Die Täuferbewegung, die sich in den 20er Jahren des 16. Jahrhunderts in Zürich herausgebildet hat, war eine Alternative zu den beiden großen Kirchen im Reich. Diese spaltete sich im Laufe der Zeit zu mehreren Zweigen, die sich einig im Aufstand gegen den römischen Klerus, im Protest gegen das kirchliche Unwesen und in der Praxis der Glaubens- und Erwachsenentaufe waren.
Innerhalb des Täufertums bildete sich die radikale niederländische bzw. niederdeutsche Bewegung der „Melchioriten“ aus, die sich völlig der weltlichen Ordnung entzog und nach einer gewaltsamen Umgestaltung der Gesellschaft trachtete. Zu dieser Bewegung gehörte die kurze Episode des Täuferreichs von Münster 1534/35, der im Blick auf die Wirkungsgeschichte epochale Bedeutung zukommt, weil damals in revolutionärer Weise die Grundlagen von Kirche, Gesellschaft und Staat in Frage gestellt wurden.
Schon seit dem ersten Auftreten des Täufertums im Reich sahen sich die Anhänger der Bewegung mit dem Protest der Obrigkeit und der Reformatoren konfrontiert, die sich zu Aufgabe setzten, sich mit dem Täufertum theologisch oder militärisch auseinander zu setzen und es nach Möglichkeit zum Verschwinden zu bringen. Besonders das Täuferreich zu Münster wurde von den reformatorischen Theologen und Politikern scharf verurteilt, weil man hier die Reformation aufs Spiel gesetzt sah.
In diesem Zusammenhang soll die Themenstellung „Die Kritik an den Täufern zu Münster von Seiten der Reformatoren und der Obrigkeit“ in der vorliegenden Hausarbeit bearbeitet werden: Auf Seiten der Reformatoren wurden Martin Luther und Philipp Melanchthon ausgewählt, als Vertreter der Wittenberger Theologie, und der Landgraf Philipp von Hessen, der die reformatorische Obrigkeit vertritt. Bei dieser Themenstellung soll beleuchtet werden, welche Kritikpunkte die Reformatoren und der Landgraf gegen die Täufer zu Münster vorzubringen hatten, wie sie diese begründeten und in wie weit sich die Kritik glich bzw. voneinander unterschied. Hierzu werden die edierten Quellen „Martin Luther. Vorrede auf die Newe zeitung von Munster“, „Etliche Propositiones wider die lehr der Widertauffer gestellt durch Philippum Melanthonem“ und „Erster Brief des Landgrafen an die Täufer“ aus der Quellensammlung von Robert Stupperich die Basis bilden.
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Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Hauptteil
2.1 Begriffsklärung: Täufer oder Wiedertäufer?
2. 2 Situation der Täuferbewegung im Reich
2. 3 Täuferreich zu Münster 1534/35
2. 3. 1 Täuferreich im Kontext der Reformation
2. 3. 2 Täufer zu Münster im Vergleich zu den anderen Täuferbewegungen
2. 4 Kritik an der Täuferherrschaft
2. 4. 1 Martin Luther
2. 4. 2 Philipp Melanchthon
2. 4. 3 Landgraf Philipp von Hessen
3. Schlussteil
Quellen- und Literaturverzeichnis:
1. Einleitung
Die Täuferbewegung, die sich in den 20er Jahren des 16. Jahrhunderts in Zürich herausgebildet hat, war eine Alternative zu den beiden großen Kirchen im Reich. Diese spaltete sich im Laufe der Zeit zu mehreren Zweigen, die sich einig im Aufstand gegen den römischen Klerus, im Protest gegen das kirchliche Unwesen und in der Praxis der Glaubens- und Erwachsenentaufe waren.
Innerhalb des Täufertums bildete sich die radikale niederländische bzw. niederdeutsche Bewegung der „Melchioriten“ aus, die sich völlig der weltlichen Ordnung entzog und nach einer gewaltsamen Umgestaltung der Gesellschaft trachtete. Zu dieser Bewegung gehörte die kurze Episode des Täuferreichs von Münster 1534/35, der im Blick auf die Wirkungsgeschichte epochale Bedeutung zukommt, weil damals in revolutionärer Weise die Grundlagen von Kirche, Gesellschaft und Staat in Frage gestellt wurden.
Schon seit dem ersten Auftreten des Täufertums im Reich sahen sich die Anhänger der Bewegung mit dem Protest der Obrigkeit und der Reformatoren konfrontiert, die sich zu Aufgabe setzten, sich mit dem Täufertum theologisch oder militärisch auseinander zu setzen und es nach Möglichkeit zum Verschwinden zu bringen. Besonders das Täuferreich zu Münster wurde von den reformatorischen Theologen und Politikern scharf verurteilt, weil man hier die Reformation aufs Spiel gesetzt sah.
In diesem Zusammenhang soll die Themenstellung „Die Kritik an den Täufern zu Münster von Seiten der Reformatoren und der Obrigkeit“ in der vorliegenden Hausarbeit bearbeitet werden: Auf Seiten der Reformatoren wurden Martin Luther und Philipp Melanchthon ausgewählt, als Vertreter der Wittenberger Theologie, und der Landgraf Philipp von Hessen, der die reformatorische Obrigkeit vertritt. Bei dieser Themenstellung soll beleuchtet werden, welche Kritikpunkte die Reformatoren und der Landgraf gegen die Täufer zu Münster vorzubringen hatten, wie sie diese begründeten und in wie weit sich die Kritik glich bzw. voneinander unterschied. Hierzu werden die edierten Quellen „Martin Luther. Vorrede auf die Newe zeitung von Munster“, „Etliche Propositiones wider die lehr der Widertauffer gestellt durch Philippum Melanthonem“ und „Erster Brief des Landgrafen an die Täufer“ aus der Quellensammlung von Robert Stupperich die Basis bilden.[1]
Die Erforschung des Täufertums zu Münster hat in den vergangenen Jahrzehnten aufgrund der ständig sich mehrenden Edition der Täuferakten Fortschritte gemacht. Daneben ist in Münster als Ergebnis der fast 50jährigen neuen Täuferforschung ein Abbau der verhärteten polemischen Fronten gegenüber dem Täufertum festzustellen. Die grundlegenden Forschungsergebnisse brachten die Studien von Karl-Heinz Kirchhoff[2], der die Sozialstruktur des Stadtbürgertums in Münster untersuchte, die Studien von Heinz Schilling[3], der die Verfassungsorganisation von Münster beleuchtete, und die Gesamtdarstellung der münsterischen Täuferbewegung von Karl-Heinz Kirchhoff[4]. Zu dem Thema der Hausarbeit gibt es keine speziellen Forschungsaufsätze, jedoch zu den einzelnen Themenblöcken: Als sehr zufrieden stellend ist die Forschungslage zu dem Thema „Landgraf von Hessen und die Täufer zu Münster“ einzustufen. Hier findet man leicht alte und neue Monographien und Sammelbände. Dem Thema „Luther und die Täufer zu Münster“ schenkt die neuere kirchenpolitische Forschung verhältnismäßig wenig Beachtung: Es erschienen Beiträge entweder im Rahmen biographischer Studien oder in Untersuchungen seiner Stellung zu der Täuferbewegung im Reich. Am wenigsten war Sekundärliteratur zu dem Themenblock „Melanchthon und die Täufer zu Münster“ zu finden: Hier muss man sich auf die seltenen Beiträge in biographischen Zusammenstellungen und Abschnitte in den Aufsätzen über seine Stellung zu den Täufern im Reich beschränken.
Diese Forschungsergebnisse sollen im Weiteren vorgestellt werden: Zunächst wird der Begriff „Täufer“ bzw. „Wiedertäufer“ geklärt und die Situation der Täufer im Reich beleuchtet. Des Weiteren wird kurz die Geschichte der Täufer in Münster vorgestellt, wobei die Hausarbeit näher auf den Kontext des Täuferreichs und die Unterschiede bzw. Überschneidungen zu den anderen Täuferbewegungen eingeht. Anschließend soll die Kritik an den Täufern zu Münster von Seiten Luthers, Melanchthons und des Landgrafen mit Hilfe der oben erwähnten Quellen und den Ergebnissen der Täuferforschung interpretiert werden.
2. Hauptteil
2.1 Begriffsklärung: Täufer oder Wiedertäufer?
In der Täuferforschung herrschen zwei Positionen im Hinblick auf die quellenkritisch „richtige“ Bezeichnung für die radikale Ausformung der Reformation in Münster in den Jahren 1534/35 vor. In den zeitgenössischen und älteren Quellen und Studien findet man den Begriff „Wiedertäufer“, der den inhaltlichen Gleichklang mit der in anderen Sprachen üblichen Begrifflichkeit innehat (vgl.: eng. anabaptist, frz. anabaptiste, ital. anabaptiste), seit wenigen Jahren hat sich jedoch die Bezeichnung „Täufer“ als Fachbegriff der Sozialhistoriographie durchgesetzt.[5] Die Gründe hierfür sehen die Täuferforscher in der Tatsache, dass die Bezeichnung „Wiedertäufer“ keinesfalls dem Selbstverständnis der Protagonisten entspreche: Die Täufer wiesen die Bezeichnung „Wiedertäufer“ zurück mit der Begründung, dass die Taufe der unmündigen Kinder keine rechte Taufe sei und man deshalb bei der Bekenntnistaufe keinesfalls von einer Wiederholung sprechen könne.[6] Des Weiteren weist diese Begrifflichkeit einen kriminalisierenden Akzent auf, da es zu dem Vokabular der Gegner und Verfolger der Täufer gehörte: Anfänglich wandten die Lutheraner und Zwinglianer die Bezeichnung „Wiedertäufer“ auf die Gruppen an, die sich von der Gemeinschaft der Staatskirche absonderten. Diese Benennung war dehnbar, so dass sie mit der Zeit auf alle angewandt wurde, die sich gegen die obrigkeitliche Staatsreligion aufrührerisch verhielten. Die Obrigkeit und die Feinde der Bewegung beharrten auf dem Namen „Wiedertäufer“, um eine Rechtfertigung für die gewaltsame Verfolgung der Radikalen zu haben, da die Angehörige der Täuferbewegung seit dem Täufermandat vom zweiten Reichstag Speyer (1529) reichsrechtlich mit der Androhung der Todesstrafe verfolgt werden konnten.[7] Ein weiteres Gegenargument nennt Ernst Laubach: Die Bezeichnung „Wiedertäufer“ sei zu ungenau, da sowohl Gruppen, welche die Erwachsenentaufe praktizierten, als auch bloße Kritiker der Kindertaufe vom damaligen Reichsrecht undifferenziert der Wiedertäuferei beschuldigt und mit Androhung der Todesstrafe verfolgt wurden.[8]
[...]
[1] R. Stupperich: Schriften von evangelischer Seite gegen die Täufer, Münster 1983.
[2] K.-H. Kirchhoff: Die Täufer in Münster 1534/35, Münster 1973.
[3] H. Schilling: Aufstandsbewegungen in der stadtbürgerlichen Gesellschaft des Alten Reiches, In: H.-U. Wehler (Hrsg.), Der Deutsche Bauernkrieg 1524-1526, Göttingen 1975.
[4] K.-H. Kirchhoff: Das Phänomen des Täuferreichs zu Münster 1534/35, In: Fortschritte der Forschung und Schlussbilanz. Einleitung in den Schlussband VI, Münster 1989.
[5] C. Fischer: Die Täufer in Münster (1534/35), Recht und Verfassung einer chiliastischen Theokratie. >http://www.forhistur.de/zitat/0408fischer.htm> (12.08.2004), S. 1.
[6] F. H. Littell: Das Selbstverständnis der Täufer, Kassel 1966, S. 9.
[7] Ebd., S. 10.
[8] E. Laubach: Das Täuferreich zu Münster in seiner Nachwirkung auf die Nachwelt. Zur Entstehung und Tradierung eines Geschichtsbildes, In: Westfälische Zeitschrift 141, 1991, S. 146.
- Arbeit zitieren
- Alina Heberlein (Autor:in), 2007, Die Kritik an den Täufern zu Münster von Seiten der Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon sowie des Landgrafen von Hessen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/133330
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