde 50 Artikel pro Zeitung zu analysieren wurde prozentual errechnet wie viele Artikel einer Zeitung pro Jahr in die Analyse miteinfließen sollten.[423] Die Überlegung dahinter ist, dass wenn es in einem Jahr mehr Artikel zu den Erntehelfer*innen gab, auch mehr Artikel aus diesem Jahr analysiert werden sollten, um eher nachvollziehen zu können, warum es in diesen Jahren mehr Aufmerksamkeit für das Thema gab.
Insgesamt wurden mit dem Suchbegriff„brocc/ont/" 2.623 Artikel gefunden, von denen allein 2.364 auf die Zeitung La Repubblica fielen, 131 auf Libero Quotidiano und 128 auf II Manifesto,[424] Es flössen nur Artikel in die Analyse ein, diedie Situation der Erntehelfer*innen in Italien thematisieren. Aussortiert wurden Artikel, die die Situation in anderen Ländern thematisieren, Artikel, die einen historischen Kontext thematisieren, ohne jedoch auf die heutige Situation einzugehen, ebenso wie Artikel, die eine andere Thematik behandeln und das Wort „braccianti" nur einmalig erwähnt wird. Die zufällige, unvoreingenommene Auswahl der Artikel wurde schließlich mit der Website random.org gewährleistet. Pro Zeitung wurden, die den Kriterien entsprechenden Artikel, durchnummeriert und die zufällig gezogenen Zahlen für die Analyse ausgewählt. Optimal für die Analyse wäre eine vollständige Analyse aller Artikel gewesen, um repräsentative Aussagen vornehmen zu können. Da dies aber nicht geleistet werden konnte, ist die Analyse der ausgewählten Artikel als erste Abzeichnung einer Tendenz zu verstehen.
Die Tabelle zeigt wie viele Artikel pro Jahr und Zeitung in die Analyse eingeflossen sind. Im
Quellenverzeichnis findet sich zudem die Auflistung, der in die Analyse eingeflossenen Artikel.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[423] Es wurde dabei zunächst die Prozentzahl pro Jahr ausgerechnet, wenn die maximale Anzahl pro Zeitung 100% wären und schließlich diese Prozentzahl auf die Anzahl von 50 Artikel pro Zeitung angewandt. Dies soll an folgendem Beispiel verdeutlicht werden: Im Jahr 2012 wurden im II Manifesto 9 Artikel gefunden, im Jahr 2020 hingegen 67 Artikel. Bei 128 Artikeln im untersuchten Zeitraum insgesamt entspricht dies für das Jahr 2012 7,03% und für das Jahr 2020 52,34%. Wenn insgesamt nur 50 Artikel in die Analyse miteinfließen, so bedeutet dies, dass für das Jahr 2012 7,03 % von 50 und für das Jahr 2020 52,34% von 50 Artikeln ausgewählt werden, also für 2012 4 Artikel und für das Jahr 2020 26 Artikel.
[424] Allerdings muss hierbei angemerkt werden, dass die Anzahl von Libero Quotidiano und II Manifesto bereits von Artikel bereinigt ist, die nicht den Kriterien für die Analyse entsprachen, während dies aufgrund der höheren Anzahl an Artikeln bei La Repubblica zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte.
[425] Im Archiv der Zeitung II Manifesto sind generell zwischen März 2014 und Mai 2017 kaum Artikel verfügbar. Dies ist vermutlich damit zu begründen, dass die Zeitung in dieser Zeit insolvent war und im Juli 2016 von der journalistischen Genossenschaft wieder zurückgekauft werden konnte (vgl. La Repubblica 2016, 16. Juli).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
5.2 Durchführung: Analyseschritte
In der kritischen Diskursanalyse gibt es kein eins zu eins anwendbares Standardvorgehen, weshalb die Transparenz des methodischen Vorgehens detailliert und nachvollziehbar dargelegt werden muss. Ich orientiere mich zum einen an einigen Schritten der qualitativen Inhaltsanalyse, ebenso wie am Analyseleitfaden Jägers, dessen Fokus auf der Bildlichkeit, dem Wortschatz und der Argumentationsweise liegt.422 423 Ich versuche dabei wiederkehrende lexikalische Elemente und Vorstellungen wahrzunehmen und zu kodieren.
Es handelt sich bei den ausgewählten Zeitungsartikeln um Nachrichten, Kurzmeldungen, Hintergrundreportagen, Interviews und Kommentaren, die sich alle mit der Thematik der Erntehelfer*innen in der italienischen Landwirtschaft beschäftigen. Dabei ergründe ich zunächst, welche thematischen Häufungen es gibt. Dafür bilde ich im Analyseprozess thematische Kategorien. Die entsprechenden Textfragmente werden mit dem passenden Code kodiert, um auf diese Weise die auftretenden Thematiken ermitteln und vergleichen zu können. Ebenso verfahre ich mit den Kategorien der zu Wort kommenden Akteur*innen und auffälligen sprachlichen Bildern oder Argumenten. Hierbei kommt der interpretative Teil der Analyse besonders klar zum Vorschein. Die Kodierung der Akteure, die in den Artikeln durch direkte oder indirekte Zitate zu Wort kommen, hat die Funktion zu ermitteln, wer sich im medialen Zeitungsdiskurs äußert und dementsprechend auch gehört wird. Auf sprachliche Besonderheiten, wie Kollektivsymbole, Metaphern und häufig gebrauchte Wörter und Formulierungen achte ich in Anlehnung an das Vorgehen Jägers. Dabei stelle ich mir auch die Frage, welches Menschenbild und welches Gesellschaftsverständnis die kodierten Textfragmente voraussetzen.424 Durch die so kategorisierten Inhalte der Artikel versuche ich in der Auswertung der kodierten Daten dominante Diskursstränge zu ermitteln und achte dabei auch auf mögliche Diskursverschränkungen.425 Zudem wird so die ideologische Diskursposition der jeweiligen Zeitung im Hinblick auf das genannte Themenfeld zum Vorschein gebracht. Der Kodierungsprozess erfolgt mit dem Programm MAXQDA, das es ermöglicht, die Ergebnisse systematisch darzustellen und zusammenzufassen. Das Softwareprogramm MAXQDA eignet sich insbesondere für qualitative Datenanalysen und sorgt für eine Übersichtlichkeit und Transparenz, um wissenschaftlich sauber und nachvollziehbar zu arbeiten. Ebenso erlaubt das Programm eine große Flexibilität beim Kodieren, die bei qualitativen Analysen wie dieser sehr hilfreich ist. Anders als bei rein quantitativen Inhaltsanalysen wird bei qualitativen oft mit einer größtmöglichen Offenheit auf die zu untersuchen Daten geblickt und die Kategorien im Analyseprozess entwickelt. So hatte ich bei meiner Analyse anhand meiner Forschungsfrage bereits deduktiv gebildete Kategorien, die jedoch im Analyseprozess induktiv anhand der vorliegenden Daten ergänzt und verfeinert wurden. Die Überkategorien „Themen", „Akteure" und „Sprachlich-inhaltliche Kategorie" standen im Vorhinein fest, ebenso wie Subkategorien „Thematisierung von Rassismus", „Thematisierung postkolonialer Zusammenhänge" und „Thematisierung kapitalistischer Zusammenhänge". Alle weiteren Subkategorien wurden im Prozess der Textarbeit gebildet, weshalb die Texte mehrmals gelesen und kodiert wurden.
Die von vornherein feststehenden deduktiven Kategorien sind für diese Arbeit auch deshalb wichtig, da angenommen wurde, dass viele Zusammenhänge, die sich aus einer postkolonialen Perspektive ergeben, nicht dargestellt werden. Es ist daher ebenso relevant aufzuzeigen, was gerade nicht thematisiert wird, aber thematisiert werden könnte.
Mithilfe der von mir gebildeten Kategorien versuche ich bei der Auswertung der Daten zu erkennen, mit welchen Diskursen das Thema der Saisonarbeiterinnen in der Landwirtschaft medial thematisiert wird, also welche Diskurse sich in den Artikeln finden, beziehungsweise nicht finden. Die für die Analyse verwendeten übergeordneten Kategorien426 und Fragen an den Textkorpus sind:
1. Themen: Welche Themen tauchen im Zusammenhang der Saisonarbeiterinnen in der italienischen Landwirtschaft auf?
2. Akteurinnen: Welche Akteurinnen kommen in den Artikeln zu Wort? Von wem finden sich Zitate? Wessen Perspektiven werden abgebildet?
3. Sprachlich-inhaltliche Kategorie: Bildlichkeit (Metaphern), auffälliger Wortschatz und Argumentationsweise, Kollektivsymbole, Klischees und ähnliches
Die zwei ersten Kategorien verschaffen mir einen ersten Gesamtüberblick über die behandelten Themen und darüber welche Akteur*innen sich am medialen Diskurs zu den Saisonarbeiterinnen beteiligen. Mit der dritten sprachlich-inhaltlichen Kategorie werden ausgewählte Textsegmente genauer betrachtet. In meinem konkreten Vorgehen bedeutet dies, dass ich einige kodierte Textsegmente genauer diskursanalytisch untersuche. Segmente in denen Rassismus und Kapitalismus thematisiert und zum anderen Segmente, in denen die Substantive beziehungsweise die entsprechenden Verben und Adjektive: „Sklaverei"(schiavitu), „Ausbeutung"(sfruttamento), „Würde"(dignitd), „Rechte"(diritti), „Unsichtbarkeit"(invisibiltd), „Schande"(vergogna) und „Zivilisation"(civiltd) auftreten.427 Dabei achte ich vor allem auf die moralische Wertehaltung, die in den Textpassagen, in denen die Worte kodiert wurden zum Ausdruck gebracht wird. Hierbei wird auch auf Hinweise auf Wir-Sie- Dichotomien geachtet, um festzustellen wie das „Wir" und „das Andere" konstruiert wird.
Aufgrund der Subjektivität dieser, sowie jeglicher Diskursforschung muss darauf hingewiesen werden, dass „die Ergebnisse immer auch hätten anders ausfallen können."428 In einer selbstkritischen Betrachtung des Forschungsvorgehens muss insbesondere angemerkt werden, dass gewisse Feinheiten der italienischen Sprache von mir möglicherweise nicht erkannt wurden, da ich Italienisch nicht auf muttersprachlichem Niveau beherrsche. Ein umfassenderes und differenzierteres Bild, wäre daher sicherlich mit einem Forschungsteam mit muttersprachlich Forschenden, die besser mit dem italienischen Kontext vertraut sind, möglich gewesen.
6. Analyseergebnisse derZeitungsanalyse
Die Ergebnisse der vorgenommenen Analyse von 150 Artikeln aus drei verschiedenen italienischen Tageszeitungen werden nun im Nachfolgenden vorgestellt. Zunächst wird in einem ersten Teilkapitel auf die auftretenden Themen und die zu Wort kommenden Akteur*innen eingegangen. Anschließend werden die Ergebnisse der durchgeführten Analyse einzelner Diskursfragmente vorgestellt, wobei auf die für die Arbeit relevanten Diskurse eingegangen wird.
6.1. Dominante Themen und Akteur*innen
Es wurden insgesamt 150 online erschienene, zufällig ausgewählte Artikel untersucht, von denen 55 Reportagen oder Hintergrundberichte waren, 47 Nachrichten, 34 kurze Meldungen, neun Kommentare, vier Interviews und eine Kurzgeschichte. Der offensichtlichste Unterschied zwischen den drei Zeitungen zeigte sich bereits an der Textart und Länge der Artikel. Während bei den Zeitungen La Repubblica und II Manifesto über die Hälfte der Artikel längere Hintergrundberichte oder Reportagen von über einer Seite waren, waren die 50 Artikel der Zeitung Libero Quotidiano mit einer Ausnahme ausschließlich Kurzmeldungen oder Nachrichten ohne Hintergrundinformationen. Interviews und Kommentare fanden sich ebenso nur in den beiden Zeitungen II Manifesto und La Repubblica, wobei die häufigsten Kommentare sich in der Zeitung II Manifesto fanden.429 Dies zeigt bereits, dass der Berichterstattung unterschiedlich viel Raum für tiefergehende Hintergrundinformationen gegeben wird.
Zwischen 2014 und 2017 wurden sehr viel weniger Artikel zu Erntehelfer*innen veröffentlicht als in den Jahren zuvor und insbesondere in den Jahren danach.430 Interessant ist dies deshalb, da in diesen Jahren in ganz Europa die Themen Migration und Flucht stark polarisiert diskutiert wurden.431 Der Verteilung der Artikelanzahl pro Jahr kann entnommen werden, dass das Thema der Saisonarbeiterinnen in den vergangenen fünf Jahren deutlich häufiger in den untersuchten Zeitungen aufgegriffen wurde.432 Besonders stark verhandelt wurde das Thema 2020, im ersten Jahr der Corona-Pandemie.433 Zurückzuführen ist dies auf die in den Medien geführte Debatte, wie die Ernte zu bewerkstelligen sei ohne temporale Saisonarbeitskräfte aus dem Ausland und ob das Wegbleiben dieser Gruppe überhaupt ein Problem darstelle oder nicht. Es zeigt sich hierbei, dass wenig Klarheit besteht in welchem Umfang welche Migrant*innen aus welchen Herkunftsstaaten und mit welchem Aufenthaltstitel generell in der Landwirtschaft arbeiten. Die Debatte verstärkte die bereits 2018 und 2019 angestoßene Diskussion zur einer aufenthaltsrechtlichen Regularisierung, der in Italien anwesender Migrant*innen, die ohne gültige Aufenthaltserlaubnis in der Landwirtschaft arbeiten.
Anhand der kodierten Kategorien ließ sich feststellen, dass Themen wie Rassismus und Migration zwar durchaus auftraten, aber anders als in der vorliegenden Arbeit nicht im Zentrum stehen. Der mit Abstand dominierende Themenbereich der Kriminalität erklärt sich vor allem durch die häufige Thematisierung der illegalen Praxis des Caporalato sowie der Berichterstattung zu gewalttätigen Übergriffen auf Saisonarbeiterinnen. Die Organisierte Kriminalität wurde in La Repubblica und II Manifesto stärker aufgegriffen als im Libero Quotidiano, dafür legte letztere Zeitung vor allem 2012 und 2013 einen Schwerpunkt auf die Erschleichung von Sozialleistungen und Schwarzarbeit und dem daraus entstehenden finanziellen Schaden für den Staat.
Die dominant auftretenden Themen lassen sich folgender von mir verfassten Grafik entnehmen:
1. Themen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In derThemensetzung zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Zeitungen.434 Bei der rechtskonservativen Zeitung Libero Quotidiano können alle fünf dominierenden Themen dem Themenspektrum der Kriminalität zugeordnet werden, wobei insbesondere die Erschleichung von Sozialleistungen sehr präsent ist und das Coporo/oto-System sehr viel weniger präsent ist als bei den anderen beiden Zeitungen. Bei der Zeitung La Repubblica ist hingegen das Coporo/oto-System am präsentesten, gefolgt von den Arbeits- und Wohnbedingungen der Saisonarbeiterinnen, Gewalt und der Thematisierung kapitalistische Zusammenhänge. Bei der linken Zeitung II Manifesto waren die kapitalistischen Zusammenhänge nach dem Coporo/oto-System die am häufigsten kodierten Segmente, gefolgt von der Thematisierung der Corona-Pandemie,435 Widerstand und Demonstrationen sowie den Arbeitsbedingungen. Die unterschiedlichen politischen Diskurspositionen, aus denen die Zeitungen berichten scheinen sich bereits in der Wahl der Themen abzuzeichnen. So liegt bei der rechten Zeitung der Fokus auf verschiedenen Formen der Kriminalität, bei der linken und der linksliberalen Zeitung werden hingegen stärker die Arbeits- und Wohnsituation sowie der Widerstand der Saisonarbeiterinnen fokussiert.
In der Betrachtung der Akteurinnen, deren Perspektiven durch direkte sowie indirekte Zitate in den Artikeln abgebildet werden, zeigen sich ebenso eindeutige Unterschiede zwischen den drei Zeitungen. Generell lässt sich sagen, dass etwa 15% der Aussagen von Erntearbeiterinnen stammen und 85% der Zitate, also die große Mehrheit der Aussagen von anderen Akteurinnen. Hinsichtlich der Frage, wem in den untersuchten Artikeln eine Stimme gegeben wird und wessen Perspektiven demnach gehört werden, lässt sich demnach konstatieren, dass die insgesamt präsentesten Akteurinnen mit etwa 21% italienische und migrantische Gewerkschafterinnen sind, gefolgt von migrantischen Saisonarbeiterinnen (15%), Polizistinnen (14%), Politikerinnen (11%), NGOs (10%), Schriftstellerinnen (10%), Kirchenvertreterinnen (4%), Wissenschaftlerinnen (3%) und Landwirte (1%) sowie weiteren Akteurinnen.436 Interessanterweise kommen Landwirte oder Vertreterinnen von Supermarktketten kaum beziehungsweise gar nicht als Akteure zu Wort, ebenso wenig wie italienische Saisonarbeitskräfte. Wie auch hinsichtlich der Themensetzung gestaltet es sich in den drei Zeitungen unterschiedlich, wem eine Stimme gegeben wird. Bei der rechten Zeitung Libero Quotidiano ist die Perspektive von Polizistinnen und in geringerem Maße von Politikerinnen und Gewerkschafterinnen präsent, von Saisonarbeiterinnen hingegen nicht.437 Durch die Kürze der Artikel kommen insgesamt sehr viel weniger Akteurinnen zu Wort als in den beiden anderen Zeitungen. In der liberalen Zeitung La Repubblica kommen Saisonarbeitskräfte, Gewerkschafterinnen, Vertreterinnen von NGOs und Polizistinnen relativ ausgeglichen zu Wort.438 In der linken Zeitung II Manifesto dominiert eindeutig die Perspektive von Gewerkschafterinnen, gefolgt von Saisonarbeiterinnen und Politikerinnen.439 Migrantinnen kommen in allen drei Zeitungen jedoch hauptsächlich in ihrer Funktion als Saisonarbeiterinnen zu Wort, kaum jedoch in anderen gesellschaftlichen Funktionen. Die zwei Ausnahmen bilden zwischen 2014 und 2016 der kamerunischitalienische Aktivist Yvan Sagnet und ab 2017 der seit 1999 in Italien lebende Gewerkschafter aus der Elfenbeinküste, Aboubakar Soumahoro, der in allen drei Zeitungen, wenn auch unterschiedlich ausführlich zitiert wird.440
Zusammenfassend kann an dieser Stelle bereits festgehalten werden, dass Kriminalität und hierbei insbesondere das Coporo/oto-System sowie die Thematisierung der Wohn- und Arbeitsbedingungen die dominierenden Themen sind. Die in dieser Arbeit fokussierten zusammenhängenden Themenfelder Rassismus, Migration und postkoloniale Machtverhältnisse spielen hingegen eine untergeordnete Rolle. Die häufigere Thematisierung von Kapitalismus gegenüber Rassismus, deutet zudem daraufhin, dass anders als in dieser Arbeit die Phänomene nicht verknüpft miteinander in den Blick genommen werden. Diese Annahme wurde in einer anschließend durchgeführten Diskursanalyse überprüft. Nachfolgend werden die Ergebnisse der Analyse einzelner Textfragmente vorgestellt.441 Hierbei wurde zunächst die Darstellung der Saisonarbeiterinnen untersucht. Anschließend werden die auftretenden Migrations- Rassismus- und Kapitalismusdiskurse vorgestellt.442
6.2. Darstellung der Saisonarbeiter
Hinsichtlich der Darstellung der Saisonarbeiterinnen fällt die durchgängige und häufige Benutzung des Begriffs der Ausbeutung sowie die Beschreibung der Saisonarbeiterinnen als „Sklaven" auf. Sowohl der Begriff der „Ausbeutung" als auch der der „Sklaverei" treten dabei am stärksten in den Artikeln des linksliberalen Leitmediums La Repubblica auf, wenngleich die beiden Begriffe auch in der linken Zeitung II Manifesto sehr präsent vertreten sind.443 In der rechten Zeitung Libero Quotidiano werden die Begriffe hingegen kaum verwendet.444 Es wird dabei mit Formulierungen wie „Semisklaverei" „wie Sklaven" „neue Sklaven", „Zustände, die an Sklaverei grenzen" „neue Formen der Sklaverei" „Sklaverei 2.0." oder mit der schlichten Bezeichnung der Erntearbeiter als „Sklaven" gearbeitet. Interessant ist dabei, dass die Bezeichnung der Sklaverei herangezogen wird, um die Ausbeutungsverhältnisse zu skandalisieren und die moralische Ablehnung der Zustände auszudrücken, jedoch praktisch keine historischen Bezüge zur langen Geschichte der Versklavung im Mittelmeerraum sowie der transatlantischen Versklavung hergestellt wird.445
Die Etymologie des Begriffs des Sklaven verrät schon die lange Geschichte der Versklavung slawischer Personen von der griechischen und römischen Antike über das arabisch-islamische Zeitalter bis hin zur Ausbeutung osteuropäischer Migrant*innen in der heutigen Landwirtschaft, die jedoch trotz der häufigen Nutzung des Begriffs nicht aufgegriffen wird.446 Auch findet sich kein Hinweis auf die durch den europäischen Versklavungshandel stattfindende Verschiebung seiner Bedeutung zu einer Gleichsetzung mit Schwarzen statt.447
Die Saisonarbeiterinnen werden in den Textpassagen, in denen die Bezeichnung „Sklaven" auftritt meist als bemitleidenswerte Kreaturen' dargestellt, die in katastrophalen Zuständen wohnen und arbeiten. Sowohl in La Repubblica als auch in II Manifesto treten in vereinzelten Fällen zudem Formulierungen wie „zusammengepfercht wie Bestien" auf, mit denen die Umstände ebenso skandalisiert werden sollen, die Personen jedoch verbal animalisiert werden.448 Dabei zeigt sich der Unterschied der Verwendung des Begriffs der „Sklaverei" durch Gewerkschafterinnen und Saisonarbeiterinnen selbst. Letztere verwenden den Begriff während Demonstrationen, etwa im Ausruf „Niemals (mehr) Sklaven" und treten dabei als widerstandsfähige Subjekte und nicht als bloße Opfer in Erscheinung.449 Wenn Gewerkschafterinnen den Begriff der Sklaverei verwenden, dann meist in der Forderung der Sklaverei oder Ausbeutung den Kampf anzusagen. Trotz der Benutzung des Begriffs „Sklave" stellen die Gewerkschafterinnen den Kampf gegen Ausbeutung dabei in eine historische Tradition der gewerkschaftlichen Kämpfe italienischer Landarbeiterinnen, nicht jedoch in die Tradition der Kämpfe gegen die Sklaverei. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Ausbeutung weniger aus einer postkolonialen Perspektive, als vielmehr aus einer rein eurozentrischmarxistischen Perspektive betrachtet werden.
Des Weiteren treten die Saisonarbeiterinnen oft als Todesopfer von Autounfällen, Arbeitsunfällen oder Unfällen aufgrund der prekären Wohnbedingungen in Erscheinung, ebenso wie als Opfer gewalttätiger, rassistischer Angriffe. Der einseitigen Darstellung der migrantischen Saisonarbeiter als passive Opfer von Gewalt wird insbesondere in der linken Zeitung II Manifesto durch die Darstellung der Erntearbeiterinnen als widerständige Personen kontrastiert. Sie treten dabei als Subjekte auf, die sich gegen die Ausbeutungsverhältnisse zu Wehr setzen und politische Forderungen formulieren. Neben den Demonstrationen, die durchaus auch in den anderen zwei Zeitungen thematisiert werden, werden in der Zeitung II Manifesto beispielsweise auch Suizide in den Gewächshäusern als letztes verbliebenes Mittel des Widerstands gewertet.450
Während die Saisonarbeiterinnen in der Zeitung Libero Quotidiano nicht als Individuen in Erscheinung treten, werden die Saisonarbeiterinnen in den beiden Zeitungen II Manifesto und La Repubblica öfter beim Namen genannt, die Nationalität erwähnt und in einzelnen Artikeln auch Biografien von meist zu Tode gekommenen Saisonarbeiterinnen nachgezeichnet. Sie erscheinen auf diese Weise nicht nur als gesichtslose Opfer, sondern als Menschen mit einer Geschichte. Die einzelne Migrationsgeschichte und die Gründe für die Migration werden dabei jedoch, außer in zwei Ausnahmen nicht näher beleuchtet.451 In II Libero Quotidiano erscheinen die Saisonarbeiterinnen hauptsächlich als namenlose Masse an Migrantinnen, bei denen zum Teil nicht einmal nach Nationalität differenziert wird, während in der linken Zeitung II Manifesto und in der linksliberalen Zeitung La Repubblica häufiger spezifiziert wird durch die Nennung der Nationalität sowie die Nennung der Namen. Indem Saisonarbeitskräfte aus osteuropäischen, südasiatischen, nord- und westafrikanischen Ländern oft schlichtweg als Migranten bezeichnet werden, bleiben mögliche Unterschiede, die sich durch die unterschiedliche Beeinträchtigung innerhalb eines postkolonialen, rassistischen Systems ergeben, ungesehen. Zudem bleibt das tatsächliche Mengenverhältnis derverschiedenen migrantischen Gruppen und italienischen Erntearbeiter*innen unklar.
Obwohl die Saisonarbeiterinnen elementar sind für die italienische Wirtschaft, werden sie in den untersuchten Artikeln meist nicht in ein gesellschaftliches italienisches Wir' eingeschlossen. Sie erscheinen als das Ausgebeutete migrantische Andere' und nicht als Teil der Gesellschaft. In den Aussagen der Gewerkschaften und hierbei insbesondere in den Aussagen des Gewerkschafters Soumahoro, wird hingegen ein „Wir" der „Ausgebeuteten" entlang der Kette der Nahrungsmittelproduktion unabhängig der Herkunft konstruiert, das die Differenz zwischen Migranten und Italienerin aufbricht.
6.3. Auftretende Diskurse und die Abwesenheit einer postkolonialen Perspektive
Nachfolgend wird auf die auftretenden Diskurse zu Migration, Rassismus und Kapitalismus eingegangen, die in den untersuchten Artikeln herausgearbeitet wurden.
6.3.1. Der Migrationsdiskurs in den untersuchten Artikeln
Zunächst lässt sich festhalten, dass Migration in den Artikeln als Ausnahme der Regel der Sesshaftigkeit betrachtet wird und nicht als Konstante in der Geschichte der Menschheit. Zudem tritt Migration als Phänomen auf, das durch den Staat reguliert und korrigiert werden muss. Ausdruck dessen ist die Fokussierung auf Migrationspolitik und der Fokus auf das Aufenthaltsrecht oder den Aufenthaltsstatus der Saisonarbeitskräfte. Besonders deutlich zeigte sich die in der 2018 bis 2021 geführten politischen und gesellschaftlichen Debatte zum 2020 beschlossenen Gesetz zur aufenthaltsrechtlichen und arbeitsrechtlichen Regularisierung irregulärer Saisonarbeitskräfte. Im Zuge dessen gerieten die prekären Arbeitsbedingungen migrantischer Saisonarbeitskräfte stärker in den Fokus. Als Maßnahme zur Bekämpfung der Zustände wird die Regularisierung der Migrant*innen politisch diskutiert. Interessant hierbei ist, dass aufgrund unterschiedlicher Angaben offenbar Unklarheit darüber besteht, wie viele Migrant*innen einen regulären beziehungsweise irregulären Aufenthaltsstatus besitzen oder aber nur in einem irregulären Beschäftigungsverhältnis stehen und sich die Arbeit- und Wohnverhältnisse daher tatsächlich durch eine Regularisierung verbessern lassen.452
Anhand der Debatte zeigen sich sehr gut die unterschiedlichen politischen Positionen, die den medialen Migrationsdiskurs bestimmen. Gemein ist ihnen, dass Migration als zu behebendes Problem und nicht als Normalität betrachtet wird. Die Debatte lässt sich auf die folgende Argumentationsweisen herunterbrechen.
Politikerinnen wie die ehemalige Agrarministerin Bellanova argumentieren damit, dass es ein Ist-Zustand sei, dass Migrantinnen und dabei insbesondere jene ohne gültigen Aufenthaltsstatus am stärksten ausgebeutet würden und ihre Menschenwürde dabei missachtet werde. Eine staatliche Regularisierung durch einen Aufenthaltsstatus und einen Arbeitsvertrag sei daher die notwendige Maßnahme um „ihnen ihre Würde zurückzugeben" beziehungsweise „anzuerkennen".453 Sowohl die Ministerin als auch Papst Franziskus oder auch Vertreterinnen von NGOs und Gewerkschaften rekurrieren hierbei auf einen humanistischen Diskurs der Achtung der Menschenwürde. Als ergänzendes oder verstärkendes Argument taucht jedoch auch das der Notwendigkeit einer staatlichen Kontrolle des Territoriums sowie der pandemischen Situation innerhalb des Territoriums auf. Es wird dabei betont, dass die Regularisierung nicht für die Migrant*innen gemacht werde, sondern im Eigeninteresse des Staats und soll damit wohl den Teil der Bevölkerung adressieren, der sich nicht von dem Argument der Menschenwürde überzeugen lässt.454 Zudem wird nur in der rechten Zeitung Libero Quotidiano betont, dass nicht nur Migrant*innen, sondern auch Italienerinnen als Erntearbeiter*innen arbeiten beziehungsweise gerne arbeiten würden.455
Aus der Debatte geht hervor, dass jene Migrantinnen, die sich bereits in Italien befinden und bereits in der Landwirtschaft arbeiten sich ihre Würde in Form eines Aufenthaltsrechts über die Arbeit in diesem Sektor verdienen können. Ihre Schuld sich irregulär im Land aufzuhalten, wird ihnen dadurch ,großzügigerweise' verziehen. Von rechts wird diese Maßnahme als „sanatoria", also als „Amnestie" für die Illegalität bezeichnet, wobei kritisiert wird, dass es Italienerinnen diskriminieren würde.456 Dabei geht jedoch nicht klar hervor, inwiefern hierbei eine Diskriminierung besteht.
In den Artikeln in La Repubblica und in II Manifesto wird hingegen spezifiziert, dass die Regularisierungsmaßnahme bei weitem keine „Amnestie" für alle Personen vorsieht, die sich irregulär in Italien aufhalten, wie es in den Artikeln des Libero Quotidiano erscheint, sondern an die Bedingung einer Arbeit in der Landwirtschaft gebunden ist, die zudem durch einen Arbeitsvertrag nachgewiesen werden muss. Im Gesetz wird demnach vorausgesetzt, dass Arbeitsgeber*innen ein ausreichend großes Interesse hätten Saisonarbeitskräfte vertraglich geregelt einzustellen. Begleitet war das Gesetz daher nicht nur von rechter Kritik, sondern ebenso von linker Kritik. So wird von Gewerkschafterinnen und Politikerinnen aus einer linken Position heraus argumentiert, dass das Gesetz zu viele Menschen ausschließe und stattdessen über Sektorengrenzen hinweg alle irregulären Migrantinnen unabhängig ihrer Arbeit einen Zugang zur staatlichen Regularisierungsmaßnahme haben sollten.457 Auch eine Beobachterin der Vereinten Nationen, die sich aufgrund der prekären Situation der Erntearbeiterinnen äußert mahnt die Regierung an, Wohltätigkeit und das Recht auf Nahrung nicht zu verwechseln und die Einhaltung der Menschenrechte unabhängig des Aufenthaltsstatus zu gewährleisten.458 Der Diskurs der Würde in Verknüpfung mit dem Aufenthaltsstatus findet sich im Libero Quotidiano nicht. Anstelle eines Diskurses der Menschenwürde und Menschenrechte aus der heraus eine Regularisierung von Migrant*innen befürwortet wird, findet sich ein Diskurs der Migration und Illegalität verknüpft. Die Kritik aus einer rechten Diskursposition an dem Gesetzesvorhaben zeigt sich anhand der Argumentation, die Regularisierung von Migrant*innen, die sich illegal in Italien aufhalten würde die illegale Einwanderung verstärken. Das Öffnen der Häfen für mehr Immigration sei sogar das eigentliche Ziel Bellanovas und ihr Gesetzesvorhaben spalte sowohl die Regierung als auch das Land und sei deswegen negativ zu bewerten.459 Hiervon abweichende Diskurse sind im Libero Quotidiano kaum präsent und beschränken sich auf zwei von einer Nachrichtenagentur übernommene Zitate des Gewerkschafters Soumahoro und des Papstes, die sich für die Regularisierung aussprechen.460
Entsprechend der politischen Ausrichtung der Zeitungen finden sich befürwortende Diskurse in den beiden anderen Zeitungen, wobei sich vor allem in II Manifesto auch eine linke Kritik am Gesetzesvorhaben findet. Das Recht Rechte zu haben müsse bedingungslos sein und könne nicht davon abhängen wie viel eine Person produziere. Eine Aufenthaltsgenehmigung, die an einen Arbeitsvertrag gebunden ist, wird dabei nur als „Tampon-Gesetz" verstanden, anstatt der eigentlich notwendigen strukturellen Lösungen.461 Das Gesetzesvorhaben wird aus diesem Grund zwar befürwortet, aber dennoch kritisiert, da es nicht grundsätzlich genug sei und sich an der Logik des Markts orientiere. Es sei der dringenden Nachfrage nach Saisonarbeitskräften in einer durch die Pandemie bedingten wirtschaftlichen Ausnahmesituation geschuldet.462 Hierbei klingt die Kritik an einer nach Marktkriterien orientierten Migrationspolitik an, auch wenn die entstehende Abhängigkeit migrantischer Arbeitskräfte von ihren Arbeitgeberinnen, über die sie ein Visum erhalten nicht ausführlich erläutert wird. Eben die Bedingung eines Arbeitsplatzes für eine temporären Aufenthaltserlaubnis ermöglicht erneut Missbrauch und Ausbeutung und ändert somit nichts grundsätzlich an der Situation der Erntearbeiter*innen.
Sowohl in der linken als auch in der rechten Zeitung findet sich auch eine Argumentation der Scham. Italien könne, so das Argument, das vor allem von Politikerinnen hervorgebracht wird, die „Schande der Menschenrechtsverletzungen" nicht mehr länger hinnehmen, da es ein ^zivilisiertes' Land sei.463 Die Menschenrechtsverletzungen durch das Caporalato-System, die der Staat nicht verhindere werden als Peinlichkeit beziehungsweise Schande bezeichnet, die Italien „vor der ganzen Welt beschämen sollte".464 Der Fokus liegt dabei nicht auf der Migrationspolitik oder dem kapitalistischen System als Ganzes, sondern ausschließlich auf der illegalen Ausbeutungspraxis des Caporalato, die von staatlicher Seite zu unterbinden sei. Durch das Verhindern des Caporalato könne für Ordnung und die Achtung der Rechte, der in der Landwirtschaft arbeitenden Migrant*innen, gesorgt werden. Dass die Menschenwürde durch bestimmte strukturelle Rahmenbedingungen, wie die restriktive Migrationsgesetzgebung erst derartig angreifbar wird, bleibt in diesem Diskurs hingegen unsichtbar. Im Vergleich des „Würdediskurses" und des „Schamdiskurses" zeigt sich ein feiner, kaum wahrnehmbarer Unterschied in der Befürwortung des Regularisierungsgesetzes. Einerseits wird vor allem von Politikerinnen argumentiert Italien solle aus seiner Identität als Teil eines zivilisierten Europas heraus Großzügigkeit walten lassen, um die durch Kriminelle ausgebeutete Migrantinnen aus ihrer ausweglosen Situation zu retten. Die Argumentation erinnert dabei an weiße Gegnerinnen der Sklaverei, die aufgrund ihres Selbstbildes als weiße altruistische und zivilisierte Retter die Sklaverei nicht mehr länger hinnehmen wollten.
Demgegenüber steht der vor allem den von Gewerkschaftern, wie Soumahoro, geführte Diskurs, dass der italienische Staat den Migrantinnen eine würdevolle Existenz, die ihnen durch ihr bloßes Menschsein zusteht, gewähren müsse. Migrantinnen werden hierbei als Trägerinnen von Rechten betrachtet, die respektiert werden müssen und nicht als Migrantinnen, denen erst Rechte zugestanden werden müssen. Der feine Unterschied besteht darin ob die Würde „zurückgegeben" oder ob sie „anerkannt" wird.
Insgesamt findet sich im Migrationsdiskurs der untersuchten Artikel kein Hinweis darauf, dass die EU und mit ihr Italien über Parteigrenzen hinweg seit Jahren in eine militärische Aufrüstung der europäischen Außengrenzen investieren, um die Mobilität von Menschen des ,Globalen Südens' weitgehend zu verhindern. Ebenso wenig findet sich ein Hinweis auf die historisch stets präsente Praxis Migrant*innen anhand rassistischer Kategorien in erwünschte und unerwünschte Migrant*innen einzuteilen sowie die im Land anwesenden Migrant*innen anhand rassistischer Grenzziehungen, die sich auch an ihrem Aufenthaltsstatus äußert, unterschiedlich stark auszubeuten. Eine Migrationspolitik, die den Aufenthaltsstatus an einen Arbeitsvertrag bindet, erscheint im eng gesteckten Rahmen der Debatte bereits als großzügige Gesetzgebung, die „Würde" ermöglicht oder von rechts gar als Gefahr der „Grenzöffnung" interpretiert wird, obwohl wie in Kapitel 3.2 aufgezeigt wurde, sie Teil einer restriktiven an Marktinteressen orientierte Migrationspolitik ist.
Die Ausbeutung der Migrant*innen wird dabei dem Feld der Kriminalität zugeschrieben und nicht als Konsequenz einer restriktiven Migrationspolitik, verstanden, die ihre Wurzeln in der zutiefst rassistischen Konstruktion Europas hat.
6.3.2. Der Rassismusdiskurs in den untersuchten Artikeln
Wie in Kapitel 6.1 in derThemensetzung bereits aufgezeigt wurde, ist Rassismus durchaus eine Thematik, die in den Artikeln angesprochen wird.465 In der genaueren Betrachtung der Abschnitte fällt jedoch auf, dass Rassismus in allen drei Zeitungen nicht als grundlegender Bestandteil der europäischen Geschichte verstanden wird, der bis heute in alle gesellschaftlichen Bereiche wirkt. Rassistische Gewalt, in Form von Angriffen auf Saisonarbeiterinnen wird hingegen mit einem um sich greifenden „Klima des Hasses" begründet.466 Rassismus wird dabei auch in der linken Zeitung II Manifesto als neueres Phänomen betrachtet und als „Welle" oder „Krankheit" beschrieben467, die die italienische Gesellschaft befällt, nicht jedoch als eine auf die Kolonialzeit zurückgehende Ideologie, die sich seitdem fest im kollektiven Vorstellungsrepertoire der kolonisierenden Gesellschaften befindet. Dabei reproduzieren die Zeitungen II Manifesto und La Repubblica in ihren Formulierungen mitunter selbst rassistische Bilder, in dem rassistische Gewalt als „Jagd auf Schwarze" betitelt wird oder von Saisonarbeiterinnen gesprochen wird, die wie „Bestien gehalten" werden und die Saisonarbeitskräfte lexikalisch animalisiert.468 In La Repubblica wird auch von „gelangweilten Dorfbullies" geschrieben, die aufgepeitscht durch rassistische und migrationsfeindliche Diskurse der Politik Saisonarbeiter angreifen würden.469 Struktureller Rassismus wird in der Zeitung La Repubblica hingegen hauptsächlich in einem Artikel thematisiert, in dem der bekannte italienische Schriftsteller und Journalist Roberto Saviano an den Mord des Südafrikaners Jerry Masslo aus dem Jahr 1990 erinnert und hierbei verschiedene Ebenen von Rassismus anreißt.470 Er verbindet hierbei rassistische Morde, das italienische Asylrecht, den schwierigen Erwerb der italienischen Staatsbürgerschaft, das Ausnutzen der Situation von Migrant*innen auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt, den schwierigen gesellschaftlichen Aufstieg Schwarzer Menschen in Italien und kritisiert zudem eine defizitorientierte Haltung zu Migration, die diese nicht als Ressource begreift.471 Der Gewerkschafter Soumahoro spricht die Empörung vieler Italienerinnen über Polizeigewalt gegen Afroamerikanerinnen an und betont dabei, dass es auch in Italien aufgrund der Dekrete Salvinis nicht viel anders sei. Er kritisiert dabei insbesondere die „Rassifizierung der italienischen Staatsbürgerschaft", durch die in Italien aufgewachsenen Kinder, nur erschwert die Staatsbürgerschaft ermöglicht würde.472 Die strukturelle Ausbeutung als solche wird in den untersuchten Artikeln jedoch nur von Saisonarbeitskräften selbst direkt mit Rassismus verknüpft, indem beispielsweise formuliert wird, sie seien müde nur drei Euro die Stunde gezahlt zu bekommen und es reiche mit dem Rassismus.473 In der linken Zeitung II Manifesto wird selbstreflektierend zudem ein Zusammenhang von Rassismus und der Aufmerksamkeitsökonomie thematisiert, wonach ein Fokus auf strukturellen Rassismus und Solidarität mit Migrant*innen keine hohen Verkaufszahlen verspricht und die italienischen Medien so auch von einem gesellschaftlichen Rassismus infiziert seien.474 Dieser habe beispielsweise zur Folge, dass strukturelle Ursachen und die Schwere der zahlreichen Autounfälle von Saisonarbeiterinnen auf dem Weg zur Arbeit trotz der hohen Anzahl an Toten kaum thematisiert würde.
In der rechten Tageszeitung Libero Quotidiano wird Rassismus in nur zwei Artikeln indirekt angerissen, indem geschrieben wird, dass das „Klima des Hasses" vom Staats durch ein stärkeres Vorgehen gegen Kriminalität und Caporalato bekämpft werden müsse und dass es zu rassistischen („rassischen") Übergriffen gegen rumänische Saisonarbeiter gekommen sei.475 In einem Artikel des Libero Quotidiano, in dem es um einen Rap eines Schwarzen Saisonarbeiters geht, werden die Liedpassagen, in denen die Folgen der transatlantischen Versklavung und der Kolonisation des afrikanischen Kontinents in einen direkten Kontext mit heutigen Rassismuserfahrungen des Sängers und Erntearbeiters gesetzt werden, vollständig ausgeklammert. Anders als in den anderen Artikeln, in denen eine postkoloniale Sichtweise auf Rassismus nicht vorkommt, kann anhand dieses Artikels klar nachvollzogen werden, wie postkoloniale Zusammenhänge und Rassismus aktiv ignoriert werden. Es scheint im Artikel um ein vollkommen anderes Lied zu gehen, in dem Rassismus keine Rolle spielt.476
Eine ironische Thematisierung der rassistischen Ideologie von „Blut" und „Rasse" findet sich in einem Artikel der linken Zeitung II Manifesto, in dem es um eine historische Fotoausstellung zu Erntearbeitern geht, bei der Fotos Schwarzer Erntearbeiter in einer ,Nacht und NebelAktion' gestohlen wurden.477 Einer rassistischen Identität, wird eine der Arbeit entgegengestellt, in dem die heutigen migrantischen Erntearbeiter, die die Erde bearbeiten, die Identität des Ortes fortführen und unabhängig rassistischer Kategorien als Nachfahren der „alten Landbevölkerung" betrachtet werden sollten.478 Abgesehen dieses Artikels erscheint Rassismus jedoch weniger als eine Ideologie, die auf der angeblichen Existenz und Überlegenheit von „Rassen" beruht, als vielmehr ein „Klima des Hasses" und Fremdenfeindlichkeit zu sein. Die koloniale Vergangenheit Italiens und bestehende postkoloniale Machtverhältnisse zwischen Italien und nordafrikanischen Ländern bleiben vollständig unthematisiert. Ebenso wenig zeigt sich im auftretenden Rassismusdiskurs eine Verknüpfung mit der faschistischen Vergangenheit Italiens.
Die existentielle Bedeutung von Rassismus für das Kreieren ausbeutbarer rassifizierter Körper und somit fürdas Funktionieren eines kapitalistischen Wirtschaftsmodells wird demnach nicht berücksichtigt. Auch der Fakt, dass es insbesondere rassifizierte Menschen sind, die sich durch die harten Arbeits- und Wohnbedingungen ihren Körper kaputt arbeiten, wird nicht als Ausdruck strukturellen Rassismus gegenüber Menschen gewertet, die als nicht-we/ß betrachtet werden.479 In nur einem Artikel der Zeitung II Manifesto findet eine postkoloniale Verknüpfung statt, in der Parallelen zwischen Lagern in den englischen Kolonien und den Lagern, in denen die Erntearbeiter, abgeschnitten von jeglicher gesundheitlichen Versorgung wohnen, aufgezeigt wurden.480 Insgesamt spielt jedoch ein historischer Blick auf Kolonialismus oder den Versklavungshandel keine Rolle in den Artikeln. Ein Hinweis auf den italienischen Kolonialismus und die Geschichte des Rassismus in Italien findet sich in keinem der Artikel. Es kann so auch nicht wahrgenommen werden, dass die Migrant*innen ob aus Osteuropa oder aus afrikanischen und asiatischen Ländern aus ehemals kolonisierten Regionen stammen und wenn auch auf unterschiedliche Weise, so doch alle von Rassismus betroffen sind.
6.3.4. Der Kapitalismusdiskurs in den untersuchten Artikeln
In der Auswertung der Segmente, die ich mit „kapitalistische Zusammenhänge" kodiert hatte, konnte wie oben bereits aufgezeigt keine explizite diskursive Verknüpfung von Rassismus und Kapitalismus gefunden werden. Es wird zwar beschrieben, dass es vor allem Migrant*innen mit und ohne regulären Aufenthaltsstatus sind, die als Erntearbeiter*innen arbeiten, jedoch wird hieraus kein kausaler Zusammenhang abgeleitet. In den Artikeln findet sich kein Hinweis auf die in der Schwarzen kritischen Theorie formulierte These, dass speziell Schwarze Menschen diskursiv von Menschen in bloße ausbeutbare Körper ,verwandelt' werden. Die Naturalisierung rassistischer Hierarchien, durch die die Ausbeutung bestimmter Menschen eher denkbar und daher möglich gemacht wird, wird auch in der linken Zeitung II Manifesto nicht thematisiert. So werden zwar in den Zeitungen II Manifesto und La Repubblica die prekären Arbeits- und Wohnbedingungen skandalisiert und deutlich kritisiert, aber die rassistische Dimension der Ausbeutung wird nicht explizit aufgegriffen.
Die Ausbeutung unter sklavenähnlichen Bedingungen und die „Kondition der Versklavung" wird dabei nicht auf rassistische Hierarchien und die Kondition rassifizierter Migrant*innen zurückgeführt, sondern auf die „Unsichtbarkeit" der Saisonarbeiterinnen in der Gesellschaft.481 Der Diskurs, dass die migrantischen Erntearbeiter*innen „unsichtbar" oder „Gespenster" seien und etwa durch das Regularisierungsgesetz wieder Sichtbarkeit und Würde zurückerlangen würden ist ein eine in den Zeitungen La Repubblica und II Manifesto häufig auftretende rhetorische Figur, die sowohl von Papst Franziskus, als auch von Gewerkschafterinnen, NGO-Mitarbeitenden und der ehemaligen Agrarministerin Bellanova verwendet wird.482 In der Zeitung Libero Quotidiano, in der die Arbeits- und Wohnbedingungen kaum thematisiert werden, finden sich entsprechend auch kaum Erklärungsansätze für die prekäre Situation. Das Problem einer nicht ausreichenden gesellschaftlichen Sichtbarkeit der Situation wird in der Zeitung Libero Quotidiano nicht wahrgenommen, was sich auch dadurch ausdrückt, dass von den „so genannten Unsichtbaren" geschrieben wird oder das Wort „unsichtbar" in Anführungszeichen gesetzt wird.483
Ein indischer Saisonarbeiter, der in den Zeitungsartikeln zu Wort kommt, relativiert den Zusammenhang vom Aufenthaltsstatus und der Ausbeutung, in dem er sagt, dass dies zwar wichtig sei, um keine Probleme bei Polizeikontrollen zu bekommen, das Hauptproblem jedoch sei, dass die „Padroni" zu wenig zahlten und sie schlecht behandelten.484 Auf Demonstrationen von Erntehelfer*innen findet sich hingegen oft die Forderung nach einem Dach über den Kopf, nach gültigen Dokumenten und Rechten.485
Gewerkschafterinnen wie Soumahoro äußern eine generelle Kritik an den kapitalistischen Strukturen in der Nahrungsmittelproduktion. Keine einzelnen Agrarproduzent*innen oder Caporali werden kritisiert, sondern ein System, in dem die Großhändler der Supermarktketten und die Spekulation auf den Finanzmärkten letztendlich die Preise drücken. Produzentinnen und Caporali werden hingegen als nur ein weiteres Glied der Kette betrachtet, die den Kostendruck auf das schwächste Glied der Kette, die Erntearbeiterinnen weitergeben. Insgesamt wird die Produktionskette bis hin zu den Discountersupermärkten zwar vereinzelt thematisiert, sehr viel stärker steht hingegen das Coporo/oto-System und die direkte Ausbeutung zwischen Arbeiterinnen und Padroni, mit den Caporali als Mittelsmänner im Fokus.486 Der Gewerkschafter Soumahoro der versucht die komplette Produktionskette in den Fokus zu rücken, spricht daher auch von einer notwendigen Solidarität der „Ausgebeuteten" über Sektorengrenzen, der italienischen Nord-Süd Grenze und der Grenze zwischen Migrantin und Italienerin hinweg. Es versucht ein verbindendes „Wir" zu konstruieren und die dominante Grenzziehungen etwa anhand der Nationalität aufzubrechen.487 Er und andere Gewerkschafter führen dabei einen klassischen gewerkschaftlichen Diskurs, dass die Arbeiterinnen sich, wie in der Vergangenheit bereits geschehen, zusammentun müssen, um gemeinsam für faire Löhne zu kämpfen. Zudem schlagen sie die Einführung eines Labels für fair gehandelte italienische Landwirtschaftsprodukte vor, das faire Löhne garantiert.488 Es findet sich in einem Artikel aus dem Jahr 2012 auch eine Kritik an der Entfremdung der Konsument*innen und der Obst und Gemüse Produzent*innen und der langen Produktionskette, in die sich die Mafia an verschiedenen Stellen einklinken könne.489 In nur zwei Artikeln aus dem Jahr 2020 und 2021 wird auch eine notwendige ökologische Transformation angesprochen.490 Es scheint daher noch keine starke Diskursverknüpfung zwischen ökologischer und sozialer Landwirtschaft zu bestehen. Strukturelle Alternativen zur bestehenden strukturellen Ausbeutung sowie positive Beispiele von Kooperativen, die italienische Nahrungsmittel bereits fair herstellen, finden sich kaum.491 Der italienische Schriftsteller Michele Serra äußert in einem Kommentar in der Zeitungen La Repubblica eine Kritik am Abbau des Wohlfahrtsstaats in den vergangenen Jahrzehnten und am Abbau der Arbeitnehmer*innenrechte.492 Der dominierende Diskurs zur Lösung des Problems der Ausbeutung ist jedoch stärkere staatliche Kontrolle einerseits in Form der Regularisierung irregulärer Migrant*innen und andererseits durch verstärkte polizeiliche Kontrolle der Betriebe.
In der Zeitung Libero Quotidiano wird ausführlich über den Sozialhilfebetrug der „falschen Erntearbeiter*innen" berichtet, anstatt über die gleichzeitig bestehenden prekären Arbeitsbedingungen der „echten" Saisonarbeiterinnen und ihre strukturellen Ursachen zu schreiben. Auch wird hierbei nicht darauf hingewiesen, dass die Saisonarbeiterinnen, die tatsächlich auf den Feldern arbeiten in einer überwiegenden Mehrheit Migrantinnen sind. Die enorme Bedeutung der Arbeit migrantischer Saisonarbeiterinnen für die italienische Wirtschaft wird in der Zeitung Libero Quotidiano nicht sichtbar und auch in den anderen beiden Zeitungen könnte die wirtschaftliche Bedeutung der Migrantinnen expliziter angesprochen werden. Die enorme Abhängigkeit Europas und in diesem Fall Italiens von der Arbeit, die von Migrant*innen, die die Außengrenze Europas überwunden haben, verrichtet wird, wird nicht klar hervorgehoben. Dass die italienische Landwirtschaft unter den aktuellen strukturellen Bedingungen ohne die derartig ausgebeuteten Migrant*innen gar nicht mehr funktionieren würde, wird so nicht formuliert.
Die ausgebeuteten, als unsichtbar beschriebenen Saisonarbeiterinnen werden in II Manifesto und La Repubblica zwar in den Fokus gerückt, doch die Profiteure der Ausbeutung bleiben meist tatsächlich unsichtbar. Auch die biografischen Hintergründe der Migrantinnen bleiben weitgehend unsichtbar. Die Gründe für ihre Migration, die möglicherweise auch auf das globale kapitalistische Wirtschaftssystem und kapitalistische ,Modernisierungsmaßnahmen' in ihren Herkunftsländern zurückzuführen sind, werden nicht thematisiert. Eine globale postkoloniale und kapitalismuskritische Perspektive, die auch die Vorstellungen von Entwicklung' und ,Fortschritt' kritisiert findet sich in keinem der untersuchten Artikel. Die These, dass insbesondere nicht-we/ße Personen des ,Globalen Südens' einer permanenten Expropriation ausgesetzt sind, findet sich nicht, da Rassismus nicht als konstitutives Element des kapitalistischen Systems verstanden wird.
7. Fazit
Indem wir Menschen der Welt über Sprache Bedeutung zuweisen, nehmen wir die Welt wahr und bringen sie so gleichzeitig hervor. Etwas wofür wir keine Sprache haben, wird aus dieser konstruktivistischen Perspektive heraus demnach leicht übersehen oder kann erst gar nicht wahrgenommen werden. Erst durch Vorstellungen, Konzepte, Ideen und Interpretationen der Wirklichkeit, die wir über Sprache verbalisieren, entsteht eine Wirklichkeit als solche. Diskurse, verfestigte Bedeutungen, die Dingen oder Themen zugewiesen werden, transportieren so das in einer Gesellschaft vorhandene Wissen über die Welt von Generation zu Generation. Welche Ideen und Vorstellungen dominant sind, hängt mit den bestehenden Machtbeziehungen zwischen Menschen und Menschengruppen zusammen. Wenn wir uns mit den herrschende Machtstrukturen beschäftigen möchten, müssen wir uns kritisch mit Diskursen auseinandersetzen, da diese uns Auskunft darüber geben, welche Vorstellungen vorherrschend sind und welche hingegen kaum auftreten. Interessant ist eine Diskursanalyse hierbei insbesondere, wenn wir die Probleme unserer Zeit betrachten und dabei zu unterschiedlichen Interpretationen der Wirklichkeit kommen. Eine postkoloniale Perspektive, wie sie in dieser Arbeit eingenommen wurde und wie sie von vielen Menschen in Lateinamerika und anderen Regionen des ,Globalen Südens' geteilt wird, lässt sich anhand folgenden Zitats des ehemaligen bolivianischen Präsidenten Evo Morales, exemplarisch darstellen:
Die Welt, ihre Kontinente, ihre Ozeane und ihre Pole sind von Problemen belastet: die globale Erwärmung, die Verschmutzung, der langsame, aber sichere Verbrauch der Energieressourcen und die bedrohte Biodiversität. Hunger und Armut wachsen in allen Ländern und schwächen unsere Gesellschaften. Die Migrant_innen, ob mit oder ohne Papiere, zu Sündenböcken für diese globalen Probleme zu machen, ist keine Lösung. [...] Diese Probleme sind das Ergebnis eines vom Norden aufgezwungenen Entwicklungsmodells, das den Planeten zerstört und die Gesellschaften der Menschen fragmentiert [...] Die 'Integrationspolitik[1] darf heute nicht auf die gleiche Weise versagen, wie die 'zivilisatorische Mission' in der Zeit der Kolonien gescheitert ist. Nehmen Sie alle, Regierungsvertreter, EuropaParlamentarier, Companeras und Companeros, brüderliche Grüße aus Bolivien entgegen. Unsere Solidarität gilt besonders allen 'Illegalen'.493
In diesem Diskurs stellt nicht die irreguläre Migration das Problem dar, sondern die ökonomischen und gesellschaftlichen Vorstellungen Europas von Zivilisation' und ökonomischer Entwicklung. Im Rahmen des Arbeit wurde ausführlich dargelegt, dass das Wirtschaftsmodell der ,Globalen Nordens' auf der Entmenschlichung und Ausbeutung rassifizierter Migrant*innen beruht. Sie sind es meist, die in Italien auf den Erntefeldern arbeiten und Früchte und Gemüse für die in Europa lebenden Menschen ernten. Es wurde die Kontinuität der Entmenschlichung von den Anfängen der Kolonisierung bis zur Migrationspolitik der Gegenwart aufgezeigt und damit eine postkoloniale ,Version' der Geschichte nachgezeichnet. Dafür wurden die Jahrhunderte in denen Europäerinnen Afrikanerinnen versklavten und einen Großteil der Erdoberfläche zu ihren Kolonien machten und die kolonisierte Bevölkerung zur Generierung materiellen Reichtums ausbeutete mit der heutigen Ausbeutung von Migrantinnen in Beziehung gesetzt. Dabei wurde in Kapitel drei ausführlich aufgezeigt, wie das kapitalistische Wirtschaftssystem, in dem wir heute leben, auf der Ideologie und Praxis des Rassismus beruht. Die durch rassistische Ideen ermöglichte und legitimierte Praxis der Entmenschlichung nicht-we/ßer Menschen und die Kreation austauschbarer, ausbeutbarer Menschen, über deren Leben und Tod weiße Menschen bestimmen konnten, fand sich, wie aufgezeigt wurde nicht nur in den Jahrhunderten der Kolonisation. Es ist eine Ideologie und Praxis, die in veränderter Form noch immer wirkmächtig ist und unsere Welt strukturiert. Eine solche postkoloniale Perspektive findet, wie in Kapitel 2.1 dargelegt wurde, seit etwa zehn Jahren langsam Einzug in akademische Diskurse in Italien. In der Arbeit wurde daher der Frage nachgegangen, ob sich eine solche Perspektive, wie sie in Kapitel drei und vier beschrieben wurde auch in der italienischen Berichterstattung der vergangenen zehn Jahre zu den Migrant*innen, die als Saisonarbeiterinnen in der italienischen Landwirtschaft arbeiten wiederfindet. Dies kann mit einem klaren Nein beantwortet werden. Auch wenn es sich bei der Analyse um keine repräsentative Studie handelt, so konnte durch die Auswahl der Artikel dreier Zeitungen unterschiedlicher politischer Ausrichtung zumindest eine Tendenz der Berichterstattung zwischen 2012 und 2021 aufgezeigt werden. Dabei hat sich deutlich abgezeichnet, dass postkoloniale Diskurse es bisher noch kaum in Artikel zur Ausbeutung migrantischer Saisonarbeiterinnen geschafft haben. Die Erklärungs- und Lösungsansätze für die Ausbeutung der Migrantinnen, die in den drei Zeitungen auftreten, beziehen keinen Blick auf globale und historisch gewachsenen Strukturen der kolonialen und rassistischen Ausbeutung von Menschen und Ressourcen mit ein. Wenngleich im Leitmedium La Repubblica und der kleinen linken Tageszeitung II Manifesto durchaus das kapitalistische System der Nahrungsmittelproduktion, rassistische Übergriffe und vereinzelt auch struktureller Rassismus kritisiert werden, so bleibt der Blick doch weitgehend auf Italien beschränkt, ohne einen globalen, postkolonialen Blick einzunehmen. Dies kann als Ausdruck bestehender Machtverhältnisse gedeutet werden, aufgrund derer postkoloniale Diskurse im italienischen medialen Diskurs noch immer marginal zu sein scheinen. Diese These müsste jedoch durch weitere Forschung weitergehend untersucht werden.
Zur Beantwortung der Forschungsfrage kann konstatiert werden, dass die dominanten Themen je nach politischer Ausrichtung variierten, postkoloniale Themen jedoch insgesamt in allen drei Zeitungen kaum eine Rolle spielten. Während die rechte Tageszeitung Libero Quotidiano seinen Fokus sehr klar auf verschiedene Formen der Kriminalität legte, wurden in den anderen beiden Zeitungen vor allem die Arbeits- und Wohnbedingungen der Erntearbeiter*innen skandalisiert, sowie insbesondere das Coporo/oto-System problematisiert. Während im Libero Quotidiano erwartungsgemäß ein migrationsfeindlicher Diskurs zu finden war wurde auch in der linksliberalen La Repubblica und in der linken Tageszeitung II Manifesto, mit Ausnahme vereinzelter Stimmen die repressive europäische Migrationspolitik nicht grundsätzlich kritisiert. Hinsichtlich der zu Wort kommenden Akteur*innen kann festgehalten werden, dass postkoloniale Verhältnisse in dem Sinne reproduziert werden, dass die Mehrzahl der zu Wort kommenden Akteur*innen Italienerinnen in verschiedenen Funktionen, wie Gewerkschafterinnen, NGO- Mitarbeitende, Polizistinnen oder Politikerinnen sind, während die zu Wort kommenden Migrantinnen allein in ihrer Funktion als Saisonarbeitskräfte zu Wort kommen. In Ansätzen wird das Bild der Migrantinnen als bloße Opfer krimineller Strukturen in La Repubblica und am deutlichsten in der linken Zeitung II Manifesto gebrochen, indem sie auch als widerständige Subjekte mit politischen Forderungen repräsentiert werden.
Die drei in dieser Arbeit fokussierten Themenbereiche Rassismus, Migration und Kapitalismus wurden in den Zeitungsartikel nicht in ihren komplexen Verflechtungen als zusammenhängende und sich bedingende Phänomene betrachtet. Dass ,,[d]er Kapitalismus schon immer aufs Engste mit rassistischer Unterdrückung verwoben" war, wie es etwa Nancy Fraser feststellt, wird in den untersuchten Zeitungsartikeln nicht sichtbar. Die auftretenden Rassismus- Migrations- und Kapitalismusdiskurse reproduzieren damit eine eurozentrische Perspektive, die die postkoloniale Kontinuität der Ausbeutung Schwarzer und anderer nicht weißer Menschen nicht sichtbar werden lässt. Der historisch gewachsene und tief in die Konstruktion dereuropäischen, indiesem Fall italienischen Identität verflochtene Rassismus, wird in den Zeitungsartikel nicht als grundsätzlicher Bestandteil des kapitalistischen Systems betrachtet. Dass sich die italienische, sowie die gesamte südeuropäische Agrarwirtschaft, aktuell auf der Ausbeutung nicht-we/ßer Migrant*innen stützt und das Modell nur auf diese Weise funktionieren kann, ist ein Diskurs, der medial nicht präsent ist. Um das System der Ausbeutung jedoch tatsächlich von der Wurzel an zu verändern, ist es unumgänglich die strukturellen Ursachen der Ausbeutung zu verstehen. Nur auf diese Weise kann eine Welt denkbar gemacht werden, in der nicht die Entmenschlichung und Ausbeutung natürlicher Ressourcen die Basis bilden, sondern der Respekt und die Anerkennung einer inhärenten Würde aller Lebewesen. Oder wie es der Rapper Amewu formuliert: „Und es bleibt die ewige Frage: Haben oder Sein."
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Adnkronos (2020b, 07. Januar): Fase 2: in bozza dl c'è regolarizzazione lavoratori 'invisibili'. In: Libero Quotidiano. Online unter: https://www.liberoquotidiano.it/news/adnkronos/22504762/fase 2 in bozza dice regol arizzazione lavoratori invisibili .html [letzterZugriff: 20.10.2022]
Adnkronos (2020c, 09. Januar): Caporalato: braccianti sfruttati nel mantovano, quattro denunce. In: Libero Quotidiano. Online unter: https://www.liberoquotidiano.it/news/adnkronos/22548227/caporalato braccianti sfruttat i nel mantovano quattro denunce.html [letzterZugriff: 20.10.2022]
Adnkronos (2020d, 11. Januar): Fase 2: fonti M5S, 'regolarizzazione inutile, permessi gia prorogati al 31-8'. In: Libero Quotidiano. Online unter: https://www.liberoquotidiano.it/news/adnkronos/22600345/ fase 2 fonti m5s regolarizz azione inutile permessi gia prorogati al 31-8 .html [letzter Zugriff: 20.10.2022]
Adnkronos (2021, 26. April): Migranti: Provenzano, 'fare luce su braccianti feriti nel foggiano'. In: Libero Quotidiano. Online unter: https://www.liberoquotidiano.it/news/adnkronos/27027903/migranti-provenzano-fare- luce-su-braccianti-feriti-nel-foggiano-.html [letzter Zugriff: 20.10.2022]
Agenzia Vista (2018, 09. August): Incidente Foggia, Conte incontra una delegazione di braccianti agricoli. In: Libero Quotidiano. Online unter: https://www.liberoquotidiano.it/video/video-news-by-vista/13366733/incidente-foggia- conte-incontra-una-delegazione-di-braccianti-agricoli.html [letzterZugriff: 20.10.2022]
Agenzia Vista (2019, 03. November): Caporalato, Papa Francesco: "Residenza a braccianti puo' dar loro nuova dignita". In: Libero Quotidiano. Online unter: https://www.liberoquotidiano.it/video/video-news-by-vista/13527013/caporalato-papa- francesco-residenza-a-braccianti-puo-dar-loro-nuova-dignita.html [letzter Zugriff: 20.10.2022]
Agenzia Vista (2020a, 16. April): Renzi: "Bellanova si è spaccata la schiena da bracciante, vergona a chi la attacca". In: Libero Quotidiano. Online unter: https://www.liberoquotidiano.it/video/video-news-by- vista/22127520/renzi bellanova si e spaccata la schiena da bracciante vergona a chi I a attacca .html [letzter Zugriff: 20.10.2022]
Agenzia Vista (2020b, 09. Mai): Regolarizzazioni, il sindacalista Soumahoro: "Cinismo disumano, governo liberi i braccianti". In: Libero Quotidiano. Online unter: https://www.liberoquotidiano.it/video/video-news-by- vista/22556164/regolarizzazioni il sindacalista soumahoro cinismo disumano governo lib eri i braccianti .html [letzterZugriff: 20.10.2022]
Agenzia Vista (2021,18. Mai): Soumahoro: "Governo decida da ehe parte stare. Con gli sfruttati o con i caporali". In: Libero Quotidiano. Online unter: https://www.liberoquotidiano.it/video/video-news-by-vista/27274792/soumahoro-governo- decida-da-che-parte-stare-con-gli-sfruttati-o-con-i-caporali-.html [letzterZugriff: 20.10.2022]
ITALPRESS (2020, 21. April): Agricoltura, Uila-Uil "Serve chiarezza su fabbisogno occupazionale". In: Libero Quotidiano. Online unter: https://www.liberoquotidiano.it/news/italpress/22226712/agricoltura uila- uil serve chiarezza su fabbisogno occupazionale .html [letzter Zugriff: 20.10.2022]
Locano, Davide (2019, 08. September): Teresa Bellanova, il piano pro-immigrazione: porti aperti per avere piu manodopera nei campi. In: Libero Quotidiano. Online unter: https://www.liberoquotidiano.it/news/politica/13500249/teresa-bellanova-immigrazione- regolare-flussi-lavoro-campi.html [letzterZugriff: 20.10.2022]
o. A. (2012, 12. Mai): Infortuni: Foggia, trattore si ribalta muore bracciante agricolo. In: Libero Quotidiano. Online unter: https://www.liberoquotidiano.it/news/cronaca/1239675/infortuni-foggia-trattore-si-ribalta- muore-bracciante-agricolo.html [letzter Zugriff: 20.10.2022]
o. A. (2013, 20. Oktober): Lecce: truffa a Inps su falsi rapporti di lavoro in agricoltura, 58 denunce. In: Libero Quotidiano. Online unter: https://www.liberoquotidiano.it/news/cronaca/1334036/lecce-truffa-a-inps-su-falsi- rapporti-di-lavoro-in-agricoltura-58-denunce.html [letzterZugriff: 20.10.2022]
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Franchi, Massimo (2021, 29. Juni): "Rinnovo subito!", i braccianti contro il flop della regolarizzazione. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003266615 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
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Merli, Giansandro (2021a, 27. April): Foggia, fucilate contro tre migranti. Un ferito. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003261346 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
Merli, Giansandro (2021b, 27. Juni): Puglia, Emiliano ferma il lavoro nei campi nelle ore piu calde. In: II Manifesto.Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003263299 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
Messinetti, Silvio (2012,19. Dezember): È emergenza, a furia di sgomberi. In: II Manifesto.
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Messinetti, Silvio (2018, 05. Juni): La rabbia degli schiavi scende in piazza. "Soumayla uno di noi". In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003227593 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
Messinetti, Silvio (2019, 26. März): Caporalato senza fine. In Calabria il sistema continua a prosperare. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003236663 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
o. A. (2020a, 19. März): Gli stranieri, una risorsa per l'agricoltura. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003247899 [letzer Zugriff: 20.10.2022] .
o. A. (2020b, 21. Juni): Braccianti sfruttati nei vigneti del Piemonte. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003250977 [letzer Zugriff: 20.10.2022] .
Omizzolo, Marco (2020a, 09. April): È il momento di regolarizzare i braccianti stranieri. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003248553 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
Omizzolo, Marco (2020b, 06. Mai): II permesso di sei mesi non cambia la vita nei ghetti. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003249424 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
Omizzolo, Marco (2020c, 11. Juni): Punjab Italia senza ritorno. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003250656 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
Omizzolo, Marco (2020d, 25. August): Braccianti indiani in sciopero contro AgriLatina. In: II
Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003252573 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
Omizzolo, Marco (2021, 26. Mai): Indiani "dopati" per reggere i ritmi da schiavi. In: II
Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003262085 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
Pagliassotti, Maurizio (2020, 02. Juli): "Riaprite il centro accoglienza": a Saluzzo cento braccianti dormono nel parco. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003251217 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
Perna, Tonino (2018, 09. August): I due anelli di una lunga e feroce catena. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003229286 [letzer Zugriff: 20.10.2022] ,
Pisacane, Lucio; Pugliese, Enrico (2012, 27. Juli): Quando la soluzione è una bicicletta. II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003200726
Pollice, Adriana (2020a, 19. April): Bloccati dal virus nei ghetti senza cibo e senza lavoro. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003248954 [letzer Zugriff: 20.10.2022],
Pollice, Adriana (2020b, 03. Mai): Le Asl faranno i controlli ma il rischio Covid è alto. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003249357 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
Pollice, Adriana (2020c, 15. Mai): Campobello di Mazara, manodopera stanziale confinata in un ghetto. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003249740 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
Pollice, Adriana (2020d, 12. August): Permesso in scadenza: in Puglia i piu sfruttati. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003252367 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
Portelli, Sandro (2020, 18. August): Quando I'identita del territorio la porta Io straniero. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003252499 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
Preziosi, Daniela (2020a, 07. Mai): Braccianti, mezza intesa. II nodo durata dei permessi. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003249454 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
Preziosi, Daniela (2020b, 08. Mai): Braccianti e badanti, arriva l'accordo. In: II Manifesto.
Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003249495 [letzer Zugriff: Preziosi, Daniela (2020c, 13. Mai): L'ultimo murogrillino: "No regolarizzazioni". Ma Conte: la sintesi c'è. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003249643 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
Pugliese, Enrico (2020a, 19. April): L'agricoltura non è solo questione di frutta e verdura. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003248943 [letzer Zugriff: 20.10.2022],
Pugliese, Enrico (2020b, 06. Mai): L'ltalia segua I'esempio del Portogallo. In: II Manifesto.
Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003249412 [letzer Zugriff: 20.10.2022] ,
Rangeri, Norma (2018, 08. August): Razzismo, contagio in redazione. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003229246 [letzer Zugriff: 20.10.2022] .
Redazione (2020, 21. Mai): Oggi sciopero dei braccianti, marcia a Foggia. In: II Manifesto.
Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003249928 [letzer Zugriff: 20.10.2022] .
Valoti, Nina (2020, 26. August): La start up innovativa del bocconiano ehe sfruttava i braccianti: 4 euro l'ora. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003252630 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
Zenobio, Marina (2012, 07. Juli): Schiavismo in Cascina. In: II Manifesto. Online unter: https://archiviopubblico.ilmanifesto.it/Articolo/2003199910 [letzer Zugriff: 20.10.2022].
Anhang: Kategorienleitfaden
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[...]
1 Steger, Rebecca 2017, S. 18.
2 Amewu 2022.
3 So wird Insbesondere der Nachfrage nach Orangen, die etwa in frischgepressten Säften gegenüber Konzentraten favorisiert werden, eine Marktsteigerung prognostiziert (Vgl. Europäische Kommission 2021).
4 Vgl. mafianeindanke e. V. (2021b).
5 Im Oktober 2021 fand daher in Kooperation zwischen dem Verein mafianeindanke e. V. und dem Brüsseler Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung deutschlandweit die erste Veranstaltung statt, die sich intensiver den Verknüpfungen der so genannten ,Agromafia(s)' sowie der Ausbeutung von Landarbeiterinnen in Italien und deren Widerstand dagegen widmete.
6 Vgl. Bourgois, in Holmes 2021, S. 13.
7 Besucher des Sklavereimuseums auf der Insel Gorée in Senegal, Interview mit Gilles Reckinger, 2016, zit. nach Reckinger 2018, S. 193.
8 Es handelt sich dabei um ein Lager aus Zelten, selbstgebauten Hütten aus Pappe, Plastik und Holz ohne jegliche staatliche organisierte Infrastruktur.
9 Vgl. ebd.
10 Zum Teil hatten die durchweg mehrsprachigen jungen Männer bereits Ausbildungen in Deutschland angefangen, bis ein Ablehnungsbescheid und die Androhung der Abschiebung im Raum standen und sie letztendlich in den ,Slums' der Erntearbeiter*innen an den südeuropäischen Grenzen Europas landeten.
11 Wenn man in der Suchmaschine Google Scholar beispielsweise die deutschen Suchbegriffe „Landwirtschaft" und „Italien" eingibt, finden sich auf den ersten zehn Seiten keine Artikel, die konkret den Zusammenhang von Migration und Landwirtschaft thematisieren. Wenn man hingegen die italienische Übersetzung „agricoltura" und „Italia" eingibt, erscheinen sehr viele Artikel, die diesen Zusammenhang thematisieren.
12 Vgl. Luhmann 1996, S. 9, zit. nach Schoenmakers 2007, S. 2.
13 Boatcä & Meinhof2022, S. 141.
14 Terkessidis2019, S. 12.
15 Ebd.
16 Epistemologie meint Erkenntnistheorie in der Philosophie. Sie umfasst „Fragen nach den Voraussetzungen für Erkenntnis, dem Zustandekommen von Wissen und anderen Formen von Überzeugungen" (EDUCALINGO 2022).
17 Vgl. Castro Varela, Dhawan 2020, S. 20.
18 Ebd.
19 Genealogie der Moderne meint ideengeschichtlich die Moderne zu rekonstruieren und aufzuzeigen, dass Selbstverständlichkeiten, Ideologien, Theorien, Denkweisen der Moderne historisch konstruiert sind und damit auch infrage gestellt werden können. „[I]ndem die Bewegungen von Menschen, Ideen, Objekten oder Kapital verfolgt [wird]", können die entstandenen historischen Beziehungen, Verflechtungen und sozialen Räumen rekonstruiert werden (vgl. Boatcä & Meinhof2022, S. 131).
20 Vor allem in der Weltsystemtheorie nach Wallerstein und in der Dependenztheorie finden sich die Begriffe Metropole/ Zentrum und Peripherie.
21 Vgl. Castro Varela & Dhawan 2020, S. 333. Es wird beim Begriff der colonialidad davon ausgegangen, dass mit der Kolonialisierung Amerikas ein Herrschaftsmodell installiert wurde, das bis in die heutige Zeit wirkt und sich in kolonialen Denkweisen, Vorstellungen und Diskursen in der Politik, Gesellschaft, Kunst, Kultur, Wissenschaft und Medien äußert (vgl. Garbe 2017, S. 44).
22 Vgl. Boatcä & Meinhof, 2022, S. 128. Zu nennen wären hier beispielsweise die internationalen Arbeitsteilung, Neokolonialismus und Rekolonisierungsprozesse (vgl. Castro Varela, Dhawan 2020, S. 20).
23 Castro Varela, Dhawan 2020, S. 8
24 Ebd.
25 Mit unmarkierten Positionen sind diejenigen gemeint, die stets als Normzustand gedacht werden, also etwa männlich, weiß, heterosexuell, binär, nicht behindert, etc. (vgl. etwa Boatcä 2017, S. 7).
26 Castro Varela, Dhawan 2020, S. 7f.
27 Klar ist jedoch auch, dass „lange vor Edward Said [...] koloniale Repräsentationssysteme und eurozentrische und imperialistische Wissensproduktionen [insbesondere von Theoretikerinnen des globalen Südens] kritisch herausgefordert [wurden] (ebd., S. 320). Postkoloniale Theorien haben antikolonialen Schriften Césaires, Fanons oder Du Bois aufgegriffen und dafür gesorgt, dass diese nicht in Vergessenheit geraten (vgl. ebd. S. 320f.).
28 Terkessidis 2019, S. 15. Ihm zufolge gab es in der DDR eindrucksvolle Arbeiten zum Thema, doch nach der Wende wurden entsprechende Lehrstühle eingestellt (vgl. ebd.).
29 Vgl. etwa Terkessidis 1998.
30 Vgl. Terkessidis 2019, S. 14f.
31 vgl. Gutekunst 2018, S. 56.
32 Ebd. S. 56. Brandenburg-Preußen beteiligte sich beispielweise Ende des 17. bis Anfang des 18. Jahrhunderts am transatlantischen Handel mit versklavten afrikanischen Menschen. Dabei war der Anteil der Brandenburgerinnen am gesamten Sklavenimport in die Karibik zeitweilig sogar größer als der der Niederländerinnen und Engländerinnen (vgl. Institut für Europäische Ethnologie 2020.
33 Zu nennen wären hier beispielsweise Jürgen Zimmerer, Sebastian Conrad oder Birthe Kundrus (vgl. Terkessidis 2019, S. 15).
34 Vgl. hierzu Kleinschmidt 2021, S. 304-306.
35 Vgl. ebd., S. 305.
36 Finden sich von 1990 bis 1999 nur 653 Suchergebnisse, so sind es zwischen 2000 und 2019 4800 und zwischen 2010 und 2019 15.700. Allein in den zwei Jahren 2020 bis 2022 finden sich bereits mehr Ergebnisse (4850) als im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts.
37 Da noch immer viele postkoloniale Studien und Essays nicht ins Deutsche übertragen wurden, ist die Teilnahme an spannenden Diskussionen meist auf die englischsprachige Leserschaft beschränkt. Das Buch stellt daher einen bedeutenden deutschsprachigen Beitrag dar, um die Diskussion im deutschen Sprachraum zu beleben (vgl. Castro Varela, Dhawan 2020, S. 21).
38 Ebd.S. 12
39 Ebd. S. 21
40 Vgl. Lombardi-Diop & Romeo (2014), S. 10.
41 Vgl. ebd.
42 Vgl. Lombardi-Diop & Romeo (2014), 10, S. 15.
43 Vgl. ebd., S. 15f.
44 So finden sich deutlich weniger Suchergebnisse, als in der deutschsprachigen. Wenn man auf Google Scholar nach italienischsprachigen Seiten nach dem Begriff „postcoloniale" sucht, so erscheinen zwischen 1990 und 1999: 228, zwischen 2000 und 2009: 2260, zwischen 2010 und 2019: 6.940 und in den letzten zwei Jahren 1.150 Suchergebnisse. Es muss allerdings angemerkt werden, dass hier die in Italien auf Englisch publizierten Texte unberücksichtigt bleiben. Hervorzuheben ist an dieser Stelle etwa die englischsprachige Zeitschrift From the European South a transdisciplinaryjournal of postcolonial humanities.
45 Vgl. Lombardi-Diop & Romeo (2014), S. 6
46 Im deutschsprachigen Kontext ist das Konzept des „Schwarzen Mittelmeers" kaum bekannt. Eine Ausnahme bildet der Artikel der Politikwissenschaftlerin Jeanette Ehrmann: Schwarzes Mittelmeer, weißes Europa. Kolonialität, Rassismus und die Grenzen der Demokratie aus dem Jahr 2021.
47 Vgl. Ehrmann 2021, S. 435-437.
48 Di Maio 2014, 28f., zit. nach Ehrmann 2021, S. 436f.
49 ebd.
50 Vgl. Lombardi-Diop & Romeo(2014), S. 5.
51 Vgl. Lombardi-Diop 2021, S. 3.
52 Danewid, Ida 2021, S. 15.
53 Da der Begriff „Transatlantischer Sklavenhandel" ein Euphemismus ist wird in dieser Arbeit der Begriff der Versklavung verwendet und damit der Fokus auf die Handlung gelegt Menschen zu massenweise zu deportieren, zur Ware zu deklarieren und sie physischer und psychischer Folter zu unterziehen (vgl. Ofuatey-Alazard, S. 107).
54 Vgl. Fruit Logistica 2021.
55 Wenn man beispielweise auf Google Scholar die deutschen Suchbegriffe „Landwirtschaft" und „Italien" eingibt finden sich auf den ersten zehn Seiten keine Artikel, die konkret den Zusammenhang von Migration und Landwirtschaft thematisieren. Wenn man hingegen die italienische Übersetzung „agricoltura" und „Italia" eingibt, erscheinen sehr viele Artikel, die diesen Zusammenhang thematisieren.
56 Vgl. Gertel & Sippel 2014, S. 6.
57 Constance 2014, S. 163.
58 Vgl. Pumares & Jolivet 2014, S. 139.
59 Vgl. Gertel & Sippel 2014, S. 5.
60 Vgl. ebd. S. 159.
61 Vgl. Holmes 2021.
62 Vgl. etwa: Avallone 2017.
63 Bereits seit 2012 beschäftigt er sich mit den Lebens- und Arbeitsbedingungen afrikanischer Migrant*innen in der Orangenernte und prangert diese an
64 Geulen 2021,S. 13.
65 Vgl. ebd. S. 13
66 Vgl. Fraser 2022, S. 88ff.
67 Ebd., S. 88.
68 Behr2013,S.85.
69 Vgl. ebd.,S. 83.
70 Marx 1968, S. 744, zit. nach Behr 2013, S. 83.
71 vgl. Marx 1968, S. 660, zit. nach Behr 2013, S. 83. Für die feministische Theoretikerin Fraser umfassen die durch die Expropriation konfiszierten Vermögenswerte nicht nur die Arbeitskraft, Land, Tiere, Rohstoff- und Energievorkommen, sondern auch „Menschen, ihre sexuellen und reproduktiven Fähigkeiten, ihre Kinder und Körperorgane." (Fraser 2022, S. 93).
72 Die britischen Großgrundbesitzerinnen und der Feudaladel setzten hierbei durch, dass das zur Subsistenzwirtschaft genutzte Ackerland nur noch für die Schafszucht und damit für die Produktion von Wolle in den entstehenden Textilwirtschaft verwendet wurde (vgl. Behr 2013, S. 83f.).
73 vgl. ebd., S. 84ff. Diese in die Armut gezwungenen ehemaligen Bauern und Bäuerinnen Westeuropas verwandelten sich Marx folgend massenhaft in „Bettler, Räuber, Vagabunden" (Marx, S. 679, zit. nach Behr 2013, S. 86), die durch zunehmend härtere ,Anti-Vagabunden-Gesetze' gegen „Arbeitsverweigerer" in das System der Lohnarbeit gezwungen („hineingepeitscht, -gebrandmarkt, -gefoltert") wurden. (Marx, S. 681, zit. nach Behr 2013, S. 86).
74 Vgl. Fraser 2022, S. 90f.
75 Behr2013, S. 87.
76 Marx, S. 694, zit. nach Behr 2013, S. 87.
77 Vgl. Behr 2013, S. 12, S. 89; Fraser 2022, S. 88.
78 Fraser2022, S. 88.
79 vgl. Behr2013, S. 89f.
80 Amin 2011, zit. nach Behr 2013, S. 90.
81 Vgl. Han 2018, S. 217. Obwohl es zu dem Zeitpunkt verschiedene regionale Weltwirtschaften gab, leitete die europäische eine kapitalistische Entwicklung ein, in der schließlich alle anderen aufgingen (vgl. ebd.).
82 Vgl. Ebd., S. 218f.
83 Vgl. Ebd., S. 221f.
84 Vgl. Rauhut & Boatcä, 2019, S. 94.
85 Vgl. Wallerstein 1974, S. 99, lOlf., 128, zit. nach Han 2018, S. 225.
86 Vgl. etwa Rauhaut & Boatcä 2019, S. 94.
87 Vgl. Han 2018, S. 226.
88 Vgl. Wallerstein, 1974, 42-45, zit. nach Han 2018, S. 222f.
89 Saucier 2016, zit. nach Danewid, S. 149.
90 Betroffen vom innereuropäischen Rassismus warenbis dahin insbesondere die jüdische und muslimische Bevölkerung, ebenso wie Sinti*zze und Rom*nja.
91 Vgl.Robinson 2000,S. 67.
92 Der wirtschaftliche Aufstieg des spanischen Königreichs begann etwa 1450 und entwickelt sich mit der Eroberung Amerikas zu einem Handelszentrum, das im 16. Jahrhundert neben den amerikanischen Kolonien auch die Niederlande, Süddeutschland, Norditalien, Neapel, Sizilien, Sardinien und die Balearen umfasste. Vor allem die über 50 Jahre andauernde Kriege mit Frankreich führten das Königreich jedoch in den wirtschaftlichen Ruin (vgl.Han 2018,S. 231f.).
93 Vgl. Ehrmann 2021, S. 436.
94 Vgl. ebd.
95 Vgl. Robinson 2000,S. 67. Irland war für das britische Reich eine Extraktionsökonomie: Die irischen Bauern und Bäuerinnen arbeiteten als Pächter*innnen unter britischen Großgrundbesitzerinnen und bauten einzig Getreide, und Kartoffeln an. Als Mitte des 19. Jahrhunderts aufgrund der Kartoffelfäulnis in Irland eine große Hungersnot ausbrach, verließen Millionen Irinnen das Land, um nach Nordamerika, GB und Australien zu migrieren. Im Gegensatz zu heutigen Hungerflüchtlingen „stand den Irinnen und Iren jedoch die legale, ja sogar protegierte und aktiv geförderte Option der Auswanderung offen" (Behr 2013, S. 88f.).
96 Vgl. Ofuatey-Alazard 2011a, S. 107.
97 Vgl. Boatcä 2017, S. 9.
98 Vgl. Ofuatey-Alazard 2011a, S. 107.
99 Vgl. Mbembe 2021, S. 81f.
100 Mbembe 2021,S. 278.
101 Ebd., S. 84.
102 Ebd., S. 85.
103 Vgl. ebd., 280.
104 Ebd., S. 79.
105 Vgl. Ehrmann 2021, S. 436; Vgl. Mbembe 2021, S. 97.
106 Vgl. Besteman 2019, S. 31. Vgl. auch Kapitel 3.1.2; Kapitel 3.2.2.
107 Vgl. Danewid 2021, S. 150; vgl. Boatcä 2020, S. 235. Weitere 11 Millionen Menschen sollen bereits auf dem Weg nach Westafrika und im Vorfeld der Verschiffung gestorben sein. Für den Versklavungshandel im indischen Ozean sind noch weniger Zahlen bekannt, es wird jedoch davon ausgegangen, dass mehr als eine Million Afrikaner*innen allein im heutigen Mosambik versklavt wurden (vgl. Gutierrez Rodriguez 2018a, S. 21).
108 Johnson 2016, zit. nach Danewid 2021, S. 149.
109 Vgl. Mbembe 2021, S. 115.
110 Vgl. ebd.
111 Fraser 2022,S.91.
112 Mbembe 2021,S. 14.
113 Vgl. etwa Danewid 2021, S. 150.
114 Gilmore 2020, zit. nach Danewid 2021, S. 150.
115 Vgl. Ofuatey-Alazard 2011, S. 104. Eben jene Kämpfe, wie etwa die Revolution durch Schwarze Sklavinnen in Haiti, aber auch die Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert in Europa und die Kämpfe von Feministinnen haben überhaupt erst zu einer sukzessiven Ausweitung von Rechten geführt, die lange nur wohlhabenden, weißen Männern zugesprochen wurden (Vgl. Mbeme 2021, S. 14).
116 Rauhut und Boatcä, S. 95.
117 Vgl. Sassen 2020, S. 130.
118 Vgl. ebd. Von 1982 bis 1998 zahlten die so verschuldeten Länder bereits das Vierfache der ursprünglichen Schulden zurück, während sich gleichzeitig auch die noch zu tilgenden Schulden um das Vierfache erhöhten (Vgl. ebd., S. 132).
119 Fraser 2022, S. 93.
120 Vgl. Besteman 2019, S. 31
121 Vgl. ebd.; vgl. Sassen 2020, S. 133.
122 Vgl. etwa Besteman 2019, S. 31; Holmes 2021 [2013],
123 Es profitierten vor allem Unternehmen, die sich auf den Rohstoffabbau und die landwirtschaftliche Produktion spezialisiert hatten, ebenso wie große Nahrungsmittelkonzerne wie etwa Nestlé und Coca-Cola, die sich unter anderem auf die Privatisierung von Wasser spezialisiert haben (Vgl. Sassen 2020, S. 126, 131, 136).
124 Sassen 2014, zit. nach Besteman 2019, S. 31.
125 Die Verarmung der Mittelschicht und die gleichzeitige Bereicherung einiger weniger Eliten förderte wiederum staatliche Korruption (Vgl. ebd.).
126 Vgl. Harvey 2010, S. 2, zit. nach Behr 2013, S. 90.
127 Vgl. Fraser2022, S. 105.
128 Behr 2013, S. 13. Hingewiesen sei an dieser Stelle auch auf den enormen Anstieg an Arbeitslosen in verschiedenen osteuropäischen Ländern, der zu einem großen Teil auf die Zerstörung bäuerlicher Landwirtschaft durch die Expansion von Supermärkten zurückzuführen ist (vgl. ebd).
129 Vgl. Han 2018, S. 210.
130 Vgl. Ebd., S. 248ff.
131 Ebd., S. 248.
132 Ebd., S. 210.
133 Vgl. Han2018,S.211.
134 Sie grenzt diesen Migrationstyp von den rund 300 Millionen weltweiten Migrant*innen vor allem aus der moderaten Mittelschicht sowie den hochqualifizierten Migrant*innen ab und plädiert dafür, dass diese auch als Flüchtlinge anerkannt werden (vgl. Sassen 2020, S. 140).
135 Diese Menschen werden nicht nur nicht als flüchtende Personen anerkannt, sondern darüber hinaus oft durch Begriffe wie „Wirtschaftsflüchtlinge" oder „Asyltouristen" abgewertet.
136 Vgl. Sassen 2020, S. 128, S. 136.
137 vgl. ebd., S. 125.
138 Um dies zu verdeutlichen, beschreibt Sassen die entsprechenden Prozesse in Zentralamerika und auf dem afrikanischen Kontinent sowie den Fall der Rohingya in Myanmar (vgl. ebd., S. 126). Für den Fall Zentralamerikas schildert sie beispielsweise, wie lokale Großgrundbesitzerinnen, Kleinbauern und -bäuerinnen dazu bringen ihr Land zu verlassen, so dass in diesen Regionen groß angelegte kommerzielle Plantagen, Bergbau und Wasseraneignung durchgesetzt werden können. Private Armeen wirken dabei sowohl bei der Vertreibung als auch beim Schutz der Extraktionsökonomien mit, indem sie Kleingrundbesitzerinnen und Menschenrechtsaktivistinnen bedrohen und ermorden (vgl. ebd., S. 138).
139 Vgl. ebd., S. 127- 129.
140 Coronil 2000, S. 361, zit. nach Boatcä 2017, S. 1. Knapp über 50 Prozent der weltweit reichsten Personen stammen nicht aus dem so genannten ,Westen' (vgl. ebd. S. 4). Von den 25 reichsten Familien der Welt stammt jedoch noch immer die Mehrheit aus dem ,Globalen Norden': 16 aus den USA, zwei aus Frankreich, eine aus Kanada, eine aus Spanien, zwei aus Indien, zwei aus China und eine aus Mexiko (vgl. Statista 2022).
141 Südafrika schufvon 1948 bis 1990 die umfangreichste Apartheidsstruktur, bei der die Gesetze so strukturiert waren, dass die systematische weiße Vorherrschaft über rassifizierte Personengruppen und vor allem gegenüber der Schwarzen Bevölkerung gewährleistet war. Schwarze Menschen wurden dabei als Bedrohung konstruiert, womit legitimiert werden sollte sie nur in bestimmten Zonen (Homelands) wohnen zu lassen und die Arbeitskraft Schwarzer Südafrikanerinnen von denen der Staat abhängig war, zu kontrollieren und auszubeuten (vgl. Besteman 2019, S. 28).
142 Vgl. ebd. Für eine ausführliche und einleuchtende Begründung des Vergleichs mit der südafrikanischen Apartheid siehe Besteman 2019.
143 Vgl. Mbembe 2021, S. 294.
144 Fraser 2022, S. 85.
145 Fraser 2022, S. 93.
146 Vgl. ebd., S. 98.
147 Vgl. ebd., S. 106f.
148 Mbembe 2021,S. 16.
149 Vgl. Fraser 2022, S. 112. Allerdings sieht Fraser momentan durch den Prozess der immer mehr Subjekte, in die prekäre Lage doppelter Ausbeutung bringt einen verzweifelten Wettlauf um Sicherheit, der den Rassismus eher noch zu verschärfen scheint (vgl. ebd., S. llOf.).
150 Vgl. Castro Varela & Dhawan 2020, S. 323.
151 Du Bois 2006 [1900] S. 85ff., zit. nach Castro Varela & Dhawan 2020, S. 323.
152 Spivak gilt als eine der einflussreichsten postkolonialen Theoretikerinnen. Bekannt geworden ist sie vor allem durch ihren Essay„Can the Subaltern speak?".
153 Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass beispielsweise der in den 1950er geschaffene britische Wohlfahrtsstaat auch abhängig war „on invisible donations from tea-pickers in Ceylon, rubber-tappers in Malaya, goldminers in South Africa, copper-miners in Rhodesia, the oil of Iraq and especially Iran." (Richard Drayton 2012, S. 162, zit. nach Danewid 2021, S. 328). Der europäische Kolonialismus und die Arbeit rassifizierter Menschen war demnach ein zentraler Bestandteil der Entwicklung europäischer Wohlfahrtsstaaten (Vgl. Bhambra and Holmwood 2018, S. 5, zit. nach Danewid 2021, S. 152).
154 Vgl. Castro Varela & Dhawan 2020, S. 328.
155 Danewid 2021,S. 153f.
156 Ebd., S.146f.
157 Ebd., S. 147.
158 Vgl ebd.; Vgl. auch Gutierrez Rodriguez 2005.
159 Ehrmann 2021,S.441.
160 Vgl. Boatcä 2020, S. 220; vgl. Ehrmann 2021, S. 441.
161 So finden sich beispielsweise sowohl Lampedusa, als auch Sizilien auf der afrikanischen Kontinentalplatte.
162 Vgl. Ehrmann 2021, S. 441.
163 Siehe hierzu etwa Boatcä 2020.
164 Die EU schließt dank ihrer Mitgliedsländer Dänemark, Niederlande, Portugal, Spanien, Frankreich und Großbritannien 34 so genannte ,Überseegebiete' mit ein. Davon sind 9 offiziell Teil von Frankreich, Portugal und Spanien und damit vollwertiger Teil der EU, während die anderen 25 Länder und Territorien mit einer „besonderen Verbindung mit der EU" sind. Eine euphemistische Bezeichnung für die bis heute bestehenden Kolonien Dänemarks, Frankreichs, der Niederlande und Großbritanniens, die zwar kein Teil des gemeinsamen Binnenmarkts sind, deren Bürgerinnen, aber EU-Bürgerinnen sind (vgl. Boatcä 2020, S. 221ff; Boatcä 2019, S. 4ff.) Zu nennen wären hier neben verschiedenen karibischen Inseln, wie etwa die niederländischen Antillen und die britischen Kaimaninseln beispielsweise auch Französisch-Guayana, Französisch-Polynesien, aber auch Grönland und die kanarischen Inseln (vgl. ebd.).
165 Vgl. Boatcä 2019, S. 7.
166 Vgl. Ehrmann 2021, S. 441f.
167 Mbembe 2021,S. 119.
168 Vgl. El-Tayeb 2008, 651, zit. nach Ehrmann 2021, S 443.
169 Behr2013,S. 57.
170 Ehrmann 2021, S. 442.
171 Ebd.
172 Vgl. etwa Gutierrez Rodriguez 2005, S. 73.f.
173 Ehrmann 2021, S. 439; Vgl. Behr 2013, S. 57.
174 Zur weitergehenden Vertiefung dienen beispielsweise Mbembes Ausführungen zu Nekropolitik.
175 In Kapitel 3.3. wird genauer darauf eingegangen, wie sich die rassistische Grenzziehung und Gewalt eben nicht nur auf die „Postversklavungs- und Postsiedlergesellschaften" in den Amerikas auswirkt, sondern auch auf Europa (Ehrmann 2021, S. 440).
176 Ehrmann 2021, S. 439.
177 Vgl. de Spuches & Palermo 2020, S. 49.
178 Vgl. etwa Bestemann 2019, S. 36.
179 de Spuches & Palermo 2020, S. 45.
180 Vgl. Ebd.
181 Bestemann 2019, S. 36.
182 Vgl. ebd., S. 32; vgl. Reckinger 2018, S. 226.
183 vgl. Reckinger 2018, S. 226.
184 Neben dem Mittelmeer und der Sahara sind hierbei beispielsweise auch die Wüsten zwischen Mexiko und den USA, die Wüste Sinai zwischen Ägypten und Israel, das karibische Meer und der Indische Ozean zu nennen (vgl. etwa Besteman 2019, S. 33).
185 Besteman sieht den Ursprung der „detention centers" in Südafrika während des zweiten Burenkriegs und beschreibt wie solche Lager von globalen Norden' genutzt werden, um ungewünschte Migration zu managen. Das Geschäftsmodell solcher Zentren und Abschiebegefändnisse wurde nicht zuletzt auch zu einem weltweit profitablen Geschäftsmodell (vgl. Besteman 2019, S. 32).
186 Vgl. Besteman 2019, S. 28.
187 Ehrmann 2021,S.439f.
188 Ebd., S. 440.
189 Vgl. ebd.
190 Vgl. ebd.
191 Vgl. Gutekunst 2018, S. 54.
192 Ebd.
193 Mbembe 2014,S. 322.
194 Danewid et al. 2021, S. 20.
195 Mbembe 2018, zit. nach Ehrmann 2021, S. 444.
196 Es wird geschätzt, dass zwischen 1994 bis 2014 etwa 20.000 Menschen auf ihrem Weg nach Europa im Mittelmeer ertrunken sind und allein im Jahr 2016 etwa weitere 5000. Viele tausende sind bereits in der Wüste Sonora gestorben und verschwunden und geschätzte 2000 Menschen ertranken zwischen 2000 und 2016 auf ihrem Versuch nach Australien zu gelangen (vgl. Besteman 2019, S. 33).
197 Vgl. ebd., S. 32.
198 Vgl. de Spuches 2012, S. 56; vgl. auch Behr 2013, S. 59f.
199 Vgl. Danewid 2021, S.146.
200 Vgl. Boatcä 2016, S. 117.
201 Haiti schrieb 1804 als erstes Land der Welt in seiner Verfassung fest, dass ein Mensch nicht eines anderen Menschen Eigentum sein kann. Im napoleonischen Frankreich (1799-1815) führte der Aufstand der Sklavinnen hingegen dazu, dass französische Abolitionistinnen zum Schweigen gebracht wurden und eine sehr negrophobe Politik verfolgt wurde (vgl. Mbembe 2021). Als letztes Land schaffte Brasilien 1888 die Sklaverei offiziell ab.
202 Vgl. Besteman 2019, S. 30.
203 Vgl. Ebd.
204 Vgl. De Spuches & Palermo 2020, S. 60.
205 Vgl. Ebd.
206 De Spuches & Palermo 2020, S. 41.
207 Vgl. etwa Gutierrez Rodriguez 2018a.
208 Vgl. Besteman 2019, S. 30.
209 Vgl. ebd.
210 Vgl. Gutierrez Rodriguez 2018a, S. 16.
211 Vgl. Gutierrez Rodriguez 2018a, S. 22; Danewid 2021, S. 151. Es gibt Schätzungen, dass rund ein Sechstel der 408 Millionen in Europa lebenden Menschen, im Jahr 1900, migrierten (vgl. ebd.).
212 Vgl. Gutierrez Rodriguez 2018a, S. 22.
213 Vgl. ebd.
214 Gutierrez Rodriguez 2018b, S. 206.
215 Vgl. Danewid 2021, S. 154; Besteman 2019, S. 30.
216 Vgl. Besteman 2019, S. 30.
217 vgl. Reckinger 2018, S. 227.
218 Vgl. Danewid,S. 151f.
219 Gutekunst 2018, S. 55.
220 Vgl. ebd.
221 Mercer 1994: 7, zit. nach Gutekunst 2018, S. 55.
222 Vgl. ebd.
223 Gutekunst 2018, S. 55.
224 Vgl. Boatcä 2017, S. 5.
225 Vgl. ebd.
226 Ebd., S. 5f.
227 Vgl. Besteman 2019, S. 33.
228 Vgl. Besteman 2019, S. 30, S. 33f.
229 Vgl. ebd. S. 34.
230 Ebd.
231 Vgl. ebd.
232 Vgl. ebd.
233 Besteman 2019, S. 33.
234 Robinson 2000, S. 23.
235 Vgl. Danewid, S. 151.
236 Vgl. Besteman 2019, S. 31.
237 Danewid 2021,S. 152.
238 Ehrmann 2021, S. 436.
239 Sow 2011, S. 37.
240 T. Morrison in Gilroy 1993, S. 221.
241 Vgl.Mbembe 2021,S. 83.
242 Césaire 1955, in Mbembe 2021, S. 289.
243 Ebd.
244 Mbembe 2021,S. 93.
245 Arndt 2011, S. 43.
246 Vgl. Mbembe 2021, S. 115.
247 Wenn aufdie Wurzeln des modernen Rassismus geschaut wird, so ist ohnehin deutlich, dass es schon immer eine unmittelbare Verknüpfung zwischen körperlicher und kultureller Differenz gab. Die erneute Verschiebung des diskursiven Fokus auf Kultur und Religion, wie etwa im Falle des antimuslimischen Rassismus ist so gesehen nichts Neues (vgl. Arndt 2011, S. 42).
248 Vgl. Mbembe 2021, S. 111.
249 De Spuches & Palermo 2020, S. 53.
250 Terkessidis 1998.
251 Ebd.
252 Mbembe 2021,S. 124.
253 Césaire 1987, zit. nach Mbembe 2021, S. 288.
254 De Spuches & Palermo, S. 53. Die italienische Geografin Giulia de Spuches zeigt beispielsweise auf, wie die europäische Kartographie einen imperialistischen Blick auf die Welt befördert, in der die Karte als Abbild der Wirklichkeit verstanden wird und das Selbst von der Welt getrennt wird. „The deliberate intention was to hide the speaking subject in order to present the world in an objective, universal way" (ebd., S. 35).
255 Vgl. Mbembe 2021, S. 125f.
256 Ebd., S. 127.
257 Ebd.
258 Ebd., S. 146, S. 148. Ähnliche Vorstellungen gab es etwa vom ,Edlen Wilden'.
259 Mbembe 2021,S. 133f.
260 Hoffmann 2017, S. 170.
261 Vgl. De Spuches & Palermo 2020 , S. 40.
262 Mbembe 2021,S. 149.
263 Boatcä 2017, S. 7.
264 Castro Varela & Dhawan 2020, S. 314.
265 Hall 1994, S. 74.
266 Behr2013, S. 63.
267 Brand/Wissen 2011a: 83, zit. nach Behr 2013, S. 63.
268 Behr 2013, S. 64.
269 Ebd., S. 63.
270 Vgl. Brand 2008, S. 140, zit. nach Behr 2013, S. 64.
271 Vgl. Behr2013,S.64.
272 Ebd., S. 65.
273 Brand 2008, S. 139, zit. nach Behr 2013, S. 65.
274 Brand 2012, S. 76, zit. nach Behr 2013, S. 65.
275 Federici & Caffentzis 2009, zit. nach Behr. S. 69.
276 Vgl. Behr2013,S.68.
277 Brand & Wissen 2011a, S. 83, zit. nach Behr 2013, S. 68.
278 Vgl. Behr 2013, S. 69f.
279 Ebd., S. 70.
280 Sizilien und Neapel standen mit Unterbrechung einiger weniger Jahre von Beginn des 16. Jahrhunderts bis I860 unter der Herrschaft der spanischen Monarchie.
281 Vgl. Pesarini2021,S.36.
282 Moe, 1992, S. 64, zit. nach Pesarini 2021, S. 36.
283 Vgl. Pesarini2021,S. 37.
284 Vgl. ebd. S. 39.
285 Anzuführen ist hier etwa der sizilianische Anthropologe Giuseppe Sergi, der Anfang des 20. Jahrhunderts zur ,Mediterranen Rasse' forschte (vgl. ebd. S. 40ff.).
286 Diese italienische Rasse' sollte sich nach Mussolinis Vorstellungen auf ihr römisches Erbe berufen und sich auf ideologischer Ebene durch „ruralism, anti-urbanism, anti-intellectualism, anti-bourgeoisism, antifeminism, pronatalism and homophobia" auszeichnen (Pesarini 2021, S. 42).
287 Vgl. ebd., S. 35.
288 Vgl. ebd., S. 43.
289 Giuliani & Lombardi-Diop 2013, S. 21-66, zit. nach Pesarini 2021, S. 42.
290 Vgl. etwa del Boca 2002, S. 489f., zit. nach Mosca 2011, S. 44.; vgl. Pesarini 2021, S. 43.
291 Vgl. Mosca 2011, S. 44.
292 Vgl. Lombardi-Diop & Romeo 2014.
293 Auf äthiopischer Seite wird davon ausgegangen, dass rund 75.000 Widerstandskämpferinnen und 407.000 Zivilistinnen getötet wurden, die italienische Forschung spricht von 150.000 bis 200.000 Toten, während die deutschsprachige Forschung von 180.000 bis 230.000 Toten ausgeht (vgl. Mattioli 2005, S. 153).
294 Rede Mussolinis vor dem Nationalrat der Faschistischen Partei, 25.10.1938, zit. nach Pesarini 2021, S. 41.
295 Vgl. Mosca, S. 46-49; Vgl. Pesarini 2021, S. 44.
296 Vgl. Pesarini 2021, S. 45. Dies sollte im Hinterkopf behalten werden, wenn Schwarzsein und Jtalienischsein' auch heute noch nicht in das dominante italienische Selbstverständnis passen.
297 Ehen und der so genannte Madamismo, eine Art der Lebenspartnerschaft, bei der Italiener mit lokalen Frauen und minderjährigen Mädchen zusammenlebten, wurden jedoch durch die stets schärfer werdende Gesetzgebung offiziell verboten (vgl. ebd.)
298 Das vom Anthropologen Guido Landra und anderen rassistischen Wissenschaftlern im Auftrag Mussolinis verfasste Manifest Manifesto degli scienzati razzisti, kurz Manifesto della razza gilt als eines der wichtigsten Dokumente des faschistischen Antisemitismus und Rassismus in Italien (vgl. Mosca 2011, S. 50).
299 Vgl. Pesarini2021,S. 35.
300 Vgl. Mosca 2011, S. 50.
301 Vgl. Lombardi-Diop & Romeo 2014, S. 9.
302 Vgl. ebd., S. 10.
303 Vgl.Zewde2001,S. 165.
304 Vgl. Distretti 2021, S. 1422.
305 Vgl. Ebd.
306 vgl. Reckinger2018, S. 23.
307 Vgl. Elia & Fedele 2021.
308 Vgl. Ebd. S. 7; vgl. de Spuches, S. 64.
309 Vgl. ebd.
310 Vgl. Delhaes-Guenther 1973, S. 351.
311 Vgl. ebd.
312 Vgl. Mosca 2011, S. 46.
313 Vgl. Delhaes-Guenther 1973, S. 352.
314 Ca. 40 Prozent aller italienischer Emigrantinnen verließen ihre Heimat in Richtung USA. (vgl. bpb 2012). Zur rassistischen Einwanderungspolitik der USAvgl. Kapitel 3.2.2
315 Vgl. ebd.
316 Vgl. Bertonha 2001. Zur vertiefenden Betrachtung, auf die im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden kann, siehe ebd.
317 Vgl. bpb2012.
318 Um nur ein Beispiel von vielen zu nennen, sei hier die Flucht der vertriebenen Juden und Jüdinnen und Morisk*innen (zum Christentum konvertierte Muslim*innen) im 16. Und 17. Jahrhundert aus der spanischen Halbinsel unter anderem auf die italienische Halbinsel genannt.
319 Vgl. Pesarini 2021, S. 45; vgl. Lombardi-Diop & Romeo 2014, S. 8.
320 Vgl. Lombardi-Diop & Romeo 2014, S. 8.
321 Vgl. ebd.
322 Vgl. Mosca 2011, S. 54.
323 Braun 1993,S. 125.
324 Vgl. Mosca 2011, S. 54.
325 Vgl. Braun 1993,S. 125.
326 Vgl. Lombardi-Diop & Romeo 2014, S. 13f.
327 Vgl. ebd.S. 126.
328 Ebd.
329 Die Lega Nord und die Lega Lombarda hetzten in den 90er Jahren vor allem gegen die Süditaliener*innen, in dem innerrassistische Diskurse aus dem 19. Jahrhundert wieder aufgegriffen werden (vgl. Braun, S. 132).
330 Vgl. Finotelli 2022. Trotz Steuerungsversuche nahm vor allem ab dem Jahr 2000 die Einwanderung nach Italien stark zu (vgl. ebd.)
331 Vgl. Elia & Fedele 2021, S. 3.
332 Transit-Migration ist Elia und Fedele zufolge in den letzten 30 Jahren ein Codewort für illegale, unerwünschte Migration geworden. Dabei wird stets angenommen, dass diese immer Europa als Ziel habe, während unterschlagen werde, dass die meiste Transmigration im Maghreb eine transmaghrebische Migration sei (vgl. ebd., S. 5).
333 Vgl. ebd., S. 4. Im Gegensatz zu Tunesien und Marokko, wo der Prozess der Externalisierung der EU- Außengrenzen im Gegenzug zu wirtschaftlichen Zuwendungen weit fortgeschritten ist, ist dies in Algerien nicht der Fall. Da Algerien durch sein Erdöl und -gas über eine ökonomische Unabhängigkeit von der EU verfügt, hat sich Algerien der Grenzexternalisierungsstrategie der EU nicht beugen müssen (vgl. ebd., S. 3).
334 Vgl. ebd. S. 3f. Im Falle Marokkos gibt es vergleichbare bilaterale Verträge vor allem mit Spanien (vgl. ebd., S.4).
335 Vgl. Pro Asyl (o.J.).
336 Vgl. etwa Neugebauer 2022.
337 Vgl. Elia&Fedele 2021,S.7.
338 Gemeint sind damit das „Zurückschleppen von Flüchtlingsbooten, die bereits in internationalen oder europäischen Gewässern waren" und die Praxis gesichtete Boote an die libysche ,Küstenwache' zu melden, damit diese die Geflüchteten nach Libyen bringt (vgl. Proasyl (o.J.)).
339 Vgl. Finotelli 2022.
340 Vgl. Pesarini 2021, S. 33f.
341 Vgl. Tagesschau (2022, 05. August).
342 Vgl. Colombo 2021.
343 Vgl. ebd.; vgl. Finotelli 2022; Die meisten Migrant*innen aus europäischen Ländern stammten 2021 aus Rumänien, Albanien, der Ukraine und Moldau. Aus Asien stammen die meisten Migrant*innen aus China, Indien, Philippinen, Bangladesch, Pakistan und Sri Lanka. Aus Afrika stammen die meisten Migrant*innen aus Marokko, Ägypten und Nigeria (vgl. Urmersbach 2022).
344 Vgl. Colombo, 2021.
345 Vgl. ebd.
346 Vgl. Lombardi-Diop & Romeo 2014, S. 14.
347 Vgl. ebd.
348 Vgl. Han2018,S.227.
349 Vgl. Leicher I960, S. 147-150.
350 Vgl. ebd., S. 184. Ein Latifundium ist ein landwirtschaftlicher Betrieb auf einem weitläufigem Territorium betrieben durch Sklav*innenwirtschaft, das meist von einem Landhaus aus verwaltet wurde.
351 Vgl. Leicher I960, S. 173-175.
352 Vgl. ebd. S. 175f.
353 Vgl. Reckinger 2018, S. 136.
354 Reckinger2018, S. 227.
355 Vgl. ebd.
356 Vgl. Richter 2013, S. 54.
357 Ebd.
358 Vgl. ebd.
359 Vgl.Avallone2017,S. 74.
360 Vgl. Ebd., S. 76.
361 Reckinger2018,S. 228.
362 Gutierrez Rodriguez 2005, S. 76.
363 Vgl. Reckinger 2018, S. 228. Im Globalen Norden, sind neben der Landwirtschaft auch das Baugewerbe, die Sexarbeit, die Pflege, die Gastronomie, das Hotelgewerbe, die Reinigungsindustrie und private Haushalte Arbeitsmarktsegmente, in denen vor allem Migrant*innen massiv ausgebeutet werden. „Alle diese Arbeitsbereiche zeichnen sind durch flexible Arbeitszeiten, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, unsichere Arbeitsbedingungen und geringe Bezahlung aus" (Gutierrez Rodriguez 2005, S. 76). Vor allem Menschen aus nicht EU-Ländern und mehrheitlich solche, die über keine Papiere verfügen und die zumeist keine gewerkschaftliche Unterstützung haben, finden sich in diesen Bereichen wieder (vgl. ebd.).
364 Vgl. etwa Danewid 2021, S. 156. Bis zu Beginn der 1990er Jahre waren noch sehr viele Italienerinnen in der Landwirtschaft beschäftigt (vgl. Reckinger 2018, S. 52).
365 Seit 2008 werden die Agrarsubventionen nach Abaufläche und nicht mehr nach Ertrag vergeben (vgl. Reckinger 2018, S. 53).
366 In Kalabrien verdoppelte sich in den letzten 30 Jahren die Produktion von Orangen, während sie in Sizilien stagnierte und im Rest Italiens zurückging (vgl. ebd.).
367 „Der sizilianische Politiker Giuseppe Antoci, der eine deutlich stärkere Regulierung durchgesetzt und den Vorweis eines Antimafia-Zertifikats auch für verpachtete Agrarflächen, deren Wert unter 150.000 Euro liegt, verpflichtend gemacht hatte, wurde 2016 um ein Haar Opfer eines Attentats." (mafianeindanke e. V. 2021a).
368 Vgl. ebd.
369 Vgl. Hoffmann 2017, S. 24.
370 Vgl. Behr 2013, S. 11. Der Begriff stammt von Jessica Ward.
371 Reckinger2018,S. 229.
372 Vgl. ebd., S. 52.
373 Ebd. Insbesondere die Transportbranche ist in Kalabrien, aber auch die Großhandelsunternehmen im Norden des Landes sind von Mafiaorganisationen durchzogen (vgl. ebd. S. 53f.).
374 Gerade die traditionellen Mafiaorganisationen, wie etwa die Cosa Nostra sind historisch stark mit dem landwirtschaftlichen Sektor verwoben, da sie in den armem ländlichen geprägten Verhältnissen ihre historischen Wurzeln haben (vgl. mafianeindanke e. V. 2021a).
375 Beispielsweise hatte die Ndrangheta, eine der weltweit mächtigsten Mafiaorganisationen gemeinsam mit einer albanischen Mafiaorganisation „landwirtschaftliche Betriebe als logistische Basis [genutzt], um kriminelle Aktivitäten wie Drogen- und Waffenhandel, Zwangsprostitution, aber auch die Versklavung illegaler Einwanderer in der Landwirtschaft zu organisieren" (ebd.).
376 Davon werden die Begriffe der illegalen und informellen Ökonomie abgegrenzt, die etwa Korruption, Schwarzarbeit oder Steuerflucht umfassen (vgl. Reckinger 2018, S. 134f.).
377 Ebd.,S. 135.
378 Vgl. ebd., S. 134-136.
379 Vgl. ebd., S. 134; vgl. mafianeindanke e. V. (2021a).
380 Vgl. mafianeindanke e. V. (2021a).
381 Vgl. Reckinger 2018, S. 54.
382 Es handelt sich dabei fast ausschließlich um männliche Migranten. Migrantinnen, landen sehr viel häufiger in der Sexarbeit und anderen Dienstleistungssektoren, wie der Reinigung oder Pflege. Wenn sich Saisonarbeiterinnen in der Landwirtschaft finden, dann sind es ausschließlich Frauen aus osteuropäischen Ländern wie Rumänien oder Bulgarien (vgl. Reckinger 2018).
383 Vgl. Reckinger 2018, S. 12-14.
384 Ebd., S. 27.
385 Vgl. ebd., S. 15.
386 Vgl. ebd., S. 14, 33, 83.
387 Die Erntesaison der Zitrusfrüchte beginnt etwa im November und geht bis März, die der Oliven beginnt etwa im September und die Tomatenernte ist etwa zwischen Juni und Oktober. Die Monate zwischen März und Juni müssen die Migrant*innen durch andere Hilfsarbeitertätigkeiten überbrücken.
388 Diese Information geht auf persönliche Gespräche mit Migranten im Ghetto Campobello di Mazara zurück.
389 Vgl. Reckinger 2018, S. 50f. So ziehen beispielsweise einige nach der Orangenernte in Rosarno (Kalabrien) zur Erdbeerernte nach Kampanien und anschließend zur Tomatenernte nach Foggia (Apulien), wo 95 Prozent der in Europa verkauften Dosentomaten produziert werden (vgl. ebd., S. 74, 124).
390 Hoffmann 2017, S. 56.
391 Ebd.
392 Vgl. etwa Danewid 2021, S. 156.
393 Vgl. Reckinger 2018.
394 Vgl. ebd., S. 231.
395 Ebd., S. 125.
396 Ebd.
397 Vgl. ebd., S. 91.
398 Ishaq, zit. nach Reckinger 2018, S. 93. Ishaq ist Fliesenleger, um die vierzig, aus der Stadt Wad Madani im Sudan und floh aus seinem Land, um nicht in die Armee gehen zu müssen und auf Landsleute schießen zu müssen. Er lebte arbeite jahrelang im Libanon, Syrien und Griechenland. Sein Asyl wurde in Italien anerkannt, aufgrund einer willkürlichen polizeilichen Entscheidung wurden ihm seine Papiere weggenommen, die er erst drei Jahre später durch die Unterstützung eines ehrenamtlich arbeitenden Anwalts zurückbekam. In diesen Jahren blieb allerdings nichts übrig als nach Rosarno zu gehen und dort in der Ernte zu arbeiten und in einem Zelt im Wald, am Rande der Autobahn zu leben (vgl. Reckinger 2018, S. 94f.).
399 Mbembe 2021,S. 281.
400 Vgl. Ha 2010, S. 26.
401 Keller etal. 2010,S. 11.
402 Vgl. Hanke 2010, S. 100.
403 Jäger 2011, S. 102.
404 Vgl. ebd.
405 Es stellt sich für Jäger auch die Frage warum, wann und unter welchen Bedingungen und wie ,Dingen' welche Bedeutung zugewiesen werden, wie also die ,Lücke' zwischen Diskurs und Wirklichkeit geschlossen wird (vgl. ebd., S. 103).
406 Vgl. Link 1983, S. 60, zit. nach Jäger 2011, S. 92; vgl. Jäger 2011, S. 98.
407 Ha 2010, S. 25; vgl. Hanke 2010, S. 100.
408 Vgl. Jäger 2011, S. 96.
409 Vgl.Jäger2011,S. 94.
410 Diskursanalysen beziehen sich meist mehr oder minder stark auf Elemente Foucaults Diskurstheorie, (vgl. Keller et al. 2010, S. 11). Die konkrete Umsetzung der Analyse, ist dabei aber ziemlich unterschiedlich.
411 Jäger 2010, S. 457.
412 Die Diskursposition kann als Resultat unserer individueller Verstrickungen in verschiedene Diskurse verstanden werden, die das Individuum im Verlauf seines Lebens zu einer bestimmten ideologischen oder weltanschaulichen Position führt (vgl. ebd.).
413 Vgl. Hanke 2010,S. 101.
414 Vgl. Behr2013,S. 105.
415 ebd.
416 Vgl.Jäger2Oll,S. 93.
417 Kollektivsymbole sind kulturelle Stereotype, die kollektiv genutzt werden. Mitgliedern einer Gesellschaft steht ein Vorrat an Kollektivsymbolen zur Verfügung. Siegfried Jäger gibt hierfür den Beispielsatz: „Die Lokomotive des Fortschritts kann durch Fluten von Einwanderern gebremst werden, so [dass] unser Land ins Abseits gerät" (ebd., S. 95).
418 Vgl. Jäger 2011, S. 94.
419 Laut der italienischen Wikipedia-Seite der Zeitung II Manifesto hatte II Manifesto im März 2021 eine verkaufte Auflage von 40.412 Exemplaren, laut der deutschen Wikipedia-Seite beträgt die verkaufte Auflage der taz 47.917 Exemplare.
420 Sie gehört zum Medienunternehmen GEDI Gruppo Editoriale S.p.A., die neben La Repubblica unter anderem auch das mit dem Der Spiegel vergleichbare Nachrichtenmagazin l'Espresso herausbringt.
421 Aufgrund des besser organisierten Onlinearchivs im Vergleich zum Corriere della Sera wurde La Repubblica ausgewählt.
422 Es muss hierbei darauf hingewiesen werden, dass die absoluten Zahlen der Zeitung La Repubblica nicht bereinigt sind, da es vom Zeitaufwand zu aufwendig gewesen wäre 2.346 Artikel durchzuschauen. Es wurde daher bei der zufälligen Auswahl der Artikel beim jeweils ausgewählten Artikel geschaut, ob die Auswahlkriterien zutreffen. Wenn dies nicht der Fall war, wurde auf random.org eine neue zufällige Zahl gezogen.
423 Vgl. hierzu etwa Jäger 2011, S.116f.
424 Vgl.Jäger2011,S. 116f.
425 Vgl. ebd.
426 Der vollständige Kodierleitfaden mit Beispielen findet sich im Anhang der Arbeit.
427 Die Auffälligkeit der Wörter begründete sich zum einen in der Häufigkeit sowie zum anderen in meiner subjektiven Vermutung, dass die Nutzung der Worte bestimmte Wertvorstellungen transportiert, die im Kontext einer postkolonialen Perspektive von Relevanz sein könnten. Es kann hierbei kritisch angemerkt werden, dass eine genauere Untersuchung anderer Worte den Fokus auf andere Diskurse gelegt hätte.
428 Lossau 2002, S. 64, zit. nach Glasze/Husseini/ Mose 2009, S. 299.
429 Die konkrete Aufteilung gestaltete sich wie folgt: II Manifesto'. 26 Reportagen bzw. Hintergrundbericht, 15 Nachrichten, sieben Kommentare, zwei Interviews, eine Kurzgeschichte; Libero Quotidiano'. 34 Meldungen, 15 Nachrichten, eine Reportage; La Repubblica'. 28 Reportagen bzw. Hintergrundberichte, 18 Nachrichten, zwei Kommentare und zwei Interviews.
430 Nachfolgend aufgelistet ist die Anzahl der in die Analyse eingeflossenen Artikel pro Jahr: 2012: 27, 2013: 15, 2014: 4, 2015: 4, 2016: 5, 2017: 6, 2018:16, 2019:17, 2020: 44, 2021:12. 55 der analysierten Artikel entstammen den Jahren 2012 bis einschließlich 2016 und 95 Artikeln den Jahren 2017 bis einschließlich 2021.
431 Die fehlenden Artikel der linken Zeitung II Manifesto erklären sich aus den finanziellen Problemen und dem eingeschränkten Funktionieren der Zeitung in diesen Jahren.
432 Die Anzahl der ausgewählten Artikel pro Jahr entspricht prozentual der gesamten Anzahl der in einem Jahr erschienenen Artikel zu Erntehelferinnen.
433 44 Artikel aus dem Jahr 2020 sind in die in die Analyse eingeflossen.
434 Dabei wurden die fünf häufigsten Themen einschließlich ihrer Unterkategorien je nach Zeitung betrachtet. Ausgenommen war in dieser Betrachtung die Nennung der Herkunft, da die Kategorie kein Thema als solches darstellt und gesondert betrachtet wurde.
435 Die im Vergleich zu den anderen beiden Zeitungen häufige Thematisierung von Corona in II Manifesto ist damit zu begründen, dass 31 Artikel aus den Pandemie-Jahren 2020 und 2021 ausgewählt wurden. Im gleichen Zeitraum flössen jedoch nur 13 Artikel der La Repubblica und 11 des Libero Quotidiano in die Analyse ein.
436 Vgl. hierzu den Kodierleitfaden im Anhang
437 Polizei, Militär oder Finanzbehörde (30 Codes), Politikerinnen (11 Codes) und Gewerkschafterinnen (8 Codes).
438 Saisonarbeiterinnen (35 Codes), Gewerkschafterinnen (28 Codes), Vertreterinnen von NGOs (27 Codes) und Polizistinnen (24 Codes).
439 Gewerkschafterinnen (56 Codes), Saisonarbeiterinnen (25 Codes) und Politikerinnen (20 Codes).
440 In II Manifesto und in La Repubblica wird der Gewerkschafter Aboubakar Soumahoro ausführlich zitiert, in La Repubblica sogar in einem Interview. In Libero Quotidiano wird er hingegen nur mit einem kurzen Satz zitiert.
441 Genauer betrachtet wurden die Textstellen, die Migration, Rassismus, Kapitalismus, postkoloniale Zusammenhänge, thematisieren und entsprechend kodiert wurden. Ebenso wie die Textstellen, die die Begriffe „Würde" „Rechte", „Zivilisation", „Schande" „Unsichtbare" und „Sklaverei" enthielten.
442 Der Fokus lag dabei auf der Betrachtung der zwischen 2018 und 2021, vor allem 2020 ausführlich geführten Debatte zur Regularisierung irregulärer Migrant*innen, die in der italienischen Ernte arbeiten.
443 Insgesamt trat der Begriff der Ausbeutung („sfruttamento") in 54 der 150 Artikel auf, der Begriff der Sklaverei bzw. der Sklaven und Sklavinnen in 35 der 150 der Artikel.
444 Der Begriff des Sklaven beziehungsweise der Sklaverei tritt in II Libero quotidiano nur in einem Artikel aus dem Jahr 2012 auf, während er durchgängig in 21 Artikeln in La Repubblica und in 13 Artikeln in II Manifesto auftaucht.
445 Nur in zwei Gastartikeln zweier bekannter italienischer Schriftsteller wird eine Verknüpfung mit der transatlantischen Versklavung thematisch gestreift (vgl. Serra, 2020; Salviano 2014)
446 vgl. Ofuatey-Alazard 2011, S. 519.
447 Vgl. Ebd.
448 Vgl. etwa Messinetti 2019; Foschini 2021. Insgesamt ist das Wort "Bestie" in fünf Artikeln aufgetreten.
449 Vgl. etwa Messinetti 2018.
450 Vgl. Omizzolo 2020c.
451 Vgl. Saviano 2014; Ballerini 2018.
452 So wird beispielsweise von 600.000 irregulären Saisonarbeitskräften gesprochen, wobei nicht klar ist, ob es sich dabei um ein irreguläres Arbeitsverhältnis oder einen irregulären Aufenthaltsstatus handelt, da in einem anderen Artikel von 610.000 irregulären Migrant*innen in Italien gesprochen wird (vgl. Tonacci 2020; vgl. La Repubblica (2020): Pochi braccianti, raccolti in tilt "Utilizziamo chi ha il reddito"). In einem Artikel aus dem Jahr 2015 wird hingegen betont, dass die meisten der in der Landwirtschaft arbeitenden Migrant*innen einen regulären Aufenthaltsstatus hätten (vgl. Cosentino 2015).
453 Vgl. Tonacci 2020; vgl. Ferraro 2019.
454 Vgl.Tonacci2020.
455 Vgl. Osmetti 2020.
456 Vgl. o. A. 2020, in: Libero Quotidiano.
457 Vgl. Pollice 2020a
458 Vgl. o. A. 2020a, in: La Repubblica.
459 Vgl. Locano 2019.
460 Vgl. Agenzia Vista 2021; Agenzia Vista 2019.
461 Vgl. Pollice 2020a
462 Vgl. ebd.
463 Vgl. Preziosi 2020a, 2020b. Der gleiche Diskurs um die „Zivilisiertheit" findet sich auch in einem Artikel des Libero Quotidiano aus dem Jahr 2013 (vgl. Adnkronos 2013f).
464 Vgl. Rangeri 2018.
465 Das Wort "Rassismus"(Razzismo) findet sich allerdings nur in insgesamt 4 Artikeln in La Repubblica und in II Manifesto.
466 Vgl. Adnkronos 2021; vgl. Leone 2019; vgl. Pistilli 2018.
467 Vgl. Rangeri 2018.
468 Vgl. Foschini 2021; Messinetti 2018.
469 Vgl. Pistilli 2018
470 Vgl.Salviano 2014.
471 Vgl. ebd.
472 Vgl Franchi 2020d.
473 Vgl. Bellizzi 2019a.
474 Vgl. Rangeri 2018.
475 Vgl. Adnkronos 2019b, 2021.
476 Herausgefunden wurde dies nur, in dem das Lied und der Songtext auf Youtube gesucht wurde und mit dem Zeitungsartikel verglichen wurde (vgl. Adnkronos 2012b; vgl. Daise Bi et al. 2011
477 Vgl. Portelli 2020
478 Vgl. ebd.
479 So können mit Boatcä auch die Ausbeutung osteuropäischer Saisonarbeiter als Ausdruck antislawischen Rassismus gewertet werden, da auch Osteuropa oft als ,nicht weiß genug' betrachtet wird um als vollwertiger Teil Europas anerkannt zu werden (vgl. etwa Boatcä 2018, S. 7).
480 Es wird dabei die These des Soziologen Mike Davis angesprochen, der die Macht über Leben und Tod rassifizierter armer Menschen in Slums, mit denen der weißen Herren in den Lagern der Kolonien in einen Zusammenhang bringt (vgl. Ciccarelli 2013).
481 Vgl. Ziniti & Acate 2015; vgl. Griseri 2020a.
482 Vgl. Ebd.; vgl. Ferraro 2019; vgl. Bellanova 2020.
483 Vgl. Adnkronos 2020d.
484 Vgl. Omizzolo 2020b, 2020d.
485 Vgl. Candito 2019b; Vgl. Bellizzi 2019a.
486 Vgl. Cosentino 2015.
487 Vgl. Griseri 2020a.
488 Vgl. Franchi 2020d.
489 Vgl. Cosentino 2012.
490 Vgl. Chiari 2021; vgl. Omizzolo 2020a.
491 Vgl. Maselli 2020; vgl. Perna 2018.
492 Vgl. etwa Serra 2020.
493 Morales Ayma 2008, 12. Juni. Rede von Evo Morales, anlässlich der 2008 vom Europa-Parlament verabschiedeten "Abschiebe-Richtlinie".
- Citation du texte
- Hannah González Volz (Auteur), 2022, Postkoloniale Verflechtungen. Migration und Rassismus in der italienischen Landwirtschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1341898
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