Oft ist es nur ein kurzer Aufschrei – Wenn es in den Medien um die Qualität des deutschen Fernsehprogramms geht, äußert fast jeder Kritik, kann Beispiele benennen oder Verbesserungsvorschläge machen. Doch was ist Qualitätsfernsehen? Welche Bewertungskriterien gibt es und wer kann beurteilen, was gut oder schlecht ist?
Gegenstand dieser Referatsverschriftlichung soll es sein, den Qualitätsbegriff auf seine theoretische Bedeutung und seine Auslegungen in der Praxis hin zu untersuchen. Dafür ist es nötig, sich dem Thema als erstes aus wissenschaftlicher Sicht zu nähern. Die Professoren Heribert Schatz und Winfried Schulz entwickelten dazu Kriterien und Methoden zur Qualitätsforschung, die jedoch noch keine Auskunft über Leistungsunterschiede zwischen den verschiedenen Rundfunkveranstaltern geben. Sie sind lediglich als Vorstufe zu einer empirischen Untersuchung konzipiert worden (vgl. 1992, 690). Auch im Rundfunkstaatsvertrag sind Gebote für die Funktionen des Fernsehprogramms festgelegt.
Trotz der vorhandenen Maßstäbe bricht die Debatte über die Qualität des Fernsehens nicht ab. Einen erneuten Höhepunkt hatte sie im Oktober 2008 als Marcel Reich-Ranicki während der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises seinen Unmut gegenüber dem laufenden Programm kundtat. Der Abschnitt 2.3 soll klären, inwiefern Fernsehkritiker bzw. Kritik am Fernsehprogramm eine Auskunft über das Qualitätsniveau geben kann.
Kritik auf einer anderen Ebene – also in Form von Auszeichnungen – findet bei der Verleihung von Fernsehpreisen statt. Auch hier ist es fraglich, ob die von der Jury getroffenen Entscheidungen nach objektiven Qualitätskriterien getroffen werden. Der Eigenwerbungs-Effekt für verschiedene Rundfunkveranstalter darf dabei nicht außer Acht gelassen werden. Aber auch die Auszeichnungen einer im Allgemeinen unabhängigen Fernsehpreis-Jury wie der des Adolf-Grimme-Instituts dürfen nicht ohne Hinterfragen als Gütesiegel für Qualität hingenommen werden.
Der Deutsche Fernsehpreis, der durch den von Marcel-Reich-Ranicki ausgelösten Eklat, Ende 2008 zur Zielscheibe vieler Kritiker wurde, musste schon immer um Akzeptanz und Anerkennung kämpfen, da auch Populäres ausgezeichnet wird. Die Juroren wollen damit zeigen, dass auch Quotenfernsehen qualitativ hochwertig sein kann. Doch wo liegen die Merkmale und Schwerpunkte einer anspruchsvollen Programmgestaltung?
Inhaltsverzeichnis
1. Qualität – viel diskutiert aber undefiniert
2. Gutes Fernsehen, schlechtes Fernsehen
2.1. Die Suche nach dem Qualitätsbegriff
2.2. Maßstäbe und Wertungen
2.3. Forderungen nach mehr Anspruch
3. Quoten und Querelen – Wo bleibt die Qualität?
3.1. Gütesiegel Fernsehpreis: Ausgezeichnetes nicht immer ausgezeichnet
3.2. „Beschwerden unvermeidlich“: Zur Akzeptanz des Deutschen Fernsehpreises
3.3. Qualität bringt Quote
4. Klare Profile und Respekt vor den Zuschauern
Literaturverzeichnis
Online-Literatur
1. Anhang Auszug aus Friedrich Schillers “Die Braut von Messina”
1. Qualität – viel diskutiert aber undefiniert
Oft ist es nur ein kurzer Aufschrei – Wenn es in den Medien um die Qualität des deutschen Fernsehprogramms geht, äußert fast jeder Kritik, kann Beispiele benennen oder Verbesserungsvorschläge machen. Doch was ist Qualitätsfernsehen? Welche Bewertungskriterien gibt es und wer kann beurteilen, was gut oder schlecht ist?
Gegenstand dieser Referatsverschriftlichung soll es sein, den Qualitätsbegriff auf seine theoretische Bedeutung und seine Auslegungen in der Praxis hin zu untersuchen. Dafür ist es nötig, sich dem Thema als erstes aus wissenschaftlicher Sicht zu nähern. Die Professoren Heribert Schatz und Winfried Schulz entwickelten dazu Kriterien und Methoden zur Qualitätsforschung, die jedoch noch keine Auskunft über Leistungsunterschiede zwischen den verschiedenen Rundfunkveranstaltern geben. Sie sind lediglich als Vorstufe zu einer empirischen Untersuchung konzipiert worden (vgl. 1992, 690). Auch im Rundfunkstaatsvertrag sind Gebote für die Funktionen des Fernsehprogramms festgelegt.
Trotz der vorhandenen Maßstäbe bricht die Debatte über die Qualität des Fernsehens nicht ab. Einen erneuten Höhepunkt hatte sie im Oktober 2008 als Marcel Reich-Ranicki während der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises seinen Unmut gegenüber dem laufenden Programm kundtat. Der Abschnitt 2.3 soll klären, inwiefern Fernsehkritiker bzw. Kritik am Fernsehprogramm eine Auskunft über das Qualitätsniveau geben kann.
Kritik auf einer anderen Ebene – also in Form von Auszeichnungen – findet bei der Verleihung von Fernsehpreisen statt. Auch hier ist es fraglich, ob die von der Jury getroffenen Entscheidungen nach objektiven Qualitätskriterien getroffen werden. Der Eigenwerbungs-Effekt für verschiedene Rundfunkveranstalter darf dabei nicht außer Acht gelassen werden. Aber auch die Auszeichnungen einer im Allgemeinen unabhängigen Fernsehpreis-Jury wie der des Adolf-Grimme-Instituts dürfen nicht ohne Hinterfragen als Gütesiegel für Qualität hingenommen werden.
Der Deutsche Fernsehpreis, der durch den von Marcel-Reich-Ranicki ausgelösten Eklat, Ende 2008 zur Zielscheibe vieler Kritiker wurde, musste schon immer um Akzeptanz und Anerkennung kämpfen, da auch Populäres ausgezeichnet wird. Die Juroren wollen damit zeigen, dass auch Quotenfernsehen qualitativ hochwertig sein kann. Doch wo liegen die Merkmale und Schwerpunkte einer anspruchsvollen Programmgestaltung?
In den folgenden Kapitel kann zwar keine konkrete Antwort auf die Frage „Was ist Qualität im Fernsehen?“ gegeben werden, es sollen jedoch verschiedenen Wertungsrichtungen und -methoden benannt und erläutert sowie auf ihre Objektivität hin untersucht werden.
2. Gutes Fernsehen, schlechtes Fernsehen
2.1. Die Suche nach dem Qualitätsbegriff
Der Begriff Qualität ist vom lateinischen „qualis“ (wie beschaffen) abgeleitet. Er wird allgemein als Eigenschaft, Güte oder Wert übersetzt. Psychologen verstehen darunter das nicht messbare „Wie und „Was“ (im Gegensatz zur Quantität), während Medienwissenschaftler von einer Eigenschaft sprechen, „[…] die bestimmten, aus Werten abgeleiteten Normen entspricht“ (Breunig 1999, 94).
Wie sowohl die psychologische als auch die medienwissenschaftliche Definition erahnen lassen, handelt es sich bei Qualität um einen dehnbaren und je nach sozialem Hintergrund subjektiv behafteten Begriff. Pauschal gesagt, gibt es keinen historischen, kulturellen Bestand an Kriterien, keinen festen Code, der aussagt, was Qualitätsmerkmale sind (vgl. Göschel 1999, 35f). Je nach Perspektive existiert eine große Anzahl von Qualitäten. Die Entwicklung des Qualitätsbegriffes ist dynamisch. Im Hinblick auf die Bewertung des Fernsehprogramms gilt es also, die Qualitätskriterien von Zeit zu Zeit neu zu überdenken (vgl. Breunig 1999, 94).
Die Frage ist also, wie sich die Qualität eines so heterogenen Produktes wie Fernsehen trotz unterschiedlicher Wertesysteme objektiv und zuverlässig erfassen lässt. Eine Differenzierung zwischen rechtlichen, normativen und politischen Rahmenbedingungen sowie professionellen Standards und den Urteilen der Rezipienten scheint dabei unumgänglich. Auch zwischen Gesamtangebot (Programmqualität) und Einzelsendungen (Sendungsqualität) muss unterschieden werden (vgl. ebd.)
Ein einfacher aber einseitiger Zugang ist die Befragung von Zuschauern. „Einer aktuellen Umfrage zufolge hält knapp die Hälfte der Bundesbürger (48 Prozent) das Niveau der deutschen Fernsehprogramme unterm Strich für mittelmäßig. 37 Prozent gaben in der Befragung des Meinungsinstituts Forsa an, es sei niedrig oder sehr niedrig. Nur elf Prozent sprachen von einem hohen oder sehr hohen Niveau“ (Haas 2008). Die Quoten- bzw. Akzeptanzmessung allein reicht jedoch nicht aus. Beurteilungswerte von Sendungen, Imagewerte von Programmen, Gattungspräferenzen und Interessenlagen diverser Publika – all diese Faktoren sind Bestandteil der modernen Fernsehforschung (vgl. Oehmichen 1993, 16). Die Programmmacher selbst sehen Qualität als „[…] Idealbild eines handwerklich perfekten, engagierten und gesellschaftlich relevanten Fernsehprogramms […], dass den normativen und rechtlichen Rahmenbedingungen (Programmauftrag) gerecht wird“ (Gleich/Groebel 1994, 253).
Eine inhaltsanalytische Datenquelle, aus der kontinuierlich Erkenntnisse zur Programmqualität gezogen werden können, sind die Analysen des Instituts für empirische Medienforschung (IFEM). Die Studien leisten vor allem durch den stetigen Vergleich zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Programmen einen Beitrag zur Qualitätsdebatte (vgl. Breunig 1999, 97).
Das stärkste Argument für die Einführung des dualen Rundfunksystems, war damals, […] dass ein schärferer Wettbewerb unter den Sendern vor allem die Informationsqualität ihrer Programme fördert.“ Das Ziel der Erweiterung war mehr Vielfalt (vgl. Schulz 2001, 213). Analysen ergaben, dass dieses Ziel auch erreicht wurde. Die privaten Fernsehsender haben auf spezifische Weise zur Vielfalt der Inforationsgebote beigetragen. Sie haben die Inhalts-Palette um Alltags- und Boulevardthemen, um Sensation und Human Touch, um das Private und Intime erweitert. Zugleich ist eine Entpolitisierung eingetreten, was natürlich Zweifel daran aufkommen lässt, dass verschärfter Wettbewerb die Programmqualität fördern kann. Allerdings darf die vom Bundesgerichtshof in mehreren Grundsätzen betonte komplementäre Beziehung zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk nicht vergessen werden: Defizite der privaten Programmgestaltung sollen durch die Programme der Öffentlich-rechtlichen kompensiert werden (vgl. ebd., 230f).
2.2. Maßstäbe und Wertungen
Als Qualitätsmaßstab für die Programmaufsicht lassen sich aus dem Rundfunkstaatsvertrag drei Gebote ableiten: das Gebot der Vielfalt (§ 20, Abs. 1 und 4 sowie § 23, Abs. 2), das Gebot der journalistischen Professionalität (§ 23, Abs. 3) und das Gebot der Rechtmäßigkeit (§ 23, Abs. 1) (vgl. Schatz/Schulz 1992, 692). Vielfalt wird auch in zahlreichen Studien als Schlüsselkriterium für Programmqualität definiert. Es fehlt jedoch an verbindlichen Strategien zur empirischen Erhebung von Vielfalt, die auf eine Aufwertung des Fernsehprogramms schließen lässt (vgl. ebd., 254). Man muss sich Fragen, ob es den Zuschauerbedürfnissen entspricht beispielsweise im Abendprogramm sämtliche Genres im gleichen Umfang bereitzuhalten. Für eine derartige Vielfalt lassen sich mit wachsendem Programmangebot nur schwer Indices festlegen. Auch die Art von Vielfalt, die im Rundfunkstaatsvertrag für Vollprogramme festgelegt wurde, kann unterschiedlich ausgelegt werden. Das geforderte Angebot von Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung lässt besonders im Bereich der Fernsehpublizistik einen großen Spielraum zu (vgl. Weiß 2007, 52). Bei dieser setzen besonders die kommerziellen Sender immer mehr auf Infotainment und Hybridformate – also die Verschmelzung von Informations- und Unterhaltungstraditionen.
Auch die Relevanz des Inhalts von Fernsehprogrammen ist sowohl für die Zuschauer als auch für Experten ein bedeutsamer Qualitätsindikator. Die Professoren Heribert Schatz und Winfried Schulz unterscheiden dabei verschiedene Ebenen vom Individuum (Mikroebene) bis hin zur Gesellschaft (Makroebene). Die Relevanz auf der Mikroebene (Zuschauer und Programmacher) lässt sich mit Hilfe der Gratifikations- und Nachrichtenwertforschung ermitteln. Auf institutioneller und gesellschaftlicher Ebene ist dies aufgrund der Vielfältigkeit vorhandener Normen und Interessen nur schwer möglich. In Anlehnung an die Nachrichtenwerttheorie differenzieren die beiden Professoren zwischen quantitativen Faktoren, wie die Zahl der Betroffenen und qualitativen Faktoren, wie Wirkungsintensität, soziale Position und Prominenz der Akteure, räumliche und emotionale Nähe oder Irreversibilität bzw. Nachhaltigkeit des Ereignisses. Es lässt sich daraus aber nicht ohne weiteres ableiten, welche Relevanz ein Ereignis für den gesamtgesellschaftlichen Kontext besitzt (vgl. Schatz/Schulz 1992, 696ff).
Programmqualität wird in Studien auch oft anhand der Professionalität gemessen. Dabei unterscheiden Schatz und Schulz zwischen gestalterischer und inhaltlicher Professionalität. Ersteres bezieht sich im Allgemeinen auf das Handwerk, wobei im Fiction-Bereich ästhetisch-künstlerische Faktoren wie zum Beispiel Ton, Kamera und Regie im Vordergrund stehen. Im Non-fiction-Bereich ist es das Gebot der Verständlichkeit, nach dem die Zuschauer ein Recht auf gut aufbereitete und präsentierte Information haben. Bei der inhaltlichen Professionalität liegt das Hauptaugenmerk auf der journalistischen Professionalität, die die deskriptiven Qualitätskriterien Sachgerechtigkeit und Unparteilichkeit sowie ein gewisses Maß an analytischer Qualität voraussetzt (vgl. ebd., 701ff).
Die Publikumsakzeptanz, die nicht ohne weiteres mit der Sehbeteiligung gleichgesetzt werden darf, ist laut den beiden Autoren ein weiteres Kriterium für Programmqualität. Sie gehen davon aus, dass man den Grad der Akzeptanz daran erkennt, aus welcher Interessens- (z.B. Inhalte, Formate, Ästhetik) oder Bedürfnislage (z.B. Wirklichkeitsflucht, Information, Unterhaltung) heraus eine bestimmte Programm-eigenschaft bevorzugt wird. Als methodisches Modell dient die Nachrichtenforschung. Nach Ansicht von Schatz und Schulz stimmen Nachrichtenfaktoren, wie zum Beispiel Negativismus und Personalisierung, mit den Akzeptanzfaktoren der Zuschauer weitgehend überein. Für Fiction-Sendungen müssten allerdings spezifische Faktoren entwickelt werden. Auch die Aspekte der formalen Gestaltung sind aus Publikumssicht zu beachten. Dazu zählt beispielsweise die bereits genannte gestalterische Professionalität (vgl. ebd., 706f).
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- Arbeit zitieren
- Karoline Ahlemann (Autor:in), 2009, Wie gut ist das deutsche Fernsehen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133648
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