Die Arbeit wird sich mit dem Thema der Prostitution im spanischen Mittelalter beschäftigen. Dabei wird der Frage nachgegangen werden, ob Alfonso X. eine für seine Zeit tolerante Politik im Umgang mit der Prostitution betrieb. Der Frage soll sich durch die Untersuchung der Gesetze XV.LIII in der Quinta Partida und des Ley XX.XII in der Primera Partida der Siete Partidas angenähert werden. Diese sind in den Códigos antiguos de España, Coleccion completa de todos los códigos de España überliefert . Da die Quellenlange für das Hochmittelalter relativ begrenzt ist, sind als zeitgenössische Quellen die zum Teil vorhandenen Protokolle der Cortes, Urkunden, Übersetzungen, Historien und vor allem die Rechtswerke besonders wichtig.
Der Umgang mit der Prostitution unter Alfonso X. - eine für seine Zeit tolerante Politik?
Die vorliegende Arbeit wird sich mit dem Thema der Prostitution im spanischen Mittelalter beschäftigen. Dabei wird der Frage nachgegangen werden, ob Alfonso X. eine für seine Zeit tolerante Politik im Umgang mit der Prostitution betrieb. Der Frage soll sich durch die Untersuchung der Gesetze XV.LIII in der Quinta Partida und des Ley XX.XII in der Primera Partida der Siete Partidas angenähert werden1. Diese sind in den Codigos antiguos de Espana, Coleccion completa de todos los codigos de Espana überliefert2. Da die Quellenlange für das Hochmittelalter relativ begrenzt3 ist, sind als zeitgenössische Quellen die zum Teil vorhandenen Protokolle der Cortes, Urkunden, Übersetzungen, Historien und vor allem die Rechtswerke besonders wichtig.
Die Historien und Übersetzungen geben zwar Aufschluss über die Zeit Alfons X. und sein Wirken, sind aber eher ungeeignet für die Annäherung an die Leitfrage, da sie sich entweder nicht direkt mit der Zeit Alfonso X. beschäftigen oder den Fokus auf Tradierungen aus anderen Kulturen legen.
Die Rechtswerke, die unter Alfonso X. entstanden, sind insofern interessant, als dass sie über die Gesetze die sozialen Ordnungs(-vorstellungen) widerspiegeln. Der Fuero Real und der kurz darauf verfasste Espéculo sind juristische Texte, die die Ordnung des Reiches behandeln. Die Siete Partidas (die erste Version erschien zwischen 1256 und 1265, eine zweite, überarbeitete, zwischen 1272 und 12754 )sind hingegen allgemein gültiger angelegt, da sie zeitlich auch im Zusammenhang mit der römischen Kaiserwürde, die Alfonso angeboten wurde, stehen. Als zeitlich letztes Rechtswerk wurde 1282-1284 der Setenario verfasst.
In der vorliegenden Arbeit soll eine Analyse zweier Gesetze aus den Siete Partidas erfolgen, da diese ein sehr universal angelegtes Rechtswerk darstellen. In der Partida I.XX.XII wird, wenn das Einkommen auf schlechte Art und Weise verdient wurde, festgelegt, wann der Zehnte gezahlt werden muss und wann nicht. Die Partida V.XV.LIII bestimmt, dass Prostituierte ihr Geld behalten dürfen, auch wenn sie ihre Versprechen an den Kunden nicht erfüllt haben.
Alfonso X. hat mit den Siete Partidas einen Umbruch zur bisherigen Rechtstradition eingeleitet5. Frühere und auch noch seine ersten Rechtstexte waren geprägt von Observanzen, Gemeinderecht und lokalen Privilegien. Die Siete Partidas hingegen waren ein einheitlicher Gesetzestext für das gesamte Königreich.
Die Quellenanalyse und Interpretation soll verschiedene Betrachtungsebenen miteinander verbinden. Die Annäherung an die Frage erfolgt anhand rechtlicher Bestimmungen, soll aber gleichzeitig eine mögliche kulturelle Diskrepanz aufzeigen, die sich im Umgang mit verschiedenen sozialen Randgruppen zeigt. Somit soll die rechtliche Analyse der ausgewählten Gesetze Aufschluss über soziale Gegebenheiten bieten und gleichzeitig eine politische Perspektive aufzeigt.
Alfonso X. herrschte über Kastilien zwischen 1252 und 1284 zu einer Zeit, in der die Reconquista schon fast vollendet war. Schon 1230 wurde Kastilien und Leon durch seinen Vater, Ferdinand den III, vereinigt und das Herrschaftsgebiet wuchs durch erfolgreiche Kriege gegen die Mauren auf der Iberischen Halbinsel zwischen 1212 und 1248 und die Hälfte an6. Alfonso erbte somit ein großes und heterogenes Herrschaftsgebiet. Nach der Rückeroberung von alten Bischofssitzen im heutigen Andalusien wurde schon Ferdinand III vom Papst dazu berechtigt, die Bischöfe selbst einzusetzen. Alfonso X. festigte dieses Recht in den Siete Partidas. Im Zuge der Reconquista erhielt Alfonsos Vater finanzielle Unterstützung von der Kirche, die Alfonso X. auch in seiner Herrschaftsperiode weiterhin einforderte7. Durch die Einbehaltung eines Teils des Zehnten geriet er allerdings in einen Konflikt mit dem Klerus. Auch wenn er nicht vom Papst eingesetzt wurde und die Kirche ihm in seinem Herrschaftsgebiet untergeordnet war8, kann er noch nicht als säkularer Herrscher bezeichnet werde. Die Beziehung Alfonsos X. zum Klerus und der Einfluss der Kirche auf die Politik sind wichtig, um bestimmte Erklärungen in den Gesetzestexten nachvollziehen zu können. 1256 wurde ihm aufgrund seiner staufischen Herkunft die römische Kaiserwürde angeboten, aber 1275 erteilte ihm Papst Gregor X. die Absage für die Kaiserwürde. Seine Herrschaft war von drei Konstellationen bestimmt9: zum einen durch seine Vereinheitlichungsbestrebungen in Recht, Sprache und Wissen, die einen Herrschaftsausbau ermöglichen sollten und nicht zuletzt durch seine Kaiserambitionen motivieret waren. Diese widersprachen aber die Partikularansprüchen des spanischen Adels. Zum andern bestimmten die konkurrierenden Kulturen auf der Iberischen Halbinsel seine Herrschaft, denn dort prallten verschiedene Religionen, Wissenskulturen und Herrschaftskulturen aufeinander. Gleichzeitig wurde Kastilien dadurch zum Mittler zwischen der arabischen und europäischen Welt. Auch die Kaiserambitionen sorgten für eine Öffnung Spaniens zu modernen europäischen Entwicklungen. Zuletzt war der Hof Alfonsos ein Herrschafts- und Wissenszentrum, das durch personale Beziehungen eine Einheit von Politik und Wissen schuf. Insgesamt lässt sich Alfonso X. als ein König beschreiben, der durch interkulturelle Beziehungen und Einflüsse an seinem Hof ein Wissenszentrum etablierte und nicht ohne Grund geht er in die Geschichte als Alfonso X el sabio („der Weise“) ein. In der Politik hingegen war er ein weniger erfolgreicher König und musste einige Niederlagen hinnehmen.
Die Prostitution wurde auf der Iberischen Halbinsel vor allem ab dem 13. Jahrhundert zu einem wichtigen Thema, da ein deutlicher Anstieg der Anzahl an Prostituierten, Bordellwirten und Zuhältern zu bemerken war. Dieser Anstieg hatte diverse Gründe: Zum einen gab es einen Bevölkerungsanstieg und es etablierten sich Stadtzentren, außerdem wurden Universitäten gegründet. Zum anderen nahm die Zahl an Handwerkern und Händlern deutlich zu. Somit gab es viele junge, ledige Männer und Frauen, die in den Städten lebten. Die Kirche tolerierte die Prostitution nur daher, weil sie sie als einen sexuellen Ausweg für ledige Männer betrachtete, die sich sonst an ehrbaren Frauen vergehen könnten10. Alfonso X. gehörte zu den ersten Herrschern auf der Iberischen Halbinsel, die sich öffentlich zur Prostitution äußerten und in Gesetzen Regelungen zur Prostitution festlegten. In Aragon erfolgte eine solche Regelung erst im Jahre 1285, als König Jaume die Gründung von Rotlichtvierteln legalisierte, um die Prostitution kontrollieren zu können, Verbrechen zu verringern und sowohl die Bürger, als auch die Prostituierten schützen zu können11. Die Siete Partidas erschienen hingegen schon zwischen 1256 und 126512 und mit ihnen erste Gesetze mit Bezug auf Prostituierte.
Die Quinta Partida beinhaltet Gesetze bezüglich Familie und Handel und regelt „the worlds of woman an merchants“13. In dem Gesetz V.XV.LIII findet sich eine Regelung, die den Prostituierten einen rechtlichen Schutz in Bezug auf ihr Einkommen bietet. Schon im Titel wird festgelegt, dass eine Prostituierte gerichtlich nicht belangt werden kann, weil sie nach erfolgter Bezahlung bestimmte Versprechungen an den Kunden nicht erfüllt: „Como lo que alguno diesse a muger, porque fiziesse maldad de su cuerpo, non lo puede demandar maguer la muger non cumpliesse lo prometido“14 . In diesem Titel zeigt sich eine abwertende Haltung gegenüber dem Geschäft der Prostituierten, denn diese verdienen ihr Geld indem sie Schlechtes („ maldad “15 ) mit ihrem Köper tun. Ebenfalls auffallend in der Überschrift ist, dass dort nur von „ muger “, also „Frau“, nicht aber von einer schlechten Frau, gesprochen wird. Der gängige Begriff für die Prostituierte im Kastilischen unter Alfonso X. war nämlich, wie auch die ausgewählten Gesetze zeigen werden, „ mala muger “ („schlechte Frau“).
Das Gesetz gibt weiterhin Aufschluss über die Bezahlungsmittel von Prostituierten. Diese konnten nämlich sowohl mit Geld als auch mit Geschenken für ihre Arbeit bezahlt werden: „ e rescibe los dineros, o las donas “16. Außerdem kann von dem Gesetzestext abgeleitet werden, dass viele Prostituierte ihre Kunden aufgrund von gutem Ruf („ buena fama “17 ) erhielten. Die Bedeutung des Rufs einer Prostituierten spiegelt sich auch bei gerichtlichen Prozessen gegen sie wider. Eukene Lacarra Lanz legt in ihrem Text „Legal and Clandestine Prostitution in Medieval Spain“ dar, dass der häufigste und wichtigste Anklagepunkt bei heimlicher Prostitution der schlechte Ruf war: „_we observe that notoriety was the single element always present“18.
Alfonso X. bestimmte in diesem Gesetz, dass der Freier die Prosituierte nicht dazu auffordern kann, ihm das Bezahlungsmittel zurückzuerstatten. Denn auch wenn sie verspricht zu tun, was der Kunde verlangt und die versprochene Leistung nicht erfüllt, darf der Kunde sein Geld, das er vorab bezahlt hat, nicht einfordern. Alfonso begründete diesen Schutz für das Einkommen der Prostituierte damit, dass die Unzüchtigkeit entsteht, weil der Freier die Prostituierte bezahlt hat und sie diese Bezahlung angenommen hat. Somit sind beide an der Unzüchtigkeit schuld. Allerdings hat die Prostituierte, auch wenn sie dem Freier eine Leistung schuldet, mehr recht in der Angelegenheit, als der Freier, der sie bezahlt hat. Denn nachdem der Kunde die Prostituierte bezahlt hat, kann er das Geld nicht mehr einfordern und sie auch nicht anzeigen. Die Unzüchtigkeit kommt ihn diesem Fall nur von seiner Seite, denn er bezahlt sie für sexuelle Leistungen, die sie noch nicht erfüllt hat. Dies gibt Aufschluss darüber, dass dem König durchaus bewusst war, dass die Prostituierte nicht der Ursprung und alleinige Schuldige der Unmoral war. Denn letztendlich ist es der Freier, der sie um diese unsittlichen Dienste bittet und dafür auch bezahlt. Auch wenn die Prostitution im Kontrast zu den Werten der Kirche stand und somit gleichzeitig zu den Werten der Gesellschaft, musste eingesehen werden, dass es dennoch eine Nachfrage für eben diese Dienste gab. So wurde die Prostitution als sexueller Ausweg vor allem für junge, unverheiratete Männer gesehen und durch die Tolerierung erhoffte man sich, sexuellen Übergriffen und ähnlichen Delikten an ehrbaren Frauen vorbeugen zu können19. Da die katholische Kirche jeglichen außerehelichen Geschlechtsverkehr als Unzucht betrachtete, ist es nachvollziehbar, dass Alfonso X. die Unzüchtigkeit gleichermaßen auf Seiten des Freiers wie der Prostituierten sah. Auffallend ist, dass der kastilische König die Bezahlung für den Geschlechtsakt besonders hervorhob. Denn das wichtigste Argument für die Garantie der Bezahlung, die er den Prostituierten in diesem Gesetz erteilte, ist der Kauf von sexuellen Gefälligkeiten. Dieser ist moralisch verwerflicher als das sexuelle Angebot an sich, da er am Anfang der Unzüchtigkeit steht. Anhand dieser Stelle in dem Ley XV.LIII kann außerdem abgeleitet werden, dass eine Vorabbezahlung der Prostituierten Standard war. Ohne die unzüchtige Handlung des Freiers, nämlich der Bezahlung, käme es nicht zu dem sündigen außerehelichen Geschlechtsverkehr. Daher hat die Prostituierte umgekehrt das Recht, das Bezahlungsmittel einzubehalten, auch wenn sie die Versprechungen gegenüber dem Freier nicht einhält. Denn dieser stiftet sie zur Sünde an und. auch wenn sie sich darauf einlässt, indem sie die Bezahlung annimmt, kann ihr der Lohn dafür nicht mehr entzogen werden.
In diesem Abschnitt wird die Prostituierte, anders als im Titel, als „ mala muger “20, also schlechte Frau, bezeichnet. Denn auch wenn Alfonso X. sie davor schützte, unentgeltlich arbeiten zu müssen, grenzte er sie von den ehrbaren Frauen ab.
Zum Schluss gab Alfonso X den Prostituierten das Recht zu nehmen, was der Kunde ihnen gibt. Denn wenn sie schon ihr Einkommen damit verdienen, dass sie mit Männern verkehren („en yazer con los omes21 “), dann dürfen sie die Bezahlung auch erhalten. So steht im letzten Satz dieses Gesetzes noch einmal deutlich, dass die Unzüchtigkeit nämlich nicht von ihrer Seite kommt: „...non viene la torpedad de parde della“22.
Die Primera Partida sind Bestimmungen in Bezug auf die mittelalterliche Kirche und den Klerus23. Das Gesetz I.XX.XII legte fest, wann der Zehnte gezahlt werden muss, auch wenn das Einkommen auf schlechte Art und Weise verdient wurde: „De quales ganancias son tenudas los omes de dar el diezmo, maguer ellos las ganen mal“ 24. Generell musste der Zehnte auf alle Einkommen gezahlt werden, allerdings nur, wenn das Einkommen ehrlich verdient wurde. Aber viele verdienten ihr Geld unehrlich, wie beispielsweise durch Raub, Simonie, Bestechung, Erpressung, Wahrsagerei oder auch Prostitution. Die Prostituierten verdienten ihr Geld nämlich, indem sie sündigten („ las malas mugeres, faziendo su peccado “25 ). Letztendlich bestimmte die Kirche, wer den Zehnten zahlen musste und wer nicht. Da die Kirche das Verhalten von Personen, die durch eine der oben genannten Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt verdienten, nicht unterstützte, nahm sie von diesen auch nicht den Zehnten. Wenn aber beispielsweise eine Prostituierte von jemandem, der den Zehnten zahlen musste, etwas erbte, konnte es passieren, dass sie den Zehnten auf das Erbe zahlen musste. Dies war aber nur dann der Fall, wenn das Erbe rechtmäßig war.
Auch in diesem Gesetz wird bestätigt, dass Prostituierte die Bezahlung für ihre Arbeit annehmen dürfen, obwohl sie ihr Einkommen auf schlechte Art und Weise verdienen. Die Kirche tat aber richtig daran, den Zehnten von den Prostituierten und den anderen oben erwähnten nicht zu beziehen. Denn sie unterstützte das schlechte Verhalten von diesen Personen nicht und es sollte auch nicht so aussehen. Dies war aber nur solange so, wie jene Personen in Sünde lebten: „ E esto se entiende mientras binieren en aquel pecado: ca después se partiessen del, bien lo pueden tomar sin mala estanca “26 Sobald sie ihr Geld nicht mehr sündig verdienten, mussten sie ebenfalls den Zehnten zahlen. Dieser Satz zeigt somit auch einen Ausweg aus dem sündigen Leben der Prostituierten auf. Denn, wenn sie ihr Geld nicht mehr durch Prostitution verdienten, konnten sie wieder vollkommen in die kirchliche Gemeinde aufgenommen werden. Die Kirche konnte dann guten Gewissens den Zehnen von ihnen annehmen, auch wenn sie vorher durch ihre Arbeit gesündigt hatten. Um zu bekräftigen, weshalb die Kirche von jenen Personen, die ihr Einkommen auf schlechte Art verdienen, nicht den Zehnten nehmen kann, wurde folgender Vergleich gezogen: Der Schmerz Gottes, wenn er den Zehnten oder Spenden von Dingen erhält, die anderen gehören, sei ebenso groß wie der Schmerz eines Vaters, der seinen Sohn töten sieht, um ein Opfer zu bereiten. Dieser Vergleich bezieht sich vor allem auf Diebe, die keine Spenden machen dürfen und auch keinen Zehnten zahlen können, da sie sonst Abgaben von etwas geben würden, das nicht ihnen gehört. Gleichzeitig betont er die direkte Verbindung von Kirche und Gott. Da die im Gesetz genannten Personen alle durch Frevel ihre Abgaben verdienen, kann letztendlich Gott diese Abgaben nicht annehmen, da er ihr Verhalten nicht tolerieren kann. Da die damalige Gesellschaft sehr christlich geprägt war, zeigt der Ausschluss von der Zahlung des Zehnten und somit den Diensten an Gott auch einen Ausschluss aus der Gesellschaft.
Dieses Gesetz zeigt ferner deutlich, welcher sozialen Schicht die Prostituierten unter Alfonso X zugeordnet wurden. Sie werden verglichen mit Räubern, korrupten Beamten und Juristen und Erpressern in hohen sozialen Positionen, kurz gesagt, mit Straftätern. Gleichzeitig erscheinen sie neben Wahrsagern, fahrenden Sängern und Spielleuten, die in der Gesellschaft eine soziale Randgruppe formten. Außerdem wurde in dem Gesetz deutlich formuliert, dass die Erwerbstätigkeit der Prostituierten sündig ist. Die Kirche lehnte die Prostituierten soweit ab, dass sie nicht einmal Geld von ihnen annahm und schloss sie dadurch auch zu einem gewissen Maße aus der Gemeinde aus. Auch wenn Alfonso X. nicht vom Papst als König eingesetzt wurde und sogar Teile des Zehnten einbehielt, war die Position der Kirche ausschlaggebend, wie folgendes Zitat zeigt: „ porque dubdarian algunos, si deuden dar diezmo de tales ganancias, o no, touo por bien santa Eglesia de lo mostrar “27. Letztendlich entschied die Kirche, wer den Zehnten zahlen musste und wer nicht. So wurden in den Siete Partidas auch Kirchengesetze mit eingebunden. Ebenfalls abwerten ist die generelle Bezeichnung der Prostituierten als „ mala muger “, die in beiden Gesetzestexten vorkommt. Die Zuordnung von Prostituierten zu einer sozialen Randgruppe wird gerade in der Primera Partida XX.XII eindeutig und somit auch der Ausschluss aus der „normalen“ Gesellschaft. Gleichzeitig wird aber auch eine Möglichkeit zur (Wieder-)Eingliederung in die Gesellschaft aufgezeigt. Denn die Kirche nahm den Zehnten wieder an, wenn sie ihr sündiges Leben aufgab (vgl. I.XX.XII). Die Tatsache, dass sie eine Bezahlung für ihre Dienste annehmen durften (vgl. I.XX.XII) und auch, dass es in den Siete Partidas ein ganzes Gesetz zu ihrem finanziellen Schutz gab, lässt darauf schließen, dass die Prostitution zumindest geduldet wurde.
Um nun abschließend die Frage zu beantworten, ob der Umgang mit der Prostitution unter Alfonso X eine für seine Zeit tolerante Politik war, muss zunächst der Begriff „tolerant“ näher definiert werden. Der Begriff kommt von dem lateinischen Verb „tolerare“28, das „ertragen, aushalten, erdulden“ bedeutet. Ursprünglich bedeutet Toleranz die Duldung von anderen oder fremden Handlungsweisen oder Überzeugungen. Häufig wird es auch umgangssprachlich als gleiche Berechtigung verschiedener Überzeugungen verwendet. Die die Frage beantworten zu können, sollten verschiedenen Betrachtungsebenen miteinander verglichen werden: zum einen die der Prostituierten, auch wenn von ihnen keine direkten Überlieferungen vorliegen. Zum anderen die von Alfonso X, der als König für die politische Ebene steht, und zuletzt die der Kirche, die den Klerus repräsentiert.
[...]
1 Eine Übersetzung der beiden Gesetze befindet sich im Anhang, sowie auch der Originaltext
2 vgl. Martinez Arcubilla, Marcelo (Hrsg.): Codigos antiguos de Espana
3 vgl. Schlieben: Verspielte Macht, S.34f.
4 vgl. Schlieben: Verspielte Macht, S. 47
5 vgl. Scarborough: Woman as Victims and Criminals in the Siete Partidas, S.225
6 vgl. Schlieben: Verspielte Macht, S. 29
7 vgl. Schlieben: Verspielte Macht, S.30
8 vgl. Schlieben: Verspielte Macht, S. 31
9 vgl. Schlieben: Verspielte Macht, S. 34
10 vgl. Lacarra Lanz: Legal and Clandestine Prostitution in Medieval Spain, S. 265
11 vgl. Lacarra Lanz: Legal and Clandestine Prostitution in Medieval Spain, S. 266
12 vgl. Schlieben: Verspielte Macht, S: 133
13 Burns, Robert I. (Hrsg.): Volume 4, The World of Women and Merchants
14 Partida V.XV.LIII
15 Partida V.XV.LIII
16 Partida V.XV.LIII
17 Partida V.XV.LIII
18 Lacarra Lanz: Legal and Clandestine Prostitution in Medieval Spain, S.277
19 vgl. Lacarra Lanz: Legal and Clandestine Prostitution in Medieval Spain, S. 265f.
20 Partida V.XV.LIII
21 Partida V.XV.LIII
22 Partida V.XV.LIII
23 vgl. Burns, Robert I. (Hrsg.): Volume 1, The Medieval Church
24 Partida I.XX.XII
25 Partida I.XX.XII
26 Partida I.XX.XII
27 Partida I.XX.XII
28 Hau: Wörterbuch für Schule und Studium Lateinisch - Deutsch, S.1045.
- Citar trabajo
- Sophia Jereczek (Autor), 2019, Prostitution in Spanien unter Alfonso X. Eine Untersuchung anhand ausgewählter Rechtsbestimmungen der "Siete Partidas", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1339260
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