Bei der Bewertung von Unternehmen sind die Ertragsteuern zu berücksichtigen, da die heute vorherrschenden Steuersysteme nicht entscheidungsneutral wirken. Demnach muss auch ein eventuell vorhandener ertragsteuerlicher Verlustvortrag in den Bewertungsprozess einbezogen werden, da das zu bewertende Unternehmen durch die Nutzung eines Verlustvortrags in den Folgeperioden eine Steuerersparnis erreichen kann. Diese Steuerersparnis führt zu höheren finanziellen Überschüssen bzw. Nettoeinnahmen, welche bei der Bewertung zu berücksichtigen sind.
Im Zuge der Wirtschaftskrise gewinnen die steuerlichen Verluste weiter an Bedeutung, da die Unternehmen in wirtschaftlich schweren Zeiten verstärkt Verluste erleiden, die in den Folgeperioden als Verlustvorträge die Steuerlast mindern können.
Bevor die Frage nach der Bewertung der Verlustvorträge untersucht werden kann muss geklärt werden, unter welchen Bedingungen sie steuerlich geltend gemacht werden können. Kapitalgesellschaften in Deutschland müssen mit der Gewerbesteuer und der Körperschaftsteuer zwei Ertragsteuern beachten, die auf unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen beruhen und keine identischen Verlustverrechnungsregeln beinhalten.
Wenn diese Vorprüfung ergeben hat, dass die Verlustvorträge teilweise oder vollständig in der Unternehmensbewertung berücksichtigt werden müssen, stehen dem Bewerter unterschiedliche Methoden zur Auswahl. Zunächst sollen die Wertansätze diskutiert werden. Danach folgen die Betrachtung und der Vergleich der Verfahren, die die Verluste bereits bei der Unternehmensbewertung berücksichtigen. Auf die Bewertung der Steuerminderzahlung mittels Realoptionen soll hierbei verzichtet werden. Dieser Ansatz unterscheidet sich konzeptionell sehr von den anderen Ansätzen und könnte deshalb schwer in die Thematik integriert werden.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1. Problemstellung
2. Wertansätze
2.1. Direkter Ansatz und Anhängeverfahren
2.2. Ertragswertvergleich
3. Einbeziehung eines Verlustvortrags in die Unternehmensbewertung
3.1. Simultanes Integrationsmodell von Popp
3.2. Integration des Verlustvortrags in die DCF-Verfahren nach Streitferdt
3.2.1. Einführung
3.2.2. Das Cash Flow to Equity-Verfahren
3.2.3. Das APV-Verfahren
3.3. Bewertung der Ansätze
4. Thesenförmige Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Problemstellung
Bei der Bewertung von Unternehmen sind die Ertragsteuern zu berücksichtigen, da die heute vorherrschenden Steuersysteme nicht entscheidungsneutral wirken.1 Dem-nach muss auch ein eventuell vorhandener ertragsteuerlicher Verlustvortrag in den Bewertungsprozess einbezogen werden, da das zu bewertende Unternehmen durch die Nutzung eines Verlustvortrags in den Folgeperioden eine Steuerersparnis errei-chen kann.2 Diese Steuerersparnis führt zu höheren finanziellen Überschüssen bzw. Nettoeinnahmen, welche bei der Bewertung zu berücksichtigen sind.3
Im Zuge der Wirtschaftskrise gewinnen die steuerlichen Verluste weiter an Bedeu-tung, da die Unternehmen in wirtschaftlich schweren Zeiten verstärkt Verluste erlei-den, die in den Folgeperioden als Verlustvorträge die Steuerlast mindern können.
Bevor die Frage nach der Bewertung der Verlustvorträge untersucht werden kann muss geklärt werden, unter welchen Bedingungen sie steuerlich geltend gemacht werden können. Kapitalgesellschaften in Deutschland müssen mit der Gewerbesteuer und der Körperschaftsteuer zwei Ertragsteuern beachten, die auf unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen beruhen und keine identischen Verlustverrechnungsregeln beinhalten.4 Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag, der gemäß § 7 S. 1 GewStG nach den einkommensteuerlichen bzw. körperschaftsteuerlichen Gewinnvorschriften ermittelt wird und durch gewerbesteuerliche Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) und Kürzungen (§ 9 GewStG) modifiziert wird.5 Sofern negative Ein-künfte am Ende eines Veranlagungszeitraums vorliegen, besteht nach § 10a GewStG ein zeitlich unbegrenztes Verlustvortragsrecht. Bei positiven Gewerbeerträgen in den Folgeperioden sind die Verluste bis zu einer Höhe von „1 Million € zuzüglich 60% des 1 Million € übersteigenden Teils des Gewerbeertrags“ zu verrechnen.6 Für kör-perschaftsteuerliche Verluste gilt § 10d EStG, welcher bezüglich des Verlustvortrags analog zu der gewerbesteuerlichen Verlustverrechnungsvorschrift funktioniert. Al-lerdings erlaubt § 10d I S. 1 EStG zunächst einen Verlustrücktrag in den vorange-gangenen Veranlagungszeitraum bis zu einem Betrag von 511.500 €.7
Sofern der Bewertungsanlass ein anstehender Unternehmenskauf ist, muss zudem ab dem 1.1.2008 die neue Mantelkaufregelung des § 8c KStG beachtet werden. Tatbe standsvoraussetzung des § 8c KStG ist der schädliche Beteiligungserwerb. Dieser liegt vor, wenn „innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25% des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen“ (§ 8c I S. 1 KStG) übergehen. Liegt ein solcher schädlicher Beteiligungs-erwerb vor, erfolgt ein quotaler Untergang des Verlustvortrags in Höhe der schädli-chen Anteilsübertragung.8 Gehen innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren mehr als 50% der Anteile über, hat dies einen totalen Untergang des Verlustvortrags zur Fol-ge.9 Als Gestaltungsmaßnahme kommt in Betracht, durch die Auflösung stiller Re-serven den Verlustvortrag bereits vor dem Anteilsübergang ganz oder teilweise zu nutzen.10 Diese Gewinnrealisierung vor dem Unternehmenskauf führt dazu, dass sich die Kapitalstruktur des Unternehmens ändert. Ein so genutzter Verlustvortrag wirkt sich also schon auf diese Weise auf den Unternehmenswert aus.
Neben den steuerlichen Aspekten sind auch handelsrechtliche Ausschüttungssperren zu beachten. Führen die Verlustvorträge zu Ausschüttungssperren, aufgrund derer keine Zahlungen an den Eigentümer fließen dürfen, können sie sich nicht unmittelbar wegen ihrer steuerlichen Wirkung auf den Unternehmenswert auswirken.11
Wenn diese Vorprüfung ergeben hat, dass die Verlustvorträge teilweise oder voll-ständig in der Unternehmensbewertung berücksichtigt werden müssen, stehen dem Bewerter unterschiedliche Methoden zur Auswahl. Zunächst sollen die Wertansätze diskutiert werden. Danach folgen die Betrachtung und der Vergleich der Verfahren, die die Verluste bereits bei der Unternehmensbewertung berücksichtigen. Auf die Bewertung der Steuerminderzahlung mittels Realoptionen12 soll hierbei verzichtet werden. Dieser Ansatz unterscheidet sich konzeptionell sehr von den anderen Ansät-zen und könnte deshalb schwer in die Thematik integriert werden.
2. Wertansätze
2.1. Direkter Ansatz und Anhängeverfahren
Diese Methoden versuchen, dem Verlustvortrag einen separaten Wert beizumessen, der zum Unternehmenswert ohne Verlustvortrag hinzuaddiert wird.13
[...]
1 Drukarczyk/Schüler (2007), S. 17.
2 Lutz (1993), S. 70.
3 IDW S1 (2008), S.9.
4 Streitferdt (2004), S. 682.
5 Tipke/Lang (2005), S. 431.
6 Schreiber (2005), S. 100.
7 Streitferdt (2004) S. 682.
8 BMF, 04.07.2008, Fn.2, Tz. 28.
9 BMF, 04.07.2008, Fn.2, Tz. 29; Lang (2007), S. 657.
10 Vgl. Avella/Ziegler (2008), S. 29-31.
11 Kupke/Nestler (2003), S. 2281.
12 Scherer (2003), S. 77-134.
13 Popp (1999), S. 1154.
- Quote paper
- Tim Landvatter (Author), 2009, Unternehmensbewertung bei steuerlichen Verlustvorträgen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132536
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