Betrachtet man die 12-Monats-Prävalenz hinsichtlich des Konsums ausgewählter psychotroper Substanzen, und vergleicht die Werte der Erwachsenen mit denen von Jugendlichen im Alter von 15-24 Jahren, so fällt auf, dass die Prävalenz bei den Jugendlichen jeweils etwa doppelt so hoch ist wie bei den Erwachsenen. Damit ist die Wahrscheinlichkeit, dass jugendliche Personen solche Substanzen vor kurzer Zeit selbst konsumiert oder anderweitig Kontakt zu diesen Stoffen hatten, deutlich größer, als dies bei älteren Menschen der Fall ist.
Woran aber liegt es, dass gerade Jugendliche vergleichsweise oft psychotrope Substanzen konsumieren?
Um sich der Beantwortung dieser Frage zu nähern, gilt es, herauszuarbeiten, worin die Bedeutung des Substanzkonsums für Jugendliche liegt.
Zur Klärung wird zunächst die Lebenssituation Jugendlicher betrachtet, dabei wird insbesondere die Phase der Adoleszenz unter Berücksichtigung verschiedener entwicklungspsychologischer Sichtweisen im Mittelpunkt stehen (u.a. Erikson, Havighurst und Keupp).
Das anschließende Kapitel beschäftigt sich konkret mit gängigen psychoaktiven Substanzen. Nach einer Begriffsdefinition werden die einzelnen Substanzen vorgestellt, wobei neben typischer Wirkungen auch der Wirkmechanismus, Konsumformen, die Wirkdauer und der Rechtsstatus thematisiert werden, da alle diese Punkte zum Verständnis der Substanz und der Klärung möglicher Konsumgründe beitragen können.
Danach wird das genaue Ausmaß des aktuellen jugendlichen Substanzkonsums beleuchtet, indem anhand einschlägiger Studien herausgearbeitet
wird, wie unterschiedliche Parameter in Bezug auf verschiedene Substanzen ausfallen.
Die vorher gewonnenen Erkenntnisse werden dann mit unterschiedlichen Ansätzen, die den Konsum zu erklären versuchen, verbunden, um verschiedene mögliche Bedeutungen des Substanzkonsums für Jugendliche darzustellen. Dabei werden sowohl die Perspektive der Jugendlichen selbst als auch passende theoretische Erklärungsmodelle berücksichtigt (u.a. Risikoverhalten nach Hurrelmann, das Stress-Coping-Modell, Bewältigungshandeln nach Böhnisch sowie Devianztheorien).
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Jugendliche und Adoleszenz
2.1 Begriff der Adoleszenz
2.2 Entwicklungstheorien Freud und Erikson
2.3 Charakteristikader Adoleszenz
2.3.1 Adoleszenz bei Freud und Erikson
2.3.2 AdoleszenzbeiKeupp
2.3.3 Übersicht Entwicklungsaufgaben nach Havighurst
2.4 Phasen der Adoleszenz nach Bios
2.5 Zusammenfassung Adoleszenz
3. Psychoaktive Substanzen
3.1 Einleitung
3.2 Einzelne psychoaktive Substanzen
3.2.1 Alkohol
3.2.2 Tabak
3.2.3 Cannabis
3.2.4 MDMA/Ecstasy
3.2.5 Amphetamin und Methamphetamin
3.2.6 Kokain undCrack
3.2.7 Opiate und Opioide
3.2.8 Halluzinogene
3.2.9 Neue Psychoaktive Substanzen
3.2.10 Inhalantien
3.2.11 Benzodiazepine und Z-Drugs
3.2.12 GHB
3.3 Abhängigkeitserkrankungen als mögliche negative Folge des Konsums
3.4 Zusammenfassung Psychoaktive Substanzen
4. Epidemiologische Daten zum Konsum psychoaktiver Substanzen durch Jugendliche
4.1 Einleitung
4.2 Prävalenz Alkohol
4.3 Prävalenz Tabak
4.4 Prävalenz Illegale Drogen
4.5 Prävalenz Medikamente
4.6 Zusammenfassung Epidemiologische Daten zum Konsum psychoaktiver Substanzen durch Jugendliche
5. Gründe für jugendlichen Substanzkonsum
5.1 Einleitung
5.2 Substanzkonsum aus Sicht befragter Jugendlicher
5.3 Substanzkonsum alsRisikoverhalten
5.4 Substanzkonsum aus psychoanalytischer Sicht
5.5 Substanzkonsum alsBewältigungsversuch
5.6 Substanzkonsum als abweichendes Verhalten
5.7 Zusammenfassung Gründe fürjugendlichen Substanzkonsum
6. Zusammenfassung
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Betrachtet man die 12-Monats-Prävalenz hinsichtlich des Konsums ausgewählter psychotroper Substanzen, und vergleicht die Werte der Erwachsenen mit denen von Jugendlichen im Alter von 15-24 Jahren, so fällt auf, dass die Prävalenz bei den Jugendlichenjeweils etwa doppelt so hoch liegt wie bei den Erwachsenen (vgl. Trabi; Müller 2019, S. 102).
Das heißt also, dass innerhalb des letzten Jahres vor der Befragung der Anteil an Jugendlichen, die bestimmte psychoaktive Substanzen konsumiert haben, doppelt so groß ist wie der Anteil bei älteren Menschen. Damit ist die Wahrscheinlichkeit, dassjugendliche Personen solche Substanzen vor relativ kurzer Zeit selbst konsumiert haben oder anderweitig Kontakt, zum Beispiel durch Freundinnen, zu diesen Stoffen hatten, deutlich größer, als dies bei älteren oder mutmaßlich auchjüngeren Menschen der Fall ist.
Woran aber könnte es liegen, dass Jugendliche mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit kürzlich Kontakt zu psychoaktiven Substanzen hatten bzw. diese häufig konsumiert haben? Um sich der Beantwortung dieser Fragestellung zu nähern, gilt es also, herauszuarbeiten, worin die Bedeutung des Substanzkonsums für Jugendliche liegt, genauer, welche Gründe zum Konsum psychotroper Substanzen führen.
Zur Klärung der Bedeutung des Konsums psychoaktiver Substanzen für Jugendliche soll zunächst die Lebenssituation Jugendlicher betrachtet werden, aus deren Merkmalen sich mutmaßliche Konsumgründe ableiten lassen werden.
Dafür soll ein ungefährer Zeitraum bestimmt werden, der im Rahmen dieser Thesis Relevanz haben wird und dem Jugendalter entsprechen soll.
Als Annäherung an die Lage und Lebenswelt Jugendlicher wird insbesondere die Phase der Adoleszenz als hauptsächlicher Teil der Jugend von Interesse sein, weshalb diese im Mittelpunkt des zweiten Kapitels stehen soll.
Dabei sollen die Adoleszenz bzw. Jugendzeit als Teil der gesamten menschlichen Entwicklung, wie Freud und Erikson diese darstellen, gesehen werden, also eingeordnet werden in deren entwicklungstheoretischen Entwurf der menschlichen Entwicklung.
In Bezug auf die Fragestellung der Thesis sollen dann die Charakteristika der Adoleszenz betrachtet werden, wobei unterschiedliche Sichtweisen präsentiert und miteinander verknüpft bzw. verglichen werden sollen, nämlich die von Freud, Erikson, Keupp, Havighurst und Bios, diejeweils die für die Adoleszenz relevanten Entwicklungsaufgaben und Abläufe sowie Emotionen und Herausforderungen formuliert haben.
Nachjedem Kapitel soll eine kurze Zusammenfassung des Inhalts erfolgen, so auch am Ende des zweiten Kapitels.
Das dritte Kapitel soll sich konkret mit gängigen psychoaktiven Substanzen beschäftigen, die häufig von Jugendlichen konsumiert werden, da deren Anziehungskraft eine wahrscheinliche Komponente bei der Beantwortung der Fragestellung darstellt.
Dabei gilt es, zunächst den Begriff der psychoaktiven oder psychotropen Substanz zu definieren. Darauffolgend sollen die einzelnen Substanzen vorgestellt werden, wobei speziell deren Wirkung hinsichtlich der Frage, warum sie konsumiert werden, von Bedeutung sein wird.
Es sollen neben den möglicherweise erwünschten, da tendenziell als angenehm erlebten Wirkungen, auch die eher unerwünschten Nebenwirkungen thematisiert werden, außerdem der Wirkmechanismus und Konsumformen sowie die Wirkdauer und der Rechtsstatus der jeweiligen Substanz, da alle diese Punkte zum Verständnis der Substanzen und der Klärung der möglichen Konsumgründe beitragen können.
Zum Schluss des Kapitels soll sehr kurz aufRisiken, besonders des langfristigen Konsums, eingegangen werden, kurzfristige, akute Risiken lassen sich bereits aus den potenziellen Nebenwirkungen der Substanzen ableiten, sollen aber ebenfalls kurz Erwähnung finden, bevor zusammenfassend Gemeinsamkeiten der vorgestellten Substanzen skizziert werden sollen.
Im Anschluss daran soll der genaue Umfang bzw. das Ausmaß des jugendlichen Substanzkonsums geklärt werden, indem anhand einschlägiger Studien herausgearbeitet wird, wie unterschiedliche Parameter in Bezug auf untersuchte Substanzen ausfallen. Dafür liegen zu Alkohol, Tabak, illegalen Drogen und Medikamenten Zahlen vor.
Dabei wird es sowohl um die Lebenszeitprävalenz gehen, um zu erfahren, wie groß der Anteil derjenigen ist, die überhaupt einmal eine der erfragten psychotropen Substanzen konsumiert haben, als auch um die 30-Tage-Prävalenz, damit ersichtlich wird, für wie viele Jugendliche der Substanzkonsum aktuell ist oder zeitlich sehr nahe liegt.
Außerdem soll die Entwicklung der Prävalenz betrachtet werden und die Probierbereitschaft der Jugendlichen hinsichtlich der einzelnen Substanzen sowie deren Gefährlichkeitseinschätzung beschrieben werden.
Zusätzlich dazu sollen stets der Einfluss bzw. mögliche Variationen hinsichtlich Alter, Geschlecht, Bildungsweg und Migrationshintergrund dargestellt werden.
Entsprechend soll auch aufUnterschiede zwischen den einzelnen Substanzen sowie den Werten für andere Variablen eingegangen und mögliche Interpretationen bezüglich dieser Unterschiede genannt werden, ohne diese aber näher zu untersuchen.
Nachdem dann geklärt wurde, wie die Lebenssituation Jugendlicher aussieht, welche Wirkungen bestimmte psychotropen Substanzen verursachen, und wie genau die Konsumzahlen aussehen, sollen diese Erkenntnisse mit unterschiedlichen Ansätzen, die den Konsum zu erklären versuchen, verbunden werden, um verschiedene mögliche Bedeutungen des Substanzkonsums für Jugendliche darstellen zu können.
Dabei soll sowohl die Perspektive der Jugendlichen miteinbezogen werden, die bezüglich ihrer Konsummotive befragt wurden, als auch theoretische Perspektiven.
Zunächst soll es darum gehen, Substanzkonsum als Risikoverhalten zu betrachten.
Dafür soll geklärt werden, was genau unter Risikoverhalten zu verstehen ist, und inwiefern Substanzkonsum als solches betrachtet werden kann.
In der Folge sollen dann die Bedeutungen und Funktionen von Risikoverhalten im Allgemeinen und von Substanzkonsum im Speziellen dargestellt werden, wobeijeweils Bezüge zu den Charakteristika der Adoleszenz und den Wirkungen der psychotropen Substanzen hergestellt werden beziehungsweise ersichtlich sein sollen, ebenso wie im vorherigen und den folgenden Unterkapiteln.
Danach wechselt die Perspektive und der Konsum soll aus psychoanalytischer Sicht betrachtet werden, mit dem Fokus auf der Motivation und dem Antrieb, der dem Konsum zu Grunde liegt.
Darauffolgend soll untersucht werden, inwiefern der Substanzkonsum als Bewältigungsversuch gesehen werden kann, bei dem die Abwehr von negativen Emotionen und Stress im Mittelpunkt steht. Dazu soll auf die Theorie von Böhnisch sowie das Stress- Coping-Modell eingegangen werden und diese kurz vorgestellt werden, damit der Substanzkonsum in diese eingeordnet werden kann.
Zum Schluss soll noch versucht werden, Substanzkonsum als abweichendes Verhalten zu erklären, an Hand dreier Theorien, die die Entstehung von Devianzverhalten thematisieren. Im Rahmen dieser unterschiedlichen Erklärungsansätze sollen sich dann mögliche Bedeutungen des Substanzkonsums für Jugendliche finden, sowohl hinsichtlich der intrinsischen Konsummotivation der Jugendlichen, welche durch entwicklungstypische Herausforderungen bedingt oder beeinflusst sein könnte, als auch in Bezug auf die äußere Funktion, indem der Konsum bei bestimmten Aufgaben hilfreich sein könnte und zu deren Lösung eingesetzt wird.
Der Gliederung entsprechende Vorannahmen sind also, dass der Konsum sowohl durch die spezifische Lage in der Jugend beeinflusst wird, als auch durch die spezifische Wirkung derjeweils konsumierten Substanz, und dass der Konsum insofern relativ durchdacht geschieht, dass einerseits bestimmte positive Wirkungen durch ihn erzielt werden, andererseits bestimmte negative Emotionen abgewehrt werden sollen.
Welche Spezifika der Jugend, der psychotropen Wirkungen, welche positiven Wirkungen und Funktionen sowie negative Emotionen hinsichtlich des Konsums konkret eine Rolle spielen, bzw. ob sie überhaupt eine Rolle spielen, soll in der folgenden Thesis dargestellt werden.
Vorbemerkung: Im Folgenden wird sprachlich nur zwischen Frauen und Männern differenziert beziehungsweise weibliche und männliche Formen explizit verwendet. Alle sich nicht der heteronormativen Matrix zuordnenden Personen sollen dadurch nicht exkludiert oder diskriminiert werden, die Schreibweise ist lediglich der Vereinfachung des Schreibprozesses geschuldet und betreffende, nicht explizit angesprochene Personen sind stets mitgemeint und mitgedacht.
2. Jugendliche und Adoleszenz
2.1 Begriff der Adoleszenz
Das Wort Adoleszenz leitet sich vom lateinischen Wort „adulescentia“ ab, was so viel wie Jugend, Jugendalter bedeutet (vgl. Pons o.J., online). Die Menschen, die sich in diesem Lebensabschnitt befinden, werden Jugendliche genannt. Was aber ist nun unter der Jugend bzw. Jugendlichen zu verstehen?
Im rechtlichen Sinne sind Jugendliche Personen, die zwischen 14 und 18 Jahre alt sind (vgl. JuSchG, §11 Nr.2). Dies stellt zwar eine klare Definition dar, lässt aber doch fraglich erscheinen, ob eine derart starre Betrachtungsweise dieser bedeutenden und vielfältigen menschlichen Entwicklungsphase in Gänze gerecht wird.
Breiter gefasst wird die Jugendphase, wenn man sie als die Phase definiert, die zwischen der Kindheit und dem Erwachsenenalter liegt. In ihr finden sowohl biologische als auch psychische und soziale Prozesse statt, in Folge derer der Übergang von der Kindheit ins Erwachsenenalter vollzogen wird (Transition).
Um sich speziell auf die körperlichen Reifungsprozesse zu beziehen, kann der Begriff Pubertät verwendet werden. Sie besteht unter anderem darin, dass ein verstärktes Wachstum einsetzt, auch in Bezug auf die Körperbehaarung, der Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale und der Geschlechtsreife sowie weiteren, durch hormonelle Veränderungen provozierten Entwicklungen. (Vgl. Herpertz-Dahlmann; Bühren; Remschmidt 2013, S. 322)
Nach Hurrelmann beginnt die Pubertät im Alter von ca. 11-13 Jahren (vgl. Hurrelmann 2004, S.16). Damit einher geht dann auch der Beginn der diesbezüglichen psychosozialen Entwicklungsaufgaben, welche klassisch mit Anfang 20 abgeschlossen werden (vgl. Herpertz-Dahlmann; Bühren; Remschmidt 2013, S. 323).
Dieser Logik folgend würde diejuristische Definition von Jugend umjeweils zwei bis drei Jahre nach vorne bzw. hinten verschoben, wodurch sich eine demjeweiligen individuellen Entwicklungsstand besser angepasste Einordnung ins Jugendalter vornehmen lässt.
Ein vergleichsweise neues Phänomen ist, dass sich Entwicklungsaufgaben, deren Bewältigung eigentlich in die Zeit der Adoleszenz fallen sollte, weiter nach hinten verschieben und mehr Zeit als früher in Anspruch nehmen. Damit fallen sie in einen Zeitraum, der als Emerging Adulthood bezeichnet wird und eine neue Phase zwischen Jugend- und Erwachsenenalter bildet. Entstanden ist sie dadurch, dass es, vor allem in den Industrienationen, zu gesellschaftlichen Veränderungen gekommen ist, die für die Verlängerung der Adoleszenz beziehungsweise eine weitere, eigenständige Phase, verantwortlich sind.
Diese Veränderungen bestehen zum Beispiel darin, dass es zu einer Lockerung geschlechtsstereotyper Rollenvorstellungen gekommen ist, sich eine tolerantere Haltung in Bezug auf vorehelichen Geschlechtsverkehr entwickelt hat sowie Individualisierungstendenzen zugenommen haben. Zusätzlich dazu haben sich die Ausbildungszeiten verlängert, sodass viele erst zu einem späteren Zeitpunkt berufstätig werden und damit auch längere Zeit finanziell abhängig bleiben, meistens von den Eltern. In diesem Sinne wird geschätzt, dass sich die Emerging Adulthood in einem Alter von etwa 18 Jahrenbis ca. 25-30 Jahren abspielt. (Vgl. Seiffge-Krenke 2015, S. 165f.) Demnach würden sich Adoleszenz und Emerging Adulthood überschneiden (sowohl zeitlich als auch inhaltlich in Bezug auf die Bewältigungsaufgaben) und ineinander übergehen.
Insbesondere die bio-psycho-sozialen Charakteristika der Adoleszenz sollen auf den folgenden Seiten betrachtet werden.
Dies soll geschehen, indem zunächst kurz auf die entwicklungspsychologischen Theorien Freuds und Eriksons allgemein und anschließend auf die Adoleszenz im Rahmen der jeweiligen Theorie eingegangen wird. Danach werden die Merkmale der Adoleszenz nach Keupp und die Entwicklungsaufgaben nach Havighurst angeführt und zum Schluss soll noch auf die möglichen Phasen bzw. die zeitliche Unterteilung der Adoleszenz nach Bios eingegangen werden.
2.2 Entwicklungstheorien Freud und Erikson
Sigmund Freud erarbeitete Anfang des 20. Jahrhunderts im Rahmen seiner therapeutischen Arbeit seine Theorie der menschlichen Entwicklung.
Seine Grundannahme bestand darin, dass die frühesten Lebensjahre diejenigen sind, welche für die Entwicklung der individuellen Persönlichkeit die größte Bedeutung besitzen, und diese Entwicklung in bestimmten Phasen abläuft.
Diese Phasen zeichnen sichjeweils dadurch aus, dass eine Körperregion libidinös besetzt wird, also Lustgefühle hervorrufen kann, in Anlehnung daran werden sie auch als psychosexuelle Phasen bezeichnet.
Es stehen phasenspezifische Triebe bzw. Bedürfnisse im Mittelpunkt, die nach Befriedigung verlangen. In der Auseinandersetzung mit denjeweiligen Triebimpulsen, die mit der sozialen Außenwelt mittels innerpsychischer Bewältigung bzw. Verarbeitung in ein Verhältnis gebracht werden müssen, kommt es letztlich zu spezifischen, für das Individuum typischen, Verhaltensweisen, Ansichten, Träumen und Abwehrmechanismen, mit anderen Worten, zu einer eigenständigen Persönlichkeit, die sowohl das Selbstbild als auch die Interaktionen mit anderen Menschen bestimmt oder zumindest entscheidend prägt und beeinflusst.
Die auftretenden Triebkonflikte werden nicht immer erfolgreich bewältigt, es kann auch passieren, dass es zu einer ungünstigen Konfliktverarbeitung kommt, in deren Folge sich Neurosen manifestieren, also psychische Störungen.
In der Einteilung bzw. Abfolge seiner Phasen orientierte sich Freud an den parallel stattfmdenden biologischen Reifungsprozessen, er geht außerdem davon aus, dass sich die einzelnen Stadien zwar ablösen, aber nicht komplett verdrängt werden, sondern Teile oder Einflüsse früherer Phasen latent vorhanden bleiben. Ein Beispiel für das zuletzt genannte Phänomen könnte das Rauchen als eine Art Reminiszenz an das Lutschen am Daumen in der Kindheit darstellen.
Eben schon erwähntes Daumenlutschen kann als eine (Ersatz-) Befriedigungsmöglichkeit während der oralen Phase (etwa von der Geburt bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres) betrachtet werden, in der der Mund als libidinös besetzte Zone fungiert, also angenehme wie unangenehme Gefühle über und durch den Mund wahrgenommen werden. Darauf folgt die anale Phase, die bis zum Alter von circa drei Jahren andauert, entsprechend mit dem Anus als Mittelpunkt von Lust- und Unlustgefühlen.
Es schließt sich bis zum Alter von ungefähr fünf Jahren die phallische Phase an, in welcher der Genitalbereich die libidinös besetzte Zone ist.
Danach kommt es mit der Latenzperiode zu einer Ausnahmephase, in der keine neue Körperregion im Fokus libidinöser Gefühle steht, sondern Energie in den Aufbau sozialer Beziehungen und das Erlernen kognitiver Fähigkeiten investiert wird.
Das ändert sich mit dem Beginn der Adoleszenz. (Vgl. Miller 1993, S. 127ff.)
Erik Erikson schließt sich im Kern zwar Freuds Ausführungen an, erweitert dessen Blick aber durch eine psycho-soziale Perspektive auf die menschlichen Entwicklungsprozesse, womit er also die Eingebundenheit in und Beeinflussung durch äußere soziale Bedingungen, wie Bildungsinstitutionen, gesellschaftliche Normen sowie kulturelle Besonderheiten und Traditionen von Menschen betont. Diese haben auch einen Einfluss auf die elterliche Erziehung, sodass äußere soziale Einflüsse schon in frühestem Lebensalter in Form und Art der Zuwendung durch die primären Bezugspersonen präsent sind.
Generell sieht er eine sehr enge Verbindung zwischen Kultur und Kindern im Sinne von sich entwickelnden Personen, entsprechend haben die stattfindenden, kulturell und historisch unterschiedlichen und beeinflussten intrapsychischen Entwicklungsprozesse nicht nur Auswirkungen auf dasjeweilige Individuum, sondern auch direkt auf das soziale Umfeld, womit es quasi zu einem Kreislauf wechselseitiger Beeinflussung kommt, in deren Folge sich auch eine Anpassung aneinander vollzieht.
Die Entwicklung der Persönlichkeit bzw. einer eigenen Identität vollzieht sich im Rahmen psycho-sozialerKrisen, die durch die körperliche Reifung und Anpassungsdruck seitens der Gesellschaft verursacht werden und deren Bewältigung die vorherrschende Aufgabe jedes Lebensabschnittes ist.
Diese Krisen bleiben das gesamte Leben über vorhanden, stehen nach ihrer erfolgreichen Bewältigung allerdings nicht mehr so im Fokus wie zuvor. Umgekehrt können sie aber, wenn der Bewältigungsversuch vorerst gescheitert ist, auch später noch bestimmend und drängend oder belastend sein. Sie bauen aufeinander auf und beeinflussen sich wechselseitig.
Jede Krise wird mittels zweier Pole charakterisiert, zwischen denen sich der Mensch bewegen kann, wobei entscheidend ist, dass sich die Tendenz hin zu dem als positiv definierten Pol richtet, welcher ein Bedürfnis des Individuums darstellt.
In der ersten Phase, die von der Geburt bis etwa zum Ende des ersten Jahres reicht, wird idealerweise ein Urvertrauen entwickelt, im Gegensatz zu einem überwiegenden Misstrauen der Welt gegenüber. Anschließend, im Alter von zwei bis drei Jahren ungefähr, ist Autonomie das Ziel, während ansonsten Scham und Zweifel zu überwiegen drohen.
In den folgenden Jahren, von ca. vier bis fünf, geht es darum, eigene Initiative zu ergreifen, wohingegen Schuldgefühle den negativen Gegensatz dazu bilden. Darauf folgt eine der Freudschen Latenzperiode entsprechende Zeit, im Alter von etwa sechs Jahren bis zum Beginn der Pubertät, in Folge derer Werksinn anstelle von Minderwertigkeitsgefühlen empfunden werden sollte, wenn die Entwicklung positiv verläuft.
Nach der Adoleszenz, im frühen Erwachsenenalter, welches der Emerging Adulthood entsprechen könnte, steht das Zulassen von Intimität und Leben von Solidarität im Mittelpunkt, während Isolation den negativen Gegenpol darstellt.
Es folgt im mittleren Erwachsenenalter bei erfolgreicher Entwicklung Generativität, ein zukunftsgerichtetes, auf die nachfolgende Generation bezogenes Verhalten, dem ein auf sich selbst bezogenes Verhalten entgegensteht (Selbstabsorption und Stagnation).
In der letzten Phase, dem späten Erwachsenenalter, stehen sich Integrität (u.a. Zufriedenheit mit dem Leben und Akzeptanz des Todes) und Verzweiflung gegenüber. (Vgl. Miller 1993, S. 154ff.)
2.3 Charakteristika der Adoleszenz
2.3.1 Adoleszenz bei Freud und Erikson
In der Adoleszenz, die Freud auch als genitale Phase bezeichnet, stehen sexuelle Triebwünsche im Mittelpunkt des Empfindens. Ihm zufolge richten sie sich auf eine sozial nahestehende Person desjeweils anderen Geschlechts.
Die Ich-Bezogenheit nimmt ab und eine selbstlosere Form der Liebe wird gelebt, mit dem Ziel, die eigene DNA in Form der Kinder weiterexistieren zu lassen bzw. diese weiterzugeben.
Die Partnerinnenwahl erfolge demnach anhand der im Laufe des bisherigen Lebens entwickelten Persönlichkeitsstrukturen und Verhaltensmustern.
Am Ende dieser Phase sollte sich eine vergleichsweise stabile, gefestigte Persönlichkeit herausgebildet haben, die es ermöglicht, künftige Herausforderungen zu bewältigen. Auch ein equilibristisches Verhältnis zwischen Arbeit und Liebe sollte sich etabliert haben. (Vgl. Miller 1993, S. 138)
Letztlich stehen nach Freud also Sexualität und Paarbeziehungen im Mittelpunkt der Adoleszenz, an deren Ende die Entwicklung mehr oder weniger abgeschlossen zu sein scheint.
In der Adoleszenz nach Erikson ist der Begriff der Identität zentral. Während es schon in den vorangegangenen Phasen darum ging und später weiter darum gehen wird, das Bild von der eigenen Identität zu entwickeln, zu festigen, aber auch zu verändern, ist dies in der Adoleszenz noch einmal von besonders starker Bedeutung und besonderem Interesse. Sowohl der Druck, einen sich verändernden Körper kennenlernen und akzeptieren zu müssen, als auch die von anderen Menschen ausgehende Erwartung, sich für einen bestimmten Lebensweg hinsichtlich der beruflichen Zukunft zu entscheiden, sorgen dafür, dass Jugendliche vor gewichtigen Entscheidungen stehen, die zu treffen auf Grund der Vielzahl an unterschiedlichen Möglichkeiten und der Tatsache, dass durch manche Entscheidungen andere Möglichkeiten komplett ausgeschlossen werden, keine leichten sind.
Letztlich ist das Ziel, die bis dahin parallel existierenden Möglichkeiten bzw. Ideen oder Vorbilder hinsichtlich der Identitätsgestaltung zu einem großen, umfassenderen Ganzen zusammenzufügen, der neuen Identität also.
Diese wird wesentlich durch die im Zuge der Adoleszenz aufgekommenen Wünsche, Ziele und Fähigkeiten bestimmt.
Inspiriert werden kann die Rollenwahl beispielsweise durch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Peer-Group, Szene, Vereinen, Religionen oder auch Parteien, die es ermöglichen, unterschiedliche Lebensstile auszuprobieren.
Sollte es nicht gelingen, alle unterschiedlichen Rollenideen miteinander in Einklang zu bringen, so kommt es laut Erikson zum Phänomen der Identitätsdiffusion, bei der die einzelnen Teile der Persönlichkeit nicht recht zueinander passen oder harmonieren, sondern nur locker und vulnerabel verbunden sind.
Insbesondere schwierig wird die Aufgabe, wenn es sehr viele Auswahlmöglichkeiten gibt oder große Unsicherheit und Unentschlossenheit bezüglich der Entscheidungsfindung herrscht.
Auch können durch die Verbindung zur Kultur bzw. Gesellschaft im Rahmen der psychosozialen Entwicklung diese Prozesse für benachteiligte Gruppen erschwert werden, da generell die Bewertung von Lebensentwürfen und Rollen gesellschaftlich definiert und vorgenommen wird, im Sinne von Akzeptanz, Förderung oder auch Stigmatisierung und Repression. (Vgl. Miller 1993, S. 162f.)
Bei Erikson steht also anscheinend mehr die Identität im Sinne des Verhaltens nach außen im Fokus als bei Freud, der eher den Blick auf die innerpsychischen Prozesse richtet und deren Auswirkung auf eine potenzielle Partnerschaft, also eine sehr intime Beziehung, im Vergleich zum gesellschaftlich-sozialen Verhalten bei Erikson.
Außerdem führt Erikson ausführlich aus, wie die menschliche Entwicklung auch nach der Jugendzeit und demjungen Erwachsenenalter fortschreitet.
2.3.2 Adoleszenz bei Keupp
Heiner Keupp weist, ähnlich wie Erikson, daraufhin, dass sowohl soziale Normen als auch psychische Faktoren für die Entwicklung im Jugendalter von entscheidender Relevanz sind.
Erstere würden sich beispielsweise in rechtlichen Regelungen, Moralvorstellungen und den Strukturen in Bildungsinstitutionen zeigen, letztere im täglichen Umgang mit neuen Erfahrungen und Herausforderungen, die sich aus einer wachsenden Freiheit in der Adoleszenz ergeben.
Durch diesen ständigen Umgang mit Neuem und Herausforderndem entwickelt sich idealerweise die Überzeugung, selbstwirksam Handeln zu können und selbstbezogene Kontrolle ausüben zu können.
Selbstwirksamkeit soll dabei das Vertrauen in die eigenen Bewältigungskompetenzen bezeichnen, selbstbezogene Kontrolle die Ansicht repräsentieren, dass das eigene Handeln bedeutsam ist, einen Unterschied machen kann und Auswirkungen hat.
Damit können diese beiden Faktoren einen förderlichen Einfluss auf das Setzen ambitionierter Ziele und deren Erreichung haben.
In Anlehnung an die Übersicht der Entwicklungsaufgaben nach Fend identifiziert Keupp drei Entwicklungsaufgaben der Adoleszenz, die für die Gesundheit besonders wichtig seien: Zum einen das Spüren des eigenen Körpers, dann das Austesten von Grenzen und schließlich das Bilden der eigenen Identität.
Hinsichtlich der Körperwahrnehmung führt er aus, dass durch die Veränderung des Körpers im Zuge der Pubertät dieser einerseits zum Objekt eigener und fremder Bewertungen wird, andererseits aber auch als Ausdrucksmöglichkeit hinsichtlich z.B. geschlechtlicher oder Szene-Zugehörigkeit fungieren kann, indem er bewusst auf unterschiedlichste Weise präsentiert wird.
Des Weiteren rückt er auf Grund sexueller Reife und sexueller Erfahrungen in den Fokus, Attraktivität ist das Ziel und zugleich Mittel zum Zweck.
Je nach Erfahrungen, Reaktionen der Umwelt und Selbstbild kommt es zu eher positiven oder eher negativen Gefühlen in Bezug auf den eigenen Körper, die auch prägend sein können für den Gesamtblick auf die Welt, nicht nur auf den Körper, da dieser in der Adoleszenz eine solche zentrale Rolle einnimmt.
Auch die große Bedeutung der Beziehung zur Peer-Group erwähnt er, die zum Beispiel bei Krisen Halt und Hilfe sowie ansonsten einen möglichen Ort der Selbstdarstellung und Selbsterprobung bieten kann.
In Bezug auf das Austesten von Grenzen verweist er darauf, dass es nur logisch sei, dies zu tun, wenn sich bis dahin nicht vorhandene gesellschaftliche Freiheiten ergeben, die erfahren werden wollen.
Aber auch die Belastungsfähigkeit des veränderten Körpers ist zunächst noch unbekannt, was ebenfalls zur Exploration der Grenzen herausfordert.
Zudem würden in pluralisierten Gesellschaften viele traditionelle, althergebrachte Arten der Biographie wegfallen oder dynamischer, sodass diese keine wirkliche Orientierung böten und stattdessen vieles ausprobiert und selbst erfahren und bewertet werden muss. Man könnte also sagen, es geht darum, herauszufinden, was möglich ist in Bezug auf die jeweiligen Kategorien.
Ebenso wie Erikson sieht er die Bildung einer eigenen Identität als die bedeutsamste Entwicklungsaufgabe in der Adoleszenz an.
Zur Identität gehört, dass das Selbstbild zu dem Selbstideal passt bzw. diese aneinander angeglichen werden.
Darin inkludiert sind also beispielsweise Wünsche, ethische Prinzipien und Kompetenzen, die das Individuum besitztjeweils auch bezogen auf Teilbereiche der Identität, zum Beispiel die Frage des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit.
Die Entwicklung einer eigenen Identität soll schließlich dazu führen, dass die Person sich selbst für wertvoll hält und in der Lage ist, das eigene Leben aktiv zu gestalten. (Vgl. Keupp 2009, S. 4ff.)
Sowohl bei Freud, als auch bei Erikson und Keupp wird die Veränderung des Körpers im Rahmen der Pubertät bzw. Adoleszenz also als gewichtiger Faktor der Entwicklung gesehen. Auch Identität bzw. eine stabile Persönlichkeit als Aufgabe identifizieren alle drei, während Erikson und Keupp den Einfluss von Gesellschaft stärker zu betonen scheinen als Freud.
2.3.3 Übersicht Entwicklungsaufgaben nach Havighurst
Die Entwicklungsaufgaben nach Robert Havighurst sind als Lemaufgaben gedacht, insofern, dass im Zuge von Herausforderungen Fähigkeiten erworben werden, welche zur Lebensbewältigung erforderlich sind. Sie verbinden quasi die subjektiven Wünsche mit den gesellschaftlichen Realitäten und Zwängen. Wie bei Erikson und Freud ist das menschliche Leben bei Havighurst in Phasen bzw. Abschnitte unterteilt, in denenjeweils bestimmte Entwicklungsaufgaben zu lösen sind, was letztlich mit Zufriedenheit und sozialer Anerkennung einhergehen soll. Außerdem unterliegen die Entwicklungsaufgaben zeitlichen Veränderungen und unterscheiden sichje nach Kultur, was eine Parallele zu Eriksons Ansatz darstellt. Sowohl die körperlichen Veränderungen in der Adoleszenz, als auch soziale Erwartungen und subjektive Wünsche und Einstellungen können als Anstoß für die Entwicklungsaufgaben fungieren.
Inhaltlich werden 10 Entwicklungsaufgaben formuliert:
Es geht darum, reifere, tiefgründige Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzubauen und sich somit einen Freundeskreis zu erschaffen. Außerdem ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Physis von Bedeutung, der veränderte Körper muss akzeptiert werden, die eigene Gestalt als solche ebenfalls. Zudem soll das vorherrschende geschlechtsspezifische Verhalten als Mann oder Frau übernommen und damit weitergeführt werden, was im Übrigen anschlussfähig an die Theorie des Doing Gender ist, welche besagt, dass das gesellschaftliche Bild von Geschlecht durch alltägliche Handlungen konstruiert wird (vgl. Gildemeister 2019).
Neben dem Aufbau von freundschaftlichen Beziehungen ist auch das Führen fester Partnerschaften eine der typischen Aufgaben des Jugendalters. Die Ablösung von den Eltern bzw. primären Bezugspersonen ist eine weitere Aufgabe, um Autonomie zu erreichen.
Des Weiteren ist es nötig, Ziele zu definieren und auch die konkrete Realisierung zu planen hinsichtlich der eigenen beruflichen Zukunft. Zudem sollen Ideen entwickelt werden, welche Prioritäten in Bezug auf eventuelle spätere Ehe und Familie bestehen bzw. gelten sollen.
Dazu gehört auch, sich selbst und die eigenen Ziele und Vorstellungen fürs Leben zu kennen.
Auch ist von Relevanz, sich klare ethische Prinzipien zu wählen, denen man folgen möchte.
Als eine Art übergeordnete Entwicklungsaufgabe könnte man dann noch sehen, den eigenen Lebensweg zu imaginieren und dessen Verwirklichung anzugehen. (Vgl. Oerter; Dreher 1995, S. 326ff.)
Diese Entwicklungsaufgaben nach Havighurst scheinen also im Wesentlichen die schon bei Freud, Erikson und Keupp genannten Punkte widerzuspiegeln.
Insbesondere die Wichtigkeit der Beziehung zur Peer-Group fällt auf, die schon bei Erikson und Keupp prominent erwähnt wurde.
Für das geschlechtsspezifische Rollenverhalten gilt dasselbe, auch die Wichtigkeit des Umgangs mit dem eigenen Körper findet sich bei allen vier Autoren wieder.
Die Entwicklung einer eigenen Identität und Persönlichkeit ist ebenfalls bei allen von zentraler Bedeutung.
Auch der von Erikson angesprochene Aspekt der Generativität findet sich im Punkt der Vorbereitung auf die Ehe wieder, welcher sich bei Erikson allerdings erst in einer späteren Phase vollzieht, was aber wiederum zu Havighurst passt, der schließlich von der Vorbereitung aufEhe und Nachkommenschaft spricht, nicht von einer bereits in der Adoleszenz stattfindenden Heirat oder Ähnlichem.
Außerdem wird auch von allen auf die soziale Eingebundenheitjedes Individuums verwiesen.
2.4 Phasen der Adoleszenz nach Bios
Peter Bios unterschiedet vier Phasen der Adoleszenz, in denenjeweils bestimmte Teilthematiken besonders präsent sind.
Für die Präadoleszenz ist der Umgang mit dem durch biologische Prozesse veränderten Körper charakteristisch, womit eine starke Anspannung einhergeht, die ausgehandelt werden muss.
In der Frühadoleszenz steht dann die Auseinandersetzung mit den Eltern im Mittelpunkt. Einerseits werden diese kritisch hinterfragt bis hin zur Ablehnung, andererseits kommt es immer wieder zu Wünschen nach Nähe und Kontakt. Im Rahmen dieses ambivalenten Verhaltens beginnt die Ablösung von den primären Bezugspersonen.
Häufig kommt es in dieser Phase dann zu einer erneuten Identifizierung mit dem gleichgeschlechtlichen Elternteil, was dann auch mit homoerotischen Kontakten einhergehen kann, wobei letztere oft eigentlich sinnbildlich für die Beschäftigung mit sich selbst stehen.
Die eigentliche Adoleszenz ist dann von der Suche nach der eigenen Identität gekennzeichnet.
Neue Verhaltensweisen, Ansichten und Beziehungen werden erprobt, sowohl tatsächlich als auch imaginär. Die Peer-Group hat eine wichtige Funktion bei der Loslösung von den Eltern, indem sie alternative Normen und Einstellungen bietet, an denen sich die Jugendlichen orientieren können.
Oft dominieren dichotome, wenig differenzierte Sichtweisen, zudem treten häufig Minderwertigkeitsgefühle auf, welche durch Allmachtsphantasien abgewehrt werden können.
Da das Vertrauen, dass das elterliche Vorbild hinsichtlich Verhalten und Überzeugungen gut und korrekt ist, verloren gegangen ist, haben die Jugendlichen zwar einerseits die Chance, sich frei eigene Modelle der Welterklärung zu erschließen, andererseits aber leiden sie unter dem Verlust der Sicherheit und Geborgenheit des Wissens, dass andere ihnen sagen, was gut ist und wie gehandelt werden sollte. Die Allmachtsphantasien können es ermöglichen, den Wegfall des bisherigen Belohnungsgefühls, das sich einstellte, wenn den Wünschen der Eltern oder den Forderungen des Über-Ichs entsprochen wurde, zu kompensieren, indem die Illusion erzeugt wird, dass dasjeweilige Individuum von besonderer Bedeutung, wertvoll und wichtig für die ganze Welt sei.
Sollte der illusorische Charakter dieser Phantasien allerdings zu rapide offenbar werden, fällt die protektive Wirkung weg und es können Ängste und Aggressionen auftreten.
In der Spätadoleszenz beruhigen sich die Emotionen etwas, der Selbstwert sollte sich stabilisiert haben, und auch in Beziehungen kann Sicherheit erfahren worden sein. Auch Erfolgserlebnisse im Rahmen gesellschaftlicher Systeme und Institutionen können dazu beitragen.
Wenn das der Fall ist, kann es zu einer differenzierteren Sicht auf psychische Konflikte kommen, deren Widersprüchlichkeiten ertragen werden können, was wiederum Voraussetzung ist für die erfolgreiche Bewältigung der anstehenden Entwicklungsaufgaben.
Nachdem zuvor das Ausprobieren unterschiedlichster Identitäten toleriert wurde, istjetzt die Zeit gekommen, in der Entscheidungen erwartet werden. Diese betreffen zum Beispiel die berufliche Zukunft, das Eingehen einer festen partnerschaftlichen Beziehung und abstrakte Überzeugungen hinsichtlich Religion, Ethik oder politischer Präferenzen.
Im Rahmen dieser Entscheidungen bildet sich dann die individuelle Identität heraus. (Vgl. Leuzinger-Bohleber; Mahler 1993, S. 25ff.)
Grob zusammengefasst steht erst die Auseinandersetzung mit dem Körper im Fokus, dann die Ablösung von den Eltern und Hinwendung zur Peer-Group in Verbindung mit dem Ausprobieren neuer Rollen und Verhaltensweisen, und anschließend dann das Treffen von Entscheidungen, welche letztlich die Identität bestimmen werden.
2.5 Zusammenfassung Adoleszenz
Die Adoleszenz als Jugendphase stellt im Alter von etwa 12 bis 20 Jahren den Übergang von der Kindheit ins Erwachsenenleben dar, wobei eine Vielzahl an körperlichen, psychischen und sozialen Prozessen abläuft. Neueren Beobachtungen zufolge dehnt sich der Zeitraum dieses Überganges allerdings immer weiter aus, sodass mit der Emerging Adulthood mittlerweile eine weitere Phase eingeführt wird.
Einen Überblick über die gesamte Entwicklung geben beispielsweise Erikson und Freud, nach denen sich die Entwicklung durch die Abfolge von psycho-sozialen bzw. psychosexuellen Phasen vollzieht, im Zuge derer bestimmte Entwicklungsthematiken bzw. Körperregionen im Fokus stehen.
Im Sinne Freuds besteht die Adoleszenz in der genitalen Phase, in der zunächst sexuelle Triebe dominieren, bevor sich die Persönlichkeit festigt und partnerschaftliche Beziehungen folgen.
Nach Erikson ist die Adoleszenz die entscheidende Phase hinsichtlich der Identitätsentwicklung, denn in ihr werden Entscheidungen getroffen, welche die Identität nachhaltig prägen werden.
In Ergänzung dazu betont Keupp die Bedeutung des Austestens von Grenzen und unterstreicht ansonsten die zentralen Thematiken von Körperlichkeit und Identitätsentwicklung.
Havighurst formuliert acht Entwicklungsaufgaben der Adoleszenz, die sowohl soziale, als auch psychische, körperliche, gesellschaftliche und ethische Dimensionen umfassen. Schließlich werden noch nach Bios vier Subphasen der Adoleszenz unterschieden, denen zufolge zunächst die Veränderung des Körpers, anschließend die Loslösung vom Elternhaus, danach die Suche nach der eigenen Identität und zum Schluss das Finden dieser zentral sind.
3. Psychoaktive Substanzen
3.1 Einleitung
Um die Bedeutung des Konsums psychoaktiver Substanzen für Jugendliche herausarbeiten zu können, gilt es, zunächst zu definieren, was unter dem Begriff„psychoaktive Substanz“, beziehungsweise dem Synonym „psychotrope Substanz“, zu verstehen ist.
Nach der Definition im Lexikon der Psychologie handelt es sich dabei um eine Substanz, die über das Nervensystem Auswirkungen auf die menschliche Psyche hat. Diese sehr weit gefasste Definition umfasst sehr viele Kategorien von Substanzen, die allesamt in Folge ihrer Applikation Auswirkungen auf den psychischen Zustand derjeweiligen Person haben können, unter anderem Psychopharmaka, Nahrungsmittel, Hormone und Umweltschadstoffe. (Vgl. Wenninger u.a. 2000, online)
Diese letztlich sehr heterogene und vielfältige Gruppe psychoaktiver Substanzen soll gar nicht in ihrer Gesamtheit eine Rolle spielen in dieser Thesis, der Begriff wird einerseits deshalb gewählt, um eine Möglichkeit zu haben, neutraler die Substanzen zu behandeln, welche ansonsten auch als Rauschgifte, Rauschmittel oder Betäubungsmittel bezeichnet werden.
Die eben genannten Begriffe sind entweder deutlich negativ wertend (Rauschgift) oder beziehen sich primär auf die illegalisierten Stoffe (Betäubungsmittel Betäubungsmittelgesetz), womit die legalen wie Alkohol und Tabak häufig außen vorgelassen oder nicht mitgemeint werden. Gerade diese sind auf Grund ihrer weiten Verbreitung, wie im 4. Kapitel gezeigt werden wird, aber ebenfalls von großem Interesse. Auch die Bezeichnung Rauschmittel passt nur bedingt, da nichtjeder Konsum einer psychotropen Substanz unbedingt mit einem Rausch einhergehen muss, wenn man beispielsweise an die Einnahme eines Opioid-Analgetikums im Rahmen einer Schmerztherapie, das Rauchen einer einzelnen Zigarette in Gesellschaft oder auch das Trinken eines Glases Wein zu einem Essen im Restaurant denkt. Auch Feustel, Schmidt- Semisch und Bröckling geben in diesem Zusammenhang zu bedenken, dassje nach intendierter Wirkung des Konsums die konsumierte psychotrope Substanz unterschiedlich bezeichnet werden kann, beispielsweise als Heilmittel oder Rauschgift, obwohljeweils dieselbe Substanz vorliegt und auch die Menge nicht notwendigerweise variieren muss (vgl. Feustel; Schmidt-Semisch; Bröckling 2019, S. 3).
Der Begriff Droge passt schon besser, ist allerdings problematisch, wenn es darum geht, Substanzen zu inkludieren, die primär als Medikamente im Rahmen ärztlicher Behandlungen verwendet werden, vor allem die Benzodiazepine, aber auch Opioide. Dann wären diese nämlich nicht unbedingt mit inbegriffen.
Andererseits wird also deshalb die Bezeichnung „psychoaktive Substanzen“ gewählt, weil dieser Begriff umfassender ist und alle gemeinten Substanzen beinhaltet.
Trotzdem wird zur Abwechslung im Folgenden auch der Begriff„Droge“ verwendet werden, welcher im weiteren Sinne als repräsentativ für die im Rahmen dieser Thesis interessanten Substanzen gelten kann, wenn sich auch zeigen wird, dass Alkohol, Nikotin und Medikamente dadurch sprachlich nicht abgedeckt werden und in den epidemiologischen Studien gesondert erfasst werden. Es geht also in dieser Thesis um bestimmte psychoaktive Substanzen, die auch als Drogen, Medikamente, Rausch- und Genussmittel bezeichnet werden können. Um aber wertende Bezeichnungen und Aufzählungen („Alkohol, Drogen, Medikamente..“) nach Möglichkeit zu vermeiden, soll vorwiegend derBegriff„psychoaktive Substanz“ verwendet werden, ohne, dass dabei alle möglichen psychotropen Substanzen, wie beispielsweise Hormone, gemeint sind.
Der Konsum psychoaktiver Substanzen ist zwar einerseits ein aktuelles, relevantes Thema, wenn man sich die epidemiologischen Daten dazu anschaut (vgl. Kapitel 4), andererseits jedoch wird bei Betrachtung historischer und archäologischer Studien deutlich, dass auch früher schon berauschende Mittel konsumiert wurden und die Auseinandersetzung mit diesem Thema keine neue ist. So konstatiert Reymann beispielsweise, dass in vorgeschichtlicher Zeit ein reglementierter Umgang mit Drogen zu medizinischen und religiösen Zwecken anzunehmen plausibel sei (vgl. Reymann 2019, S. 23).
Legnaro spricht von einem unbekümmerten, alltäglichen und gesellschaftlich akzeptierten Alkoholkonsum zu Rauschzwecken im Mittelalter in Europa, der im Zuge der Aufklärung als misslungene Selbstkontrolle betrachtet wurde und im Gegensatz zum mittelalterlichen Rauschtrinken eine Entlastungsfunktion gegenüber zunächst äußeren und später dann internalisierten Selbstzwängen bekommt.
Durch den Gegensatz zwischen einem laut ihm nüchternen Alltag und einem einzeln für sich stehenden Rauscherlebnis sowie der im Zuge der Industrialisierung erfolgenden Disziplinierung in Bezug auf die Fabrikarbeit sei es zu gesellschaftlichen Bemühungen gekommen, den Rausch zu kontrollieren bzw. ganz zu vermeiden, was mittels einer Pathologisierung sowie der Kriminalisierung bis heute getan werde.
Er weist also daraufhin hin, dass diejeweilige Bewertung des Konsums psychoaktiver Substanzen und von Abhängigkeitserkrankungen stets im Kontext der gesellschaftlichen und sozialen, auch medizinischen und wissenschaftlichen Lage erfolgt und davon bestimmt ist, sich diese also auch wandeln kann und nicht festgeschrieben oder allgemeingültig ist. In Bezug auf den rechtlichen Status psychoaktiver Substanzen spricht er von strukturierter Willkür, die oftmals als Vorwand für oder Instrument anderer politischer Interessen gedient habe, beispielsweise zur Diskriminierung von Minderheiten oder als Mittel weltpolitischer Konflikte.
In der heutigen Zeit meint er eine Art kontrollierte Zelebrierung des Rausches zu erkennen, die mit einer rauschhaften Selbstkontrolle, womit er auf exzessives, lange andauerndes Arbeiten anspielt, einhergehe und durch diese Verschmelzung stützend auf das aktuelle System wirke. (Vgl. Legnaro 2019, S.31ff.)
Einige seiner Aussagen korrelieren mit den soziologischen Theorien zum Substanzkonsum, die in erster Linie Devianztheorien sind, sich also mit den Gründen befassen, wie es zu abweichendem Verhalten kommt, wasja wiederum ebenso gesellschaftlich definiert wird und wandelbar beziehungsweise relativ ist wie die Konstitution von „normalem“ Verhalten und laut Legnaro die Sicht auf Phänomene wie Substanzkonsum oder auch Abhängigkeit. Während Legnaro in Bezug auf die heutige Zeit von einem Arbeitsrausch ohne Substanzkonsum spricht, gibt Feustel zu bedenken, dass heutzutage psychoaktive Substanzen auch zur Steigerung der Produktivität und zur Selbstoptimierung konsumiert werden und damit in einem weiteren Sinne Teil der rauschhaften Selbstkontrolle nach Legnaro sein könnten (vgl. Feustel 2019, S. 52).
In einer Untersuchung von Kollmann und Löbmann zum Gebrauch psychoaktiver Substanzen zur Leistungssteigerung während des Studiums wurde eine Lebenszeitprävalenz von 10% ermittelt, in anderen Studien schwankt der Wert zwischen 6% und 20%, was das Vorhandensein eines Konsums zur Leistungssteigerung sehr wahrscheinlich erscheinen lässt, allerdings keine unbedingte Klarheit bezüglich des Ausmaßes schafft (vgl. Kollmann; Löbmann 2017, S. 20).
Im Folgenden sollen nun einige ausgewählte psychoaktive Substanzen vorgestellt werden, die in der Mehrheit der gängigen Studien erfasst wurden.
Dabei soll zunächst auf die Substanz selbst beziehungsweise ihren Wirkstoff eingegangen werden, anschließend die Konsumformen sowie der zeitliche Verlauf der Wirkung und die Wirkmechanismen erläutert werden und danach sowohl tendenziell angenehme als auch eher unangenehme qualitative Aspekte der Wirkung Darstellung finden. Auch der Rechtsstatus und eine eventuelle medizinische Anwendung werden thematisiert.
Im Anschluss wird kurz auf die mögliche Problematik einer Abhängigkeitserkrankung eingegangen.
3.2 Einzelne psychoaktive Substanzen
3.2.1 Alkohol
Alkohol bezeichnet im chemischen Sinne eine Gruppe bestimmter Stoffe, die generell nicht zum Verzehr geeignet ist. Eine Ausnahme bildet Ethanol bzw. Ethyl-Alkohol, der den psychoaktiven Bestandteil geläufiger alkoholischer Getränke wie Bier, Wein oder Spirituosen bildet, und in geringen Mengen keine akut letalen Auswirkungen hat. Im Folgenden bezieht sich der Begriff„Alkohol“ auf diesen Stoff und die Getränke, die ihn enthalten.
Je nach Getränk sind unterschiedliche Mengen Alkohol enthalten, eine vom Bundesgesundheitsministerium beauftragte Arbeitsgruppe schätzte den durchschnittlichen Alkoholgehalt von Bieren auf 4,8 Volumenprozent, von Weinen und Sektgetränken auf 11% und von Spirituosen auf 33%.
Gewonnen wird der Alkohol durch die Vergärung von Getreide und Früchten oder anderen zuckerhaltigen Stoffen.
Die häufigste Konsumart ist die orale Aufnahme in Form eines Getränkes, der Alkohol ist wasserlöslich und wird nach Resorption über die Schleimhäute im Dünn- und Dickdarm sowie im Magen über die Blutbahn im gesamten Körper verteilt und gelangt bis ins Gehirn.
Die maximale Wirkung wird nach etwa 30-90 Minuten erreicht und kannje nach konsumierter Menge und Toleranz sowie individuellen biologischen Faktoren mehrere Stunden andauern, pro Stunde werden ca. 10 g Ethanol metabolisiert, was in etwa der in einem 0,33 1-Glas Bier enthaltenen Menge Alkohol entspricht.
Im Gehirn wirkt Alkohol auf verschiedene Rezeptoren, es gibt keine spezifischen „Alkohol-Rezeptoren“.
Er verstärkt die Wirkung des ausgeschütteten Neurotransmitters GABA (GammaAminobuttersäure), womit ähnliche Effekte wie nach Einnahme von Benzodiazepinen, Barbituraten oder den sogenannten Z-Drugs auftreten.
Diese bestehen in einer angstlösenden (anxiolytischen), betäubenden/beruhigenden (sedierenden) und schlafanstoßenden (hypnotischen) Wirkung.
Bei chronischem Alkoholkonsum passt sich das GABA-System an und es kommt zu einer Toleranzentwicklung.
Des Weiteren hemmt Alkohol die lonenströme, die von den Glutamatrezeptoren angestoßen werden, wodurch die neuronale Erregbarkeit herabgesetzt wird und Sedierung sowie eine Erhöhung der Krampfschwelle eintritt.
Bei andauerndem Konsum wird die Anzahl der Rezeptoren erhöht, sodass es bei einem Entzug durch den Wegfall der bis dahin blockierenden und hemmenden Wirkung des Alkohols zu gravierenden bis tödlichen Krampfanfällen kommen kann.
Außerdem kommt es beim Alkoholkonsum zu einer starken Ausschüttung von Endorphinen und Dopamin, welche positive Gefühle bis hin zu Euphorie hervorrufen, während die Serotonin- und Noradrenalin-Ausschüttung reduziert wird, wodurch aggressives Verhalten wahrscheinlicher werden kann.
Je nach konsumierter Menge variieren die im Vordergrund stehenden Wirkungen des Alkohols, bei geringen Mengen dominieren Enthemmung, Kontaktfreudigkeit und gehobene Stimmung, bei höheren Dosen sind Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, motorische und sprachliche Fähigkeiten eingeschränkt und die sedierende Wirkung überwiegt, was bis zu Bewusstlosigkeit und Koma (bei ungeübten Trinkerinnen: ca. 3 Promille Alkohol im Blut) führen kann. Es kann auch zu Übelkeit und Erbrechen kommen.
Dabei ist zu beachten, dass Alkohol auch von Person zu Person unterschiedlich wirken kann, Unterschiede können zum Beispiel hinsichtlich der biologischen Verträglichkeit des Alkohols bestehen, außerdem können Aspekte wie die aktuelle Stimmung, die Situation, in der getrunken wird, sowie die momentanen Erwartungen an den Konsum eine Rolle spielen.
Da weibliche Personen generell einen geringeren Anteil an Körperwasser haben als männliche, verteilt sich der Alkohol in ihrem Körper schneller und bildet höhere Konzentrationen aus, wodurch gleiche Dosen für Frauen eine stärkere Wirkung haben können im Vergleich zu Männern. Zusätzlich dazu ist die Ausscheidungsrate von Alkohol bei Männern höher als bei Frauen. (Vgl. Seitz u.a. 2013, S. 13-39)
Alkohol ist prinzipiell legal und frei erhältlich, lediglich das Alter kann einen Hinderungsgrund darstellen, Alkohol zu beziehen, da erst ab 18 Jahren alle möglichen Getränke erworben werden dürfen. Bis zum Alter von 16 Jahren ist der Erwerb komplett ausgeschlossen, es sei denn, eine personensorgeberechtigte Person begleitet die Jugendlichen, dann können trotzdem Bier, Wein und ähnliche Getränke konsumiert und erworben werden, abl6 Jahren ist dies auch ohne entsprechende Begleitung möglich. (Vgl. JuSchG, §91, II)
3.2.2 Tabak
Die Tabakpflanze (Nicotiana tabacum) ist in Europa seit Anfang des 16. Jahrhunderts bekannt, in anderen Teilen der Welt wurde sie schon vorher verwendet. Ihr Hauptwirkstoff ist das Nikotin, es sind aber noch zahlreiche weitere Stoffe enthalten.
In der Regel wird Tabak geraucht, dies kann in einer Pfeife geschehen, es werden aber auch Zigarren, Zigaretten und andere Varianten angeboten, ebenso wie Verdampfer und E- Zigaretten. Der orale Konsum von Kautabak stellt eine weitere Konsummöglichkeit dar, Nikotin kann zusätzlich noch in Form eines Pflasters aufgenommen werden.
Eine Zigarette enthält circa 12 mg Nikotin, durch Inhalation wird davon aber nur etwa 1 mg aufgenommen (vgl. ProjektRaucherberatung in der Apotheke o.J., online).
Beim Rauchen gelangt das Nikotin innerhalb weniger Sekunden bis ins Gehirn und entfaltet dort seine Wirkung über die Aktivierung von Nikotin-Rezeptoren, wodurch der Neurotransmitter Acetylcholin freigesetzt wird. Daraufhin werden noch weitere Botenstoffe wie Dopamin, Adrenalin und Serotonin ausgeschüttet.
Dies hat unter anderem eine Erhöhung der Herzfrequenz und des Blutdrucks zur Folge. Außerdem wird das Hungergefühl reduziert, die Aufmerksamkeit und Konzentration gesteigert und Entspannung sowie Beruhigung können eintreten.
Abhängig von der Dosis und der Situation kann die Wirkung eher stimulierend oder eher beruhigend sein. Dabei gehen niedrigere Dosen tendenziell mit einer Stimulierung, höhere Dosen mit einer Beruhigung einher, aber auch diejeweiligen Erwartungen der Konsumentinnen spielen, wie bei allen psychoaktiven Substanzen, eine Rolle hinsichtlich der empfundenen Wirkung.
Durch chronischen Gebrauch kommt es zu Gegenregulierungsprozessen, in Folge derer sich die konsumierende Person an den Wirkstoff gewöhnt und die erwünschte Wirkung ausbleibt, sollte dann der Konsum eingestellt werden, kann es zu Entzugserscheinungen kommen, die zwar weniger gravierend ausfallen als beispielsweise bei Alkohol- oder Opiatabhängigkeit, trotzdem aber gerade psychisch nur schwer erträglich sein können. (Vgl. Strüber2019, online)
Tabakprodukte undNikotin sind legal erst ab 18 Jahren erhältlich (vgl. JuSchG, §101).
3.2.3 Cannabis
Cannabis Sativa ist eine Pflanze, die zur Gattung der Hanfgewächse gehört. Die in ihr enthaltenen Alkaloide werden Cannabinoide genannt, das am stärksten psychotrop wirkende Cannabinoid ist das THC (Tetrahydrocannabinol), welches zu circa 10% im Cannabis enthalten ist.
Die Wirkstoffmenge zwischen den einzelnen Pflanzen unterliegt großen Schwankungen, unter anderem begründet durch verschiedene Licht-, Sauerstoff- und Nährstoffgehalte während des Wachstums.
Aus der Pflanze können unterschiedliche Produkte hergestellt werden, konsumiert werden vor allem Marihuana und Haschisch. Marihuana bezeichnet dabei die Blütenstände der weiblichen Pflanzen, Haschisch das Harz der Trageblätter der weiblichen Pflanzen.
Marihuana wird auch Gras genannt, Synonyme für Haschisch können Dope, Pot, Shit oder Piece sein.
Die häufigste Konsumform von Cannabis ist das Rauchen, oft gemeinsam mit Tabak in selbstgedrehten Zigaretten, den Joints. Es kann auch in einer Wasserpfeife (Bong) geraucht werden oder aber verdampft werden in einem Vaporizer. Der orale Konsum von Cannabis, als Tee oder in Gebäck, kommt ebenfalls vor, ist aber seltener und der Wirkungseintritt verzögert sich, dafür verlängert sich die Wirkdauer und die Dosis ist schwerer kontrollierbar.
Geraucht beginnt die Cannabiswirkung nach wenigen Minuten, über die Atemwege gelangen die Wirkstoffe schnell ins Blut und können die Blut-Him-Schranke überwinden. Das Wirkmaximum wird nach ca. einer Viertelstunde erreicht, die Wirkung dauert in etwa 1-2 Stunden an,je nach Person, Gewöhnung und Wirkstoffgehalt bzw. -menge. Für einen Rausch sind ungefähr 15-20 mg THC nötig. (Vgl. Croissant; Croissant; Mann 2003, S. 177f.)
Die Wirkung wird durch die Anbindung an die Cannabinoid-Rezeptoren im Körper vermittelt, welche sich vor allem im Gehirn befinden. Durch den Konsum kann sich ein allgemeines Wohlgefühl bis hin zur Euphorie einstellen, Entspannung, Schläfrigkeit und Halluzinationen sind ebenfalls möglich. Außerdem können motorische und kognitive Beeinträchtigungen auftreten, speziell bei hohen Dosen kann das Denken stark verzerrt werden und wahnhafte oder von starker Angst geprägte Gedanken können auftreten. Auch kann die Herzfrequenz erhöht sein, die Augen können sich rot färben und Heißhungerattacken sind möglich. Schwindel und Übelkeit sind ebenfalls potenzielle Nebenwirkungen, außerdem kann sich eine psychische Abhängigkeit entwickeln. (Vgl. Strüber 2019, online)
Wie bei allen psychotropen Substanzen wird die Wirkung stark durch die Stimmung und Erwartung sowie die Situation der Konsumierenden beeinflusst, positive Ausgangsstimmungen können ebenso verstärkt werden wie negative.
Die Nachweisbarkeit im Blut beträgt selbst bei einfachem Konsum im Blut mehrere Tage, bei Dauerkonsum können Abbauprodukte des Cannabis im Urin noch mehrere Wochen lang nachgewiesen werden.
Cannabis unterliegt dem BtMG (Betäubungsmittelgesetz) und kann entsprechend nicht legal erworben werden, unter anderem stellen Erwerb und Verkauf Straftaten dar.
Allerdings kann Cannabis für medizinische Zwecke verschrieben werden, beispielsweise kommt es zur Appetitanregung und gegen Spastiken zum Einsatz (vgl. Behrendt; Backmund; Reimer 2016, S. 29). Der Konsum selbst ist straffrei, der Besitz kann straffrei bleiben, sofern es sich um eine geringe Menge handelt, die von den einzelnen Bundesländern festgelegt werden kann. (Vgl. BtMG, §§29ff. und Anlage I und III)
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- Arbeit zitieren
- Moritz Nilßon (Autor:in), 2019, Die Bedeutung des Konsums psychoaktiver Substanzen für Jugendliche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1327917
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