Im Rahmen dieser Diplomarbeit wird untersucht, ob ein Wechsel auf ein ERP Gesamtsystem für ein klassisches kleines oder mittelständisches Unternehmen von wirtschaftlichem Nutzen ist. Bei einem ERP handelt es sich um eine zentralisierte Unternehmensresourcenplanung, oder Enterprise-Resource-Planning.
Zu Beginn werden die Chancen und Risiken aufgezeigt und die verschiedenen Methoden zur Einführung von ERP-Systemen sowie die verschiedenen Möglichkeiten der Geschäftsprozessmodellierung miteinander verglichen. Schlussendlich werden die Methoden anhand der Bedürfnisse der Jordi AG (dem Arbeitgeber des Autors) gewichtet und bewertet, um die verschiedenen Lösungen miteinander vergleichbar zu machen.
Im Rahmen dieser Arbeit wird der Mehrwert einer ERP-Lösung aufgezeigt. Sämtliche organisatorischen Mängel können durch die Einführung einer ERP-Lösung behoben werden, dies erfordert aber ein Umdenken in den Köpfen der Mitarbeiter und ein Umlernen auf die neue Arbeitsweise.
III. Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG
1.1 Danksagung
1.2 Abgrenzung
1.3 Erkenntnisinteresse
1.4 Problemstellung
1.6 Zielsetzung
2 ERP EINFÜHRUNG IN DER JORDI AG
2.1 IST Analyse
2.1.1 Abläufe erheben und dokumentieren (Prozesse)
2.1.2 Erhebungstechnik bestimmen
2.1.3 Prozesslandkarte definieren
2.2 Systemprozesse ERP (WinOffice Prime)
2.3 Fit / Gap Analyse
2.4 Abweichungen beurteilen
2.5 Prozesse anpassen
2.6 Einführungsvarianten
2.7 Systemanpassungen
2.8 Probleme bei der Einführung
2.8.1 Akzeptanz der Mitarbeiter
2.8.2 Zeitmanagement (Ressourcen)
2.9 Mehrwert
2.9.1 Prozessorganisation
2.9.2 Auswahl der Teammitglieder
3 GESCHÄFTSPROZESSE MODELLIEREN
3.1 Methoden (Modellierungsstandards und Notationen)
3.1.1 EPK
3.1.2 BPMN 2.0
3.1.3 UML
3.1.4 Welche Methode eignet sich am besten für uns (Jordi AG)
3.2 Tools
3.2.1 ARIS Toolset
3.2.2 ADONIS
3.2.3 Inubit Process Center
3.2.4 QPR Process Designer
3.3 Vor- / Nachteile der Methoden
3.3.1 ARIS
3.3.2 ADONIS
3.3.3 INUBITProcess Center
3.3.4 QPR
3.3.5 Welches Tool eignet sich am besten für uns (Jordi AG)
4 SCHLUSSFOLGERUNG
4.1 Beantwortung der zentralen Fragestellungen
4.1.1 Methoden zur ERP-Einführung und beste Lösung für die Jordi AG aufzeigen
4.1.2 Geschäftsprozessmodellierungsmethoden und beste Lösung für die Jordi AG aufzeigen
4.2 Erreichen der Zielsetzung
4.4 Kritische Würdigung
4.6 Handlungsempfehlung
4.8 Ausblick
I. Vorwort
In der heutigen Zeit wird es immer wichtiger, effizient und effektiv in seiner virtuellen Büroumgebung arbeiten zu können. Alle Informationen müssen jederzeit in Echtzeit verfügbar sein. Statistiken, auch von laufenden Projekten, inklusive Darstellung der Einnahmen und Ausgaben (laufende Projektkosten) sind ein „must“. Auf einen Blick müssen Kunden- und Lieferantendaten mit allen wirtschaftlich relevanten Angaben zusammengefasst und übersichtlich dargestellt werden können.
Das richtige Office-Werkzeug ist schon lange nicht mehr einfach nur „nice to have“. Vielmehr ist es zu einem unverzichtbaren Mittel geworden, um sich in einem hartumkämpften Markt durchsetzen zu können. Die Natur macht es eindrücklich vor: Wer schneller, besser, genauer und schlauer ist, der hat gute Chancen, mittel- und vor allem langfristig zu überleben. Die Zeiten sind längst vorbei, in denen man über einen längeren Zeitraum wirtschaftlich erfolgreich sein konnte, nur in dem man ein gutes Produkt hat. Das Gesamtpaket ist das, was zählt. Die Teilbereiche müssen nahtlos miteinander verschmelzen. Mittels zentral verwalteten Daten muss man jederzeit in Echtzeit auf korrekte, aktuelle Werte zurückgreifen können. Es versteht sich in dem Zusammenhang von selbst, dass die Geschäftsprozesse auf das Verhalten der Software angepasst, integriert und so weit wie möglich automatisiert sein müssen.
Aber lassen sich Teilbereiche wie Auftragsabwicklung, Buchhaltung, Rechnungs- und Mahnwesen, Produktion, Vertrieb, Lagerverwaltung und Bewirtschaftung, Administration, Projektmanagement, Arbeitszeiterfassung usw. überhaupt zu einem Gesamtprodukt vereinen? Und, was mindestens genauso wichtig ist: Kann auch jedermann einfach und produktiv damit arbeiten? Ist so ein mächtiges Tool überhaupt noch übersichtlich und einfach bedienbar? Und bringt es die richtigen Werkzeuge für den Lagerarbeiter über die Buchhaltung bis hin zum CEO mit?
Schon seit einigen Jahren hört man immer wieder von ERP1. In Fachzeitschriften teilweise in den höchsten Tönen gelobt, scheinbar DIE Lösung für alle Probleme? Ich war skeptisch. So viele Tools, Geschäftsmodelle und Organisationsformen wurden schon „erfunden“ und sind genauso schnell wieder verschwunden. Vieles, was vor ein paar Jahren noch der letzte schrei war, ist heute bereits wieder in Vergessenheit geraten.
Wikipedia definiert ERP folgendermassen2: „Enterprise-Resource-Planning (ERP) bzw. Unternehmensressourcenplanung bezeichnet die unternehmerische Aufgabe, die in einem Unternehmen vorhandenen Ressourcen (Kapital, Betriebsmittel oder Personal) möglichst effizient für den betrieblichen Ablauf einzusetzen und somit die Steuerung von Geschäftsprozessen zu optimieren.“ Aber ist ERP die richtige Lösung, um den erhöhten Anforderungen im Geschäftsalltag gerecht zu werden?
Zurzeit führe ich als Projektleiter bei meinem Arbeitgeber ein ERP Gesamt-System ein. Das System ist bereits produktiv und ich arbeite täglich damit. Eines schon mal vorweg: Ich würde es jederzeit wieder machen!
II. Abstract
Die Jordi AG ist ein Dienstleister mit hoher Spezialisierung im IT- und Videobereich. Die Kombination der beiden Teilbereiche in einer Firma ist ein klarer Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz.
Der Geschäftsbereich hat sich von Einzelaufträgen hin zu Projektarbeiten gewandelt. Dies erfordert einen Mehraufwand an Koordination, Planung und Steuerung. Die bisherige Firmeninfrastruktur unterstützt diese Prozesse nur mangelhaft. Zudem ist die funktionsorientierte Arbeitsweise mit vielen schnittstellen behaftet, was einen hohen Abstimmungsaufwand und hohe Durchlaufzeiten nach sich zieht.
In der letzten Zeit haben sich Mängel in der Organisation vermehrt bemerkbar gemacht. Dies wirkt sich schlussendlich auf die Produkte, die Kunden und die eigenen Mitarbeiter aus. Die Notwendigkeit von Verbesserungsmassnahmen steht ausser Frage.
Im Rahmen dieser Arbeit wird der Mehrwert einer ERP-Lösung aufgezeigt. Sämtliche organisatorischen Mängel können durch die Einführung einer ERP-Lösung behoben werden. Dies erfordert aber ein umdenken in den Köpfen der Mitarbeiter und ein umlernen auf die neue Arbeitsweise.
Das Resultat dieser Arbeit ist ein klares „Ja“ zu einer ERP-Lösung für die Jordi AG!
IV. Abkürzungsverzeichnis
A.D.A.M Automated Digital Archive Migration
AKV Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortungen
BPR Business Process Reengineering
CEO Chief Executive Officer
ERP Enterprice Rescource Planning
GPO Geschäftsprozessoptimierung
KMU Kleine und mittlere Unternehmen
1 Einleitung
Die Jordi AG wurde 1970 von Peter und Vreni Jordi als Einzelfirma gegründet. Der Schwerpunkt lag damals auf der Produktion von elektronischen Orgeln. Diese wurden individuell, nach Kundenwunsch gefertigt. Seit 1973 ist die Jordi AG Communication, die die Firma mit vollem Namen heisst, eine Aktiengesellschaft3 und ist seither Arbeitgeber für 8-10 Personen. Neben dem Orgel-Geschäft, welches gegen Ende der 70er Jahre abflachte, entwickelte die Jordi AG auch eine Anlagen- und Raumsteuerung mit einem für damalige Zeiten revolutionären seriellen Bussystem, den sogenannten MicroCommander. Viele Anlagen sind heute noch in Seminarräumen und Vortragssälen zu finden. Neben der kundenspezifischen Produktion von Elektro- und Elektronikkomponenten ist die Jordi AG schon seit Anbeginn als Dienstleister im professionellen Videobereich tätig. Dabei wird von Vermietung über Produktion bis hin zur Einrichtung kompletter Fernsehstudios das ganze Segment abgedeckt. Das neuste Produkt der Jordi AG ist A.D.A.M., ein halbautomatisches Digitalisierungs- und Archivierungssystem für Videoarchive.4
Seit einigen Jahren ist in der Jordi AG ein massiver Trend Richtung Grossprojekte5 spürbar. Dieser ressourcenintensive Trend, gekoppelt mit der geringen Anzahl von Mitarbeitern erfordert ein hohes Mass an Planung und Koordination.
Der Verwaltungsrat der Jordi AG hat festgestellt, dass die jahrzehntelang eingesetzte Auftragsabwicklung „WinOffice Business“ den erhöhten Anforderungen nicht mehr genügt. Es gibt zu viele Schnittstellen zwischen den einzelnen Programm-Modulen, was als potentielle Fehlerquelle analysiert wurde, und die Kontrollmechanismen sind ungenügend. Zudem ist das System zu tolerant was die Arbeitsweise anbelangt, was eine einheitliche und strukturierte Arbeitsweise zusätzlich erschwert. Manche in der Zwischenzeit zentral gewordene Funktion, wie z.B. das Projekt- und Zeitmanagement, müssen mittels Drittsoftware abgedeckt werden. Die nicht vorhandene Integration dieser Funktionen, bzw. das Fehlen der Schnittstellen auf die entsprechenden externen Lösungen stellt eine hohe, potentielle Fehlerquelle und ein erhebliches betriebswirtschaftliches Risiko dar.
Im Rahmen dieser Diplomarbeit wird untersucht, ob ein Wechsel auf ein ERP Gesamtsystem für einen klassischen KMU6, im Speziellen für die Jordi AG von wirtschaftlichem Nutzen ist. Namentlich werden die Chancen und Risiken aufgezeichnet, die verschiedenen Methoden zur Einführung von ERP-Systemen sowie die verschiedenen Möglichkeiten der Geschäftsprozessmodellierung miteinander verglichen. schlussendlich werden die Methoden anhand der Bedürfnisse der Jordi AG gewichtet und bewertet, um die verschiedenen Lösungen miteinander vergleichbar zu machen.
In Verbindung mit ERP-Systemen spricht man auch von Standardsoftware6 7 8
Tabelle 1-1: KMU Definition 8
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.1 Danksagung
1.2 Abgrenzung
Diese Arbeit zeigt das Vorgehen im Allgemeinen, nennt die verschiedenen Vorgehensweisen für die Einführung einer ERP Lösung, und gewichtet die Varianten mithilfe eines Beispiels. Konkret wird das Projekt: „Einführung von WinOffice Prime in der Jordi AG“ für die Ermittlung von Kennzahlen sowie Gewichtung und Bewertung von Massnahmen und Vorgehensweisen herangezogen. WinOffice Prime ist der Nachfolger von WinOffice Plus, ein Produkt der Schweizer Firma WinOffice. WinOffice Plus wird von der Jordi AG schon seit 1992 eingesetzt. Weiterführende Informationen zu der Firma WinOffice und ihren Produkten können gerne auf der Herstellerhomepage9 nachgelesen werden.
Hinweis:
Die Firma WinOffice bezeichnet Ihre Software WinOffice Prime offiziell nicht als ERP Lösung, sondern als „Business Engine“, da die klassische ERP Lösung Kernprozesse wie Produktionsplanung und Produktionsdisposition beinhaltet. Diese Tatsache wird in dieser Arbeit nicht behandelt.
Grosse Software-Einführungen, wie ein Umstieg auf eine ERP-Lösung, werden meistens als Projekt durchgeführt, um diese steuern und kontrollieren zu können. Die Projektorganisation ist aber nicht Bestandteil dieser Arbeit.
Aufgrund der Masse an Geschäftsprozessmodellierungs-Tools wird nur auf eine Auswahl eingegangen. Alle Tools zu benennen und zu analysieren würde vorgegebenen Rahmen sprengen. Diese Arbeit soll Techniken zur Auswahl eines geeigneten Tools benennen, nicht eine Marktübersicht darstellen.
1.3 Erkenntnisinteresse
Ich möchte mit dieser Arbeit den wirtschaftlichen Nutzen der Einführung einer ERP Gesamtlösung in der Jordi AG belegen. Gleichzeitig soll aber auch auf die Risiken, die vor allem bei der Einführung entstehen können, eingegangen werden.
- Was sind die Herausforderungen an eine Unternehmung im 21. Jahrhundert generell?
- Mit welchen Methoden kann eine ERP Lösung eingeführt werden?
- Welche Modellierungsstandards und Notationen gibt es für die Geschäftsprozessmodellierung?
- Welche Tools gibt es für die Geschäftsprozessmodellierung?
- Wie sehen die Chancen und Risiken einer ERP Einführung für die Jordi AG aus?
1.4 Problemstellung
Zum Thema ERP-Einführung gibt es unzählige Bücher, die Einführung an sich erachte ich daher nicht als kritisch. Es sind vielmehr die verschiedenen Umweltfaktoren, sowie der Grosse Schritt von der funktionsorientierten Aufbauorganisation in die prozessorientierte Ablauforganisation, die für die Jordi eine AG zusätzliche schwierigkeit darstellen. somit ergeben sich in Bezug auf die Jordi AG folgende Probleme:
1. Keine schriftlichen Prozesse / Arbeitsschritte vorhanden. Um zielgerichtet mit ERP arbeiten zu können, müssen alle Angaben im System hinterlegt werden. Prozesse müssen schriftlich definiert werden.
2. Funktionale Organisation. Um effizient mit ERP arbeiten zu können, muss eine prozessorientierte Organisation eingeführt werden. Dies erfordert die Zustimmung und Unterstützung der Geschäftsleitung.
3. Keine Arbeitsplatzdefinition. Die Stellen innerhalb der Jordi AG sind nicht nach AKV10 definiert. Kann aber in Hinblick auf die geplante Einführung auch als Chance betrachtet werden.
4. Probleme für die Definition der Soll-Abläufe und Prozesse. Bis anhin sind keine Prozesse oder Abläufe schriftlich festgelegt. Diese Arbeitsweise wurde aber schon seit der Firmengründung so praktiziert. Eine Prozesslandkarte zu erstellen und diese in den praktischen Betrieb einzuführen wird daher ein grosses Stück Arbeit und erfordert nebst der Unterstützung der Geschäftsleitung, viel Geduld.
5. Akzeptanzprobleme. Neue Regelungen und Arbeitsweisen einzuführen ist nie einfach. Besonders dann nicht, wenn die bisherige Arbeitsweise schon jahrzehntelang praktiziert wurde. Nach dem Motto: „Hat ja immer funktioniert, wieso soll ich das jetzt ändern?“. Das Miteinbeziehen der Mitarbeiter in den Veränderungsprozess, sowie eine 100% Unterstützung der Geschäftsleitung ist daher unverzichtbar.
6. Ängste. Bei einem Wechsel von einer funktionsorientieren Organisation in eine prozessorientierten Organisation kommen spätestens dann Ängste auf, wenn die Mitarbeiter realisieren, dass sich die Arbeitsweise und die Verantwortlichkeiten ändern. Zum einen entsteht so die Angst vor einer überforderung und zum andern kann auch Angst um den eigenen Arbeitsplatz entstehen. Eine transparente Kommunikation hilft hier, vorzeitig auf die Anliegen der Mitarbeiter einzugehen und eine abwehrende Haltung gegen das neue Produkt zu vermeiden.
7. Geschäftsleitung vom wirtschaftlichen Nutzen überzeugen. Nicht zuletzt muss die Geschäftsleitung vom wirtschaftlichen Nutzen der Einführung einer ERP-Lösung überzogen werden. Immerhin sind die Investitionen erheblich.
1.6 Zielsetzung
Das Ziel ist es, durch diese Arbeit 80% der Geschäftsprozesse sowie die für die Jordi AG am besten geeignete Einführungsmethode zu definieren.
2 ERP Einführung in der Jordi AG
Als erstes geht es darum, eine Positionsbestimmung der Jordi AG zu machen. Die Jordi AG behauptet sich seit Jahrzehnten durch innovative Produkte auf dem Markt der professionellen Videotechnik. Das enorme Know-How in der Videotechnik, gekoppelt mit der IT Programmie- rungs- und Entwicklungsabteilung sind in einer Zeit, in der Video und IT immer mehr verschmelzt ein grosser Wettbewerbsvorteil. Doch wie bereits in der Einführung erwähnt, hat die Organisation der Jordi AG einige schwachstellen. Am einfachsten lassen sich stärken, Schwächen, Chancen und Risiken in einer SWOT Analyse darstellen:
Tabelle 2-1: SWOT Analyse Jordi AG
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wenn man die Teilbereiche analysiert fällt einem auf, dass alle negativen Aspekte organisatorischer Natur sind. Dasselbe trifft für die Punkte zu, die unter „Chancen“ gelistet sind.
Interessant sind in diesem Zusammenhang die Ziele der Investition einer ERP-Lösung, die 2010 anhand einer Markt Studie erhoben wurden (Tabelle 2-2: Hauptziele einer ERP- Investition). Diese sind praktisch deckungsgleich mit der sWOT Analyse der Jordi AG.
Tabelle 2-2: Hauptziele einer ERP Investition11
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie Allweyer (2005, S4) treffend schreibt, sind Unternehmungen heutzutage aufgrund von sich ständig wandelnden Herausforderungen gezwungen, ihre Prozesse entsprechend anzupassen. Die Verkürzung des Produktlebenszyklus, internationale Konkurrenz, gesetzliche Regelungen, neue Entwicklungen im EDV Umfeld und steigender Kostendruck, sind nur einige, der Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Ausserdem ist die Bedeutung von Geschäftsprozessen heute unbestritten (Allweyer, 2005, S88) und das Geschäftsprozessmanagement ist ein wichtiges Werkzeug, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden.
Die Jordi AG ist eine funktionsorientierte Organisation. Das heisst, es herrscht das Prinzip der Arbeitsteilung. Oder wie es Allweyer (2005, s12) beschreibt: gleichartige Tätigkeiten sind in Organisationseinheiten zusammengefasst. Geschäftsprozesse verlaufen oft quer zu einer solchen Organisationsstruktur und müssen daher viele Abteilungsgrenzen überwinden, was wiederum eine hohe Durchlaufzeit mit sich bringt. Auf folgender Grafik wird die Problematik verdeutlicht:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-1: Funktionsorientierter Prozessablauf12
Durch die vielen Schnittstellen zwischen den Organisationseinheiten entsteht ein hoher Abstimmungsaufwand, hohe Durchlaufzeiten, geringe Transparenz und ein geringer Kundenbezug.*12 13
Weitere Nachteile dieser Organisationsform sind14:
- Hohe Spezialisierung
- Abteilungsübergreifende Bearbeitung
- Hoher Koordinationsaufwand
- Zeitverzögerung durch Transport und Kommunikation zwischen den beteiligten Abteilungen / Mitarbeitern
- Unwissenheit der Mitarbeiter über andere Teilaufgaben als der ihren
Der funktionalen Ablauforganisation steht die modernere Prozessorganisation gegenüber. Prozesse laufen in der prozessorientierten Organisation möglichst komplett innerhalb einer Organisationseinheit ab. In der Praxis ist aber oft eine Mischform aus Funktions- und Prozessorganisation angebracht, wie Allweyer (2005, S.12) schreibt.
Und Hesseler und Görtz (2007, S.101) schreiben, dass sich die prozessorientierte Sicht besser für die Einführung und den Betrieb eines ERP-Systems eignet.
Es steht demnach nicht nur ein Wechsel der Business-Software an, sondern vielmehr ein Reengineering des gesamten Betriebs. Womit wir beim Begriff Business Process Reengineering wären, doch dazu später mehr.
Wikipedia, W1, 2012 schreibt zu ERP folgendes: „Im Kontext der strategischen Planung eines Unternehmens muss eine Bewertung stattfinden, ob die Einführung einer ERP-Lösung einen Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen generiert. Heutzutage gilt für Grossunternehmen, dass ein ERP keinen Wettbewerbsvorteil mehr darstellt, da inzwischen die meisten Industrieunternehmen ein solches einsetzen. Dadurch ist die Verwendung eines ERP-Systems eher als Hygienefaktor zu werten, d. h. mit dem System ist man nicht besser als die Konkurrenz, aber ohne ist man schlechter.
Wichtig ist, dass ERP-Software nur dann zu einem strategischen Wettbewerbsvorteil wird, wenn die Unternehmensprozesse auf die Software abgestimmt sind und sich andererseits schon vorhandene Unternehmensprozesse in die Software integrieren lassen. Nicht die Software an sich bringt den Mehrwert, sondern der verantwortungsvolle und umsichtige Umgang damit.“
Will man im 21. Jahrhundert als Dienstleister im IT Bereich erfolgreich sein, muss man auf eine moderne, vernetzte Infrastruktur zurückgreifen können. Nur so können alle Informationen und Ressourcen zielgerichtet und effizient eingesetzt werden. Doch Achtung! Wie oben schon erwähnt, ist jedes System ist immer nur so gut, wie die Daten, mit denen es „gefüttert“ wird! Oder anders ausgedrückt: „a fool with a tool is still a fool“ oder “garbage in, garbage out“.15 Die bisherige Arbeitsweise der Jordi AG kann diese Anforderungen nicht erfüllen. Viele Entscheidungen, Aufträge und Bestellungen usw. erfolgen mündlich. Wenn ein ERP System hier greifen soll, dann muss die gesamte Arbeitsweise angepasst werden.
2.1 IST Analyse
Die Jordi AG ist, wie bereits in der Einleitung beschrieben, ein klassischer KMU, gewachsen aus einem Familienbetrieb. Das Organigramm16 der Jordi AG sieht heute folgendermassen aus16:
Abbildung 2-2: Organigramm Jordi AG
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Organisation der Jordi AG ist funktionsorientiert. Jeder Mitarbeiter hat seine Aufgabe innerhalb des Betriebs (siehe Abbildung 2-1). In den letzten Jahren ist es durch die vielen Schnittstellen und die nicht strukturierten Prozesse zu massiven Mehrkosten gekommen. Vermehrt wurden Arbeiten oder Aufträge vergessen oder es wurden mehreren Mitarbeitern dieselben Aufgaben zugeteilt. Es fehlten klare, schriftliche und strukturierte Prozesse. Eine strukturierte, prozessorientierte Organisation könnte diese Probleme eventuell beheben.
Doch was ist überhaupt der Unterschied zwischen einer funktionsorientierten und prozessorientierten Organisation? Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Vor- und Nachteile:
Tabelle 2-3: Fokus einer funktionsorientierten und prozessorientierten Organisation
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Es fehlt in der Jordi AG grundsätzlich an Werkzeugen zur Planung, Steuerung und Kontrolle. Eine Standardsoftware, die all diese Fähigkeiten vereint, ist eine ERP-Lösung.17 18 19 Weiter ermöglicht ERP durch die Bereitstellung einer zentralen Datenbank die nahtlose Integration und Automatisierung aller Informationsflüsse und Geschäftsprozesse bezüglich Finanzen, Abrechnungen, Personal, Wertschöpfung und Kunden im Unternehmen.20 21
Jede ERP Lösung macht nur dann Sinn, wenn die Unternehmensprozesse auf die Software abgestimmt sind. Da sich eine ERP Lösung als eine ganzheitliche Businesslösung ansieht macht liegt es nahe, die Organisation prozessorientiert auszurichten und die Geschäftsprozesse den Systemprozessen anzupassen. So wird der Fokus auf den Prozesszielen gerichtet und eine ganzheitliche Bearbeitung der Kundenleistung wird sichergestellt.
2.1.1 Abläufe erheben und dokumentieren (Prozesse)
Die Geschäftsprozesse eines Unternehmens sind oft nicht in Ihrem Gesamtzusammenhang bekannt und müssen zuerst identifiziert werden. Bei funktional organisierten Unternehmun gen werden oft nur die Prozesse innerhalb der Organisationseinheit betrachtet und verbessert. Dadurch ist aber keine durchgreifende Veränderung der Unternehmung möglich.21
Um die gegenwärtigen Abläufe auf das einzuführende Gesamtsystem anzupassen und gleichzeitig gezielte Verbesserungen bei der Einführung einfliessen lassen zu können, müssen wir erst mal den IST Zustand des Unternehmens erheben und die derzeitigen Prozesse und Abläufe festhalten. Dabei ist darauf zu achten, dass die Prozesse bis auf die Einzelaktivitäten und spezialfälle aufzuschlüsseln sind.22
Ziel der IST Analyse ist eine Prozesslandkarte, also ein Abbild aller Unternehmensprozesse.
Es gilt mit spezifischen Erhebungstechniken die IST Situation auf Prozess-Ebene zu erarbeiten und diese in Form von Text, Tabellen und Grafiken festzuhalten.23
Ziel der iST Analyse ist es, die existierenden Prozesse zu untersuchen und Schwachstellen und Verbesserungspotentiale aufzudecken. Voraussetzung hierfür ist die Erhebung und die Dokumentation der IST-Prozesse.24
Zur Erhebung der Daten sollte man auf ein Informationsraster zurückgreifen, damit keine wichtigen Informationen zum Zeitpunkt der Erhebung vergessen werden.
Hier ein Beispiel einer Tabelle für die Informationserhebung, abgeleitet von den Gestaltungsaspekten des Organisationswürfels:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2-4: Beispielraster für Informationserhebung*25
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Erhebungstechniken, also die Werkzeuge und Massnahmen, um Prozesse mess- und vergleichbar zu machen, sind vielfältig. Je nach Ausgangslage und Prozessumfang muss ein geeignetes Verfahren gewählt werden. Die typischen Erhebungstechniken für den Ablauf innerhalb einer Organisation sind in folgender Tabelle zusammengefasst:
Tabelle 2-5: Typische Erhebungstechniken26
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.1.2 Erhebungstechnik bestimmen
Wie schon in der Einleitung erwähnt, ist die Jordi AG aus einem Familienunternehmen entstanden. Wie bei KMU <10 Mitarbeitern meistens der Fall, gibt es weder schriftlich festgelegte Arbeitsabläufe, die Stellen haben keine Definition nach AKV27 und es existiert kein Organigramm. Viele Daten habe ich daher durch Beobachtung des Geschäftsbetriebes erarbeitet. Lagen Unklarheiten vor, habe ich die zuständige Person um Auskunft gebeten (Interview). Teilweise wurden dieselben Informationen von mehreren Personen erfragt, um die Genauigkeit verbessern zu können.
Aufgrund dieser Ausgangssituation habe ich primär die Selbstaufschreibung als Erhebungstechnik gewählt. Unklare oder ungenaue Resultate wurden durch Interviews gefestigt.
2.1.3 Prozesslandkarte definieren
Im ersten Schritt wird das Unternehmen in die Teilbereiche gemäss Funktionsorganisation zerlegt. Am Beispiel der Jordi AG sieht das folgendermassen aus28:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-3: Abteilungen der Jordi AG
Wie eingangs erwähnt, stellt die Jordi AG hauptsächlich Speziallösungen im Audio- und Videobereich her. Differenziert man nun nach Management- Kern- und Supportbereich, haben wir folgende Aufteilung28 29 30:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-4: Prozesseinteilung in Management- Kern- und Supportprozesse30
Im nächsten Schritt gilt es die Aufgabenbereiche zu verfeinern, wir kreieren die Prozesslandkarte, einen Überblick über alle Firmenprozesse, auf oberster Hierarchie-Ebene.31 Sie bietet eine einheitliche Sicht auf die Unternehmensprozesse.32
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-5: Prozesslandkarte Jordi AG
Bei der Erstellung der Prozesslandkarte aus dem Diagramm in Abbildung 2 3; „Prozesseinteilung in Management- Kern- und Supportprozesse“ wurden Anpassungen an der Struktur vorgenommen. So fällt „Administration“ weg, da aus Prozesssicht jede administrative Tätigkeit einem konkreten Prozess zugeordnet werden kann. Die Kernprozesse wurden in die Prozess-Gruppen „Produktentstehungsprozess“, „Projektabwicklung“ und „Vertrieb & Auftragsabwicklungsprozess“ aufgeteilt. Die Vermietung ist neu im Vertrieb & Auftragsabwicklungsprozess integriert, da es sich bei einer Vermietung ja um nichts anderes als um einen Auftrag handelt.
Wenn man die Prozesslandkarte der Jordi AG betrachtet fällt einem auf, dass auf Managementebene Prozesse wie „Politik & Strategie“, „Werte & Grundsätze / Corporate Governance“ sowie „Daten, Umwelt und Arbeitsschutz“ fehlen. Bei den Unterstützungsprozessen vermisst man Prozesse wie „Qualitätsmanagement“, „Personalmanagement“, „Infrastruktur, Rechte & Patente“.
Das mit nur 7 Angestellten nicht alle Teilgebiete wunschgemäss abgedeckt werden können oder zwingend von Nöten sind ist nachvollziehbar. Dass Prozesse wie Qualitätsmanagement und Personalmanagement fehlen, ist im täglichen Ablauf jedoch deutlich spürbar. Hier wäre ein Verbesserung / Veränderung wünschenswert.
[...]
1 ERP = Enterprise-Resource-Planning
2 Wikipedia, W1,2012
3 Anhang B.I
4 Anhang B.II
5 Grossprojekt = Projektsumme > 1 Mio, Dauer > 1 Jahr, Gemäss interner Definition der Jordi AG
6 KMU = Klein- und Mittelunternehmen
7 Hesseler & Görtz (2007, v)
8 Wikipedia, W2, 2012 Einen grossen Dank geht an dieser Stelle an meine Familie und meine Freunde, insbesondere an meine Freundin, für das entgegengebrachte Verständnis, für das Fernbleiben von so manchen Anlässen und Terminen und das gleichzeitige Vertrauen und die unterstützung während meiner Diplomarbeit. spezieller Dank sei an dieser stelle auch Herrn Mercurio von der Firma WinOffice für seine tatkräftige unterstützung zugesprochen. Danke auch an meine Firma, die Jordi AG, die mich durch die ganze Arbeit begleitet hat.
9 www.winoffice.ch
10 Krüger & Uhlig (2009, S.25)
11 Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortungen
12 Allweyer (2005, S.8)
13 Allweyer (2005, S.9)
14 Wikipedia, W2, 2012
15 Krüger & Uhlig (2009, S.25)
16 Gestützt auf den HR-Auszug 2012, Anhang BII & Interview mit Herrn Jordi, Anhang BIV
17 Weber (2008, S.6)
18 Schneider & Scheuring (2006, S.50)
19 Hesseler & Görtz (2007, S.6)
20 Weber (2008, S.6)
21 Plüer & Scheuerling (2003, S.21)
22 Schneider & Scheuring (2006, S.21)
23 Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortungen
24 Wikipedia, W2, 2012
25 Schneider & Scheuring (2006, S.71)
26 Schneider & Scheuring (2006, S.74)
27 Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortungen
28 Allweyer (2005, S.220)
29 Gestützt auf Interview mit Herrn Jordi, Anhang BIV
30 Gestützt auf Interview mit Herrn Jordi, Anhang BIV und Interview mit Frau Eidenberg, Anhang BV
31 Schneider & Scheuring (2006, S.59)
32 Allweyer (2005, S.220)
- Arbeit zitieren
- Daniel Hitz (Autor:in), 2012, Enterprise Resource Planning. Chancen und Risiken der Einführung einer ERP Gesamtlösung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1331669
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