In der vorliegenden Bachelorarbeit wird untersucht, ob berufstätige Mütter mit Kleinkindern eine Prävalenz für ein Burnout-Syndrom zeigen. Außerdem werden die Ursachen für einen Burnout beschrieben und es werden präventive Maßnahmen erläutert, die ein Burnout-Syndrom verhindern können. Die Fragebogenmethode als quantitative empirische Forschungsmethode wurde für diese Bachelorarbeit gewählt.
Die Befragung hat ergeben, dass berufstätige Mütter mit Kleinkindern eine Prävalenz für Burnout durch die Doppelbelastung von Beruf und Familie zeigen. Außerdem fühlen sich viele der Befragten einer Belastung durch den gesellschaftlichen Druck ausgesetzt. Dieser wird auf sie ausgeübt und erzeugt chronischen Stress, der ein relevanter bestärkender Einflussfaktor ist, um an einem Burnout-Syndrom zu erkranken.
Um einem Burnout-Syndrom entgegenzuwirken, können präventive Maßnahmen ergriffen werden, wie z.B. eine verbesserte Work-Life-Balance, die Ausbildung einer guten Resilienz und die Förderung von mehr Geschlechtergerechtigkeit. Durch die Gleichstellung von Frau und Mann könnten die berufstätigen Mütter mehr Unterstützung durch die Väter erhalten und so mehr Zeit für sich haben, was einem Burnout vorbeugen könnte. Die Geschlechtergerechtigkeit könnte ebenfalls durch eine bessere Entlohnung der Erziehungsarbeit und durch höheres Elterngeld erreicht werden. Dies hätte zur Folge, dass mehr Männer in Elternzeit gehen könnten. Außerdem könnte der andere Elternteil die Mutter mehr in der Haus- und Pflegearbeit sowie der Erziehungsarbeit unterstützen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Hinführung zur Thematik
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Das Burnout-Syndrom
2.1.1 Begriffserklärung und Abgrenzung
2.1.2 Symptome und Verlauf
2.1.3 Evaluierung
2.1.4 Behandlung
2.2 Einflussfaktoren
2.2.1 Begünstigende Einflussfaktoren
2.2.2 Präventive Einflussfaktoren
2.3 Die Rollen einer berufstätigen Mutter
2.3.1 Historische Betrachtung der Mutterrolle
2.3.2 Mütter im Alltag
2.3.3 Mütter im Berufsleben
2.3.4 Der gesellschaftliche Druck
2.4 Präventive Maßnahmen
2.4.1 Work-Life-Balance
2.4.2 Gleichstellung von Frau und Mann
2.4.3 Resilienz
3 Forschungsmethode
3.1 Theoretische Grundlagen
3.1.1 Quantitative Gütekriterien
3.1.2 Stichprobe
3.2 Durchführung
4 Ergebnisse
5 Interpretation und Handlungsempfehlungen
6 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 AU-Kennzahlen für das Burnout-Syndrom nach Geschlecht
Abb. 2 Die fünf inneren Antreiber
Abb. 3 Armutsgefährdung nach Altersgruppen und Geschlecht im Jahr 2020 in Deutschland
Abb. 4 Schulische Qualifikationen von Frauen und Männern im Vergleich der Jahre 1991 und
Abb. 5 Erwerbstätigkeitsquote von Frauen und Männern in Ost- und Westdeutschland
Abb. 6 Entwicklung der Zustimmung zum traditionellen Rollenverhältnis
Abb. 7 Berechnung der Stichprobengröße
Abb. 8 Ergebnisse der Zustimmung zu den Burnout-Symptomen
Abb. 9 Zustimmung zur Empfindung von Stress unterschieden in Vollzeit und Teilzeit
Abb. 10 Zustimmung zur Müdigkeit unterschieden in Vollzeit und Teilzeit
Abb. 11 Zustimmung zum Wunsch nach mehr persönlicher Zeit unterschieden in Vollzeit und Teilzeit
Abb. 12 Änderung des Wohlbefindens der berufstätigen Müttern
Abb. 13 Belastung durch den Gesellschaftsdruck
Abb. 14 Möglichkeiten zur Verbesserung des Wohlbefindens
Abb. 15 Ergebnisse der Zustimmung zu den Einflussfaktoren
Tabellenverzeichnis
Tab. 1 Die inneren Antreiber und passende Erlaubnisse
Tab. 2 Die verschiedenen Coping-Strategien
Tab. 3 Übersicht der Werte des Cronbachs Alphas mit Bezug auf die Reliabilität
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Hinführung zur Thematik
Laut einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2020 stimmten Mütter der Aussage zu, dass sie sich während der Corona-Krise überwiegend um die Zubereitung der Mahlzeiten, der Hausarbeit, der Unterstützung von schulpflichtigen Kindern und der Koordination der Termine für die Kinder kümmern würden. Diese Wahrnehmung der Mütter verdeutlicht, dass die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau immer noch vorherrscht bzw. von Frauen so wahrgenommen wird und den Frauen weiterhin Aufgaben zugeordnet werden, die als traditionell weiblich gelten (von Würzen, S. 1-3). Außerdem gaben 50 % der Mütter an, dass sowohl die Hausarbeit als auch die Kinderbetreuung bereits vor der Corona-Pandemie ungleich zwischen den Elternteilen aufgeteilt war. Laut von Würzen (2020) „ist davon auszugehen, dass bereits in normalen Zeiten eine doppelte Belastung auf den Frauen liegt, selbst wenn die Infrastruktur rund um die Familie funktioniert“ (S.3). Zusätzlich zu diesen Aufgaben ging 2012 61,8 % der Mütter mit Kindern von drei bis fünf Jahren einer Erwerbstätigkeit in Teilzeitbeschäftigung nach (Keller & Haustein, 2013, S. 865). All diese Faktoren können chronischen Stress erzeugen. Chronischer Stress wiederum ist ein bedeutender Einflussfaktor, der ein Burnout begünstigen kann (Stock, 2015, S. 8-10).
Insgesamt sind Frauen häufiger von psychischen Erkrankungen betroffen und die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage steigt stetig. Mit einem Anteil von 20,8 % waren psychische Erkrankungen in Deutschland im Jahr 2021 die wichtigste Krankheitsart bei Frauen, die zu Arbeitsunfähigkeitstagen geführt haben (Schumann et al., 2022, S. 19-20). Das Müttergenesungswerk gibt in seinem Datenreport aus dem Jahr 2020 an, dass 80% der Mütter aufgrund von psychischen Störungen, wozu auch das Burnout-Syndrom gezählt wird, eine Mutter-Kind-Kur aufgenommen haben (Müttergenesungswerk, 2020, S. 7).
Auf Basis dieser Erkenntnisse ist das Thema Burnout-Syndrom bei berufstätigen Müttern mit Kleinkindern so relevant, weshalb die Thematik in der vorliegenden Bachelorarbeit behandelt wird. Da die Autorin selbst Mutter von zwei Kleinkindern ist und sich regelmäßig von dem Thema Stress und Burnout tangiert sieht, haben die Ergebnisse nicht nur einen Forschungswert, sondern auch ein persönliches Interesse.
Ziel dieser Arbeit ist die Verdeutlichung des Zusammenhangs zwischen einer Prävalenz für das Burnout-Syndrom und einer Doppelbelastung durch die Haus- und Erziehungsarbeit und einer gleichzeitigen Erwerbstätigkeit bei Müttern mit Kleinkindern. Außerdem wird untersucht, ob der gesellschaftliche Druck, dem eine Mutter ausgesetzt ist, ebenfalls einen Burnout bestärkt. Dabei erhofft sich die Autorin einen Zusammenhang zu erkennen und auf die Situation der Mütter aufmerksam zu machen. Außerdem möchte die Autorin die Hintergründe für ein begünstigendes Verhalten der Mütter erklären und somit für mehr Verständnis, Wertschätzung und Hilfe aus der Gesellschaft appellieren.
Folgende Forschungsfragen ließen sich aus der Zielsetzung ableiten:
1.Wie wirkt sich die Doppelbelastung durch Beruf und Familie auf die Prädisposition für Burnout bei berufstätigen Müttern mit Kleinkindern aus?
2.Wie trägt der gesellschaftliche Druck zur Bestärkung eines Burnouts bei berufstätigen Müttern mit Kleinkindern bei?
3.Wie kann ein Burnout-Syndrom bei berufstätigen Müttern mit Kleinkindern durch bestimmte Maßnahmen vermieden werden?
Die Forschungsfragen werden mithilfe der theoretischen Grundlagen und der Forschungsarbeit, die durchgeführt wurde, in Kapitel 6 beantwortet.
Als Forschungsmethodik wurde die quantitative Forschungsanalyse in Form eines Online-Fragebogens gewählt, um möglichst viele berufstätige Mütter mit Kleinkindern zu erreichen und viele verschiedene Meinungen und Erfahrungen zu dem Thema zu erhalten. Zunächst wurde ein Fragebogen erstellt, welcher nach mehreren Vorabtests über passende Internetforen und die sozialen Medien an die Zielgruppe verteilt wurde. Die Auswertung und graphische Darstellung der Ergebnisse fanden dann über Microsoft Excel statt.
Zunächst werden die theoretischen Grundlagen zum Burnout-Syndrom vorgestellt, wobei der Begriff Burnout erklärt wird und die Symptome, sowie der Verlauf, die Evaluierung und die Behandlung erläutert werden. Anschließend werden die begünstigenden und präventiven Einflussfaktoren vorgestellt, bevor auf die verschiedenen Rollenbilder eingegangen wird, die eine berufstätige Mutter in der Gesellschaft einnimmt. Zum Schluss des Theorieteils werden präventive Maßnahmen vorgestellt, die einem Burnout vorbeugen können. Hierfür wurden beispielhaft die Themen der Work-Life- Balance, der Geschlechtergerechtigkeit sowie der Resilienz ausgewählt. An den Theorieteil schließt sich die Forschungsmethodik an, wobei zunächst theoretische Grundlagen zu der Forschung erläutert werden, bevor die Stichprobenberechnung vorgestellt wird und anschließend die Durchführung beschrieben wird. Nach der Vorstellung der Forschungsmethode werden die Ergebnisse der Umfrage präsentiert, die anschließend im nächsten Kapitel interpretiert und diskutiert werden. Zum Schluss wird noch ein Ausblick über mögliche zukünftige Forschungsansätze gegeben.
Diese Arbeit befasst sich nur mit dem Burnout-Syndrom, jedoch nicht mit anderen psychischen Erkrankungen. Diese Abgrenzung findet sich in Kapitel 2.1.1 wieder. Außerdem betrachtet die Thematik nur die Zielgruppe der berufstätigen Mütter mit Kleinkindern, wobei Kleinkinder als Kinder definiert sind, die zwischen einem und sechs Jahre alt sind (Komitee für Kinder- und Jugendgesundheit, 2019, S. 1). Diese Zielgruppe wird auch mit der quantitativen Forschung erfasst (vgl. Kapitel 3). Des Weiteren werden die Maßnahmen zur Prävention eines Burnout-Syndroms in Kapitel 2.4 nur oberflächlich angeschnitten und nicht ausführlich erläutert, um den Schwerpunkt der Bachelorarbeit auf die Prävalenz für das Burnout-Syndrom bei berufstätigen Müttern mit Kleinkindern nicht zu verlieren.
2 Theoretische Grundlagen
Im folgenden Kapitel wird zunächst der Begriff des Burnout-Syndroms erklärt und die Phasen eines Burnouts nach Burisch erläutert. Anschließend werden die Einflussfaktoren beschrieben, die zu einem Burnout führen können. Nach der Begriffserklärung und Abgrenzung des Burnout-Syndroms zu anderen Erkrankungen werden die Symptome und der Verlauf des Burnouts beschrieben. Anschließend wird auf ein Testverfahren zur Evaluierung des Syndroms eingegangen, bevor auf die Behandlungsvarianten eingegangen wird. Im nächsten Teil geht es um die begünstigenden und präventiven Faktoren, die das Entstehen eines Burnout-Syndroms beeinflussen. Des Weiteren werden die Rollenbilder einer Mutter beschrieben. Außerdem wird eine Mutter dem gesellschaftlichen Druck ausgesetzt, auf den in dem anschließenden Kapitel eingegangen wird. Schließlich werden präventive Maßnahmen vorgestellt, die einem Burnout vorbeugen können.
2.1 Das Burnout-Syndrom
Im folgenden Abschnitt wird der Begriff des Burnout-Syndroms erklärt und die Phasen des Burnouts erläutert. Darüber hinaus werden die Einflussfaktoren dargestellt, die einen Burnout begünstigen oder vermeiden können. Außerdem wird das Burnout-Syndrom von anderen psychischen Erkrankungen abgegrenzt.
2.1.1 Begriffserklärung und Abgrenzung
Eine wissenschaftlich fundierte Definition des Burnout-Syndroms gibt es nicht, jedoch wird unter einem Burnout allgemein ein Ausgebranntsein verstanden (gesund.bund.de, 2021). Das Burnout- Syndrom ist keine Krankheit oder psychische Störung gemäß internationaler statistischer Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, auch als ICD-10 bezeichnet. Es wird im ICD-10 lediglich als Zusatzdiagnose Z73 Problem mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung erfasst, welche außerdem an das Auftreten einerweiteren Diagnose geknüpft ist (Rennert et al., 2021, S. 104-105).
Es wird angenommen, dass etwa 4 % der Bevölkerung an einem schweren Burnout-Syndrom leiden. Eine genaue Anzahl der betroffenen Personen ist jedoch schwierig zu ermitteln, da die Symptome eines Burnouts so vielfältig sind (Mediclin, n.D.).
Das Burnout-Syndrom ist ein Zusammenspiel von mehreren Symptomen, welche sehr unterschiedlich sein können. Aus dem Grund ist es nicht leicht, einen Burnout frühzeitig zu diagnostizieren (Stock, 2015, S. 6-7). Eine objektive Feststellung des Burnout-Syndroms ist schwierig, da dies stark an das individuelle Bewältigungsverhalten einer Person geknüpft ist. So können normale Belastungen durch die Kombination mit unvorteilhaften Bewältigungsstrategien zum Burnout führen. Zudem tritt ein Burnout-Syndrom nicht plötzlich auf, denn es handelt sich hierbei um einen schleichenden Prozess, der schrittweise die individuellen Kräfte der betroffenen Person raubt (Neuner, 2012, S. 27).
Eine Annäherung zur Erfassung des Burnout-Syndroms ist beispielsweise der Fragebogen Maslach Burnout Inventar (MBI, engl. Maslach Burnout Inventory) nach Maslach et al., welcher in drei verschiedenen Varianten vorliegt (Elze & Elze, 2021). Der Fragebogen wird in Kapitel 2.1.3 genauer erläutert.
Zusätzlich wird zwischen einem beruflichen Burnout, welcher durch hohe Anforderungen im Arbeitsleben begünstigt wird, und dem privaten Burnout, welcher beispielsweise durch eine hohe Belastung durch die Pflege von Angehörigen und der Betreuung von Kindern verursacht wird, unterschieden (Stock, 2015, S. 24).
Der Burnout ist von einer Angsterkrankung und Depression abzugrenzen, da die genannten allgemeinen Beschwerden auch bei diesen Erkrankungen auftreten können (gesund.bund.de, 2021). Beispielsweise liegen Symptome wie eine emotionale Erschöpfung, ein Interessensverlust und eine Niedergeschlagenheit auch bei einer Depression vor. Bei einer Depression treten typische Symptome wie Hoffnungslosigkeit und Selbstmordgedanken auf, welche keine klassischen Symptome für ein Burnout-Syndrom sind. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Ursache für eine Depression häufig unerkannt bleibt; ein Burnout-Syndrom hingegen ist häufig an bestimmte berufliche oder private Belastungssituationen gebunden. So kann durch das Wegfällen der belastenden Situation beim Burnout schon eine Erleichterung erzielt werden (Deutsche Familienversicherung, 2021).
Neben dem Burnout, was eine Überforderung bedeutet, gibt es in der Stressforschung auch ein Boreout-Syndrom, was eine Unterforderung darstellt. Die betroffene Person ist gelangweilt und unmotiviert, was ebenfalls zu einer schlechten Leistung führen kann. Somit ist ein gewisses Maß an Stress wichtig, um Herausforderungen begegnen und gute Arbeitsergebnisse erzielen zu können (Stock, 2015, S. 12).
2.1.2 Symptome und Verlauf
Das Burnout-Syndrom hat ein Erkrankungsbild, welches unterschiedlich ausgeprägt sein kann (Me- diclin, n.D.). Allgemein tritt Burnout bei anhaltender Überlastung, also einem chronischen Dauerstress, auf und kennzeichnet sich auf der einen Seite durch Erschöpfung auf körperlicher oder emotionaler Ebene. Die betroffene Person fühlt sich kraftlos, müde und ausgelaugt und es können körperliche Beschwerden wie Schmerzen oder Magen-Darm-Probleme auftreten. Auf der anderen Seite kann ein Anzeichen für einen Burnout eine Entfremdung darstellen. Hierbei ist die betroffene Person emotional distanziert zu ihrem Umfeld und erfährt die tägliche Arbeit als frustrierend. Außerdem kann auch eine verringerte Leistungsfähigkeit ein Kennzeichen für ein Burnout-Syndrom sein. Hierbei ist die betroffene Person unkonzentriert und lustlos bei alltäglichen Aufgaben im Beruf oder im Haushalt. Es fehlt an Ideen und Motivationen. Tätigkeiten werden generell als negativ empfunden (gesund.bund.de, 2021). Erste Anzeichen für einen Burnout können ein Gefühl der Erschöpfung, Stimmungsschwankungen, schlechter Schlaf und ein sozialer Rückzug sein (Tbargui, 2019, S. 146).
Des Weiteren nimmt die Konzentrationsfähigkeit der betroffenen Personen durch die Müdigkeit ab und ein Bedürfnis nach Ruhe nimmt immer mehr zu (Mediclin, n.D.). Menschen mit Burnout-Syn- drom reagieren in Stresssituationen häufig impulsiv und neigen zu Gefühlsausbrüchen, die plötzlich auftreten können (Ratgeber Zentrale, n.D.).
Die betroffene Person ist dabei nicht nur psychisch gestresst, sondern der Stress wirkt sich auch auf den Körper aus. Hier kann es durch Stress zu einer Unterversorgung von Mikronährstoffen kommen, was zu einer erhöhten Erschöpfung, einem größeren Leistungsabfall und einer Antriebslosigkeit führen kann (Mallison & Harbs, 2022, S. 2).
Ein Burnout-Syndrom verläuft in Phasen, welche sich je nach Quelle voneinander unterscheiden. Nach Burisch lassen sich sieben Phasen unterteilen, wobei nicht alle Symptome auftreten müssen (Burisch, 2014, S. 25).
In der ersten Phase des Burnouts zeigen sich Warnsymptome wie ein erhöhter Energieeinsatz beispielsweise in Form von freiwilliger unbezahlter Mehrarbeit oder ein Gefühl von Unentbehrlichkeit und nicht abschalten können. In der zweiten Phase des Burnout-Syndroms befindet sich die betroffene Person in der Phase des reduzierten Engagements, was bedeutet, dass diese eine innere Distanz verbunden mit einem Gefühl von Empathieverlust und Kälte aufbauen. Es kommt zu einem Verlust von positiven Gefühlen und Mitgefühl. Außerdem kommt es in der Phase zu einer Verlagerung des Schwerpunktes auf die Freizeit, was zu Fehlzeiten am Arbeitsplatz führt. Die dritte Phase des Burnout-Syndroms ist gekennzeichnet durch emotionale Reaktionen wie Selbstmitleid, Undefinierte Angst und Nervosität, sowie plötzliche Stimmungsschwankungen und Ruhelosigkeit. Die betroffene Person ist schnell reizbar und launenhaft. Die vierte Phase nennt sich Abbau-Phase. In dieser Phase bauen sich kognitive Fähigkeiten, wie beispielsweise die Konzentrations- und Gedächtnisfähigkeit, ab. Außerdem ist die betroffene Person weniger motiviert, produktiv und kann sich auf keine Art von Veränderung einlassen. In der fünften Phase intensiviert sich dieser Abbau durch eine Verflachung des emotionalen und sozialen Lebens. Die betroffene Person ist einsam, gelangweilt und zeigt ein Desinteresse an sozialen Kontakten. Es kommt zu einer empfundenen Gleichgültigkeit und vermehrter Beschäftigung mit sich selbst. In der sechsten Phase des Burnout-Syndroms herrschen psychosomatische Reaktionen in Form von Schlafstörungen, Herzklopfen, erhöhtem Blutdruck, Kopf- und Rückenschmerzen vor. Das Immunsystem wird in der Phase ebenfalls geschwächt und es kann zu Muskelverspannungen und Verdauungsstörungen kommen. Schließlich in der siebten und letzten Phase des Burnouts ist die betroffene Person hoffnungslos und zeigt eine generelle negative Einstellung dem Leben gegenüber. Die oder der Betroffene trägt beispielsweise ein Gefühl der Sinnlosigkeit in sich. Wie bereits erwähnt, sind dies nur beispielhafte Symptome und es müssen nicht alle Symptome bei der betroffenen Person auftreten (Burisch, 2014, S. 25-29).
Neben dem Leid, was die betroffene Person erfährt, kann Burnout auch als Wirtschaftsfaktor betrachtet werden, denn für Unternehmen stellt das Syndrom eine schwerwiegende Belastung dar (Mallison & Harbs, 2022, S. 6). Hierbei sind z.B. die Arbeitsunfähigkeitskennzahlen (AU- Kennzahlen) in Form von der Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage (AU-Tage) und der Arbeitsunfähigkeitsfälle (AU-Fälle) aufgrund von Burnout relevant (Rennert et al., 2021, S. 105-106).
Abb. 1 AU-Kennzahlen für das Burnout-Syndrom nach Geschlecht
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Rennert et al., 2021, S. 106.
Dem BKK-Gesundheitsreport 2021 ist zu entnehmen, dass im Jahr 2020 Frauen mit 3,6 Arbeitsunfähigkeitsfällen (AU-Fälle) je 1000 beschäftigten Mitgliedern deutlich häufiger vom Burnout-Syndrom betroffen sind als Männer mit 2,2 Fällen je 1000 beschäftigten Mitgliedern. Die AU-Tage der Frauen sind mit 104 AU-Tagen je 1000 beschäftigten Mitgliedern auch deutlich höher als die der Männer mit 61 AU-Tagen je 1000 beschäftigten Mitgliedern, was daran liegt, dass insgesamt mehr AU-Fälle unter Frauen auftreten. Insgesamt ist anzumerken, dass sich die Zahlen der AU-Fälle und -Tage im betrachteten Zeitraum zwischen 2014 und 2020 kaum verändert haben (Rennert et al., 2021, S. 105-106).
2.1.3 Evaluierung
Das Testinstrument, das am meisten verbreitet ist und der Evaluierung des Burnouts dient, ist der Fragebogen Maslach Burnout Inventar (MBI, engl. Maslach Burnout Inventory) nach Christina Maslach et al. Dabei gibt es drei verschiedene Ausführungen. Der erste Fragebogen ist der MBI - Human Services Survey (MBI-HSS), der primär zur Evaluierung von in sozial und medizinischen Berufen tätigen Personen entwickelt wurde und sich mit den drei Dimensionen emotionale Erschöpfung, Depersonalisation und Zielerreichung beschäftigt. Die Dimension emotionale Erschöpfung identifiziert eine persönliche Wahrnehmung von Erschöpfung und Überspanntheit durch die Arbeit. Depersonalisation erfasst den unpersönlichen Umgang der Teilnehmenden mit den zu betreuenden Patientinnen und Patienten. Die Dimension Zielerreichung schließlich identifiziert das Kompetenzerleben und die erfolgreiche Arbeitsleistung (Elze & Elze, 2021). Nach Burisch (2014) wird diese Dimension auch als Leistungs(un)zufriedenheit bezeichnet (S. 36).
In der initialen Version besteht der Fragebogen aus 22 Elementen, die jeweils in die oben genannten Dimensionen unterteilt sind. Ein Element im Bereich der emotionalen Erschöpfung fragt beispielweise ab, ob sich die betroffene Person nach der Arbeit völlig fertig fühlt. In der Dimension der Depersonalisation fragt ein Element ab, ob Mitarbeitende der betroffenen Person gegenüber gleichgültig sind. Ein Beispiel für die letzte Dimension der Leistungs(un)zufriedenheit wäre, ob die betroffene Person glaubt, dass sie sich in ihre Mitarbeitenden hineinversetzen kann (Burisch, 2014, S. 36).
Über diesen Fragebogen hinaus gibt es noch eine Ergänzung, welche speziell für Beschäftigte in Lehrberufen erstellt wurde: der MBI - Educators Survey (MBI-ES) (Elze & Elze, 2021). Hier wurde lediglich der Begriff Dienstleistungsempfangende (engl. recipients) gegen Studierende/Schüler:in- nen (engl. students) ersetzt, damit dieser im pädagogischen Bereich angewendet werden kann (Burisch, 2014, S. 36).
Später kam zur Evaluierung aller Beschäftigten noch eine dritte Variante des Fragebogens heraus: der MBI - General Survey (MBI-GS) (Elze & Elze, 2021). Dieser Fragebogen enthält 16 Elemente, die den Bezug auf andere Menschen vermeiden, jedoch weiterhin stark an den Ursprungsfragebogen MBI-HSS angelehnt sind. Bei dieser Variante werden die Dimensionen Erschöpfung, Zynismus und berufliche Leistung abgefragt (Burisch, 2014, S. 36).
2.1.4 Behandlung
Die Burnout-Behandlungen fokussieren sich entweder auf die Reduktion der bestehenden Symptome oder zielen auf eine Entschärfung der individuellen und situativen Ursachen ab und wirken somit präventiv. Eine Kombination aus beiden Behandlungsvarianten wird als integrativ bezeichnet. Insgesamt sind vor allem die Ansätze, die primär die bestehenden Symptome lindern sollen, sehr unspezifisch, da auch die Symptome von Burnout unspezifisch sind (Hillert, 2012, S. 191).
Die Behandlung des Burnout-Syndroms kann je nach Ausprägung individuell durch eine medikamentöse Behandlung, eine Psychotherapie oder durch eigenständige Maßnahmen erfolgen. Medikamente, die bei Burnout eingesetzt werden, sind z.B. Antidepressiva aus der Gruppe der Serotonin- Wiederaufnahme-Hemmer. In der Psychotherapie wird mit dem tiefenpsychologischen Verfahren, welches die Ursachen des Burnouts aufdecken soll, oder mithilfe der Verhaltenstherapie, die das Erlernen von gesundheitsförderndem Verhalten fördert, gearbeitet. Eigenständige Maßnahmen zum Entgegenwirken eines Burnouts sind beispielsweise die Überprüfung der eigenen Erwartungen an sich selbst, Entwicklung von Bewältigungsstrategien für stressauslösende Situationen oder die Praxis von Entspannungstechniken wie Yoga und Meditation (Deutsche Familienversicherung, 2021).
Insgesamt ist eine Therapie von Burnout-Betroffenen auf jeder Ebene möglich, die der oder dem zu Behandelnden die Energievorräte wieder auffüllen lässt, da sich betroffene Personen ausgebrannt und erschöpft fühlen. Hierbei reichen die Angebote von gesunder Ernährung, einer Reduktion von Alkohol- und Nikotinkonsum, über eine ausreichende Vitaminzufuhr bis hin zu Entspannungstherapien und Sport. Auch Achtsamkeitstraining und positive Erlebnisse zählen zu den Möglichkeiten, die bei einem Burnout-Syndrom helfen können (Hillert, 2012, S. 191-192).
Nach dem Trichter-Modell von Geyerhofer und Unterhölzer (2009) gibt es vier Bereiche von Faktoren, die ein Burnout-Syndrom begünstigen oder mindern können, wobei auch in diesen Bereichen interveniert werden kann, um einem Burnout vorzubeugen. Diese vier Felder sind die Person, Familie, Arbeit und Gesellschaft (S. 6). Im Bereich Person werden konkrete Lebens- und Arbeitsbedingungen verändert und das Zeitmanagement betrachtet. Außerdem wird zu Bewegung und dem Erlernen von Entspannungstechniken angehalten, um einem Burnout vorzubeugen. Der Bereich Familie soll als Ressource genutzt werden und bei aufopfernder Pflege, welche Druck auf die betroffene Person auslöst, müssen die hohen Ansprüche und der Umfang des persönlichen Einsatzes hinterfragt werden. Im Bereich Arbeit geht es um eine zu bewältigende Arbeitsbelastung, die Option für Mitsprache, Einflussnahme und Kontrolle, sowie der Leistungsanerkennung und einem guten Betriebsklima. Der vierte Bereich Gesellschaft zielt auf eine Enttabuisierung des Burnout-Syndroms und eine Sensibilisierung für erste Symptome ab. Gesellschaftliche Normen spielen eine Rolle bei der Entstehung von Burnout. Es werden eigene Vorstellungen und Ideale mit den gesellschaftlichen Werten verglichen und so eine Entlastung geschaffen, indem die betroffene Person von der individuellen Verantwortung befreit wird (Geyerhofer & Unterhölzer, 2009, S. 7-15).
2.2 Einflussfaktoren
2.2.1 Begünstigende Einflussfaktoren
Es gibt verschiedene Einflussfaktoren, die einen Burnout entweder begünstigen oder auch vermeiden können. In Kapitel 2.2.2 werden beispielhaft vermeidende Einflussfaktoren vorgestellt.
Ein besonders zu berücksichtigender Einflussfaktor zur Begünstigung eines Burnout-Syndroms ist der chronische Stress. Dieser entsteht durch physische, psychische und soziale Stressoren (Stock, 2015, S. 8-10).
Physische Stressoren sind beispielsweise Lärm oder Hunger. Zu den psychischen Stressoren gehören Zeitdruck und Unter- oder Überforderung. Soziale Stressoren, die zu chronischem Stress führen können, sind der Verlust einer wichtigen Person oder Ärger mit den Arbeitskolleginnen und -kollegen. All diese Stressoren erzeugen chronischen Stress in Abhängigkeit von der persönlichen Einschätzung einer Situation, die Fähigkeit zur Bewältigung der Situation und der Intensität und Dauer, die die betroffene Person den Stressoren ausgesetzt ist (Stock, 2015, S. 8- 10).
Wie schon im vorherigen Abschnitt erläutert, können unvorteilhafte Bewältigungsstrategien schon bei normalen Belastungen zum Burnout-Syndrom führen (Neuner, 2012, S. 27). Die Fähigkeit und Einschätzung zur Bewältigung einer Stresssituation sind individuell unterschiedlich, wodurch verschiedene Personen auf eine vergleichbare Stresssituation unterschiedlich reagieren können. Diese individuelle Bewältigungsfähigkeit wird in der Psychologie auch Coping genannt (Stock, 2015, S. 10-11). Coping ist ein bedeutender Schutzfaktor, der zum Thema Resilienz gehört (Mauritz, 2022a), weshalb auf Coping im Kapitel 2.4.3 näher eingegangen wird.
Weitergehend gibt es sowohl äußere Einflüsse, wie zum Beispiel Ärger mit Kolleginnen oder Kollegen, als auch innere Einflüsse, die von unserem Charakter, also unserer Persönlichkeitsstruktur, abhängig sind (Stock, 2015, S. 11). Ein häufig auftretender äußerer Einfluss für das Burnout-Syn- drom ist der Arbeitsplatz. Es ist mittlerweile bekannt, dass Burnout kein individuelles Problem ist, sondern systemisch zu betrachten ist, da auch ein völlig gesunder und resilienter Mensch in einem krank machenden System nicht dauerhaft zurechtkommen würde (Mallison & Harbs, 2022, S. 6). Dieser Aussage stimmen auch Maslach und Leiter (2001) zu, die für das Entstehen eines Burnout- Syndroms nicht die Arbeitnehmenden, sondern die Unternehmen verantwortlich machen, da große Missstände im Unternehmen einen Burnout begünstigen können (Umschlagtext). So ist eine gesunde Unternehmenskultur geprägt von Wertschätzung und der Berücksichtigung der Gesundheit der Mitarbeitenden und nicht nur von einer reinen wirtschaftlichen Betrachtung der Mitarbeitenden in Form von Leistungsfähigkeit und Gewinnbringung (Mallison & Harbs, 2022, S. 13).
Neben den äußeren Einflüssen gibt es noch innere Einflüsse, die einen Burnout begünstigen können. Zu den inneren Einflüssen zählt z.B. die Persönlichkeit. So gibt es Persönlichkeiten, die sich mit Stress und Herausforderungen wohl fühlen und solche Menschen, die Stressoren möglichst ausweichen möchten. Somit spielen die Persönlichkeitsstruktur und die gesellschaftliche, als auch kulturelle Prägung eine entscheidende Rolle dabei, wie Stress wahrgenommen wird (Stock, 2015, S. 11).
Als Faktoren, die ein Burnout-Syndrom bestärken können, beschreibt die Transaktionsanalyse die fünf inneren Antreiber. Die Antreiber sind unbewusste Verhaltensweisen, die unser Verhalten und Handeln steuern und prägen (Struss, 2021). Diese Leitsätze werden in der frühen Kindheit durch Eltern oder andere Bezugspersonen gefestigt und durch Aussagen wie Ohne Fleiß kein Preis oder Los, räum dein Zimmer auf geprägt (Stock, 2015, S. 50). Wiederholte Erfahrungen und emotionale Reaktionen darauf bilden im Laufe der Kindheit die inneren Antreiber. Es findet eine tiefgehende Verknüpfung statt, welche die betroffene Person daran erinnert, dass sie sich so verhalten soll, wie es der innere Antreiber vorgibt, um sich einen Platz in der Gesellschaft zu sichern (Struss, 2021).
In der folgenden Abbildung sind die fünf Antreiber der Transaktionsanalyse nach Eric Berne dargestellt (Struss, 2021):
Abb. 2 Die fünf inneren Antreiber
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Stock, 2015, S. 50.
Die inneren Antreiber bringen zunächst Vorteile, da die gewünschten Verhaltensweisen zu Erfolg führen können und helfen, das Leben zu meistern. Die Problematik der inneren Antreiber liegt darin, dass sie häufig die betroffene Person übertrieben beeinflussen. Ein Burnout-Syndrom kann genau dann entstehen, wenn sich die betroffene Person zu sehr nach den inneren Antreibern richtet und die Nachteile dann überwiegen (Struss, 2021).
Perfektionismus in Form von Sei perfekt ist ein innerer Antreiber, der für die betroffene Person den Vorteil hat, gute und gewissenhafte Leistungen zu bringen. Als Nachteile seien erwähnt, dass per- fektionistische Menschen schlecht mit Kritik umgehen können und kaum zur Ruhe kommen. Es lastet immer das Gefühl nicht gut genug zu sein und es entsteht ein innerer Druck (Struss, 2021).
Auch der innere Antreiber der Autonomie in Form von Sei stark bringt sowohl Vor- als auch Nachteile für danach handelnde Menschen. So sind betroffene Personen dieser Orientierung auf der einen Seite leistungsfähig, haben ein gutes Durchhaltevermögen und viel Selbstdisziplin. Auf der anderen Seite jedoch sind sie Einzelgänger und leben in dem Glauben, immer allein zurechtkommen zu müssen oder nie um Hilfe bitten zu können (Struss, 2021).
Ein weiterer Antreiber ist die Harmoniesucht mit dem Leitsatz Mach es allen recht. Menschen, die nach diesem Antreiber leben, stellen ihre eigenen Bedürfnisse hinter die von anderen Personen und möchten Konflikte vermeiden, indem sie sich möglichst anpassen. Hilfsbereitschaft und selbstloses Verhalten sind zunächst positive Eigenschaften. Sollte der innere Antreiber jedoch Überhand nehmen, dann können die betroffenen Personen in großen Stress geraten und sich selbst unter Druck setzen, indem sie Aufgaben nicht ablehnen können und so zu viele Arbeitsaufgaben annehmen (Mauritz, 2022b).
Der vierte Antreiber Beeil dich ist die innere Hektik. Arbeitsaufgaben werden von betroffenen Personen so schnell wie möglich und gleichzeitig erledigt. Menschen, die nach diesem Antreiber leben, leben häufig in der Zukunft, da Fortschritt für sie sehr wichtig ist. Vorteilhaft an diesem Antreiber ist, dass die betroffene Person gut mit Zeitdruck zurechtkommt und schnell arbeiten kann. Nimmt die innere Hektik jedoch Überhand, treten durch die Schnelligkeit vermehrt Fehler bei der Arbeit auf und es kommt zu einem inneren Druck, da alle Aufgaben möglichst schnell erledigt werden müssen. Regeneration wird bei diesem inneren Antreiber vernachlässigt und verhindert ein Erholen, wodurch Stress entsteht (Mauritz, 2021b).
Der letzte Antreiber Streng dich an ist der Fleiß und die Ausdauer, welcher in der heutigen leistungsorientierten Gesellschaft tief verankert ist. Menschen, die nach diesem Antreiber handeln, sind pflichtbewusst, geben nicht so schnell auf und sind gründlich. Wenn der Antreiber jedoch zu stark ausgeprägt ist, kommt es zu permanenter Anstrengung, die sowohl körperlich als auch mental zu großem Stress führen kann. Ausruhen und sich selbst belohnen wird vernachlässigt und Erfolge werden selten wertgeschätzt (Mauritz, 2021a).
Die Transaktionsanalyse mit den fünf inneren Antreibern lässt sich auch auf die Herausforderungen einer Mutter anwenden. Auch hier wird Perfektionismus gefordert, indem die Mutter eine „heillose Überfrachtung“ (Waak, 2022) erfährt. Mütter sollen in der Gesellschaft perfekt sein und dürfen sich keine Fehler erlauben. Es ist gesellschaftlich kaum möglich, alles richtig zu machen und den Müttern werden keine Zweifel, Schwächen oder Überforderung zugestanden (Waak, 2022).
Auch der innere Antreiber der Autonomie Sei stark kann für eine Mutter viel Stress bedeuten. Die betroffenen Frauen geben beispielsweise keine Aufgaben auf der Arbeit ab, obwohl sie nur noch in Teilzeit und nicht mehr in Vollzeit arbeiten und somit weniger Zeit zum Erfüllen der Aufgaben haben oder ihnen fällt es schwer, sich helfen zu lassen, da das Einfordern von Hilfe für diese Mütter Schwäche bedeutet (Schenk, 2021, S. 77).
Auch die innere Harmoniesucht Mach es allen recht setzt die berufstätigen Mütter unter Druck. Hier steht der Fokus besonders auf den anderen Müttern. Mütter untereinander vergleichen und kritisieren sich, gelegentlich sogar ohne Respekt, und setzen sich so gegenseitigem Stress aus. Häufig werden gerade Working Moms, also die berufstätigen Mütter, kritisiert (Schenk, 2021, S. 20,55). Dazu gibt Schenk (2021) das folgende Beispiel bei Mutter: „Also ich kann es absolut nicht nachvollziehen, wie man so früh schon wieder arbeitet und das Kind abgibt. Das arme Kind braucht doch die Mutter. Warum setzt man überhaupt Kinder in die Welt, wenn man gleich wieder arbeiten geht? Furchtbar“ (S. 55).
Der Antreiber der inneren Hektik ist für arbeitende Mütter häufig auch ein Stressfaktor, da diese besonders effizient sein müssen, um die Aufgaben im Haushalt, der Kindererziehung und im Job meisten zu können. Mütter, die nach diesem inneren Antreiber leben, haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie sich erholen und eine Pause machen wollen. (Schenk, 2021, S. 61-62).
Auch der innere Antreiber des Fleißes und der Ausdauer Streng dich an kann für Mütter einen Stressfaktor darstellen. So setzen sie sich unter Druck, dass die Zeit, die neben dem Job mit dem Kind bleibt, mit besonders kreativen Aktivitäten ausgefüllt werden müssen. Gerade die sozialen Medien vermitteln ein Bild einer Mutter, das nach Perfektion strebt und welches einige Mütter als Maßstab für ihr eigenes Leben verwenden. Dabei wird nicht gezeigt, wie gestellt und beschönigt die Bilder sind, die man dort findet. Dieses scheinbar perfekte Mutterbild setzt die Working Moms noch weiter unter Druck (Schenk, 2021, S. 72).
2.2.2 Präventive Einflussfaktoren
Um einen Burnout zu vermeiden, können die inneren Antreiber, die im vorherigen Kapitel angesprochen wurden, durch sogenannte Erlaubnisse neutralisiert werden (Stock, 2015, S. 54).
Tab. 1 Die inneren Antreiber und passende Erlaubnisse
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Stock, 2015, S. 54.
Die Erlaubnisse wirken gegen die Antreiber. So kann der innere Antreiber Sei perfekt! durch die Erlaubnis des Fehlermachens und der Nachsicht neutralisiert werden und die betroffene Person muss sich nicht immer rechtfertigen und darf unperfekt sein. Der Antreiber Sei stark! kann durch den Ausdruck von Gefühlen und durch das Holen von Hilfe durch den Ausdruck von Wünschen neutralisiert werden. Mach es allen recht! steht der Erlaubnis Du bist dir selbst genug! gegenüber, wobei die eigenen Bedürfnisse berücksichtigt werden und Gedanken und Gefühle als bedeutsam eingeordnet werden. Außerdem ist es in Ordnung, wenn nicht alle anderen Menschen mit der betroffenen Person zufrieden sind. Der Antreiber Beeil dich! wird durch die Erlaubnis Nimm dir die Zeit, die du brauchst! neutralisiert. Dabei soll sich jeder Mensch so viel Zeit nehmen, wie er benötigt unter Berücksichtigung der eigenen Lebenssituation und dem eigenen Lebensrhythmus. Die Erlaubnis Bleib entspannt! ist dabei der Gegenspieler zum inneren Antreiber Streng dich an! und beschreibt das ruhige Tun und entspanntes Planen von Handlungen. Je nach Ressource der Person dürfen Dinge durchgeführt oder auch unterlassen und Erfolge genossen werden (Stock, 2015, S. 53-54).
Weitere präventive Einflussfaktoren sind beispielsweise das Schaffen von Abstand zu Konflikten auf privater und beruflicher Ebene. Hierbei ist auch das Eingestehen der Überforderung hilfreich, um Schwäche einzugestehen (Stock, 2015, S. 70). Es ist außerdem wichtig, dass schädigende Verhaltensmuster, welche zum Burnout führen, erkannt werden und diesen entgegengewirkt wird. Sowohl privat als auch beruflich entspannen Pausen zur Erholung und eine Arbeitsplanung, bei der die zu bewältigenden Aufgaben nach Dringlichkeit und Wichtigkeit sortiert werden. Idealerweise wird ein Tag nicht komplett mit Aufgaben und Pflichten verplant, um Freiräume zu gewährleisten. Des Weiteren können nicht realistische Anforderungen abgewehrt werden, um eine Überforderung zu vermeiden. Deshalb ist es wichtig zu lernen nein zu sagen. Vorbeugend wirken zusätzlich Entspannungstechniken, welche sogar durch die Krankenkassen gefördert werden. Beispiele hierfür sind die progressive Muskelentspannung, Yoga, autogenes Training und Qi Gong. Auch das Arbeitsumfeld kann stressfreier gestaltet werden, indem längere Pausen, kürzere Schichten oder Teilzeitarbeit etabliert wird. Außerdem kann die Arbeit interessanter und erfüllender gestaltet werden. Des Weiteren ist der Umgang mit Stress einfacher, wenn der Körper gesundes Essen und ausreichend Schlaf erhält (Hescuro Kliniken Bad Booklet, n.D.). Präventiv wirken ebenfalls bestimmte Charaktereigenschaften, die bei resilienten Menschen besonders ausgeprägt sind (Mourlane, 2022). Diese werden in Kapitel 2.4.3 behandelt.
2.3 Die Rollen einer berufstätigen Mutter
Rollenbilder sind Erwartungshaltungen, die gesellschaftlich akzeptiert sind und in dessen Rahmen sich Menschen bewegen können, damit sie nicht an allgemeine Akzeptanzgrenzen in der Gesellschaft stoßen (Böttcher, 2020). Eine berufstätige Mutter nimmt verschiedene Rollen ein. So kümmert sie sich als Mutter in den meisten Fällen um die Kindererziehung. Zusätzlich ist sie Arbeitnehmerin und kümmert sich häufig noch um die Hausarbeit oder pflegebedürftige Angehörige. Nebenbei muss sie dem gesellschaftlichen Druck standhalten und den Erwartungen der Allgemeinheit entsprechen, also ihre Rollenbilder erfüllen (Klüver, 2021). Darüber hinaus findet sich eine Frau in einer Ge- schlechterrolle wieder (Böttcher, 2020). Jede dieser unterschiedlichen Rollen hat eine eigene Bezugsgruppe und damit unterschiedliche Erwartungen, die jeweils parallel an die Frau gestellt werden. Von diesen verschiedenen Erwartungen, die von der berufstätigen Mutter zeitgleich erfüllt werden müssen, geht ein erheblicher Stress aus (Schenk, 2021, S. 20).
Des Weiteren kann die Working mom den unterschiedlichen Anforderungen nicht gleichwertig gerecht werden und es entsteht ein permanentes Multitasking, was zu großem Stress führt. Als Beispiele für Anforderungen einer Mutter mit Kleinkindern sind Folgende zu nennen: Organisation des Alltags, Aufgaben im Haushalt, Lebensmitteleinkäufe und beruflich sowohl den Erwartungen der oder des Vorgesetzten als auch der oder des Kunden gerecht werden (Schenk, 2021, S. 20-21).
2.3.1 Historische Betrachtung der Mutterrolle
Schon in der griechischen Mythologie präsentierte Hestia, die Göttin über Heim und Herd ist, die typischen Tätigkeiten der Hausarbeit, die gesellschaftlich der Frau zugeordnet werden (Diabaté, 2014).
Im 12. Jahrhundert hatte die Selbstaufopferung und die Reinheit einer Mutter im Marienbild ihren Ursprung. Die Kinder wurden jedoch zu dieser Zeit nicht von der Mutter selbst, sondern von den Großeltern oder Geschwistern erzogen (Pratl, 2020, S. 102).
Während der Industrialisierung kam es dann zu einer Verschiebung der Aufgaben einer Frau: sie war nun hauptsächlich für die Kindererziehung und den Haushalt zuständig. Die Mutterschaft wurde als Berufung angesehen, die eine Frau vollkommen erfüllen sollte (Pratl, 2020, S. 102).
In den 1920er- und 1930er-Jahren entwickelte sich eine neue Mutterrolle, auf der auch das heutige Idealbild einer Mutter aufbaut. Bei dieser Mutterideologie geht es um die Idee einer intensiven Bemutterung, wobei die Mutter sehr viel Energie, Geld und Zeit in die Erziehung der Kinder steckt, um dem Idealbild zu entsprechen, was physische und psychische Auswirkungen auf die Frau hat (Pratl, 2020, S. 102).
Seit den 2000ern herrscht ein Idealbild einer Mutter vor, welches Douglas und Michaels (2004) als „Working Mother of the Year Contest“ bezeichnet (S. 3). Dazu gehört, dass angenommen wird, dass die Mutter fürsorglich ist und aufopferungsvoll handelt, indem sie beispielsweise ihre Berufstätigkeit aufgibt. Die Mutter wird darüber hinaus als perfekt organisiert und attraktiv dargestellt (Diabaté, 2014). Es wird erwartet, dass eine Mutter heutzutage berufstätig ist, eine tiefe Bindung zu ihrem Kind aufbaut und möglichst viel Zeit für die Familie einplant. Dies kann bis zu einer Selbstaufgabe führen (Grüling, 2020).
2.3.2 Mütter im Alltag
Laut Müttergenesungswerk (2017) dominiere nach der Geburt des Kindes weiterhin das traditionelle Familienbild, bei dem die Mutter überwiegend zuhause ist und Erziehung und Hausarbeit zu einem Großteil von der Frau erledigt wird. Sie seien weiterhin neben der Berufstätigkeit für die Familienarbeit verantwortlich, was sie permanenter Überlastung aussetze und zu erhöhtem Erwartungsdruck und Zeitstress führe. 2016 litten über 87 % der Mütter, die an einer Kurmaßnahme des Müttergenesungswerks teilgenommen haben, unter Erschöpfungszustand bis hin zum Burnout-Syndrom. Väter binden sich vermehrt in die Kindererziehung ein, jedoch wird die Hausarbeit weiterhin überwiegend von den Müttern erledigt (Müttergenesungswerk, 2017).
Es gibt zwei konkurrierende Prinzipien, die die Aufgabenverteilung zwischen den Elternteilen im Alltag darstellen. Auf der einen Seite steht das Prinzip der Gleichberechtigung. Dabei werden die Erwerbstätigkeit, sowie die Haus- und Familienarbeit zwischen den Elternteilen gleichberechtigt aufgeteilt. Auf der anderen Seite steht das Prinzip der verantworteten Elternschaft, welches mit dem Prinzip der Mutterliebe verknüpft ist. Das Prinzip der verantworteten Elternschaft spiegelt die gesellschaftliche Vorstellung wider, wie eine ideale Kindheit aussehen sollte. So sollte das Kind in einer optimalen und möglichst risikoarmen Umgebung aufwachsen, frühpädagogisch gefördert und gesund ernährt werden. Darüber hinaus sollten die Eltern gut über Kindererziehung informiert sein. Ein weiterer Aspekt des Prinzips der verantworteten Elternschaft ist die Professionalisierung der Mutterschaft: die Mutter trägt die Hauptverantwortung für die Betreuung der Kinder, wohingegen der Vater die Familie finanziell absichert und der Mutter den Rücken freihält, damit sich diese auf die Kindererziehung fokussieren kann. Mit diesem Prinzip eng verknüpft ist das Prinzip der Mutterliebe, was sogar durch das Gesetz unterstützt wird. Das Prinzip besagt, dass eine Mutter von Natur aus mit ihrem Kind stärker verbunden ist als der Vater und somit intuitiv besser weiß, was das Kind braucht. Gesetzlich wird das Prinzip unterstützt, indem nach § 1592 Nr.1 BGB angenommen wird, dass der Ehemann der Vater des Kindes ist, obwohl dieser gar nicht der biologische Vater sein muss. Bei unehelichen Kindern muss darüber hinaus eine Vaterschaftsanerkennung durchgeführt werden (Diabate, 2014).
Ein weiterer Aspekt, den Frauen betrifft, ist die Armutsgefährdung. So war 2020 in Deutschland jede fünfte Frau von Armut bedroht. Bei den Männern waren es nur 17,7 %.
Dieser Unterschied ist besonders deutlich bei jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren und älteren Menschen über 65 Jahren zu erkennen (Statistisches Bundesamt, 2022):
Abb. 3 Armutsgefährdung nach Altersgruppen und Geschlecht im Jahr 2020 in Deutschland
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Statistisches Bundesamt, 2022.
2.3.3 Mütter im Berufsleben
Heutzutage hat die Erwerbstätigkeit der Frau das Ziel der finanziellen Absicherung und Selbstverwirklichung und gewinnt damit an Bedeutung (Böttcher, 2020). Die Beschäftigungsquote der Frau hat in Deutschland von 2010 bis 2020 an 5,6 Prozentpunkten gewonnen und lag somit 2020 bei 74,9 %. Damit lag die Erwerbsquote jedoch weiterhin deutlich unter der von Männern, welche 2020 bei 90,2 % lag (Statistisches Bundesamt, 2022).
Das Alter des Kindes, was betreut wird, spielt ebenfalls einen bedeutenden Faktor. So waren 2012 in Deutschland nur 31,7 % der Mütter erwerbstätig, die ein Kind unter drei Jahren betreut hat. Bei den Müttern mit Kindern von drei bis fünf Jahren stieg die Quote auf knapp 61,8 % und bei zu betreuenden Kindern ab dem Grundschulalter von sechs bis neun Jahren stieg der Anteil noch weiter auf 67,6 % (Keller & Haustein, 2013, S. 865).
Außerdem gehen Mütter häufig einer Teilzeitbeschäftigung, alternativ zum Berufsausstieg, nach (Aigner-Walder & Liebhart, 2018, S. 168). 2020 arbeiteten 65,5 % der Mütter mit Erwerbstätigkeit in Teilzeit. Bei den Vätern in gleicher Situation waren es nur 7,1 %. Auch im Vergleich zu Frauen ohne Kinder, bei denen die Teilzeitquote bei 35 % lag, ist die Teilzeitquote bei Müttern deutlich höher (Statistisches Bundesamt, 2022).
Als Gründe für die Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung gaben 2019 in Deutschland 77,7 % der Frauen mit Kindern die Kinderbetreuung und andere familiäre und persönliche Verpflichtungen an. Bei den Männern mit Kindern wurde die Teilzeittätigkeit zu 34,1 % mit denselben Argumenten begründet und bei Frauen ohne Kinder waren es 23,2 %, die andere familiäre und persönliche Verpflichtungen als Gründe angaben (WSI, 2021).
Frauen sind außerdem häufig in Berufsbereichen beschäftigt, die durch die Corona-Krise belastet waren. So waren 2020 78 % der Erwerbstätigen in medizinischen Gesundheitsberufen und der
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- Alina Wolnik (Author), 2023, Burnout-Syndrom bei berufstätigen Müttern mit Kleinkindern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1335782
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