Mit Good Bye Lenin! entstand 2003 in Deutschland eines der populärsten und am heftigsten
diskutierten Werke der deutschen Filmgeschichte. Er wurde in allen Bundesgebieten zu einem
ungeahnten Publikumserfolg und zum erfolgreichsten deutschen Film des Jahres.
Good Bye Lenin! beschäftigt sich mit dem entscheidenden Umbruch in der deutschen
Geschichte. Die dominierenden Themen sind der Mauerfall 1989 sowie der Weg zur
deutschen Wiedervereinigung.
Wolfgang Becker beleuchtet die Ereignisse vor dem Hintergrund der fiktiven Geschichte der
Familie Kerner. Sowohl ironisch, nostalgisch als auch kritisch erinnert der Film an die nicht
lange zurückliegende Vergangenheit und das Verschwinden der DDR-Alltagskultur.
Die folgende Arbeit untersucht, wie es dem Regisseur mit Darstellung von Produkten und
Charakteren gelingt, das Verschwinden der DDR-Alltagskultur zu erfassen. Es soll
herausgestellt werden, auf welche Art und Weise der Konsumwandel und der gesellschaftliche
Umbruch die Identität der DDR verändern.
Das erste Kapitel der Arbeit spiegelt den Inhalt der Komödie Good Bye Lenin! wieder, um das
zur Analyse stehende Thema zu veranschaulichen.
Im weiteren Verlauf wird der Begriff Ostalgie definiert sowie dessen Verwendung dargestellt.
Die Arbeit befasst sich an dieser Stelle mit der Frage, wie es dem Film gelingt eine DDRNostalgie
zu erzeugen. Des Weiteren erklärt der Punkt „Utopie und Bedürfnis“, welche Rolle
Schein und Wirklichkeit in Good Bye Lenin! spielen.
Anschließend wird die vorliegende Arbeit auf den von Souriau herausgearbeiteten Aspekt der
Diegese eingehen und herausstellen, welche Rolle er im Film spielt. Abschließend beschäftigt
sich die Arbeit mit ausgewählten Filmsequenzen, die hinreichend analysiert werden
Das letzte Kapitel nimmt noch einmal zusammenfassend Bezug auf die während der Analyse
ermittelten Ergebnisse.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Inhaltswiedergabe
3. Veranderte Identitat
3.1. Das Phanomen der Ostalgie
3.2. Utopie und Bediirfnis
4. Die filmische Wirklichkeit
4.1. Diegese im Film
4.2. Analyse ausgewählter Filmsequenzen
5. Schlussbemerkung
6. Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Mit Good Bye Lenin! entstand 2003 in Deutschland eines der populärsten und am heftigsten diskutierten Werke der deutschen Filmgeschichte. Er wurde in allen Bundesgebieten zu einem ungeahnten Publikumserfolg und zum erfolgreichsten deutschen Film des Jahres.
Good Bye Lenin! beschäftigt sich mit dem entscheidenden Umbruch in der deutschen Geschichte. Die dominierenden Themen sind der Mauerfall 1989 sowie der Weg zur deutschen Wiedervereinigung.
Wolfgang Becker beleuchtet die Ereignisse vor dem Hintergrund der fiktiven Geschichte der Familie Kerner. Sowohl ironisch, nostalgisch als auch kritisch erinnert der Film an die nicht lange zurückliegende Vergangenheit und das Verschwinden der DDR-Alltagskultur.
Die folgende Arbeit untersucht, wie es dem Regisseur mit Darstellung von Produkten und Charakteren gelingt, das Verschwinden der DDR-Alltagskultur zu erfassen. Es soll herausgestellt werden, auf welche Art und Weise der Konsumwandel und der gesellschaftliche Umbruch die Identität der DDR verändern.
Das erste Kapitel der Arbeit spiegelt den Inhalt der Komödie Good Bye Lenin! wieder, um das zur Analyse stehende Thema zu veranschaulichen.
Im weiteren Verlauf wird der Begriff Ostalgie definiert sowie dessen Verwendung dargestellt. Die Arbeit befasst sich an dieser Stelle mit der Frage, wie es dem Film gelingt eine DDR-Nostalgie zu erzeugen. Des Weiteren erklärt der Punkt „Utopie und Bedürfnis", welche Rolle Schein und Wirklichkeit in Good Bye Lenin! spielen.
AnschlieBend wird die vorliegende Arbeit auf den von Souriau herausgearbeiteten Aspekt der Diegese eingehen und herausstellen, welche Rolle er im Film spielt. AbschlieBend beschäftigt sich die Arbeit mit ausgewählten Filmsequenzen, die hinreichend analysiert werden Das letzte Kapitel nimmt noch einmal zusammenfassend Bezug auf die während der Analyse ermittelten Ergebnisse.
2. Inhaltswiedergabe
Die heile Welt der Familie Kerner bricht in dem Moment zusammen, als der Vater, der Arzt ist, von einer Kongressreise nach Westberlin im Sommer 1978 nicht zurackkehrt. Der elfjährige Alex und seine dreizehnjährige Schwester Ariane bleiben alleine mit der Mutter zurack. Die Republikflucht des Vaters wird von der Stasi damit erklärt, dass er eine andere Frau habe.
Zu diesem Zeitpunkt beobachten Alex und seine Schwester im Fernsehen den Start von Sojus 3 1. An Bord befindet sich der erste Deutsche, der ins All fliegt — Sigmund Jähn. Far Alex ist er seitdem sein gefeierter Held.
Die Mutter wird in Folge der Ereignisse apathisch und zieht sich völlig zurack. Sie ist so verstört, dass sie einige Wochen in die Psychiatrie eingewiesen wird. Als Christiane Kerner wieder zurackkehrt, hat sie sich geändert. Ihr Mann wird fortan aus ihrem Leben gestrichen und zu keiner Zeit mehr von ihr erwähnt. Stattdessen widmet sie sich nun ihrem politischen Engagement.
Seit diesem Rackblick sind mittlerweile 10 Jahre vergangen. Am 7. Oktober 1989 feiert die DDR ihr 40-jähriges Jubiläum. Christiane Kerner ist als parteitreue Genossin auf dem Weg zu einem Festakt im Palast der Republik, wo sie eine Auszeichnung fir ihr Engagement erhalten soll. Zur gleichen Zeit nimmt Alex an einer Demonstration gegen den sozialistischen Staat teil. Dabei lernt er die junge Russin Lara kennen. Auf dem Weg dorthin wird Christiane Kerner zufällig Zeugin der Demonstration. Als sie mit ansieht, wie diese von der Volkspolizei zerschlagen und Alexander festgenommen wird, bricht sie zusammen und fällt ins Koma. Wenige Wochen später fällt die Mauer. Auch sonst ändert sich einiges fir die Kerners. Alex' Betrieb kann sich nicht halten, er bekommt eine Anstellung als Satellitenschiissel-Vertreter. Als er Lara als Schwester im Krankenhaus wieder erkennt, verliebt er sich nach der Zeit in sie. Seine Schwester Ariane beendet ihr Studium und arbeitet ab sofort bei Burger King. Sie verliebt sich in einen Westdeutschen und wird zum zweiten Mal schwanger. Im Juni 1990, als Alex im Krankenhaus zum ersten Mal Lara kiisst, wacht die Mutter plötzlich aus dem Koma wieder auf.
Da ihr Herz noch stark geschwacht ist, beschlieBen die Geschwister sie zu schonen und ihr von der neuen politischen Situation nichts zu erzahlen. Deshalb lasst Alex in ihrer Wohnung die DDR wiederaufleben. Dies gestaltet sich aber schwieriger, als er zunachst vermutet. Die Ostprodukte sind aus den Kaufhallen verschwunden und die Sendungen der Aktuellen Kamera, als die tagliche Nachrichtensendung der DDR, miissen von ihm selbst nachgestellt werden. Alex bemerkt, dass „seine DDR" immer mehr zu der DDR wird, die er sich immer gewiinscht hat. Nachdem sie von ihrer Familie eines Tages mit verbundenen Augen zur Datsche gefahren wird, enthiillt die Mutter dort ihre groBe Lebensbeichte: ihr Mann hat sie nicht — wie immer behauptet — wegen einer anderen Frau verlassen, sondern es war geplant, dass sie mit den Kindern spater in den Westen nachkommt. Jedoch blieb sie aus Furcht vor den Konsequenzen eines Ausreiseantrages im Osten.
Nachdem die Mutter plötzlich wieder ins Krankenhaus eingeliefert wird, produzieren Denis und Alex einen letzten Bericht der Aktuellen Kamera, in dem Sigmund Jahn zum Staatsratvorsitzenden ernannt wird. Sie suggerieren, dass die DDR an ihrem 4 1. Jahrestag ihre Grenze zur BRD öffnet, was nach dem fingierten Bericht der Aktuellen Kamera zu einem Massenansturm in das sozialistische Deutschland fiihrt. Leute, die den Kapitalismus satt hatten, machen sich freudig auf den Weg. Jedoch erzahlt Lara Christiane die Wahrheit iiber die deutsche Wiedervereinigung, bevor sie den Bericht sieht. Diese ist beeindruckt von den Bemiihungen von Alex und enthiillt nicht, dass sie von der Wende weiB. Drei Tage nach dem ersten Tag der deutschen 'Einheit' stirbt Christiane. Alex ist davon iiberzeugt, sie starb gliicklich und im Glauben an die Uberlegenheit der DDR.
3. Veränderte Identität
Das Verhältnis zwischen Schein und Wirklichkeit spielt in der Tragikkomödie eine enorme Rolle. Der Film stellt einerseits eine Vergegenwärtigung der Geschichte dar und stellt andererseits durch neue Konnotationen deren Verlauf in Frage. Im Folgenden wird der Begriff Ostalgie erläutert und welche Rolle er im Film spielt. AuBerdem soll gezeigt werden, wie es Becker mit Hilfe von Konsumgiitern gelingt den Kontrast zwischen Scheinwelt und Wirklichkeit zu erzeugen. Er setzt gezielt Produkte ein, um Täuschung zu erzeugen. „Die Wirklichkeit wird geleugnet, wodurch sich zahlreiche Komikmöglichkeiten ergeben."[1]
3.1. Das Phänomen der Ostalgie
Der Begriff Ostalgie bezeichnet unter anderem „echte, verklärende Nostalgie".[2] Da in dem Begriff der Nostalgie das Wort 'Ost' enthalten ist, eignete sich der Begriff zur Umformung in Ostalgie. Damit ist „die Rückwendung[...] zur und Erinnerungen an die DDR gemeint".[3]
Wenn man einen Bezug zwischen dem Phänomen der Ostalgie und den Produkten der DDR herstellen mochte, kann man eine Tatsache festhalten. Der GroBteil der Produkte, die mit dem Phänomen in Verbindung stehen, sind erst nach dem Zerfall der DDR hergestellt und gekauft worden. Man spricht hier von Markenprodukten, die ihre Abstammung nicht abstreiten, sogenannte „bekennende" Ostprodukte[4]. Im Gegenteil, diese Produkte wurden gezielt vermarktet, sicherten guten Absatz und wurden zum Marktführer. Des Weiteren konnten auch beachtliche Umsätze mit Produkten erzielt werden, die lediglich die nostalgischen oder in diesem Falle ostalgischen Bedürfnisse befriedigten. Dabei handelt es sich „[...] um Bücher, Tonträger und Videos, Gesellschaftsspiele, Kult- und Designprodukte."[5] Bei einigen dieser Produkte steht fast ausschlieBlich das Festhalten von „Symbolen, Marken und Zeichen aus der DDR" im Vordergrund.[6]
Anknüpfend daran ist Good Bye Lenin! zu betrachten. Der Film wurde wohl hauptsächlich produziert, um zu unterhalten und somit Geld einzuspielen. Er mag zwar gut recherchiert sein, gibt aber die Realität nicht wieder.[7] „[Good Bye Lenin!] muss aufgrund seiner story und seiner Aufmachung die Menschen in Ost- und Westdeutschland emotional stark berührt haben. Er ist mehr als ein Film über die DDR; die Geschichte der fiktiven Familie Kerner spricht auch emotional stark an. Der zusätzliche Reiz lag fir das Publikum sicherlich auch im Durchspielen e]ines anderen Geschichtsverlaufs, dem Nicht-Untergang der DDR. Man wird hineingezogen in die Lügeninszenierungen von Alex und staunt über deren mediale Umsetzungen."[8] Der Identifikationsfaktor fir das Publikum ist dementsprechend enorm hoch. Es kann sich erneut mit Produkten auseinandersetzen, die Teil einer längst vergangenen Zeit sind, mit denen Ostdeutsche jahrelang gelebt haben. Damit lässt Alex die DDR nicht nur fir seine Mutter, sondern auch fir den Zuschauer wieder aufleben. So „[...]entwickelt er ein unglaubliches Improvisationstalent im Aufspören ausgemusterter DDR-Produkte und im Erfinden politischer ,Wahrheiten'."[9]
Wolfgang Becker hat unbeabsichtigt mit seinem Film eine Welle der Ostalgie ausgelöst.[10] Durch den hohen Wiedererkennungseffekt, welcher bei ehemaligen DDR-Bürgern auftrat und die Neugier der Westdeutschen weckte, erhielten die Produkte des Filmes eine ganz neue Präsenz. „[...] Medien werden fir Aktivitäten und Verhaltensweisen von Personen verantwortlich gemacht, die ohne sie [...] nicht [...] aufgetreten wären."[11] Obwohl keine aktuellen Belege vorhanden sind, kann man davon ausgehen, dass der Film das Interesse an Ostprodukten wieder erhöht hat. So sind auf der Internetseite von Good Bye Lenin! zahlreiche Seiten angegeben, auf denen der Verbraucher alte Ostprodukte erwerben oder sich über sie informieren kann.[12] Man kann dennoch nicht davon ausgehen, dass durch den Film verzerrte Erinnerungen an die DDR entstanden sind. Er stellt lediglich „[...] durch neue Konnotationen [den] Verlauf"[13] der Geschichte in Frage.
Alex macht zum Ende des Filmes noch einmal deutlich, dass keinerlei Realitätscharakter vorhanden ist. So sagt er:
„Das Land, das meine Mutter verliel3, war ein Land, an das sie geglaubt hatte. Und das wir bis zur letzten Stunde uberleben liel3en. Ein Land, das es in Wirklichkeit nie so gegeben hat."[14]
[...]
[1] Holzer, Michaela: Die deutsch-deutsche Problematik im Spielfilm. Eine Analyse der Komik der Filme Sonnenallee und Good-Bye, Lenin!. Saarbrücken 2008.
[2] Ahbe, Thomas: ,Ostalgie' als Laienpraxis in Ostdeutschland. Ursachen, psychische und politische Dimensionen, in: Die DDR in Deutschland. Ein Rückblick auf 50 Jahre. Hrsg. v. Heiner Timmermann. Berlin 2001.5. 78 1.
[3] Holzer (2008). 5.72.
[4] Ahbe (200 1). 5.784.
[5] Ebd. (200 1). 5.784.
[6] Ebd. 5.784-785.
[7] Vgl. Holzer (2008). 5.77.
[8] Ebd. S. 77.
[9] Moles Kaupp, Christina: Good Bye Lenin!. Filmheft. Hrsg. v. der Bundeszentrale far politische Bildung. Bonn 2003. S.9.
[10] Vgl. Holzer (2008). S.73.
[11] Winter, Rainer: Der produktive Zuschauer. Medienaneignung als kultureller und ästhetischer Prozel3. Munchen 1995. S.4.
[12] Vgl. http://www.good-bye-lenin.de/links.php
[13] Moles Kaupp (2003). S. 10.
[14] (TC 1:51:42)
- Quote paper
- Sarah Blasberg (Author), 2008, Utopie und Bedürfnis in 'Good Bye Lenin!', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133457
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