Bei dem zu behandelnden Werk handelt es sich um eine Dissertation des Verfassers Michael Drucker. Die Arbeit dient zur Erlangung der Würde eines Doktors in der Philosophie und wurde der Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaft an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg vorgelegt. Das bedeutet im Vorhinein, dass die vorliegende Arbeit keinen historischen Anspruch hat, sondern einen philosophischen. Dies auch unter der Bedingung, dass eine der Fakultäten, bei denen die Arbeit vorgelegt wurde, die der Altertumswissenschaften ist. Es ist ersichtlich, dass die althistorischen wissenschaftlichen Ansprüche eingehalten wurden. Beim Lesen ist dennoch die philosophische Arbeitsweise zu erkennen, die übergestellte Aspekte und Leitmotive untersucht.
Rezension zur Dissertation von Michael Drucker „Der Verbannte Dichter und der Kaiser- Gott“
Drucker, Michael: Der verbannte Dichter und der Kaiser-Gott. Studien zu Ovids späten Elegien. Leipzig, 1977.
Bei dem zu behandelnden Werk handelt es sich um eine Dissertation des Verfassers Michael Drucker. Die Arbeit dient zur Erlangung der Würde eines Doktors in der Philosophie und wurde der Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaft an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg vorgelegt. Das bedeutet im Vorhinein, dass die vorliegende Arbeit keinen historischen Anspruch hat, sondern einen philosophischen. Dies auch unter der Bedingung, dass eine der Fakultäten, bei denen die Arbeit vorgelegt wurde, die der Altertumswissenschaften ist. Es ist ersichtlich, dass die althistorischen wissenschaftlichen Ansprüche eingehalten wurden.1 Beim Lesen ist dennoch die philosophische Arbeitsweise zu erkennen, die übergestellte Aspekte und Leitmotive untersucht.
Das Werk ist in sechs Kapitel unterteilt, wobei das letzte das Literaturverzeichnis bildet. Das erste Kapitel ist die „Einführung“, das zweite behandelt „Aspekte der Gotteserfahrung“, das dritte untersucht das Motiv des Seesturmthemas, das vierte nimmt die Gestalten im Mythos unter die Lupe und nennt sich „Spiegelungen in den Gestalten des Mythos“ und das letzte thematische Kapitel bildet eine Art Fazit aus der ganzen Ausarbeitung unter der Benennung „Konsequenzen“.
In der „Einführung“ klärt der Verfasser die Ausgangslage ab und geht im ersten Unterkapitel auf die allgemeine Haltung Ovids zum Kaiser Augustus ein. Er meint es sei von Ovids Seite eine „Schmeichelei“2 an den Kaiser zu erkennen. Im nächsten Unterkapitel geht er auf den Kaiserkult des Augustus ein und kommt vorerst zum Schluss, Ovids hochlobende Einstellung zum Kaiser sei ein Produkt der damaligen Zeit. Allerdings lässt Drucker diese Aussage nicht so stehen und meint es sei im weiteren Verlauf der Arbeit noch weiter darauf einzugehen. Er scheint das einleitende Kapitel dazu zu nutzen, um nicht nur in das Thema kurz einzuleiten, sondern auch um augenscheinliche Problematiken3, die beim Lesen der Dissertation auffallen können, zu adressieren. Dabei handelt es sich, um die typischen Absichten, welche die Einleitung einer akademischen Arbeit in sich birgt.
Das nächste Kapitel beschäftigt sich, wie der Titel schon sagt, mit Aspekten der Gotteserfahrung. Dabei beschäftigt der Verfasser sich mit der Göttlichkeit, wie sie in der ersten Elegie auftaucht. Die Begriffe „pax deum“ und „ira deum“ stehen im Vordergrund. Es handelt sich dabei um Kernbegriffe der römischen Religion.4 Die „pax deum“ bedeutet in der Übersetzung aus dem Lateinischen den göttlichen Frieden und die „ira deum“ kann in dem Sinne als der göttliche Zorn verstanden werden. Durch diese Begriffe wird im Prinzip das Verhältnis von Gott zu Mensch beschrieben. Die „ira deum“ kann zurückgerufen und die „pax deum“ wiederhergestellt werden, wenn gewisse Kultrituale durchgeführt werden und der Frieden damit erbeten wird. Drucker beschreibt zuerst, welche Rolle die monarchische Gewalt für die Göttlichkeit des Kaisers in Ovids Versen spielt und greift damit wieder die Gott-Kaiser-Vorstellung auf. Das Motiv von Leben und Tod wird dabei auf die Divinisierung des Kaisers übertragen. Nach dem zweiten Abschnitt der Einleitungselegie kommt der Autor zum Schluss, dass die Vergötterung Ovids dem Kaiser gegenüber nicht etwa der Schmeichelsucht entspringt, sondern vielmehr seiner Fähigkeit den Frieden zu entziehen und seinen Zorn walten lassen zu können. Der Kaiser erhält somit durch die göttliche „Angleichung“5 des Dichters „eine gewisse positive Verpflichtung“6 zur „Haltung des Friedens“7.8 Drucker folgert, dass eine gestörte „pax deum“ vorliegt, aufgrund der zornigen Strafgewalt des Augustus.9 Diesem Gedankengang und der Argumentationsweise sowie der Thesenbildung zu folgen, stellt sich für den Leser als schwieriges Unterfangen heraus. Man erkennt hier wie Drucker, dass Motiv der Göttlichkeit zur Interpretation heranzieht. Dies ist eine typisch philosophische Arbeitsweise. Auch die Tatsache, dass viele Passagen mehrmals gelesen werden müssen, ist nicht etwa der Unfähigkeit des Autors geschuldet sich auszudrücken oder sonstigen stilistischen Problemen, sondern tatsächlich schlicht und ergreifend der komplexen Herangehensweise der Philosophie. Die Argumente sind sehr abstrakt aufgebaut und es besteht deshalb an jeder Ecke die Gefahr etwas falsch zu verstehen, da solche Gedankengänge meist schwer zu Papier zu bringen sind in einer klaren und präzisen Art und Weise. Der Verfasser geht in dem Sinne deshalb vorteilhaft vor, indem er kleinere Abschnitte zur Analyse heranzieht. Im weiteren Verlauf des Kapitels nimmt die Abstraktion der Gedankengänge allerdings auch ab. Drucker bedient sich dabei viel mehr den literarischen und mythischen Motiven als zu Beginn. Dies tut er, indem er im Gedicht auftretende Motive und Figuren analysiert.10 Im Inhaltsverzeichnis wird das gesamte Kapitel als „Exposition“ bezeichnet, diese formiert die Vorstufe des im nächsten Kapitel zu untersuchenden Subjekts.
Bei Druckers Untersuchung der sogenannten „Entfaltung“11 im zweiten Kapitel fällt dem Leser weiterhin auf, dass die zuvor beschriebenen Motive des Zornes und des Verhältnisses zum Kaiser Augustus weiterhin relevant bleiben. Nach Drucker steht das Seesturmmotiv ganz klar und nachvollziehbar für Zorn. Naturgewalten sind in der polytheistischen antiken Religion generell als ein Zorn der Götter anzusehen. So ähnlich fügt auch Drucker dies in seine Interpretation ein. Er meint allerdings der Zorn, der durch das Unwetter zu Tage kommt, würde nicht direkt der göttlichen Macht des Augustus entspringen. Die Stürme und das Unwetter würden, so sagt er, nämlich tatsächlich den Naturgöttern zu Schulde kommen und Ovid als Protagonist der lyrischen Erzählung hätte zu befürchten, dass auch die besagten Götter sich auf die Seite des Augustus gestellt haben.12 Auch in diesem Zusammenhang bleibt die literarische Analyse nicht aus. Der Autor geht methodisch weiter vor, wie er im ersten Kapitel aufhörte und untersucht Reimstrukturen und Satzstellungen wie auch vorkommende Motive.13 Bei letzterem bewegt er sich allerdings nicht mehr auf einer abstrakten Ebene, sondern bleibt ziemlich nah am Text. Das zweite Unterkapitel gestaltet sich demgegenüber ein wenig tiefgehender. Drucker nimmt eine genauere und weitgehendere Interpretation vor. Die Geschehnisse auf dem Meer zwischen dem Dichter und dem Unwetter sind auf Ovid als verbannten Dichter und Augustus als herrischen Kaiser zu übertragen. Die „Kraft des Dichterwortes [stellt sich] gegen die Macht eines Herrschers“14.
[...]
1 Hiermit ist die Arbeit mit und an den Quellen wie auch der Umgang mit der Zitation und dem Fußnotenapparat gemeint.
2 Siehe: S.3; S.5.
3 Wie in dem Fall Ovids Haltung zum Kaiser auch als eine „Schmeichelei“ angesehen werden kann.
4 Vgl.: S. 38-39.
5 Siehe: S.41.
6 Siehe: Ebd.
7 Siehe: Ebd.
8 Der Dichter hat in dem Fall durch die Divinisierung des Augustus die „pax deum“ erbeten, somit sollte der Kaiser durch die ihm dadurch gleichzeitig zukommende göttliche Rolle die „pax“ wiederherstellen und seinen Zorn fallen lassen.
9 Vgl.: S.41.
10 Vgl.: S.44-53.
11 Siehe: S.2.
12 Vgl.: S.63-67.
13 Vgl.: S.64-66; S.80-81.
14 Siehe: S.78.
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- Bachelor of Arts Kristine Bäcker (Autor), 2019, Rezension zur Dissertation von Michael Druckers "Der verbannte Dichter und der Kaiser-Gott", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1339778