Menschen tendieren dazu, den Status quo zu rechtfertigen, und reagieren empfindlich auf Ratschläge von außen. Wie also hilft man Menschen dabei, Werte und Gewohnheiten zu entwickeln und ihre Entscheidungen daran auszurichten? Dieser Frage gingen Carl Rogers und später William R. Miller und Stephen Rollnick wissenschaftlich nach. Sie entwickelten das Konzept der personenzentrierten Gesprächsführung und der motivierenden Gesprächsführung. Ihre Geschichte, Grundlagen und die Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede werde ich im Folgenden erläutern und gegenüberstellen. Welchen Wert haben die Konzepte für die Beratung, und gibt es eine nachgewiesene Wirksamkeit der Methoden?
Jeder Mensch verfügt über einzigartige Erfahrungen, Eigenschaften und Erlebnisse. Das macht ihn zu einem Unikat mit einer individuellen Vorstellung vom Leben und einer damit einhergehenden Verantwortung für sich selbst. Obwohl durch die Umwelt und die Vererbung bestimmte Restriktionen bestehen, haben Menschen immer die Wahl zu entscheiden, was aus ihnen wird, indem sie ihre eigenen Werte und Gewohnheiten entwickeln und sich bei ihren Entscheidungen daran orientieren.
Diese humanistische Überzeugung von einem Menschen, der selbstbestimmt die Wahl hat, stützte in den 60er Jahren erste Selbstoptimierungs-Bewegungen, die die Idee vertraten, durch Entfaltung von Entwicklungspotential die Lebensqualität zu verbessern und ein Leben in emotionaler Ausgeglichenheit, Kreativität und Erfüllung leben zu können. Heute ist es durch das Internet einfacher denn je, sich zu Themen der eigenen Selbstentfaltung zu informieren. Gleichzeitig entsteht dadurch sozialer Druck, der Menschen auf Social Media mit einer perfekten Welt konfrontiert, die es so gar nicht gibt. Verhaltensmuster zu erkennen, verändern zu wollen und dann aufzubrechen ist für das Gewohnheitstier Mensch eine zähe und manchmal nicht allein zu bewältigende Herausforderung.
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
2 Der personenzentrierte Ansatz von Carl Rogers (1902-1987)
2.1 Grundlagen des personenzentrierten Ansatzes von Carl Rogers
2.2 Bedingungen für konstruktive Persönlichkeitsveränderung
2.3 Techniken und Anwendung
3 Motivierende Gesprächsführung (MI) von Miller und Rollnick
3.1 Grundlagen
3.2 Grundhaltung
3.3 Techniken und Anwendung
4 Gemeinsamkeiten und Unterschiede
4.1 Gemeinsamkeiten
4.2 Unterschiede
5 Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einführung
Jeder Mensch verfügt über einzigartige Erfahrungen, Eigenschaften und Erlebnisse. Das macht ihn zu einem Unikat mit einer individuellen Vorstellung vom Leben und einer damit einhergehenden Verantwortung für sich selbst.
Obwohl durch die Umwelt und die Vererbung bestimmte Restriktionen bestehen, haben Menschen immer die Wahl zu entscheiden, was aus ihnen wird, indem sie ihre eigenen Werte und Gewohnheiten entwickeln und sich bei ihren Entscheidungen daran orientieren. (Gerrig, 2016, S. 622)
Diese humanistische Überzeugung von einem Menschen, der selbstbestimmt die Wahl hat, stützte in den 60er Jahren erste Selbstoptimierungs-Bewegungen, die die Idee vertraten, durch Entfaltung von Entwicklungspotential die Lebensqualität zu verbessern und ein Leben in emotionaler Ausgeglichenheit, Kreativität und Erfüllung leben zu können. (Gerrig, 2016, S. 622).
Heute ist es durch das Internet einfacher denn je, sich zu Themen der eigenen Selbstentfaltung zu informieren. Gleichzeitig entsteht dadurch sozialer Druck, der Menschen auf Social Media mit einer perfekten Welt konfrontiert, die es so gar nicht gibt. Verhaltensmuster zu erkennen, verändern zu wollen und dann aufzubrechen ist für das Gewohnheitstier Mensch eine zähe und manchmal nicht allein zu bewältigende Herausforderung.
Menschen tendieren dazu den Status quo zu rechtfertigen und reagieren empfindlich auf Ratschläge von außen. Prof. Dr. Messner sagt dazu, „wenn ein Berater dies nun mittels geeigneter Argumente versucht und sein Gegenüber zu einer Änderung drängt, dann führt das nicht selten zum Gegenteil. Der Klient nimmt in diesem Fall oftmals die andere Seite der Ambivalenz ein und argumentiert mit den Gründen, die für sein bisheriges Verhalten und gegen eine Veränderung sprechen“ (Thomas Messner, 2016). „Die Fachliteratur zur effektiven Gesprächsführung zeigt, Ratschläge bzw. Botschaften funktionieren nicht“ (Boghossian & Lindsay, 2020, S. 34).
Wie also hilft man Menschen dabei, Werte und Gewohnheiten zu entwickeln und ihre Entscheidungen daran auszurichten?
Dieser Frage gingen Carl Rogers und später William R. Miller und Stephen Rollnick wissenschaftlich nach. Sie entwickelten das Konzept der personenzentrierten Gesprächsführung und die motivierende Gesprächsführung.
Ihre Geschichte, Grundlagen und die Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede werde ich im Folgenden erläutern und gegenüberstellen. Welchen Wert haben die Konzepte für die Beratung, und gibt es eine nachgewiesene Wirksamkeit der Methoden?
2 Der personenzentrierte Ansatz von Carl Rogers (1902-1987)
„Keiner weiß besser, was ihm gut tut und für ihn notwendig ist, als der Betroffene selbst“ (Groddeck, 2017, S. 311). Diese humanistische Färbung von Rogers geht auf seine Beschäftigung mit dem Existentialismus und der jüdischen Religionsphilosophie zurück. In der Psychologie war es die Arbeit des Psychoanalytikers Otto Rank, der als einer der Ersten den Beziehungsaspekt hervorhob und Rogers beeinflusste.
Durch wissenschaftliches Herangehen an die zwischenmenschliche Beziehung fand Rogers heraus, dass durch eine vertrauensbasierte, therapeutische Beziehung ein psychologischer Kraftstoff für Veränderungsprozesse gewonnen werden kann. Er bezeichnet die „Beziehung“ als entscheidenden Wirkfaktor. Diese Auffassung stand im Gegensatz zu den in den 50er Jahren angewandten Methoden und brachte ihm Kritik und Empörung ein. Etwas 50 Jahre später wurde Rogers, der bis dahin seine Ansichten weitestgehend alleine vertreten hatte, durch Studien der Therapieforschung bestätigt. Er gilt seitdem als Reformator der Psychotherapie und als einer der Gründerväter der modernen Beratung, wie wir sie heute kennen. (Weinberger, 2014, S. 19-21)
Rogers selbst stürzte 1948 in eine tiefe psychologische Krise. Sie wurde durch die Arbeit mit einer Patientin ausgelöst, gegen die er Abneigung verspürte, ohne sich davon abgrenzen zu können. Dadurch verstieß er gegen seine eigene Theorie und Bedingung kongruent zu sein, was ein wesentlicher Bestandteil seiner Methode ist. Ein Kollege, der den Zustand von Rogers bemerkte, therapierte ihn daraufhin mit dessen eigenem Konzept der nicht-direktiven und personenzentrierten Psychotherapie. Aufgrund dieser selbst gemachten Heilungserfahrung, konnte Rogers sich besser in der Wirklichkeit seiner Patienten hineinversetzen (Groddeck, 2017, S. 143-145).
2.1 Grundlagen des personenzentrierten Ansatzes von Carl Rogers
Im Kern des personenzentrierten Ansatzes, wird angenommen, dass der Ratsuchende eine Art von Selbstdiskrepanz zwischen seiner Idealvorstellung von sich selbst und seinem tatsächlichen Selbst gibt. Rogers nennt diesen Zustand Inkongruenz, welcher zu Beginn mindestens vage vorhanden sein muss (Hellwig, 2020, S. 31). Im Laufe der Zusammenarbeit wird versucht Inkongruenz wahrzunehmen und abzubauen (Drath, 2012, S. 228). Laut seiner Theorie hat jeder Mensch die Fähigkeit, sich weiterzuentwickeln. Er bezeichnet diese Kompetenz als Aktualisierungstendenz (Weinberger, 2014).
Carl Rogers beschreibt als Ziel der Therapie die Gestaltung eines Umfelds, das es dem Klienten oder die Klientin möglich macht, neue Verhaltensweisen zu erlernen (Gerrig, 2016, S. 622). Gelingt es, auf dieser Basis eine Beziehung herzustellen, können Veränderungsprozesse in Gang gesetzt werden.
Die Beziehung bildet damit den alles entscheidenden Wirkfaktor für Fortschritt (Weinberger, 2014, S. 24). In dieser Einstellung zeigt sich das humanistische Menschenbild von Carl Rogers, der Hilfesuchend*innen die Lösung auf Basis eigener Erkenntnisprozesse selbst zutraut. Der personenzentrierte Ansatz von Carl Rogers ist dabei non-direktiv, da Therapeutinnen oder Coaches nicht aktiv auf eine Lösung zusteuert (Drath, 2012, S. 228), (Weinberger, 2014, S. 23).
2.2 Bedingungen für konstruktive Persönlichkeitsveränderung
Für die erfolgreiche Beziehungsgestaltung formulierte Rogers sechs Bedingungen, die erfüllt sein müssen, wenn eine konstruktive Persönlichkeitsveränderung erfolgen soll (Hellwig, 2020, S. 27-28):
1. Bedingung: „Zwei Personen befinden sich im Kontakt“, oder: Kontaktbildung - (wie) kommt der Klient mit dem Coach in Kontakt?
2. Bedingung: „Die erste Person, die wir Klient nennen, befindet sich in einem Zustand der Inkongruenz, sie fühlt sich verletzlich oder voller Angst“.
3. Bedingung: „Der Coach ist in der Beziehung zum Klienten kongruent, das heißt, sein Selbstbild und seine Art zu kommunizieren stimmen mit seinem unmittelbaren Erleben überein“.
4. Bedingung: „Der Coach bringt dem Klienten Wertschätzung oder emotionale Wärme oder akzeptierendes Verständnis entgegen.“
5. Bedingung: „Der Coach erfährt empathisch den inneren Bezugsrahmen des Klienten“
6. Bedingung: „Der Klient nimmt, zumindest in geringem Ausmaß, das empathische Verstehen und die bedingungslose Wertschätzung des Coaches ihm gegenüber wahr. Seine Wahrnehmung dieser Qualität beruht nur zum Teil auf den verbalen Äußerungen des Coaches, häufiger aber in tiefer Weise auf andersartigen Mitteilungen.“
2.3 Techniken und Anwendung
Berater*innen stehen dank der humanistischen Grundeinstellung von Rogers eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung.
Im Zentrum steht aktives strukturiertes Zuhören, das dem Gegenüber die Gelegenheit gibt, frei zu reden und in Pausen Worte zu finden und zu reflektieren. Dem dazugehörigen Paraphrasieren, also dem Wiedergeben in eigenen Worten durch die beratende Person, kommt dabei eine ebenso wichtige Rolle zu, da es den Gesprächspartnern die Möglichkeit gibt, das Gesagte mit dem Verstandenen wechselseitig abzugleichen (Hellwig, 2020, S. 41). Dies geht nach Rogers über ein eingeübtes ,aktives Zuhören‘ hinaus, indem der Coach oder die Beraterin versucht, die Welt des Ratsuchenden mit „seinen Augen sehen zu wollen“ (Hellwig, 2020, S. 36).
Dabei bleiben Beraterinnen stets non-direktiv, indem Handlungsempfehlungen oder Ratschläge vermieden werden. Es werden Gefühle reflektiert, die er glaubt wahrzunehmen, erkennt diese an und akzeptiert bedingungslos die Wirklichkeit des Ratsuchenden. Berater*innen legen größten Wert auf die Erhaltung der Beziehung, sprechen bereits erlangte Einsichten aus und klären mit den Ratsuchenden das neue Verstehen.
Verbindungen, die möglicherweise oder tatsächlich zwischen den Gefühlen bestehen, werden nur angedeutet. Beraterinnen versuchen dabei, Handlungsabläufe zu entdecken sowie Klientinnen unter bestimmten Voraussetzungen Interpretationen darüber anzubieten, wenn der Coach sich in seinen Hypothesen wirklich sicher ist (Hellwig, 2020, S. 47-48).
3 Motivierende Gesprächsführung (MI) von Miller und Rollnick
Stephen Rollnick und William R. Miller emanzipierten den revolutionären, aber bis dahin rein therapeutischen Ansatz von Carl Rogers weiter zu einer in der Beratung und damit kommerziell nutzbaren Methode. Die motivierende Gesprächsführung kurz (MI) bzw. Motivational Interviewing hielt Einzug in das Gesundheitswesen, in die Strafjustiz und in jüngster Zeit in den Sport. Stephen Rollnick erklärt, dass sein Interesse, MI zu entwickeln, der Frustration geschuldet war, die in Gesprächen über Veränderungen entstanden. Denn je mehr er versuchte, Informationen und Ratschläge zu geben, desto mehr Widerstand und Rückzug begegneten ihm und brachten ihn zur Einsicht, dass es eines effektiveren Ansatzes bedurfte, den er in der MI fand (Stephen Rollnick, 2023). Er und Miller schufen damit ein wertvolles Instrument für die moderne Beratung, auf dem Fundament der humanistischen Psychologie.
3.1 Grundlagen
Miller und Rollnick beschreiben Motivational Interviewing als einen kooperativen Gesprächsstil, mit dem sie Menschen in ihrer eigenen Motivation zur und im Engagement für Veränderung stärken. Der Grundstil von MI ist ein geleitender, der zwischen einem lenkenden und einem folgenden Kommunikationsstil angesiedelt ist und Elemente von beiden aufgreift. MI ist damit ein geleitender Stil und fokussiert sich auf die Ambivalenz im Klienten. Aus der MI Perspektive bedeutet Ambivalenz, dass Ratsuchende sowohl Argumente für sowie gegen die Veränderung haben und es ihnen nicht an Erkenntnis fehlt, sondern sie mit der Umsetzung hadern. (Miller et al., 2015, S. 20-27).
3.2 Grundhaltung
Miller und Rollnick sehen eine emotionale und mentale Grundhaltung als essenziell für ihren klientenzentrierten Ansatz an. Sie beruht auf der Überzeugung, dass Hilfesuchende Menschen gut über sich bescheid wissen und die Ressourcen und Motivation bereits vorhanden sind. MI fokussiert sich auf somit Stärken und nicht auf Defizite und versucht diese Stärken also Fähigkeiten zur Veränderung an die Oberfläche zu bringen (Evokation). Ohne diese Einstellung würde MI zu einem technischen Instrument werden, mit dessen Hilfe versucht werden kann, Menschen nach den Vorstellungen des Beraters zu manipulieren. Sie formulierten die folgenden grundlegenden Elemente der MI Grundhaltung, für Zusammenarbeit mit Klienten (Miller et al., 2015, S. 29-37).
- Partnerschaftlichkeit
- Akzeptanz
- Bedingungsfreie positive Wertschätzung
- Empathie
- Unterstützung der Autonomie
- Würdigung
- Mitgefühl
- Evokation
3.3 Techniken und Anwendung
Die Vorträge von Stephen Rollnick vermitteln wertvolle Einsichten in die praktische Arbeit mit MI. Eine Metapher, die er dafür verwendet, sind die MI glasses, die ein Coach nutzen sollte, um Signale für Veränderung beim Coachee wahrzunehmen. Sie veranschaulichen, wie aufmerksam eine beratende Person sein sollte, um feinste Signale zur Änderungsbereitschaft wahrzunehmen (Stephen Rollnick, 2021).
Der Sprache kommt im MI eine außerordentliche Rolle zu, sie ist das Transportmittel für den Erfolg, aber auch für den Misserfolg zwischen Coach und Coachee. Rollnick benutzt den Begriff change talk. Die ,Sprache des Wandels' liefert dem wachsamen Coach Ansatzpunkte, um die Energie des Klienten in eine wünschenswerte Richtung zu lenken. Außerdem verwenden MI Therapeutinnen offene Fragen. Sie wirken idealerweise in Kombination mit Reflexionen, um den Eindruck eines Verhörs zu vermeiden und helfen, das Gespräch in die erwünschten Bahnen zu lenken. Stephen Rollnick zeigt am folgenden Beispiel aus einem seiner Trainings, wie die Neugier auf Antworten den Prozess vorantreibt: „let the person say what he wants to and then ask her or him ,what do you think you will do? not more!“ (Stephen Rollnick, 2021). Dieses Beispiel veranschaulicht auch, was Miller und Rollnick unter einem geleitenden Stil verstehen. Die beratende Person beobachtet die Ausführungen des Coachees, durch MI glasses, befindet sich also in einem folgenden Kommunikationsstil, um dadurch die Selbsterkenntnis beim der ratsuchenden Person zu fördern bzw. zu aktivieren.
Eines weiteres Instrument in der Anwendung von MI sind Würdigungen und Wertschätzungen, die ein zentrales Element der Beziehungsarbeit sind und sich, anders als Lob, nicht von oben herab anfühlen. Reflektierendes bzw. aktives Zuhören gestalten den Rahmen des Gesprächs und sind unabdingbarer Teil der klientenzentrierten Beratung. Indem der Coach in einer nicht bewertenden Art und Weise das Gesagte spiegelt, stellt er die Weichen für den Erkenntnisprozess beim Klienten. Zusammenfassungen des Beraters ermöglichen es dem Klienten, seine wahrscheinlich vorhandene Ambivalenz wahrzunehmen und sie im weiteren Verlauf abzubauen (Weigl & Mikutta, 2019, S. 1314). Wird die eigene Ambivalenz, durch offene Fragen des Coaches bzw. Therapeuten erkannt, aktiviert das die Selbstmotivation zur Veränderung bei Ratsuchenden (Miller et al., 2015, S. 27).
Gemäß der Grundhaltung von MI „trägt der Klient bereits vieles von dem, was er benötigt, in sich, und es ist Aufgabe des Therapeuten, es zu evozieren, also an die Oberfläche zu bringen“ (Miller et al., 2015, S. 37).
Bei MI schafft eine vertrauensvolle Beziehung die Grundlage für den Therapie- bzw. Coachingerfolg, der sich in vier ineinandergreifende Phasen gliedern lässt (Weigl & Mikutta, 2019, S. 18).
- Planung
- Evokation
- Fokussierung
- Beziehungsaufbau
4 Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Miller und Rollnick entwickelten ihren klientenzentrierten Ansatz des Motivational Interviewing auf den Prinzipen der personenzentrierten Therapie von Carl Rogers. Folglich teilen beide Konzepte eine Reihe von Gemeinsamkeiten (Miller et al., 2015); dennoch unterscheiden sie sich in ihrer Anwendung.
4.1 Gemeinsamkeiten
Beide Ansätze gehen von einer humanistischen Überzeugung aus und stellen deshalb die therapeutische Beziehung zwischen Berater*innen und Klient*innen als zentrales Element in den Mittelpunkt. Humanistische Therapieformen sehen das Potential der Lösung als Kräfte, die aus den Klient*innen selbst kommen. Die Rolle von Berater*innen liegt in der Erkenntnisförderung und Entwicklung dieses Potentials. (Drath, 2012, S. 227), (Gerrig, 2016, S. 623).
Sowohl bei der motivierenden Gesprächsführung als auch bei der klientenzentrierten Therapie schafft der Therapeut die Bedingungen für Wachstum von Lösungsansätzen und Veränderung, indem er die Grundhaltung eines angemessenen einfühlsamen Verstehens (Empathie) und einer nicht an Bedingungen gebundenen positiven Wertschätzung im Gespräch einsetzt (Arkowitz, 2010, S. 3). In beiden Gesprächstherapien bildet damit die Empathie einen Grundpfeiler für die gelingende therapeutische Beziehung zwischen Ratsuchenden und Beraterinnen (Drath, 2012, S. 233; Miller et al., 2015, S. 32)
Die Methoden warten beide mit einer profunden wissenschaftlichen Evidenz im Bereich ihrer Wirksamkeit auf. Jene basiert auf den praktischen Erfahrungen und damit einhergehenden Studien ihrer Entwickler. (Drath, 2012, S. 232), (Weigl & Mikutta, 2019, S. 33)
Aus ihrer Wirksamkeit leitet sich eine weiteres gemeinsames Merkmal ab. Beide Methoden werden in der formellen Beratung und in der Psychotherapie eingesetzt, darüber hinaus findet MI besonders in der Suchtbehandlung Verwendung. (Weinberger, 2014, S. 21), (Mechtcheriakov & Rettenbacher, 2012).
4.2 Unterschiede
Ein zentrales Unterscheidungsmerkmal ist, dass der personenzentrierte Ansatz von Carl Rogers strikt non-direktiv ist, während MI mit der Fokussiering, der Evokation und der Planung einige direktive und damit strategische Ziele verfolgt (Miller et al., 2015, S. 54).
In beiden Methoden kommt es zu Widerständen. Im Unterschied zu Rogers, der Widerstände zum Selbstschutz der Klientinnen respektiert und diese zu akzeptieren versucht (Weinberger, 2014, S. 152), geht die motivierende Gesprächsführung nach Miller und Rollnick den Weg, die Energie der Widerstände in Veränderung umzulenken (Fuller & Taylor, 2015, S. 12).
Außerdem muss bei Rogers die Bedingung der Inkongruenz erfüllt sein, die zu Leidensdruck und entsprechenden Symptomen führt (Weinberger, 2014). Miller und Rollnick erkennen unterschiedliche Startpunkte bei ihren Klienten an und legen mehr Augenmerk auf das Aufdecken von Ambivalenzen. (Weigl & Mikutta, 2019). Miller und Rollnick versuchen auf dieser Basis die intrinsische Motivation zu verbessern, um die Ambivalenz gegenüber der Veränderung aufzulösen und so die positiven Effekte des change talk nutzen zu können (Arkowitz, 2010, S. 156).
5 Fazit
Zusammenfassend kann man sagen, dass es sich für die Anwender der personenzentrierten Therapie und Motivational Interviewing um anspruchsvolle Konzepte bzw. Therapieformen handelt. Sie erfordern ein hohes Maß an Erfahrung, sowie großer innerer und äußerer Aufmerksamkeit in Ihrer Anwendung. Bei beiden Konzepten kommt es besonders auf die Haltung der Therapeutinnen zum Klientinnen an. Eine Haltung die das Potential zur Problemlösung im Ratsuchenden sieht und über die therapeutische Beziehung, zur Lösung, führt. Motivational Interviewing sowie der personenzentrierte Ansatz von Rogers funktionieren durch diese Haltung. Sie können jedoch auch scheitern, wenn Sie als fälschlicherweise als Technik verwendet werden (Hellwig, 2022, S. 43).
MI und die personenzentrierte Therapie, unterstützen ratsuchende Menschen, in Ihren Entscheidungen für ein selbstbestimmtes Leben. Menschen die sich Rat oder Hilfe, in Form der Beratung suchen, finden in beiden Methoden bzw. Konzepten eine evident und zutiefst menschliche Möglichkeit, Ihre Lebensqualität zu verbessern (Arkowitz, 2010, S. 157), (Rubak et al., 2005). MI sowie auch die personenzentrierte Therapie nehmen die individuellen Lebensgeschichten zur Kenntnis, ohne sie zu bewerten oder über sie zu urteilen. Der dadurch entstehende sichere Raum, zwischen Ratsuchenden und Beratenden, eröffnet die Möglichkeit die Lösungen klarer zu sehen und schließlich umzusetzen.
Es gibt eine Reihe von Anwendungsfeldern für beide Konzepte. Sie reichen vom Gesundheitswesen, über die Suchtberatung bis zum Coaching von Menschen in Führungspositionen. Darunter sind medizinische Gespräche, in denen eine Verhaltensänderung der Menschen über die Lebensqualität, Gesundheit und Lebensdauer entscheiden kann (Miller et al., 2015, S. 17) und Gespräche von Mitarbeitern die durch Ihre Motivation und Einstellung zum Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens beitragen (Hellwig, 2022, S. 1).
Die Vielzahl von Anwendungsfeldern und ihre humanistische Grundeinstellung macht MI und der personenzentrierte Ansatz zu einer wertvollen Methode die weder aus der Beratung noch aus der psychologischen Therapie wegzudenken ist.
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- Citar trabajo
- Thomas Schneider (Autor), 2023, Die Gesprächsführung bei Beratungen. Ein Vergleich der personenzentrierten Beratung nach Rogers und der motivierenden Gesprächsführung bei Miller/Rollnick, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1336357
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