Versuch eines kurzen historischen Überblicks über die Entwicklung des Römischen Index in der Frühen Neuzeit. Nach einer kurzen Darstellung der ideengeschichtlichen Vorraussetzungen der Buchzensur wird der Weg ihrer Institutionalisierung von der Inquisition über das Konzil von Trient bis zur Indexkongregation verfolgt.
Inhaltsverzeichnis
I.) Einleitung
II.) Die kirchliche Buchzensur bis zum Anfang des 17. Jh.
II. 1. Voraussetzungen
II. 2. Die Indices von Inquisition und Tridentinum
II. 3. Die Indexkongregation
III.) Die Arbeit der Kongregation bis zum Ende des 18. Jh.
IV.) Schluss
Literaturverzeichnis
I.) Einleitung
Dieser Essay stellt den Versuch dar, einen historischen Überblick über die Entwicklung des Römischen Index in der Frühen Neuzeit zu geben. Nach einer kurzen Darstellung der ideengeschichtlichen Vorraussetzungen der Buchzensur wird der Weg ihrer Institutionalisierung von der Inquisition über das Konzil von Trient bis zur Indexkongregation verfolgt. Daran schließt sich eine Untersuchung der Arbeit der Kongregation bis zum Ende des 18. Jh. an, bevor zum Schluss die Ergebnisse bewertet werden und ein kurzer Ausblick über diese grobe frühneuzeitliche Epochengrenze hinweg auf das Ende des „Index Librorum Prohibitorum“ unternommen wird.
Die inhaltliche Schwerpunktsetzung auf das 16. Jh. erwächst einerseits aus der großen Bedeutung von Gegenreformation und Inquisition für die über die folgenden Jahrhunderte nahezu unverändert bestehenden geistigen und geistlichen Zielvorstellungen der kirchlichen Zensur. Zum Anderen spiegelt sie den gegenwärtigen Stand der Forschung: Da erst im Jahre 1998 die Archive der Hl. Römischen und Universalen Inquisition durch die Römische Glaubenskongregation der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, zeichnen sich derzeit noch zwei eindeutige Forschungsschwerpunkte im 16. und 19. Jh. ab. Dagegen ist die Buchzensur im 18. Jh. nur selten thematisiert worden[1].
Der Essay stützt sich maßgeblich auf die neueren Arbeiten des Projekts „Inquisition und Indexkongregation“ der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG)[2], aber auch auf die früheren wegweisenden Schriften der Theologen Reusch[3] und Hilgers[4].
II.) Die kirchliche Buchzensur bis zum Anfang des 17. Jh.
II. 1. Voraussetzungen
Die kirchliche Buchzensur sah seit ihrem Beginn ihre theologische Legitimationsgrundlage in der Apostelgeschichte: Sie beschreibt, wie Juden und Griechen aus Ephesus einsichtig zu Paulus kamen, um ihre falschen und gefährlichen Schriften, insbesondere solche über Zauberei, selbst ins Feuer zu werfen. Die Zensurorgane der römischen Kurie handelten im Namen und Auftrag des Papstes, der die Autorität der Apostelfürsten Petrus und Paulus verkörpert, welche ihrerseits gelenkt werden von dem Heiligen Geist und damit der ewigen göttlichen Wahrheit[5]. Leo XIII (um 1900) sah die Verantwortung der Päpste seit jeher darin, den Glauben unversehrt zu halten und die Christen vor schlechten und gefährlichen Büchern zu bewahren, damit sie nicht durch deren „unbedachten oder mutwilligen Gebrauch [...] an Glauben oder Sitten Schaden leide[n].“[6]
Kirchliche Bücherverbote lassen sich nachweisen seit dem Verbot der Thalia des Arius auf dem 1. Konzil von Nizäa 325. Der erste Katalog solcher Verbote erschien 496 auf einem römischen Konzil[7], jedoch meint die Bezeichnung „Index“ im klassischen Sinne erst die als selbstständiges Druckerzeugnis publizierten Listen von verbotenen Büchertiteln und Verfassernamen ab dem 16. Jh.[8]. Die Alte Kirche verurteilte in erster Linie häretische Werke, zudem Apokryphen, falsche Märtyrerakten und Bußbücher sowie abergläubische Schriften, während im Mittelalter neben den häretischen Büchern eines Wiclif oder Abälard sowie dem Talmud vielfach Schriften über dämonischen Mystizismus, Zauberei und andere Arten von Aberglauben verboten wurden[9]. Als Strafen waren die Verbrennung der Bücher, die Absetzung (bei geistlichen Amtsträgern, wenn sie keine Sondergenehmigung besaßen) und die Exkommunikation (bei Mönchen und Laien) üblich[10]. Im Mittelalter begegnet man dann im Zuge der mittelalterlichen und spanischen Inquisition verstärkt der Verbrennung von Ketzern, die in der Römischen Inquisition der Frühen Neuzeit, im Gegensatz zur spanischen, aber zunehmend zur Ausnahme wird.[11] Während der Papst zu allen Zeiten in besonders wichtigen Fällen Bücher in Eigeninitiative durch Bullen und Breven verdammen konnte, machten Entwicklungen des 16. Jh. die Übertragung von Kompetenzen auf spezielle Organe der römischen Kurie erforderlich.
II. 2. Die Indices von Inquisition und Tridentinum
Durch die Tatsache, dass Anfang des 16. Jh. mit der Erfindung des Buchdrucks die heilige Schrift für jeden zugänglich gemacht wurde und auch reformatorisches Gedankengut schnell große Verbreitung fand, sah die Katholische Kirche ihr Interpretations- und Wissensmonopol massiv bedroht. In zwei päpstlichen Bullen 1501 und 1515 erging die Forderung an die deutschen Bischöfe, die in ihrer Diözese kursierenden Bücher einer Zensur zu unterziehen (repressive Zensur) und die Erlaubnis zum Druck von Büchern, die Imprimatur, an eine Präventivzensur zu knüpfen. Als diese Versuche, den sich entwickelnden Buchmarkt zu kontrollieren, ohne Wirkung blieben, gründete Paul III. am 21. 07. 1542 die „Hl. Römische und Universale Inquisition“ zur Bekämpfung der Häresie und konsequenten Überwachung des Mediums Buch[12]. In einem Edikt wurden Buchdruckern und -händlern hohe Geldstrafen, der Verlust von Privilegien und des Arbeitsplatzes sowie bei Rückfälligkeit die Ausweisung aus ihrem Wohnort angedroht, sollten sie bereits verurteilte Schriften drucken oder verkaufen. Allen Gläubigen war es untersagt, verdächtige Schriften zu lesen, zu besitzen oder in Umlauf zu bringen und sie waren zur Auslieferung solcher Werke an kirchliche Behörden verpflichtet.
Der erste römische Index wurde von der Inquisition unter maßgeblichem Einfluss Pauls IV. erarbeitet und 1558 per Dekret in Kraft gesetzt[13]. Die bei ihm vorgenommene Unterscheidung von drei Klassen von Verboten wurde prägend für die folgenden Indices: Die erste Klasse betraf Schrifsteller, deren gesamtes Werk (opera omnia) verdammt wurde, was auch zukünftige Schriften betraf, selbst wenn sie keine religiösen Themen behandelten. Die zweite Klasse nennt Schrifsteller, von denen einzelne Bücher zu verurteilen seien und die dritte Klasse enthält Werke anonymer Autoren[14]. Die übermäßige Härte der verordneten Maßnahmen und die große Zahl verbrannter Bücher, auch solchen von katholischen Autoren, schufen Empörung unter römischen Gelehrten und machten die Forderung nach Abmilderung laut.
[...]
[1] Vgl. Wolf, Hubert: Einleitung 1814-1917 (= Römische Inquisition und Indexkongregation. Grundlagenforschung: 1814-1917), Paderborn 2005, S. 25-26.
[2] Ebd. sowie Wolf, Hubert (Hrsg.): Inquisition, Index, Zensur. Wissenskulturen der Neuzeit im Widerstreit (= Römische Inquisition und Indexkongregation 1), Paderborn 2001.
[3] Reusch, Franz Heinrich: Der Index der verbotenen Bücher. Ein Beitrag zur Kirchen- und Literaturgeschichte, 2 Bde., Bonn 1883-1885 [Ndr. Aalen 1967].
[4] Hilgers, Joseph: Der Index der verbotenen Bücher. In seiner neuen Fassung dargelegt und rechtlich-historisch gewürdigt, Freiburg im Breisgau 1904.
[5] Vgl. Wolf: Einleitung, S. 13.
[6] Zitiert bei: Hilgers: Index, S. 3.
[7] Vgl. Ebd., S. 3-4.
[8] Vgl. Schwedt, Herman H.: Der römische Index der verbotenen Bücher, in: Historisches Jahrbuch 107 (1987), S. 296.
[9] Vgl. Hilgers: Index, S. 4-5.
[10] Vgl. Reusch: Index I, S. 12.
[11] Vgl. Wolf: Einleitung, S. 11.
[12] Vgl. Ebd., S. 16-18.
[13] Vgl. De Bujanda, Jesús Martínez: Die verschiedenen Epochen des Index (1550-1615), in: Wolf (Hrsg.): Inquisition, S. 215-216.
[14] Vgl. Reusch: Index I, S. 263-264.
- Quote paper
- Malte Sachsse (Author), 2006, Kirchliche Zensur in der Frühen Neuzeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133850
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