Die vorliegende Arbeit thematisiert das Prozessmanagement mit ERP-Systemen am Beispiel des Procure-to-Pay-Prozesses. Hierzu werden im ersten Teil zunächst die Grundlagen des Business Process Management (BPM) sowie dessen zentrale Aufgaben erläutert. Der zweite Teil behandelt die theoretischen Grundlagen der Geschäftsprozessmodellierung, wobei im Speziellen auf die Prozessmodellierung mittels EPK und BPMN eingegangen wird. Darauf aufbauend wird im dritten Teil mittels BPMN ein Prozessmodell für den Procure-to-Pay-Prozess entwickelt. Anschließend werden die zentralen Funktionen von SRM-Systemen erläutert sowie mögliche Vor- und Nachteile der Auslagerung von Teilprozessen aus einem ERP- in ein SRM-System diskutiert.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Aufgabe 1 - Business Process Management
Aufgabe 2 - Ansätze zur Modellierung von Geschäftsprozessen
Aufgabe 3 - Procure-to-Pay Prozess und SRM-Systeme
Literaturverzeichnis
Internetquellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
BPM Business Process Management
BPMN Business Process Model and Notation
CPO Chief Process Officer
eEPK erweiterte Ereignisgesteuerte Prozesskette
EDI Electronic Data Interchange
EPK Ereignisgesteuerte Prozesskette
ERP Enterprise Resource Planning
GPM Geschäftsprozessmanagement
IT Informationstechnik
SRM Supplier Relati onship Management
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Prozessmodell für den Procure-to-Pay Prozess (Darstellung mittels BPMN)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aufgabe 1 - Business Process Management
Business Process Management (BPM), zu Deutsch Geschäftsprozessmanagement (GPM), bezeichnet die „Gesamtheit von Methoden (...) zum Identifizieren, Erheben, Analysieren, Verbessern, Ausführen und Überwachen von Geschäftsprozessen, die das Ziel verfolgen, deren Leistung zu optimieren“ (Dumas, La Rosa, Mendling & Reijers, 2021, S. 7, im Original hervorgehoben). Definiert als die „zeitlich-logische Abfolge von Aktivitäten zur Erfüllung einer betrieblichen Aufgabe“ (Allweyer, 2005, S. 47), handelt es sich bei Geschäftsprozessen um sogenannte End-to-End Prozesse, die durch einen Bedarf eines internen oder externen Kunden ausgelöst werden und mit der Erbringung einer Leistung für diesen Kunden enden. Geschäftsprozesse bilden damit die Basis für die Wertschöpfung eines Unternehmens und zeichnen sich durch eine konsequente Kundenorientierung aus (Gadatsch, 2020, S. 15; Leimeister, 2021, S. 212). Darauf aufbauend besteht das zentrale Ziel des BPMs darin, „durch Optimierung der Geschäftsprozesse die Effektivität und Effizienz der Organisation zu erhöhen, strategische Erfolgspotenziale auf- und auszubauen sowie den Wert der Organisation nachhaltig zu steigern.“ (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 59).
BPM als zentrale Organisationseinheit in diversifizierten Unternehmen
Aufgrund der hohen Bedeutung von Geschäftsprozessen für ein Unternehmen wird die Verantwortung für das BPM häufig an eine eigene Fachabteilung übertragen (Wollert, 2019, S. 69). Die Prozessmanagement-Abteilung bzw. das BPM-Office ist die zentrale Stelle im Unternehmen, „die als Kompetenzzentrum die organisationsübergreifende Implementierung, Koordinierung, Überwachung und Optimierung des GPM-Systems, der Geschäftsprozesse sowie der Process Governance koordiniert“ (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 283). Dabei fallen insbesondere bei diversifizierten Unternehmen mit mehreren Geschäftsbereichen umfassende Koordinationsaufgaben an, die in den Zuständigkeitsbereich des BPM-Office fallen (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 277). Dieses agiert losgelöst vom Tagesgeschäft und ermöglicht durch seinen abteilungsübergreifenden Überblick über die gesamte Prozesslandschaft eine zielorientierte Gestaltung der Geschäftsprozesse (Wollert, 2019, S. 72).
Die Etablierung des BPMs als zentrale Organisationseinheit ist besonders im Hinblick auf die strategische Steuerung der Geschäftsprozesse essentiell. Denn nur so kann das gesamte Unternehmen auf die Geschäftsstrategie ausgerichtet, fortlaufend an strategische Veränderungen angepasst und in der Folge dessen Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig gesichert werden (Schmelzer & Sesselmann, 2020, 27, 269). Verbleibt die Geschäftsprozessverantwortung dagegen, wie dies in der Praxis nach wie vor häufig der Fall ist, bei der Unternehmensleitung, besteht die Gefahr, dass diese die Aufgabe nicht adäquat durchführen kann. Während dies bei kleineren Unternehmen noch praktikabel sein kann, ergeben sich bei größeren Unternehmen schnell Probleme (Gadatsch, 2020, S. 55). Dennoch lässt sich ein effektives und effizientes BPM nur mit aktiver Unterstützung des Topmanagements realisieren (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 29).
Der Leiter des zentralen Geschäftsprozessmanagements, der auch als Chief Process Officer (CPO) bezeichnet wird, leitet das BPM-Office und wird umgekehrt von diesem in fachlicher und administrativer Hinsicht unterstützt. Gleichzeitig ist er Bindeglied zum obersten Management eines Unternehmens. Der Schwerpunkt des CPO liegt dabei auf strategischen BPM-Aufgaben wie der Ableitung von Prozesszielen aus den strategischen Geschäftszielen, der Planung der Prozessstrategie, der Standardisierung von Geschäftsprozessen sowie der Identifizierung und dem Ausbau von Erfolgspotenzialen durch das BPM (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 274-275). Gleichzeitig übernimmt er die Gesamtverantwortung für die Weiterentwicklung und Optimierung des BPMs im Unternehmen (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 29) und verantwortet dessen Ergebnisse (Dumas et al., 2021, S. 564-565). Dabei ist er weniger für einzelne Geschäftsprozesse verantwortlich als vielmehr für deren Zusammenspiel im Hinblick auf die Erfüllung der Kundenbedürfnisse (Gadatsch, 2020, S. 55). Das BPM wird folglich durch den CPO und das BPM-Office institutionalisiert (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 833).
Die Führungsverantwortung für die einzelnen Geschäftsprozesse liegt dagegen beim jeweiligen Geschäftsprozessverantwortlichen, der neben der fortlaufenden Steuerung und Optimierung der Geschäftsprozesse auch für deren Zielerreichung verantwortlich ist (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 29; Schwarz, Neumann & Teich, 2018, S. 36). Seine Aufgabe ist es, den effizienten und effektiven Ablauf eines bestimmten Geschäftsprozesses sicherzustellen (Dumas et al., 2021, S. 28).
Aufgaben des BPMs
Aufbauend auf dem Lebenszyklus von Geschäftsprozessen, der aus Prozessidentifikation-, -erhebung, -analyse, -verbesserung, -implementierung und -überwachung besteht (Dumas et al., 2021, S. 26-27), lassen sich die zentralen Aufgaben des BPMs ableiten.
Vorweggenommen werden soll an dieser Stelle die Prozessidentifikation, die sich im Gegensatz zu den weiteren Phasen auf das strategische BPM bezieht und gleichzeitig den Rahmen für das operative BPM bildet (Wollert, 2019, S. 73-74). Sie stellt den ersten und gleichzeitig wichtigsten Schritt im BPM dar, da hier erhoben wird, welche Geschäftsprozesse benötigt werden, um die Bedürfnisse der Kunden zu befriedigen und die Unternehmensziele nachhaltig zu erreichen (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 212). Im Idealfall erfolgt im Rahmen der Prozessidentifikation zudem bereits die Definition von Prozesskennzahlen, anhand derer die Geschäftsprozesse später analysiert und überwacht werden (Dumas et al., 2021, S. 19).
Sind die relevanten Geschäftsprozesse identifiziert, beginnt mit der Prozesserhebung der eigentliche BPM-Lebenszyklus (Dumas et al., 2021, S. 26). Demnach bestehen die fünf elementaren Aufgaben des operativen BPMs in der Aufnahme bzw. Erhebung, Analyse, Optimierung, Implementierung und Überwachung der Geschäftsprozesse (Dumas et al., 2021, S. 26; Wollert, 2019, S. 75). Bei der Prozesserhebung geht es vereinfacht gesagt darum, die identifizierten Geschäftsprozesse im Detail zu verstehen (Dumas et al., 2021, S. 20) und deren aktuellen Status zu dokumentieren. Hierzu werden die Geschäftsprozesse modelliert und entsprechende Ist-Geschäftsprozessmodelle entworfen (Gadatsch, 2020, S. 25-27; Koschmider, 2021, S. 11). Die Anwendung geeigneter Modellierungsmethoden ist dabei Voraussetzung für eine adäquate Analyse und Optimierung der Geschäftsprozesse (Leimeister, 2021, S. 210).
Aufbauend auf der Prozesserhebung werden die Geschäftsprozesse hinsichtlich ihres Beitrags zur Erfüllung der Prozessziele analysiert (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 215). Im Detail geht es dabei zum einen um die Bewertung von organisatorischen, prozessualen und technologischen Schwachstellen (Wollert, 2019, S. 75) und zum anderen um die Identifikation von unproduktiven bzw. überflüssigen Geschäftsprozessen (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 215). Nicht wertschöpfende Geschäftsprozesse bzw. Teilprozesse werden anschließend eliminiert (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 223). In der Praxis ist die Prozessanalyse häufig in erster Linie betriebswirtschaftlich orientiert (Gadatsch, 2020, S. 55).
Nachdem die Schwachstellen innerhalb der Geschäftsprozesse im Rahmen der Prozessanalyse identifiziert und bewertet wurden, müssen die Geschäftsprozesse hinsichtlich der Zielvorgaben optimiert bzw. neue Geschäftsprozesse gestaltet werden. Dies führt im Ergebnis zu im Vergleich zu den Ist-Prozessmodellen optimierten SollGeschäftsprozessmodellen, durch die die verbesserten Geschäftsprozesse formal beschrieben werden (Dumas et al., 2021, S. 24; Gadatsch, 2020, S. 26). Dementsprechend besteht das zentrale Ziel der Geschäftsprozessoptimierung in der Steigerung der Prozessperformance, sodass die strategischen und operativen Prozessziele nachhaltig erreicht werden (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 16). Dies impliziert die konsequente Ausrichtung aller Aktivitäten an den Kundenanforderungen, da nur so eine nachhaltige Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens erzielt werden kann (Gadatsch, 2020, S. 36).
Nach Abschluss der Gestaltung der Geschäftsprozesse erfolgt deren Implementierung im Sinne der Umsetzung der Soll-Geschäftsprozessmodelle (Gadatsch, 2020, S. 25-27; Koschmider, 2021, S. 11). Die optimierten bzw. neu gestalteten Soll-Geschäftsprozesse werden im Unternehmen etabliert, wobei eine erfolgreiche Umsetzung dieser sowohl organisatorische als auch technische Veränderungen mit sich bringen kann. Erstere beziehen sich dabei auf Änderungen am Prozess selbst, während zweitere die sich aus den organisatorischen Änderungen am Prozess ergebenden Anpassungen der Informations- und Kommunikationstechnologie beinhalten (Schwarz et al., 2018, S. 36). So muss das IT-System so konfiguriert werden, dass es die neuen bzw. geänderten Prozesse unterstützt (Dumas et al., 2021, S. 25). Die operative Umsetzung der Soll-Geschäftsprozesse im Tagesgeschäft kann deshalb auch dem Change Management zugeschrieben werden (Schwarz et al., 2018, S. 36; Wollert, 2019, S. 75).
Schließlich werden die Geschäftsprozesse durch laufendes Monitoring hinsichtlich ihrer Zielerreichung überwacht (Gadatsch, 2020, S. 25-27; Koschmider, 2021, S. 11). Dies erfolgt häufig anhand von definierten Prozesskennzahlen (Gadatsch, 2020, S. 55; Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 16). Ergeben sich hierbei Abweichungen der Prozessergebnisse von den erwarteten Ergebnissen wird je nach Grad der Abweichung eine erneute Prozessoptimierung oder eine Re-Modellierung der Geschäftsprozesse vorgenommen (Gadatsch, 2020, S. 26-27; Koschmider, 2021, S. 11).
Einführung eines BPMs auf Grundlage sich verändernder Rahmenbedingungen
BPM „gewinnt als Alternative zu funktionalen Organisationsstrukturen und Führungskonzepten zunehmend an Bedeutung, da es auf die heutigen und zukünftigen Herausforderungen schneller, flexibler, effizienter und nachhaltiger reagieren kann“ (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 32). Hintergrund ist, dass viele Effektivitäts- und Effizienzprobleme in Organisationen ihre Ursache in nicht vorhandenen oder unzureichenden Geschäftsprozessen haben (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 59). Umgekehrt steigert eine konsequente Prozessorientierung die Effektivität und Effizienz von Organisationen, indem sie organisatorische Schnittstellen reduziert (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 23). Ein Unternehmen ist demnach umso leistungsfähiger, je klarer es seine Geschäftsprozesse definiert und je konsequenter es diese bei der Erfüllung einer betrieblichen Aufgabe umsetzt (Fleischmann, Oppl, Schmidt & Stary, 2018, S. 2). Insbesondere aufgrund der dynamischen Wettbewerbs- und Rahmenbedingungen sollten Unternehmen das Potenzial des BPMs nutzen, um ihre Wettbewerbsposition nachhaltig zu stärken (Schwarz et al., 2018, S. 2). Auch Allweyer (2005, S. 7) betont, dass die Bewältigung der Herausforderungen, die sich aus dem komplexen und dynamischen Unternehmensumfeld mit sich ständig ändernden Rahmenbedingungen ergeben, wesentlich mit der Schaffung geeigneter Geschäftsprozesse zusammenhängt.
Dies wird umso deutlicher wenn man bedenkt, dass Geschäftsprozesse die Grundlage für die Umsetzung der Geschäftsstrategie, d.h. der Strategie einer Geschäftseinheit, bilden. Erhöht ein Unternehmen die Variantenvielfalt seiner Produkte bilden folglich Geschäftsprozesse die Basis für die Umsetzung der beabsichtigten Diversifikation (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 112). Veränderte Rahmenbedingungen sind deshalb ein häufiger Grund für die Einführung eines BPMs (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 28). Dennoch lässt sich in vielen Unternehmen nach wie vor ein Festhalten an funktionalen Organisationsformen beobachten (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 266).
Funktionale Organisationen, bei der eine Gliederung der Aufbauorganisation nach Funktionen erfolgt (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 297), haben insbesondere bei stabilen Märkten und geringer Produktvielfalt durch ihre Spezialisierung auf bestimmte, funktionsbezogene Verrichtungen, Vorteile. Bei einer höheren Produktvielfalt bzw. einer höheren Diversifikation oder sich schnell verändernden Rahmenbedingungen stoßen diese dagegen an ihre Grenzen, sodass sich durch den Übergang zu einer Prozessorganisation, bei der nicht mehr Abteilungen, sondern Geschäftsprozesse im Zentrum der Organisation stehen, wesentliche Vorteile ergeben. Da sich Geschäftsprozesse immer über Abteilungen und Funktionen hinweg erstrecken, kann durch die Einführung einer Prozessorganisation und darauf aufbauendem BPM eine höhere Kundenorientierung und eine insgesamt gesteigerte Organisationseffizienz erzielt werden (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 300-301). Die Einführung von BPM führt somit durch die stärkere Kunden- und Wertschöpfungsorientierung sowie die gesteigerte Flexibilität, die sich aus dem Wandel von einer Funktions- hin zu einer Prozessorganisation ergibt, zu einer Verbesserung der Produkt- bzw. Leistungsqualität, einer Steigerung der Kundenzufriedenheit sowie einer höheren Produktivität (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 803-805). Fleischmann et al. (2018, S. 2) betont in diesem Zusammenhang, dass viele Unternehmen „ihre Wettbewerbsfähigkeit nicht (mehr) nur auf die Besonderheit ihrer Produkte, sondern auf die Güte der Geschäftsprozesse“ gründen.
Aufgabe 2 - Ansätze zur Modellierung von Geschäftsprozessen
Geschäftsprozesse werden durch Geschäftsprozessmodelle formal beschrieben (Gadatsch, 2020, S. 89). Die Prozessmodellierung wird dabei als „die vollständige, formale, präzise und konsistente Beschreibung von Geschäftsprozessen verstanden.“ (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 645), wobei die in diesem Zusammenhang am häufigsten genutzten Methoden die Ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK) bzw. erweiterte Ereignisgesteuerte Prozesskette (eEPK) und die Business Process Model and Notation (BPMN) sind (Bächle, Daurer & Kolb, 2021, S. 64).
Prozessmodellierung mittels EPK bzw. eEPK
Die EPK ist eine nicht standardisierte, semiformale Modellierungssprache zur Erstellung fachlicher Prozessmodelle (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 649). Sie war vor allem in den deutschsprachigen Ländern lange Zeit die meist genutzte Methode für die Modellierung von Geschäftsprozessen (Gadatsch, 2020, S. 102; Laue, 2021, S. 31). Ergänzend zu dem in einer EPK abgebildeten Geschäftsprozess erweitert die eEPK diesen um Informationen über dessen Ausführungskontext, d.h. die Organisations- und Datensicht (Fleischmann et al., 2018, S. 78).
Ein Geschäftsprozess wird bei der Modellierung mittels EPK stets als alternierende Folge von Ereignissen und Funktionen dargestellt, wobei eine EPK immer mit einem Ereignis beginnt und endet. Funktionen beschreiben in diesem Zusammenhang immer einen Vorgang wie z.B. „Antrag prüfen“, Ereignisse dagegen einen Zustand wie z.B. „Antrag abgelehnt“ (Fleischmann et al., 2018, S. 79). Da Funktionen Tätigkeiten, die innerhalb eines Prozesses ausgeführt werden, repräsentieren, sind diese in der Lage, den Zustand von Objekten zu ändern und somit Entscheidungen über den weiteren Prozessablauf zu treffen. Ereignisse besitzen dagegen keine Entscheidungskompetenz. Sie repräsentieren lediglich ablaufrelevante Zustandsänderungen von Objekten (Gadatsch, 2020, S. 106-107; Rosemann, Schwegmann & Delfmann, 2012, S. 67-68). Start-Ereignisse lösen dabei einen Prozess aus, während Ende-Ereignisse den Abschluss eines Prozesses markieren (Fleischmann et al., 2018, S. 79). Abweichend von der Theorie gibt es allerdings aus praktischen Gründen mitunter Ausnahmen von der Grundregel, dass sich Ereignisse und Funktionen stets abwechseln müssen. So dürfen in der Praxis auch Funktionen auf Funktionen folgen, wenn das Zwischenergebnis trivialer Art ist und das Modell lediglich unnötig komplex machen würde (Bächle et al., 2021, S. 67; Rosemann et al., 2012, S. 69), sowie Ereignisse auf Ereignisse folgen, sofern „dies mehr Klarheit schafft oder aus organisatorischen Gründen sinnvoll ist“ (Gadatsch, 2020, S. 113). Um
Entscheidungen im Prozessablauf abzubilden, nutzt die EPK sogenannte Konnektoren bzw. Verknüpfungsoperatoren. Zusätzlich lassen sich damit auch parallele Abläufe in einem Geschäftsprozess modellieren. Zur Verfügung stehende Operatoren sind dabei der UND-, ODER- und XOR-Konnektor, wobei letzterer auch als exklusives ODER bezeichnet wird, da er einander ausschließende Alternativen im Prozessablauf beschreibt (Fleischmann et al., 2018, S. 78-80).
Die Basisnotation der EPK-Methode beschreibt den Ablauf eines Geschäftsprozesses folglich mit nur wenigen Grundsymbolen (Gadatsch, 2020, S. 106). Deren Verbindung erfolgt dabei mittels sogenannter gerichteter Kanten. Diese repräsentieren in Form von Pfeilen die Kontrollflüsse zwischen Funktionen, Ereignissen und Konnektoren, wobei Funktionen und Ereignisse jeweils nur eine eingehende und eine ausgehende Kante als Kontrollfluss haben dürfen. Da Konnektoren alternative oder parallele Abläufe im Geschäftsprozess darstellen, können diese mitunter mehrere ein- bzw. ausgehende Kanten besitzen (Bächle et al., 2021, S. 66-67; Fleischmann et al., 2018, S. 51).
Um „aussagekräftige Modelle für den praktischen Einsatz zu erstellen“, reicht die Basisnotation der EPK allerdings häufig nicht aus (Gadatsch, 2020, S. 120). Aus diesem Grund erweitert die eEPK den in einer EPK abgebildeten Geschäftsprozess um seinen organisationalen Kontext (Fleischmann et al., 2018, S. 72). So können „aus der Organisationssicht die ausführenden Akteure, Rollen oder Organisationseinheiten zugeordnet werden, aus der Datensicht die relevanten Dokumente oder Datenobjekte“ (Fleischmann et al., 2018, S. 78). Dabei gilt es zu beachten, dass die zusätzlichen Elemente der eEPK nur Funktionen, nicht aber Ereignissen zugeordnet werden können. Zu den gängigsten Erweiterungen der EPK-Notation in der eEPK zählen die Organisationseinheit, das Anwendungssystem sowie das Informationsobjekt. Die Organisationseinheit dient dabei der Abbildung von Verantwortlichkeiten in einem Geschäftsprozessmodell (Fleischmann et al., 2018, S. 83-85). Konkret bedeutet dies, dass die zugeordnete Organisationseinheit für die Ausführung der betreffenden Funktion verantwortlich ist (Bächle et al., 2021, S. 66). Das Anwendungssystem kennzeichnet „die Notwendigkeit, bei der Ausführung einer Funktion ein bestimmtes IT-System einzusetzen“ (Fleischmann et al., 2018, S. 84). Durch die Angabe des Anwendungssystems lässt sich die Unterstützung der Geschäftsprozesse durch Informationstechnik (IT) darstellen (Gadatsch, 2020, S. 121; Rosemann et al., 2012, S. 70). Informationsobjekte dienen dagegen der Darstellung der Datenverarbeitung in einem Geschäftsprozess. Es handelt sich dabei um die Informationen bzw. Daten, die von einer Funktion zu deren Ausführung benötigt bzw. von einer Funktion erzeugt oder verändert werden (Bächle et al., 2021, S. 66; Fleischmann et al., 2018, S. 85). Darüber hinaus existieren in der eEPK weitere Notationselemente wie Dokumente, d.h. Schriftstücke, die von einer Funktion verarbeitet oder erzeugt werden, Prozesswegweiser, die dem Verweis auf separat modellierte Teilprozesse dienen (Bächle et al., 2021, S. 66), und Datenflüsse zur Verknüpfung eines Informationsobjekts mit einer Funktion (Gadatsch, 2020, S. 121).
Prozessmodellierung mittels BPMN
Die BPMN ist eine standardisierte, formale Modellierungssprache zur Erstellung fachlicher und technischer Prozessmodelle (Schmelzer & Sesselmann, 2020, S. 648). Sie stellt heute den meist eingesetzten Standard für die Modellierung von Geschäftsprozessen dar (Fleischmann et al., 2018, S. 73; Gadatsch, 2020, S. 127). Dies liegt neben ihrer weltweiten Standardisierung (Gadatsch, 2020, S. 127) auch an der Möglichkeit, über die Prozessmodellierung im Sinne der Dokumentation von Geschäftsprozessen hinausgehende Modelle zu erstellen, die zusätzlich unmittelbar zur IT-unterstützen Ausführung geeignet sind (Fleischmann et al., 2018, S. 91-92). Dadurch verbindet die BPMN die Geschäftsprozessmodellierung mit der -implementierung (Leimeister, 2021, S. 215).
Im Zentrum der Modellierung mit BPMN steht die Darstellung von Geschäftsprozessen als zeitlich-logische Abfolge von Aufgaben, die zusätzlich hinsichtlich ihrer organisatio- nalen Verantwortlichkeiten strukturiert werden. Dabei beginnt und endet jeder Prozess mit einem Ereignis. Dazwischen steht eine Abfolge von Aktivitäten. Diese stellen die Arbeitsschritte dar, die im Prozessablauf abzuarbeiten sind. Sie können bei Bedarf in Form von Teilprozessen weiter verfeinert werden. Streng genommen bezeichnet eine Aufgabe dabei eine nicht teilbare Aktivität, während Teilprozesse aus mehreren Teil-Aktivitäten bestehen. Ereignisse repräsentieren analog zu den EPK Zustandsänderungen, wobei Startereignisse den Beginn und Endereignisse das Ende eines Prozesses markieren (Fleischmann et al., 2018, S. 93-94; Pufahl, 2021, S. 52). Innerhalb des Prozesses können zusätzliche Zwischenereignisse modelliert werden (Freund & Rücker, 2019, S. 33). Zur Darstellung der Bedingungen, unter denen bestimmte Aufgaben innerhalb eines Geschäftsprozesses abzuarbeiten sind, dienen in der BPMN die sogenannten Gateways (Fleischmann et al., 2018, S. 93; Freund & Rücker, 2019, S. 28). Sie können sowohl zur Modellierung von Verzweigungen im Prozessablauf als auch zur Darstellung paralleler Abläufe eingesetzt werden (Gadatsch, 2020, S. 131). Dabei stehen analog zu den EPK das parallele oder AND-Gateway, das inklusive oder OR-Gateway sowie das exklusive oder XOR-Gateway zur Verfügung (Fleischmann et al., 2018, S. 94).
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- Anónimo,, 2022, Prozessmanagement mit ERP-Systemen am Beispiel des Procure-to-Pay-Prozesses, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1340533
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