Die vorliegende Arbeit thematisiert das Ideal und den tatsächlichen Ist-Zustand des Rittertums im 14. Jahrhundert, basierend auf dem „Ritterspiegel“ von Johannes Rothe. Die Arbeit wird sich zuerst mit dem Autor befassen und dann übergehen zu einer kurzen Darstellung des historischen Kontextes um 1415. Im Hauptteil wird dann die Rekonstruktion der damaligen Gesellschaftsstruktur im Vordergrund stehen. Dies wird unter der Fragestellung nach dem besonderen Stand der Ritter in dieser Gesellschaft geschehen, und gleichzeitig soll die Intention des Autors verdeutlicht und mit in die Analyse einbezogen werden.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung.
Der Autor / Historischer Kontext
Hauptteil
Fazit
Literaturverzeichnis.
Einleitung
Die folgende Arbeit thematisiert das Ideal und den tatsächlichen Ist-Zustand des Rittertums im 14. Jahrhundert, basierend auf dem „Ritterspiegel“ von Johannes Rothe. Die Arbeit wird sich zuerst mit dem Autor befassen und dann übergehen zu einer kurzen Darstellung des historischen Kontextes um 1415. Im Hauptteil wird dann die Rekonstruktion der damaligen Gesellschaftsstruktur im Vordergrund stehen. Dies wird unter der Fragestellung nach dem besonderen Stand der Ritter in dieser Gesellschaft geschehen, und gleichzeitig soll die Intention des Autor verdeutlicht und mit in die Analyse einbezogen werden.
Der Autor / Historischer Kontext
Die vorliegende Quelle „Der Ritterspiegel“ wurde um 1415 vom Priester und Stadtschreiber der Stadt Eisenach, Johannes Rothe, verfasst. Über das Leben Rothes geben mehr als 40 Urkunden Auskunft. Rothe wurde um 1360 in Creuzburg/Werra geboren und schlug zunächst eine klerikale Laufbahn ein. Er wurde Priester und Vikar und trat in eine kanonische Gemeinschaft ein; dort wird er Leiter der Stiftschule. Neben seiner geistlichen Karriere fungierte Rothe auch in weltlichen Ämtern wie dem des Stadtschreibers. Rothe stirbt am 5.5.1434 in Eisenach, wo er auch den Großteil seines Lebens verbracht hatte.1
Um 1415 war der alte Stand der Ritter in hohen und niederen Adel zerfallen. Die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs des Rittertums war in den Hintergrund getreten, und die Lebensweise der zu Adeligen gewordenen Ritter erinnerte nur noch entfernt an die Aufgabe des Berufskriegers.2 Dieser Wandel der Definition des Ritters ist zurückzuführen auf eine Veränderung in der Verwaltung der neuen Territorialgewalten. Diese basierte auf einem fachmännischen Beamtentum, bei dem die intellektuellen Fähigkeiten und die Bildung des Ritters im Vordergrund standen, nicht seine ritterlichen Tugenden und kämpferische Qualitäten. Das Rittertum hatte seine Bedeutung als Wehrstand verloren, und seine ehemals privilegierte Stellung lies sich in dieser neu ausgerichteten Gesellschaft nicht mehr rechtfertigen.3
Hauptteil
Bei der vorliegenden Quelle handelt es sich um einen Text, der um 1415 von Johannes Rothe verfasst wurde. Rothe geht auf die Beschwerde eines Edelmannes ein, der sagt, Gott stände eher einem Bauern bei als einem redlichen Edelmann, der den Beistand verdient habe. Stattdessen gehe es dem Adel durch diese göttliche Ungerechtigkeit immer schlechter.4 Diese Beschwerde nutzt Rothe nun im Folgenden, um auf die Gesellschaft seiner Zeit einzugehen und im Besonderen, um die Mißstände des Ritterstandes und dessen eigentliches Ideal aufzuzeigen. Das daraus entstandene Werk bezeichnet man als einen „Spiegel“. Ein Spiegel ist ein Text, der mit didaktischem Hintergrund verfasst wird. Er hat einen normativen Charakter, da er einen Wunschzustand beschreibt, nicht aber den Ist-Zustand.5 Ein Spiegel schreibt bestimmte Verhaltenscodexe und Pflichten vor, nachdem sich der angesprochene Stand richten soll. So ist dies hier im Ritterspiegel das Rittertum, ähnlich verhält es sich z.B. bei Fürstenspiegeln. Ein Spiegel kann also als moralische Verhaltensleitlinie aufgefasst werden.
Alle diese Eigenschaften eines Spiegels beinhaltet Rothes Antwort auf die Klage des Adeligen. Er beginnt mit einem Überblick über die vergangene Zeit, erinnert an das wahre Ritterideal und zeigt auf, was aus ihm geworden ist. Er bezeichnet die Ritter seiner Zeit als nur noch hoffähig, an die nichts mehr von der einstigen Tugendhaftigkeit des Rittertums erinnere. Das entspricht der Entwicklung, wie sie im historischen Kontext der Einleitung erwähnt wurde.6 Rothe bezichtigt die Ritter der Faulheit. Sie gäben sich nur den angenehmen Dingen des Lebens hin, nicht aber den wahren Pflichten und Diensten eines Ritters. Um zu verdeutlichen, was man mit Demut und Fleiß erreichen kann, zeichnet Rothe ein Fallbeispiel, in dem es die Familie eines unfreien Bauern über Generationen voller Arbeit und Demut bis zur Würde des Königs schafft. Dabei wird dem jungen Mann an einer Stufe seines Aufstiegs der Ritterschlag zu Ehren, und im Weiteren kann er dann die Privilegien des Adels erlangen.7 In diesem Beispiel stellt der Autor einen rein theoretischen Aufstieg zum Adel dem Geburtsadel gegenüber. Zwar denkt Rothe ständisch, aber er will mit diesem Beispiel viel mehr eine Verbindung zwischen den ritterlichen Pflichten und den Vorrechten des Adels herstellen. Der Autor zieht die Variante des Aufstiegs derjenigen des Geburtsadels vor, da die einzelnen Adeligen viel mehr auf die Einhaltung und Wahrung der Weisheit und der Tugenden achten müssten, um nicht wieder aus dem Stand abzusteigen.8 Ein wahrer Ritter soll nicht nur das höfische Benehmen beherrschen, sondern sich vor allem als Krieger im Sinne des „miles christianus“ verdient machen.9 Mit dieser Forderung schafft Rothe eine terminologische Unterscheidung zwischen Ritter und Adeligem, da er den Ritter vom reinen Adeligen ohne Tugenden und kämpferischem Willen abgrenzt.
Die Sicht Rothes auf den Adel und das Rittertum ist geprägt durch sein Leben als Historiker und als Jurist, aber auch durch sein Leben als Städter und Geistlicher. Als Theologe steht für ihn vor allem das religiös-sittliche Benehmen des Ritters im Vordergrund, der von Gott zum Schutze der Kirche eingesetzt wurde. Seine weltlichen Ansichten beziehen sich auf den Adel, den er als Mitglied einer städtischen Gemeinschaft kritisch zu beobachten gelernt hat.10
Durch den sittlichen Verfall des Ritterstandes haben sich laut Rothe nun drei verschiedene Arten von Rittern entwickelt.
Der erste Typ Ritter sind die besitzlosen Raubritter. Sie morden und rauben und haben sich jeder Ehre entledigt.
Der zweite Typ des Ritters unterscheidet sich von dem ersten nur durch die Tatsache, daß ein Ritter ein Lehen besitzt. Ansonsten sind auch diese keine guten Christen und ziehen plündernd und raubend durch die Lande. Sie richten ihre Waffen gegen Schwache und Wehrlose und greifen ehrliche Christen an, nur um sich so ihre Mannhaftigkeit zu beweisen. Dabei lassen sie ihre eigentlichen Pflichten in Vergessenheit geraten. Diese Ritter schmücken und bereichern sich auf Kosten anderer und sind trotz ihres Reichtums und ihres Besitzes nichts als Räuber, da sie werde im Kampf noch in sonst einer Tugend geübt seien.
Diese beiden Gruppen von Rittern sind keine wahren Ritter, dies ist nur die folgende dritte Art.
Allein diese dürfen sich Ritter nennen, die für gerechte Angelegenheiten Krieg führen, für das Christentum und für Gott kämpfen und sich sittlich und edel verhalten. Die anderen sind in Rothes Augen Feiglinge, die listig und hinterhältig sind und den Namen des Ritters nicht zu tragen verdienen.11
Die schon genannten Eigenschaften, die einen wahren Ritter auszeichnen, erweitert Rothe, indem er auf die sieben ehrenvollen Vorrechte der Ritterschaft eingeht.
Ein jeder Ritter soll das Schwert aus der Hand eines Priesters empfangen, damit es geweiht und ist und er es zu Gottes Ehren und für die Christenheit benutzen kann. Mit diesem Schwert soll der Ritter nur solche bekämpfen, die sein Leben und das Leben anderer oder das Christentum bedrohen. Er soll ein gnädiger, friedlicher Herrscher sein, der seinem Fürsten treu zur Seite steht und die Gerechtigkeit liebt. Dieser Gebrauch des Schwertes sei der Wille Gottes. Ein drittes Vorrecht soll ein Ring sein, der durch seine Geschlossenheit und seine Edelsteine die nie endende Treue und den immerwährenden christlichen Glauben des Ritters symbolisieren soll. Wiederholt wird in diesem Abschnitt die besondere christliche Bedeutung und Verantwortung deutlich, die Rothe dem Ritterstand zuweist. Er sieht die Institution „Ritter“ nicht in erster Linie als Verteidigungseinheit des eines Landes oder Volkes, sondern stellt immer den Aspekt des „miles christianus“, der christlichen Soldaten, der für Gott und das Christentum kämpft, in den Vordergrund.12
Eine weitere Eigenschaft des Ritters soll nach Rothe ein geregelten Maß an Strenge und Milde sein. Nochmals greift Rothe die Thematik des adeligen und ritterlichen Benehmens auf und bekräftigt seine negative Haltung zum Geburtsadel, indem er festhält, daß der beste Titel nichts wert sei ohne Bildung und gute Sitten. So sei auch jede einfache Abstammung mehr wert, wenn der Betreffende sich gebildet und vornehm verhalten könne.13 Diese Vorschriften für richtiges Verhalten werden von Rothe noch weiter ausdifferenziert. Ein Ritter solle immer mindestens einen Knecht um sich haben, sich diszipliniert verhalten und sich nicht Lastern irgendeiner Art hingeben. Ein Ritter solle den Kirchgang lieben und anderen gegenüber immer freundlich und höflich auftreten, sprich ein vorbildliches Verhalten an den Tag legen.
Diese Vorrechte (die hier nicht ausgeführten sind die Rechte, Gold und bunte Kleider zu tragen, das Recht auf den Namen „Herr“ sowie, daß man einem Ritter nach dem Essen Wasser und Handtuch reiche)14 zeigen, daß Rothe den Ritter nicht nur als reinen Kämpfer sieht, sondern dass er das Rittertum wieder zu dem vornehmen und tugendhaften Stand machen will, wie es dem Ideal um 1200 entsprach.
Jeder Ritter, der diesem Ideal nicht entsprechen will oder sich nicht an den tugendhaften Vorgaben Rothes orientiert, sollte nach Meinung des Autors lieber Knecht bleiben und einem anderen Ritter dienen, als durch schlechte und niedere Taten seinen Adel zu erniedrigen. Weiter kommt Rothe auf die finanzielle Situation des Ritterstandes zu sprechen, und wieder ist der Verhaltenscodex religiös bestimmt. So soll ein Ritter als Jude gekennzeichnet werden, wenn er Wucher betreibt oder sich sonst wie gierig in finanziellen Angelegenheiten zeigt. Falls es bei einem Ritter doch zu einem finanziellen Notstand kommt, soll er sich, seines Standes angemessen, mit Kaufleuten und Geschäftsmännern zusammentun und aus der Wirtschaft Profit schlagen. Selber zu arbeiten oder ein Handwerk auf zugreifen, ist für einen wahren Ritter indiskutabel, da es nicht seinem Stand angemessen ist. Hier zeigt sich wieder das ständische Denken Rothes, der sich gegen die Vermischung der Stände, hier am Beispiel Arbeit, ausspricht.15 Dass ein Ritter keinen bürgerlichen Beruf erlernen oder ergreifen soll, heißt natürlich nicht, daß Rothe ihn als zu gut für Arbeit allgemein sieht. Ein Ritter soll alle Arbeiten verrichten, die seinen Hof oder sein Gut betreffen, sei es die Pferde zu pflegen, das Feld zu bestellen oder die Ernte einzuholen.
[...]
1 Honemann, Volker: Art: Johannes Rothe, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters / Verfasserlexikon, Band 8 (1992), Sp. 277.
2 Gebhardt, Bruno: Handbuch der deutschen Geschichte, Band 1, Stuttgart 1970, S.821.
3 Gebhardt: Handbuch Geschichte, S. 822.
4 Bühler, Johannes: Johannes Rothe – Der Ritterspiegel, Teilübersetzung, Leipzig 1928, S. 277.
5 Rothe, Johannes: Der Ritterspiegel, Hrsg. Hans Neumann, Halle / Saale 1936, S.5.
6 Bühler: Teilübersetzung, S.278.
7 Bühler: Teilübersetzung, S.279.
8 Bühler: Teilübersetzung, S.279.
9 Rothe: Ritterspiegel, S.8.
10 Rothe: Ritterspiegel, S.7.
11 Bühler: Teilübersetzung, S.279-280.
12 Bühler: Teilübersetzung, S.281.
13 Bühler: Teilübersetzung, S.282.
14 Bühler: Teilübersetzung, S.282.
15 Bühler: Teilübersetzung, S.283.
- Quote paper
- Maida Kreimendahl (Author), 2004, Der Ritter in der Gesellschaft des Spätmittelalters. Die Vorstellungen von Johannes Rothe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1330172
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