Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Straßenkinderthematik, [...] deren Leben von dieser ‚
untypischen‘ Form von Wohnen geprägt ist, und mit der Verschiedenartigkeit der Auswirkungen, die dieses ‚andere‘ Leben, je nach Entwicklungsstand des Landes, in dem diese Kinder leben, mit sich bringen. Als Beispiel hierfür wird ein Vergleich zwischen dem Handlungsfeld der Straßensozialarbeit mit Straßenkindern in Deutschland und dem der Sozialarbeit in Ländern der Dritten Welt herangezogen. Zur Verdeutlichung letzterer dient die genauere Betrachtung der Situation in Kambodscha. Meine diversen Auslandserfahrungen in der Arbeit mit Straßenkindern und insbesondere meine halbjährige Arbeit in Kambodscha hatten mein Interesse an dieser Thematik geweckt und mir bewusst gemacht, wie problembehaftet ein Vergleich zwischen diesen beiden unterschiedlichen Lebenswelten - auf der einen Seite Deutschland, auf der anderen Seite ein Land der Dritten Welt – und den unterschiedlichen Arbeitssituationen ist.
Die Beleuchtung der deutschen Komponente ist von großer Bedeutung, vor allem, um aufzeigen zu können, welche hier relevanten Elemente in den Ländern der Dritten Welt nicht existieren.
Die Fragen, die sich mir während meines Aufenthaltes in Kambodscha stellten und als Anreiz zu dieser Themenwahl dienten, waren: Inwieweit ist das Handlungsfeld der Straßensozialarbeit in Deutschland mit der Situation in Dritte Welt Ländern vergleichbar? Inwieweit unterscheiden sich die Handlungsfelder und vor allem das Klientel, - die Kinder? Sind angewandte Methodik und Theorie allgemeingültig? Dass Unterschiede vorhanden sind, scheint von Anfang an selbstverständlich, jedoch soll in den folgenden Ausführungen dar-gestellt werden, welche Details dem jeweiligen Arbeitskontext zuzuordnen sind und die jeweilige Straßensozialarbeit zu einer individuellen, länderspezifischen Herausforderung machen. Wichtig ist bei der Darstellung, dass eine vergleichende Betrachtung nur möglich ist vor dem Hintergrund der jeweiligen gesellschaftlichen Situation, die das Straßenkinderphänomen zur Ursache haben, es in seiner Gestaltung beeinflussen und es letztendlich zu dem machen, was es ist. Vor allem bezüglich des Dritte Welt Kontextes werden konkret die Schwierigkeiten aufgezeigt, die es seitens der Straßensozialarbeit zu bewältigen gilt und die aufgrund struktureller Bedingungen akzeptiert und mit den Arbeitsüberlegungen vereint werden müssen.
Inhaltsverzeichnis
Erklärung
1 Einleitung
2 Straßenkinder in Deutschland
2.1 Straßenkind – Welche Bedeutung und Problematik steckt hinter dem Begriff?
2.2 Der Weg zum Straßenkind - Ursachen und Hintergründe
2.2.1 Rolle der Familie
2.2.2 Sozioökonomische Ursachen
2.2.3 Auswirkungen des gesellschaftlichen Wertewandels
2.2.4 Theoretische Erklärungsansätze
2.3 Die Problematik von Zahlen & Fakten
2.4 Skizzierung der Straße als Lebens- und Handlungsraum
2.4.1 Verortung der Straßenkinder
2.4.2 Bedeutung und Anziehungskraft der Straße
2.4.3 Alltagsgeschehen - Lebensweisen und Anforderungen
2.4.4 Faktor Gesundheit
2.4.5 Ängste und Gewalt im Alltag der Kinder
2.4.6 Sehnsüchte und Zukunftswünsche
2.4.7 Im Spiegel der gesellschaftlichen Reaktionen
2.5 Zusammenfassung
3 Straßenkinder in Ländern der Dritten Welt
3.1 Begriffserläuterungen
3.1.1 Kambodscha als ein Dritte Welt Land
3.1.2 Definition ‚Straßenkind‘
3.1.3 Begriffsunterschiede und –gemeinsamkeiten im nationalen und internationalen Kontext
3.2 Ursachen und Hintergründe zur Lebensmittelpunktverlagerung
3.2.1 Rolle der Familie
3.2.2 Sozioökonomische Ursachen
3.2.3 Theoretische Erklärungsansätze zur Entstehung
3.3 Skizzierung des Lebens- und Handlungsraums ‚Straße‘
3.3.1 Verortung der Straßenkinder
3.3.2 Bürgersteigkultur - Bedeutung und Anziehungskraft der Straße
3.3.3 Charakteristika von Straßenkindern
3.3.4 Alltagsgeschehen und Überlebensstrategien
3.3.5 Im Spiegel der gesellschaftlichen Reaktionen
3.4 Zusammenfassung
4 Hilfesysteme
4.1 Jugendhilfe für Straßenkinder in Deutschland
4.2 Straßensozialarbeit in der Dritten Welt
4.3 Anforderungen, Problematiken & relevante Aspekte
4.3.1 in Deutschland
4.3.2 im internationalen Kontext
4.4 Herausforderung ‚Bildung‘ und ‚Aufklärung‘ in der Dritten Welt
5 Kinderrechte
5.1 Rechte des Kindes - UN-Kinderrechtskonvention
5.2 Kritische Betrachtung der Kinderrechte im internationalen Kontext
6 Kritische, vergleichende Betrachtung
7 Fazit
Literaturverzeichnis
Anlagenverzeichnis
1 Einleitung
Wohnen bedeutet in allen Kulturkreisen mehr als nur ein Dach über dem Kopf zu haben, das einen vor der Witterung schützt. Wohnen ist ein ganz wesentlicher Teil des menschlichen Lebens. Neben den alltäglichen Bedürfnissen wie Kochen, Essen, Schlafen und Hygiene bedeutet ein Zuhause gleichzeitig Schutz und Sicherheit vor Gewalt oder Vertreibung. Wohnen bedeutet auch, eine Privatsphäre zu haben, (...).1
Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Straßenkinderthematik, mit Kindern, deren Wohnplatz nicht ‚normalen‘ Verhältnissen entspricht, deren Leben von dieser ‚unty-pischen‘ Form von Wohnen geprägt ist, und mit der Verschiedenartigkeit der Auswirkun-gen, die dieses ‚andere‘ Leben, je nach Entwicklungsstand des Landes, in dem diese Kinder leben, mit sich bringen. Als Beispiel hierfür wird ein Vergleich zwischen dem Hand-lungsfeld der Straßensozialarbeit mit Straßenkindern in Deutschland und dem der Sozial-arbeit in Ländern der Dritten Welt herangezogen. Zur Verdeutlichung letzterer dient die genauere Betrachtung der Situation in Kambodscha. Meine diversen Auslandserfahrungen in der Arbeit mit Straßenkindern und insbesondere meine halbjährige Arbeit in Kambod-scha hatten mein Interesse an dieser Thematik geweckt und mir bewusst gemacht, wie problembehaftet ein Vergleich zwischen diesen beiden unterschiedlichen Lebenswelten - auf der einen Seite Deutschland, auf der anderen Seite ein Land der Dritten Welt – und den unterschiedlichen Arbeitssituationen ist.
Die Beleuchtung der deutschen Komponente ist von großer Bedeutung, vor allem, um auf-zeigen zu können, welche hier relevanten Elemente in den Ländern der Dritten Welt nicht existieren. Die Literatur zum Thema Straßenkinder in Deutschland ist sehr umfangreich. Dem internationalen Kontext wird jedoch eher selten Beachtung geschenkt.
Die Fragen, die sich mir während meines Aufenthaltes in Kambodscha stellten und als An-reiz zu dieser Themenwahl dienten, waren: Inwieweit ist das Handlungsfeld der Straßenso-zialarbeit in Deutschland mit der Situation in Dritte Welt Ländern vergleichbar? Inwieweit unterscheiden sich die Handlungsfelder und vor allem das Klientel, - die Kinder? Sind an-gewandte Methodik und Theorie allgemeingültig? Dass Unterschiede vorhanden sind, scheint von Anfang an selbstverständlich, jedoch soll in den folgenden Ausführungen dar-gestellt werden, welche Details dem jeweiligen Arbeitskontext zuzuordnen sind und die jeweilige Straßensozialarbeit zu einer individuellen, länderspezifischen Herausforderung machen. Wichtig ist bei der Darstellung, dass eine vergleichende Betrachtung nur möglich ist vor dem Hintergrund der jeweiligen gesellschaftlichen Situation, die das Straßenkinder-phänomen zur Ursache haben, es in seiner Gestaltung beeinflussen und es letztendlich zu dem machen, was es ist. Vor allem bezüglich des Dritte Welt Kontextes werden konkret die Schwierigkeiten aufgezeigt, die es seitens der Straßensozialarbeit zu bewältigen gilt und die aufgrund struktureller Bedingungen akzeptiert und mit den Arbeitsüberlegungen vereint werden müssen.
Zu Beginn dieser Arbeit wird die deutsche Seite in Bezug auf die Entstehung, der Lebens-inhalte und den Problematiken des Straßenkinderphänomens beleuchtet, um eine Basis für einen Vergleich zu schaffen. Analog zu diesen Ausführungen folgen die Erläuterungen bezüglich der Straßenkinder der Dritten Welt. Weiterführend richtet sich das Augenmerk auf die Leistungen der Straßensozialarbeit auf nationaler sowie internationaler Ebene.2 Im Anschluss gilt es, die speziellen Problematiken und die sich aus ihnen ergebenden Anfor-derungen für die Sozialarbeit zu betrachten, um dadurch die Unterschiede und/oder die Gemeinsamkeiten der beiden unterschiedlichen Arbeitskontexte für den Leser herauszus-tellen und ersichtlich zu machen. An gegebenen Stellen folgen zwei kurze Zusammenfas-sungen des bis dorthin Verfassten, um den anschließenden kritischen Vergleich für den Leser einfacher zu gestalten. Im vorletzten Kapitel, der kritischen Betrachtung, werden wiederum die beiden Lebenswelten verglichen, indem auf ausgewählte Aspekte hingewie-sen wird.
Die Tätigkeiten der Sozialarbeit werden in der vorliegenden Arbeit nicht in ihrer vollen Komplexität behandelt, stattdessen werden nur ausgewählte Aktivitäten beleuchtet, die sich meiner Meinung nach besonders für den internationalen Vergleich zu eignen scheinen. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass ein Vergleich auf den ersten Blick unmöglich erscheint, da es sich um die Sozialarbeit unter zwei völlig verschiedenen Arbeitsumständen handelt. Bei dem Inhalt dieser Arbeit geht es auch nicht darum, die Strukturen des einen Landes auf das andere übertragen zu wollen. Es sollen vielmehr Parallelen und Unter-schiede hervorgehoben werden, wodurch dargestellt wird, in welcher Weise die Straßenso-zialarbeit auf diese Gegebenheiten reagiert bzw. reagieren muss. Auf zwei ganz konkrete Fragen zugespitzt bedeutet dies: Was ist das Ziel der Sozialarbeit in den beiden verschie-denartigen Ländern? Und wer ist die Zielgruppe und welche Hilfen sind für diese gedacht? Es gilt, die Vielseitigkeit der Klientel vorzustellen und die Bedingungsfaktoren zu beleuch-ten.
Der Präventionsaspekt zur Verhinderung der Entstehung des Straßenkinderphänomens wird an gegebenen Stellen nur angerissen. Die Wichtigkeit dieses Aspektes soll jedoch nicht unbetont bleiben. Allerdings ist es in meinen Augen wichtig, das Handlungsfeld in der aktuellen Problemsituation zu beleuchten. Straßenkinder sind ein Phänomen der Ge-genwart. Die Tatsache, dass Kinder auf der Straße leben, zeigt, dass seitens der Sozialar-beit Handlungsnotwendigkeit besteht. Desweiteren bleiben folgende Gesichtspunkte in dieser Arbeit als eigenes Betrachtungsfeld unberücksichtigt: Spezifische Aussagen zur Frauenthematik, genaue Beleuchtung der Entwicklungspolitik und auch die Jugendhilfe-problematik wird nur kurz erwähnt, aber nicht genauer betrachtet. Die spezifische Auslän-der- und Flüchtlingsthematik unter den Straßenkindern sowie die Rolle von Jugendhilfe-einrichtungen wie zum Beispiel Heimen werden ebenso wenig mit einbezogen.
Die Bezeichnung Straßensozialarbeiter bzw. Streetworker findet im Folgenden synonym für weibliche sowie männliche Arbeiter Anwendung.
Die verwendete Fachliteratur beschränkt sich weitgehend auf lokal begrenzte und sehr zielgruppenspezifische Darstellungen und Analysen, die im Folgenden zum Teil Verallge-meinerungen erfahren. Zitate betroffener Straßenkinder und Menschen, die sich mit ihnen beschäftigt haben, werden dabei die Theorie untermauern und dem Leser das Gesagte ver-anschaulichen.
2 Straßenkinder in Deutschland
2.1 Stra genkind Welche Bedeutung und Problematik steckt hinter dem Be-griff?
„Mit Straßenkindern in Deutschland sind all diejenigen gemeint, die minderjährig sind und sich ohne offizielle Erlaubnis (Vormund) für einen nicht absehbaren Zeitraum abseits ihres gemeldeten Wohnsitzes aufhalten und faktisch obdachlos sind“.3
Hinter dem Begriff ‚Straßenkind‘, von dem man denken könnte, er sei durch einfache Lo-gik mit Inhalt zu füllen, stecken Schwierigkeiten, die man bei einer ersten Betrachtung nicht vermuten mag. Die Wörter ‚Straße‘ und ‚Kind‘ finden im Alltag rege Anwendung, so dass sich jedermann unter deren Bedeutung etwas Plausibles vorstellen kann. Der Begriff ‚Straßenkind‘ hingegen hat in der Fachliteratur und in der Öffentlichkeit für große Aufre-gung gesorgt. Worin besteht also die Problematik dieses Begriffs? Was Kind sein in Deutschland bedeutet, definiert das Achte Sozialgesetzbuch (SGB VIII): Demnach ist Kind, wer das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat4 und somit nach dem 1. Buch des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) minderjährig ist.5 Wendet man sich der Wortbedeutung des Straßenbegriffs zu, findet man in der Fachliteratur u.a. die Aussage, dass es sich hier-bei um ein Synonym für öffentliche Orte, die auf den ersten Blick niemandem gehören, handelt.6- Die Straße wird gesehen als Lebenswelt und Handlungsraum einer bestimmten Gruppe, - in diesem Fall der Kinder. Ein Blick in die Fachliteratur zeigt jedoch, dass es sich beim Straßenkinderphänomen in Deutschland überwiegend um ‚Kinder‘ über 14 Jahre handelt.7 (Nähere Ausführungen hierzu unter Kapitel 2.3) Demnach existieren in der Bundesrepublik wortsinngemäß nahezu keine ‚Straßenkinder‘. Vielmehr müsste von ‚Straßen-jugendlichen‘ die Rede sein. Ein weiteres Problem, das mit der Minderjährigkeitsthematik zusammenhängt, liefert erneut das BGB. Demnach teilt ein minderjähriges Kind den Wohnsitz der Eltern,8 bei welchen auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil der Per-sonensorge9 liegt.10 Bei ‚Straßenkindern‘ handelt es sich somit um eine Personengruppe, die im Rechtssinne nicht existiert. Nach BRITTEN könnte daraus resultierend nur von weggelaufenen Kindern gesprochen werden.11 Es gelten jedoch noch weitere Faktoren ne-ben dem Alter, die Straßenkinder charakterisieren. Angemerkt sei hier, dass in Theorie und Praxis keine einheitlichen Kriterien zur Begriffsbestimmung existieren. Im Folgenden sol-len einige Beispiele die Schwierigkeiten bzgl. einer eindeutigen Definition aufzeigen: UNICEF12 etwa unterscheidet zum einen in die Kategoriechildren of the street[Kinder der Straße], - Kinder und Jugendliche, die sich tagsüber auf der Straße aufhalten und dort ihren Lebensunterhalt verdienen, abends oder gelegentlich jedoch zu ihren Familien zurückkeh-ren,13 oder bei Freunden einen Schlafplatz haben14 und zum anderen in die Kategoriechildren on the street[Kinder auf der Straße], - Kinder die ihr vollständiges Leben auf die Straße verlegt und sämtliche Kontakte zu Familienangehörigen abgebrochen haben.15 Die-se beiden Kategorien werden im weiteren Verlauf der Arbeit eine wichtige Rolle spielen.
Wer früher differenziert als Ausreißer, Trebegänger oder Aussteiger betitelt wurde,16 wird heutzutage in der Öffentlichkeit mit dem Oberbegriff ‚Straßenkind‘ versehen.17 Als weite-res Merkmal wird der Ausprägungsgrad derHinwendung zur Straßebetrachtet.18 BO-DENMÜLLER und PIEPEL führen diesbezüglich die ganze bzw. die zeitweise Verlage-rung des Lebensmittelpunktes auf die Straße an.19 Bei ADICK ist lediglich von einemlän-geren Zeitraumdie Sprache.20 Zur Beurteilung, ob ein gewisser Grad existiert, muss somit eine Festlegung fester, messbarer Variablen geschehen, damit letztendlich von einem ‚Straßenkind‘ gesprochen werden kann. So ungenau die Übereinstimmungen bei der Frage des Ausprägungsgrades in Theorie und Praxis sind, umso stimmiger sind die Auffassungen bei der Frage nach der Funktion der ‚Straße‘: Die Straße wird zur Sozialisationsinstanz und zum Lebensmittelpunkt.21 Wenn ich im weiteren Verlauf der Arbeit von ‚Straßenkindern‘ spreche, bediene ich mich einer Zusammensetzung von Teildefinitionen des Deutschen Jugendinstituts (DJI) und des Instituts für Soziale Arbeit (IfSA). Ich spreche von „Kindern und Jugendlichen22 in besonderen Problemlagen“,23 die sich „weitgehend von gesellschaft-lich vorgesehenen Sozialisationsinstanzen abgewendet haben“24 und sich ganzheitlich oder überwiegend im Lebensraum ‚Straße‘ (verstanden wie oben definiert) aufhalten. Kommen wir an dieser Stelle zurück auf das Eingangszitat zur Straßenkinderdefinition, wird deut-lich, wie unterschiedlich die inhaltliche Ausgestaltung sein kann. Im Gegensatz zu SEI-DELS Definition beinhaltet meine Bestimmung ein breiteres Personenfeld. Wichtig ist der allgemeine Geltungsbereich der Definition, die sich ausdrücklich nur auf den Teil der Stra-ßenkinder in Deutschland bezieht. An gegebener Stelle werde ich auf den Begriff im Kon-text der ‚Dritte Welt Thematik‘ erneut auf den Begriff ‚Straßenkind‘ eingehen. Die Prob-lematik seiner Begriffsdefinition wird im gesamten weiteren Verlauf der Arbeit des Öfte-ren auftreten und genauer beleuchtet werden. Sie ist, wie sich herauskristallisieren wird, von elementarer Bedeutung.
2.2 Der Weg zum Straßenkind - Ursachen und Hintergründe
“(...) bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in einer andern [sic] Welt“25 Wie wird man zu einem Straßenkind? Sind es persönliche Beweggründe, die Kinder auf die Straße führen, oder nehmen die Sozialisationsinstanzen wie u.a. Familie und Gesell-schaft auch eine wesentliche Rolle dabei ein? Und wenn ja, in welchem Ausmaß? Um mit dem Thema arbeiten zu können ist es nicht nur nötig, sich über seine Begriffsproblematik bewusst zu werden, sondern es müssen zunächst auch die Ursachen und Hintergründe des Phänomens betrachtet werden. BODENMÜLLER und PIEPEL schreiben hierzu, dass es sich beim Weg auf die Straße nicht unabdingbar um einen direkt selbstgewählten Schritt handle.26
Eine Verlagerung des Lebensmittelpunkts auf die Straße geht immer vor einem individuel-len biographischen Hintergrund vonstatten.27 Ursachen, Motivation und Hintergründe zum Eintausch der primären Sozialisationsinstanzen gegen die Straße als Lebensraum sind so-mit in unterschiedlicher Art vorhanden. In der Literatur finden sich ausgiebige Auseinan-dersetzungen mit den verschiedenen Aspekten, die Kinder und Jugendliche auf die Straße ‚treiben‘. Besonders der Rolle der Familie wird in den Betrachtungen eine große Aufmerk-samkeit entgegen gebracht. Um zu verdeutlichen, inwieweit das Zusammenspiel mehrerer Faktoren von Bedeutung ist, folgt eine Darstellung von bekannten Hauptproblematiken in unterschiedlichen Bereichen, mit denen Kinder und Jugendliche in der heutigen Zeit konf-rontiert werden und die dazu führen, dass sie vor allem bereits im Vorlauf – vor dem end-gültigen Umzug auf die Straße - zum Straßenkind werden.
Im Rahmen der Projektgruppe ‚Straßenkarrieren von Kindern und Jugendlichen‘ des Deut-schen Jugendinstituts finden sich in diesem Zusammenhang zwei Ursachenkategorien, welche Faktoren zur Begünstigung einer Verlagerung des Lebens auf die Lebenswelt ‚Straße‘ (Weiterreichende Beschäftigung mit der Ausgestaltung dieses Begriffs unter Kapi-tel 3.3) beinhalten, Anwendung: Zum einen werden die sogenanntenPush Faktoren28- die „Ausstoßungsprozesse“ in den Sozialisationsinstanzen - und zum anderen die sogenanntenPull Faktoren29- die Straßenstrukturen und deren Attraktivität und Anziehungskraft - genannt.30 Im Folgenden geht es um die Beleuchtung der unterschiedlichen Push Faktoren, bevor unter Kapitel 2.4.2 die Pull Faktoren erörtert werden. Wichtig bei den folgenden Betrachtungen ist, dass es nicht die eine spezielle Ursache oder den bestimmten Grund gibt, die Kinder dazu bewegen, ein Leben als Straßenkind zu führen. Meist handelt es sich vielmehr um einen ineinander greifenden Prozess von Ausgrenzung durch auf das Kind wirkende Faktoren und durch Abgrenzung durch das Subjekt selbst.31
2.2.1 Rolle der Familie
„(...) in unserer jetzigen Zivilisation ist es nicht besonders ungewöhnlich, dass zerrüttete Familien alle Hoffnung aufgeben. Sie verlieren sogar ihr Interesse an ihren eigenen Kindern, die sie den öffentlichen Straßen überlassen (...).“32
Der größte Teil der auf der Straße lebenden Kinder stammt aus instabilen und unvollstän-digen Familien.33 So sind in der Herkunftsfamilie meist Probleme wie Gewalt, massive Kontrolle, Vernachlässigung oder der ständige Wechsel von Bezugspersonen vorzufin-den.34
Viele Kinder nennen bedrückende Gefühle, wenn sie an ihre Eltern denken.35
„Meine Mutter hat nur Designer-Klamotten getragen, aber für mich war nie Geld da“, zi- tiert BRITTEN ein Mädchen, das sein Leben auf die Straße verlagert hat.36 Vernachlässi- gung und Verlust des Interesses am eigenen Kind sind auch nach BODENMÜLLER und PIEPEL nicht selten der Fall.37
Die Gleichgültigkeit der eigenen Familie, - der primären Sozialisationsinstanz, in der Kin- der und Jugendliche auf ein Leben geprägt von Verantwortung und Eigenständigkeit vor-bereitet werden sollen -38, bekommen Kinder vermehrt zu spüren. Das folgende Zitat be- schreibt also eine für diese Kinder durchaus typische Situation: „Wenn ich in der Schule eine eins geschrieben habe, bekam ich immer 50 Mark, aber gefreut hat sich mit mir kei- ner.“39 Sie fühlen sich nicht gebraucht und fehl am Platz, so dass sie ein Leben fernab von den Menschen, die ihnen eine „ungenügende Befriedigung ihrer psychosozialen Grundbe-dürfnisse“40 liefern, vorziehen.
Vorschriften, Verbote und, bei Nichteinhaltung bzw. -befolgung dieser, Bestrafungen füh-ren oft zu einem Wunsch nach Freiheit und Selbstbestimmung. Die Flucht auf die Straße kommt als Bewältigungsstrategie zum Einsatz, 41 bietet die Möglichkeit, das zu tun und zu lassen, wonach man sich so sehr gesehnt hat.
Nicht selten sind Familien desweiteren schlichtweg mit der Erziehung ihrer Kinder über-fordert,42 so dass sie keine angemessene Sozialisationsinstanz zur Förderung der Entwick-lung und des Wohles des Kindes darstellen können. Dies trifft oft auf Eltern mit mehreren Kindern oder Kindern im Kleinkindalter zu, die in ihren Augen mehr Aufmerksamkeit fordern, als sie zu geben in der Lage sind, oder auch auf Familien mit präsenter Suchtthe-matik. Alkohol- und Suchtprobleme und daraus eskalierende Konflikte stellen einen we-sentlichen Grund für das Weglaufen bei Kindern dar.43
Doch neben den psychischen Faktoren wird in der Literatur auch die Relevanz von physi-scher und sexueller Gewalt aufgeführt. - Insbesondere für Mädchen spielt die Flucht vor sexuellen Misshandlungen eine große Rolle.44
Für viele bedeutet ein Leben auf der Straße Freiheit fernab von Anpassungen. Auch der nichtvorhandene Leistungsstress, der zu Hause existierte, zeichnet das Leben frei von Zwängen aus. Man könnte es auch eine ‚Romantik der Straße‘ nennen, welche auf den ersten Blick sehr verlockend wirkt. „Spießer nerven“ hört man des Öfteren in Gesprä-chen.45
Auch JORDAN und TRAUERNICHT schreiben schon im Jahr 1981, dass Überforderung oder Verunsicherung der Kinder vorwiegend im Bereich der Familie zu suchen ist,46 - ein Phänomen, das bis heute an Bedeutung nicht verloren hat; da ist sich die Literatur sicher.
Ohne speziell auf die Migrantenthematik eingehen zu wollen, sie aber als ein wesentliches Problem anzudeuten, sei an dieser Stelle erwähnt, dass vermehrt Mädchen aus diesen So-zialisationshintergründen Demütigungen wie z.B. Zwangsverheiratungen, die oft zu einem Verlassen des Elternhauses führen, erleben,47- auch hier stellt die eigens hergeführte Ver-änderung der Lebensumstände einen Versuch der Konfliktlösung durch den Ausbruch aus der Familie dar.48
Klassische Familienformen lösen sich soweit auf, dass vonPatchwork49-Familien- Fami-lien, die sich aus verschiedenen ‚Flicken‘ zusammensetzen - gesprochen wird:50 Trennung, Scheidung, der Wechsel von Autoritätspersonen, verbunden mit Verlusten und Konflikten, spielen keine unbedeutende Rolle. Auch die in der heutigen Zeit existierende Vielfalt an unterschiedlichen Familienkonstellationen wird als Ursache zum Heraustreten aus der ei-genen Familie gesehen.51 So können besondersunvollständigeFamilienkonstellationen wie Ein-Elternteil-Familien - die statistisch gesehen weniger häufig der Fall sind -52, oder Be-ziehungsgefüge mit Stiefmüttern – oder -vätern, - welche vermehrt in den Biographien auftreten -53, nichteheliche Geburten oder eine bestimmte Stellung in der Geschwisterreihe zu psychischen Problemen und innerfamiliären Konflikten führen, die eine Straßenkarriere des Kindes begünstigen können. Von konstanten, dauerhaften Beziehungen zu beiden leib-lichen Elternteilen wird seitens der Straßenkinder selten berichtet.54 Hierbei soll auf die Betonung des Wortes ‚können‘ hingewiesen sein. Bei all den genannten Faktoren und Hin-tergründen heißt es nicht, dass es bei ihrem Eintreten unabdinglich zu einem Fortlaufen des Kindes kommen wird. Stattdessen geht es lediglich um Merkmale, die bei Straßenkindern zu beobachten sind und vereinzelt, aber vor allem auch in Zusammenwirkung mehrerer der genannten Faktoren die Wahrscheinlichkeiten und die Gestaltung eines Lebens auf der Straße beeinflussen können.55
Das Leben der Kinder und Jugendlichen spielt sich immer mehr außerhalb der Familie statt.56 Auf gemeinsame Unternehmungen, strukturierte Tagesabläufe, Gefühle und Emo-tionen wird zunehmend seltener Wert gelegt. Ist Familie also nur noch alsZweckgemein-schaft auf Zeit57 zu sehen? Das mag überspitzt formuliert sein, macht jedoch sehr deutlich, dass eine Kraftinstanz, die im Besonderen jungen Leuten Halt bieten sollte, immer mehr entfällt. (Siehe hierzu auch Kapitel 2.2.3)
Die Geschehnisse innerhalb der Familie stellen wichtige Push Faktoren dar, die die Kinder und Jugendlichen in ihrer Entscheidung zu einem Leben auf der Straße beeinflussen. Die Familie kann allerdings nicht als alleiniger Faktor, der die Kinder zu einer Verlagerung ihres Lebensmittelpunkts führt, gesehen werden. Nach HANSBAUER reicht ein einzelner Faktor nicht aus, damit es zum Weglaufen kommt.58 Es müssen somit noch weitere Ein-flüsse auf das Kind einwirken, denen in den weiteren Ausführungen Beachtung geschenkt werden.
2.2.2 Sozioökonomische Ursachen
„Arm dran in einer reichen Gesellschaft“59
Der sozioökonomische Status60 von Familien stellt einen weiteren wichtigen Belastungs-faktor für die Situation der Kinder da. So werden ein unzureichendes Familieneinkom-men,61 niedrige Bildungsabschlüsse der Eltern62 und schlechte Wohnbedingungen63 als Risikofaktoren gesehen. Geringwertige Bildungsabschlüsse können zu einem Mangel an der materiellen Bedürfnisbefriedigung führen und desweiteren Grund für eine einge-schränkte Konfliktbearbeitungskompetenz sein.64 Durch zu enge Wohnräume fühlen sich Kinder oft eingeengt und halten sich aufgrund dessen zunehmend außerhalb der eigenen Wohnung auf.65 - Wobei sich hier die Frage stellt, ab welcher Wohngröße Wohnräume ‚zu klein‘ sind. Nach INDORF/THUY leben jedes dritte Kind in den alten Bundesländern und 40% in den neuen in zu engen Wohnungen, was in diesem Fall bedeutet: Ohne ein eigenes Zimmer.66 Es kann vermehrt zu Konflikten kommen, wenn sich Jugendliche ein Zimmer zu mehreren teilen. Der deutsche Städtetag betont, dass die Sozialisations- und Entwick-lungsbedingungen von Kindern durch ungenügenden Wohnraum signifikant eingeschränkt werden.67 ROHMANN und auch BRINKMANN erläutern, dass ca. 90% der Familien in denenKindesvernachlässigungvorzufinden seien, arm68 sind.69 70 Und auch der zweite Armutsbericht der Bundesregierung hält fest, dass Familien mit geringem Einkommen am ehesten an kulturellen und sozialen Bedürfnissen, die über den Grundbedarf eines Kindes hinausgehen, sparen.71 Aufgrund der wachsenden Zahl der Menschen, die sich am Exis-tenzminimum72 befinden, steigt die Gefahr, dass sich Jugendliche der Straße zuwenden.73 So war im Jahr 2004 jedes fünfte Kind in Deutschland auf Sozialhilfeleistungen angewie-sen und Ende des Jahres waren 37% der gesamten Sozialhilfeempfänger jünger als 18 Jah-re.74 Obwohl die Bundesrepublik zu den reichen Ländern der Erde gehört, wachsen immer noch zu viele Kinder inprekären materiellen Verhältnissenauf.75
BODENMÜLLER und PIEPEL und auch SEIDEL vertreten ganz im Gegensatz dazu die Meinung, dass sich das Straßenkinderphänomen nicht vorrangig aufgrund materieller Not ergibt, da vor allem Jugendliche aus der etablierten Mittelschicht von Missbrauch, Ver-nachlässigung und Gewalttätigkeiten betroffen seien:76Soziale Kälte, Isolation und Lieblo-sigkeit als Ausdruck eines nur noch an Leistung, Wohlstand und Konsum orientierten Le-bens.77
Wie auch bei der familiären Problematik können hier die einzelnen Gegebenheiten nicht als Ursache an sich gesehen werden, sondern es müssen die daraus resultierenden Konflik-te und Verhaltensweisen im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Ökonomische Mangelsi-tuationen stellen zwar einen wichtigen Faktor, aber nicht das primäre Motiv zum Weglau-fen der Kinder und Jugendlichen dar.78
2.2.3 Auswirkungen des gesellschaftlichen Wertewandels
„Du darfst und du kannst, ja du sollst und du mußt [sic] eine eigenständige Existenz führen, jenseits der alten Bindungen von Familie und Sippe, Religion, Herkunft und Stand (...).“79
Mit dem Aspekt der Modernisierung und Individualisierung beschäftigen sich die Sozial-wissenschaften schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts.80 - Er kann u.a. nach FAL-TERMEIER auch für die Ursachenklärung der Existenz von Straßenkindern herangezogen werden.81 In der gängigen Fachliteratur wird dem Aspekt der Werte- und Normenverände-rungen zwar Betrachtung geschenkt, allerdings geschieht dies meist mit dem Hintergrund, dass die Jugendlichen sich in einem Zustand der Orientierungslosigkeit befinden, so dass derAusrissvon zu Hause als Resultat des Gefühls der Unsicherheit zu sehen ist. An dieser Stelle geht es u.a. darum, aufzuzeigen, dass es nicht allein nur um den Aspekt der Verunsi-cherung und Überforderung wie JORDAN und TRAUERNICHT es schreiben,82 sondern auch um neue Denkweisen und Lebensstile, beeinflusst von Individualisierung und Plura-lismus, geht.
Im gesellschaftlichen Prozess der Individualisierung handelt es sich um die zunehmende Ablösung von historisch definierten Sozialformen, das Herauslösen von traditionellen Bin-dungen und die Suche nach neuen Formen der sozialen Integration. BECK prägte hierzu den geläufigen Begriff derRisikogesellschaft,83 welcher die Situation prägnant widerspie-gelt. Durch den Verlust von altbekannten Werten, Orientierungsnormen und dem Zerfall alter Traditionen kann es zu einer Überforderung kommen. Die Kinder werden aus tradi-tionellen sozialen Einbindungen und Versorgungszusammenhängen entbunden,84 es ist jene bereits angesprochene Belastung zu beobachten, die Kinder und Jugendliche, als Su-chende nach einerneuen Art der sozialen Einbindung,85 auf die Straße treiben kann, eine Desorientierung, - von der besonders Jugendliche in benachteiligten Lebenslagen betroffen sind:86 Das Weglaufen bildet somit eine Form der Verdrängung im sozialen Zusammenle- ben.87 Auch sind durch den Entwicklungsprozess verursachte familiäre Wandlungen zu verzeichnen. - Alleinerziehende, nichteheliche Partnerschaften und Stieffamilien gleichen immer mehr einem Abschied von derbürgerlichen Familie.88 Die Jugendlichen scheitern an einer neuen Art des Zusammenlebens.89 Je schwerer die biographische Selbstverortung in Instanzen wie Familie und Schule fällt und mit dem Gefühl des Scheitern verbunden ist, um so größer ist die Bereitschaft, ein Leben auf der Straße als Lösung der Probleme einzu-gehen.90 Auch im Achten Jugendbericht heißt es: „Jugendliche haben heute eigene Gesel-lungsformen herausgebildet und dafür vielfältige kulturelle Ausdrucksformen entwi-ckelt.“91 DerSchonraum Jugend92 entfällt, - es existiert ein Pluralismus an Möglichkeiten, aus denen Entscheidungen zu treffen sind. Vorgegebene Wege werden immer weniger. Die Jugendlichen, aber auch schon die Kinder, stehen z.B. vor einer Vielfalt von Freizeitbe-schäftigungen, Schullaufbahnen, Erziehungsstilen und Zukunftsmöglichkeiten. Doch gera-de diese Wahlmöglichkeiten können neben der Risikoeigenschaft auch als Chance gesehen werden. Selbstbestimmung, -verwirklichung und Glück sind Maximen, die es im Zeitalter der Moderne immer mehr anzustreben gilt. Die Erfüllung der eigenen Wünsche und Träu-me wird dadurch zum Ausdruck tiefgreifender Veränderungen im Verhältnis von Indivi-duum und Gesellschaft. So werden Kindern und Jugendliche neue Freiheiten und Hand-lungsspielräume eröffnet, die allerdings erneut zu Zwängen, zum Zwang, sich entscheiden zu müssen, führen.93
Aussagen wie „Ich wollte die Welt kennenlernen“ und „Freiheit empfinde ich als etwas Wertvolles“ stammen von Kindern, die angeben, das Familienhaus aufgrund von Frei-heitswünschen verlassen zu haben.94 Einige Kinder bevorzugen im Zeitalter der Pluralität von Lebensweisen eine alternative Lebensart.95 Durch den Zwang, eigene Entscheidungen treffen zu müssen, ist es nachvollziehbar, dass Kinder und Jugendliche die in ihren Augen attraktive Entscheidungsvariante wählen: DieRomantik der Straßeals Pull Faktor.
„Zunächst waren es die Erwachsenen, die vor allem und jedem wegliefen: aus Partner-schaften, (...), Ehen, Familien. Jetzt laufen sogar schon die Kinder vor den Erwachsenen weg. Wir werden zu einer Weglaufgesellschaft.“96
2.2.4 Theoretische Erklärungsansätze
In der Ursachenbetrachtung existieren unterschiedliche Erklärungsansätze, die den Aspekt der Verantwortlichkeit aus unterschiedlichen Sichtweisen betrachten. So liegt bei manchen die Verantwortlichkeit bei den Straßenkindern selber, bei anderen wird hingegen das sozia-le System, die Sozialisationsinstanzen oder die Gesellschaft als Ursachenfaktor genannt. Da aufgrund ihrer wichtigen Bedeutung im Hinblick auf einen späteren Vergleich zu den Ländern der Dritten Welt bereits ausgiebige Erläuterung gegeben wurden, werden den Problemen bzgl. des Aufwachsens im Zeitalter der Moderne, den strukturellen Verände-rungen, der materiellen Armut und dem Mangel an Wohnsituation und den damit verbun-denen Anforderungen an dieser Stelle keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt. Im Fol-genden geht es vielmehr darum, kurz einen Überblick über verschiedene Ansätze aus So-ziologie, Psychologie und Medizin zu liefern:
(1) Medizinisch - Psychiatrischer Ansatz
Bis in die 60er Jahre wurde das Straßenkinderdasein mit einem Krankheitsparadigma be-gründet.97 Dieser zufolge waren die Kinder infiziert mit der sog. „Poriomanie“, der Krank-heit des Wandertriebs, die sich als negative Störung in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen äußerte und ein zwanghaftes Weglaufen zur Folge hatte. Sie konnten sich somit nicht dagegen wehren, ihr Leben auf die Straße zu verlagern. Sie trugen insofern keine Verantwortung bzgl. ihrer Handlung.98 Auch die Eltern und die Gesellschaft wurden hierdurch von einer Verantwortung entbunden. Die Straßenkinder mussten einer medizini-schen Behandlung unterzogen werden, wollte man sie von ihrer Krankheit heilen.
(2) Labeling Aproach
DieTheorie der sozialen Reaktionoder auchEtikettierungsansatzgenannt, zielt auf die Reaktionen der Gesellschaft ab.99 Gemessen an Normen und Werten des alltäglichen Le-bens, werden diejenigen, deren Verhalten von diesen abweichen, mit negativen Stigmati-sierungen versehen.100 Durch diese soziale Definition werden Verhaltensformen insofern erst als abweichendes Verhalten definiert.101 Die Verantwortung für das Leben auf der Straße liegt somit ebenfalls nicht bei den Straßenkindern selber, sondern bei den Men-schen, die das Verhalten als Normabweichung ansehen. Dadurch werden auch an dieser Stelle Instanzen wie Familie und Gesellschaft von der Verantwortung entbunden.
(3) Diskrepanztheoretischer Ansatz
Aufgrund sozialer Krisen und des damit verbundenen Rückgangs der sozialen Regelungen kommt es zu einer Zunahme von abweichendem Verhalten. Durch die ungleiche Vertei-lung von legitimen Mitteln ist ein abweichendes Verhalten unumgänglich, um erstrebens-werte Ziele in der Gesellschaft erreichen zu können. Die sozialstrukturellen Variablen ru-fen eine Anomie, eine Regellosigkeit, hervor.102 Das Weglaufen von Kindern kann dem-nach als Reaktion auf den Kontrast zwischen kulturellen Zielen und sozial erreichbaren Mitteln zur Erreichung dieser gesehen werden.103
(4) Theorie des differentiellen Lernens
Hier nimmt das Lernumfeld die wesentliche Rolle ein. Demnach geschieht das Erlernen von abweichenden sowie konformen Verhaltensweisen durch Interaktion und Kommunika-tion.104 Kinder und Jugendliche können folglich selbst bestimmen, an wem und was sie sich orientieren. Bezüglich der Straßenkinderthematik spielen das Wohnumfeld sowie die Freizeitbeschäftigungen eine wichtige Rolle. Diesbezüglich wirken sich benachteiligte Wohngebiete oft ungünstig auf die Kindesentwicklung aus.105
(5) Systemisches Erklärungsmodell
Dieser Erklärungsversuch stammt aus der Familientherapie und schreibt die Ursache nicht allein dem Kind, den Eltern oder einem einzelnen Familienmitglied zu, sondern stellt die Beziehungskonstellation als Ganzes in den Mittelpunkt der Betrachtung. Das System stellt eine Gesamtheit, eine Ansammlung von allem Existierenden, dar.106 Die Wechselwirkun-gen der einzelnen Einheiten kann zu einem Spannungsprozess zwischen den Beziehungs-trägern führen mit der Folge, dass das Weglaufen von zu Hause zur Reduktion der vorhan-denen Spannung, als Signal der Unzufriedenheit oder als Ausdruck einer Alternativorien-tierung gesehen werden kann.107
(6)Entwicklungsprobleme in der Jugendphase
Bei der Jugendphase handelt es sich um eine Phase des Übergangs,108 in der die Anpassung und Orientierung an gesellschaftliche Werte und Anforderungen - als Voraussetzung für eine soziale Identitätsentwicklung- geschieht.109 Es soll ein Wertesystem, das als Richt-schnur für das eigene Handeln dienen soll, aufgebaut werden. Die Jugendlichen verselbst-ändigen sich nach und nach und entwickeln ihre eigene Auffassung vom Leben.110 Integration und Individuation zu vereinbaren, fällt vielen Jugendlichen schwer, doch nur bei einer erfolgreichen Verknüpfung beider Prozesse kann nach HURRELMANN eine Entwicklung der Ich-Identität stattfinden. Kommt es hierbei nicht zu ausreichenden Möglichkeiten, Ver-suchen des Auffangens und zur Unterstützung seitens intensiver Bezugspersonen, können Entwicklungsprobleme auftreten, die eine inadäquate Lösung der Probleme in Form vom Weglaufen hervorrufen können. 111
2.3 Die Problematik von Zahlen & Fakten
„Die Zahl ist das Wesen aller Dinge.“112
Zahlen und Fakten bestimmen das alltägliche Leben. Auf Forschungsergebnisse werden Arbeitsweisen und Theorien ausgerichtet und die Öffentlichkeit wird meist erst dann auf ein Problem aufmerksam, wenn erschreckend hohe bzw. niedrige Zahlen bezüglich einer Thematik veröffentlicht werden. Medien bedienen sich gerne solcher Zahlenangaben, um mit ihnen Texte zu füllen und Schlagzeilen spektakulärer zu gestalten. Auch im Bereich der Straßenkinderthematik existieren Zahlen, die jedoch nicht auf präzisen Statistiken ba-sieren. Der folgende Abschnitt wird einen Überblick der Zahlen bzgl. der Existenz von Straßenkindern in Deutschland liefern und sich damit beschäftigen, inwieweit die unter Kapitel 2.1 angesprochene Problematik der Begriffsdefinition hierbei erneut eine wesentli-che Rolle spielt.
Bei dem Blick in die Literatur wird man reichlich fündig. Fast jede Verschriftlichung und jedes Statement zum Thema nennt Zahlen zur Existenz von Straßenkindern, die jedoch stark voneinander abweichen. Während der eine von 1.500 bis 2.500 Kindern, die auf der Straße leben, berichtet,113 spricht ein anderer von 5.000-7.000.114 Nach Schätzungen sozia-ler Einrichtungen wiederum existieren allein in der Hauptstadt Berlin 3.000 Straßenkin-der.115 So sind Angaben, die sich in ihren Aussagen teils ähneln oder sich auch gegenseitig ausschließen, zu finden. Die verschiedenen Zahlen basieren auf dem Mangel an einheitli-chen Erfassungskriterien,116 hier ist man sich einig. Bezüglich Alter, Hinwendungsgrad zur Straße, spezieller Lebenssituation, etc. gibt es keine festen Variablen, die allen Statistiken zu Grunde liegen. Es fragt sich, wie das Phänomen Straßenkind untersucht werden soll, wenn in der Gesellschaft nicht von den gleichen Begriffsvorstellungen ausgegangen wird. Lediglich bezüglich des Alters sind zumindest zum Teil genauere Aussagen zu finden. - So differenziert SCHMITZ z.B., indem sie eine Zahl von 7.000 unter dem 18. Lebensjahr nennt117, allerdings ebenfalls ohne weitere hinreichende Erklärungen zu den Erfassungs-merkmalen zu liefern. So kommt es sogar zu Aussagen wie von FREY, die von einer Schätzung auf fünfstellige Zahlen mit einer steigenden Tendenz118 oder von BRITTEN, der die Zahl von 20.000 bis 40.000, Tendenz steigend, nennt.119
Für die hohen Abweichungen spricht nach ROHMANN neben dem Problem der Definition die hohe Dunkelziffer bzgl. Kindern und Jugendlichen, die ihren primären Sozialisations-raum verlassen haben, denn jene belaufe sich zwischen 2.000 und 50.000. Viele Kinder seien stets mit einem festen Wohnsitz gemeldet und daher nicht in Vermisstenstatistiken erfasst. Hinzukommend seien die Zahlen bezüglich vermisster Kindern nicht hinreichend brauchbar, da sie auch spontane Wegläufer erfassen, die meist nach wenigen Tagen wieder nach Hause zurückkehren.120 Von jährlich 2000 vermissten Minderjährigen blieben ‚ledig-lich‘ rund 300 länger als neun Monate oder für immer verschwunden.121 Wie bereits zu Beginn bzgl. der Begriffsdefinitionsproblematik erwähnt gilt auch hier: „So logisch und empirisch gehaltvoll auch immer die verschiedenen [...] Definitionen [...] auch erscheinen mögen, so schwierig ist es im Einzelfall, die tatsächliche Lebenssituation eines ‘Straßen-kindes‘ terminologisch zu verorten.“122
2.4 Skizzierung der Straße als Lebens- und Handlungsraum
„Straße ist nicht lediglich der Verkehrsraum unter freiem Himmel, sondern umfaßt[sic] die angrenzenden Räume und Gebäude mit, die öffentlichen Aufgaben dienen oder auch einfach öffentlich zugänglich sind.“123
Die Straße als Lebensraum für Straßenkinder existiert im Rechtssinn nicht. Wie bereits zu Beginn erläutert, besagen die rechtlichen Rahmenbedingungen, dass ein minderjähriges Kind den Wohnsitz seiner Eltern teilt und seinen Aufenthalt dadurch nicht selbst bestim-men kann. Straßenkinder befinden sich in Deutschland somit in einem illegalen Zustand, denn es existiert keinlegaler Ohne-festen-Wohnsitz-Status.124 Nichtsdestotrotz existiert de facto die Straße als Ort des Lebens für Kinder und Jugendliche in Deutschland. Im Folgen-den geht es darum, die Vielgestalt dieses Platzes und dessen ‚Bewohner‘, die Geschehnisse und die Anforderungen näher zu betrachten. Desweiteren werden hier die sogenannten, bereits erwähnten Pull Faktoren ins genaue Betrachtungsfeld rücken, denn die Attraktivität und die Zugangsstrukturen der Straße sind zusätzlich zu den bereits genannten Ursachen ein wichtiger Risikofaktor.125 Den folgenden Erläuterungen liegen insbesondere verschie-dene Erlebnisberichte und Interviews über Einzel- und Gruppenschicksale zugrunde.
2.4.1 Verortung der Straßenkinder
Der Lebensraum (auf der Straße) gestaltet sich vielseitig. Das Leben spielt sich meist auf städtischen Plätzen wie Fußgängerzonen oder im Bereich der Innenstädte ab, da sich diese Orte aufgrund ihrer Infrastruktur alsPräsentierflächegut eignen. Vor Gebäuden mit Über-dachung, zum Schutz vor Witterungsverhältnissen, halten sich Straßenkinder vermehrt auf. Aber auch sonstige öffentliche Plätze wie Marktflächen oder Bahnhöfe werden gerne als Aufenthaltsort genutzt, denn Plätze mit vielen Menschen eignen sich vor allem zum Geld-erwerb.126
Besonders in den alten Bundesländern sind Straßenkinder überwiegend im Citybereich127 und in Bahnhöfen anzutreffen; in den neuen Bundesländern hingegen erweisen sich die existierenden leerstehenden Häuser als die beliebtesten Aufenthaltsorte.128 Besonders in Berlin ist die ‚Hausbesetzung‘ ein bekanntes Phänomen. Nach der Wiedervereinigung be-gannen Menschen ohne feste Wohnung Häuser zu besetzen, wodurch seit 1990 unter ande-rem ganze Straßenabschnitte existieren, in dem Häuser von Menschen verschiedener Her-kunft und unterschiedlichsten Alters, teilweise auch schon von Kindern ab dem 13ten Le-bensjahr, bewohnt werden. Hierbei handelt es sich meist um verfallene Häuser oder um solche, deren Besitzverhältnisse in den Vereinigungsturbulenzen ungeklärt blieben.129 Das Überleben auf der Straße ist von der Existenz vonökologischen Nischen, Grenzräumen, deren Besitzansprüche ungeklärt sind, abhängig.130
Nur wenige Straßenkinder verbringen die Nächte wirklich draußen unter freiem Himmel. Wenn auch kein fester Schlafplatz vorhanden ist, ergibt sich meist immer durch Gelegen-heit oder durch die Versorgung durch Gleichgesinnte – ein Begriff der im Weiteren ge-nauer erläutert werden wird - eine Übernachtungsmöglichkeit. Kinder, die sich noch nicht vollkommen der Straße zugewendet haben, schlafen oft auch noch, wenn jedoch meist nur teilweise, zu Hause bei ihren Familien. Desweiteren existieren Notschlafstellen und diverse Hilfseinrichtungen, die Möglichkeiten zum Übernachten anbieten.131 HANSBAUER be-tont, dass besonders Minderjährige in der Regel über soziale Netzwerke verfügen, die einer Obdachlosigkeit im engeren Sinne entgegenwirken.132
Die Kinder kommen meist aus den jeweiligen Großstädten, die allgemein von Straßenkin-dern vorwiegend als Aufenthaltsorte genutzt werden, oder aus dem direkten Umland. Die Meinungen, ob Standorte gewechselt werden, sind widersprüchlich: SEIDEL schreibt diesbezüglich, dass der Aufenthaltsort immer wieder zahlreich gewechselt wird.133 FINK hingegen spricht vomMythos Mobilität. - Die meisten Kinder haben ihre feste Stadt, in der sie sich aufhalten oder in die sie immer wieder zurückkehren.134
Schlussfolgernd lässt sich sagen: So heterogen sich die Vorgeschichten der Kinder, deren Charaktere und deren Überlebensstrategien gestalten, genauso heterogen gestaltet sich auch die Straße als Lebensraum.
2.4.2 Bedeutung und Anziehungskraft der Straße
„Man meint immer die Leute auf der Straße seien eine große Familie, aber das ist nicht so.“135
Die Szene136 bietet für viele Kinder einen attraktiven Anziehungspunkt. Oft wird sie als Notgemeinschaft oder eine Art Ersatzfamilie gesehen. Die Kinder suchen unter Gleichge-sinnten das, was ihnen zu Hause verwehrt wurde: Das Gefühl von Integration und Zugehö-rigkeit, - der Weg auf die Straße als Akt der Befreiung. Die Gruppendynamik nimmt eine wesentliche Rolle in diesem Leben auf der Straße ein. Hier teilen Kinder und Jugendliche ihre Schicksale und haben zum Teil die gleichen oder ähnlichen Erfahrungen durchlebt. Viele fühlen sich endlich verstanden und erklären, im Rahmen gleichgestimmter Jugendli-cher ihr Leben ohne Bevormundung ausleben zu können.137
Durch solche Aussagen meint man leicht, die Bewohner der Straße glichen einer großen Familie. Durch Erfahrungen, die BRITTEN während seines Projektes auf der Straße mach-te,138 gewinnt man hingegen einen anderen Eindruck. Das Gruppenleben stellt sich hier nicht so harmonisch dar, wie angenommen wird. - „Oft nehmen sie sich gegenseitig nur aus (...) und wenn du mal etwas zu essen hast, fressen sie dir alles so schnell es geht weg.“139
Die Straße wird von Experten jedoch nicht nur negativ beleuchtet. So wird die Straße auch durchaus als Lernort angesehen, der nach ZINNECKER mit Lerninstanzen wie Schule und Familie gleichgesetzt werden kann.140 Der Raum wird am meisten von Kindern und Ju-gendlichen im Alter von sechzehn bis achtzehn Jahren genutzt, eine Altersspanne, bei der die Entwicklung der Persönlichkeit vordergründig stattfindet. Auf der Straße werden be-stimmte Kompetenzen erlernt, deren Erwerb durchaus einen positiven Einfluss auf die Per-sönlichkeitsentwicklung ausüben kann.141 Auch seitens der Jugendlichen werden Vorteile genannt. „So in WGs oder besetzten Häusern lernt man auch Konflikte auszuhalten und abzupalavern.“142 Durch die eigene Befreiung aus destruktiven Strukturen können sich Stärke und Selbstbewusstsein entwickeln.143 Anstatt sich an die gesellschaftlichen „Nor-malzustände“ anzupassen, muss man ‚lediglich‘ den Normen der Gruppe genügen.144 Trotz Problemen in der Gruppe bietet die Straße ein Gefühl von Gemeinschaft und Zugehörig-keit. „Auf der Straße habe ich etwas gefunden, was ich bei meinen Eltern nicht hatte: ein Zuhause.“145 Statements wie: „(..) hier gibt’s noch ´n paar korrekte Leute. Die weisen dich, wenn du auf Platte machen willst, echt gut ein. Die nehmen dich auch in Schutz. Die sind so wie die Eltern“146 zeigen, dass auf der Straße auf jeden Fall auch positive Gruppenpro-zesse zu finden sind.
2.4.3 Alltagsgeschehen - Lebensweisen und Anforderungen
Das Leben auf der Straße ist geprägt von verschiedenen Verhaltensweisen und Ereignissen, die ein Überleben sichern. Bestimmte Lebensweisen müssen an den Tag gelegt werden, um den Anforderungen der Straße Stand halten zu können.
Ein Faktor, mit dem es während eines Lebens ohne festen, dauerhaften Wohnsitz umzuge-hen gilt, ist, dass sich das Leben als teuer gestaltet. Den Bewohnern bieten sich keine La-germöglichkeiten von Nahrungsmitteln, so dass nicht längerfristig sparend eingekauft wer-den kann.147 Desweiteren soll hier erneut der Aspekt der Mitversorgung erwähnt werden, der auch als Kostenfaktor eine Rolle spielt.148 Der Gelderwerb zur Sicherung der eigenen Existenz erweist sich zudem als problematisch, denn durch das Leben in einem illegalen Status ist es kaum möglich, durch legale Mittel an Geld zu kommen. Die Möglichkeit von Leistungsunterstützung durch Arbeitslosengeld, Sozialhilfe oder Arbeitsvermittlung durch die Agentur für Arbeit entfällt durch die illegale Existenz.149
Die Kinder und Jugendlichen müssen somit andere Möglichkeiten wahrnehmen, um Geld und in Verbindung hiermit primär Nahrung zu bekommen. Als legale Ressourcen zur Be-schaffung von Lebensmitteln und Geld existieren drei verschiedene Wege, die geprägt durch die Hilfsbereitschaft des sozialen Umfeldes sind: Die Nutzung sozialer Hilfseinrich-tungen wie Suppenküchen oder Schlafunterkünfte, die Inanspruchnahme von Hilfe im Be- kanntenkreis und die Variante des ‚Schnorrens‘.150 Letztere dient den meisten als Haupt-einnahmequelle.151 Beim sogenannten ‚Schnorren‘ handelte es sich um das Erbitten von Unterstützung durch Gefälligkeiten oder Geld ohne die Erbringung von Gegenleistung. Desweiteren gibt es illegale Möglichkeiten wie Schwarzarbeit, Diebstahl oder Handel mit Suchtmitteln. Auch Prostitution ist als Lösung zum Gelderwerb eine häufige Strategie.152 TRAUERNICHT spricht diesbezüglich von einer ständigen Gratwanderung zwischen Sich-Anbieten und Sich-Bewahren.153 Zum einen müssen sich die Straßenkinder vor ande-ren schützen, aber zum anderen dient das sich Prostituieren als eine „Arbeitsmöglichkeit“, um das Überleben zu sichern. Besonders für drogenkonsumierende Kinder stellt die Prostitution oft eine unumgängliche Lösung dar. Die Prostitution ist die einzige Möglichkeit, schnell und an relativ viel Geld zu kommen, erklärt ein Straßenmädchen.154 Drogen sind ständig präsent im Milieu der Straße. Der eigene Körper wird oft als Belastung gespürt und angesehen, so dass man diese Qual vergessen möchte. Drogen ermöglichen einen Reali-tätsverlust und lassen vieles einfacher erscheinen.155 In der Psychologie wird angenommen, dass Menschen zur Einnahme von Drogen tendieren, wenn sie den Alltag kolorieren und verdrängen wollen.156 Der Drogenkonsum ist somit Bewältigungsstrategie, um die eigene Straßenexistenz ertragen zu können.157 Während PERMIEN und ZINK schreiben, dass fast alle Straßenkinder die Basisdroge Alkohol konsumieren,158 redet BRITTEN von einem hohen Teil, der dem Alkohol abstinent gegenüber steht. Synthetische Drogen werden auf-grund ihrer Wirkung bevorzugt, da sie weder Kater noch Turkey159 zur Folge haben und in einer richtigen Anwendungskombination eine längere Wirkungszeit mit sich bringen.160 Diese Einstellung wird auch in folgender Aussage eines Straßenkinds deutlich: „Bier ist Scheiße, davon braucht man zu viel um besoffen zu sein (...).“161 Durch den offenen Lebensraum Straße werden für Außenstehende Alkohol- und Drogenkonsum sichtbar. Aber, so betonen BODENMÜLLER und PIEPEL, es handelt sich hierbei nicht unabdingbar um ein Straßenlebenphänomen, da viele Jugendliche relativ wenig Alkohol trinken und keine Drogen konsumieren.162 Auch hier spielt die bereits erläuterte Gruppendynamik eine wich-tige Rolle. Durch sie werden Werte und Normen definiert, die den Milieuzugehörigen Handlungsspielräume und Grenzen aufzeigen. So berichtet BRITTEN zum Beispiel von einem Mädchen, das unter seinen Gleichaltrigen aufgrund seines starken Drogenkonsums Ausgrenzung zu spüren bekommt. Junkies163 haben einen schweren Stand und werden oft mit Verachtung betrachtet.164 Auch BODENMÜLLER und PIEPEL weisen auf den Stel-lenwert der Gruppendynamik hin, betonen jedoch, dass die Straßenszene nicht als Verursa-cher, sondern lediglich als Verstärker gesehen werden kann.165 Dadurch, dass sich die Mädchen und Jungen in Abhängigkeitsstrukturen begeben, ist das Leben in der Gruppe oft geprägt von Gegenleistungen. Das Mitversorgt werden basiert meist nur selten auf reiner Nächstenliebe.166 Mädchen bekommen von Passanten im Allgemeinen mehr Geld beim Schnorren, so dass diese bevorzugt zum Schnorren geschickt werden.167 „Es ist immer bes-ser, wenn man Mädchen zum Schnorren schickt. Die kriegen mehr“, sagt ein Jugendli-cher.168 Besonders Mädchen berichten von Anmache und Gewalt, aber auch davon, den Kompromiss zu schließen, den eigenen Körper als Gegenleistung zu verkaufen.169
Der Alltag auf der Straße ist geprägt durch illegales Verhalten. Auch die Projektgruppe ‚Straßenkarrieren von Kindern und Jugendlichen‘ des Deutschen Jugendinstituts hält als Ergebnis fest, dass illegal lebende Menschen auf Dauer ihren Lebensunterhalt nur durch gesetzwidrige Handlungen bestreiten können.170 BODENMÜLLER und PIEPEL sprechen hierzu von Kriminalisierung als einem schon fast festen Merkmal der Straßenszene,-171 kriminelle Handlungen befriedigen zum einen die Grundbedürfnisse, beugen aber zum anderen auch Langeweile vor und führen zum Erlangen von Anerkennung.172
Der Aspekt des Gefühls von Sicherheit fehlt den meisten auf den Straßen Lebenden. Die Zukunft stellt allein der morgige Tag da und längerfristige Planungen entfallen. Das Geld muss bis morgen reichen, so dass man einen erneuten Tag überstanden hat.173 Das Schnor-ren bietet kein konstantes Einkommen. Man muss früh am Tag beginnen, um genügend Geld ‚zu verdienen‘. Eine Sicherheit, ausreichend zu verdienen, gibt es nicht.
„Das wichtigste ist, dass man früh genug anfängt. Wenn man noch gut drauf ist kann man die Leute auch ganz anders ansprechen. Dann läuft’s auch. Wenn man erst auf Turkey ist, geht nichts mehr. Wenn dir alles weh tut, kannst du nicht schnorren.“174
Perspektivlosigkeit herrscht vermehrt unter den Straßenkindern. „Über meine Zukunft denke ich nicht nach“, „Ich weiß nicht, was mal wird“.175
2.4.4 Faktor Gesundheit
Auch die Gesundheit leidet unter den Wohnbedingungen auf der Straße. Der Mangel an Hygiene, oft fehlender Schutz vor Witterungsverhältnissen, unzureichende Nahrung und schmutziges Trinkwasser führen häufig zu körperlichen Krankheiten.176
Besonders Hauterkrankungen, schlechte Wundheilung, Parasitenbefall, Läuse, Tuberkulo-se, Leberentzündungen und Herzinnenhautentzündungen werden bei den Straßenkindern beobachtet. Die Tätigkeit der Prostitution bringt oft Geschlechtskrankheiten mit sich. Auch HIV/AIDS sind aufgrund regem Partnerwechsel, Prostitution, und Drogenmissbrauch auf der Straße ein präsentes Thema.177
2.4.5 Ängste und Gewalt im Alltag der Kinder
Neben den physischen Folgen sind desweiteren psychische Probleme wie Ängste, Phobien und Depressionen vorhanden, die zum Teil als Ursache oder auch Folge des Konsums von Suchtmitteln gesehen werden können.178 Durch die extremen Lebensbedingungen sind die Kinder permanenten Stresssituationen ausgesetzt, die dem Körper auf Dauer zusetzen.179 Durch ihren illegalen Status verfügen sie über keinen Krankenversicherungsschutz und müssten daher aus dem anonymen Leben heraustreten, um einen offiziellen Arzt aufsuchen zu können.180
Das Leben auf der Straße ist bei vielen verbunden mit einer ständigen Suche und Angst; Suche nach einem Schlafplatz, Angst, von Gleichgesinnten oder auch Fremden überfallen zu werden und Gegenleistungen verschiedenster Art für Schlafmöglichkeiten und Materia-lien leisten zu müssen.181 Desweiteren gleicht das Leben auf der Straße einer Flucht. So ist man zunächst von seiner Herkunftsinstanz weggelaufen, nun flüchtet man stets vor der Polizei. Minderjährige und diejenigen, die keinen gemeldeten Wohnsitz nachweisen kön-nen, befinden sich auf der Hut, um einer Einweisung in die Kinder- und Jugendnotdienste oder Rückführung in ihre Herkunftsfamilie zu entgehen.182 Die Polizei nimmt Kinder unter dem 16. Lebensjahr zur Identitätsprüfung mit zur Polizeiwache. Liegt eine Vermisstenmel-dung oder keine gültige Wohnanschrift in der jeweiligen Stadt des Aufenthaltes vor, kommt es zu einer Übergabe des Kindes an den Kinder- und Jugendnotdienst.183 Der All-tag gleicht somit für viele einem Versteckspiel vor den Gesetzeshütern.184 Straßenkinder befinden sich in einem Leben ohne Privatsphäre,185 gefüllt mit ständigen Kontrollen und Platzverweisen.186 Auch Gewalt ist unter den Straßenbewohnern häufig präsent. Besonders das männliche Geschlecht wählt ein gewalttätiges Verhalten als Konfliktlösungsstrategie. Nach Auffassungen der Autoren sind z.B. in Münster Szenenfremde weniger von Körper-verletzungen betroffen als Szenenangehörige.187
Der Alltag der Straßenkinder ist vielseitig, geprägt von verschiedenen Faktoren, die sich für sie als positiv, aber auch als negativ gestalten. Im Laufe der Zeit gewöhnen sie sich an den Standard des Lebens auf der Straße, sich mit Gegebenheiten zu arrangieren und das Beste aus meist wenigen materiellen Ressourcen zu machen. „Was ich vor ein paar Wo-chen noch Armut genannt hätte, nenne ich heute Einfachheit“, resümiert BRITTEN, nach-dem er mehrere Wochen im Straßenkindermilieu gelebt hat.188 Viele der Kinder kennen den Tagesablauf bereits schon, bevor sie ihr Leben auf die Straße verlagern. Oft wird die Straße schon viel früher zum Lebensmittelpunkt der Kinder, bevor es sie endgültig auf die Straße zieht.189 Das Leben auf der Straße wird von den Kindern selbst unterschiedlich be-wertet. Meist werden jedoch vor allem die Schwierigkeiten, die sich ihnen auf der Straße stellen, betont.
2.4.6 Sehnsüchte und Zukunftswünsche
Der Wunsch, dem Straßenleben den Rücken zuzukehren, sei groß schreibt SEIDEL. Durch die von ihm durchgeführten Interviews lässt sich ein allgemeiner Wunsch nach einem ‚normalen‘ Leben resultieren. Vor allem der Wunsch nach einem unabhängigen, drogen-freien Leben ohneerniedrigende Jobswird seitens der Straßenkinder gehegt.190
Trotz ihrer momentanen, nicht den gesellschaftlichen Normen entsprechenden Lebenswei-se, werden bürgerliche Zukunftsvorstellungen gehegt. So ergab die Interviewauswertung SEIDELs, dass sich mehr als vier Fünftel der Straßenkinder einen festen Arbeitsplatz und eine eigene Wohnung für die Zukunft erhoffen. Etwa die Hälfte denkt desweiteren über eine eigene Familiengründung mit Kindern nach.191 Viele, die in ihrer Biographie solch ein normales Leben nie erfahren haben, wollen dies in ihrer Zukunft nachholen. Auch hält ihnen die Öffentlichkeit tagtäglich Normalität vor Augen und zeigt, was die Straßenkinder nicht besitzen.192
Vor allem Jüngere äußern zudem das Verlangen nach einer Vertrauensperson, die sie un-terstütze und vertrete. Aber selbst über Sechzehnjährige sehnen sich zwar vermehrt nach Selbständigkeit, aber auch nach Geborgenheit.193
Das folgende Statement eines Kindes zeigt, wie ambivalent die Meinungen sein können: „Es ist ein anstrengendes und beschissenes Leben, was ich führe. Aber es ist auch ziemlich abwechslungsreich. Man erlebt viel, und ich habe wahrscheinlich mehr Lebenserfahrung wie manche je in ihrem Leben kriegen werden. Irgendwie macht es manchmal auch Spaß. Aber im Großen und Ganzen ist es ziemlich beschissen.“194
2.4.7 Im Spiegel der gesellschaftlichen Reaktionen
In Deutschland reagiert die Gesellschaft in unterschiedlicher Weise auf das Straßenkinder-phänomen. Im Folgenden werden die Medien, die großen Einfluss auf die öffentliche Mei-nungsbildung und somit auf die Gesellschaft haben zum einen, und zum anderen die Be-völkerung und die staatliche Instanz beleuchtet.
Während Straßenkinder früher in der Gesellschaft als krank und unfolgsam angesehen wurden,195 werden sie heute vermehrt als Störfaktor und unnormal betrachtet. Entfernt von eigenen Schuldzugeständnissen wird das Leben auf der Straße mit Vorliebe als Eigenver-ursachung seitens der Kinder gesehen. Findet der Begriff ‚Straßenkind‘ Anwendung, asso-ziiert man gemeinhin schnell die typischen Klischeebilder, verfestigt vor allem durch Ver-öffentlichungen von Zeitungsartikeln oder Reportagen in den Medien. Und dies, obwohl von Experten immer mehr darauf hingewiesen wird, dass die Verwendung des Wortes ‚Straßenkind‘ nicht unreflektiert geschehen sollte. Dieser Begriff erzeugt eine moralisch aufgeladene Assoziation vonwehrlosen Opfern gesellschaftlicher Verhältnisse, schreibt etwa die Projektgruppe des DJIs.196 „(...) am Berliner Alexanderplatz sitzen mehrere Jugendliche mit abrasierten oder bunt gesträhnten Haaren und frösteln (...). Die Kleidung ist zerrissen und teilweise kreativ geflickt, viele Gesichter sind vom Alkohol aufgedunsen oder von anderen Drogen eingefallen.“197
Es lässt sich fragen, ob solche Berichterstattungen nicht das Festsetzen eines negativen, abschreckenden Bildes in den Köpfen der Gesellschaft verursachen, oder zumindest in einem großen Ausmaß dazu beitragen. Der Leser könnte glauben, dass Drogen und Alko-hol unabdingbar zum Alltag jedes Straßenkindes gehören.
Die Straße alsNotausgang für kaputte Seelen198 und ein Lebenzwischen Bahnhof und Straßenstrich199 titeln der Spiegel und die TAZ (die Tageszeitung). Die Kinder und Ju-gendlichen werden desweiteren als Straßenratten, Trebegänger oder als Ungeziefer be-zeichnet.200Mit 17 hat man kaum noch Träumeschreibt der Schulspiegel.201 Auf diese Art wird der Gesellschaft durch Schlagzeilen das Leben der Kinder als etwas ‚Unnormales‘ und als ein Leben in Perspektivlosigkeit vermittelt.
Die Existenz der Kinder, die sich größtenteils fernab von ihren Herkunftsinstanzen befin-den, wird als Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gesehen. Die bereits erläu-tertenMaßnahmen zur Beseitigungder Kinder werden als eine Art Gefahrenabwehr ange-wendet. Der primäre Zuständigkeitsbereich liegt hierbei bei der Polizei und den Ordnungs-ämtern der jeweiligen Städte.202
Das Leben auf der Straße gleicht einem Klischeebild. Es scheint viel einfacher zu sein, etwas Negatives in Kindern, deren äußeres Erscheinungsbild nicht den gesellschaftlichen ‚Normalvorstellungen‘ entspricht, zu sehen, als ihre positiven Seiten zu erkennen. Dabei wäre ein positives, hilfegestütztes Bild für diese Kinder von großer Wichtigkeit, da sie abhängig von ihrem Umfeld und angewiesen auf dessen Akzeptanz und dessen Unterstüt-zung sind. Das Schnorren stellt die Haupteinnahmequelle dar. Die Höhe der Tageseinnah-men ist abhängig von der Hilfsbereitschaft der Passanten. Hierbei wird ersichtlich, inwie-weit die Klischeebilder die Existenz und das Überleben der Straßenkinder erschweren.
[...]
1 Engelmann 2002: S.90
2 Der Wortgebrauch ‚international‘ bezieht sich im folgenden Verlauf immer auf den Kontext der Dritten Welt
3 Seidel 2002: S.40
4 Vgl. §7 Abs. 1 Nr.1 SGB VIII
5 Vgl. §2 BGB: „Die Volljährigkeit tritt mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein.“
6 Vgl. Hansbauer 1998: S. 30
7 Vgl. hierzu u.a. Bodenmüller, Piepel 2003: S.11; Rohmann 2000: S. 17
8 Vgl. §11 BGB
9 Sorge für die Person des Kindes
10 Vgl. §1631 Abs.1 BGB
11 Vgl. Britten (1995): S.8
12 Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (engl.UnitedNationsInternationalChildren’sEmergencyFund)
13 Vgl. Engelmann 2002: S.71
14 Vgl. Rohmann 2000: S.10
15 Vgl. Engelmann 2002: S.72
16 Vgl. Jordan, Trauernicht 1981: S.18
17 Vgl. Rohmann 2000: S.9
18 Vgl. Hansbauer 1998: S. 31
19 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2003: S.11
20 Vgl. Adick 1998b: S. 10
21 Vgl. Jogschies 1998: S.196
22 Vgl. §7 Abs.1 Nr.2 SGB VIII: Jugendlich ist, „wer 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist.“
23 Vgl. Institut für soziale Arbeit e.V. 1996: S.28f.
24 Vgl. Rohmann 2000: S.11, zitiert nach: Projektgruppe 1995: S.138
25 Arthur Schopenhauer 2007: S.6
26 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2003: S. 12
27 Vgl. Institut für soziale Arbeit e.V. 1996: S.209
28 [engl.] to push: Stoßen, anstoßen
29 [engl.] to pull: Reißen, ziehen
30 Vgl. Rohmann 2000: S.47, zitiert nach: Projektgruppe 1995: S.70
31 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2003: S.13
32 Victor Hugo 1997: S.14
33 Vgl. Permien, Zink 1998: S.103
34 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2003: S.11
35 Vgl. Britten 1995: S.23
36 Ebd.
37 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2003: S.17
38 Vgl. Napolitano 2005: S.51
39 Britten 1995: S.33
40 Vgl. Hansbauer 1998: S.43
41 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2003: S. 13
42 Vgl. ebd.: S.17
43 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2003: S.17
44 Vgl. Britten 1995: S.40
45 Vgl. zusammenfassend Britten 1995
46 Vgl. Jordan, Trauernicht 1981: S.18
47 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2003: S.20
48 Vgl. Jordan, Trauernicht 1981: S.36
49 [engl.] Patchwork: Flickarbeit, Flickwerk
50 Vgl. Rohmann 2000: S. 47
51 Vgl. Jordan, Trauernicht 1981: S.37
52 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2003: S.18
53 Vgl. ebd.
54 Vgl. ebd.
55 Vgl. Institut für soziale Arbeit 1996: S.209
56 Vgl. Rohmann 2000: S. 47
57 Vgl. ebd.: S.48
58 Vgl. Hansbauer 1998: S.44
59 BMFSFJ 2002: S.138
60 Begriff der in der Sozialwissenschaft Anwendung findet und Merkmale menschlicher Lebensumstände bezeichnet. Hierzu zählen u.a. Bildung, Wohnsituation, Beruf, Einkommen und Liquidität.
61 Vgl. Institut für soziale Arbeit 1996: S. 209
62 Vgl. Hansbauer 1998: S. 43
63 Vgl. Rohmann 2000: S. 50
64 Vgl. Hansbauer 1998: S.43
65 Vgl. BMFSFJ 1998: S.92
66 Vgl. Indorf, Thuy: 1998
67 Vgl. Baum 2002: S.178
68 Jeder, der weniger als 50% des mittleren Gesamteinkommens der deutschen Bevölkerung verdient, gilt als arm. Vgl. Hanesch, Krause, Bäcker 2000, S. 433
69 Vgl. Rohmann 2000: S:50; Brinkmann 1994: S.24
70 Spreche ich vom Verlassen der Familie, meine ich stets die Lebensmittelpunktverlagerung auf den Wohn- raum ‚Straße‘.
71 Vgl. BMAS 2005: S.82
72 Das zur Lebenserhaltung des Menschen erforderliche Mindesteinkommen.
73 Vgl. Heins 1996: S.22
74 Vgl. Titus 2006: S.21
75 Vgl. BMFSFJ 2005:S.59
76 Vgl. Bodenmüller, Piepel: S.18; Seidel 2002: S.134
77 Britten 1995: S.42
78 Vgl. Rohmann 2000: S.66-67
79 Beck, Beck-Gernsheim 1994: S.25
80 Vgl. Böhnisch 2008: S.31
81 Vgl. Faltermaier 1989: S.37
82 Vgl. Jordan, Trauernicht 1981: S.18
83 Vgl. zusammenfassend Beck 1986
84 Vgl. Stemmer-Lück 2004: S.43
85 Vgl. Beck 1986: S.206
86 Vgl. Napolitano 2005: S.12
87 Vgl. Heins 1996: S.17
88 Vgl. Eickelpasch 2002: S.64
89 Vgl. Britten 1995: S.69
90 Vgl. Zinnecker 1998: S.104
91 Vgl. BMFSFJ 1990: S.53
92 Vgl. Böhnisch 2008: S.32f.
93 Vgl. Eickelpasch 2002: S.66ff.
94 Vgl. Rohmann 2000: S.70
95 Vgl. ebd.: S.65
96 Heins 1996: S.17
97 Vgl. Jordan, Trauernicht 1981: S.39
98 Vgl. Napolitano 2005: S.28f.
99 Vgl. ebd.: S.37
100 Vgl. ebd.
101 Vgl. Adick 1998b: S.13
102 Vgl. Napolitano 2005: S.33
103 Vgl. Jordan, Trauernicht 1981: S.55
104 Vgl. Lamnek 2007: S.253
105 Vgl. Napolitano 2005: S.36
106 Vgl. Stemmer-Lück 2004: S.39
107 Vgl. Degen 1995: S.44f.
108 Vgl. Hansbauer 1998: S.41
109 Vgl. Hurrelmann 1994: S.74
110 Vgl. Gudjons 2003: S.129f.
111 Vgl. Hurrelmann 1994: S.74
112 Weber 1988: S.46
113 Vgl. Seidel 2002: S.57
114 Vgl. Hansbauer 1998: S.37
115 Vgl. Britten 1995: S.7
116 Vgl. hierzu u.a. Adick 1998b: S.7
117 Vgl. Schmitz 1997: S.9
118 Vgl. Frey 2006: S.5
119 Vgl. Britten 1995: S.8
120 Vgl. Rohmann 2000: S.22f.
121 Vgl. Britten 1995: S.23
122 Adick 1998b: S.12
123 Zinnecker 1998: S.94
124 Vgl. Bodenmüller 2000: S.16
125 Vgl. Institut für soziale Arbeit e.V. 1996: S.209
126 Vgl. Permien, Zink 1998: S.224f.
127 Innenstadtbereich
128 Vgl. Napolitano 2005: S.70
129 Vgl. Britten 1995: S.15
130 Vgl. Zinnecker 1998: S.109
131 Vgl. Napolitano 2005: S.70
132 Vgl. Hansbauer 1998: S.31
133 Vgl. Seidel 1995: S.7ff.
134 Vgl. Fink 1997
135 Britten 1995: S.42
136 Gemeint ist hiermit das soziale Netzwerk des Straßenmilieus
137 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2003: S.13ff.
138 Britten verbrachte mehrere Wochen im Straßenmilieu um Einblicke in das Leben der Kinder sammeln zu können
139 Britten 1995: S.42
140 Vgl. Zinnecker 1998: S.93
141 Vgl. Möbius 1998: S.15
142 Vgl. Britten 1995: S.79
143 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2003: S.23
144 Vgl. ebd.: S.12
145 Vgl. Heins 1996: S.7
146 Seidel 2002: S.22
147 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2003: S.25
148 Vgl. ebd.
149 Vgl. Bodenmüller 2000: S.16
150 Vgl. Jogschies 1998: S.200f.
151 Vgl. Napolitano2005: S.69
152 Vgl. Jogschies 1998: S.202f.
153 Vgl. Trauernicht 1992: S.117
154 Vgl. Britten 1995: S.132
155 Vgl. ebd.: S.47
156 Vgl. Rohmann 2000: S.31
157 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2003: S.26
158 Vgl. Permien, Zink 1998: S.259
159 in der Szene als Synonym für Entzugserscheinungen gebraucht
160 Vgl. Britten 1995: S.143
161 Ebd.: S.14
162 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2003: S.26
163 [engl.] Junk: Müll, Abfall. Umgangssprachlicher Begriff für Menschen, die sich in einem fortgeschritte-nen Stadium der Drogenabhängigkeit befinden.
164 Vgl. Britten 1995: S.142
165 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2003: S.253
166 Vgl. ebd.: S.28
167 Vgl. Britten 1995: S.93f.
168 Vgl. ebd.: S.50
169 Vgl. ebd.: S.133
170 Vgl. Rohmann 2000: S.31, zitiert nach: Projektgruppe 1995
171 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2004: S.36
172 Vgl. Rohmann 2000: S.33
173 Vgl. Britten 1995: S.182
174 Ebd.: S.97
175 Ebd.: S.171
176 Vgl. Engelmann 2002: S.88
177 Vgl. hierzu u.a. Pfennig 1996: S.15; Napolitano 2005: S.82; Alleweldt, Leuschner 2002: S.24f.
178 Vgl. Engelmann 2003: S.88
179 Vgl. Napolitano 2005: S.82
180 Vgl. Pfennig 1996: S.15
181 Vgl. Bodenmüller 2000: S.90ff.
182 Vgl. Britten 1995: S.45
183 Vgl. ebd.: S.65f.
184 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2003: S.24
185 Vgl. ebd.: S.25
186 Vgl. ebd.
187 Vgl. Bodenmüller, Piepel 2003: S.32
188 Vgl. Britten 1995: S.94
189 Vgl. Jogschies 1998: S.197 zitiert nach: Projektgruppe 1995: S.140
190 Vgl. Seidel 2002: S.279
191 Vgl. ebd.: S.281
192 Vgl. ebd.
193 Vgl. ebd.: S.280f.
194 Heins 1996: S.80
195 Vgl. Jordan, Trauernicht 1981: S.57f.
196 Vgl. Herrmanny 1998: S.146 zitiert nach Projektgruppe 1995: S.9
197 Bandar 2008
198 Vgl. Gatterburg 1993: S.84
199 Vgl. Thoms 1993: S.11
200 Vgl. Engelmann 2002: S.5
201 Vgl. Steinecke 2008
202 Vgl. Könen 1990: S.153
- Arbeit zitieren
- Georgie Kim Pierenkemper (Autor:in), 2009, Straßenkinder. Ein Leben in der Perspektivlosigkeit?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133588
-
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