Die Ausarbeitung widmet sich folgenden Fragen: In welchem Umfeld stehen die "visiones" der Jeanne d´Arc hinsichtlich ihrer Phänomenologie, ihres Inhalts und ihrer Rezeptionsweise? Die historische Relevanz des hier gewählten Untersuchungsgegenstands sei dabei begründet mit der offenkundigen Geschichtsmächtigkeit des von Jeanne d´Arc beschriebenen Phänomens. Neben den Akten und Protokollen des Prozesses gegen Jeanne d´Arc 1431 soll dabei besonders auf die Forschungsarbeit Peter Dinzelbachers zurückgegriffen werden. Seine Abhandlungen über die mittelalterliche "visio" stehen Umfang und Tiefgang betreffend bis heute ziemlich allein im diesbezüglichen Feld der Geschichtsforschung. Lediglich die bereits 1969 publizierte Monographie des Kirchenhistorikers Ernst Benz ließe sich hierzu noch nennen und soll ebenfalls in diese Ausarbeitung einbezogen werden. Daneben scheinen Arbeiten aus dem Bereich der Mentalitätsforschung von Johan Huizinga, Hans-Henning Kortüm und Sabine Tanz für diese Hausarbeit von Interesse.
Jeanne d´Arc stellt wohl eine der faszinierendsten Figuren des Mittelalters dar. Obgleich sie nur 19 Jahre alt wurde, brach sie mit einer Reihe zeitgenössischer Konventionen. Als Analphabetin erlangte sie Einfluss am französischen Königshof und trotzte im Prozess der geballten Kompetenz hoher Theologen. Als Bauernmädchen führte sie kampfesmutig französische Truppen gegen die englische Besetzung an. Als Frau zeigte sie sich offen in Männerkleidung. All diese im mittelalterlichen Kontext so außergewöhnlichen Handlungen führte Jeanne d´Arc dabei direkt auf sie anweisende visionäre Erlebnisse zurück. Aus heutiger Sicht scheint ein grundlegendes Verständnis für das Vorkommen paranormaler Schauungen im nicht-pathologischen Bereich nicht existent, geschweige denn für das Ausrichten der eigenen Handlungen entsprechend der auf diese Weise erfahrenen Inhalte.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Begriffsfundierung und phänomenologische Aufspaltung
- 2. Quellenanalyse
- 3. Die visio in christlicher Tradition
- 4. Erklärungsmodelle der visiones
- 4.1 Mittelalterliche Erklärungsmodelle
- 4.2 Moderne Erklärungsmodelle
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Ausarbeitung befasst sich mit den "visiones" der Jeanne d'Arc und zielt darauf ab, die Phänomenologie, den Inhalt und die Rezeptionsweise dieser visuellen Erfahrungen im mittelalterlichen Kontext zu beleuchten. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der historischen Relevanz des von Jeanne d'Arc beschriebenen Phänomens und seiner Einfluss auf die Geschichte.
- Begriffliche Fundierung der mittelalterlichen "visio" und ihre phänomenologische Aufspaltung
- Analyse der "visiones" der Jeanne d'Arc anhand von Quellen
- Einordnung der visuellen Erfahrungen von Jeanne d'Arc in die christlich-mittelalterliche Tradition
- Präsentation mittelalterlicher und moderner Erklärungsmodelle der "visiones"
- Vergleich der Rezeptionsweise der "visiones" im Mittelalter mit der von Jeanne d'Arc
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel widmet sich der begrifflichen Fundierung der mittelalterlichen "visio" und deren phänomenologischen Aufspaltung. Es wird eine vergleichende Darstellung des heutigen und des mittelalterlichen Sprachgebrauchs des Begriffs "Vision" geleistet. In Anlehnung an Dinzelbachers Klassifizierung werden die mittelalterlichen "visiones" in Vision, Erscheinung, Traumvision und Traumerscheinung unterteilt. Das zweite Kapitel analysiert die "visiones" der Jeanne d'Arc anhand von Quellen, indem es sie mit Hilfe der im ersten Kapitel entwickelten wissenschaftlichen Konzepte klassifiziert. Kapitel 3 beleuchtet die christlich-mittelalterliche Tradition der "visiones" und setzt die visuellen Erfahrungen der Jeanne d'Arc in Beziehung zu ähnlichen Zeugnissen dieser Epoche. Das vierte Kapitel stellt mittelalterliche und moderne Erklärungsmodelle der "visiones" vor und vergleicht die prävalierende Rezeptionsweise des Mittelalters mit derjenigen von Jeanne d'Arc, um so auch moderne Perspektiven zur möglichen Genese des Phänomens zu bieten.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Ausarbeitung beschäftigt sich mit den "visiones" der Jeanne d'Arc im Kontext des Mittelalters. Die Schlüsselbegriffe umfassen dabei die "visio", ihre phänomenologische Aufspaltung in Vision, Erscheinung, Traumvision und Traumerscheinung, die Quellenanalyse der "visiones" der Jeanne d'Arc, die Einordnung in die christlich-mittelalterliche Tradition sowie mittelalterliche und moderne Erklärungsmodelle für das Phänomen der "visiones".
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- Jakob Wasserscheid (Autor), 2021, Die Visionen der Jeanne d´Arc. Mittelalterliche und moderne Erklärungsmodelle, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1336350