Die Proseminararbeit soll die Entwicklungsgeschichte der Seniorinnen- und Seniorenbetreuung in einer kleinen Vorarlberger Gemeinde überwiegend zusammenzufassen. Im ersten Abschnitt soll die Entstehung der Armenhäuser besprochen und das Haus in Hard näher beschrieben werden. Im nächsten Abschnitt werden die einzelnen Zwecke der Nutzung erläutert. Letztlich werden die Unterschiede von damals zu heute aufgelistet und die heutige Seniorinnen- und Senioreneinrichtung SeneCura Haus am See kurz dargestellt. Der gleiche Teil soll auch die momentane Lage der stationären Pflege, Aufnahmeverfahren, Kosten etc. widerspiegeln. Abschließend wird der Pflegenotstand angesprochen. Als Quellenmaterial dienen Dokumente aus dem Harder Gemeindearchiv, wie Hausordnungen, Berichte, Bescheide, Protokolle, Tagesordnungen, Küchenzettel, Verträge, Akten der bereits verstorbenen betreuten Personen oder auch Personenverzeichnisse.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. Entstehung und Dienste der Armenhäuser
3. Nutzung des Hauses in der Seestraße
3.1. Erziehungsinstitution und Kinderbewahranslall
3.2. Entbindungsheim
3.3. Auffangstelle für Familien /Reisende ohne Unterkunft
3.4. Altenpflege
3.5. Wen konnte man in diesen Häusern anfinden?
4. Wie ging die Entwicklung weiter?
4.1. Bau des „Hauses am See “
4.2. Sozialzentrum in der Wirke
4.3. Von öffentlicher Gemeindeeinrichtung zur privaten SeneCura GmbH.
4.3.1. Qualität der SeneCura GmbH
5. Resümee
6. Literaturverzeichnis
7. Quellenverzeichnis
8. Abbildungsverzeichnis
[Die Abbildungen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht im Lieferumfang enthalten.]
1. Einführung
„Die Wahl der Lebensform im Alter spiegelt in erster Linie die Bedürfnisse der älteren Menschen wider, aber sie ist abhängig vom Vorhandensein eines Partners, von Kindern oder Verwandten, von den sozialen Traditionen imjeweiligen Milieu, vom Angebot an Wohnraum, und nicht zuletzt vom Ausmaß an Selbstständigkeit oder Hilfsbedürftigkeit der älteren Menschen.“1 So beschreibt Josef Ehmer die Wohnsituation der älteren Menschen. Das heutige Ausmaß der Fremdenunterbringung in Altersheimen entwickelte sich nur langsam und benötigt ein enormes Ausmaß an Koordination. Allein in Vorarlberg gibt es über 50 Einrichtungen, welche sich auf die Pflege von pflegebedürftigen Personen spezialisiert.2 Gemäß einer Zählung im Jahre 2012 gab es in Österreich 870 Altenheime, welche 72.450 Pflegeplätze zur Verfügung stellten. Diese Zahl kann in den letzten zehn Jahren nur gestiegen sein, da die Menschen immer zunehmend älter werden und stationäre Betreuung benötigen.3 Dies wird auch „demographisches Altern“ genannt und drückt aus, dass sich die Gesellschaft dermaßen entwickelt, dass die älteren Personen auf Kosten des Anteils derjüngeren Bewohnerinnen und Bewohner zunehmen. Johanna Bodemann erläutert, dass in Europa jede zehnte Einwohnerin bzw. Einwohner bereits über 65 Jahre alt ist.4 Das liegt auch heute daran, dass es besondere Fortschritte in der Medizin und mehr Behandlungsmöglichkeiten bei Infektionskrankheiten angeboten werden kann. Zusätzlich ernähren sich Menschen ausgewogener. Große Entwicklungen machten auch die hygienischen und sanitären Verhältnisse. Letztlich werden Pflegedienste mehr in Anspruch genommen und die Arbeitsbedingungen, besonders die Gefährdung durch Unfälle und Krankheiten, verbessert.5 Anfänglich waren die Seniorinnen und Senioren skeptisch und ablehnend gegenüber der Wendung in Altersheimen, da sie das negative Image der Anstalten widerspiegelte. Hierbei ging es nicht nur um die Funktion als Betreuungsstätte, sondern wurde es als Bild der Gewalt, welches älteren Menschen
Subordination und Anpassung abverlangte, gesehen.6 Der wohl wichtigste Beweggrund, um sich in einem Altersheim niederzulassen, soll nach Ehmer, die Angst vor Notfällen sein, wobei man nicht in der Lage ist sich selbst zu helfen. Demnach sollen nicht gesundheitliche Probleme der Auslöser sein. Somit wird gesagt, dass Personen in einem Pflegeheim gesundheitlich nicht benachteiligter sind, als Altersgleiche, welche noch in ihren eigenen vier Wänden leben.7 Somit veränderten sich Alten- und Pflegeheime in Österreich in den letzten 120 Jahren. So auch das Altersheim in der Marktgemeinde Hard in Vorarlberg. Der Anfang der Betreuung nahm in der Seestraße direkt am Ufer des Bodensees. Auch heute befindet sich eines der zwei Heime noch dort. Das neue Gebäude, welches neben dem „alten“ Armenhaus sein zuhause gefunden hat, beherbergt 56 pflegebedürftige Senioren und Seniorinnen.8
Relevant ist die Thematik, da eine grobe Zusammenfassung der Entwicklung des Seniorenheimes in Hard nur sporadisch niedergeschrieben wurde. Wie auch andere Armenhäuser erfüllte diese Einrichtung verschiedene Zwecke wie ein Spital, ein Hospitium, ein Waisenhaus, ein Krankenhaus oder auch ein Arbeitshaus. Das alte Haus wird heute, Stand Dezember 2022, nur mehr als Abstellraum genutzt und soll auch in den kommenden Jahren abgerissen werden, um Platz für ein moderneres und größeres Seniorenhaus zu schaffen.
Die Proseminararbeit soll die Entwicklungsgeschichte der Seniorinnen- und Seniorenbetreuung in einer kleinen Vorarlberger Gemeinde überwiegend zusammenzufassen. Im ersten Abschnitt soll die Entstehung der Armenhäuser besprochen und das Haus in Hard näher beschrieben werden. Im nächsten Abschnitt werden die einzelnen Zwecke der Nutzung erläutert. Letztlich werden die Unterschiede von damals zu heute aufgelistet und die heutige Seniorinnen- und Senioreneinrichtung SeneCura Haus am See kurz dargestellt. Der gleiche Teil soll auch die momentane Lage der stationären Pflege, Aufnahmeverfahren, Kosten etc. widerspiegeln. Abschließend wird der Pflegenotstand angesprochen. Als Quellenmaterial dienen Dokumente aus dem Harder Gemeindearchiv, wie Hausordnungen, Berichte, Bescheide, Protokolle, Tagesordnungen, Küchenzettel, Verträge, Akten der bereits verstorbenen betreuten Personen oder auch Personenverzeichnisse.
2. Entstehung und Dienste der Armenhäuser
Bereits 1783 wurde in Wien die Aufgabe der Armenpflege zusammengefasst. Hierbei wurde geschrieben:
„Die liebreiche Vorsorge des Kaisers beschäftigt sich bereits, älternlosen oder sonst verlassenen Kindern, Kranken, denen es an Mitteln, sich Aezte und Arztneyen zu verschaffen gebricht und denen es an einer erfolgreichen Pflege zu Hause mangelt, mühseligen, zur Arbeit unfähigen, unheilbaren und durch Grauen und Abscheu erweckende Gebrechen und Krankheuten verunstalteten oder unhehilflichen Armen in eigenen Häusern Zuflucht und Unterkunft zu sichern; zugleich auch denj enigen, die sich selbst eine Erwerbung zu verschaffen außer Stande oder Gelegenheit seyn möchten, Arbeit und Verdienst zuweisen zu lassen.“9
Zu einer wesentlichen Aufgabe zählt ebenfalls das Verschaffen von Arbeitsplätzen für arbeitsfähige Personen und das Anschaffen von Geld und Kleidung für arbeitsunfähige Personen. Der österreichische Jurist Moritz von Stubenrauch wies darauf hin, dass im Kaisertum Österreich, die Armen mit Geldbeträgen unterstützt wurden. Jedoch war die eigentliche Unterstützung in den Armenhäusern und Versorgungsanstalten geregelt. Dies war möglich, da einzelne Menschen und auch Kooperationen Geld spendeten und Fonds einrichteten. Er bezeichnete also das Armenhaus „als wesentlichen Teil des Armenwesens“ und somit wurden im Anfang des 19.Jahrhunderts zahlreiche eröffnet. Pflegebedürftige Personen wurden anfänglich in fremden Familien betreut. Manche benötigtenjedoch eine sehr intensive Pflege, was dazu führte, dass in vielen Gemeinden ein Haus errichtet bzw. übernommen wurde, welches für die Pflege für arme und kranke Personen zuständig war. Ebenso sollten Waisenkinder dort erzogen werden.10
Bereits vor dieser Ausschreibung wurden in Vorarlberg sogenannte „Armenleuth-Stuben“ eingerichtet, welche kostenlose Mahlzeiten austeilten, ihnen Arbeit gaben wie zum Beispiel Spinnen, Körbe flechten etc. und sonstige Handarbeiten für sie zugänglich gemacht wurden.11 Das Harder Armenhaus schrieb dies ebenfalls in der Hausordnung nieder. Die Armen mussten bereitwillig und fleißig die ihnen zugeordnete Arbeit verrichten, zur Reinlichkeit und Ordnung des Hauses beitragen, die Arbeitsgeräte schonend verwenden und weder Lebensrnittel noch
Eigentum veräußern.12 So wurden zum Beispiel 13-jährige Mädchen, welche die Schule bereits abschlossen, in das Haus aufgenommen und halfen dabei die Armen zu pflegen, die Kinder zu erziehen oder allfällige Aufgaben zu erledigen.13
Auch aus sozialen und erzieherischen Gründen wurden die Armenhäuser errichtet. Es wurde dazu in den Katholischen Blättern aus Tirol geschrieben, dass mit Geldspenden allein den Armen nicht immer geholfen werden kann. Es wird lediglich der Durst gestillt, aber nicht der Hunger. Meistwerde das Geld in den Kneipen ausgegeben, was dazu führte, dass die Menschen selbst arm blieben.14 Auch dieser Punkt wurde in der Hausordnung geregelt und bestraft. Wurde ein Gasthaus besucht und dieses rauschig verlassen wurde dieser Person der Wochenlohn gestrichen, vor allem wenn dies während der Arbeitszeiten geschah. Darum haben sie angesucht diese Häuser zu errichten, dass die Armen etwas Nützliches lernten.15
Das Armenhaus in Hard nahm seinen Anfang als Wohnhaus der Familie Steurer. Johann Konrad Steurer, gebürtig aus Langenegg, zeugte insgesamt 15 Kinder in drei Ehen. Dieser verdiente sein Geld mit Holzhandel, Schifffahrt und Holzwerk. Somit erstellte er 1838 das spätere Armenhaus in der Seestraße am Ufer des Bodensees. Damit konnte er nicht nur seiner Familie eine Unterkunft bereitstellen, sondern auch etwaigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Platz für Büroräume schaffen. Da Hard damals das Zentrum für Holzhandel war und die Stede gegenüber seinem Haus lag konnte er schnell zum See gelangen und sich einen Handel aufbauen. Nicht weit entfernt befand sich damals der Arbeitsplatz der
Abbildung 2: Zeichen des Konrad Steurer Abbildung 1: Armenhaus Hard, Seestraße 35 Schiffmacher, welcher später zum Armenhausstadel wurde. Um weit über den See zu sehen, wurde auf dem Haus ein Türmchen angebracht. Dies war für einen Holzhändler vorteilhaft, da seine Ware nicht per Fuhrwerk an den See kam. Die Stämme wurden markiert und in die Bregenzer Ache geworfen. Da es damals Hochwasser gab wurden die Stämme irgendwann in den See geschwemmt. Von dem Türmchen aus konnte der Holzherr sehen, wo sich das Holz befand. Johann Steurer kennzeichnete seine Stämme mit seinen Symbolen. Es handelte sich um einen Anker, eine Axt und ein Zappin.16 Noch heute ist das Zeichen von Konrad Steurer in der SeneCura am See direkt über dem Eingangsbereich sichtbar.17 Nach dem Tod von Johann Jakob Steurer war die Familie nicht mehr in der Lage das Haus zu erhalten. Somit wurde es versteigert, nachdem ein Hermann Steurer es zuvor übernommen hatte. 1875 kaufte der Armenfonds der Gemeinde Hard das Gebäude um 6500 Gulden, da es für die Armenpflege und als Kinderbewahranstalt vorgesehen wurde.18
3. Nutzung des Hauses in der Seestraße
3.1. Erziehungsinstitution und Kinderbewahranstalt
Das Armenhaus konnte als Erziehungsinstitution gesehen werden für die bereits genannten Punkte. Jedoch wollte man vorsorgen, sodass sich die verwahrlosten Kinder als Erwachsene in die Gesellschaft eingliedem konnten. Sie sollten nicht nur verpflegt werden, sondern auch zur Arbeit gehen und somit der Gemeinde helfen.19 Dieser Erziehungsauftrag wurde wie folgt von Nikolaus Ferdinand Högwein beschrieben: „Durch die Armenanstalten werden die physischen, moralischen und außerzuständlichen Anlagen und Kräfte bey den untersten Klassen von Unterthanen zu entwickeln und in Tätigkeit zu setzen versucht.“20 Diese Erziehung sollte vor allem dazu führen, dass die Kinder dem Christentum beitraten, „die Haltungen der Sittlichkeit, Anständigkeit, Reinlichkeit“ und eine sinnvolle Beschäftigung aneigneten.21
[...]
1 zit. nach JosefEhmer, Das Alter im historischen Wandel, in: Thomas Weidenholzer/Erich Marx, Hundert Jahre „Versorgungshaus“ Nonntal. Zur Geschichte der Alters- und Armenversorgung der Stadt Salzburg 9 (1998), S. 11-30, hier: S. 24.
2 Seniorenheim.at, o.D. https://www.seniorenheim.at/category/vorarlberg/page/3/, eingesehen 28.12.2022.
3 BMG, Das österreichische Gesundheitswesen im internationalen Vergleich, 4.Ausgabe, Wien 2015, S. 33.
4 Johanna Bodemann, „ „Die Entstehung der sozialen Einrichtungen der Altersheime im Lande Vorarlberg und ihre gegenwärtige pädagogische Situation“ - Ein Beitrag zur Gerontologie“, phil. Diss., Salzburg 1971, S. 6.
5 Altenhilfeprogramm des Landes Vorarlberg, „Betten-Bedarfsplan, Bregenz 1982, S. 18.
6 JosefEhmer, Das Alter im historischen Wandel, S. 25.
7 Ebd., S. 26.
8 SeneCura Hard - Haus am See, o.D., https://hard-hausamsee.senecura.at, eingesehen 28.12.2022
9 zit. nach Johanna Bodemann, Die Entstehung der sozialen Einrichtungen der Altersheime im Lande Vorarlberg, S. 83.
10 Ebd., S. 84.
11 zit. nach Ebd., S. 84-86.
12 Gemeindearchiv Hard, Karton 19, Signatur 1888 12 28, Hausordnung für die FürsorgeAnstalt derMarktgemeinde Hard, 1935, S. 2.
13 Nicole Ohneberg, Hard in historischen Ansichten. Die Anfänge der Kinderbewahranstalt, in: Harder Bürgerservice (2010), Ausgabe 12, S. 52-53, hier: S. 52.
14 Johanna Bodemann, Die Entstehung der sozialen Einrichtungen der Altersheime im Lande Vorarlberg, S. 88-90.
15 Hausordnung, GA Hard, S. 3.
16 Alwin Ender, Sonderausgabe, in: Hauskurier SeneCura - Haus am See (2021), Ausgabe 102, S. 8-15,hier: S. 8-10.
17 Nicole Ohneberg, Anker, Axt und Zapin, in: Hauskurier SeneCura - Haus am See (2017), Ausgabe 87, S. 15.
18 Alwin Ender, Sonderausgabe, S. 8-12.
19 Johanna Bodemann, Die Entstehung der sozialen Einrichtungen der Altersheime im Lande Vorarlberg, S. 88-90.
20 Nikolaus Ferdinand Högwein, Unterthänig gehorsamster Vorschlag zu Errichtung allgemeiner Armenanstalten für ganze Provinzen und den Staat: mit besonderer Hinsicht auf das Land Tyrol bearbeitet, und als Staats- Polizey- Handlungs- und Finanz-Gegenstand betrachtet, Innsbruck 1805, S. 28.
21 Johanna Bodemann, Die Entstehung der sozialen Einrichtungen der Altersheime im Lande Vorarlberg, S. 91.
- Quote paper
- Anonymous,, 2023, Vom Armenhaus zum modernen Sozialzentrum für Seniorinnen und Senioren am Beispiel der Vorarlberger Marktgemeinde Hard, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1331027
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