Im Kontext der Leistungsbewertung wird oftmals die fehlende Objektivität und Transparenz diskutiert, weshalb der Fokus dieser Arbeit auf diese beiden Aspekte im Fach Geschichte gelegt werden soll. Es wird zunächst auf der theoretischen Ebene untersucht, welche Herausforderungen bezüglich der Objektivität und der Transparenz innerhalb der Leistungsbewertung bestehen. Außerdem wird erörtert, wie das Fehlen dieser Aspekte vermieden werden könnte, um darauf aufbauend in Interviews mit Fachlehrkräften die konkrete Herangehensweise in der Praxis zu untersuchen.
Hierzu wird im ersten Kapitel der Leistungsbegriff aus verschiedenen Perspektiven betrachtet, um anschließend die rechtlichen Grundlagen der Leistungsbewertung zu erläutern. In der Folge werden die Gütekriterien der Leistungsfeststellung thematisiert, um darauf fußend die Funktionen der Leistungsbewertung zu diskutieren. Der theoretische Rahmen wird anschließend um die möglichen Bezugsnormen ergänzt. Danach wird der Blick auf den fachwissenschaftlichen Aspekt der geschichtsunterrichtlichen Formen der Leistungsbewertung gerichtet, um daraufhin den aktuellen Forschungsstand und die zu bearbeitende Forschungsfrage darzustellen. Im Fokus dieses Forschungsvorhabens steht die Frage danach, inwiefern die Leistungsbeurteilung an niedersächsischen Oberschulen im Fach Geschichte objektiv und transparent erfolgt.
Im zweiten Teil dieser Arbeit beginnt anschließend die Vorstellung des Forschungsdesigns, die Begründung der gewählten Forschungsmethode und die Präsentation der gewählten Stichprobe, um daraufhin die Darstellung der Forschungsergebnisse durch die Erörterung der Auswertungsmethode vorzubereiten. In den letzten Kapiteln dieser Arbeit sollen die erarbeiteten Ergebnisse in der Diskussion reflektiert und interpretiert werden, um ein Fazit – und auf Grundlage dessen – einen Ausblick zu formulieren.
Einleitend ist es bedeutsam zu erwähnen, dass die Zielsetzung dieser Arbeit nicht in einer kritischen Betrachtung des Lehrkraftverhaltens liegt. Die Verhaltens- und Vorgehensweisen der befragten Lehrkräfte dienen lediglich dazu, einen Einblick in das Praxisgeschehen zu erhalten. Hierbei soll dieses Verhalten mit dem theoretischen Korpus abgeglichen und untersucht werden. Dabei liegt der Fokus auf einem wertfreien und kritikarmen Umgang mit dem Material.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Theoretischer Rahmen
1. Der Leistungsbegriff
1.1. Allgemeiner Gebrauch des Leistungsbegriffes
1.2. Pädagogischer Leistungsbegriff
1.3. Leistungsbegriff im Fach Geschichte
2. Leistungsfeststellung und Leistungsbewertung
2.1. Rechtliche Grundlagen
2.1.1. Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG)
2.1.2. Die Arbeit an der Oberschule als Runderlass der MK
2.1.3. Kerncurriculum des Faches Geschichte
2.2. Gütekriterien der Leistungsfeststellung
2.2.1.Objektivität
2.2.2. Reliabilität
2.2.3. Validität
2.2.4. T ransparenz
2.3. Funktionen schulischer Leistungsbewertung
2.3.1. Gesellschaftliche Funktion
2.3.2. Pädagogische Funktionen
2.4. Bezugsnormen der Leistungsbewertung
2.4.1.Soziale Bezugsnorm
2.4.2.Individuelle Bezugsnorm
2.4.3.Sachliche Bezugsnorm
3. Formen der Leistungserstellung im jeweiligen Fachunterricht
II. Forschungsstand und Ableitung der Forschungsfrage
III. Methodik
3.1. Forschungsdesign
3.2. Leitfragengestütztes Interview
3.3. Vorstellung des Interviewleitfadens
3.4.Stichprobe der Befragung
3.5. Durchführung und Auswertungsmethodik
IV. Forschungsergebnisse
4.1. Kategorie 1: Leistungsbegriffe
4.2. Kategorie 2: Rechtliche Vorschriften
4.3. Kategorie 3: Gütekriterien
4.4. Kategorie 4: Funktionen von Leistungsbewertung
4.5. Kategorie 5: Bezugsnormen der Leistungsbewertung
V. Diskussion
4. Reflexion der eigenen Methode
5. Interpretation der Ergebnisse
VI. Beantwortung der Forschungsfrage und Fazit
VII. Literatur
VIII. Anhang
7.1. Transkripte
7.1.1. Interview A
7.1.2. Interview B
7.1.3. Interview C
7.1.4. Interview D
7.1.5. Interview E
7.1.6. Interview F
7.1.7. Interview G
7.1.8. Interview H
Tabelle 1: Skizze Interviewleitfaden
Tabelle 2: Zusammenfassung Leistungsbegriff
Tabelle 3: Zusammenfassung rechtliche Vorschriften
Tabelle 4: Zusammenfassung Gütekriterien
Tabelle 5: Zusammenfassung Funktionen von Leistungsbewertung
Tabelle 6: Zusammenfassung Bezugsnormen der Leistungsbewertung
Einleitung
Unsere Gesellschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend zu einer Wissensgesellschaft entwickelt, die durch einen enormen Leistungsgedanken und das Prinzip der steigenden Produktivität geprägt ist. Innerhalb dieses Prozesses stellt der schulische Erfolg immer früher die Weichen für die individuelle Entwicklung junger Menschen.1 Dass unter diesen Bedingungen die Thematik der Leistungserbringung für Lernende durchaus negativ konnotiert sein kann und von Angstgefühlen, Druckempfinden oder Entwicklung von Vermeidungsstrategien begleitet werden kann, wurde bereits ausgiebig erforscht. Für die Feststellung negativer Begleiterscheinungen der Leistungserbringung benötigt es aus diesem Grund aktuell keine vorrangige Forschung.
Interessanter erscheint das schulinterne Vorgehen der Leistungsbewertung zu sein - von der Leistungserbringung über die Messung dieser Leistung bis hin zu der endgültigen Bewertung der Leistung. Laut Sacher wird dieser Prozess in der Regel von Messungenauigkeiten, Fehlentscheidungen im Bewertungsvorgang und Überforderung begleitet.2 Unlängst haben international angelegte Schulvergleichsstudien gezeigt, dass das deutsche Schulsystem in bestimmten Teilen reformiert werden sollte. Mit dieser Reform sollte auch die Leistungsbewertung mit den o.g. vorhandenen Schwachstellen eine Überarbeitung erhalten.3 Im Kontext der Leistungsbewertung wird oftmals die fehlende Objektivität und Transparenz diskutiert, weshalb der Fokus dieser Arbeit auf diese beiden Aspekte im Fach Geschichte gelegt werden soll.
Dabei verfolgt die Arbeit einen zweiteiligen Aufbau: Es wird zunächst auf der theoretischen Ebene untersucht, welche Herausforderungen bezüglich der Objektivität und der Transparenz innerhalb der Leistungsbewertung bestehen und wie das Fehlen dieser Aspekte vermieden werden könnte, um darauf aufbauend in Interviews mit Fachlehrkräften die konkrete Herangehensweise in der Praxis zu untersuchen.
Hierzu wird im ersten Kapitel der Leistungsbegriff aus verschiedenen Perspektiven betrachtet, um anschließend die rechtlichen Grundlagen der Leistungsbewertung zu erläutern. In der Folge werden die Gütekriterien der Leistungsfeststellung thematisiert, um darauf fußend die Funktionen der Leistungsbewertung zu diskutieren. Der theoretische Rahmen wird anschließend um die möglichen Bezugsnormen ergänzt. Danach wird der Blick auf den fachwissenschaftlichen Aspekt der geschichtsunterrichtlichen Formen der Leistungsbewertung gerichtet, um daraufhin den aktuellen Forschungsstand und die zu bearbeitende Forschungsfrage darzustellen. Im Fokus dieses Forschungsvorhabens steht die Frage danach, inwiefern die Leistungsbeurteilung an niedersächsischen Oberschulen im Fach Geschichte objektiv und transparent erfolgt.
Im zweiten Teil dieser Arbeit beginnt anschließend die Vorstellung des Forschungsdesigns, die Begründung der gewählten Forschungsmethode und die Präsentation der gewählten Stichprobe, um daraufhin die Darstellung der Forschungsergebnisse durch die Erörterung der Auswertungsmethode vorzubereiten. In den letzten Kapiteln dieser Arbeit sollen die erarbeiteten Ergebnisse in der Diskussion reflektiert und interpretiert werden, um ein Fazit - und auf Grundlage dessen - einen Ausblick zu formulieren.
Einleitend ist es bedeutsam zu erwähnen, dass die Zielsetzung dieser Arbeit nicht in einer kritischen Betrachtung des Lehrkraftverhaltens liegt. Die Verhaltens- und Vorgehensweisen der befragten Lehrkräfte dienen lediglich dazu, einen Einblick in das Praxisgeschehen zu erhalten. Hierbei soll dieses Verhalten mit dem theoretischen Korpus abgeglichen und untersucht werden. Dabei liegt der Fokus auf einem wertfreien und kritikarmen Umgang mit dem Material.
I. Theoretischer Rahmen
Der theoretische Rahmen dieser Arbeit wird in den folgenden Kapiteln dargestellt, um ein theoretisches Fundament für den darauffolgenden empirischen Forschungsansatz zu leisten. Hierbei werden zunächst benötigte Fachtermini definiert, um darauf aufbauend den Forschungsstand im Fachbereich der Leistungsbewertung innerhalb der Schule aufzuzeigen. Im Anschluss daran soll der Forschungsansatz der qualitativen Forschung vorgestellt werden.
1. Der Leistungsbegriff
In den folgenden drei Unterkapiteln wird der Gebrauch des Leistungsbegriff näher definiert und erläutert. Hierzu wird zunächst der allgemeine Gebrauch des Leistungsbegriffes von dem Gebrauch im schulischen Kontext sowie dem Einsatz im geschichtsunterrichtlichen Bereich unterschieden. Dazu werden sowohl sprachwissenschaftliche Ansätze als auch didaktisch-pädagogische und geschichtswissenschaftliche Erklärungen herangezogen. Von besonderer Bedeutung ist hierbei die Abhandlung Eiko Jürgens über den pädagogischen Leistungsbegriff, das Kerncurriculum Geschichte des Landes Niedersachen und die Forschungsansätze Kühbergers für den Leistungsbegriff im Fach Geschichte.
1.1. Allgemeiner Gebrauch des Leistungsbegriffes
Grundsätzlich stellt Leistung etwas dar, ohne das eine Gesellschaft, wie wir sie heute kennen, nicht existent wäre, da die Orientierung innerhalb der eigenen Gesellschaft unmöglich werden würde. Auffällig ist im Kontext des Leistungsbegriffes, dass die Leistungsanforderungen innerhalb einer Gesellschaft in der Regel eng mit ihren Bildungsidealen verbunden sind.4 Zunächst einmal soll der Begriff der Leistung etymologisch aufgeschlüsselt werden. Zurückzuführen ist Leistung auf das Verb ,leisten', welches wiederum aus dem alt- und mittelhochdeutschem ,leisten' stammt und im Ursprung „befolgen, erfüllen, ausführen, einer Spur nachgehen“ bedeutet.5 In der mittelniederdeutschen und altgriechischen Sprache wird der Begriff ähnlich hergeleitet, jedoch wird das Wort ,leisten' im gotischen von dem Wort ,laistjan' hergeleitet, welches mit „Spur oder Fußspur“ übersetzt werden kann.6 In Enzyklopädien wird der Begriff Leistung als „Grad einer körperlichen oder psychischen Beanspruchung sowie auch deren Ergebnis“ beschrieben. Unter dieser allgemeinen Beschreibung wird weiterhin zwischen betrieblicher, physikalischer, physiologischer Leistung sowie der rechtlichen Leistungspflicht unterschieden.7 8 Im alltäglichen Gebrauch scheint der Leistungsbegriff zwar relativ eindeutig, jedoch wird bei genauerer Betrachtung deutlich, dass die Lebensbereiche, in denen der Begriff verwendet wird, durchaus stark variieren können.
Der Leistungsbegriff hat in der modernen Gesellschaft eine gewisse Gegensätzlichkeit inne. Dieser Gegensatz gilt sowohl im Allgemeinen als auch im schulischen Kontext. Einerseits besteht das Erfordernis, eine individuelle Leistung zu erbringen. Andererseits fußt die erforderte Leistungserbringung auf Entindividualisierung und Objektivierung, was in sich ein Paradoxon dargestellt.8
Der Ursprung des Leistungsbegriffes und die Beschäftigung mit Leistungen ist kein Phänomen der Neuzeit. Bereits für die Antike und das Mittelalter existieren Zeugnisse des Leistungsgedankens.9 Auf eine vollständige Abhandlung der Historie des Leistungsgedankens wird an dieser Stelle verzichtet, da dies nicht der Schwerpunkt dieser Arbeit ist. Die Entstehung des heutigen Leistungsbegriffs und des eigentlichen Leistungsprinzips muss jedoch kurz erläutert werden, da dies der Ursprung der hier behandelten Begrifflichkeit und weiterhin die Vorstufe der eigentlichen schulischen Leistung darstellt:
Zwischen dem 18. und dem 19. Jahrhundert kam es zu einer grundsätzlichen gesellschaftlichen Veränderung, welche bis in die heutige Zeit in ihren Grundzügen erhalten geblieben ist. Erstmalig in der Geschichte der Menschheit wird der Nachweis von Leistungen, anstatt des reinen Nachweises des jeweiligen Familienstandes, erforderlich.10 Durch diese Veränderung wird die starre ständische Gesellschaftsordnung erstmals ausgehebelt und Individuen erhalten die Möglichkeit, ihre eigene Berufung gemäß ihrer Interessen und Fähigkeiten zu wählen und nicht nach ihrer Standeszugehörigkeit.11 Hierbei ist besonders interessant, dass das Leistungsprinzip zunächst keinerlei pädagogische Absicht beinhaltete, sondern lediglich gesellschaftlicher und politischer Ausdruck des damaligen Bürgertums war.12 Ziel des entstehenden Leistungsprinzips war vorrangig die Selektion. Das Gleichgewichtsverhältnis zwischen Bürgertum und Adel wurde hergestellt und legitimierte gleichzeitig ein Ungleichgewicht durch die Selbstverantwortung eines jeden Individuums.13
Im 20. Jahrhundert rückten gesellschaftliche und politische Absichten im Zuge der Leistungsorientierung vermehrt in den Hintergrund. Stattdessen wurden wirtschaftliche Gesichtspunkte in den Mittelpunkt gestellt. Im Zentrum allen Tuns stand die „Beförderung des wirtschaftlichen Wohlergehens für alle und jeden Einzelnen.“14 Darauf aufbauend entwickelte sich die Industriegesellschaft zu einer zunehmenden Leistungsgesellschaft. Nach der Beendigung des 2. Weltkrieges herrschte im deutschen Raum die „Expansion der Bildung“ und der „Sputnikschock“. Im Fokus der Diskussionen um die Leistungsgesellschaft und der in ihr verflochtenen Bildung wurden in den 70er-Jahren die antiautoritäre Erziehung und darauf aufbauend die Antipädagogik gerückt. Auffällig dabei ist, dass der Begriff der ,Leistung' im industriell-wirtschaftlichen Bereich nie direkt hinterfragt wurde, da dieser Leistungsbegriff für eine kapitalistische Gesellschaft unabdingbar ist. Vielmehr kam der Leistungsbegriff innerhalb des schulischen Settings in die Kritik, wodurch unter anderem innovative Unterrichtsformen und die Reform der Pädagogik in das staatliche Schulwesen integriert wurde.15
Eine sich immer schneller wandelnde Welt (sowohl bezogen auf den schulischen als auch auf den beruflichen Kontext) erforderte in der Folge ein Umdenken in verschiedenen Lehr-Lern-Prozessen. Eine Lösung von individualistischer und konkurrenzorientierter Leistung zu einem neuen Leistungsbegriff ist an dieser Stelle naheliegend. Diese Entwicklung führt einerseits zu neuen Chancen für Individuen auf dem Arbeitsmarkt, sorgt jedoch gleichermaßen auch für eine Minimierung des Innovations- und Leistungsdrucks eines Jeden.16
1.2. Pädagogischer Leistungsbegriff
Im vorherigen Kapitel wurden der Leistungsbegriff und der Gebrauch dessen in Verbindung mit der Entwicklung einer Leistungsgesellschaft beschrieben. In der Literatur herrscht kein einstimmiger Konsens darüber, ob das Modell der Leistungsgesellschaft bereits in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens integriert ist. Vorrechte der Geburt (beispielsweise schichtspezifische Vorteile oder Handicaps der Eltern), Verteilung von beruflichen Positionen nach Alter oder Zugehörigkeitsdauer, Weltanschauungen, Parteizugehörigkeiten, Bekanntheit und Beliebtheit oder auch das Sozialprinzip sind aktuell vorhandene Verteilungsprinzipien, welche in vielerlei Hinsicht das reine Leistungsprinzip innerhalb unserer Gesellschaft ganz oder teilweise ablösen.17 Demnach kann im gesamtgesellschaftlichen Kontext nicht von einer reinen Leistungsgesellschaft gesprochen werden. Dabei ist dieser Sachverhalt in Ansätzen auch auf das Konstrukt der Schule übertagbar. Wie auch in der Wirtschaft ist es innerhalb der Schule schwer, gute Leistung eindeutig zu definieren, da die verschiedenen Ausprägungen zu vielfältig sind. Die Ausstattung der Schule, die Klassenkonstellationen, der Lehrplan oder die Kompetenz und der Einsatz der Lehrkraft und des Kollegiums sind nur einige Aspekte, die das Leistungskonstrukt beeinflussen und die es zu berücksichtigen gilt.18 Nichtsdestotrotz ist .Leistung' das vorherrschende Prinzip unserer Gesellschaft und damit auch der Schule, der die anderen genannten Prinzipien in vielen Situationen eher folgen.19
Im Kontext Schule ist der Begriff der Leistung oftmals negativ konnotiert. Es existiert ein Spannungsfeld zwischen der leistungsorientierten Gesellschaft, in welcher gute Leistungen honoriert und schlechte Leistungen sanktioniert werden sollen, und dem dadurch entstehenden Leistungsdruck, welcher die Persönlichkeitsentwicklung einschränken, stören oder sogar zerstören kann.20 Dabei sind Leistungsmessungen, Leistungsbeurteilungen und die Verteilung von Honorierungen und Sanktionen aufgrund der geleisteten Arbeit institutionalisiert. Leistung ist ein zentrales Element der Schule. Leistungsanforderungen und Leistungsbewertung sind demnach nicht nur maßgebliche Schulinstrumente der Selektion, sondern ebenfalls Bedingungsfaktoren schulischer Sozialisation. Durch die genannten Leistungsanforderungen wird sowohl das Selbstbild der Lernenden geprägt als auch das Schulbild und das gesamtgesellschaftliche Bild beeinflusst.21
Einen gemeinsamen pädagogischen Leistungsbegriff zu definieren ist hier deshalb nötig, damit - über diese Basis als Ausgangspunkt - die Leistung von Lernenden bewertet werden kann. In Schulen wird ein Anspruch gestellt, welcher den Vorstellungen der Gesellschaft - und im Gegenzug dazu die vorhandenen Voraussetzungen eines jeden Einzelnen einbeziehend - gerecht werden muss.22 Hierbei ist vorrangig wichtig, dass innerhalb der Schule nur geleistet werden darf, was der Ethik, der Humanität, der Solidarität und der Demokratie unserer Gesellschaftsordnung entspricht.23 Da diese Aufzählung eher allgemein formuliert wurde und diese von jedem Lehrenden in anderer Art und Weise ausgelegt werden kann, ist eine Spezifizierung von ,Ethik, Humanität, Solidarität und Demokratie' nötig. Eiko Jürgens hat in seiner 1992 erschienenen Arbeit die Merkmale des pädagogischen Leistungsbegriffes formuliert, welche diese geforderten Spezifizierungen berücksichtigen und deshalb an dieser Stelle herangezogen werden.
Leistung ist norm- und zweckgebunden
Die Leistung ist nicht allgemein als solche festgeschrieben, denn ob eine Leistung auch als diese zu betiteln ist, ist in jedem Fall eine Frage der Definition. Daraus ergibt sich der Sachverhalt, dass eine Leistung in der Regel normgebunden ist, denn ohne eine einheitliche Normierung kann ein gewünschtes Leistungsverhalten nicht als solches erkannt werden.24 Ferner ist es von großer Bedeutung, den Leistungsgegenstand zu hinterfragen und das „warum und wozu?“ zu beantworten, um eine möglichst hohe Lern- und Leistungsmotivation bei dem Lernenden zu erzeugen. Sofern der Zweck einer geforderten Leistung deutlich wird, fällt die Erbringung dieser Leistung deutlich leichter.25 Im Kontext Schule liegt die Zielsetzung der Leistungserbringung nicht darin, Beliebiges unter höchster Anstrengung und unter maximalen Anreizstrukturen zu tun.26 Vielmehr ist es sinnig, wie oben beschrieben, sinnvolle und nachvollziehbare Anreizstrukturen zu schaffen. Besonders ökonomisch gestaltet sich dabei das Leistungsvermögen, wenn der Leistungserbringung intrinsische Anreize zugrunde liegen und diese nicht nur fremdbestimmt sind.27
Leistung ist anlage- und umweltbedingt
Das Leistungsvermögen von Lernenden wird von verschiedensten Komponenten beeinflusst, welche bei der Formulierung eines pädagogischen Leistungsbegriffes Berücksichtigung finden sollten. Zum einen ist schulische Leistung anlagebedingt, das heißt dass die Persönlichkeit und die kognitiven Faktoren die eigene Leistungsfähigkeit beeinflussen. Zum anderen stellen die Umwelt, zum Beispiel das soziokulturelle Milieu, das Lehrerverhalten oder Motivationsvariablen wichtige Einflussfaktoren für die Leistungsfähigkeit dar.28 Aus dieser Erkenntnis ergibt sich, dass schulische Leistung in der Art organisiert werden muss, dass Begabung nicht vorausgesetzt, sondern entwickelt werden muss und die Schule als Entwicklungsund Förderungsraum gestaltet werden sollte, damit für jeden Lernenden eine individuell bestmögliche Leistung erbracht werden kann.29
Leistung ist produkt- und prozessorientiert
Oftmals stehen im Zentrum von Leistung ein Endprodukt, womit im Umkehrschluss der eigentliche Lernprozesses und die Aneignung des Lerngegenstandes vernachlässigt werden kann.30 Im optimalen Fall hingegen müsste festgestellt werden, welches Wissen oder Können zuvor bestand und welches erworben wurde, um eine faire pädagogische Leistungsbewertung vollziehen zu können.31 Eine produktorientierte Leistungsbewertung wird nicht als fehlerhaft angesehen, ist jedoch unvollständig, da während der Wissensaneignung für die Leistungserbringung oftmals viel mehr Mühe und Kraft aufgewandt wird, als bei der abschließenden' Leistungserbringung.32 Diese Prozessleistung innerhalb der Leistungserbringung nicht zu integrieren, wäre für viele Lernende demotivierend und im gesamten Leistungsverständnis unfair. Die Erfassung dieser Leistungsfacetten ist allerdings weitaus schwieriger und aufwändiger, als die Leistungsfeststellung einer produktorientierten Leistung.33 Die dadurch entstehende Gefahr, den Unterricht auf subjektiv beurteilbare Sachverhalte zu beschränken, um den Umstand einer prozessorientierten Bewertung zu minimieren, ist durchaus vorhanden.34 Aus diesem Grund bedarf der pädagogische Leistungsbegriff einen dynamischen Leistungsgedanken, welcher sowohl produkt- als auch prozessorientierte Leistungskomponenten beinhaltet.
Leistung ist individuelles und soziales Lernen
Ziel einer pädagogischen Bemühung sollte im Grundsatz die Förderung von intrinsischen Lern- und Leistungsmotiven sein. Die gängige Meinung, schulische Leistung sei eine überwiegend individuelle Leistung, steht dieser Bemühung teilweise entgegen.35 Die Institution der Schule versteht sich als Ort, an dem Lernende die Fähigkeit erlangen sollen in einer selbstständigen Art und Weise „Wissen und Können [...] eigenverantwortlich in sozialen, emotionalen und kognitiven Handlungs- und Lernvollzügen anzuwenden und weiterzuentwickeln.“36 Damit dieser Prozess gelingen kann, ist eine Individualisierung nötig, bei der jede Schülerin und jeder Schüler für die eigenen Lernprozesse die Verantwortung trägt. Dieser Prozess sorgt gleichzeitig dafür, Konkurrenzdenken zwischen den Lernenden abzubauen, da Jede und Jeder individuell an den eigenen Zielen arbeiten kann.37 Um einen pädagogischen Leistungsbegriff zu definieren, ist deshalb eine Kombination von individualistischen Lernansätzen und kooperativen Lösungen, in den das Miteinander und ein hohes Maß an Solidarität geprägt wird, sinnvoll.38
Leistung ist problemmotiviertes und vielfältiges Lernen
Der pädagogische Leistungsbegriff sollte gesellschaftliche Entwicklungen, die das Leben der Lernenden tangieren, berücksichtigen und diesen Sachverhalt in der Art und Weise des Prüfens integrieren. Aufgrund dessen ist eine problemorientierte Leistungsbereitschaft und -fähigkeit an den curricularen Entscheidungen zu spiegeln.39 Dabei ist das vorrangige Ziel, eine Bereitschaft und Fähigkeit zu fördern, die das eigene Leistungsverhalten steuert und reguliert.40 Es geht eher darum, ein ,Leistenwollen‘ zu fördern, als eine Leistung um des Beurteilenswillens einzufordern.41
1.3. Leistungsbegriff im Fach Geschichte
Geschichtslehrer werden häufig mit der Annahme konfrontiert, dass es im Geschichtsunterricht lediglich um die Vermittlung historischer Daten und Ereignisse ginge. Ein gelungener Geschichtsunterricht beinhaltet jedoch weitaus mehr als dies und hängt von zahlreichen Aspekten ab, die es zu berücksichtigen gilt.42 Ähnlich steht es um die Leistungserbringung und -bewertung im Geschichtsunterricht. Wer seinen Schülerinnen und Schülern lediglich reines Fakten- und Datenwissen abverlangt, ohne Gelerntes beispielweise in einen übergeordneten Kontext oder in einen Gegenwarts- und Zukunftsbezug zu setzen, wer keine Mehrdimensionalität oder Multiperspektivität fordert, wer kein narratives Bewusstsein der Lernenden schult oder wer nicht das Urteilsvermögen seiner Schützlinge fördert, der hält aller Wahrscheinlichkeit nach keinen modernen und nachhaltigen Geschichtsunterricht. Die Inhalte von im Geschichtsunterricht zu erbringenden Leistungen haben sich also in derart verändert, dass die Zielsetzungen des Unterrichts höhere Fähigkeiten beinhalten. Im Fokus stehen hierbei unter anderem die selbstständige Bearbeitung von komplexen Fragestellungen oder der kritische Umgang mit historischen Quellen und Darstellungen.43 Die Anbahnung der bereits genannten Kompetenzen ist hierbei immer unter Berücksichtigung der curricularen Vorgaben zu behandeln und Bedarf dabei eines kontinuierlichen Abgleichs dieser.44
Die Kriterien des pädagogischen Leistungsbegriffes nach Jürgens sind auch auf den Leistungsbegriff im Fach Geschichte übertragbar. Demnach ist auch die Leistungserbringung im Fach Geschichte norm- und zweckgebunden. Jedes Individuum kann leistungsstärker agieren, wenn es nachvollziehen kann, zu welchem Zweck eine bestimmte Leistung erbracht werden soll und ein genereller Mehrwert in der dazu notwendigen Anstrengung erkannt wird. Ferner sollte die Leistung normiert sein, damit eine Erbringung und Bewertung dieser umsetzbar wird. Neben dem fächerübergreifenden anlage- und umweltbedingten Leistungskriterium ist auch die Leistung im Geschichtsunterricht produkt- und prozessorientiert, denn auch hier sollte die Leistungsbewertung nicht rein produktorientiert, sondern ebenfalls prozessorientiert vollzogen werden. Eine Beurteilung ohne Berücksichtigung der Produktentstehung gälte demnach auch hier als unvollständig. Des Weiteren stellt die Leistung und darauf aufbauend die Bewertung dieser auch Aspekte des individuellen und sozialen Lernens dar. Eine Kombination von kooperativen und individuellen Methoden beschreibt im Geschichtsunterricht, wie auch in anderen Fächern, das Optimum. Ergänzend sollte das Fach Geschichte, sofern sich dies anbietet, problemorientiertes und vielfältiges Lernen unterstützen.45
Wie bereits erwähnt, sollten die Inhalte des Geschichtsunterrichts und damit auch der Gegenstand der Leistungsmessung das Kerncurriculum des Faches abbilden, sofern keine direkte Begründung für außercurriculare Themenbehandlungen vorhanden ist. Innerhalb des Curriculums sind jegliche Inhalte und Leistungen, die es für die Lernenden zu erbringen gilt, in Form von Kompetenzen aufgeführt. Diese Kompetenzen bilden das Grundraster für einen kompetenzorientierten Unterricht. Die Kompetenzen sind aufgrund der dadurch erhöhten Übersichtlichkeit und Eindeutigkeit in epochenübergreifenden Tableaus gegliedert. Inhalts- und prozessbezogene Komplexe werden hierbei innerhalb der Tabellenspalten „Fachwissen“, „Erkenntnisgewinnung durch Methoden und Medien“ sowie „Beurteilung und Bewertung“ aufgeschlüsselt. Durch diese Darstellungsart kann die Vernetzung zwischen Wissen und Können visualisiert werden.46
Laut des Niedersächsischen Kultusministeriums sind bezüglich der Leistungsbewertung Leistungen in allen Kompetenzbereichen der jeweiligen Klassenstufe festzustellen. Hierbei soll den Lernenden die Möglichkeit geboten werden, neben der Bewältigung der eigentlichen Leistungssituation, Problemlösungen zu erproben. Die Leistungssituation hat dahingehend das Ziel, die Verfügbarkeit der geforderten Kompetenz nachzuweisen. Neben dem reinen Leistungsnachweis ermöglichen die Leistungsfeststellungen zudem eine Orientierung für Lernende und Lehrende zum aktuellen Leistungsstand und eröffnen die Möglichkeit der individuellen Lernförderung sowie der Einleitung von Maßnahmen zur Leistungssteigerung. Das Kerncurriculum legt des Weiteren fest, dass primär Kompetenzen geprüft werden sollen, welche unmittelbar im vorangegangene Unterricht Behandlung gefunden haben sowie Problemstellungen, die einen langfristig angelegten Kompetenzaufbau fördern.47
Ganz konkret sind bei der Leistungsfeststellung der beschriebenen Kompetenzen im Geschichtsunterricht verschiedene Typen zu unterscheiden.48 Hierbei sind
- Leistungsdiagnose
- Leistungsbewertung und
- Leistungsbeurteilung zu differenzieren, welche in den folgenden Unterkapiteln thematisiert werden sollen.
Leistungsdiagnose
Im Zuge der Organisation des Geschichtsunterrichts ist es von hoher Bedeutung, den Lernenden Lernzeiten zu gewähren.49 Ohne Lernzeiten bestünde der Unterricht lediglich aus einer abhaltenden Aneinanderreihung von Prüfungssituationen, was zum einen unterrichtsökonomisch wenig zielführend und zum anderen eine enorme und nicht auszuhaltende psychische Belastung für die Schülerinnen und Schüler bedeuten würde. Damit der eigentliche Lernprozess und damit zusammenhängend die Leistungserbringung sinnvoll umgesetzt werden kann, sind Phasen der Wissensaneignung, in den Fähigkeiten und Fertigkeiten ausgebaut werden können, notwendig.50 Innerhalb dieser Phasen können Lern- und Entwicklungsrückstände aufgearbeitet und das generelle Lernniveau diagnostiziert werden. Mithilfe dieser Diagnostik wird die Möglichkeit eröffnet, individualisierte Rückmeldungen zu geben. Damit dieser Prozess gelingt, existieren zahlreiche „didaktische Werkzeuge“, die den Lehrkräften Informationen über den jeweiligen Lernstand der Lernenden geben und dadurch individualisiertes Feedback ermöglichen können.51 Im Fokus der Leistungsdiagnose stehen laut Kühberger nicht die Darstellungen von Lerndefiziten, sondern die „Erhebung von individuellen Lernpotenzialen.“52 Dies bedeutet, dass innerhalb der Leistungsdiagnose keine Bewertung oder Beurteilung vorgenommen werden und die eingeräumte Lernzeit im wertfreien Raum stattfinden soll.53
Die direkten Methoden der Leistungsdiagnose sind vielfältig. Oftmals sind diese für einen längeren Zeitraum angelegt, zum Beispiel in Form von Lerntagebüchern oder Themenmappen. Andere beschäftigen sich tiefgründiger mit einer bestimmten Thematik, beispielsweise durch ein Essay oder ein Referat.54 Leistungsdiagnosen bilden die Grundlage für aufbauende Leistungsbewertungen.
Leistungsbewertung
Im Vergleich zu der Leistungsdiagnose stellt die Leistungsbewertung ein Gutachten über eine erbrachte Leistung dar.55 Hierbei kann die Art der Rückmeldung entweder punktuell, wie beispielsweise das Feedback zu einer Hausaufgabe, oder aber prozessual, wie das Feedback zu der Führung einer Fachmappe, angelegt sein.56 Hierbei wird den Schülerinnen und Schülern eine Rückmeldung in Form einer Zielerreichung gegeben. Dies bedeutet, dass die jeweilige Leistung aufgrund des eigentlich erwarteten Leistungsniveaus analysiert wird. Unterstützung können hierzu alternative Bewertungsmodelle genutzt werden, die sich von der endgültigen Zifferbenotung abheben. In der Praxis geschieht dies häufig über die Vergabe von Zeichen wie Plus (+), Kreis (o) und Minus (-).57 58
Leistungsbeurteilung
Innerhalb der Leistungsbeurteilung im Fach Geschichte gilt es, die zuvor erlernten unterrichtlichen Inhalte anzuwenden und mit neuartigen Informationen in Beziehung zu setzen. Die jeweilige Leistung wird in Form einer festgeschriebenen Notenskala bewertet. Innerhalb des deutschen Schulsystems erfolgt dieser Vorgang gewöhnlich durch die Ziffernoten 1 bis 6.58 Die Notengebung erfolgt hierbei in der Regel in Form von nur einer Ziffernote, obwohl diese inhaltlich aus verschiedenen kriteriengeleiteten Aspekten besteht.59 Die dafür festgelegten formalen Grundlagen sind im Fach Geschichte auf Landesebene festgeschrieben und unterscheiden sich deshalb teilweise auf Bundesebene.60
2. Leistungsfeststellung und Leistungsbewertung
Die folgenden Kapitel beschäftigen sich inhaltlich mit dem theoretischen Fundament dieser Arbeit, auf welches im Nachgang der empirische Teil aufbaut. Zunächst werden die vorhandenen rechtlichen Grundlagen näher erläutert, darunter das niedersächsische Schulgesetz, der Runderlass zu der Arbeit an der Oberschule und das Kerncurriculum im Fach Geschichte. Der Fokus der Betrachtung liegt hier auf der Leistungsfeststellung und -bewertung. Im nächsten Abschnitt sollen die Gütekriterien der Leistungsfeststellung thematisiert werden, wobei neben den gängigen Kriterien der Objektivität, Reliabilität und Validität zusätzlich die Transparenz erläutert wird, da dieses Kriterium einen Schwerpunkt dieser Arbeit darstellt. Im Anschluss wird der Fokus auf die gesellschaftlichen und pädagogischen Funktionen der Leistungsbewertung und über mögliche Bezugsnormen der Benotung gelegt, um aufbauend darauf den empirischen Abschnitt einzuleiten.
2.1. Rechtliche Grundlagen
Das deutsche Schulsystem ist ein komplexes Konstrukt, welches nicht nur aufwändig betrieben, sondern auch gelenkt werden muss. Hierzu existieren zahlreiche Gesetze, Runderlasse, Vorschriften und Richtlinien, die diesem betreiben und lenken übergeordnet sind und so erst ein einheitliches und geordnetes Handeln ermöglichen. Für die Leistungsbewertung existieren ebenfalls verschiedene Bestimmungen, welche diesen Prozess steuern und einen einheitlichen und fairen Umgang mit Schülerinnen und Schülern und den erbrachten Leistungen ermöglichen sollen. In den folgenden Kapiteln soll das rechtliche Konstrukt erläutert werden. Zunächst wird hierzu als übergeordnete Instanz das niedersächsische Schulgesetz in der Fassung vom 03. März 1998 herangezogen. Präziser wird die Leistungsbewertung am Anschluss durch den Runderlass „Die Arbeit an der Oberschule“ von der Ministerkonferenz beschrieben, um darauf aufbauend durch das Kerncurriculum der Oberschule im Fach Geschichte die rechtlichen Grundlagen auf Fachebene zu erläutern und die Bewertungsmaßstäbe für das Unterrichtsfach Geschichte zu konkretisieren. Die unten aufgeführte Abbildung soll die Hierarchieebenen der gesetzlichen Verordnungen dazu verdeutlichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Hierarchieebenen gesetzlicher Vorschriften
2.1.1. Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG)
Innerhalb der deutschen Bundesrepublik ist das Schulwesen aufgrund des Föderalismus' rechtlich auf Landesebene organisiert. Das bedeutet, dass Schulrecht grundsätzlich Landesrecht ist und dadurch zwischen den einzelnen Ländern Unterschiede in der rechtlichen Organisation bestehen.61 Im Kontext dieser Arbeit soll es im Schwerpunkt regional um die Leistungsbewertung an niedersächsische Oberschule gehen, weshalb auf die Erörterung übergeordneter Gesetze aus dem Grundgesetz und die Bedeutung und Hierarchie zu anderen Gesetzen und Erlassen verzichtet wird. Es werden lediglich die Gesetzesstellen thematisiert, die wesentlich für dieses Thema sind, ohne einen Großkontext und einem umfassenden Zusammenhang herzustellen, da dieser Vorgang für diese Zwecke zu ausführlich wäre.
Das Fundament für die niedersächsische Rechtsprechung im schulischen Bereich legt das Niedersächsische Schulgesetz. Dieses Gesetz, herausgegeben von dem Niedersächsischen Kultusministerium, bildet die Grundlage für das rechtliche Handeln an niedersächsischen Schulen aller Trägerschaften und leitet sich zu Teilen aus dem Grundgesetz ab.62 Neben allgemeinen schulischen Vorschriften, rechtlichen Regelungen bezüglich Schülerinnen und Schülern, der Elternvertretung und der Schulträgerschaft beinhaltet das Niedersächsische Schulgesetz unter anderem Informationen über Entscheidungen der Schule, Gesamt- sowie Fachkonferenzen und Angelegenheiten von und für Erziehungsberechtigte. Diese Gesetzestexte beinhalten Informationen zur Leistungsbewertung und werden deshalb im Folgenden näher betrachtet.
Zunächst behandelt der §33 „Entscheidungen in der Schule“ folgenden Sachverhalt:
„Die Konferenzen, die Bildungsgangs- und Fachgruppen, der Schülervorstand sowie die Schulleitung haben bei ihren Entscheidungen auf die eigene pädagogische Verantwortung der Lehrkräfte Rücksicht zu nehmen.“63
Dies bedeutet, dass jegliche Entscheidung aller Konferenzen möglichst im Einklang mit den Ansichten praktizierender Lehrkräfte einer Schule zu bringen sind und bei Unklarheiten oder Meinungsverschiedenheiten in der Entscheidungsfindung Raum für individuelle pädagogische Meinungen und Urteile gelassen werden sollte. Weiter heißt es in §34, dass die Gesamtkonferenz die Grundsätze für die Leistungsbewertung innerhalb der Schule festlegt. In Absatz 2 heißt es wie folgt:
„Die Gesamtkonferenz entscheidet, soweit nicht die Zuständigkeit einer Teilkonferenz oder einer Bildungsgangs- oder Fachgruppe gegeben ist, über Grundsätze für Leistungsbewertung und Beurteilung und Klassenarbeiten und Hausaufgaben sowie deren Koordinierung“64
Ferner ist unter §35 „Teilkonferenzen“ zu lesen, dass Fachkonferenzen gebildet werden sollen, um „[...] Angelegenheiten [zu behandeln], die ausschließlich den jeweiligen fachlichen Bereich betreffen [...]“ und Klassenkonferenzen zur „Beurteilung des Gesamtverhaltens der Schülerinnen und Schüler“ eingerichtet werden sollen.65 Eine genauere Beschreibung hinsichtlich der Art und Weise der angesprochenen Bewertung wird innerhalb der Gesetzestexte an dieser Stelle nicht vorgenommen.
Einen weiteren wichtigen Aspekt beinhaltet der §55, welcher sich mit dem Thema „Erziehungsberechtige“ beschäftigt. Dort wird erläutert, dass die Leistungserbringung der Schülerinnen und Schüler mit den Eltern in folgender Art zu kommunizieren ist:
„Die Schule führt den Dialog mit den Erziehungsberechtigten sowohl bezüglich der schulischen Entwicklung als auch des Leistungsstandes des Kindes, um entwicklungsspezifische Problemstellungen frühzeitig zu erkennen und gemeinsam mit den Erziehungsberechtigten zu bewältigen.“66
Weiter heißt es: „Die Schule hat die Erziehungsberechtigten über die Bewertung von erbrachten Leistungen und andere wesentliche, deren Kinder betreffende Vorgänge in geeigneter Weise zu unterrichten.“67
An diesen Gesetzesstellen wird die Notwendigkeit der Kommunikation über die schulische Leistungsbewertung beschrieben und festgelegt sowie die hohe Bedeutung einer intensiven Elternarbeit erläutert. Inhaltlich bieten diese Formulierungen jedoch wenig Einblick in die „eigentliche“ Leistungsbewertung. Stattdessen werden an dieser Stelle bereits in Ansätzen die Anforderungen der Leistungsbewertung erwähnt, welche im späteren Verlauf dieser Arbeit noch nähere Betrachtung finden sollen.
2.1.2. Die Arbeit an der Oberschule als Runderlass der MK
Begibt man sich im rechtlichen Kontext auf die nächstkleinere Stufe der Normenhierarchie, so lässt sich auf der Erlassebene der Erlass „Die Arbeit an der Oberschule“ 32-81028 Voris 22410 aus dem Jahr 2017 heranziehen. Inhaltlich ist dieser Erlass im Vergleich zu dem Niedersächsischen Schulgesetz detaillierter und orientiert sich in den Formulierungen an der Praxis. Der siebte Absatz beschäftigt sich mit Leistungsbewertungen und Versetzungen und bietet damit Einblick in den Umgang mit der Leistungserbringung und daraus resultierenden Konsequenzen an niedersächsischen Oberschulen. Da der Runderlass sehr umfangreich ist, werden im Folgenden nur die wichtigsten Passagen behandelt, die einen direkten Bezug zur Leistungsbewertung haben. Die elementarste Aussage des Runderlasses bezüglich der Leistungsbewertung ist dabei in Absatz 7.1 festgesetzt, in dem es heißt:
„Jede Schülerin und jeder Schüler hat einen Anspruch auf Anerkennung des individuellen Lernfortschritts. Die Beobachtung des Lernprozesses, die Feststellung der Lernergebnisse und schließlich die Leistungsbeurteilung haben für sie oder ihn die pädagogische Funktion der Bestätigung und Lernkorrektur, der Hilfe zur Selbsteinschätzung, der Lernhilfe und Ermutigung Ferner heißt es, dass sich „die Leistungsbewertung [...] nicht in punktueller Leistungsmessung erschöpfen [darf], sondern muss den Ablauf der Lernprozesse einbeziehen.“68 69
Damit der Prozess der Leistungsbewertung vollzogen werden kann, sollen entsprechend des Runderlasses schriftliche, mündliche und fachspezifische Leistungen miteinander kombiniert werden, wobei den mündlichen und fachspezifischen Leistungen eine wichtigere Rolle beigemessen werden soll. Neben den genannten Aspekten beinhaltet das siebte Kapitel weiterhin Informationen über den Leistungsumfang, Versetzungen, Übergänge und Abschlüsse. Wie oben zu lesen ist, werden innerhalb des Runderlasses auch hier keine Angaben zu eigentlichen Bewertungsvorgängen gemacht, jedoch werden die Funktionen, welche im späteren Verlauf dieser Arbeit vertieft werden sollen, in Ansätzen angeführt. Sowohl das niedersächsische Schulgesetz, als auch der behandelte Runderlass bieten die Möglichkeit, eigene pädagogische Akzente zu setzen und sind eher allgemein formuliert, sodass jede Lehrkraft innerhalb des rechtlichen Rahmens individuelle Konzepte umsetzen und den Entscheidungsspielraum nutzen kann.
2.1.3. Kerncurriculum des Faches Geschichte
Bei der Durchsicht des niedersächsischen Kerncurriculums des Faches Geschichte an Oberschulen aus dem Jahr 2013 ist festzustellen, dass dieses sich von dem niedersächsischen Schulgesetz und dem Runderlass „Die Arbeit an der Oberschule“ herleitet. Es sind ähnliche Formulierungen vorhanden und inhaltlich deckt sich ein großer Teil der Informationen. An dieser Stelle sollen nur die neuen Erkenntnisse herangezogen werden, da es sonst zu Doppelnennungen kommen würde. Zu Beginn des Kapitels „Leistungsfeststellung und Leistungsbewertung“ im Kerncurriculum wird erwähnt, dass soziale und personale Kompetenzen innerhalb des Dokuments keinerlei Beachtung finden, jedoch trotzdem Gegenstand der Bewertung sein sollten. Laut des Curriculums ist es im Prozess der Leistungserbringung wichtig, dass Lernende die Möglichkeit zur Selbsteinschätzung erhalten.70
Das Kerncurriculum verweist hierbei darauf, dass die inhaltlichen Kompetenzen geprüft werden sollen, welche unmittelbar vor der Prüfung Gegenstand des Unterrichts waren. Neben diesen Kompetenzen sollen ebenfalls Fähigkeiten geprüft werden, die sich aus einem „langfristig angelegten Kompetenzaufbau“71 ergeben. Innerhalb schriftlicher Leistungsprüfungen sollen alle drei Anforderungsbereiche Berücksichtigung finden. Hierbei dürfen laut des Kerncurriculums die schriftlichen Leistungen ein Drittel der Gesamtnote nicht überschreiten.72 Der Rest der Zeugnisnote soll sich demnach aus mündlichen und fachspezifischen Leistungen zusammensetzen, von denen mögliche Varianten als Beispiele im Curriculum angeführt sind. Eine übergeordnete Rolle spielen dabei methodisch-strategische und sozial-kommunikative Leistungen, welche jedoch in dieser Arbeit nicht weiter inhaltlich erörtert werden sollen. Abschließend wird im Kapitel „Leistungsfeststellung und Leistungsbewertung“ erwähnt, dass „ die Grundsätze der Leistungsfeststellung und Leistungsbewertung für Schülerinnen und Schüler sowie für die Erziehungsberechtigten transparent sein [müssen].“73
Festzustellen ist, dass das Kerncurriculum - im Vergleich zu den Gesetzen und Erlassen - näher am Unterrichtsgeschehen orientiert ist. Hier tragen zahlreiche Beispiele zu einem besseren Verständnis und die Darstellung im Fließtext zu einem angenehmeren Lesefluss bei. Durch die wenigen finalen Formulierungen lässt das Kerncurriculum ebenfalls inhaltliche Freiheiten, welche durch die Konferenz individuell bestimmt werden können.
2.2. Gütekriterien der Leistungsfeststellung
Im Kontext von Leistungsfeststellung wird häufig von einer Leistungs messung gesprochen, weshalb zunächst eine Definition und eine weitere Differenzierung der verschiedenen Begrifflichkeiten sinnvoll erscheint.
Der Begriff ,messen‘ bedeuten, „ein Individuum oder eine Gruppe von Individuen hinsichtlich eines oder mehrerer definierter Merkmale zu testen (z.B. Schulleistung oder Intelligenz).“74 Die Begrifflichkeit des Messens unterscheidet zudem eine Messung im weiteren und im engeren Sinne. Bei der Messung im weiteren Sinne werden Kategorien verschiedenen Objekteigenschaften zugeordnet, wobei unter Kategorien logisch trennscharfe Begriffe gemeint sind.75 Messen im engeren Sinne hingegen beschreibt die Zuordnung von Zahlen zu Objekteigenschaften.76 Sowohl bei dem Messen im engeren als auch im weiteren Sinne beinhaltet der Messvorgang die Feststellung von Unterschieden, die durch einen Vergleich erfolgen können. Findet die Zuordnung jedoch zufällig oder fehlerhaft statt, kann dies nicht als Messvorgang bezeichnet werden.77
Um Messergebnissen eine aussagekräftige Bedeutung zuschreiben zu können, werden Bezugsgrößen in Form von Skalen benötigt. Erst wenn die Testergebnisse einer Messung in den Kontext einer Skala gebracht werden, werden diese interpretierbar. Skalen unterscheiden sich hinsichtlich ihres Niveaus. Dabei lässt eine Skala mit einem höheren Niveau stärkere Interpretationen zu, als eine Skala mit niedrigerem Niveau.78 Das niedrigste Niveau im Skalenvergleich bietet das Nominalskalenniveau. Die qualitative Information besteht hierbei nur in Form von gleich oder ungleich (z.B. männlich/weiblich oder bestanden/nicht bestanden).79 Das Nominalskalenniveau ist damit der Messung im weiteren Sinne zuzuordnen. Die Skala mit dem nächsthöheren Niveau nach dem Nominalskalenniveau ist das Ordinalskalenniveau. Hier werden den gemessenen Eigenschaften Zahlen zugeordnet, die eine Rangfolge darstellen.80 Dabei werden zwar quantitative Unterscheidungen vorgenommen, jedoch keine qualitativen Unterscheidungen - in Form von Abständen zwischen den einzelnen Rängen - festgestellt.81 Ein Beispiel hierfür wäre die Messung eines Wettlaufs, bei dem lediglich die Platzierung ohne eine zeitliche Komponente gemessen wird. Eine arithmetische Operation in Form einer Mittelwertberechnung oder eines Vergleichs ist mithilfe von Ordinalskalen nicht möglich, da hierfür Skalen mit einem höheren Niveau und mehr Aussagekraft benötigt werden. Hierzu zählen Intervall- und Verhältnisskalen. Bei dem Intervallskalenniveau werden konstante Abstände zwischen einzelnen Skalenziffern festgestellt.82 Die in den Eigenschaften gemessenen Unterschiede entsprechen den Unterschieden in den angegebenen Messwerten.83 Beispiele für Intervallskalen sind Celsius-Skalen oder IQ-Skalen, denn bei diesen Skalen entsprechen unterschiedliche Werte mit gleichen Differenzen demselben Unterschied. Zum Beispiel entspricht die Differenz zwischen 10°C und 20°C demselben Temperaturunterschied wie die Differenz zwischen 30°C und 40°C.84 Das Aussageniveau der Verhältnisskala ist im Vergleich am höchsten, da hier zusätzlich zu den zugeordneten Messwerten auch ein Nullpunkt definiert ist, durch den Größenverhältnisse bestimmt werden können.85 Die quantitative Information liegt hierbei in der Gleichheit von Summen, Produkten und Quotienten, wie z.B. bei physikalischen Skalen wie cm, kg, m2 oder Sekunden.86
Innerhalb der Schuldiagnostik wird in der Regel nur auf Ordinal- und Intervallskalenniveau gemessen, in Ausnahmefällen auch auf Nominalskalenniveau. Klassische Schulnoten (Ziffernoten 1-6) stellen Leistungsmessungen auf Ordinalskalenniveau dar, da die Abstände zwischen den einzelnen Zensurziffern stark variieren können.87 88 Der Umgang mit Skalen innerhalb der Schule wurde von Walther Fischer bereits 1991 wie folgt kritisiert:
„Zunächst wird jede Benotung in der Stummheit der Innerlichkeit des Prüfers als eine Art Wortbenotung vorgenommen. Anschließend geht man zur Ziffernbenotung über, wechselt von Nominalskalen (Worte/Ziffern) zu Ordinalskalen (Ziffer/Zahl), geht zur Differenzierung und der Berechnung von Mittelwerten stillschweigend zu einer Verhältnisskala über, wechselt anschließend zur Gewinnung von Platzziffern (Einordnung in eine Rangfolge) wieder die Skalenart, geht also zurück zum Ordinalskalenaspekt, um bei der Interpretation der Noten bzw. des Zeugnisses wieder nominal zu skalieren, indem man die Notenwerte gemäß den auf den Zeugnisformularen klein gedruckten Zuordnungen in Worten liest als ,sehr gut' oder ,gut‘. “ 88
Die von Walther Fischer beschriebene Situation des Umgangs mit Skalen innerhalb der Schule wurde an dieser Stelle angeführt, da Schulnoten Messwerte auf Ordinalskalenniveau darstellen. Hierbei ist es rein mathematisch unzulässig, diese Werte auf andere Skalen zu übertragen oder gar Durchschnittsnoten in Form von Mittelwerten zu errechnen. Als Beispiel wäre hier die Berechnung einer Zeugnisnote angeführt. Ein Schüler, dessen Noten im Laufe eines Schuljahres 2, 3, 3, 4, 3, 5 lauten würden, würde einen Mittelwert von 3,33 ergeben. Hätte dieser Schüler die Notenreihenfolge 5, 4, 3, 3, 3, 2 läge der Mittelwert ebenfalls bei 3,33.89 Bei einer rein mathematischen Beurteilung dieser Notenverläufe würde der Schüler in beiden Fällen dieselbe Note erhalten, wobei diese Herangehensweise aus pädagogischer Sicht problematisch sein könnte, weil eine Leistungsverbesserung erkennbar ist, die dann keine Berücksichtigung finden würde. Innerhalb der Notenvergabe sollte in jedem Fall im pädagogischen Ermessensspielraum entschieden werden.90
Wie dieses Kapitel beschreibt, können innerhalb einer Leistungsbewertung zahlreiche Faktoren den Prozess der Ergebnisentstehung beeinflussen. Damit Leistungsmessung, gleich ob im außerschulischen oder schulischen Kontext, sinnvoll verwertbare Daten hervorbringt, muss die Messung gewissen Anforderungen gerecht werden. Diese Anforderungen werden als Gütekriterien bezeichnet, welche im Folgenden thematisiert werden sollen. Entstanden sind diese Gütekriterien im Zuge der klassischen Testtheorie, die sich mit Fragen der Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Zielführung von Testverfahren und Diagnostik beschäftigt.91
2.2.1. Objektivität
„Objektivität im messtheoretischen Sinn bedeutet die Ausschaltung subjektiver Einflüsse von der Seite des Prüfenden.“92 Nach dieser Definition bedeutet Objektivität, dass die Leistungsmessung immer dann als objektiv zu bezeichnen ist, wenn die Ergebnisse bei wechselnder Prüfperson gleichbleiben. Demzufolge sollen objektive Prüfungen frei von persönlichen Einflüssen der messenden Person sein.93
In Bezug auf den Lehrerberuf sollte man sich demnach in einer Bewertungssituation die Fragen stellen, ob die Ergebnisse einer Prüfung unabhängig von der eigenen Person und der Beziehung zu der zu prüfenden Person sind und ob womöglich eine andere Lehrperson (nicht) zu dem gleichen Ergebnis gekommen wäre.94 Im schulischen Kontext werden zu der Sicherstellung der Objektivität oftmals keine standardisierte Verfahren angewandt, welche die Objektivität der Leistungsbewertung, hier besonders Abschlusstests oder schulübergreifende Vergleichstests, erhöhen können. Innerhalb standardisierter Tests erhalten Lehrkräfte genaue Anweisungen bezüglich der Testdurchführung. Unter anderem können hierbei die Aufgabenformulierungen, das Verhalten innerhalb der Leistungsfeststellung oder Instruktionen zu der Auswertung und Interpretation standardisiert sein.95
Formal gilt es drei verschiedene Arten der Objektivität zu unterscheiden, welche es im Detail zu beachten gilt.
Durchführungsobjektivität:
Das jeweilige Verhalten der prüfenden Person kann unter Umständen das Testergebnis der Prüflinge beeinflussen. Je nach dem individuellen Verhalten und den ,Eigenarten' der Prüferin oder des Prüfers kann dies direkte oder indirekte Auswirkungen auf die Prüfungssituation und damit auf das Prüfungsergebnis haben. Eine Vermeidung dieses Umstandes hätte zur Folge, dass man genaue Verhaltensregeln für die Lehrkräfte beschließen müsste, welche wiederum auch zuverlässig eingehalten werden müssten. Diese beinhalten neben dem Verhalten auf Fragen während der Prüfungssituation auch die erlaubten Hilfsmittel und Hilfestellungen durch die Lehrkraft sowie festgelegte Instruktionen zu den gestellten Aufgaben. Dieses Prozedere ist beispielsweise für wissenschaftliche Tests oder auch für Abschlussarbeiten im Schulkontext umsetzbar, jedoch mit einer hohen Wahrscheinlichkeit nicht für jede Prüfungssituation im Kontext Schule gewollt. Die Auferlegung eines bestimmten Verhaltens hat nämlich zur Folge, dass soziale Interaktionen zwischen Lehrenden und Lernenden minimiert werden müssten.96 Dieser Umstand ist aus pädagogischer Sicht als nicht ganz unproblematisch zu sehen. Dennoch könnte es sinnvoll sein, das Verhalten als Lehrkraft innerhalb von Prüfungssituationen zu ritualisieren, um den Schülerinnen und Schülern in aufregenden und stressigen Momenten eine Konstante zu bieten und somit für ein Gefühl der Sicherheit zu sorgen.
Auswertungsobjektivität
Innerhalb der Auswertungsobjektivität sind Kriterien gefasst, welche die Beurteilung der erbrachten Leistung reglementieren. Hierbei geht es um die Vereinheitlichung der geforderten Prüfungslösung und der Kategorisierung von richtigen und falschen Antwortformaten.97 Geschlossene Aufgabenformate, die nur eine eindeutige richtige Lösung zulassen, haben demnach eine höhere Auswertungsobjektivität, als offene Aufgabenformate mit zahlreichen Lösungsmöglichkeiten.98 Neben einem detailliert aufgeschlüsselten Erwartungshorizont zu einer jeden Prüfung ist es zudem sinnvoll, das eigene Bewertungsverhalten zu reflektieren und einen Abgleich zu anderen Lehrkräften durchzuführen. Bei Unsicherheiten sollte eine zweite Meinung eingeholt werden, damit die Prüfungen mit möglichst hoher Sicherheit auch in gleicher Art bewertet werden und die Auswertungsobjektivität dadurch gegeben ist.99
Interpretationsobjektivität
Die Interpretationsobjektivität bezieht sich auf die Bewertung der diagnostischen Information der Prüfung. Sie ist dann sichergestellt, wenn unterschiedliche Prüferinnen und Prüfer eine vorhandene Leistung in gleicher Art beurteilen und darauf aufbauend für die weitere Verwendung der Prüfungsergebnisse dieselben Schlussfolgerungen ziehen.100 Um die Interpretationsobjektivität zu gewährleisten, sind Interpretationsrichtlinien von Nöten, um einen einheitlichen Umgang mit den Prüfungsergebnissen sicherzustellen.101 Demnach darf auch hier die Interpretation der Testergebnisse nicht von der testenden Person abhängig sein, sondern sollte bei wechselnden Prüfern identisch bleiben.
2.2.2. Reliabilität
Reliabilität bezeichnet die Genauigkeit und Sicherheit einer Messung, womit also die Zuverlässigkeit gemeint ist. Eine Messung ist demnach dann reliabel, wenn der Gegenstand der Messung exakt und genau gemessen wird. Ob eine Messung tatsächlich reliabel ist, kann durch eine Reproduktion des Messergebnisses festgestellt werden. Damit die Reproduktion auch tatsächlich genau die vorherige Messung wiederspiegeln kann, dürfen die Rahmenbedingungen bei der Folgemessung nicht abgeändert werden.102
Weiterhin sind Messungen dann reliabel, wenn die hervorgebrachten Messwerte unabhängig vom Zeitpunkt der Messung gemessen werden und dasselbe Messergebnis bei demselben Messobjekt dieselben Messergebnisse produziert.103 Im schulischen Kontext birgt die Bedeutung der Reliabilität einen gewissen Wiederspruch in sich, denn keine Leistungsmessung gleicht einer anderen in vollkommender Weise. Die Messgegenstände sind hier menschliche Individuen, die sich persönlich weiterentwickeln und von Zeit zu Zeit in unterschiedlicher Art agieren. Die Performanz wird von zahlreichen internen und externen Faktoren umrahmt, welche die Messung beeinflussen können. Neben der zeitlichen Komponente können unter anderem das persönliche Wohlbefinden der Prüflinge, akustische oder visuelle Störreize, das Verhalten des Prüfers oder die Arbeitsatmosphäre innerhalb der zu prüfenden Gruppe das Testergebnis beeinflussen. Zusammenfassend werden die verschiedenen Störfaktoren als Messfehler bezeichnet, welche durch statistische Verfahren eingeschätzt werden können. Eine Möglichkeit, um die Reliabilität von Tests zu prüfen, ist die Retest- Reliabilität. Hierbei werden zwei inhaltlich identische Tests zu verschiedenen Zeitpunkten an derselben Stichprobengruppe durchgeführt, um die Reliabilität der Testung zu messen. Die Ergebnisse dieser beiden Tests werden hinsichtlich ihrer Korrelation geprüft. Im schulischen Kontext kann es aufgrund der verstrichenen Zeit zwischen den beiden Tests und des eventuell in dieser Zeit durchgeführten Fachunterrichts zu einem Unterschied der Ergebnisse kommen, da die Prüflinge sich aufgrund neu erlernter Inhalte und des bereits durchgeführten identischen Testdurchlaufs, mit hoher Wahrscheinlich im Durchschnitt verbessern. Aufgrund dieser Begebenheit wird als Vergleich die Korrelation gewählt, da dieser Wert gleichbleibt, sofern sich alle Schülerinnen und Schüler um denselben Wert verbessern oder verschlechtern.104 Es existieren weitere Testverfahren zu der Reliabilitätsfeststellung von Prüfungen, jedoch erscheint die Retest-Reliabilität im schulischen Kontext aufgrund von organisatorischen und ökonomischen Aspekten am geeignetsten, weshalb im Zuge dieser Arbeit auf die Erläuterung weiterer Verfahren verzichtet wird.
2.2.3. Validität
Laut Ingenkamp ist die Validität das herausragendste und damit bedeutendste Gütekriterium, da die Validität die Gültigkeit der Messung beschreibt. „Gültigkeit ist der Grad der Genauigkeit, mit dem das zu messende Merkmal tatsächlich erfasst wird [...].105
Ein hierfür oftmals angeführtes Beispiel stellen Textaufgaben im Mathematikunterricht dar. Hierbei beeinträchtigt häufig die Sprachkompetenz, die eine Schülerin oder ein Schüler aufweist, die eigentlich getestete mathematische Kompetenz, da zu der Lösung der gestellten mathematischen Testaufgabe zunächst einmal ein erhöhtes Sprachverständnis benötigt wird. Lernende, die mit guten oder sogar sehr guten mathematischen Kompetenzen ausgestattet sind, scheitern demzufolge womöglich aufgrund fehlender Sprachkompetenzen an Textaufgaben im Mathematikunterricht.106 Der beschriebene Fall stellt die fehlende Validität von Textaufgaben im Mathematikunterricht dar, ist aber gleichwohl auch auf andere Situationen übertragbar. Sofern ein Messverfahren nicht das Merkmal abprüft, welches es in der Intention abprüfen soll, spricht man von einer fehlenden Validität. In der Literatur werden verschiedene Validitätskonzepte unterschieden, welche bei einer korrekten Leistungsprüfung Berücksichtigung finden und die auf den folgenden Seiten vorgestellt werden sollen.
Inhaltsvalidität
Die Inhaltsvalidität ist dann gewährleistet, wenn das Testverhalten als repräsentative Probe einer Gesamtheit eingeordnet werden kann. Im schulischen Kontext ist die Inhaltsvalidität in der Regel gegeben, da die Inhalte eines Tests auf zuvor behandelte Inhalte des Unterrichts aufbauen, welche wiederum auf die Lehrpläne und den curricularen Vorgaben des jeweiligen Faches basieren sollten. Man spricht hier auch von einer curricularen Gültigkeit. Werden im Test hingegen Themenfelder abgefragt, die weder in den Lehrplänen manifestiert noch im zuvor gehaltenen Unterricht Betrachtung gefunden haben, ist die Inhaltsvalidität nicht in Gänze sichergestellt.107
Prognosevalidität
Die Prognosevalidität ist immer dann vorhanden, wenn aus den vorhandenen Testergebnissen Abschätzungen bezüglich zukünftiger Messungen getroffen werden können. Für den schulischen Kontext können demnach Prüfungsergebnisse Aufschluss über den weiteren Lernerfolg geben.108 Die Prognosevalidität wird hergestellt, indem Inhalte ausgewählt werden, die für den weiteren Lernprozess der Lernenden voraussichtlich relevant sein werden. Die Gewichtung der Inhalte erfolgt demnach nach ihrer Lernbedeutung.109
Übereinstimmungsvalidität
„Übereinstimmungsvalidität liegt vor, wenn mit verschiedenen Untersuchungsinstrumenten gewonnene Resultate übereinstimmen.“110 Der von Sacher beschriebene Sachverhalt drückt aus, dass auch im schulischen Kontext unterschiedliche Arten der Prüfung zu einem ähnlichen oder bestenfalls gleichen Ergebnis kommen sollten. Unterscheiden sich beispielsweise die schriftlichen und mündlichen Leistungen eines Lernenden dauerhaft stark voneinander, kann dies ein Indiz für die fehlende Übereinstimmungsvalidität sein. Die Hintergründe für dieses Defizit können verschiedene sein, beispielsweise könnten Ängste einen Grund für starke Abweichungen der verschiedenen Testverfahren darstellen. In diesem Beispiel wird bei einer Leistungsmessung nicht mehr die fachliche Kompetenz des Lernenden, sondern die psychische Belastung durch die Angst gemessen.111
2.2.4. Transparenz
Obwohl Transparenz kein Gütekriterium im engeren Sinne darstellt, soll es an dieser Stelle thematisiert werden, da es für den Kontext dieser Arbeit und insbesondere für die im Folgenden bearbeitete Forschungsfrage für besonders wichtig gehalten wird.
Ein Beschluss der Kultusministerkonferenz aus dem Jahre 2004 hat ,Standards für die Lehrerbildung in den Bildungswissenschaften ‘ formuliert. Dort heißt es unter der Kategorie 8, dass „Lehrerinnen und Lehrer [...] Leistungen von Schülerinnen und Schülern auf der Grundlage transparenter Beurteilungsmaßstäbe [zu erfassen haben]“112 Die Formulierung dieser Leitlinie verdeutlicht, welchen Stellenwert der transparente Umgang mit Leistungsbewertung an Schulen einnimmt. Weiter werden unter anderem für den schulischen Umgang damit Standards für die praktischen Ausbildungsabschnitte von Lehramtsanwärtern formuliert:
„Die Absolventinnen und Absolventen ...
... konzipieren Aufgabenstellungen kriteriengerecht und formulieren sie adressatengerecht.
... wenden Bewertungsmodelle [...] fach- und situationsgerecht an.
... verständigen sich auf Beurteilungsgrundsätze mit Kolleginnen und Kollegen.
. begründen Bewertungen und Beurteilungen adressatengerecht und zeigen Perspektiven für das weitere Lernen auf.
... nutzen Leistungsüberprüfungen als konstruktive Rückmeldung über die eigene Unterrichtstätigkeit.113
Der Umgang mit dem Thema ,Transparente Leitungsbewertung‘ seitens der Lehrkraftausbildung zeigt, dass dieses ein wichtiger Bestandteil der Lehramtsausbildung ist. Nicht nur die Aufgabenstellungen für die Leistungsbewertung sollen demnach nachvollziehbar erfolgen, auch wird ein offener Umgang im Kollegium, innerhalb der Klassengemeinschaft in Form von Rückmeldungen sowie die Reflexion der eigenen Tätigkeit durch Leistungsüberprüfungen gefordert. Eine Berücksichtigung all dieser Aspekte soll zu einer Erhöhung der Schultransparenz führen. Hervorzuheben ist die Erwähnung der fach- und situationsbedingten Anwendung der Bewertungsmaßstäbe.114 Diese Forderungen werden innerhalb des Beschlusses jedoch nicht weiter ausgeführt.
Die durch den Beschluss der Kultusministerkonferenz geforderten Kompetenzen zur transparenten Beurteilung benötigen im Bezug zur Praxis vermutlich mehr Anleitung zur Anwendung. In der Literatur wird der direkte Bezug zu diesen Forderungen selten aufgegriffen. Die von Boericke et. al. vorgestellten Alternativen zur Leistungsbewertung (s. im Folgenden) bieten hierzu einige Ansätze, auch wenn sich diese nicht direkt auf den Beschluss der Kultusministerkonferenz beziehen.
In den Ansätzen von Boericke et al. wird ,Kommunikation' als ein wichtiger Bestandteil einer funktionierenden Lernkultur verstanden. Hierbei ist es wichtig, dass Lernende ein kontinuierliches Feedback über den eigenen Lernstand und Lernfortschritt erhalten. Durch diese Art der Rückmeldung kann den Lernenden bewusst gemacht werden, woran sie noch arbeiten müssen und welche Kompetenzen bereits im ausreichenden Maße geschult sind. Es sollte also eine transparente, eindeutige und kontinuierliche Rückmeldung über den Lernprozess erfolgen. Des Weiteren ist es besonders wichtig, die Bewertungsmaßstäbe transparent offen zu legen. Nur wenn für Lernende nachvollziehbar ist, was geleistet werden soll, können diese in die Lage einer effektiven Leistungserbringung versetzt werden.115 Eine praxisnahe Möglichkeit zur Offenlegung der Bewertungsmaßstäbe stellt die sog. ,Kommunikative Validierung' dar. Hierbei kommuniziert die Lehrkraft auf Grundlage des Lehrplans frühzeitig, auf welche Art und Weise geprüft und bewertet wird. Dabei kann dieser Prüfungsprozess mit den Lernenden inhaltlich diskutiert und bei Bedarf angepasst werden. Durch diese Herangehensweise kann sichergestellt werden, dass alle am Leistungsprozess beteiligten Personen das System verstanden und verinnerlicht haben.116 Ferner kann die kommunikative Validierung um das System der Kreativität und Innovation ergänzt werden. Hierbei werden Kriterien der Bewertung gemeinsam vereinbart, welche dann in einem Prozess der Selbst- und Fremdeinschätzung genutzt werden.117 Diese Option sorgt nicht für das Verständnis des Leistungsprozesses und der Bewertungsmaßstäbe, sondern schult zudem die Kompetenz der Selbstwahrnehmung durch die Selbsteinschätzung. Der kommunikative Austausch über das Leistungsbild zwischen der leistungsbewertenden und leistungserbringenden Person korrigiert dabei mögliche auftretende Wahrnehmungsverzerrungen. Eine weitere Möglichkeit zur Herstellung einer transparenten Beurteilung liegt ebenfalls in der Selbsteinschätzung. Mithilfe von Beurteilungsbögen können Lernende die eigene Leistung anhand vorgefertigter Erwartungskriterien in einem Beurteilungsbogen einschätzen. Hierbei ist die Qualität der Selbsteinschätzung zunächst zweitrangig. Vielmehr werden den Lernenden durch diesen Prozess die Kriterien und Schwerpunkte der Leistungsbewertung anhand der Beurteilungsbögen vermittelt. Diese Herangehensweise führt dazu, dass die Kompetenz der Selbsteinschätzung kontinuierlich gefordert und gefördert wird.118
Die vorgestellten Verhaltensweisen zur Herstellung der Transparenz sind nur einige Beispiele und weisen keinen Anspruch auf Vollständigkeit auf. Sie sind viel mehr als Denkanstöße zu betrachten, welche ein möglichst methodisches Vorgehen skizzieren und je nach Praxissituation angepasst oder ersetzt werden können.
2.3. Funktionen schulischer Leistungsbewertung
Im Allgemeinen stellt die schulische Leistungsbewertung einen elementaren Bestandteil des Schullebens dar. Das System Schule, wie es in unserer heutigen Gesellschaft existiert, ist auf die Leistungsbewertung ausgelegt, denn das schulische Lernen bringt unvermeidbar eine Leistungsfeststellung und die anschließende Bewertung dieser Leistung mit sich.119 Auch wenn die vorherrschende Situation bildungspolitisch und gesellschaftlich häufig diskutiert und kritisiert wird, wird das Grundprinzip nicht oder nicht in erwähnenswerter Weise geändert. Mögliche Alternativmodelle werden nicht selten als „ Verlust an Leistungsbereitschaft und zukunftsfähiger Bildung“120 abgelehnt. Aufgrund der häufigen Kritik liegt die Fragestellung nahe, aus welchen Gründen die schulische Leistung bewertet und nicht auf alternative Verfahren zur Leistungsfeststellung zurückgegriffen wird. Wozu existieren Zensuren und welche Funktionen können diese erfüllen - bzw. nicht?
Die Selbstverständlichkeit der schulischen Leistungsbewertung lässt diese Fragestellung beinahe überflüssig erscheinen. Die Fragwürdigkeit der Zensur121 scheint längst nicht mehr aktuell zu sein und der Sinn der Leistungsbewertung längst entdeckt.122 Trotz der Omnipräsenz der schulischen Leistungsbewertung und damit einhergehend der selbstverständlichen Akzeptanz dieser, sollen im Folgenden die ursprünglichen Funktionen der schulischen Leistungsbewertung erörtert werden, denn diese sind nach Ingenkamp „niemals in erster Linie pädagogische Instrumente gewesen“123, sondern hatten im Ursprung vielmehr eine gesellschaftliche Funktion.124
2.3.1. Gesellschaftliche Funktion
Eine vorrangige gesellschaftliche Funktion der schulischen Leistungsbewertung liegt in der Selektionsfunktion.125 Die Institution Schule erfüllt unter anderem die Aufgabe, junge Menschen zuzuweisen und Laufbahnbestimmungen bis zu einen bestimmten Grad unter möglichst gerechtem Vorgehen vorzunehmen.126 Diese Selektion gilt sowohl für das gegliederte Schulsystem, welches nach oben und unten hierarchisch durchlässig ist, als auch für den weiteren Aus-, Fort-, und Weiterbildungsweg der Lernenden.127 Sie Selektionsfunktion beinhaltet dabei die sogenannten prospektive Verteilungsfunktion, welche die Qualifizierung der Lernenden aufgrund ihres Könnens und Wissens festlegt. Die Position des Individuums innerhalb unserer Gesellschaft ist demnach von den vorhandenen Kompetenzen abhängig. Da die Selektions- bzw. prospektive Verteilungsfunktion für Lernende von immenser Bedeutung ist, muss die Herangehensweise der Leistungsbewertung in jeden Fall fair und unter dem Aspekt der Gleichbehandlung vollzogen werden.128 Im Grundsatz stellt die Selektionsfunktion ein reines Instrument der Auslese dar, welches leistungsstarke von leistungsschwachen Lernenden trennen soll. Dies wird von Werner Sacher kritisiert, da dieser Prozess zur Stigmatisierung führen kann.129 Die Selektion wird zudem schichtspezifisch verzerrt, was zur Folge haben kann, dass der schulische Erfolg durch die durchgeführte Selektion stark von dem sozio-ökonomischen Status der Herkunftsfamilie abhängen kann. Des Weiteren setzt das deutsche Bildungssystem im Zuge der Selektion auf frühe Prognosen, da das Leistungsbild von Heranwachsenden ständigen Veränderungen ausgesetzt und somit in vielen Fällen noch unklar sein kann.130 Eine weitere gesellschaftliche Funktion der schulischen Leistungsbewertung besteht in der Ökonomisierung. Die unterschiedlichen Begabungen, die Intelligenz sowie die Bedingungen der Umgebung und der Vererbung sind Kriterien, die laut Jäger als Determinanten der Schulleistung gelten und somit auch die Leistungsfähigkeit beeinflussen können.131 Demzufolge hat die Institution Schule auch die Funktion, mögliche Bildungspotenziale und Lernmethoden individuell für Schülerinnen und Schüler zu erkennen, um eine „ökonomische Handhabung“132 zu gewährleisten. Ferner bildet die Sozialisation eine weitere Funktion der Leistungsbewertung aus gesellschaftlicher Perspektive. Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines jeden Menschen ist in unserer Gesellschaft omnipräsent. Durch die frühe Einübung dieses Konzepts innerhalb der Schule und durch die Vermittlung von Ausleseentscheidungen verschiedenster Art und die Anwendung des Leistungsprinzips werden Schülerinnen und Schüler in der Akzeptanz dieser gesellschaftlichen Umstände gefördert, sodass Konflikte im späteren Lebensverlauf minimiert werden können.133 Darüber hinaus bildet die Leistungsbewertung in Schulen auch die Grundlage zur außerschulischen Kontroll- und Berichtsfunktion. Als staatlich finanzierte Institution ist es von Bedeutung, die Qualität des Unterrichts sicherzustellen. Dies kann unter anderem durch die Analyse der Lehrinhalte und durch die Prüfung der Lernziele und deren Erreichung geschehen.134 Hierauf aufbauend kann die Berichtsfunktion genannt werden, in dem der Wissenstand der Schülerschaft öffentlich dargelegt wird.135 Verdeutlicht werden kann dies beispielsweise durch überregional angelegte Untersuchungen, die das Leistungsvermögen in Anlehnung an der vorhandenen Benotung analysieren und vergleichen.136 Gesamtgesellschaftlich weist die schulische Leistungsbewertung auch die Funktion der Legitimation auf.
Demzufolge werden bildungspolitische, administrative oder unterrichtliche Entscheidungen über das Leistungsniveau von Lernenden legitimiert. Argumente, wie bspw. die durchschnittlichen Ergebnisse eines Abiturjahrgangs, bieten hier eine massentaugliche Argumentationsbasis, um darauf politische, schulische oder bürokratische Entscheidungen zu begründen.137 Neben der bereits genannten Qualifikation und Selektion ist es Aufgabe der Schule innerhalb der Leistungsbewertung integrative und individuelle Maßstäbe anzulegen. Die Schülerinnen und Schüler sollten durch ihre Leistungserbringung auf den Lebensabschnitt nach der Schule vorbereitet werden. Dazu gehört auch, dass Merkmale und Maßstäbe der Gesellschaft vermittelt werden, um ein soziales Miteinander zu ermöglichen. Dieser Prozess sollte für jeden Lernenden individuell angepasst und aufbereitet werden, damit die individuelle Fähigkeit eines jeden Individuums zur vollen Entfaltung kommen kann und eine positive Entwicklung gefördert werden kann.138
2.3.2. Pädagogische Funktionen
Die pädagogischen Funktionen der schulischen Leistungsbewertung sind vielfältig. Da die von Zielinski formulierten Funktionen im Vergleich zu denen anderer Autoren besonders umfangreich und detailliert erscheinen, werden diese im Schwerpunkt für die folgende Erläuterung genutzt.139
Zunächst einmal dient nach Zielinski die Leistungsbewertung als Rückmeldefunktion für Lehrkräfte, da anhand des Leistungsstandes u.a. der Erfolg des Unterrichts abgelesen werden kann. Liegt dieser bei einem großen Teil der Schülerschaft in einem nicht zufriedenstellenden Bereich, könnte dies an der Qualität, der Geschwindigkeit oder der Verständlichkeit des Unterrichts liegen. Die Rückmeldefunktion gilt gleichermaßen auch für die Schülerinnen und Schüler, denn anhand der erbrachten Leistung informiert die Note über den derzeitigen Leistungsstand im Vergleich zu vorherigen Leistungen oder über die Leistung im Bezug zur Klassengemeinschaft. Für Erziehungsberechtigte verkörpert die Leistungsbewertung eine Informationsquelle, mithilfe derer das derzeitige Leistungsniveau der eigenen Kinder eingeschätzt werden kann, weshalb man auch von der Berichtsfunktion spricht. Aus motivationaler Perspektive kann der schulischen Leistungsbewertung eine Anreizfunktion zugeschrieben werden. Es wäre denkbar, dass die Schülerinnen und Schüler dazu animiert werden, bessere Leistungen erbringen zu wollen. Im Gegensatz zu der Anreizfunktion steht die Disziplinierungsfunktion, Lernende sollen durch die Vergabe von schlechten Noten dazu animiert werden, bei der nächsten Leistungsmessung eine bessere Leistung zu erbringen. Wie bei den gesellschaftlichen Funktionen existiert auch bei den pädagogischen Funktionen die Sozialisations- und Selektionsfunktion. Hierbei können Schülerinnen und Schüler durch ihre Leistungsbewertung erkennen, dass unterschiedliche Kraftanstrengung auch unterschiedlich belohnt wird. Diese Erkenntnis kann im schulischen Kontext sowie im gesamtgesellschaftlichen Kontext für Lernende hilfreich sein. Ferner sollen herausragende Leistungen dazu führen, dass Trägerinnen und Träger dieser den passenden Institutionen zugeführt werden können, so Zielinski. Eine letzte, jedoch nicht zu vernachlässigende Funktion stellt die Chancenausgleichsfunktion dar, mithilfe derer besonders benachteiligte Lernende einen fairen Ausgleich innerhalb der Leistungsbewertung erhalten.140
[...]
1 Vgl. Haschler / Morinaj / Waber (2018), S. 66.
2 Vgl. Sacher (2004), S. 11.
3 Vgl. Winter (2006), S. 1f.
4 Vgl. Broszat (2008), S. 66.
5 Ebd., S. 66.
6 Vgl. Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, Zugriff am 13.05.2020.
7 Vgl. Deutsches Wörterbuch (Brockhaus 2020) unter „leisten“.
8 Vgl. Kupffer (1996), S. 6.
9 Vgl. Broszat (2008), S. 67ff.
10 Vgl. Klafki (1993), S. 211f.
11 Ebd., S. 212.
12 Vgl. Broszat (2008), S. 72.
13 Vgl. Broszat (2008), S. 72f.
14 Vgl. Gigon (1977), S. 22.
15 Vgl. Broszat (2008), S. 73ff.
16 Vgl. Hentig (1999), S. 29.
17 Vgl. Sacher (2004), S. 17f.
18 Ebd., S. 18.
19 Vgl. Jürgens (2010), S. 13.
20 Vgl. Broszat (2008), S. 66.
21 Vgl. Sommer (1983), S. 19.
22 Vgl. Bohl (2008), S. 27.
23 Vgl. Klafki (1993), S. 228.
24 Vgl. Jürgens (2010), S. 26.
25 Ebd., S. 27.
26 Vgl. Prenzel / Schiefele (1981), S. 491.
27 Vgl. Jürgens (2010), S. 28.
28 Vgl. Jürgens (2010), S. 29.
29 Vgl. Roth (1969), S. 6.
30 Vgl. Jürgens (2010), S. 31.
31 Vgl. Kaszemek (1989), S. 142.
32 Vgl. Jürgens (2010), S. 31.
33 Ebd., S. 31f.
34 Vgl. Klafki (1975), S. 91.
35 Vgl. Jürgens (2010), S. 32.
36 Vgl. Jürgens (2010), S. 33.
37 Ebd., S. 33.
38 Ebd., S. 34.
39 Ebd., S. 38.
40 Vgl. Lichtenstein-Rother (1981), S. 139.
41 Vgl. Jürgens (2010), S. 38.
42 Vgl. Kühberger (2014), S. 7.
43 Vgl. Stern (2008), S. 25.
44 Vgl. Kühberger (2014), S. 7.
45 Vgl. Kapitel 1.2. dieser Arbeit, im Schwerpunkt inhaltlich die Ausführungen Jürgens.
46 Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium (2013), S. 17.
47 Ebd., S. 37.
48 Vgl. Kühberger (2004), S. 14-19.
49 Vgl. Kühberger (2004), S. 14.
50 Ebd., S. 14f.
51 Vgl. Amrhein-Kreml (2008), S. 41.
52 Vgl. Kühberger (2004), S. 15.
53 Ebd., S. 15f.
54 Vgl. Borries (2007), S. 666f.
55 Vgl. Stern (2008), S. 28f.
56 Vgl. Kühberger (2004), S. 10f.
57 Ebd., S. 11.
58 Vgl. Adamski / Bernhardt (2012), S. 404.
59 Vgl. Kühberger (2004), S. 18.
60 Vgl. Kühberger (2004), S. 18f.
61 Vgl. Hoegg (2012), S. 13ff.
62 Vgl. NschG §1-2.
63 Vgl. NschG §33.
64 Vgl. NschG §34.
65 Vgl. NschG §34.
66 Vgl. NschG §55.
67 Vgl. NschG §55.
68 Vgl. Runderlass „Die Arbeit an der Oberschule“, Kapitel 7.
69 Vgl. Runderlass „Die Arbeit an der Oberschule“, Kapitel 7.
70 Vgl. KC, S. 37
71 Vgl. KC, S. 37.
72 Vgl. KC, S. 37f.
73 Vgl. KC, S. 38.
74 Vgl. Langfeldt (1984), S. 65.
75 Vgl. Sacher (2004), S. 33.
76 Ebd., S. 33f.
77 Vgl. Langfeldt (1984), S. 66.
78 Ebd., S. 66f.
79 Ebd., S. 67.
80 Vgl. Sacher (2004), S. 33.
81 Vgl. Langfeldt (1984), S. 67.
82 Ebd., S. 67f.
83 Vgl. Sacher (2004), S. 33.
84 Vgl. Langfeldt (1984), S. 67.
85 Vgl. Sacher (2004), S. 34.
86 Vgl. Langfeldt (1984), S. 67.
87 Vgl. Sacher (2004), S. 34.
88 Vgl. Fischer (1991), S. 243.
89 Ähnliche Problematiken sind bei einer Berechnung des Medians, wie es gewöhnlich für Ordinaldaten üblich ist, zu bemerken. Bei der Berechnung des Medians werden die Größen unter und über dem Median nicht berücksichtigt, da der Median unempfindlich gegenüber diesen Größen ist.
90 Vgl. Sacher (2004), S. 34f.
91 Vgl. Jürgens (2010) , S. 73.
92 Vgl. Ingenkamp (1994), S. 768.
93 Vgl. Jürgens (2010), S. 74.
94 Vgl. Sacher (2004), S. 36.
95 Vgl. Heller / Hany (2002), S. 90.
96 Vgl. Langfeldt (1984), S. 74.
97 Vgl. Sacher (2004), S. 36.
98 Vgl. Langfeldt (1984), S. 74.
99 Vgl. Sacher (2004), S. 36f.
100 Vgl. Jürgens (2010), S. 75.
101 Vgl. Sacher (2004), S. 36.
102 Vgl. Jürgens (2010), S. 76.
103 Vgl. Langfeldt (1984), S. 68.
104 Vgl. Langfeldt (1984), S. 76.
105 Vgl. Ingenkamp (1994), S. 769.
106 Vgl. Sacher (2004), S. 37.
107 Vgl. Langfeldt (1984), S. 72.
108 Vgl. Sacher (2001), S. 78.
109 Vgl. Jürgens (2010), S. 78.
110 Vgl. Sacher (2004), S. 41.
111 Vgl. Jürgen (2010), S. 79.
112 Vgl. Kultusministerkonferenz vom 16.12.2004.
113 Vgl. Kultusministerkonferenz vom 16.12.2004.
114 Vgl. Jürgens, E. / Lissmann, U. (2015), S. 14.
115 Vgl. Boericke, R. / Gerstner, H.-P. / Tschira, A. (2004), S. 162f.
116 Vgl. Städeli, C. / Pfiffner, M. (2018), S. 72.
117 Ebd., S. 73.
118 Vgl. Boericke, R. / Gerstner, H.-P. / Tschira, A. (2004), S. 163f.
119 Vgl. Beutel / Vollstädt (2000), S. 7.
120 Ebd., S. 7.
121 Begrifflichkeit in Anlehnung an Ingenkamp (1974)
122 Vgl. Tillmann / Vollstädt (2000), S. 2f.
123 Vgl. Ingenkamp (1985), S. 176.
124 Vgl. Tillmann / Vollstädt (2000), S. 28.
125 Vgl. Fend (1981), S. 17.
126 Vgl Tillmann / Vollstädt (2000), S. 28.
127 Vgl. Jäger (2004), S. 28.
128 Vgl. Jürgens (2010), S. 58.
129 Vgl. Sacher (2004), S. 21.
130 Vgl. Sacher (2004), S. 21f.
131 Vgl. Jäger (2004), S. 29.
132 Ebd., S. 29.
133 Vgl. Sacher (2004), S. 24.
134 Vgl. Jäger (2004), S. 29f.
135 Vgl. Ingenkamp / Schreiber (1989), S. 7ff.
136 Vgl. Helmke / Jäger (2002), S. 42.
137 Vgl. Sacher (2004), S. 26f.
138 Vgl. Langer / Langer / Theimer (2009), S. 26.
139 Vgl. Zielinski (1975), S. 880ff.
140 Vgl. Zielinski (1975), S. 880ff.
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- Alexander Mansholt (Auteur), 2020, Objektivität und Transparenz schriftlicher Leistungsbewertung im Fach Geschichte. Herausforderungen und Empfehlungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1323593
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